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Forst Aktuelle Waldschutzsituation Information der Hauptstelle für Waldschutz Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde (LFE) Fachbereich Waldschutz und Wildökologie Ausgabe 03/2019 vom 24.07.2019
Aktuelle Waldschutzsituation, Nr. 03 vom 24.07.2019 Hauptstelle für Waldschutz, Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde Inhalt Massenvermehrung der Nonne in Brandenburg – Aktuelle Situation und Empfehlungen zu Waldschutzmaßnahmen in den Fraßgebieten 1 Monitoring, Prognose und erfolgte Waldschutzmaßnahmen 2 Aktuelle Situation – Fraßschäden und Populationsentwicklung der Nonne 3 Empfehlungen zur Bestandesbehandlung/Durchführung von Sanitärhie- ben nach intensivem Fraß der Raupen der Nonne 3.1 Zeitplan für Kontrollen in den Beständen und Sanitärhiebe 3.2 Bewertung der Regeneration der Kiefern nach Fraß (Abbildungen) 3.3 Einschätzung der Fraßschäden (Abbildungen) 2
Aktuelle Waldschutzsituation, Nr. 03 vom 24.07.2019 Hauptstelle für Waldschutz, Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde 1 Monitoring, Prognose und erfolgte Waldschutzmaßnahmen Ausgehend von den Ergebnissen des landes- Ergebnis war eine sehr hohe Prozentzahl vitaler weiten Waldschutz-Monitorings für die Nonne Eier. Somit wurde die Prognose eines großflä- (Lymantria monacha) im vergangenen Jahr chigen Kahlfraßes bestätigt. wurden durch den Landesbetrieb Forst Bran- denburg für Anfang Mai 2019 Pflanzenschutz- Ziel der geplanten und zum größten Teil durch- maßnahmen geplant. Gegen die Raupen der geführten Pflanzenschutzmaßnahmen war, Nonne sollte auf einer Fläche von insgesamt Kahlfraß und damit ein in der Folge zu erwar- 7.514 Hektar das Insektizid Karate Forst flüs- tendes flächiges Absterben von Kiefernbestän- sig eingesetzt werden (siehe auch https://forst. den zu verhindern. Bei den Entscheidungen brandenburg.de/lfb/de/lfe/lfe-waldschutzinfor- über den Einsatz von Insektiziden mussten mationen/waldschutzmassnahmen-gegen-non- auch folgende Faktoren berücksichtigt werden, nenraupen). die die Wahrscheinlichkeit der Erholung der Kiefern nach intensiven Nadelverlusten durch Basis des stufigen Monitorings für die Nonne die Nonnenraupen negativ beeinflussen: sind zirka 1.000 Pheromonfallen, landesweit verteilt auf gefährdete Waldbestände. Bei stei- • die seit 2018 lang anhaltende Trockenheit gender Gefahr wird das Monitoring intensiviert. und Deshalb wurden im Sommer 2018 in den als • die aktuell sehr hohen Populationsdichten gefährdet erkannten Forstrevieren nach einem holz- und rindenbrütender Käferarten (un- Stichprobeverfahren die weiblichen Falter wäh- ter anderem Borken- und Prachtkäfer), die rend der Eiablage am unteren Stammbereich häufig als Folgeschädlinge die Erholung von Kiefern gezählt. Überall, wo sich erhöhte der Kiefern nach intensiven Nadelverlusten Falterdichten nachweisen ließen, fanden durch verhindern und damit die Absterberaten der Revierförster und Waldarbeiter im Spätherbst Bäume bis 3 Jahre nach einem Fraßereignis 2018 in einem sehr engen Stichprobenraster noch deutlich erhöhen können. Eisuchen statt (je zirka 25 Hektar 1 Eisuche an je 5 Bäumen). Da die Eiablage unter die Borken- Die Hubschraubereinsätze wurden nach einer schuppen erfolgt, müssen diese dabei vorsichtig Klage des Naturschutzbundes Brandenburg mit einem Taschenmesser abgehoben werden. durch den 11. Senat des Oberverwaltungs- gerichts Berlin-Brandenburg am 17.05.2019 Die realen Eizahlen wurden mit „kritischen Zah- gestoppt. Anders als vorher das Verwaltungs- len“ verglichen, das heißt mit der Anzahl Eier, gericht Potsdam hat das OVG den Antrag des für die abhängig vom Alter eines Kiefernbe- NABU (Verbandsklage) für zulässig erachtet. standes, den Standorteigenschaften und auch Somit fanden für 2.441 Hektar Kiefernforst im eventuell schon bestehenden Nadelverlusten Landkreis Potsdam-Mittelmark die geplanten Kahlfraß erwartet wird. Alle Eigelege wurden Waldschutzmaßnahmen nicht statt. außerdem am LFE auf ihre Vitalität untersucht. 2 Aktuelle Situation – Fraßschäden und Populationsentwicklung der Nonne Die Nonnenraupen haben sich 2019 sehr diffe- April folgten Frosttage, im Mai lokal intensive renziert und über einen ungewöhnlich langen Schauer und später ungewöhnlich hohe Tem- Zeitraum hin entwickelt. Die Witterung während peraturen. Selbst für wärmeliebende Insekten der Fraßzeit der Raupen war durch eine Folge liegen Temperaturen von über 40 °C, insbeson- von Extremen gekennzeichnet. Einem frühen dere für die Larven, im Hitzestressbereich. Schlupf der Raupen nach einem sehr warmen 3
Aktuelle Waldschutzsituation, Nr. 03 vom 24.07.2019 Hauptstelle für Waldschutz, Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde Im unbehandelt gebliebenem Befallsgebiet sind der Wirksamkeit der Waldschutzmaßnahmen die Kiefern vorwiegend von starkem Fraß bis und der Bewertung der Fraß-Prognosen, son- Kahlfraß betroffen. Mit dem Ende des Fraßge- dern vor allem Hilfe bei der Beratung der Wald- schehens Anfang Juli erfolgt eine aus Satelliten- besitzer durch die Hoheitsförster im Hinblick auf fotos abgeleitete Kartierung der Fraßschäden. die Festlegung der Schwerpunktbereiche für Fol- Diese ist nicht nur Grundlage der Einschätzung gemaßnahmen (Sanitärhiebe, siehe Punkt 3). Abb. 1: Kiefern mit intensiven Nadelverlusten durch den Fraß der Nonnenraupen. Dieser Bestand war für den Insektizideinsatz vorgesehen, wurde aber nach der Entscheidung des OVG nicht mehr behandelt. Vor allem für die kahl gefressene Kiefern-Verjüngung ist von einer sehr hohen Absterbe- rate auszugehen (Foto: C. Desselberger) Auch in den Fraßbeständen der Nonne sind jetzt wieder Eisuchen erfolgen. Da auch Kiefernspin- wieder viele Puppenhülsen auffällig. Ein gro- ner und Forleule am Fraßgeschehen beteiligt ßer Teil zeigt die typische Ausschlupföffnung waren, wird für diese Nadelfresser ebenfalls der Falter (Abb. 2). Somit ist mit einer nächsten das intensivierte Monitoring der Forstverwal- Generation zu rechnen und es sollten im Herbst tung fortgesetzt. 4
Aktuelle Waldschutzsituation, Nr. 03 vom 24.07.2019 Hauptstelle für Waldschutz, Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde Abb. 2: Leere Puppenhülse der Nonne, gut sichtbar ist die typische Ausschlupföffnung des Falters an der „Sollbruchstelle“ (Foto: K. Möller) 3 Empfehlungen zur Bestandesbehandlung/Durchführung von Sanitärhieben nach intensivem Fraß der Raupen der Nonne Ziele der Maßnahmen sind: Diese sollen unter anderem durch die kontinu- • der weitest gehende Erhalt der Bestandes- ierliche Überwachung der holz- und rindenbrü- struktur tenden Insekten als Verursacher möglicher Fol- • und die Minimierung der Holzverluste. geschäden erreicht werden. 3.1 Zeitplan für Kontrollen in den Beständen und Sanitärhiebe Die Handlungsempfehlungen sind fortlaufend Bestände richtet sich nach der Intensität der in zeitlichem Bezug zum Fraßereignis aufge- Fraßschäden. führt. Die Priorität der zu berücksichtigenden 5
Aktuelle Waldschutzsituation, Nr. 03 vom 24.07.2019 Hauptstelle für Waldschutz, Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde Priorität nach Nadelmasseverlusten im Bestand Zeitschiene A B C Kahlfraß starker Fraß merklicher Fraß Restbenadelung 0 - 9 % Restbenadelung 10 - 49 % Restbenadelung 50 - 70 % Zustand direkt nach • totaler Verlust der • deutlicher Verlust der • geringer Altnadelverlust dem Fraß Altnadeln Altnadeln • Maitriebe in Resten • Maitriebe in der Regel vorhanden kaum geschädigt Beobachtung des Regenerationsprozesses („Nachwachsen“ Keine intensivierte Juli/August der Nadelreste, Nachschieben/Entfaltung der verbliebenen Beobachtung notwendig, 2019 Maitriebe, Entwicklung von Nottrieben aus schlafenden Bestände können normal (Fraßjahr) Knospen), siehe Abb. 3 bis 5 bewirtschaftet werden. In kahl gefressenen Auch Kiefern mit einer Nach merklichem Fraß sind Kiefernbeständen ist aufgrund Restbenadelung zwischen 10 keine nennenswerten der hohen Nadelverluste mit und 19 % sind bis zu 2 Jahre Baumverluste in Folge von einer geringen Vitalität und nach dem Fraßgeschehen Vitalitätseinbußen und/oder damit einer stärkeren gefährdet. Käferbefall bekannt. Anfälligkeit gegenüber holz- und rindenbrütenden Insekten Auch bei Kiefern mit einer zu rechnen (bis zu 3 Jahre). Restbenadelung zwischen 20 Die aktuell sehr hohen Dichten und 49 % kann im Einzelfall holz- und rindenbrütender Stehendbefall auftreten. Käferarten erhöhen die ab Gefährdung. September 2019 Sanitärhieb durch Entnahme Bei einer Restbenadelung der < 10 % benadelten Kiefern zwischen 10 – 19 % und (siehe Abbildung). fehlender sichtbarer • vorrangig in über 60 Jahre Regeneration (siehe Hinweis alten Beständen wegen Juli/August) Vorgehensweise des drohenden wie unter A. Wertverlustes Bei einer Restbenadelung von • nachrangig in 41 – 60 20 – 49 % sind Sanitärhiebe Jahre alten Beständen vorerst nicht notwendig, aber die laufende Beurteilung der forstsanitären Situation Kontrolle von Kiefern mit wenigen, kurzen oder verfärbten Januar/ Nadeln in der Krone oder Spechtabschlägen am Stamm auf Februar 2020 Besiedlung durch holz- und rindenbrütende Insekten, Sanitärhieb besiedelter Bäume Holzpolter einschließlich der Abfuhrreste sind bis Ende März abzufahren. Beginn Schwarmflug durch den Großen Waldgärtner, Kontrolle ab März auf Stehendbefall und Polterbesiedelung 2020 Hiebsruhe für Frischeinschlag von März bis Mitte August ist einzuhalten: Vermeidung von Angebot an zusätzlichem Brutraum für holz- und rindenbrütende Insekten (Polter, Hiebsreste); Stehendbefallskontrollen und ggf. Sanitärhiebe ab Mai bis Der Maitrieb zeigt die Lebensfähigkeit des Einzelbaumes an. Ende Juli 2020 6
Aktuelle Waldschutzsituation, Nr. 03 vom 24.07.2019 Hauptstelle für Waldschutz, Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde Kontrolle auf nicht austreibende Bäume und Stehendbefall, ggf. Kiefern treiben nach maximal Sanitärhiebe merklichem Fraß in der Regel normal aus. Dann sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Sanitärhiebe ab August Im Winterhalbjahr 2020/21 sind sanierte Bestände erneut auf 2020 bis Stehendbefall zu kontrollieren und dieser ist bei Bedarf zu Februar 2021 räumen. Spätwinter: Kontrolle auf Prachtkäferbefall 3.2 Bewertung der Regeneration der Kiefern nach Fraß Folgende Abbildungen sollen helfen, eine mögliche Regeneration der Kiefern zu bewerten. Abb. 3: „Nachwachsen“ der Nadelreste (hellgrüner Nadelteil) Abb. 4 und 5: Entwicklung von Nottrieben aus schlafenden Knospen Fotos: K. Möller/A. Menge 7
Aktuelle Waldschutzsituation, Nr. 03 vom 24.07.2019 Hauptstelle für Waldschutz, Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde 3.3 Einschätzung der Fraßschäden Folgende Beispiele sollen helfen, die Restnadelmasse in Fraßbeständen einzuschätzen: Kahlfraß starker Fraß 0 – 9 % Restnadelmasse 10 – 19 % Restnadelmasse 20 – 29 % Restnadelmasse Fotos: F. Pastowski Weiterführende Literatur: Information für Waldbesitzer: „Holz- und rindenbrütende Käfer als Forstschädlinge an Nadelbäu- men“ https://forst.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/fb_stammsch2017.pdf Waldschutzordner – Anleitung für die Forstpraxis in Brandenburg. https://forst.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/ws_ordn_2018.pdf Wenk, M., Möller, Katrin (2013): Prognose Bestandesgefährdung – Bedeutet Kahlfraß das Todesurteil für Kiefernbestände? Eberswalder Forstliche Schriftenreihe Bd. 51: 9-14 oder https://www.waldwissen.net/waldwirtschaft/schaden/insekten/lfe_regeneration/index_DE Schaffelner, C., Möller, K. (2019): Blatt- und nadelfressende Insekten. In: Wohlgemuth T., Jentsch A., Seidl R. (eds.) Störungsökologie, UTB-Reihe, Haupt Verlag, Bern. S. 212-235. Möller, K. (2018): Pflanzenschutz im Wald: Praxisbeispiel Brandenburg. Hrsg. BMEL. Nationaler Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln Jahresbericht 2018. https://www.nap-pflanzenschutz.de/fileadmin/user_upload/_imported/fileadmin/SITE_MASTER/ content/Dokumente/Service/broschuere_nap_forum_2019_JB2018.pdf 8
Aktuelle Waldschutzsituation, Nr. 03 vom 24.07.2019 Hauptstelle für Waldschutz, Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde Bearbeiter: Dr. Katrin Möller Matthias Wenk Frank Pastowski Dr. Kati Hielscher Titelbild: Intensive Fraßschäden durch die Raupen der Nonne in unbehandelten Kiefernbeständen im Bereich der Oberförsterei Potsdam (Foto: K. Möller) Satz & Layout: Andreas Neumann, LFB, PÖA, Alt Ruppin 9
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