Vollversammlung Dem Evangelium Stimme geben - KU.edoc
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Verband der Kirchenchöre Südtirols Februar 2019 - Nr. 118 Verband Kirchenmusik aktuell Weiterbildung Vollversammlung Dem Evangelium Viele Angebote in Brixen Stimme geben im Jahr 2019 Seite 4 Seite 9 Seite 8
2 Leitartikel Nr. 118 Chöre stiften Heimat und Identität Tradition weiterführen - Neues wagen - Weiterbildungsangebote nützen verpflichtet fühlen unsere kirchenmu- Eine regelmäßige Weiterbildung si- sikalischen Werte zu pflegen, weiter- chert auf Dauer die kirchenmusikali- zuführen und immer wieder neu zu sche Qualität. entdecken. Fazit: Vereine stiften Hei- Deshalb ermuntere ich alle, diese An- mat und Identität. gebote eifrig zu nützen! Natürlich ist es ebenso wichtig, neue Es freut mich und ich bedanke mich Horizonte zu entdecken und Unbe- für die rege Beteiligung an unserer kanntes und Neues auszuprobieren letzten Umfrage. Die Auswertung der- und so möchte ich auch alle Kirchen- selben hat uns einerseits in unserem musiker/-innen ermuntern, Vielfäl- Tun bestärkt und andererseits werden tigkeit in die Programmgestaltung zu wir auf die geäußerten Wünsche ein- bringen und auch manches Moderne gehen und unsere zukünftige Tätigkeit und Ungewohnte mit einzubeziehen, dahingehend ausrichten. das vielleicht auch Jugendliche an- So wünsche ich noch viel Gutes in Liebe Kirchenmusikerinnen spricht. In dem großen Angebot der diesem noch jungen Jahr, viel Energie und Kirchenmusiker! Schulungen und Weiterbildungen in und Freude an dieser wichtigen und diesem Jahr ist für jede/n etwas dabei: ehrenvollen Aufgabe, aber auch Kraft Beim Durchblättern unserer aktuellen für Chorleiter/-in, Organist/-in, Kan- zur Freudevermittlung und in anderen Kirchenmusikzeitschrift war ich er- tor/-in, Sängerinnen und Sänger. Menschen Begeisterung zu wecken! staunt über die reichhaltige und man- Im Blick auf die sich ständig verän- Ich freue mich auf eine rege Teilnahme nigfaltige Tätigkeit unserer Kirchen- dernden Herausforderungen im kir- an unseren Fortbildungen. chöre. Das ist sehr erfreulich und trotz chenmusikalischen und liturgischen einiger Nachwuchsprobleme, die es zur Bereich sind ständige Aus- und Wei- Heinrich Walder, Zeit gibt, steht unsere Chorlandschaft terbildungen essentiell. VKS-Vorsitzender im Vergleich mit dem deutschsprachi- gen Ausland durchaus gut da. Die Vereinstätigkeit eines Kirchencho- res ist in vielerlei Hinsicht wichtig: Musik stiftet Einheit Primäre Aufgabe der Kirchenmusik ist die musikalische Gestaltung der litur- gischen Feiern im Kirchenjahr. Singen Papst Franziskus hat geistliche Mu- der Audienzhalle hat es ermöglicht, im Chor ist zudem ein gesundes, sozi- sik als einheitsstiftend und als Mittel Musik und Gesang erklingen zu lassen, alisierendes und nicht zuletzt künstle- zur Glaubensverkündigung gewür- die gewissermaßen über die Mauern risch interessantes Musikerlebnis. digt. „Wir besingen mit einer Stimme hinausgedrungen sind: Ihr habt den Menschen werden zusammengeführt, unseren einzigen Glauben“ sagte er Vatikan aufgeweckt! Es ist schön, eure die denselben Zweck verfolgen: anlässlich des dritten internationalen Melodien zu hören sowie Freude und Chorsingen trägt in besonderer Wei- Chortreffens Ende November 2018 im Ernsthaftigkeit zu spüren, mit der ihr se zu Gemeinschaftsbildung, sozialer Vatikan. Franziskus bezeichnete vor alle gemeinsam der Schönheit unseres Integration und Persönlichkeitsentfal- rund 8.000 Sängern und Sängerinnen Gebets Ausdruck verleiht. Eure Musik tung bei. geistliche Musik als Form des Gebets und euer Gesang sind ein echtes Mit- In Zeiten der Orientierungslosigkeit, der und würdigte sie als Ausdruck der tel der Evangelisierung, insoweit ihr Ängste vor fremden Kulturen und der Volksfrömmigkeit. Zugleich ermahnte Zeugen für die Tiefe des Wortes Gottes Suche nach der eigenen Identität kann er die Chöre, sich nicht wie eine „Pri- werdet, das die Herzen der Menschen das Chorsingen zur geistigen Basis wer- madonna“ aufzuführen und auch an- berührt, und ihr eine Feier der Sakra- den, die unsere innere Existenz sichert. dere Formen der Volksfrömmigkeit zu mente, insbesondere der Eucharistie, Dabei steht Tradition für Verwurze- schätzen. Bei der Audienz sagte der ermöglicht, die uns die Schönheit des lung und Identität und wir sollten uns Papst wörtlich: „Eure Anwesenheit in Paradieses spüren lässt.“
Nr. 118 In dieser Ausgabe 3 Verband - Vollversammlung des VKS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Weiterbildung - Kantorenschulung in Deutschnofen und Gummer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 - Tagung zur Wort-Gottes-Feier in Schenna . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 - Organistenkurs: Das Einfache gut inszenieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 - Schulungen und Angebote 2019 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Kirchenmusik aktuell - Dem Evangelium (Deine) Stimme geben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 - Über die Herausforderungen der Kirchenmusik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 - Tipps für eine saubere Chorintonation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Tasten und Pfeifen - Eine neue alte Orgel für Laag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 - Kleine Orgel in der Pfarrkirche Schlinig restauriert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 - Orgeljubiläum in Kardaun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 - 30 Jahre Ciresa Orgel in Milland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Konzerte - Uraufführung der neuen Cäcilienmesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 - Männerchor BrummNet erfolgreich in Venedig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 - Belcanto aus Osttirol feiert Jubiläum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 - Festkonzert des Sterzinger Pfarrchores . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 - Passionsspiel „Nia de parora“ in La Val/Wengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 - Taufers i. P.: Ein Requiem für die Gefallenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Jubiläen - Kirchenchor Deutschnofen feiert 300-Jahr-Jubiläum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 - Hans Huber: Ein Leben für die Kirchenmusik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 - Zum Lobe Gottes und zur Freude der Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Aus dem Chorleben - Domchor Brixen zieht Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 - P. Urban Stillhard ist nun Ehrenchorleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 - Verschiedene Kurzberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 In memoriam - Josef Oberhuber - Ein Leben für die Kirchenmusik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 - Sepp Pircher - Der Chorgesang war seine Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Veranstaltungen - Symposion der Brixner Initiative Musik und Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Service - Hilfe bei der Suche nach passendem Notenmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Verschiedenes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Redaktionsteam: Georg Viehweider und Wolfgang Niederbacher - Layout: cactus.bz - Druck: Karo Druck Das Erscheinen unseres Mitteilungsblattes wird durch die finanzielle Unterstützung der Kulturabteilung der Landesre- gierung ermöglicht.
4 VKS Nr. 118 Die Jugend für die Kirchenmusik begeistern Vollversammlung des VKS - Die Bedeutung der Spiritualität in der Kirchenmusik Mit drei Liedern, geleitet von Kirchenmusikreferenten Dominik Bernhard, wurde die Versammlung musikalisch umrahmt. „Nur mit gut ausgebildeten Sängern tiativen in der Aus- und Weiterbildung Musik: ein in Klang und Sängerinnen kann das Niveau der für Chorleiter, Kantoren, Organisten gegossenes Gebet Kirchenchöre gehoben werden“, sagte und Sänger und Sängerinnen hinwies. Unter dem Titel „Kirchenmusik und der Vorsitzende Heinrich Walder auf Und so fasste Walder nicht ohne Stolz Spiritualität“ gab Prof. Meinrad Walter, der Vollversammlung des Verbandes zusammen: „Es war ein Jahr voll von Freiburg, eine Reihe von Denkanstö- der Südtiroler Kirchenchöre (VKS) Mit- gut besuchten Fortbildungsveranstal- ßen, damit Noten nicht nur abgespult te Oktober im Vinzentinum in Brixen. tungen und zahlreichen musikalischen werden, sondern auch der geistige In- Deshalb will der Verband weiterhin Erlebnissen.“ Auch im Jahr 2019 wer- halt des Textes zum Tragen kommt. mit vielen Weiterbildungsveranstal- den die bewährten Fortbildungsveran- „Kirchenmusik besteht aus Span- tungen die Freude an der musica sacra staltungen beibehalten und mit neuen nungsfeldern, die nicht auflösbar, aber fördern und im besonderen den Focus Angeboten ergänzt. gestaltbar sind“, sagte er. Spiritualität auf die Jugendarbeit legen. In Zusam- in der Kirchenmusik bedeute Sensibili- menarbeit mit den örtlichen Vereinen tät für ein Höheres, sei ein poliphones soll das Interesse für das klassische Geschehen des Bezeugens, eben ein in Repertoire und die Kirchenmusik bei Klang gegossenes Gebet. An mehreren den Jugendlichen geweckt werden. praktischen Beispielen machte er dies Laut Geschäftsführer Wolfgang Nie- deutlich, so etwa am handschriftlichen derbacher brauche die Kirchenmusik Vermerk Johann Sebastian Bachs auf einen gelebten Idealismus und die Zu- der Titelseite seines Orgelbüchleins sammenarbeit aller Generationen: „Die oder an Mozarts Ave verum. In diesem Kirchenmusik lebt von Menschen, die Lichte konnte man auch die drei Lieder ihre Leidenschaft, ihre Talente und Fä- sehen, mit denen die Vollversammlung higkeiten einbringen.“ Dass dies nicht musikalisch umrahmt wurde, wie „Tief nur ein Wunschdenken ist, bezeugte VKS-Vorsitzender Heinrich Walder leitete die im Schoß meiner Mutter“ (GL 419), der Tätigkeitsbericht, der auf viele Ini- gut besuchte Vollversammlung. „Machet die Tore weit“ von Sigismund
Nr. 118 VKS 5 Geschäftsführer Wolfgang Niederbacher legte den Rechenschaftsbericht 2017 vor. R. von Neukomm (Psalm 24) oder „Lobe den Herren“ von Norbert Kissel (GL 876, Psalm 23) Die Lieder wurden vom neu- Heinrich Walder überreichte seinem Vorgänger Theodor Rifesser (l.) die Ernennungsurkunde zum en Kirchenmusikreferenten Dominik Ehrenmitglied des Verbandes; Seelsorgeamtsleiter Reinhard Demetz (r.) verlieh dem Geehrten in Ver- tretung des Bischofs Ivo Muser die Diözesane Verdienstmedaille. Bernhard- es war sein erster öffentlicher Auftritt im Verband - geleitet. Bernhard nahm die Gelegenheit wahr, sich und Orgelkommission. Dann übernahm er geben und hast in dieser Amtszeit viele sein neues Wirkungsfeld kurz vorzu- 2011 den Vorsitz im Verband der Kir- wichtige Ideen eingebracht und durch- stellen. Einen Schwerpunkt will er auf chenchöre Südtirols, den er bis 2017 geführt.“ Rifesser, der weiterhin als Or- die Literaturberatung legen. innehatte. In seiner Amtszeit beglei- ganist in St. Ulrich tätig ist, freute sich tete er die Einführung des neuen Got- sehr über die Ehrung und gestand: „Die Ehrung für Theodor Rifesser teslob, wobei er auch mehrere Lieder Kirchenmusik ist Teil meines Lebens.“ Im Rahmen der Vollversammlung wur- in die ladinische Sprache übersetzte. Auch er mahnte an, die Jugend für die de der ehemalige Vorsitzende des VKS Ein besondere Herausforderung war schöne Welt der Kirchenmusik zu be- Theodor Rifesser für seine Verdienste die Leitung des Diözesantages für Kir- geistern und so die Kirchenchöre über um die Kirchenmusik und im besonde- chenmusik im Jahre 2016. Heinrich die Nachwuchsarbeit aufzufrischen. ren für die Einbindung der ladinischen Walder hob in seiner Laudatio die gro- Sprache in die Kirchenmusik zum Eh- ßen Führungsqualitäten und das Ver- Grußbotschaften renmitglied des Verbandes ernannt und antwortungsbewusstsein von Theodor Aufmunternde Grußworte richte- mit der Diözesanmedaille ausgezeich- Rifesser hervor und fasste zusammen: ten der Landesrat für Kultur Phil- net. Seine berufliche Laufbahn begann „Du hast immer den Kontakt zu den ipp Achammer, Seelsorgeamtsleiter er als Schulpsychologe, er wurde dann Kirchenmusikern gesucht und gepflegt, Reinhard Demetz und der Obmann Leiter des Sozialzentrums Bozen-Um- Du hast Deine eigene Begeisterung an des Südtiroler Chorverbandes Erich gebung und war dann über 22 Jahre der Kirchenmusik an andere weiterge- Deltedesco an die Versammlung. Im Leiter des Ladinischen Pädagogischen besonderen bat Achammer die Chöre, Institutes. 1985 wurde Rifesser in die in Zeiten des Priestermangels in ih- Diözesankommission für Kirchenmu- rer Tätigkeit nicht nachzulassen und sik gewählt und war auch Mitglied der den Pfarrgemeinden bewusst Hilfe und Unterstützung zukommen zu las- sen. Der Seelsorgeamtsleiter hingegen wies auf das diözesesane Jahresthema „Auf dein Wort hin: beschenkt, geru- fen, gesandt“ hin und meinte, gera- Kirchenmusik besteht de die Kirchenmusiker könnten von aus Spannungsfeldern, diesem Thema profitieren. Deltedesco die nicht auflösbar, dankte dem VKS für die gute Zusam- aber gestaltbar sind. menarbeit, die sich gerade auch im Heinrich Walder Weiterbildungsbereich bewährte. Zum Thema „Kirchenmusik und Spiritualität“ gab Prof. Meinrad Walter Denkanstöße mit. Georg Viehweider
6 Weiterbildung Nr. 118 Kantorenschulung in Deutschnofen und Gummer Nützliche und praktische Tipps für Kantorinnen und Kantoren konn- ten sich Interessierte im Rahmen einer Kantorenschulung mit Domi- nik Bernhard holen. Die Aufgaben und Möglichkeiten in Mess- und Wort-Gottes-Feiern, Liedpläne und Interessantes zum Gotteslob standen im Mittelpunkt. Beim Abschlussgot- tesdienst in der Pfarrkirche Gummer wurden die erlernten Gesänge, Psal- men und Rufe zu Gehör gebracht. In insgesamt drei Einheiten konnten Interessierte aus den Pfarreien Atz- wang, Blumau, Karneid, Kardaun, Steinegg, Gummer, Welschnofen, Eg- gen, Deutschnofen und Petersberg die Möglichkeiten beim Kantorieren ken- nenlernen und auffrischen. Organisiert Die Teilnehmer der Kantorenschulung mit Kirchenmusikreferent Dominik Bernhard (r.) wurde die Schulung von der Pfarrei Deutschnofen und dem Verband der sänge und Psalmen auffrischen. Zwei nen und Kantoren das Erlernte in die Kirchenchöre Südtirols. Referent war Einheiten wurden jeweils im Chorpro- Praxis umsetzen und wertvolle Tipps in der neue diözesane Kirchenmusikre- belokal des Kirchenchores Deutschno- den jeweiligen Pfarrgemeinden erpro- ferent Dominik Bernhard. Mit vielen fen abgehalten. Die letzte Einheit fand ben und so die Glaubensfeiern festlich praktischen Tipps legte er den Fokus vor im Chorprobelokal und der Pfarrkirche gestalten. Voll motiviert und ausgerüs- allem auf die vielfältigen liturgischen von Gummer am Samstag, 17. Novem- tet mit neuen Werkzeugen können nun Möglichkeiten. Die Teilnehmerinnen ber statt. Organistin Edeltraud Grumer die Kantorinnen und Kantoren mit den und Teilnehmer konnten ihr Wissen begleitete die feiernde Gemeinde an jeweiligen Glaubensgemeinschaften im Bereich Gotteslob, verschiedene Ge- der Orgel. Nun können die Kantorin- neue Impulse setzen. Tagung zur Wort-Gottes-Feier in Schenna Der Verband der Kirchenchöre Süd- na ausgewählt haben“, so Wolfgang winnen will, beim Wort Gottes be- tirols organisierte am 10. November Niederbacher, „hängt damit zusam- ginnen muss“. 2018 im Vereinshaus Schenna eine men, dass die Wort-Gottes-Feier in Schwerpunkt der Tagung in Schenna Tagung über Gesänge zur Wort-Got- dieser Seelsorgeeinheit Schenna be- war die musikalische Gestaltung von tes-Feier für Chor und Gemeinde. reits regelmäßig angeboten wird“. Wort-Gottes-Feiern. Als Referent für Die Tagung stand unter dem Mot- Dass die Wort-Gottes-Feier in unse- diesen Teil der Tagung war Andreas to „Dein Wort, Herr, zeigt uns den ren Pfarrgemeinden bedauerlicher- Peterl eingeladen. Andreas Peterl ist Weg“. Wolfgang Niederbacher, der weise noch nicht angekommen ist, Kirchenmusikreferent und Lehrer für Geschäftsführer des Verbandes der darauf wies der Referent für Liturgie Chorleitung am Konservatorium für Kirchenchöre Südtirols, begrüßte in der Diözese Bozen-Brixen Stefan Kirchenmusik der Diözese Linz. Bei die Teilnehmer, die aus dem ganzen Huber hin. Er sei aber gleichzeitig der Auswahl der Gesänge sei beson- Land nach Schenna gekommen wa- zutiefst davon überzeugt, „dass un- ders auf das Miteinander der kirchen- ren. „Dass wir als Tagungsort Schen- sere Kirche, wenn sie Menschen ge- musikalischen Dienste, der anderen
Nr. 118 Weiterbildung 7 liturgischen Dienste und der Gemein- Andreas Peterl die Teilnehmer – und vertraut worden. Unterstützt wurden de zu achten. Besonders unterstrich nicht nur die Sänger und Chorleiter die Chöre von den Teilnehmerinnen Andreas Peterl, dass die Kirchenmu- unter ihnen – zu begeistern und zu und Teilnehmern der Tagung. Abso- sik immer „Dienerin der Liturgie und überzeugen. luter Höhepunkt des musikalischen kein Selbstzweck“ sein dürfe. „Die Programms war die Uraufführung der Kirchenmusik muss sich auf die litur- Abschlussfeier Komposition „Sonntäglicher Lobpreis gische Feierform einstellen und wenn Passend zur behandelten Thema- und Hymnus“ von Heinrich Walder. eine Wort-Gottes-Feier auf dem Pro- tik wurde die Tagung mit einer Der Komponist, der auch Vorsitzender gramm steht, dann ist diese mit der- Wort-Gottes-Feier in der Pfarrkirche des Verbandes der Kirchenchöre Süd- selben Sorgfalt vorzubereiten wie eine Schenna abgeschlossen. Die Feier lei- tirols ist, war anwesend und zeigte Eucharistiefeier oder eine Andacht“. tete Josef Klotzner aus Schenna. Die sich von der Uraufführung angetan. Mit viel Witz und mit großartigem musikalische Gestaltung war den Kir- musikalischen Können gelang es chenchören Schenna und Hafling an- Rosa Plank Organistenkurs : Das Einfache gut inszenieren Am Samstag, 19. Januar 2019, fand Situation imitiert wurde. Motiviert in der Musikschule Schlanders von 9 wurden die Organisten darin, einfache bis 13 Uhr eine Fortbildung für Or- Techniken mithilfe kreativer Regi- ganisten statt. Einige nebenamtliche strierung und überzeugender Darbie- Organisten aus dem Vinschgau hatten tung gut zu inszenieren. Ziel sollte sich angemeldet, um sich von Kir- stets sein, mit ansprechenden Intona- chenmusikreferent Dominik Bernhard tionen die Gottesdienstbesucher zum mit neuen Literaturempfehlungen und Singen zu animieren und den Volks- Impulsen zum liturgischen Orgelspiel gesang überlegt zu führen. inspirieren zu lassen. Als Fundgrube für praktikable Orgelliteratur im Got- Organistenkurs mit Kirchenmusikreferent Der Kurs wird an folgenden Terminen tesdienst wurden die drei Bände „Die Dominik Bernhard jeweils von 9 bis 13 Uhr in weiteren Sonntagsorgel“ (herausgegeben von Bezirken angeboten: Armin Kircher und Marius Schwem- spiel unterrichtet. Ausgehend von der - Samstag, 09. Februar in der Pfarr- mer) in Auszügen vorgestellt, inter- Gemeinde-Begleitung wurden Tem- kirche St. Georgen pretatorisch eingeordnet und auf li- po, Atem, Registrierung und Spielart - Samstag, 23. Februar in der Kapuzi- turgische Verwendbarkeit bedacht. miteinander reflektiert. Weiter konnte nerkirche Brixen Im zweiten Kursabschnitt wurden sich jeder Teilnehmer mit einer ein- - Samstag, 02. März in der Radio- die Teilnehmer praktisch einbezogen fachen neuen Einspielform versuchen, kapelle des Haus St. Benedikt und einzeln im liturgischen Orgel- mit der stets eine konkrete liturgische im Kloster Muri-Gries Fragebogen: Ergebnisse werden ausgewertet Die Orgel ist ein wunder- Der Verband der Kirchenchöre Südtirols hat im Herbst eine Online-Umfra- ge gestartet, um ein aktuelles Bild der kirchenmusikalischen Situation in barer, sehr menschlicher unserer Diözese zu erhalten. Gerichtet war der Fragebogen an die Verant- und daher nicht weg- wortlichen der Chöre. Insgesamt haben sich 283 Personen an dieser Umfra- zudenkender Träger der ge beteiligt. An dieser Stellen sagen wir ein Danke an alle, die dem Aufruf christlichen Botschaft. Folge geleistet und mitgemacht haben. Die Ergebnisse der Umfrage werden Egidius Braun derzeit ausgewertet. In der nächsten Ausgabe der Zeitschrift „Kirchenmu- sik“ werden die zusammengefassten Ergebnisse veröffentlicht. Diese Daten werden uns unter anderem eine Hilfestellung sein bei der Planung der zu- künftigen Aus- und Fortbildungsprogramme
Nr. 118 Kirchenmusik aktuell 9 Dem Evangelium (Deine) Stimme geben Zur Bedeutung geistlicher Musik im Gestaltwandel von Kirche und Liturgie1 „Wie du warst vor aller Zeit, so bleibst du in Ewigkeit.“ Mit den vertrauten Worten aus dem Te-Deum-Lied (GL 380,1) loben wir Gott, dessen Größe und Geheimnis jenseits unseres Begrei- fen-Könnens und jenseits von Zeit und Geschichte ist. So verhalten bis schütter der gottesdienstliche Gemeindegesang im allsonntäglichen Normalbetrieb sein mag, dieses Lied setzt immer noch ungeahnte vokale Ressourcen frei. Die Intensität, ja der heilige Schauer, die da klanglich rüber kommen, haben vielleicht auch damit zu tun, dass ge- rade heute die Sehnsucht groß ist, ei- nen geistigen und emotionalen Anker Dem Evangelium Stimme geben: Singen und glauben sind nahe Verwandte. an ein verlässliches Gestade jenseits der Wogen unserer Zeit werfen zu kön- mit der Zeit gehen wollten - sie geht algorhythmisch produzierbar, ist die nen, in der Update und Innovation den nicht spurlos an ihnen vorüber. messbare Seite von Mensch und Welt Takt vorgeben und Vertrautes immer die Wirklichkeit?3 schneller sein Verfallsdatum erreicht. I. Kirche und Glaube im - Die technische, ökonomische und Anders als der große Gott, stehen Kir- Umbruch kulturelle Globalisierung und die ge- che und Glauben(de) aber ganz in der Die tiefgreifenden Umbrüche im ge- steigerte Mobilität („Überwindung von Zeit. Und selbst wenn sie partout nicht sellschaftlichen und kulturellen Leben Raum und Zeit“) relativieren den (Le- betreffen auch Kirche und Glaube; prä- bens-) Ort der Menschen und seinen gende Kräfte und Vorgänge in dieser kulturellen Stellenwert. Zum Autor Entwicklung sind2: - Die Lebenswelten werden zunehmen - Der steigende Individualisierungs- plural, auch in religiöser Hinsicht. Markus Eham druck: Jede/r trägt selbst die Verant- - Die Polarisierung von Arm und Reich studierte katho- wortung für die Chancen und Risiken verstärkt den sozialen Ausschluss von lische Theolo- des eigenen Lebens; Jede/r ist „seines Millionen. gie in München Glückes Schmied“, d.h. auch: „Du bist Diese Entwicklungen bleiben nicht und wurde 1986 selber schuld, wenn du unglücklich ohne Wirkung auf die Sozialgestalt zum Dr. theol. bist“. von Kirche; sie verändern auch die promoviert. Er - Die Digitalisierung erfasst alle Berei- Weise, wie Menschen die Feiergestalt wirkte in der liturgischen Bil- che des Lebens: Sie revolutioniert die des Glaubens, also die Liturgie und ihre dungsarbeit des Erzbistums Mün- Wirtschafts- und Arbeitswelt, der Ef- Sprache in Wort, Musik, Bild, Symbol chen und Freising mit und ist fizienzdruck wächst; sie erzeugt neue und Ritual wahrnehmen; im Letzten seit 1993 Professor für Liturgik, Kommunikationsformen und gravie- sieht man sich als Glaubender in diesen Musik und Stimmbildung an der rende Auswirkungen auf das Bild vom Umbrüchen mit der Frage konfrontiert: Fakultät für Religionspädagogik Menschen: ist er nur noch interessant (Wie) kann man ohne Widerspruch und Kirchliche Bildungsarbeit der als Konglomerat und Lieferant von Da- zugleich moderner Mensch und Christ Kath. Universität Eichstätt-Ingol- ten, durch künstliche Intelligenz ersetz- sein? stadt. Mitarbeit unter anderem bar? Ist Entwicklung (Update) immer Für die skizzierten Transformationspro- am Münchener Kantorale und wichtiger als Sein, die Zukunft bedeu- zesse gilt wie für den Klimawandel: Wir am neuen Gotteslob; Mitheraus- tender als die Gegenwart, Performance sind schon mitten drin. Was das Klima geber der Max-Eham-Edition. wichtiger als Persönlichkeit, das Glück betrifft, lässt sich freilich ziemlich gut
10 Kirchenmusik aktuell Nr. 118 vorausberechnen, was uns erwartet - es wird ungemütlicher; für Glaube, Kirche hingegen kann niemand sichere Prog- nosen abgeben. Vermutlich kann man als Kirche in diesen Veränderungspro- zessen auch gar nicht viel „machen“4, oder wirksam (gegen-)steuern; doch wir sollten sie wachsam und hellhörig wahrnehmen. Denn selbst wenn Reli- gion und Glauben in modernen, auf- geklärten, technisierten Gesellschaften „gefühlt“ immer mehr verdunsten, so liegen sie, wenn man dem physikali- schen Bild folgt, doch in der Luft (wenn auch in anderem „Aggregatszustand“). Es lohnt sich, die Antennen neu und Gesang und Musik sind unverzichtbare „Sprache“ des Glaubens. feiner zu justieren, nach Glauben heute zu sondieren. Christus belehren, mehr Jesus folgen; Ich teile etwas mit, was ich mit Worten weniger Dogma wagen, mehr Bibel be- allein nicht sagen könnte. II. Kirche in der fragen; weniger Recht haben, mehr Ge- Ich bin ganz bei mir (per-sonal) und „Glaubensschule“ Jesu rechtigkeit üben; weniger Heilswissen gehe zugleich über mich hinaus. Das Neue Testament erzählt von Jesus horten, mehr Gottsuche treiben; we- Ich stimme in Überliefertes (ein Lied) nicht nur als Glaubens-Künder und niger Kirchensorge pflegen, mehr mit ein, im Singen wird es auch mein’s. -Bringer, sondern – gerade in promi- den Menschen sein. Mit diesem Kom- Ich bin Teil von etwas Größerem, das nenten Situationen - als Glaubens-Fin- pass müssten sich sinn- und heilvolle mich übersteigt. Ich gehe über das hi- der: In den heilenden Begegnungen mit Wege finden lassen in Pastoral und naus, was jetzt der Fall ist: Musik ist dem Hauptmann von Kapharnaum (Mt Moral, in der Ökumene, in der Ordnung Ausdruck und Verstärker-Stimme von 8, 10.13), mit der blutflüssigen Frau der kirchlichen Ämter und Dienste und Sehnsucht. Robert Walser hat den letzt (Mk 5,34), oder mit dem blinden Bar- nicht zuletzt in der Feier des Glaubens. genannten Aspekt für sich so beschrie- timäus (Mk 10,52) staunt er über den ben: „Mir fehlt etwas, wenn ich keine schon vorhandenen Glauben bei sei- III. Dem Evangelium Stimme Musik höre, und wenn ich Musik höre, nem Gegenüber. Und in diesem Wahr- geben - Gesang und Musik fehlt mir erst recht etwas. Das ist das nehmen und Wahrgenommen-Werden sind unverzichtbare „Sprache“ Beste, was ich über Musik zu sagen ereignet sich Heil(ung): „Dein Glaube des Glaubens weiß.“7 Unschwer wird hier schon er- hat dir geholfen.“ 1. Singen und glauben sind nahe kennbar, dass Musik, insbesondere In die Schule Jesu gehen, könnte für Verwandte Singen und Glauben, nahe Verwandte die Kirche heute heißen: Menschen „….wenn nichts bleibt, wie es war“ – so sind. Religiöse Musik ist für den jüdi- mit Entdecker–freude begegnen, ihren der Titel eines Buches „zur prekären schen Theologen Abraham J. Heschel Glauben orten; d.h. ein Gespür und Zukunft der Kirche“6 - mag einem in „der Versuch zu vermitteln, was zwar Aufmerksamkeit dafür entwickeln, wo der aktuellen Situation für Glaube und in unserer Sphäre liegt, aber jenseits er als Vertrauen, als Suchen, als Mit- Kirche die bange Frage des Psalmisten unseres Zugriffs.“8 Nicht von ungefähr fühlen und Hoffen in der Luft und auf in den Sinn kommen: „Gerät alles ins ist einer der ältesten Texte der Bibel der Hand liegt5. Gott ist schon bei Wanken, was kann der Gerechte noch kein Lehrsatz über Gott und kein Ge- den Menschen. Wir sind Gott-Sucher tun?“ (Psalm 11,3). Kirchenmusikalisch bot, sondern ein Lied. Freude, Staunen und -Entdecker, nicht -Besitzer. Kir- gewendet, könte die vom Psalter ins- und Lobpreis der Israeliten über ihre che muss sich dann nicht primär dar- pirierte Impulsfrage lauten: Gerät alles wunderbare Rettung am Schilfmeer um kümmern, dass sie bleibt (wie sie in Wandlung, was hat der/die Singende brechen sich Bahn in Poesie (Ex 15,1- ist), sondern, dass sie der Präsenz von oder Musizierende (kund) zu tun? Was 21), die in das Bekenntnis mündet: Evangelium nachspürt, ihr Stimme gebe ich – außer Tönen – kund, wenn „Gott ist mein Lied“ (Ex 15, 2a). Der und Raum gibt. Für ihren Kurs in der ich singe? Sprecher/Sänger sagt damit in drei- Umbruchskrise würde sich diese Navi- Ich bin im Herzen berührt, bewegt, von facher Sinnrichtung: Gott ist Inhalt, gationshilfe nahelegen: Weniger über etwas ergriffen. Ziel und Beweggrund meines Singens.
Nr. 118 Kirchenmusik aktuell 11 Ich singe über ihn, ich singe zu ihm und ich singe durch ihn.9 Prägnanter kann man die Bedeutung des Singens als Sprache des Glaubenden kaum ins Wort bringen. Singen ist demnach eine Weise, die erfahrene Nähe – oder Fer- ne – Gottes zu bekunden und darauf zu antworten: „Einerseits schaffen die Singenden dieser Gegenwart durch ihr Singen Raum, denn wenn Gottes Taten gepriesen werden oder wenn er ange- redet wird, dann wird seine Präsenz in dieser Welt hörbar gemacht. Das gilt für das Wort des Vertrauens oder der Liebe zu ihm, aber auch für den Schrei, der sich an ihn wendet: ‚Warum hast du mich verlassen?’ (Ps 22,2). Anderer- seits werden die Singenden im Singen selbst von fremder Präsenz berührt, in Das Klangbild des Glaubens im Liedrepertoire des neuen Gotteslob hat verschiedene Farben. Beziehung zu einem anderen gesetzt, demgegenüber sie als Ich – oder auch aktuellen Strophe 3); Heiligen Geistes: Jede/r versteht aus als Wir – erst konstituiert werden.“10 - das mystische Piano der Innerlich- seiner/ihrer Lebensgeschichte heraus, Christen singen also, weil sie gar nicht keit („Gott loben in der Stille“, GL 399, das Seine/Ihre vom Evangelium; wir anders können. Das Christentum war „Gott ist gegenwärtig“, GL 387); ersehen daraus: Glaubende Menschen und ist immer dann am wirksamsten - die Fermaten der Geduld („Stimme, müssen nicht etwa zuerst ein vorge- präsent unter den Menschen, wenn ab- die Stein zerbricht“; GL 417, Str. 4: gebenes „kirchisch lernen“, um Gottes sichtslos gelebt und kundgetan wird, „Wird es dann wieder leer, teilen die Stimme zu verstehen und beim Evan- was man liebt: Gott, der Liebe ist. Dass Leere wir. Seh dich nicht, hör nichts gelium mitreden zu können. Glaubens- es fürs Kundgeben dieser Erfahrung mehr – und bin nicht bang: Du bist erfahrung ergeht für jeden direkt in der beide „Sprachen“ braucht, hat Martin hier.“); Muttersprache seines Lebens. Singen Luther verdichtet so gesagt: „Davon ich - die dunklen Frequenzen der Klage (und Musik) kann dieser Muttersprache singn und sagen will“ (GL 237,1). („Wir an Babels fremden Ufern“, GL im Glauben besonders gut entsprechen, Diese Erfahrung nimmt im Leben viel- 438); weil sie uns im je eigenen Herzenston fältige Tönungen an; daher hat das - die faszinierenden Klangbilder des dafür anspricht, oder die ganz eigene Klangbild des Glaubens im Liedreper- Unvorstellbaren; das Lied von der Schwingung in unser Antworten hin- toire des neuen Gotteslob verschiedene „Himmlischen Stadt“ (GL 549) bringt einlegen lässt. Farben; es gibt darin: die Vision des Propheten Micha (4,1-3) Singen und Musizieren ist eine auch - das affirmative Forte von Gewissheit von Gottes Zukunft für seine Schöp- nach der „Glaubensschule Jesu“ be- und Glaubensfreude („Singt dem Herrn fung zum Klingen: Als biblische „Zu- sonders wertvolle Sprache zum Entde- ein neues Lied“, GL 409, oder „Erde, kunftsmusik“ lässt das Lied schon an- cken, zum Orten und Teilen von Glau- singe“, GL 411, mit der neuen und neu klingen, was im Kommen ist. ben mit Menschen, auch und gerade wenn sie nicht „kirchisch“ reden. Denn 2. Glaube ist genuin „mehrsprachig“ es ist – um es mit den Worten von Ful- Mir fehlt etwas wenn ich Mit der biblischen Erzählung vom bert Steffensky zu sagen - „nicht das Pfingstwunder ist der Kirche (Apg Wichtigste, dass Menschen unter allen keine Musik höre und 2,1-13) etwas Wichtiges in die Wie- Umständen unseren Dialekt des Glau- wenn ich Musik höre, fehlt ge gelegt: Jeder aus der „Multikulti- bens sprechen. Wichtig aber ist, dass mir erst recht etwas. Das versammlung“ zu Jerusalem konnte sie die Hoffnung und das Recht lieben ist das Beste was ich über jede/n Ausländer/in in seiner Mutter- lernen.“11 Geistliche Musik in ihren Musik zu sagen weiß. sprache hören. Es geht nicht um eine vielfältigen stilistischen Spielarten ist Robert Walser staunenswerte Übersetzungsleistung, – jedenfalls für das Hoffen-Lieben-Ler- sondern um ein Verstehenswunder nen - ein sehr inspirierendes Medium.
12 Kirchenmusik aktuell Nr. 118 IV. Konkretisierungen liebt; dass einmal alle Tränen abge- Christus seiner Kirche immerdar gegen- 1. Reichtum und Vielfalt wahrnehmen wischt werden sollen; dass die Armen wärtig, besonders in den liturgischen Die Zeit des Umbruchs, wie wir sie in die ersten Adressaten des Evangeliums Handlungen.“ (SC167)„In der Liturgie, Gesellschaft, Kirche und Glaube erle- sind.“13 Es gibt dafür eine breite Palet- besonders im heiligen Opfer der Eucha- ben, ist verunsichernd, unbequem und te von musikalisch-geistlichen Veran- ristie [aber eben nicht nur dort - Anm. herausfordernd; sie birgt aber auch staltungsformaten wie Mitsingkonzert, Vf.] vollzieht sich das Werk unserer Er- Chancen für neue Entdeckungen und Gesprächskonzert, Musical, Mysterien- lösung.“ (SC 2) Impulse zu bisher nicht gesehenen und spiel. Und auch das Feld „Gottesdienst“ 2.1 Wort-Gottes-Feier beschrittenen Wegen in der Pastoral, im ist eine von Arten- und Formenvielfalt „Gegenwärtig ist er in der Versamm- kulturellen Leben und in der Liturgie. geprägte Kulturlandschaft (von den lung (der Gläubigen, die in seinem Sehr inspirierend kann es dabei sein, „klassischen“ Formen kirchlicher Li- Namen zusammenkommen (vgl. Mt den Blick dafür zu öffnen, wie vielfältig turgie bis hin zu „Feiern mit offenen 18,20). Gegenwärtig ist er auch in sei- und farbig durch die Epochen und Sti- Türen“14), die es im kirchlichen Leben nem Wort, da er selbst spricht, wenn le der Überlieferung geistlicher Musik vielfach erst zu entdecken und zu kul- die heiligen Schriften in der Kirche ge- der Glaube - das Vertrauen und Hof- tivieren gilt. lesen werden.“17 fen, das Klagen und Zagen, die Freude 2. Gottesdienst ist nicht nur Messe „Von größtem Gewicht für die Litur- und die Liebe – zum Klingen gebracht Das gottesdienstliche Leben auf die Mes- giefeier ist die Heilige Schrift. Aus ihr wird. Wenn Chöre, Instrumentalisten, se, zu beschränken, ist sowohl im Blick werden nämlich Lesungen vorgetragen Musikgruppen dieser durch die Bibel auf die Geschichte der Kirche wie auf die und in der Homilie ausgedeutet, aus ihr inspirierten, komponierten Lebensener- pastorale und spirituelle Situation der werden Psalmen gesungen, unter ihrem gie ihre „Stimme geben“ im geistlichen Gegenwart eine problematische Engfüh- Anhauch sind und Antrieb sind litur- Konzert, ist das gerade heute eine kul- rung.15 Gottes Geistes-Gegenwart ereignet gische Gebete, Orationen und Gesänge turell hoch wirksame Form der Präsenz sich in unterschiedlichen Feierformen. geschaffen worden, und aus ihr emp- des Evangeliums.12 Ob man dabei an Für die theologische wie liturgiepastorale fangen Handlungen und Zeichen ihren die großen Werke z.B. der Oratorien-Li- Vergewisserung erscheint es sinnvoll, an Sinn.“ (SC 24) teratur denkt, oder an die Gospel- und diesbezügliche grundlegende Aussagen „Die Kirche hat die Heiligen Schrif- Spiritual-Überlieferung: Berührend und und Maßgaben des II. Vatikanischen ten immer verehrt wie den Herrenleib bewegend kommen die biblischen Bil- Konzils zu erinnern: selbst, weil sie, vor allem in der heiligen der der Rettung zum Klingen: „dass „Um dieses große Werk [scil. seiner Liturgie, vom Tisch des Wortes Gottes das Leben kostbar ist; dass Gott es Heilssendung] voll zu verwirklichen, ist wie des Leibes Christi ohne Unterlass das Brot des Lebens nimmt und den Gläubigen reicht.“ (DV1821) „Zu fördern sind eigene Wortgottes- dienste an den Vorabenden der höhe- ren Feste, an Wochentagen im Advent oder in der Quadragesima sowie an den Sonn- und Feiertagen, besonders da, wo kein Priester zur Verfügung steht; in diesem Fall soll ein Diakon oder ein anderer Beauftragter des Bischofs die Feier leiten.“ (SC 35,4). Im „Gotteslob“ (2013) wird diese Feier- form unter Nr. 668,2 inhaltlich näher bestimmt: - Die Wort-Gottes-Feier ist eine eigen- ständige Gottesdienstform. - Sie ist Feier der Gegenwart des Herrn in seinem Wort, um das Leben auf ihn auszurichten. - Die Wort-Gottes-Feier vertieft (wie die Tagzeitenliturgie), was in der Ein geistliches Konzert ist eine kulturell hoch wirksame Form der Präsenz des Evangeliums. Eucharistie gefeiert wird.
Nr. 118 Kirchenmusik aktuell 13 2.2 Tagzeitenliturgie (TZL) SC 84 (1963) spiegelt noch das Ver- ständnis vom Pflichtgebet für Priester und Ordensleute. Erst in AES19279 (1971) ist TZL das „ureigene Gebet der Gläubigen“. Wenn die Gläubigen sich, vor allem in den Pfarreien, zur Feier des Stundengebets versammeln, wird in dieser Gebetsge- meinschaft die Kirche sichtbar (AES 21). Gläubige üben ihre ureigene, in der Taufe grundgelegte Berufung aus, im gemeinsamen Gotteslob Kirche zu sein. (c.1174 § 2 CIC). Verwunderlicher Wei- se ist diese vertiefte theologische Sicht der TZL im neuen Gebet- und Gesang- buch „Gotteslob“ (2013) wieder nicht mehr so klar erkennbar.20 3. Gottesdienst-Musik Musikalisch betrachtet, bedeutet die li- Liturgie ist die Kommunikation Gottes mit den Menschen und den Menschen untereinander. turgische Erneuerung: Nicht mehr zur Liturgie (etwas) singen, sondern die entdecken und pflegen; dazu braucht denen es gelingt, das Evangelium von Liturgie zum Klingen bringen (vgl. SC es allerdings gut gestaltete liturgische denen her zu entdecken, denen man 112); die Grundgestalt von Liturgie ist „Mitmachmusik“. Der Chor der Stu- es verkündet, sind attraktiv (Rainer dialogisch: Gottes Zuwendung zu den dientags-Teilnehmer/innen hat eine Bucher).“ – Die stilistische Vielfalt Menschen findet Resonanz in der Hin- breite Palette von Gesängen dieser Art geistlicher Musik bietet gute Möglich- wendung der Menschen zu ihm und für Wort-Gottes-Feier und Tagzeitenli- keiten, unterschiedliche ästhetische zueinander. Grundgesten in dem dia- turgie ausprobiert, wie z.B. mehrstim- Zugänge zur Kommunikation und logischen Geschehen sind das Anrufen, mige Lied-Strophen im Wechsel mit Feier des Glaubens freizulegen. Erinnern, Bitten, Preisen/Danken. In der Gemeinde, festlicher Abschluss des - Diakonische Berührbarkeit: „Orte, musikalischer Sprache kommen diese (Gemeinde-)Gesangs mit Chor-Coda; an denen die herrschenden sozialen Gesten zum Tragen in Akklamation, Wechsel-Gesänge des GL mit mehr- Grenzen überwunden werden, strah- Psalmodie/Kantillation, Litanei und stimmigen Chor-Parts, Formen des len Hoffnung aus.“ – Singen und Mu- Hymnus/Lied. Zur „DNA“ von Gottes- Psalmensingens mit Kantor/in, Schola, sizieren wirken auf ihre Weise wie dienst-Musik gehört daher das Respon- Chor, Instrumenten, Gemeinde…. sozialer Kitt, ermöglichen ein starkes sorische, also Formen, die im Call and verbindendes Klang-Körper-Feeling. Response, im Wechselspiel verschie- V. Schlussgedanken - Spirituelle Sprachfähigkeit: Orte, dener „Gesprächspartner“ (Kantor/in, Die Konturen einer neuen, vom Evan- an denen nicht über, sondern in Got- Psalmist/in, Schola, Chor, Organist/in, gelium inspirierten Gestalt kirchlicher tes Gegenwart gesprochen wird, sind Instrumentalisten, Alle) auch musika- Präsenz, die sich mitten im Gestalt- kraftvoll.“ – Im Unterschied zur Spra- lisch das abbilden und nachvollziehbar wandel der Kirche(n) abzeichnen, be- che, die nur auf Gemeintes hinweist, machen, was Liturgie im Kern ist: Kom- nennt der Pastoraltheologe Bernhard kommt in der Musik das, was sie sagt, munikation Gottes mit den Menschen Spielberg21 mit folgenden Merkmalen: irgendwie selbst zur Erscheinung (Th. und der Menschen untereinander. Dar- - Biographische Aufmerksamkeit: W. Adorno). Davon berührt werden, in wird gegenwärtig, dass und wie wir „Orte, an denen Menschen ihre Be- hilft vermutlich auch, über das ins Anteil haben am Leben der Fülle. rufung entdecken und leben können, Gespräch zu kommen, was einen be- Chöre und Chorleiter/innen könnten werden gefunden.“ – Der Kinderchor, wegt (hat). neben ihrem gängigen Selbstverständ- die Jugendband, die Frauenschola, die - Lokale Erfahrbarkeit: „Eine Kirche, nis als „Darbieter“ von Musik im Got- Kantorei, der Ü-60-Chor können sol- die die … Individualität der Menschen tesdienst die Rolle des musikalischen che Orte sein. respektiert“, die „von der Sehnsucht Dialogpartners der Gemeinde stärker - Ästhetische Attraktivität: „Orte, an der Menschen nach Gott her gestaltet
14 Kirchenmusik aktuell Nr. 118 ist. Orte, die davon ausgehen, fragen des (Glaubens-) Lebens gehört, kommt 8 Abraham J. Heschel, Der Beruf des Kantors, erst am Ende nach den Strukturen.“ – in der Bitte aus einem Lied im Evan- in: Ders., Die ungesicherte Freiheit. Essays zur Kirchen am Ort können ein wertvoller gelischen Gesangbuch zum Ausdruck: menschlichen Existenz. Aus dem Englischen Versammlungs- und Artikulationsort „segne unser Tun und Lassen“23. Expe- übersetzt von Ruth Olmesdahl (= Information für die Sehnsucht der Menschen nach rimente und Abschiede wird und darf Judentum 6), Neukirchen-Vluyn 1985, 194-202, Gott sein. es auch in der Kirchenmusik geben. hier 198. Eine lebendige Musikkultur in den Ge- Dem Evangelium singend und klingend 9 Vgl. Jürgen Henkys, Singender und gesungener meinden („Seelorgseinheiten“) kann seine Stimme zu geben, ist eine berüh- Glaube. Das Kirchenlied im christlichen Leben, also sehr wirksam dazu beitragen, dass rende und bewegende Form, der Hoff- in: Ders., Singender und gesungener Glaube. Kirche in diesen Merkmalen von der nung Raum zu geben und den Namen Hymnologische Beiträge in neuer Folge, Göttin- Strahlkraft des Evangeliums her wahr- der Hoffnung in Erinnerung zu halten. gen 1999, 30-41, hier 35. nehmbar wird. Und auch umgekehrt Diese Hoffnung der Christen ist uner- 10 Ansgar Franz – Hansjakob Becker – Christa dürfte von dieser pastoralen Neujustie- hört im vierfachen Sinn; in Musik kann Reich, Eingang, in: H. Becker u.a. (Hg.), Geistli- rung von Kirche Inspiration und Mo- sie vernehmbar werden ches Wunderhorn. Große deutsche Kirchenlieder, tivation ausgehen für die musikalische - als prophetischer Ruf des Anstoßes, München 2001, 13-26, hier 16. Arbeit. Für alle, die sich hier engagieren - als Klang des Berührtseins, 11 Fulbert Steffensky, Schwarzbrot-Spiritualität, – Säger/innen, Kantor/innen, Instru- - als Klage über das Nicht-Erhörte, Stuttgart 2005, 70-71. mentalist/innen – besonders für die, die - als Jubel über das Unvorstellbare. 12 Vgl. dazu auch Sekretariat der DBK (Hg.), Musik als Ensembleleiter mit den Menschen Anker dieser unerhörten Hoffnung ist im Kirchenraum außerhalb der Liturgie (1.7.2005) arbeiten, und nicht zuletzt für die, die die Gewissheit, dass Gott, obwohl „vor (= Arbeitshilfen 194), Bonn 2005, bes. 10-13. Leitungsdienst in der Seelsorge wahr- aller Zeit“, die Größe hat, unsere klei- 13 Fulbert Steffensky, Schwarzbrot-Spiritualität, nehmen, bieten drei weitere Einsichten nen Schritte durch die Zeit mitzugehen aaO., 70. aus der Pastoraltheologie wertvolle Er- bis in Ewigkeit. 14 Vgl. z.B. Gunda Brüske, Offene Türen. Feiern mutigung und Orientierung; folgen wir mit Menschen auf der Suche nach Gott. Eine Ar- nochmal Bernhard Spielbergs „Weg- Markus Eham beitshilfe zu niederschwel–ligen Gottesdiensten, weiser“22: Freiburg (Schweiz) 2010. Gabenorientierung: „Die Präsenz der Anmerkungen 15 Vgl. etwa Sekretariat der DBK (Hg.), Pastorales Kirche erwächst nicht aus der Erfüllung 1 Die Gedanken wurden vorgetragen im Kontext Schreiben: Mitte und Höhepunkt des ganzen Le- von Aufgaben, sondern aus dem Teilen eines Workshops für Kirchenchorsänger/innen bens der christlichen Gemeinde. Impulse für eine von Gaben.“ – Menschen in ihren viel- und Chorleiter/innen am 26.10.2018 in Kloster lebendige Feier der Liturgie (24. 6.2003) (= Die fältigen Charismen (dazu gehören auch Muri Gries. Vortragsstil und der Charakter the- deutschen Bischöfe 74), Bonn 2003, 36-44. die musikalischen Gaben) wahrzuneh- senartiger Impulse wurden beibehalten. 16 SC: „Sacrosanctum Concilium“ – Konstitution men, zu fördern und einzubeziehen, ist 2 Vgl. Bernhard Spielberg, Impulspapier für das des 2. Vatikanischen Konzils „über die heilige Li- eminent geistliches Tun. Projekt „Pastoral planen und gestalten“ (Erzbis- turgie“, 4.12.1963. Kirche wächst vor Ort: Hier, im Sozi- tum München und Freising), S. 1. (https://www. 17 Instruktion über die Eucharistie (1967), Art. 9. alraum, „spielt die Musik“ des Evan- pastoral-gestalten.de/warum-pastoral-gestalten/ 18 DV: „Dei verbum“ – Dogmatische Konstitution geliums. Damit sie dort zum Klingen impulspapier/). des 2. Vatikanischen Konzils über die göttliche und zur Entfaltung kommt, brauchen 3 Vgl. Richard David Precht, Jäger, Hirten, Kriti- Offenbarung, 18.11.1965. wir das Zusammenspiel von Ehren– ker. Eine Utopie für eine digitale Gesellschaft, 6. 19 AES: Allgemeine Einführung in das Stunden- amtlichkeit (Chor- und Ensembleleiter Aufl., München 2018. buch (2.2.1971). in der Peripherie, auf dem Land) und 4 Vgl. Judith Müller, Nichts ist zu tun, ohne in 20 GL 613,1: „... Aus diesem gemeinschaftlichen Professionalität (Kirchenmusiker als Tatenlosigkeit zu versinken (https://www.fein- Gebet entwickelte sich das Stundengebet (), das „Coaches“ und Inspirator/inn/en in der schwarz.net/nichts-ist-zu-tun-ohne-in-tatenlo- in Klöstern und geistlichen Gemeinschaften re- Region und als künstlerische Akteure sigkeit-zu-versinken/). gelmäßig gemeinsam gefeiert wird und zu dem in Zentren mit Ausstrahlung). 5 Vgl. Bernhard Spielberg, Impulspapier (Anm. 2), S. 2. Priester, Diakone und Ordensleute verpflichtet Abschiede und Experimente: „Wie 6 Rainer Bucher, ... wenn nichts bleibt, wie es war. sind. Darüber hinaus lädt die Kirche alle Getauf- die Kirche morgen aussehen wird, lässt Zur prekären Zukunft der katholischen Kirche, ten ein, sich diesem (?) Gebet anzuschließen ...“ sich nicht vorher–sagen. Aber es las- Würzburg 2012. 21 Vgl. Impulspapier (Anm. 2), S. 3-4. sen sich Räume schaffen, um zu expe- 7 Robert Walser, Musik (1902), in: Ders., „Das Bes- 22 Bernhard Spielberg, Impulspapier (Anm. 2), S. 4. rimentieren, Neues zu probieren und te, was ich über Musik zu sagen weiß“. Hg. von 23 EG 163,1; Text: Hartmann Schenck (1674) Sterbendes loszulassen.“ - Dass auch Roman Brotbeck und Reto Sorg unter Mitarbeit 1680. letzteres natürlicherweise zur Dynamik von Gelgia Caviezel, Bern 2015, 18-19, hier 19.
Nr. 118 Kirchenmusik aktuell 15 Über die Herausforderungen der Kirchenmusik Interview mit dem neuen ACV-Präsidenten Marius Schwemmer Der Allgemeine Cäcilienverband gelmusik gibt es beispielsweise auch Deutschlands (ACV) feierte vom Lobpreismusik, Gospel oder Jazz. 21. bis 23. September in Regens- KNA: In klassischen Kirchenchören burg sein 150-jähriges Bestehen. engagieren sich oft ältere Sänger. Dabei wurde auch Marius Schwem- Wie kann man hier junge Nach- mer (41) als neuer ACV-Präsident wuchskräfte besser einbinden und offiziell in sein Amt eingeführt. Im bei der Stange halten? Interview mit Angelika Prauß der Schwemmer: Auch ein klassischer Katholischen Nachrichten-Agentur Kirchenchor sollte zu stilistischer (KNA) spricht der Diözesan- und Vielfalt bereit sein, wofür es natür- Dommusikdirektor von Passau über lich gute Chorleiter braucht. Hilfreich die Bedeutung der Kirchenmusik sind außergewöhnliche Projekte so- und aktuelle Herausforderungen. Marius Schwemmer wie gemeinsame Freizeiterlebnis- se. Ich denke, dass junge und ältere KNA: Was macht gute Kirchenmu- weiterhin ein bedeutender Bereich Menschen auch gemeinsam daran sik aus? des kirchlichen Lebens, sowohl was Freunde haben, ihre musikalischen Schwemmer: Sie muss nicht nur das professionelle Musizieren angeht Fähigkeiten zu erweitern. handwerklich und künstlerisch gut, wie auch den Amateurbereich. Sie ist KNA: Und welche weiteren Heraus- sondern auch mit liturgischer Kom- sehr gut und breit aufgestellt auch forderungen sehen Sie? petenz gepaart sein. Sie sollte sich dank sehr vieler Ehrenamtlicher. Die- Schwemmer: Der Beruf des Kirchen- mit Theologie und Liturgie zu einem se brauchen aber professionelle Kir- musikers muss mit Blick auf die Ar- harmonischen Ganzen verbinden, chenmusiker als Ansprechpartner, die beitszeiten und die Bezahlung attrak- schließlich dient auch sie der Ver- sie anleiten und fortbilden. Bei den tiv bleiben. Als ACV haben wir immer kündigung. Kinder- und Jugendensembles ver- wieder auf gute Rahmenbedingungen KNA: Wie ist es derzeit um die Kir- zeichnen wir weiterhin einen Zulauf. hingewiesen. Die sind notwendig, chenmusik bestellt? Zugleich ist die Kirchenmusik heute damit junge, qualifizierte Absolven- Schwemmer: Hierzulande ist sie sehr vielfältig - neben Chor- und Or- ten nach ihrem Kirchenmusikstu- dium in den Kirchendienst gehen. Qualitativ hochwertige Kirchenmusik muss entsprechend finanziert wer- den! Außerdem müssen wir verhin- dern, dass es zu Reduzierungen des Stellenumfangs kommt oder dazu, dass der Aktionsradius des Einzelnen so erweitert wird, dass er kaum zu schaffen ist. KNA: Kann die Kirchenmusik auch ein Weg sein, junge Leute für den Glauben zu gewinnen? Schwemmer: Davon bin ich über- zeugt: Die stilistische Vielfalt speziell der Kirchenmusik spricht Menschen jeden Alters und in ihren unter- schiedlichen Zugängen zu Gebet, Glaube und Gottesbeziehung an. KNA: Gibt es auch neue Entwick- Marius Schwemmer: „Auch ein klassischer Kirchenchor sollte zu stilistischer Vielfalt bereit sein.“ lungen?
16 Kirchenmusik aktuell Nr. 118 Schwemmer: In meinem Bistum Pas- KNA: Vielerorts werden aufgrund KNA: Welche Impulse möchten Sie sau ist Lobpreismusik als eigenstän- des Priestermangels Gemeinden zu- in ihrem neuen Amt setzen? diger Ausdruck der Verehrung und sammengelegt. Welche Folgen hat Schwemmer: Ich möchte wieder ein Anbetung Gottes nicht ganz neu, fin- dieser Strukturwandel für die Kir- Bewusstsein dafür schaffen, dass die det aber gerade zunehmend Beach- chenmusik? Kirchenmusik ein wichtiger Teil des tung. Dies geschieht beispielsweise Schwemmer: Für die betroffenen Kir- kirchlichen Sendungsauftrags ist. Die- durch die diözesane Lobpreisleiter- chenmusiker bedeutet eine Zusam- se kulturelle Diakonie - der Dienst für ausbildung, regionale Angebote zum menlegung entweder mehr Aufgaben, Gott und die Menschen sollte nicht Lobpreisgebet oder einen eigenen Re- einen größeren Aktionsradius oder die vergessen werden. Daneben möchte ferenten dafür. Gefahr, dass Stellen gekürzt werden. ich sehen, wie wir unser Gründungs- KNA: Was «macht» Kirchenmusik Wenn sich Chöre in einem Pfarrver- anliegen heute mit Leben füllen kön- mit dem Zuhörer? band zusammenschließen kann das nen - und ob die vorhandenen Struk- Schwemmer: Mit Musik kann man auch aufgrund der Überalterung man- turen diesem Anliegen noch dienen. Menschen mitunter emotionaler be- cher Chöre - auch eine Chance sein. Ein anderes Anliegen ist mir, wie Kir- rühren als mit Worten. Manchmal Aber mit so einem Zusammenschluss chenmusiker ihre Spiritualität leben gelingt es der Musik, etwas aus- sind natürlich viele Emotionen ver- und eigene Oasen finden können, um zudrücken, das man nur schwer in bunden. Seinen eigenen Chor aufzu- neue Kraft zu schöpfen. Diese spiri- Worte fassen kann. Ich möchte die geben und mit anderen Sängern ein tuellen Oasen möchte ich mit dem Musik aber nicht gegen die Seelsorge neues Ensemble zu bilden, ist schon ACV fördern. ausspielen; beide sollten sich verbin- ein großer Schritt und führt im Vor- den und ergänzen. feld mitunter zu Dissonanzen. Angelika Prauß (KNA) Tipps für eine saubere Chorintonation Eine gut abgemischte Balance hat stabilisierende Wirkung lisierende oder begleitende Aktionen, aber nicht mehr initiierende. Dirigie- ren bedeutet, einen Impuls vor dem klanglichen Ereignis zu setzen und nicht zeitgleich, wie es beim Tan- zen der Fall ist, denn dort sollte man tunlichst mit der Musik agieren und …und schon war es wieder passiert: nach oben angedeutet, dass er et- nicht vorher. Dirigieren aber bedeu- Soeben hatte die Motette Locus iste was höher intonieren muss… tet, vorab einen Rahmen zu schaffen, von Anton Bruckner begonnen – damit anschließend Musik entstehen und gleich der allererste Anfangs- Vorab… kann. akkord in C-Dur war unsauber ge- Zunächst einmal liegt dem Vorgang Eine unsaubere Intonation ist grund- raten. Dabei hatte der Chorleiter ein grundsätzliches Missverständnis sätzlich ein Sekundärproblem – be- dem Sopran extra noch beim ersten des Chorleiters zugrunde: Klangver- ruhend auf ganz unterschiedlichen Akkord mit deutlichen Fingerzeigen ändernde Geste während des Sin- Primärproblemen. Dies hier ohne gens, egal mit welcher Intention, Klangbeispiel und –Veränderungen helfen zeitgleich zum Singen kaum zu demonstrieren, hat ungefähr den Das aktive Pianosingen mehr. Dirigentische Impulse, die eine gleichen Nährwert wie ein erzähltes muss körperlich regelrecht Wirkung ausüben sollen, müssen vor Mittagessen … geübt werden. der musikalischen Aktion geschehen, Dennoch soll in diesem Praxis-Arti- Reiner Schuhenn nicht während des Geschehens. Wäh- kel der Kirchenmusikzeitschrift ver- rend des Singens helfen dann stabi- sucht werden, stichwortartig die wich-
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