Vollversammlung Dem Evangelium Stimme geben - KU.edoc

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Vollversammlung Dem Evangelium Stimme geben - KU.edoc
Verband der Kirchenchöre Südtirols
Februar 2019 - Nr. 118

              Verband               Kirchenmusik aktuell        Weiterbildung
    Vollversammlung                Dem Evangelium            Viele Angebote
        in Brixen                   Stimme geben              im Jahr 2019
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Vollversammlung Dem Evangelium Stimme geben - KU.edoc
2                                                    Leitartikel                                             Nr. 118

                       Chöre stiften Heimat und Identität
         Tradition weiterführen - Neues wagen - Weiterbildungsangebote nützen

                                            verpflichtet fühlen unsere kirchenmu-     Eine regelmäßige Weiterbildung si-
                                            sikalischen Werte zu pflegen, weiter-     chert auf Dauer die kirchenmusikali-
                                            zuführen und immer wieder neu zu          sche Qualität.
                                            entdecken. Fazit: Vereine stiften Hei-    Deshalb ermuntere ich alle, diese An-
                                            mat und Identität.                        gebote eifrig zu nützen!
                                            Natürlich ist es ebenso wichtig, neue     Es freut mich und ich bedanke mich
                                            Horizonte zu entdecken und Unbe-          für die rege Beteiligung an unserer
                                            kanntes und Neues auszuprobieren          letzten Umfrage. Die Auswertung der-
                                            und so möchte ich auch alle Kirchen-      selben hat uns einerseits in unserem
                                            musiker/-innen ermuntern, Vielfäl-        Tun bestärkt und andererseits werden
                                            tigkeit in die Programmgestaltung zu      wir auf die geäußerten Wünsche ein-
                                            bringen und auch manches Moderne          gehen und unsere zukünftige Tätigkeit
                                            und Ungewohnte mit einzubeziehen,         dahingehend ausrichten.
                                            das vielleicht auch Jugendliche an-       So wünsche ich noch viel Gutes in
Liebe Kirchenmusikerinnen                   spricht. In dem großen Angebot der        diesem noch jungen Jahr, viel Energie
und Kirchenmusiker!                         Schulungen und Weiterbildungen in         und Freude an dieser wichtigen und
                                            diesem Jahr ist für jede/n etwas dabei:   ehrenvollen Aufgabe, aber auch Kraft
Beim Durchblättern unserer aktuellen        für Chorleiter/-in, Organist/-in, Kan-    zur Freudevermittlung und in anderen
Kirchenmusikzeitschrift war ich er-         tor/-in, Sängerinnen und Sänger.          Menschen Begeisterung zu wecken!
staunt über die reichhaltige und man-       Im Blick auf die sich ständig verän-      Ich freue mich auf eine rege Teilnahme
nigfaltige Tätigkeit unserer Kirchen-       dernden Herausforderungen im kir-         an unseren Fortbildungen.
chöre. Das ist sehr erfreulich und trotz    chenmusikalischen und liturgischen
einiger Nachwuchsprobleme, die es zur       Bereich sind ständige Aus- und Wei-                              Heinrich Walder,
Zeit gibt, steht unsere Chorlandschaft      terbildungen essentiell.                                        VKS-Vorsitzender
im Vergleich mit dem deutschsprachi-
gen Ausland durchaus gut da.
Die Vereinstätigkeit eines Kirchencho-
res ist in vielerlei Hinsicht wichtig:                       Musik stiftet Einheit
Primäre Aufgabe der Kirchenmusik ist
die musikalische Gestaltung der litur-
gischen Feiern im Kirchenjahr. Singen       Papst Franziskus hat geistliche Mu-       der Audienzhalle hat es ermöglicht,
im Chor ist zudem ein gesundes, sozi-       sik als einheitsstiftend und als Mittel   Musik und Gesang erklingen zu lassen,
alisierendes und nicht zuletzt künstle-     zur Glaubensverkündigung gewür-           die gewissermaßen über die Mauern
risch interessantes Musikerlebnis.          digt. „Wir besingen mit einer Stimme      hinausgedrungen sind: Ihr habt den
Menschen werden zusammengeführt,            unseren einzigen Glauben“ sagte er        Vatikan aufgeweckt! Es ist schön, eure
die denselben Zweck verfolgen:              anlässlich des dritten internationalen    Melodien zu hören sowie Freude und
Chorsingen trägt in besonderer Wei-         Chortreffens Ende November 2018 im        Ernsthaftigkeit zu spüren, mit der ihr
se zu Gemeinschaftsbildung, sozialer        Vatikan. Franziskus bezeichnete vor       alle gemeinsam der Schönheit unseres
Integration und Persönlichkeitsentfal-      rund 8.000 Sängern und Sängerinnen        Gebets Ausdruck verleiht. Eure Musik
tung bei.                                   geistliche Musik als Form des Gebets      und euer Gesang sind ein echtes Mit-
In Zeiten der Orientierungslosigkeit, der   und würdigte sie als Ausdruck der         tel der Evangelisierung, insoweit ihr
Ängste vor fremden Kulturen und der         Volksfrömmigkeit. Zugleich ermahnte       Zeugen für die Tiefe des Wortes Gottes
Suche nach der eigenen Identität kann       er die Chöre, sich nicht wie eine „Pri-   werdet, das die Herzen der Menschen
das Chorsingen zur geistigen Basis wer-     madonna“ aufzuführen und auch an-         berührt, und ihr eine Feier der Sakra-
den, die unsere innere Existenz sichert.    dere Formen der Volksfrömmigkeit zu       mente, insbesondere der Eucharistie,
Dabei steht Tradition für Verwurze-         schätzen. Bei der Audienz sagte der       ermöglicht, die uns die Schönheit des
lung und Identität und wir sollten uns      Papst wörtlich: „Eure Anwesenheit in      Paradieses spüren lässt.“
Vollversammlung Dem Evangelium Stimme geben - KU.edoc
Nr. 118                                                       In dieser Ausgabe                                                                     3

Verband
- Vollversammlung des VKS  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .        4
Weiterbildung
- Kantorenschulung in Deutschnofen und Gummer  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  6
- Tagung zur Wort-Gottes-Feier in Schenna .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  6
- Organistenkurs: Das Einfache gut inszenieren .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  7
- Schulungen und Angebote 2019  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 8
Kirchenmusik aktuell
- Dem Evangelium (Deine) Stimme geben .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  9
- Über die Herausforderungen der Kirchenmusik  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 15
- Tipps für eine saubere Chorintonation .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  16
Tasten und Pfeifen
- Eine neue alte Orgel für Laag  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .       18
- Kleine Orgel in der Pfarrkirche Schlinig restauriert  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .              19
- Orgeljubiläum in Kardaun .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .       20
- 30 Jahre Ciresa Orgel in Milland  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .       21
Konzerte
- Uraufführung der neuen Cäcilienmesse .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .             22
- Männerchor BrummNet erfolgreich in Venedig .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                   22
- Belcanto aus Osttirol feiert Jubiläum  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .        23
- Festkonzert des Sterzinger Pfarrchores  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .          25
- Passionsspiel „Nia de parora“ in La Val/Wengen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                  25
- Taufers i. P.: Ein Requiem für die Gefallenen  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .            26
Jubiläen
- Kirchenchor Deutschnofen feiert 300-Jahr-Jubiläum  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 28
- Hans Huber: Ein Leben für die Kirchenmusik .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 29
- Zum Lobe Gottes und zur Freude der Menschen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  30
Aus dem Chorleben
- Domchor Brixen zieht Bilanz  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  32
- P. Urban Stillhard ist nun Ehrenchorleiter .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  33
- Verschiedene Kurzberichte  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 34
In memoriam
- Josef Oberhuber - Ein Leben für die Kirchenmusik .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  34
- Sepp Pircher - Der Chorgesang war seine Welt  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 35
Veranstaltungen
- Symposion der Brixner Initiative Musik und Kirche .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  36
Service
- Hilfe bei der Suche nach passendem Notenmaterial  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  38
Verschiedenes  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  39

  Redaktionsteam: Georg Viehweider und Wolfgang Niederbacher - Layout: cactus.bz - Druck: Karo Druck
  Das Erscheinen unseres Mitteilungsblattes wird durch die finanzielle Unterstützung der Kulturabteilung der Landesre-
  gierung ermöglicht.
Vollversammlung Dem Evangelium Stimme geben - KU.edoc
4                                                                    VKS                                                          Nr. 118

             Die Jugend für die Kirchenmusik begeistern
     Vollversammlung des VKS - Die Bedeutung der Spiritualität in der Kirchenmusik

Mit drei Liedern, geleitet von Kirchenmusikreferenten Dominik Bernhard, wurde die Versammlung musikalisch umrahmt.

„Nur mit gut ausgebildeten Sängern                   tiativen in der Aus- und Weiterbildung               Musik: ein in Klang
und Sängerinnen kann das Niveau der                  für Chorleiter, Kantoren, Organisten                 gegossenes Gebet
Kirchenchöre gehoben werden“, sagte                  und Sänger und Sängerinnen hinwies.                  Unter dem Titel „Kirchenmusik und
der Vorsitzende Heinrich Walder auf                  Und so fasste Walder nicht ohne Stolz                Spiritualität“ gab Prof. Meinrad Walter,
der Vollversammlung des Verbandes                    zusammen: „Es war ein Jahr voll von                  Freiburg, eine Reihe von Denkanstö-
der Südtiroler Kirchenchöre (VKS) Mit-               gut besuchten Fortbildungsveranstal-                 ßen, damit Noten nicht nur abgespult
te Oktober im Vinzentinum in Brixen.                 tungen und zahlreichen musikalischen                 werden, sondern auch der geistige In-
Deshalb will der Verband weiterhin                   Erlebnissen.“ Auch im Jahr 2019 wer-                 halt des Textes zum Tragen kommt.
mit vielen Weiterbildungsveranstal-                  den die bewährten Fortbildungsveran-                 „Kirchenmusik besteht aus Span-
tungen die Freude an der musica sacra                staltungen beibehalten und mit neuen                 nungsfeldern, die nicht auflösbar, aber
fördern und im besonderen den Focus                  Angeboten ergänzt.                                   gestaltbar sind“, sagte er. Spiritualität
auf die Jugendarbeit legen. In Zusam-                                                                     in der Kirchenmusik bedeute Sensibili-
menarbeit mit den örtlichen Vereinen                                                                      tät für ein Höheres, sei ein poliphones
soll das Interesse für das klassische                                                                     Geschehen des Bezeugens, eben ein in
Repertoire und die Kirchenmusik bei                                                                       Klang gegossenes Gebet. An mehreren
den Jugendlichen geweckt werden.                                                                          praktischen Beispielen machte er dies
Laut Geschäftsführer Wolfgang Nie-                                                                        deutlich, so etwa am handschriftlichen
derbacher brauche die Kirchenmusik                                                                        Vermerk Johann Sebastian Bachs auf
einen gelebten Idealismus und die Zu-                                                                     der Titelseite seines Orgelbüchleins
sammenarbeit aller Generationen: „Die                                                                     oder an Mozarts Ave verum. In diesem
Kirchenmusik lebt von Menschen, die                                                                       Lichte konnte man auch die drei Lieder
ihre Leidenschaft, ihre Talente und Fä-                                                                   sehen, mit denen die Vollversammlung
higkeiten einbringen.“ Dass dies nicht                                                                    musikalisch umrahmt wurde, wie „Tief
nur ein Wunschdenken ist, bezeugte                   VKS-Vorsitzender Heinrich Walder leitete die         im Schoß meiner Mutter“ (GL 419),
der Tätigkeitsbericht, der auf viele Ini-            gut besuchte Vollversammlung.                        „Machet die Tore weit“ von Sigismund
Vollversammlung Dem Evangelium Stimme geben - KU.edoc
Nr. 118                                                           VKS                                                                      5

Geschäftsführer Wolfgang Niederbacher legte
den Rechenschaftsbericht 2017 vor.

R. von Neukomm (Psalm 24) oder „Lobe
den Herren“ von Norbert Kissel (GL 876,
Psalm 23) Die Lieder wurden vom neu-          Heinrich Walder überreichte seinem Vorgänger Theodor Rifesser (l.) die Ernennungsurkunde zum
en Kirchenmusikreferenten Dominik             Ehrenmitglied des Verbandes; Seelsorgeamtsleiter Reinhard Demetz (r.) verlieh dem Geehrten in Ver-
                                              tretung des Bischofs Ivo Muser die Diözesane Verdienstmedaille.
Bernhard- es war sein erster öffentlicher
Auftritt im Verband - geleitet. Bernhard
nahm die Gelegenheit wahr, sich und           Orgelkommission. Dann übernahm er                   geben und hast in dieser Amtszeit viele
sein neues Wirkungsfeld kurz vorzu-           2011 den Vorsitz im Verband der Kir-                wichtige Ideen eingebracht und durch-
stellen. Einen Schwerpunkt will er auf        chenchöre Südtirols, den er bis 2017                geführt.“ Rifesser, der weiterhin als Or-
die Literaturberatung legen.                  innehatte. In seiner Amtszeit beglei-               ganist in St. Ulrich tätig ist, freute sich
                                              tete er die Einführung des neuen Got-               sehr über die Ehrung und gestand: „Die
Ehrung für Theodor Rifesser                   teslob, wobei er auch mehrere Lieder                Kirchenmusik ist Teil meines Lebens.“  
Im Rahmen der Vollversammlung wur-            in die ladinische Sprache übersetzte.               Auch er mahnte an, die Jugend für die
de der ehemalige Vorsitzende des VKS          Ein besondere Herausforderung war                   schöne Welt der Kirchenmusik zu be-
Theodor Rifesser für seine Verdienste         die Leitung des Diözesantages für Kir-              geistern und so die Kirchenchöre über
um die Kirchenmusik und im besonde-           chenmusik im Jahre 2016. Heinrich                   die Nachwuchsarbeit aufzufrischen.
ren für die Einbindung der ladinischen        Walder hob in seiner Laudatio die gro-
Sprache in die Kirchenmusik zum Eh-           ßen Führungsqualitäten und das Ver-                 Grußbotschaften
renmitglied des Verbandes ernannt und         antwortungsbewusstsein von Theodor                  Aufmunternde Grußworte richte-
mit der Diözesanmedaille ausgezeich-          Rifesser hervor und fasste zusammen:                ten der Landesrat für Kultur Phil-
net. Seine berufliche Laufbahn begann         „Du hast immer den Kontakt zu den                   ipp Achammer, Seelsorgeamtsleiter
er als Schulpsychologe, er wurde dann         Kirchenmusikern gesucht und gepflegt,               Reinhard Demetz und der Obmann
Leiter des Sozialzentrums Bozen-Um-           Du hast Deine eigene Begeisterung an                des Südtiroler Chorverbandes Erich
gebung und war dann über 22 Jahre             der Kirchenmusik an andere weiterge-                Deltedesco an die Versammlung. Im
Leiter des Ladinischen Pädagogischen                                                              besonderen bat Achammer die Chöre,
Institutes. 1985 wurde Rifesser in die                                                            in Zeiten des Priestermangels in ih-
Diözesankommission für Kirchenmu-                                                                 rer Tätigkeit nicht nachzulassen und
sik gewählt und war auch Mitglied der                                                             den Pfarrgemeinden bewusst Hilfe
                                                                                                  und Unterstützung zukommen zu las-
                                                                                                  sen. Der Seelsorgeamtsleiter hingegen
                                                                                                  wies auf das diözesesane Jahresthema
                                                                                                  „Auf dein Wort hin: beschenkt, geru-
                                                                                                  fen, gesandt“ hin und meinte, gera-
    Kirchenmusik besteht
                                                                                                  de die Kirchenmusiker könnten von
    aus Spannungsfeldern,                                                                         diesem Thema profitieren. Deltedesco
    die nicht auflösbar,                                                                          dankte dem VKS für die gute Zusam-
    aber gestaltbar sind.                                                                         menarbeit, die sich gerade auch im
    Heinrich Walder                                                                               Weiterbildungsbereich bewährte.
                                              Zum Thema „Kirchenmusik und Spiritualität“
                                              gab Prof. Meinrad Walter Denkanstöße mit.                                       Georg Viehweider
Vollversammlung Dem Evangelium Stimme geben - KU.edoc
6                                                 Weiterbildung                                                       Nr. 118

     Kantorenschulung in Deutschnofen und Gummer

Nützliche und praktische Tipps für
Kantorinnen und Kantoren konn-
ten sich Interessierte im Rahmen
einer Kantorenschulung mit Domi-
nik Bernhard holen. Die Aufgaben
und Möglichkeiten in Mess- und
Wort-Gottes-Feiern, Liedpläne und
Interessantes zum Gotteslob standen
im Mittelpunkt. Beim Abschlussgot-
tesdienst in der Pfarrkirche Gummer
wurden die erlernten Gesänge, Psal-
men und Rufe zu Gehör gebracht.

In insgesamt drei Einheiten konnten
Interessierte aus den Pfarreien Atz-
wang, Blumau, Karneid, Kardaun,
Steinegg, Gummer, Welschnofen, Eg-
gen, Deutschnofen und Petersberg die
Möglichkeiten beim Kantorieren ken-
nenlernen und auffrischen. Organisiert     Die Teilnehmer der Kantorenschulung mit Kirchenmusikreferent Dominik Bernhard (r.)
wurde die Schulung von der Pfarrei
Deutschnofen und dem Verband der           sänge und Psalmen auffrischen. Zwei             nen und Kantoren das Erlernte in die
Kirchenchöre Südtirols. Referent war       Einheiten wurden jeweils im Chorpro-            Praxis umsetzen und wertvolle Tipps in
der neue diözesane Kirchenmusikre-         belokal des Kirchenchores Deutschno-            den jeweiligen Pfarrgemeinden erpro-
ferent Dominik Bernhard. Mit vielen        fen abgehalten. Die letzte Einheit fand         ben und so die Glaubensfeiern festlich
praktischen Tipps legte er den Fokus vor   im Chorprobelokal und der Pfarrkirche           gestalten. Voll motiviert und ausgerüs-
allem auf die vielfältigen liturgischen    von Gummer am Samstag, 17. Novem-               tet mit neuen Werkzeugen können nun
Möglichkeiten. Die Teilnehmerinnen         ber statt. Organistin Edeltraud Grumer          die Kantorinnen und Kantoren mit den
und Teilnehmer konnten ihr Wissen          begleitete die feiernde Gemeinde an             jeweiligen     Glaubensgemeinschaften
im Bereich Gotteslob, verschiedene Ge-     der Orgel. Nun können die Kantorin-             neue Impulse setzen.

             Tagung zur Wort-Gottes-Feier in Schenna
Der Verband der Kirchenchöre Süd-          na ausgewählt haben“, so Wolfgang               winnen will, beim Wort Gottes be-
tirols organisierte am 10. November        Niederbacher, „hängt damit zusam-               ginnen muss“.
2018 im Vereinshaus Schenna eine           men, dass die Wort-Gottes-Feier in              Schwerpunkt der Tagung in Schenna
Tagung über Gesänge zur Wort-Got-          dieser Seelsorgeeinheit Schenna be-             war die musikalische Gestaltung von
tes-Feier für Chor und Gemeinde.           reits regelmäßig angeboten wird“.               Wort-Gottes-Feiern. Als Referent für
Die Tagung stand unter dem Mot-            Dass die Wort-Gottes-Feier in unse-             diesen Teil der Tagung war Andreas
to „Dein Wort, Herr, zeigt uns den         ren Pfarrgemeinden bedauerlicher-               Peterl eingeladen. Andreas Peterl ist
Weg“. Wolfgang Niederbacher, der           weise noch nicht angekommen ist,                Kirchenmusikreferent und Lehrer für
Geschäftsführer des Verbandes der          darauf wies der Referent für Liturgie           Chorleitung am Konservatorium für
Kirchenchöre Südtirols, begrüßte           in der Diözese Bozen-Brixen Stefan              Kirchenmusik der Diözese Linz. Bei
die Teilnehmer, die aus dem ganzen         Huber hin. Er sei aber gleichzeitig             der Auswahl der Gesänge sei beson-
Land nach Schenna gekommen wa-             zutiefst davon überzeugt, „dass un-             ders auf das Miteinander der kirchen-
ren. „Dass wir als Tagungsort Schen-       sere Kirche, wenn sie Menschen ge-              musikalischen Dienste, der anderen
Vollversammlung Dem Evangelium Stimme geben - KU.edoc
Nr. 118                                            Weiterbildung                                                    7
liturgischen Dienste und der Gemein-     Andreas Peterl die Teilnehmer – und       vertraut worden. Unterstützt wurden
de zu achten. Besonders unterstrich      nicht nur die Sänger und Chorleiter       die Chöre von den Teilnehmerinnen
Andreas Peterl, dass die Kirchenmu-      unter ihnen – zu begeistern und zu        und Teilnehmern der Tagung. Abso-
sik immer „Dienerin der Liturgie und     überzeugen.                               luter Höhepunkt des musikalischen
kein Selbstzweck“ sein dürfe. „Die                                                 Programms war die Uraufführung der
Kirchenmusik muss sich auf die litur-    Abschlussfeier                            Komposition „Sonntäglicher Lobpreis
gische Feierform einstellen und wenn     Passend zur behandelten Thema-            und Hymnus“ von Heinrich Walder.
eine Wort-Gottes-Feier auf dem Pro-      tik wurde die Tagung mit einer            Der Komponist, der auch Vorsitzender
gramm steht, dann ist diese mit der-     Wort-Gottes-Feier in der Pfarrkirche      des Verbandes der Kirchenchöre Süd-
selben Sorgfalt vorzubereiten wie eine   Schenna abgeschlossen. Die Feier lei-     tirols ist, war anwesend und zeigte
Eucharistiefeier oder eine Andacht“.     tete Josef Klotzner aus Schenna. Die      sich von der Uraufführung angetan.
Mit viel Witz und mit großartigem        musikalische Gestaltung war den Kir-
musikalischen Können gelang es           chenchören Schenna und Hafling an-                                    Rosa Plank

        Organistenkurs : Das Einfache gut inszenieren
Am Samstag, 19. Januar 2019, fand                                                  Situation imitiert wurde. Motiviert
in der Musikschule Schlanders von 9                                                wurden die Organisten darin, einfache
bis 13 Uhr eine Fortbildung für Or-                                                Techniken mithilfe kreativer Regi-
ganisten statt. Einige nebenamtliche                                               strierung und überzeugender Darbie-
Organisten aus dem Vinschgau hatten                                                tung gut zu inszenieren. Ziel sollte
sich angemeldet, um sich von Kir-                                                  stets sein, mit ansprechenden Intona-
chenmusikreferent Dominik Bernhard                                                 tionen die Gottesdienstbesucher zum
mit neuen Literaturempfehlungen und                                                Singen zu animieren und den Volks-
Impulsen zum liturgischen Orgelspiel                                               gesang überlegt zu führen.
inspirieren zu lassen. Als Fundgrube
für praktikable Orgelliteratur im Got-   Organistenkurs mit Kirchenmusikreferent   Der Kurs wird an folgenden Terminen
tesdienst wurden die drei Bände „Die     Dominik Bernhard                          jeweils von 9 bis 13 Uhr in weiteren
Sonntagsorgel“ (herausgegeben von                                                  Bezirken angeboten:
Armin Kircher und Marius Schwem-         spiel unterrichtet. Ausgehend von der     - Samstag, 09. Februar in der Pfarr-
mer) in Auszügen vorgestellt, inter-     Gemeinde-Begleitung wurden Tem-             kirche St. Georgen
pretatorisch eingeordnet und auf li-     po, Atem, Registrierung und Spielart      - Samstag, 23. Februar in der Kapuzi-
turgische Verwendbarkeit bedacht.        miteinander reflektiert. Weiter konnte      nerkirche Brixen
Im zweiten Kursabschnitt wurden          sich jeder Teilnehmer mit einer ein-      - Samstag, 02. März in der Radio-
die Teilnehmer praktisch einbezogen      fachen neuen Einspielform versuchen,        kapelle des Haus St. Benedikt
und einzeln im liturgischen Orgel-       mit der stets eine konkrete liturgische     im Kloster Muri-Gries

                                            Fragebogen: Ergebnisse werden ausgewertet

   Die Orgel ist ein wunder-                Der Verband der Kirchenchöre Südtirols hat im Herbst eine Online-Umfra-
                                            ge gestartet, um ein aktuelles Bild der kirchenmusikalischen Situation in
   barer, sehr menschlicher
                                            unserer Diözese zu erhalten. Gerichtet war der Fragebogen an die Verant-
   und daher nicht weg-                     wortlichen der Chöre. Insgesamt haben sich 283 Personen an dieser Umfra-
   zudenkender Träger der                   ge beteiligt. An dieser Stellen sagen wir ein Danke an alle, die dem Aufruf
   christlichen Botschaft.                  Folge geleistet und mitgemacht haben. Die Ergebnisse der Umfrage werden
   Egidius Braun                            derzeit ausgewertet. In der nächsten Ausgabe der Zeitschrift „Kirchenmu-
                                            sik“ werden die zusammengefassten Ergebnisse veröffentlicht. Diese Daten
                                            werden uns unter anderem eine Hilfestellung sein bei der Planung der zu-
                                            künftigen Aus- und Fortbildungsprogramme
Vollversammlung Dem Evangelium Stimme geben - KU.edoc
Vollversammlung Dem Evangelium Stimme geben - KU.edoc
Nr. 118                                          Kirchenmusik aktuell                                                      9

                Dem Evangelium (Deine) Stimme geben
       Zur Bedeutung geistlicher Musik im Gestaltwandel von Kirche und Liturgie1

„Wie du warst vor aller Zeit, so bleibst
du in Ewigkeit.“ Mit den vertrauten
Worten aus dem Te-Deum-Lied (GL
380,1) loben wir Gott, dessen Größe
und Geheimnis jenseits unseres Begrei-
fen-Könnens und jenseits von Zeit und
Geschichte ist. So verhalten bis schütter
der gottesdienstliche Gemeindegesang
im allsonntäglichen Normalbetrieb
sein mag, dieses Lied setzt immer noch
ungeahnte vokale Ressourcen frei. Die
Intensität, ja der heilige Schauer, die
da klanglich rüber kommen, haben
vielleicht auch damit zu tun, dass ge-
rade heute die Sehnsucht groß ist, ei-
nen geistigen und emotionalen Anker         Dem Evangelium Stimme geben: Singen und glauben sind nahe Verwandte.
an ein verlässliches Gestade jenseits
der Wogen unserer Zeit werfen zu kön-       mit der Zeit gehen wollten - sie geht       algorhythmisch produzierbar, ist die
nen, in der Update und Innovation den       nicht spurlos an ihnen vorüber.             messbare Seite von Mensch und Welt
Takt vorgeben und Vertrautes immer                                                      die Wirklichkeit?3
schneller sein Verfallsdatum erreicht.      I. Kirche und Glaube im                     - Die technische, ökonomische und
Anders als der große Gott, stehen Kir-      Umbruch                                     kulturelle Globalisierung und die ge-
che und Glauben(de) aber ganz in der        Die tiefgreifenden Umbrüche im ge-          steigerte Mobilität („Überwindung von
Zeit. Und selbst wenn sie partout nicht     sellschaftlichen und kulturellen Leben      Raum und Zeit“) relativieren den (Le-
                                            betreffen auch Kirche und Glaube; prä-      bens-) Ort der Menschen und seinen
                                            gende Kräfte und Vorgänge in dieser         kulturellen Stellenwert.
 Zum Autor                                  Entwicklung sind2:                          - Die Lebenswelten werden zunehmen
                                            - Der steigende Individualisierungs-        plural, auch in religiöser Hinsicht.
                 Markus       Eham          druck: Jede/r trägt selbst die Verant-      - Die Polarisierung von Arm und Reich
                 studierte katho-           wortung für die Chancen und Risiken         verstärkt den sozialen Ausschluss von
                 lische    Theolo-          des eigenen Lebens; Jede/r ist „seines      Millionen.
                 gie in München             Glückes Schmied“, d.h. auch: „Du bist       Diese Entwicklungen bleiben nicht
                 und wurde 1986             selber schuld, wenn du unglücklich          ohne Wirkung auf die Sozialgestalt
                 zum Dr. theol.             bist“.                                      von Kirche; sie verändern auch die
                 promoviert. Er             - Die Digitalisierung erfasst alle Berei-   Weise, wie Menschen die Feiergestalt
 wirkte in der liturgischen Bil-            che des Lebens: Sie revolutioniert die      des Glaubens, also die Liturgie und ihre
 dungsarbeit des Erzbistums Mün-            Wirtschafts- und Arbeitswelt, der Ef-       Sprache in Wort, Musik, Bild, Symbol
 chen und Freising mit und ist              fizienzdruck wächst; sie erzeugt neue       und Ritual wahrnehmen; im Letzten
 seit 1993 Professor für Liturgik,          Kommunikationsformen und gravie-            sieht man sich als Glaubender in diesen
 Musik und Stimmbildung an der              rende Auswirkungen auf das Bild vom         Umbrüchen mit der Frage konfrontiert:
 Fakultät für Religionspädagogik            Menschen: ist er nur noch interessant       (Wie) kann man ohne Widerspruch
 und Kirchliche Bildungsarbeit der          als Konglomerat und Lieferant von Da-       zugleich moderner Mensch und Christ
 Kath. Universität Eichstätt-Ingol-         ten, durch künstliche Intelligenz ersetz-   sein?
 stadt. Mitarbeit unter anderem             bar? Ist Entwicklung (Update) immer         Für die skizzierten Transformationspro-
 am Münchener Kantorale und                 wichtiger als Sein, die Zukunft bedeu-      zesse gilt wie für den Klimawandel: Wir
 am neuen Gotteslob; Mitheraus-             tender als die Gegenwart, Performance       sind schon mitten drin. Was das Klima
 geber der Max-Eham-Edition.                wichtiger als Persönlichkeit, das Glück     betrifft, lässt sich freilich ziemlich gut
Vollversammlung Dem Evangelium Stimme geben - KU.edoc
10                                           Kirchenmusik aktuell                                                Nr. 118

vorausberechnen, was uns erwartet - es
wird ungemütlicher; für Glaube, Kirche
hingegen kann niemand sichere Prog-
nosen abgeben. Vermutlich kann man
als Kirche in diesen Veränderungspro-
zessen auch gar nicht viel „machen“4,
oder wirksam (gegen-)steuern; doch
wir sollten sie wachsam und hellhörig
wahrnehmen. Denn selbst wenn Reli-
gion und Glauben in modernen, auf-
geklärten, technisierten Gesellschaften
„gefühlt“ immer mehr verdunsten, so
liegen sie, wenn man dem physikali-
schen Bild folgt, doch in der Luft (wenn
auch in anderem „Aggregatszustand“).
Es lohnt sich, die Antennen neu und        Gesang und Musik sind unverzichtbare „Sprache“ des Glaubens.
feiner zu justieren, nach Glauben heute
zu sondieren.                              Christus belehren, mehr Jesus folgen;          Ich teile etwas mit, was ich mit Worten
                                           weniger Dogma wagen, mehr Bibel be-            allein nicht sagen könnte.
II. Kirche in der                          fragen; weniger Recht haben, mehr Ge-          Ich bin ganz bei mir (per-sonal) und
„Glaubensschule“ Jesu                      rechtigkeit üben; weniger Heilswissen          gehe zugleich über mich hinaus.
Das Neue Testament erzählt von Jesus       horten, mehr Gottsuche treiben; we-            Ich stimme in Überliefertes (ein Lied)
nicht nur als Glaubens-Künder und          niger Kirchensorge pflegen, mehr mit           ein, im Singen wird es auch mein’s.
-Bringer, sondern – gerade in promi-       den Menschen sein. Mit diesem Kom-             Ich bin Teil von etwas Größerem, das
nenten Situationen - als Glaubens-Fin-     pass müssten sich sinn- und heilvolle          mich übersteigt. Ich gehe über das hi-
der: In den heilenden Begegnungen mit      Wege finden lassen in Pastoral und             naus, was jetzt der Fall ist: Musik ist
dem Hauptmann von Kapharnaum (Mt           Moral, in der Ökumene, in der Ordnung          Ausdruck und Verstärker-Stimme von
8, 10.13), mit der blutflüssigen Frau      der kirchlichen Ämter und Dienste und          Sehnsucht. Robert Walser hat den letzt
(Mk 5,34), oder mit dem blinden Bar-       nicht zuletzt in der Feier des Glaubens.       genannten Aspekt für sich so beschrie-
timäus (Mk 10,52) staunt er über den                                                      ben: „Mir fehlt etwas, wenn ich keine
schon vorhandenen Glauben bei sei-         III. Dem Evangelium Stimme                     Musik höre, und wenn ich Musik höre,
nem Gegenüber. Und in diesem Wahr-         geben - Gesang und Musik                       fehlt mir erst recht etwas. Das ist das
nehmen und Wahrgenommen-Werden             sind unverzichtbare „Sprache“                  Beste, was ich über Musik zu sagen
ereignet sich Heil(ung): „Dein Glaube      des Glaubens                                   weiß.“7 Unschwer wird hier schon er-
hat dir geholfen.“                         1. Singen und glauben sind nahe                kennbar, dass Musik, insbesondere
In die Schule Jesu gehen, könnte für       Verwandte                                      Singen und Glauben, nahe Verwandte
die Kirche heute heißen: Menschen          „….wenn nichts bleibt, wie es war“ – so        sind. Religiöse Musik ist für den jüdi-
mit Entdecker–freude begegnen, ihren       der Titel eines Buches „zur prekären           schen Theologen Abraham J. Heschel
Glauben orten; d.h. ein Gespür und         Zukunft der Kirche“6 - mag einem in            „der Versuch zu vermitteln, was zwar
Aufmerksamkeit dafür entwickeln, wo        der aktuellen Situation für Glaube und         in unserer Sphäre liegt, aber jenseits
er als Vertrauen, als Suchen, als Mit-     Kirche die bange Frage des Psalmisten          unseres Zugriffs.“8 Nicht von ungefähr
fühlen und Hoffen in der Luft und auf      in den Sinn kommen: „Gerät alles ins           ist einer der ältesten Texte der Bibel
der Hand liegt5. Gott ist schon bei        Wanken, was kann der Gerechte noch             kein Lehrsatz über Gott und kein Ge-
den Menschen. Wir sind Gott-Sucher         tun?“ (Psalm 11,3). Kirchenmusikalisch         bot, sondern ein Lied. Freude, Staunen
und -Entdecker, nicht -Besitzer. Kir-      gewendet, könte die vom Psalter ins-           und Lobpreis der Israeliten über ihre
che muss sich dann nicht primär dar-       pirierte Impulsfrage lauten: Gerät alles       wunderbare Rettung am Schilfmeer
um kümmern, dass sie bleibt (wie sie       in Wandlung, was hat der/die Singende          brechen sich Bahn in Poesie (Ex 15,1-
ist), sondern, dass sie der Präsenz von    oder Musizierende (kund) zu tun? Was           21), die in das Bekenntnis mündet:
Evangelium nachspürt, ihr Stimme           gebe ich – außer Tönen – kund, wenn            „Gott ist mein Lied“ (Ex 15, 2a). Der
und Raum gibt. Für ihren Kurs in der       ich singe?                                     Sprecher/Sänger sagt damit in drei-
Umbruchskrise würde sich diese Navi-       Ich bin im Herzen berührt, bewegt, von         facher Sinnrichtung: Gott ist Inhalt,
gationshilfe nahelegen: Weniger über       etwas ergriffen.                               Ziel und Beweggrund meines Singens.
Nr. 118                                         Kirchenmusik aktuell                                                             11

Ich singe über ihn, ich singe zu ihm
und ich singe durch ihn.9 Prägnanter
kann man die Bedeutung des Singens
als Sprache des Glaubenden kaum ins
Wort bringen. Singen ist demnach eine
Weise, die erfahrene Nähe – oder Fer-
ne – Gottes zu bekunden und darauf
zu antworten: „Einerseits schaffen die
Singenden dieser Gegenwart durch ihr
Singen Raum, denn wenn Gottes Taten
gepriesen werden oder wenn er ange-
redet wird, dann wird seine Präsenz in
dieser Welt hörbar gemacht. Das gilt
für das Wort des Vertrauens oder der
Liebe zu ihm, aber auch für den Schrei,
der sich an ihn wendet: ‚Warum hast
du mich verlassen?’ (Ps 22,2). Anderer-
seits werden die Singenden im Singen
selbst von fremder Präsenz berührt, in     Das Klangbild des Glaubens im Liedrepertoire des neuen Gotteslob hat verschiedene Farben.
Beziehung zu einem anderen gesetzt,
demgegenüber sie als Ich – oder auch       aktuellen Strophe 3);                            Heiligen Geistes: Jede/r versteht aus
als Wir – erst konstituiert werden.“10     - das mystische Piano der Innerlich-             seiner/ihrer Lebensgeschichte heraus,
Christen singen also, weil sie gar nicht   keit („Gott loben in der Stille“, GL 399,        das Seine/Ihre vom Evangelium; wir
anders können. Das Christentum war         „Gott ist gegenwärtig“, GL 387);                 ersehen daraus: Glaubende Menschen
und ist immer dann am wirksamsten          - die Fermaten der Geduld („Stimme,              müssen nicht etwa zuerst ein vorge-
präsent unter den Menschen, wenn ab-       die Stein zerbricht“; GL 417, Str. 4:            gebenes „kirchisch lernen“, um Gottes
sichtslos gelebt und kundgetan wird,       „Wird es dann wieder leer, teilen die            Stimme zu verstehen und beim Evan-
was man liebt: Gott, der Liebe ist. Dass   Leere wir. Seh dich nicht, hör nichts            gelium mitreden zu können. Glaubens-
es fürs Kundgeben dieser Erfahrung         mehr – und bin nicht bang: Du bist               erfahrung ergeht für jeden direkt in der
beide „Sprachen“ braucht, hat Martin       hier.“);                                         Muttersprache seines Lebens. Singen
Luther verdichtet so gesagt: „Davon ich    - die dunklen Frequenzen der Klage               (und Musik) kann dieser Muttersprache
singn und sagen will“ (GL 237,1).          („Wir an Babels fremden Ufern“, GL               im Glauben besonders gut entsprechen,
Diese Erfahrung nimmt im Leben viel-       438);                                            weil sie uns im je eigenen Herzenston
fältige Tönungen an; daher hat das         - die faszinierenden Klangbilder des             dafür anspricht, oder die ganz eigene
Klangbild des Glaubens im Liedreper-       Unvorstellbaren; das Lied von der                Schwingung in unser Antworten hin-
toire des neuen Gotteslob verschiedene     „Himmlischen Stadt“ (GL 549) bringt              einlegen lässt.
Farben; es gibt darin:                     die Vision des Propheten Micha (4,1-3)           Singen und Musizieren ist eine auch
- das affirmative Forte von Gewissheit     von Gottes Zukunft für seine Schöp-              nach der „Glaubensschule Jesu“ be-
und Glaubensfreude („Singt dem Herrn       fung zum Klingen: Als biblische „Zu-             sonders wertvolle Sprache zum Entde-
ein neues Lied“, GL 409, oder „Erde,       kunftsmusik“ lässt das Lied schon an-            cken, zum Orten und Teilen von Glau-
singe“, GL 411, mit der neuen und neu      klingen, was im Kommen ist.                      ben mit Menschen, auch und gerade
                                                                                            wenn sie nicht „kirchisch“ reden. Denn
                                           2. Glaube ist genuin „mehrsprachig“              es ist – um es mit den Worten von Ful-
   Mir fehlt etwas wenn ich                Mit der biblischen Erzählung vom                 bert Steffensky zu sagen - „nicht das
                                           Pfingstwunder ist der Kirche (Apg                Wichtigste, dass Menschen unter allen
   keine Musik höre und
                                           2,1-13) etwas Wichtiges in die Wie-              Umständen unseren Dialekt des Glau-
   wenn ich Musik höre, fehlt              ge gelegt: Jeder aus der „Multikulti-            bens sprechen. Wichtig aber ist, dass
   mir erst recht etwas. Das               versammlung“ zu Jerusalem konnte                 sie die Hoffnung und das Recht lieben
   ist das Beste was ich über              jede/n Ausländer/in in seiner Mutter-            lernen.“11 Geistliche Musik in ihren
   Musik zu sagen weiß.                    sprache hören. Es geht nicht um eine             vielfältigen stilistischen Spielarten ist
   Robert Walser                           staunenswerte Übersetzungsleistung,              – jedenfalls für das Hoffen-Lieben-Ler-
                                           sondern um ein Verstehenswunder                  nen - ein sehr inspirierendes Medium.
12                                                 Kirchenmusik aktuell                                                 Nr. 118

IV. Konkretisierungen                             liebt; dass einmal alle Tränen abge-         Christus seiner Kirche immerdar gegen-
1. Reichtum und Vielfalt wahrnehmen               wischt werden sollen; dass die Armen         wärtig, besonders in den liturgischen
Die Zeit des Umbruchs, wie wir sie in             die ersten Adressaten des Evangeliums        Handlungen.“ (SC167)„In der Liturgie,
Gesellschaft, Kirche und Glaube erle-             sind.“13 Es gibt dafür eine breite Palet-    besonders im heiligen Opfer der Eucha-
ben, ist verunsichernd, unbequem und              te von musikalisch-geistlichen Veran-        ristie [aber eben nicht nur dort - Anm.
herausfordernd; sie birgt aber auch               staltungsformaten wie Mitsingkonzert,        Vf.] vollzieht sich das Werk unserer Er-
Chancen für neue Entdeckungen und                 Gesprächskonzert, Musical, Mysterien-        lösung.“ (SC 2)
Impulse zu bisher nicht gesehenen und             spiel. Und auch das Feld „Gottesdienst“      2.1 Wort-Gottes-Feier
beschrittenen Wegen in der Pastoral, im           ist eine von Arten- und Formenvielfalt       „Gegenwärtig ist er in der Versamm-
kulturellen Leben und in der Liturgie.            geprägte Kulturlandschaft (von den           lung (der Gläubigen, die in seinem
Sehr inspirierend kann es dabei sein,             „klassischen“ Formen kirchlicher Li-         Namen zusammenkommen (vgl. Mt
den Blick dafür zu öffnen, wie vielfältig         turgie bis hin zu „Feiern mit offenen        18,20). Gegenwärtig ist er auch in sei-
und farbig durch die Epochen und Sti-             Türen“14), die es im kirchlichen Leben       nem Wort, da er selbst spricht, wenn
le der Überlieferung geistlicher Musik            vielfach erst zu entdecken und zu kul-       die heiligen Schriften in der Kirche ge-
der Glaube - das Vertrauen und Hof-               tivieren gilt.                               lesen werden.“17
fen, das Klagen und Zagen, die Freude             2. Gottesdienst ist nicht nur Messe          „Von größtem Gewicht für die Litur-
und die Liebe – zum Klingen gebracht              Das gottesdienstliche Leben auf die Mes-     giefeier ist die Heilige Schrift. Aus ihr
wird. Wenn Chöre, Instrumentalisten,              se, zu beschränken, ist sowohl im Blick      werden nämlich Lesungen vorgetragen
Musikgruppen dieser durch die Bibel               auf die Geschichte der Kirche wie auf die    und in der Homilie ausgedeutet, aus ihr
inspirierten, komponierten Lebensener-            pastorale und spirituelle Situation der      werden Psalmen gesungen, unter ihrem
gie ihre „Stimme geben“ im geistlichen            Gegenwart eine problematische Engfüh-        Anhauch sind und Antrieb sind litur-
Konzert, ist das gerade heute eine kul-           rung.15 Gottes Geistes-Gegenwart ereignet    gische Gebete, Orationen und Gesänge
turell hoch wirksame Form der Präsenz             sich in unterschiedlichen Feierformen.       geschaffen worden, und aus ihr emp-
des Evangeliums.12 Ob man dabei an                Für die theologische wie liturgiepastorale   fangen Handlungen und Zeichen ihren
die großen Werke z.B. der Oratorien-Li-           Vergewisserung erscheint es sinnvoll, an     Sinn.“ (SC 24)
teratur denkt, oder an die Gospel- und            diesbezügliche grundlegende Aussagen         „Die Kirche hat die Heiligen Schrif-
Spiritual-Überlieferung: Berührend und            und Maßgaben des II. Vatikanischen           ten immer verehrt wie den Herrenleib
bewegend kommen die biblischen Bil-               Konzils zu erinnern:                         selbst, weil sie, vor allem in der heiligen
der der Rettung zum Klingen: „dass                „Um dieses große Werk [scil. seiner          Liturgie, vom Tisch des Wortes Gottes
das Leben kostbar ist; dass Gott es               Heilssendung] voll zu verwirklichen, ist     wie des Leibes Christi ohne Unterlass
                                                                                               das Brot des Lebens nimmt und den
                                                                                               Gläubigen reicht.“ (DV1821)
                                                                                               „Zu fördern sind eigene Wortgottes-
                                                                                               dienste an den Vorabenden der höhe-
                                                                                               ren Feste, an Wochentagen im Advent
                                                                                               oder in der Quadragesima sowie an den
                                                                                               Sonn- und Feiertagen, besonders da,
                                                                                               wo kein Priester zur Verfügung steht;
                                                                                               in diesem Fall soll ein Diakon oder ein
                                                                                               anderer Beauftragter des Bischofs die
                                                                                               Feier leiten.“ (SC 35,4).
                                                                                               Im „Gotteslob“ (2013) wird diese Feier-
                                                                                               form unter Nr. 668,2 inhaltlich näher
                                                                                               bestimmt:
                                                                                               - Die Wort-Gottes-Feier ist eine eigen-
                                                                                               ständige Gottesdienstform.
                                                                                               - Sie ist Feier der Gegenwart des Herrn
                                                                                               in seinem Wort, um das Leben auf ihn
                                                                                               auszurichten.
                                                                                               - Die Wort-Gottes-Feier vertieft (wie
                                                                                               die Tagzeitenliturgie), was in der
Ein geistliches Konzert ist eine kulturell hoch wirksame Form der Präsenz des Evangeliums.     Eucharistie gefeiert wird.
Nr. 118                                          Kirchenmusik aktuell                                                         13

2.2 Tagzeitenliturgie (TZL)
SC 84 (1963) spiegelt noch das Ver-
ständnis vom Pflichtgebet für Priester
und Ordensleute.
Erst in AES19279 (1971) ist TZL das
„ureigene Gebet der Gläubigen“. Wenn
die Gläubigen sich, vor allem in den
Pfarreien, zur Feier des Stundengebets
versammeln, wird in dieser Gebetsge-
meinschaft die Kirche sichtbar (AES
21). Gläubige üben ihre ureigene, in der
Taufe grundgelegte Berufung aus, im
gemeinsamen Gotteslob Kirche zu sein.
(c.1174 § 2 CIC). Verwunderlicher Wei-
se ist diese vertiefte theologische Sicht
der TZL im neuen Gebet- und Gesang-
buch „Gotteslob“ (2013) wieder nicht
mehr so klar erkennbar.20

3. Gottesdienst-Musik
Musikalisch betrachtet, bedeutet die li-    Liturgie ist die Kommunikation Gottes mit den Menschen und den Menschen untereinander.
turgische Erneuerung: Nicht mehr zur
Liturgie (etwas) singen, sondern die        entdecken und pflegen; dazu braucht             denen es gelingt, das Evangelium von
Liturgie zum Klingen bringen (vgl. SC       es allerdings gut gestaltete liturgische        denen her zu entdecken, denen man
112); die Grundgestalt von Liturgie ist     „Mitmachmusik“. Der Chor der Stu-               es verkündet, sind attraktiv (Rainer
dialogisch: Gottes Zuwendung zu den         dientags-Teilnehmer/innen hat eine              Bucher).“ – Die stilistische Vielfalt
Menschen findet Resonanz in der Hin-        breite Palette von Gesängen dieser Art          geistlicher Musik bietet gute Möglich-
wendung der Menschen zu ihm und             für Wort-Gottes-Feier und Tagzeitenli-          keiten, unterschiedliche ästhetische
zueinander. Grundgesten in dem dia-         turgie ausprobiert, wie z.B. mehrstim-          Zugänge zur Kommunikation und
logischen Geschehen sind das Anrufen,       mige Lied-Strophen im Wechsel mit               Feier des Glaubens freizulegen.
Erinnern, Bitten, Preisen/Danken. In        der Gemeinde, festlicher Abschluss des          - Diakonische Berührbarkeit: „Orte,
musikalischer Sprache kommen diese          (Gemeinde-)Gesangs mit Chor-Coda;               an denen die herrschenden sozialen
Gesten zum Tragen in Akklamation,           Wechsel-Gesänge des GL mit mehr-                Grenzen überwunden werden, strah-
Psalmodie/Kantillation, Litanei und         stimmigen Chor-Parts, Formen des                len Hoffnung aus.“ – Singen und Mu-
Hymnus/Lied. Zur „DNA“ von Gottes-          Psalmensingens mit Kantor/in, Schola,           sizieren wirken auf ihre Weise wie
dienst-Musik gehört daher das Respon-       Chor, Instrumenten, Gemeinde….                  sozialer Kitt, ermöglichen ein starkes
sorische, also Formen, die im Call and                                                      verbindendes Klang-Körper-Feeling.
Response, im Wechselspiel verschie-         V. Schlussgedanken                              - Spirituelle Sprachfähigkeit: Orte,
dener „Gesprächspartner“ (Kantor/in,        Die Konturen einer neuen, vom Evan-             an denen nicht über, sondern in Got-
Psalmist/in, Schola, Chor, Organist/in,     gelium inspirierten Gestalt kirchlicher         tes Gegenwart gesprochen wird, sind
Instrumentalisten, Alle) auch musika-       Präsenz, die sich mitten im Gestalt-            kraftvoll.“ – Im Unterschied zur Spra-
lisch das abbilden und nachvollziehbar      wandel der Kirche(n) abzeichnen, be-            che, die nur auf Gemeintes hinweist,
machen, was Liturgie im Kern ist: Kom-      nennt der Pastoraltheologe Bernhard             kommt in der Musik das, was sie sagt,
munikation Gottes mit den Menschen          Spielberg21 mit folgenden Merkmalen:            irgendwie selbst zur Erscheinung (Th.
und der Menschen untereinander. Dar-        - Biographische      Aufmerksamkeit:            W. Adorno). Davon berührt werden,
in wird gegenwärtig, dass und wie wir       „Orte, an denen Menschen ihre Be-               hilft vermutlich auch, über das ins
Anteil haben am Leben der Fülle.            rufung entdecken und leben können,              Gespräch zu kommen, was einen be-
Chöre und Chorleiter/innen könnten          werden gefunden.“ – Der Kinderchor,             wegt (hat).
neben ihrem gängigen Selbstverständ-        die Jugendband, die Frauenschola, die           - Lokale Erfahrbarkeit: „Eine Kirche,
nis als „Darbieter“ von Musik im Got-       Kantorei, der Ü-60-Chor können sol-             die die … Individualität der Menschen
tesdienst die Rolle des musikalischen       che Orte sein.                                  respektiert“, die „von der Sehnsucht
Dialogpartners der Gemeinde stärker         - Ästhetische Attraktivität: „Orte, an          der Menschen nach Gott her gestaltet
14                                                 Kirchenmusik aktuell                                                                     Nr. 118

ist. Orte, die davon ausgehen, fragen        des (Glaubens-) Lebens gehört, kommt                        8
                                                                                                              Abraham J. Heschel, Der Beruf des Kantors,
erst am Ende nach den Strukturen.“ –         in der Bitte aus einem Lied im Evan-                        in: Ders., Die ungesicherte Freiheit. Essays zur
Kirchen am Ort können ein wertvoller         gelischen Gesangbuch zum Ausdruck:                          menschlichen Existenz. Aus dem Englischen
Versammlungs- und Artikulationsort           „segne unser Tun und Lassen“23. Expe-                       übersetzt von Ruth Olmesdahl (= Information
für die Sehnsucht der Menschen nach          rimente und Abschiede wird und darf                         Judentum 6), Neukirchen-Vluyn 1985, 194-202,
Gott sein.                                   es auch in der Kirchenmusik geben.                          hier 198.
Eine lebendige Musikkultur in den Ge-        Dem Evangelium singend und klingend                         9
                                                                                                             Vgl. Jürgen Henkys, Singender und gesungener
meinden („Seelorgseinheiten“) kann           seine Stimme zu geben, ist eine berüh-                      Glaube. Das Kirchenlied im christlichen Leben,
also sehr wirksam dazu beitragen, dass       rende und bewegende Form, der Hoff-                         in: Ders., Singender und gesungener Glaube.
Kirche in diesen Merkmalen von der           nung Raum zu geben und den Namen                            Hymnologische Beiträge in neuer Folge, Göttin-
Strahlkraft des Evangeliums her wahr-        der Hoffnung in Erinnerung zu halten.                       gen 1999, 30-41, hier 35.
nehmbar wird. Und auch umgekehrt             Diese Hoffnung der Christen ist uner-                       10
                                                                                                              Ansgar Franz – Hansjakob Becker – Christa
dürfte von dieser pastoralen Neujustie-      hört im vierfachen Sinn; in Musik kann                      Reich, Eingang, in: H. Becker u.a. (Hg.), Geistli-
rung von Kirche Inspiration und Mo-          sie vernehmbar werden                                       ches Wunderhorn. Große deutsche Kirchenlieder,
tivation ausgehen für die musikalische       - als prophetischer Ruf des Anstoßes,                       München 2001, 13-26, hier 16.
Arbeit. Für alle, die sich hier engagieren   - als Klang des Berührtseins,                               11
                                                                                                              Fulbert Steffensky, Schwarzbrot-Spiritualität,
– Säger/innen, Kantor/innen, Instru-         - als Klage über das Nicht-Erhörte,                         Stuttgart 2005, 70-71.
mentalist/innen – besonders für die, die     - als Jubel über das Unvorstellbare.                        12
                                                                                                              Vgl. dazu auch Sekretariat der DBK (Hg.), Musik
als Ensembleleiter mit den Menschen          Anker dieser unerhörten Hoffnung ist                        im Kirchenraum außerhalb der Liturgie (1.7.2005)
arbeiten, und nicht zuletzt für die, die     die Gewissheit, dass Gott, obwohl „vor                      (= Arbeitshilfen 194), Bonn 2005, bes. 10-13.
Leitungsdienst in der Seelsorge wahr-        aller Zeit“, die Größe hat, unsere klei-                    13
                                                                                                              Fulbert Steffensky, Schwarzbrot-Spiritualität,
nehmen, bieten drei weitere Einsichten       nen Schritte durch die Zeit mitzugehen                      aaO., 70.
aus der Pastoraltheologie wertvolle Er-      bis in Ewigkeit.                                            14
                                                                                                              Vgl. z.B. Gunda Brüske, Offene Türen. Feiern
mutigung und Orientierung; folgen wir                                                                    mit Menschen auf der Suche nach Gott. Eine Ar-
nochmal Bernhard Spielbergs „Weg-                                                   Markus Eham          beitshilfe zu niederschwel–ligen Gottesdiensten,
weiser“22:                                                                                               Freiburg (Schweiz) 2010.
Gabenorientierung: „Die Präsenz der          Anmerkungen                                                 15
                                                                                                              Vgl. etwa Sekretariat der DBK (Hg.), Pastorales
Kirche erwächst nicht aus der Erfüllung      1
                                                 Die Gedanken wurden vorgetragen im Kontext              Schreiben: Mitte und Höhepunkt des ganzen Le-
von Aufgaben, sondern aus dem Teilen         eines Workshops für Kirchenchorsänger/innen                 bens der christlichen Gemeinde. Impulse für eine
von Gaben.“ – Menschen in ihren viel-        und Chorleiter/innen am 26.10.2018 in Kloster               lebendige Feier der Liturgie (24. 6.2003) (= Die
fältigen Charismen (dazu gehören auch        Muri Gries. Vortragsstil und der Charakter the-             deutschen Bischöfe 74), Bonn 2003, 36-44.
die musikalischen Gaben) wahrzuneh-          senartiger Impulse wurden beibehalten.                      16
                                                                                                              SC: „Sacrosanctum Concilium“ – Konstitution
men, zu fördern und einzubeziehen, ist       2
                                                 Vgl. Bernhard Spielberg, Impulspapier für das           des 2. Vatikanischen Konzils „über die heilige Li-
eminent geistliches Tun.                     Projekt „Pastoral planen und gestalten“ (Erzbis-            turgie“, 4.12.1963.
Kirche wächst vor Ort: Hier, im Sozi-        tum München und Freising), S. 1. (https://www.              17
                                                                                                              Instruktion über die Eucharistie (1967), Art. 9.
alraum, „spielt die Musik“ des Evan-         pastoral-gestalten.de/warum-pastoral-gestalten/             18
                                                                                                              DV: „Dei verbum“ – Dogmatische Konstitution
geliums. Damit sie dort zum Klingen          impulspapier/).                                             des 2. Vatikanischen Konzils über die göttliche
und zur Entfaltung kommt, brauchen           3
                                                 Vgl. Richard David Precht, Jäger, Hirten, Kriti-        Offenbarung, 18.11.1965.
wir das Zusammenspiel von Ehren–             ker. Eine Utopie für eine digitale Gesellschaft, 6.         19
                                                                                                              AES: Allgemeine Einführung in das Stunden-
amtlichkeit (Chor- und Ensembleleiter        Aufl., München 2018.                                        buch (2.2.1971).
in der Peripherie, auf dem Land) und         4
                                                 Vgl. Judith Müller, Nichts ist zu tun, ohne in          20
                                                                                                              GL 613,1: „... Aus diesem gemeinschaftlichen
Professionalität (Kirchenmusiker als         Tatenlosigkeit zu versinken (https://www.fein-              Gebet entwickelte sich das Stundengebet (), das
„Coaches“ und Inspirator/inn/en in der       schwarz.net/nichts-ist-zu-tun-ohne-in-tatenlo-              in Klöstern und geistlichen Gemeinschaften re-
Region und als künstlerische Akteure         sigkeit-zu-versinken/).                                     gelmäßig gemeinsam gefeiert wird und zu dem
in Zentren mit Ausstrahlung).                5
                                                 Vgl. Bernhard Spielberg, Impulspapier (Anm. 2), S. 2.   Priester, Diakone und Ordensleute verpflichtet
Abschiede und Experimente: „Wie              6
                                                 Rainer Bucher, ... wenn nichts bleibt, wie es war.      sind. Darüber hinaus lädt die Kirche alle Getauf-
die Kirche morgen aussehen wird, lässt       Zur prekären Zukunft der katholischen Kirche,               ten ein, sich diesem (?) Gebet anzuschließen ...“
sich nicht vorher–sagen. Aber es las-        Würzburg 2012.                                              21
                                                                                                              Vgl. Impulspapier (Anm. 2), S. 3-4.
sen sich Räume schaffen, um zu expe-         7
                                                 Robert Walser, Musik (1902), in: Ders., „Das Bes-       22
                                                                                                              Bernhard Spielberg, Impulspapier (Anm. 2), S. 4.
rimentieren, Neues zu probieren und          te, was ich über Musik zu sagen weiß“. Hg. von              23
                                                                                                              EG 163,1; Text: Hartmann Schenck (1674)
Sterbendes loszulassen.“ - Dass auch         Roman Brotbeck und Reto Sorg unter Mitarbeit                1680.
letzteres natürlicherweise zur Dynamik       von Gelgia Caviezel, Bern 2015, 18-19, hier 19.
Nr. 118                                                   Kirchenmusik aktuell                                                       15

         Über die Herausforderungen der Kirchenmusik
                    Interview mit dem neuen ACV-Präsidenten Marius Schwemmer

Der Allgemeine Cäcilienverband                                                                       gelmusik gibt es beispielsweise auch
Deutschlands (ACV) feierte vom                                                                       Lobpreismusik, Gospel oder Jazz.
21. bis 23. September in Regens-                                                                     KNA: In klassischen Kirchenchören
burg sein 150-jähriges Bestehen.                                                                     engagieren sich oft ältere Sänger.
Dabei wurde auch Marius Schwem-                                                                      Wie kann man hier junge Nach-
mer (41) als neuer ACV-Präsident                                                                     wuchskräfte besser einbinden und
offiziell in sein Amt eingeführt. Im                                                                 bei der Stange halten?
Interview mit Angelika Prauß der                                                                     Schwemmer: Auch ein klassischer
Katholischen Nachrichten-Agentur                                                                     Kirchenchor sollte zu stilistischer
(KNA) spricht der Diözesan- und                                                                      Vielfalt bereit sein, wofür es natür-
Dommusikdirektor von Passau über                                                                     lich gute Chorleiter braucht. Hilfreich
die Bedeutung der Kirchenmusik                                                                       sind außergewöhnliche Projekte so-
und aktuelle Herausforderungen.                     Marius Schwemmer                                 wie gemeinsame Freizeiterlebnis-
                                                                                                     se. Ich denke, dass junge und ältere
KNA: Was macht gute Kirchenmu-                      weiterhin ein bedeutender Bereich                Menschen auch gemeinsam daran
sik aus?                                            des kirchlichen Lebens, sowohl was               Freunde haben, ihre musikalischen
Schwemmer: Sie muss nicht nur                       das professionelle Musizieren angeht             Fähigkeiten zu erweitern.
handwerklich und künstlerisch gut,                  wie auch den Amateurbereich. Sie ist             KNA: Und welche weiteren Heraus-
sondern auch mit liturgischer Kom-                  sehr gut und breit aufgestellt auch              forderungen sehen Sie?
petenz gepaart sein. Sie sollte sich                dank sehr vieler Ehrenamtlicher. Die-            Schwemmer: Der Beruf des Kirchen-
mit Theologie und Liturgie zu einem                 se brauchen aber professionelle Kir-             musikers muss mit Blick auf die Ar-
harmonischen Ganzen verbinden,                      chenmusiker als Ansprechpartner, die             beitszeiten und die Bezahlung attrak-
schließlich dient auch sie der Ver-                 sie anleiten und fortbilden. Bei den             tiv bleiben. Als ACV haben wir immer
kündigung.                                          Kinder- und Jugendensembles ver-                 wieder auf gute Rahmenbedingungen
KNA: Wie ist es derzeit um die Kir-                 zeichnen wir weiterhin einen Zulauf.             hingewiesen. Die sind notwendig,
chenmusik bestellt?                                 Zugleich ist die Kirchenmusik heute              damit junge, qualifizierte Absolven-
Schwemmer: Hierzulande ist sie                      sehr vielfältig - neben Chor- und Or-            ten nach ihrem Kirchenmusikstu-
                                                                                                     dium in den Kirchendienst gehen.
                                                                                                     Qualitativ hochwertige Kirchenmusik
                                                                                                     muss entsprechend finanziert wer-
                                                                                                     den! Außerdem müssen wir verhin-
                                                                                                     dern, dass es zu Reduzierungen des
                                                                                                     Stellenumfangs kommt oder dazu,
                                                                                                     dass der Aktionsradius des Einzelnen
                                                                                                     so erweitert wird, dass er kaum zu
                                                                                                     schaffen ist.
                                                                                                     KNA: Kann die Kirchenmusik auch
                                                                                                     ein Weg sein, junge Leute für den
                                                                                                     Glauben zu gewinnen?
                                                                                                     Schwemmer: Davon bin ich über-
                                                                                                     zeugt: Die stilistische Vielfalt speziell
                                                                                                     der Kirchenmusik spricht Menschen
                                                                                                     jeden Alters und in ihren unter-
                                                                                                     schiedlichen Zugängen zu Gebet,
                                                                                                     Glaube und Gottesbeziehung an.
                                                                                                     KNA: Gibt es auch neue Entwick-
Marius Schwemmer: „Auch ein klassischer Kirchenchor sollte zu stilistischer Vielfalt bereit sein.“   lungen?
16                                        Kirchenmusik aktuell                                          Nr. 118

Schwemmer: In meinem Bistum Pas-         KNA: Vielerorts werden aufgrund         KNA: Welche Impulse möchten Sie
sau ist Lobpreismusik als eigenstän-     des Priestermangels Gemeinden zu-       in ihrem neuen Amt setzen?
diger Ausdruck der Verehrung und         sammengelegt. Welche Folgen hat         Schwemmer: Ich möchte wieder ein
Anbetung Gottes nicht ganz neu, fin-     dieser Strukturwandel für die Kir-      Bewusstsein dafür schaffen, dass die
det aber gerade zunehmend Beach-         chenmusik?                              Kirchenmusik ein wichtiger Teil des
tung. Dies geschieht beispielsweise      Schwemmer: Für die betroffenen Kir-     kirchlichen Sendungsauftrags ist. Die-
durch die diözesane Lobpreisleiter-      chenmusiker bedeutet eine Zusam-        se kulturelle Diakonie - der Dienst für
ausbildung, regionale Angebote zum       menlegung entweder mehr Aufgaben,       Gott und die Menschen sollte nicht
Lobpreisgebet oder einen eigenen Re-     einen größeren Aktionsradius oder die   vergessen werden. Daneben möchte
ferenten dafür.                          Gefahr, dass Stellen gekürzt werden.    ich sehen, wie wir unser Gründungs-
KNA: Was «macht» Kirchenmusik            Wenn sich Chöre in einem Pfarrver-      anliegen heute mit Leben füllen kön-
mit dem Zuhörer?                         band zusammenschließen kann das         nen - und ob die vorhandenen Struk-
Schwemmer: Mit Musik kann man            auch aufgrund der Überalterung man-     turen diesem Anliegen noch dienen.
Menschen mitunter emotionaler be-        cher Chöre - auch eine Chance sein.     Ein anderes Anliegen ist mir, wie Kir-
rühren als mit Worten. Manchmal          Aber mit so einem Zusammenschluss       chenmusiker ihre Spiritualität leben
gelingt es der Musik, etwas aus-         sind natürlich viele Emotionen ver-     und eigene Oasen finden können, um
zudrücken, das man nur schwer in         bunden. Seinen eigenen Chor aufzu-      neue Kraft zu schöpfen. Diese spiri-
Worte fassen kann. Ich möchte die        geben und mit anderen Sängern ein       tuellen Oasen möchte ich mit dem
Musik aber nicht gegen die Seelsorge     neues Ensemble zu bilden, ist schon     ACV fördern.
ausspielen; beide sollten sich verbin-   ein großer Schritt und führt im Vor-
den und ergänzen.                        feld mitunter zu Dissonanzen.                             Angelika Prauß (KNA)

                 Tipps für eine saubere Chorintonation
                   Eine gut abgemischte Balance hat stabilisierende Wirkung

                                                                                 lisierende oder begleitende Aktionen,
                                                                                 aber nicht mehr initiierende. Dirigie-
                                                                                 ren bedeutet, einen Impuls vor dem
                                                                                 klanglichen Ereignis zu setzen und
                                                                                 nicht zeitgleich, wie es beim Tan-
                                                                                 zen der Fall ist, denn dort sollte man
                                                                                 tunlichst mit der Musik agieren und
…und schon war es wieder passiert:       nach oben angedeutet, dass er et-       nicht vorher. Dirigieren aber bedeu-
Soeben hatte die Motette Locus iste      was höher intonieren muss…              tet, vorab einen Rahmen zu schaffen,
von Anton Bruckner begonnen –                                                    damit anschließend Musik entstehen
und gleich der allererste Anfangs-       Vorab…                                  kann.
akkord in C-Dur war unsauber ge-         Zunächst einmal liegt dem Vorgang       Eine unsaubere Intonation ist grund-
raten. Dabei hatte der Chorleiter        ein grundsätzliches Missverständnis     sätzlich ein Sekundärproblem – be-
dem Sopran extra noch beim ersten        des Chorleiters zugrunde: Klangver-     ruhend auf ganz unterschiedlichen
Akkord mit deutlichen Fingerzeigen       ändernde Geste während des Sin-         Primärproblemen. Dies hier ohne
                                         gens, egal mit welcher Intention,       Klangbeispiel und –Veränderungen
                                         helfen zeitgleich zum Singen kaum       zu demonstrieren, hat ungefähr den
   Das aktive Pianosingen                mehr. Dirigentische Impulse, die eine   gleichen Nährwert wie ein erzähltes
   muss körperlich regelrecht            Wirkung ausüben sollen, müssen vor      Mittagessen …
   geübt werden.                         der musikalischen Aktion geschehen,     Dennoch soll in diesem Praxis-Arti-
   Reiner Schuhenn                       nicht während des Geschehens. Wäh-      kel der Kirchenmusikzeitschrift ver-
                                         rend des Singens helfen dann stabi-     sucht werden, stichwortartig die wich-
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