AK informiert: Einkommensverteilung im Bezirk Braunau - Ihre Gesprächspartner: Dr. Johann Kalliauer Mag. Stefan Wimmer

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Ihre Gesprächspartner:

Dr. Johann Kalliauer                                   AK-Präsident
Mag. Stefan Wimmer                                     AK-Bezirksstellenleiter

                                 AK informiert:
                         Einkommensverteilung
                             im Bezirk Braunau

                                     Pressekonferenz
                         Dienstag, 30. Oktober 2012, um 12.30 Uhr
                                  Hoftaverne Ranshofen
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Konjunktur ist eingebrochen
Das für den Verlauf des Jahres 2012 prognostizierte schwache Wirtschafts-
wachstum von deutlich unter einem Prozent ist eingetreten. Damit einher geht
ein Anstieg der Arbeitslosigkeit, die heuer im Jahresschnitt um 24 Prozent
höher sein wird als vor Ausbruch der vergangenen Krise (2008).

Die (europaweite) Spar- und Kürzungspolitik verschärft diese Situation. Nach
einer vorläufigen Bewertung der gesamtwirtschaftlichen Effekte aus dem
Strukturpaket der Bundesregierung durch die AK Wien wird die gesamtwirt-
schaftliche Nachfrage gegenüber einem Szenario ohne Konsolidierungspaket
im Jahr 2016 um etwa 1,9 Mrd. Euro oder 0,6 Prozent des BIP geringer sein.
Im Durchschnitt der Jahre 2013 bis 2016 wird das Wirtschaftswachstum um
0,15 Prozent pro Jahr gedämpft.

Sinkende Lohnquote und Kaufkraftverlust
Zwischen 2009 bis 2011 sind die Gewinn- und Besitzeinkommen in Österreich
um 18 Prozent gewachsen. Gleichzeitig stieg die Lohn- und Gehaltssumme
nur um rund sechs Prozent. Die Lohnquote ist damit um fast zwei Prozent-
punkte auf knapp 67 Prozent gesunken. Wäre sie 2010 und 2011 gleich ge-
blieben, hätten die Arbeitnehmer/-innen in diesen beiden Jahren rund sieben
Milliarden Euro mehr am Gehaltskonto gehabt. Dadurch wurden der Konsum
und die Wirtschaft geschwächt.

Das Preisniveau ist in diesen zwei Jahren um mehr als fünf Prozent angestie-
gen. Güter des wöchentlichen Bedarfs sind sogar um mehr als zehn Prozent
teurer geworden. Das nominelle Einkommensplus in diesem Zeitraum machte
im Durchschnitt pro Kopf insgesamt aber nicht einmal drei Prozent aus. Somit
hat ein/e Arbeitnehmer/-in 2011 im Durchschnitt netto um drei Prozent weni-
ger zur Verfügung als 2009 – und das obwohl die Produktivität um mehr als
zwei Prozent gestiegen ist.
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Zu alt für die Arbeit, zu jung für die Pension
Die Anhebung des Pensionsalters bringt viele Arbeitnehmer/-innen in eine
unsichere Lage. Über 50-Jährige haben es – neben den Jugendlichen – am
schwersten, in Beschäftigung zu bleiben oder zu kommen. Sie befinden sich
im permanenten Spannungsfeld zwischen Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und
Pension.

Besonders besorgt um ihre Zukunft sind Menschen, die aufgrund einer Krank-
heit oder körperlicher Erschöpfung nicht mehr arbeiten können, das Regel-
pensionsalter aber noch nicht erreicht haben. Ihre einzige Chance auf ein
würdevolles Leben ist die Invaliditätspension, mit der ein übles Spiel betrieben
wird.

Kranken Arbeitnehmern/-innen wird oft unterstellt, dass sie in Invaliditätspen-
sion flüchten. Tatsächlich müssen sich diese Menschen Verfahren mitmachen,
die lange dauern (durchschnittlich zwei Jahre), oft zu ablehnenden Beschei-
den (Zuerkennungsquote: 35 Prozent) oder befristeten Zuerkennungen führen
und letztlich den Gesundheitszustand weiter verschlechtern.
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Braunau bei den Einkommen im Vorderfeld
Je eine Hälfte der 27.300 im Bezirk Braunau arbeitenden Beschäftigten ver-
diente im Jahr 2011 mehr bzw. weniger als 1993 Euro brutto pro Monat (OÖ:
1983 Euro). Damit liegt Braunau auf Platz fünf unter den 18 oberösterreichi-
schen Bezirken. Männer kamen auf 2343 Euro (Platz 6), Frauen auf 1488 Eu-
ro (Platz 4). Der Einkommensunterschied lag bei 36,5 Prozent (OÖ: 40,4 Pro-
zent).

Im Vergleich zu 2010 ist das mittlere Lohn- bzw. Gehaltseinkommen in Braun-
au nominell um 2,6 Prozent angestiegen (OÖ: plus 2,3 Prozent). Jenes der
Männer stieg um 2,6 Prozent, das der Frauen um ein Prozent.

Ein Bruttoeinkommen über der Höchstbeitragsgrundlage (4200 Euro im Jahr
2011) bekamen knapp 1230 in Braunau beschäftigte Personen, das sind nur
4,5 Prozent aller Beschäftigten. Jede/r Vierte verdiente weniger als 1377 Euro
brutto.

Die Beträge entsprechen dem "laufenden" Einkommen (=14tel des Jahreseinkommens, ohne
Sonderzahlungen). Basis für die regionale Zuordnung ist der Arbeitsort der Arbeiter/-innen und
Angestellten (ohne Lehrlinge und Beamte/-innen, inkl. Teilzeit über der Geringfügigkeitsgrenze);
Quelle: Beitragsgrundlagenstatistik der GKK OÖ, AK OÖ
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Große Betriebe, hohes Einkommen
Das relativ gute Einkommensniveau hängt unter anderem mit der Betriebs-
struktur zusammen: Nur etwas mehr als ein Viertel der in Braunau Beschäftig-
ten arbeitet in kleinen Betrieben mit weniger als 20 Arbeitnehmern/-innen (OÖ:
23,8 Prozent). Dagegen sind knapp mehr als die Hälfte aller Arbeitnehmer/-
innen in größeren Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern/-innen beschäf-
tigt (OÖ: 52,4 Prozent).

Durch berufliches Pendeln in andere oberösterreichische Bezirke können sich
die in Braunau wohnenden Beschäftigten ihr Einkommen nicht verbessern:
Die Medianeinkommen aller in Braunau wohnenden Arbeitnehmer/-innen la-
gen im Jahr 2011 bei durchschnittlich 1911 Euro. Frauen kamen auf 1410 Eu-
ro, Männer auf 2331 Euro.

Großer Einkommensunterschied auch bei Vollzeit
Vollzeitbeschäftigte Männer aus Braunau verdienten im Jahr 2010 durch-
schnittlich 2804 Euro (OÖ: 3103 Euro), Frauen kamen auf 2055 Euro (OÖ:
2230 Euro). Damit verdienten Frauen um 26,7 Prozent weniger als Männer
(OÖ: 28,1 Prozent).

Im Vergleich zu 2009 ist das durchschnittliche Lohn- bzw. Gehaltseinkommen
bei Vollzeit bei Männern um 2,4 Prozent und bei Frauen nominell um 2,1 Pro-
zent gestiegen.

Der Equal Pay Day ist jener Tag, ab dem Frauen aufgrund der Einkommens-
nachteile bis zum Jahresende umsonst arbeiten. Im Bezirk Braunau war am
25. September Equal Pay Day, landesweit am 20. September.

19 Prozent mehr Arbeitslose als vor der Krise
Im Bezirk Braunau waren im Durchschnitt des vergangenen Jahres 2026
Menschen arbeitslos, um 10,1 Prozent weniger als ein Jahr zuvor, aber um 19
Prozent mehr als 2008, dem Jahr des Ausbruchs der Wirtschaftskrise. Die
Arbeitslosenquote betrug 2011 in Braunau 5,4 Prozent (OÖ: 4,2 Prozent).
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Der Arbeitskräfteüberschuss lag im 3. Quartal 2012 im Bezirk Braunau bei
3085 Personen. Zum Arbeitskräfteüberschuss zählen neben den offiziellen
Arbeitslosen weitere Personengruppen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung
stehen, aber derzeit nicht (aktiv) beschäftigt sind, vor allem Schulungsteil-
nehmer/-innen.

Arbeitskräfteüberschuss im Bezirk Braunau

                                        3. Quartal 2012         Veränderung zum Vorjahr
                                                                       in Prozent

                                Frauen      Männer Gesamt Frauen        Männer   Gesamt

Arbeitskräfteüberschuss          1593        1492     3085       0,8     6,7       3,6

     davon Arbeitslose            979         937     1915       3,5     15,9      9,2

     Schulungs-TN                 396         334         731   -4,3     -4,2     -4,3

     Lehrstellensuchende           47         40          87    20,5     -5,5      7,0

     Bildungskarenz*               35         27          62    20,7     -10,0     5,1

     PV-Vorschuss*                 76         146         222   -5,0     -7,6     -6,7

     Übergangsgeld*                60          8          68    -16,7    -20,0    -17,1

* Daten des letzten verfügbaren Monats (Juni 2012)
Quelle: AMS, AK-OÖ-Berechnungen; gerundete Durchschnittswerte

Im Jahresdurchschnitt 2011 erhielten die beim Arbeitsmarktservice registrier-
ten Braunauer/-innen Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe in Höhe von 774
Euro monatlich (OÖ: 773 Euro). Der durchschnittliche Bezug der Männer be-
trug 855 Euro, jener der Frauen nur 678 Euro (OÖ: 850 bzw. 668 Euro).

340 Braunauer/-innen beziehen Mindestsicherung
Im März 2012 bezogen 340 Braunauer/-innen die Bedarfsorientierte Mindest-
sicherung. In mehr als einem Drittel der Fälle wurde diese für Kinder in An-
spruch genommen. Die Bezieher/-innen sind mehrheitlich weiblich: 56,8 Pro-
zent sind Frauen.
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Forderungen
•   Gerechtes Entgelt: Durch produktivitätsorientierte Lohnpolitik, eine Anhe-
    bung des Mindestlohns auf mehr als 1300 Euro und gleichen Lohn für glei-
    che / gleichwertige Arbeit wird eine gerechtere Einkommensverteilung mög-
    lich.

•   Arbeit fair teilen und schaffen: Durch kürzere Vollarbeitszeit, weniger
    Überstunden und einen Ausgleich bei Lohn und Personal sollen die vor-
    handene Arbeit fair verteilt und neue, dauerhafte und gute Arbeitsplätze
    geschaffen werden.

•   Kommunales Beschäftigungsprogramm: Bis zum Jahr 2014 sollen im
    Rahmen eines Kommunalen Beschäftigungsprogramms 3400 neue Ar-
    beitsplätze im Bereich Kinder- und Altenbetreuung in Oberösterreich ge-
    schaffen werden. Ein Drittel des notwendigen Volumens von rund 153 Milli-
    onen Euro würde innerhalb eines Jahres in Form von Abgaben bzw. Steu-
    ern wieder zurückfließen. Zum unmittelbaren Beschäftigungseffekt kommt
    der Nutzen für die Kunden/-innen dieser zusätzlichen Angebote.

•   Schaffung eines budgetären Spielraums aus den Konsolidierungseffek-
    ten des Strukturpakets der Bundesregierung, um im Bedarfsfall rasch und
    effektiv gegenzusteuern zu können, wenn aus der prognostizierten Kon-
    junkturdelle eine Rezession mit entsprechenden negativen Arbeitsmarktef-
    fekten entsteht. Es ist eine ökonomische Tatsache, dass eine gerechte und
    gleichmäßige Verteilung von Einkommen und Vermögen die Konjunktur an-
    regt und damit hilft, den Spagat zwischen Beschäftigungssicherung und
    Budgetkonsolidierung besser zu schaffen.

•   Faire Steuerpolitik: Durch einen niedrigeren Eingangssteuersatz bei der
    Lohnsteuer sowie durch den Beschluss einer Vermögenssteuer auf hohe
    Privatvermögen, einer Erbschaftssteuer auf hohe Erbschaften und einer
    Börsenumsatzsteuer bis zur Einführung einer EU-weiten Finanztransakti-
    onssteuer soll das österreichische Steuersystem gerechter werden.

• Mindestsicherung auf existenzsicherndem Niveau: Die Bedarfsorien-
    tierte Mindestsicherung muss über die Armutsschwelle, die 2010 bei 1031
    Euro zwölfmal im Jahr lag, angehoben werden.
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