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Alternative Antriebstechnologien – Marktdurchdringung und Konsequenzen für die Straßenverkehrssicherheit Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen Mensch und Sicherheit Heft M 317
Alternative Antriebstechnologien – Marktdurchdringung und Konsequenzen für die Straßenverkehrssicherheit Berichtszeitraum 2015 – 2019 von Martin Pöppel-Decker Maxim Bierbach Conrad Piasecki Susanne Schönebeck Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen Mensch und Sicherheit Heft M 317
Die Bundesanstalt für Straßenwesen veröffentlicht ihre Arbeits- und Forschungs ergebnisse in der Schriftenreihe Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen. Die Reihe besteht aus folgenden Unterreihen: A - Allgemeines B - Brücken- und Ingenieurbau F - Fahrzeugtechnik M- Mensch und Sicherheit S - Straßenbau V - Verkehrstechnik Es wird darauf hingewiesen, dass die unter dem Namen der Verfasser veröffentlichten Berichte nicht in jedem Fall die Ansicht des Herausgebers wiedergeben. Nachdruck und photomechanische Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Bundesanstalt für Straßenwesen, Stabsstelle Presse und Kommunikation. Die Hefte der Schriftenreihe Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen können direkt bei der Carl Ed. Schünemann KG, Zweite Schlachtpforte 7, D-28195 Bremen, Telefon: (04 21) 3 69 03 - 53, bezogen werden. Über die Forschungsergebnisse und ihre Veröffentlichungen wird in der Regel in Kurzform im Informationsdienst Forschung kompakt berichtet. Dieser Dienst wird kostenlos angeboten; Interessenten wenden sich bitte an die Bundesanstalt für Straßenwesen, Stabsstelle Presse und Kommunikation. Die Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) stehen zum Teil als kostenfreier Download im elektronischen BASt-Archiv ELBA zur Verfügung. https://bast.opus.hbz-nrw.de Impressum Bericht zum Forschungsprojekt 4288003: Alternative Antriebstechnologien: Marktdurchdringung und Konsequenzen für die Straßenverkehrssicherheit Berichtszeitraum 2015-2019 Herausgeber Bundesanstalt für Straßenwesen Brüderstraße 53, D-51427 Bergisch Gladbach Telefon: (0 22 04) 43 - 0 Redaktion Stabsstelle Presse und Kommunikation Druck und Verlag Fachverlag NW in der Carl Ed. Schünemann KG Zweite Schlachtpforte 7, D-28195 Bremen Telefon: (04 21) 3 69 03 - 53 Telefax: (04 21) 3 69 03 - 48 www.schuenemann-verlag.de ISSN 0943-9315 ISBN 978-3-95606-619-1 Bergisch Gladbach, September 2021
3 Kurzfassung – Abstract Alternative Antriebstechnologien: Marktdurch- Alternative drive technology: market dringung und Konsequenzen für die Straßen- penetration and consequences for road verkehrssicherheit – Berichtszeitraum 2015- safety – reporting period 2015-2019 2019 The number of passenger cars with alternative drive Der Bestand an Pkw mit alternativem Antrieb stieg systems rose from around 704,000 vehicles in 2015 von rund 704.000 Fahrzeugen im Jahr 2015 auf to around 900,000 in 2019 (an increase of around rund 900.000 Pkw im Jahr 2019 (ein Plus von etwa 28%). Passenger cars that run on natural gas (CNG) 28 %). Pkw, die mit Erdgas (CNG) oder Autogas or liquefied petroleum gas (LPG) make up the (LPG) fahren, stellen im aktuellen Fahrzeugbestand largest group of vehicles with alternative drive die größte Gruppe mit alternativem Antrieb (2019 systems in the current vehicle population (around rund 476.000 Pkw). Danach folgen die Hybridfahr- 476,000 passenger cars in 2019). This is followed zeuge mit mehr als 340.000 Pkw, dessen Bestand by hybrid vehicles with more than 340,000 sich seit 2015 verdreifacht hat. Die Entwicklung des passenger cars, whose numbers have tripled since Plug-In-Hybrid-Bestandes ist noch deutlicher: im 2015. The development of the plug-in hybrid stock Zeitraum von 2015 bis 2019 stieg der Wert auf das is even more pronounced: in the period from 2015 13-fache. Bei reinen Elektro-Pkw stieg der Bestand to 2019, the number increased 13-fold. For pure auf 83.175 Fahrzeuge im Jahre 2019. Dieser Trend electric cars, the number rose to 83,175 vehicles in setzt sich bei allen alternativen Antriebsarten – 2019. This trend continues for all alternative drive außer bei den Gasfahrzeugen – fort. Im Januar types – except for gas vehicles. In January 2020, 2020 wurden bereits 136.617 Pkw mit reinem Elek- 136,617 purely electric passenger cars were already troantrieb registriert; ein weiterer Zuwachs gegen- registered; a further increase of 64% compared to über 2019 um 64 %. 2019. Um die zukünftige Entwicklung von Fahrzeugen mit A long-term observation both of the vehicle market alternativem Antrieb in Deutschland beurteilen zu and accident occurrence of vehicles with alternative können, initiierte die Bundesanstalt für Straßenwe- drive technologies in Germany is required, in order sen (BASt) im Auftrag des Bundesministeriums für to be able to analyze future developments and to Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) schon im identify any possible adverse effects on road traffic Jahr 2010 die Einrichtung einer langfristigen Beob- safety. In 2010, the Federal Highway Research achtung des Fahrzeugmarktes und des Unfallge- Institute (BASt) started the survey on behalf of the schehens von Fahrzeugen mit alternativen An- Federal Ministry of Transport and Digital Infra triebsarten mit dem Ziel, die tatsächliche Umset- structure. zung des technologischen Fortschritts in marktgän- gige Produkte zu verfolgen, frühzeitig Kenntnis über The technical development of vehicles with alter die Bestandsentwicklung zu erhalten sowie mögli- native drive technologies is described in chapter 2 che Fehlentwicklungen – insbesondere mit Blick auf of this report. In chapter 3 and 4 the stock and the die Verkehrssicherheit – zu identifizieren. Vor allem accidents of the mentioned vehicles are assessed. die Betrachtung des letzten Punktes soll die Mög- lichkeit schaffen, Vorschläge für eine sinnvolle Steuerung der Entwicklung leisten zu können. Nachfolgend werden in Kapitel 2 die technischen Entwicklungslinien des Marktes für Fahrzeuge mit alternativem Antrieb dargestellt. In den Kapiteln 3 und 4 werden der Bestand sowie das Unfallgesche- hen näher betrachtet.
5 Inhalt 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 4 Unfallgeschehen . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 4.1 Datengrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2 Entwicklungslinien 4.2 Unfallbeteiligung nach Kraftstoffart . . . . 35 alternativer Antriebs- technologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 4.3 Beteiligte Pkw nach Kraftstoffart und Ortslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2.1 Erdgas (CNG: Methan), Autogas (LPG: Butan/Propan) 4.4 Pkw-Unfälle unter Beteiligung eines und Flüssigerdgas (LNG) . . . . . . . . . . . 7 ungeschützten Verkehrsteilnehmers (Fußgänger/Radfahrer) . . . . . . . . . . . . 38 2.1.1 Erdgas (CNG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 4.5 Beteiligte Pkw nach KBA-Segment und 2.1.2 Autogas (LPG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Kraftstoffart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2.1.3 Flüssigerdgas (LNG) . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.1.4 Wasserstoff H2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . 42 2.2 Elektromobilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.2.1 Brennstoffzellenfahrzeuge Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 (engl.: Fuel Cell Electric Vehicle (FCEV)) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Bilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 2.2.2 Elektrofahrzeuge [Batterie- Fahrzeuge – engl.: Battery Electric Tabellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Vehicle (BEV)] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2.2.3 Aufladung von Elektrofahrzeugen . . . . . 14 2.3 Elektrisch angetriebene Krafträder . . . . 17 2.4 Alternative Antriebe bei Nutzfahr- zeugen und Kraftomnibussen . . . . . . . . 17 2.4.1 Nutzfahrzeugbereich . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.4.2 Kraftomnibusse mit alternativem Antrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3 Bestandsentwicklung . . . . . . . . . . . . . 18 3.1 Bestandsentwicklung bei Personen- kraftwagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3.2 Bestandsentwicklung bei den Fahr- zeuggruppen Kraftrad, Kraftomnibus und leichte Lkw (N1-Fahrzeuge) . . . . . . 25 3.2.1 Krafträder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3.2.2 Kraftomnibusse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 3.2.3 N1-Fahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 3.2.4 Lkw nach Nutzlast . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 3.3 Räumliche Verteilung des Bestandes an Pkw mit alternativen Antrieben . . . . . . . . . . . . . . 29
7 1 Einleitung Nachfolgend werden in Kapitel 2 die technischen Entwicklungslinien des Marktes für Fahrzeuge mit Die Sorge über den Klimawandel, endliche Mine- alternativem Antrieb dargestellt. In den Kapiteln 3 ralölreserven und der Wunsch, bei der Energiever- und 4 werden der Bestand sowie das Unfallgesche- sorgung nicht von einzelnen, eventuell politisch un- hen näher betrachtet. berechenbaren Lieferländern abzuhängen, führen dazu, dass nach Ergänzungen oder Alternativen zu den etablierten Energieträgern gesucht wird. Der nachfolgend verwendete Begriff „Alternative Antrie- 2 Entwicklungslinien be“ umfasst Antriebsvarianten von Straßenver- alternativer Antriebs kehrsfahrzeugen, die sich hinsichtlich Energieart technologien oder konstruktiver Lösung von den herkömmlichen Antriebstechniken unterscheiden. Mit deren Anwen- 2.1 Erdgas (CNG: Methan), dung verbindet sich der Anspruch, negative Auswir- Autogas (LPG: Butan/Propan) kungen herkömmlicher Antriebe wie Umweltbelas- und Flüssigerdgas (LNG) tung oder Erschöpfung fossiler Treibstoff-Quellen verringern zu können. Nachfolgend werden die Möglichkeiten zur Nutzung alternativer Kraftstoffe im Straßenverkehr und de- Benzin- und Dieselfahrzeuge machen zusammen ren Potenziale vorgestellt. Zu den Energieträgern immer noch rund 98 % des Pkw-Gesamtbestandes mit der weitesten Verbreitung im Pkw-Segment zäh- aus (2019 über 47 Millionen Fahrzeuge). Der Be- len neben den konventionellen Kraftstoffen Benzin stand an Pkw mit alternativem Antrieb (Summe und Diesel u. a. komprimiertes Erdgas (CNG – aus reinen Elektrofahrzeugen, Hybriden, Gas- und Compressed Natural Gas) sowie Autogas (LPG – Brennstoffzellenfahrzeugen) stieg von rund 704.000 Liquefied Petroleum Gas). Neben Umweltvorteilen Fahrzeugen im Jahr 2015 auf rund 900.000 Pkw im sind es insbesondere steuerliche Anreize, die zum Jahr 2019 (ein Plus von 28 %). Um die zukünftige Kauf solcher Fahrzeugkonzepte bewegen und die Entwicklung von Fahrzeugen mit alternativem An- Marktdurchdringung dieser Antriebstechnologien trieb in Deutschland beurteilen zu können, initiierte fördern sollen. Darüber hinaus stellt Flüssigerdgas die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) im Auf- (LNG – Liquefied Natural Gas) eine weitere Option trag des Bundesministeriums für Verkehr und digi- dar, konventionelle Kraftstoffe, insbesondere im tale Infrastruktur (BMVI) schon im Jahr 2010 die Schwerlastverkehr, zu ersetzen. Die LNG-Techno- Einrichtung einer langfristigen Beobachtung des logie befindet sich derzeit jedoch sowohl fahrzeug- Fahrzeugmarktes und des Unfallgeschehens von technisch als auch infrastrukturseitig in der Entwick- Fahrzeugen mit alternativen Antriebsarten mit dem lungsphase und steht noch am Anfang einer zu- Ziel, die tatsächliche Umsetzung des technologi- künftigen Markteinführung. schen Fortschritts in marktgängige Produkte zu ver- folgen, frühzeitig Kenntnis über die Bestandsent- Neben der Möglichkeit, bereits im Betrieb befindli- wicklung zu erhalten sowie mögliche Fehlentwick- che Fahrzeuge mit Ottomotor auf LPG/CNG umzu- lungen – insbesondere mit Blick auf die Verkehrs rüsten, bieten mittlerweile nahezu alle Fahrzeug- sicherheit – zu identifizieren. hersteller einige ihrer Fahrzeugmodelle ab Werk in CNG- und LPG Ausführung an. Bei den meisten Die alternativen Antriebstechniken kommen neben dieser Fahrzeugtypen mit Gasantrieb (sowohl Pkw auch in anderen Fahrzeuggruppen zur Anwen- OEM1-Ausführungen als auch Nachrüstlösungen) dung. Die ersten elektrisch betriebenen Kraftomni- handelt es sich um solche mit bivalentem Antrieb, busse, Lastkraftwagen und Krafträder mit amtli- d. h. das Fahrzeug kann sowohl mit LPG/CNG als chem Kennzeichen tauchen in der Verkehrsunfall- auch mit Benzin betrieben werden. Bedingt durch statistik auf. Im vorliegenden Bericht werden des- die z. T. schlechten Kaltstarteigenschaften im LPG/ halb diese drei Fahrzeuggruppen neben den Pkw CNG-Betrieb werden die Fahrzeuge bis zum Errei- berücksichtigt. Aus der Gruppe der Lastkraftwagen wurden Fahrzeuge mit einer Nutzlast von weniger als 2 t sowie mit einer zulässigen Gesamtmasse von bis zu 3,5 t analysiert. 1 Original Equipment Manufacturer
8 chen einer bestimmten Motortemperatur mit Benzin für den Betrieb beider Kraftstoffqualitäten ausgelegt betrieben und anschließend entweder automatisch sind. Entsprechend ihrer Zusammensetzung variiert oder manuell auf Gasbetrieb umgeschaltet. Biva- der Heizwert des Gasgemisches zwischen 46 – 53 lente Fahrzeugkonzepte sind mit zwei Kraftstoff- MJ/kg (H-Gas) und 39 – 46 MJ/kg (L-Gas) (ARAL, tanks ausgestattet (standardmäßig verbauter Ben- 2017). CNG wird in Hochdruckspeichern mit bis zu zintank und zusätzlicher Gastank), weswegen sie 250 bar gasförmig im Fahrzeug mitgeführt. Dies gegenüber monovalent betriebenen Fahrzeugen – macht Anpassungen an der Einspritzanlage und es wird ausschließlich LPG/CNG als Energieträger den Kraftstoffzufuhrleitungen sowie bei der Abstim- verwendet – über z. T. deutlich höhere Reichweiten mung der Motorsteuerung erforderlich. Vorteilhaft verfügen. Diese liegen in der Regel zwischen 300 weist sich die von CNG gegenüber Ottokraftstoff – 1.000 km, abhängig von der Größe der Tanksys- höhere Oktanzahl (Maß für die Klopffestigkeit eines teme und vom Kraftstoffverbrauch des Fahrzeugs. Kraftstoffs) aus, die im Betrieb von monovalent aus- Der Umschaltvorgang zwischen beiden Kraftstoffar- gelegten Motoren höhere Verdichtungsverhältnisse ten wird durch die Motorsteuerung geregelt und ist zulässt und damit höhere thermische Wirkungsgra- für die Fahrzeuginsassen hinsichtlich des Betriebs- de erzielt. Zudem weisen mit CNG betriebene Fahr- verhaltens nicht wahrnehmbar; es wird lediglich zeuge prozessbedingt günstigere Schadstoff- und durch ein optisches und/oder akustisches Signal Klimagasemissionen auf und die Verbrennung der Betriebswechsel angezeigt. erfolgt aufgrund der guten Durchmischung des Kraftstoff/Sauerstoff-Gemisches gleichmäßiger als Erdgas und Autogas werden im Rahmen des Ener- die mit konventionellen Kraftstoffen. Infolgedessen giesteuergesetzes (EnergieStG, vgl. auch BMF, weisen CNG-betriebene Fahrzeuge verminderte 2020) mit einem vergünstigten Steuersatz geför- Schallemissionen auf. Die monovalente Auslegung dert. Im Jahr 2017 wurde eine schrittweise Verrin- stellt vor dem Hintergrund des sich derzeit noch im gerung der Steuervergünstigung von Autogas bis Aufbau befindlichen Tankstellenetzes und der Kalt- zum Jahr 2023 beschlossen. Hiernach steigen die startprobleme aktuell die Ausnahme dar. Das Tank- Steuersätze von 0,18 €/kg in 2018 auf 0,36 €/kg ab stellennetz im Bundesgebiet beläuft sich im Jahr dem Jahr 2022. Für Erdgasfahrzeuge wurde der 2018 bei CNG auf 856 Standorte. Damit ist die An- laufende Steuersatz für CNG-Kraftstoff von 13,9 €/ zahl gegenüber dem Jahr 2014 (Höchstwert mit 922 MWh (entspricht 0,18 €/kg) bis zum 31.12.2023 ver- Standorten im Bundesgebiet) geringfügig gesun- längert. Ab dem Jahr 2024 wird der Steuersatz ken. Grund hierfür ist eine teilweise unzureichende schrittweise bis zum 31.12.2026 auf 27,33 €/MWh Rentabilität von CNG Tankstellen aufgrund zu ge- (entspricht 0,35 €/kg) erhöht. Verglichen hierzu lie- ringer Nachfrage in einigen Regionen. gen die Steuersätze für Energie- und Ökosteuer von konventionellen Kraftstoffen bei 0,65 €/l (Ben- zin) bzw. 0,47 €/l (Diesel – siehe hierzu auch Tabel- 2.1.2 Autogas (LPG) le 18 im Anhang dieses Berichts). Im Folgenden LPG, oder auch Autogas, ist ein Gemisch aus Koh- werden die Eigenschaften und Potenziale der alter- lenwasserstoffen mit den Hauptbestandteilen Pro- nativen Energieträger CNG-, LPG-, LNG und Was- pan (C3H8) und Butan (C4H10), welches ottomoto- serstoff (H2) bei der Verwendung im Kraftfahrzeug- risch in Kraftfahrzeugen verbrannt werden kann. bereich dargestellt. Die Zusammensetzung variiert dabei je nach Anbie- ter, Land und Jahreszeit und es wird Autogas in un- 2.1.1 Erdgas (CNG) terschiedlichen Mischungen angeboten, wobei Mi- schungsverhältnisse von Propan zu Butan von ca. Bei CNG handelt es sich um komprimiertes Erdgas, 60:40 (Winterkraftstoff) und 40:60 (Sommerkraft- welches sich aufgrund seiner chemischen Eigen- stoff) die Regel sind; die Zündfähigkeit des Kraft- schaften primär für die Verbrennung in angepass- stoffs wird über das Mischungsverhältnis angepasst ten Ottomotoren eignet (BASSHUYSEN et al., (Vialle, 2015). Im Gegensatz zu CNG lässt sich 2015). Die Gaszusammensetzung variiert je nach LPG bei geringem Überdruck verflüssigen (ca. 5 – Fördergebiet und Lagerstätte und es werden zwei 10 bar) und in entsprechenden Speichersystemen Qualitätsstufen – H-Gas (High-Gas), Methananteil im Fahrzeug mitführen. Die Kraftstoffzuführung in zwischen 87 und 99 Vol.-%, sowie L-Gas (Low- den Motor bzw. ins Saugrohr erfolgt über einen Ver- Gas), Methananteil zwischen 79 und 87 Vol.-% – dampfer im gasförmigen Aggregatzustand. Erste angeboten, wobei CNG-Fahrzeuge grundsätzlich Systeme, bei denen LPG direkt in den Brennraum
9 weiten erzielen als mit CNG; der Energiegehalt von einem Kubikmeter LNG entspricht ca. dem von drei Kubikmetern CNG. Die Speicherung im Fahrzeug erfolgt in Kryotanks, welche geeignet isoliert sind und speziell für die Speicherung tiefkalter Medien entwickelt wurden. Flüssigerdgas als Antrieb von Fahrzeugen mit kontinuierlichen Fahrtzeiten wie u. a. schweren Nutzfahrzeugen und Bussen wird als zukunftsfähige Alternative angesehen, die ne- ben geringen Schadstoff-, CO2- und Geräuschemis- sionen Kostenvorteile verspricht (DENA, 2019). Dazu bedarf es jedoch dem Ausbau einer eigenen Bild 1: Entwicklung des Erdgastankstellenbestands gem. www. Infrastruktur, welche die Versorgung mit LNG si- gibgas.de cherstellt. Europaweit sind ca. 900 LNG-betriebene Lkw auf der Straße. In Deutschland wurden 2016 eingespritzt wird, sind bereits auf dem Markt verfüg- erste Fahrzeuge sowie eine LNG-Tankstelle in Be- bar. LPG weist mit einer Research-Oktanzahl von trieb genommen. Im Pkw-Segment sind aufgrund > 100 ROZ eine hohe Klopffestigkeit auf und ver- der hohen Systemkosten für die Speicherung von brennt ähnlich wie CNG sehr schadstoffarm. Zudem LNG in naher Zukunft nahezu keine Einsatz ist der Heizwert von LPG – je nach Zusammenset- möglichkeiten abzusehen. Das Tankstellennetz in zung ca. 46 MJ/kg – geringfügig höher als der von Deutschland beläuft sich im Jahr 2019 auf 6 LNG Ottokraftstoff. Nach der Umrüstung weisen LPG- Tankstellen; bis zum Ende 2020 sollen insgesamt betriebene Fahrzeuge zum Teil Kraftstoffmehrver- 40 LNG Tankstellen auf dem Bundesgebiet für die bräuche von bis zu 20 % auf (Autogas-Information, Betankung mit LNG zur Verfügung stehen (DENA, 2017). Bedingt durch die geringeren Kraftstoffkos- 2019). ten von LPG, verbunden mit einem höheren Ener- giegehalt als Ottokraftstoff, ist der Betrieb von Auto- gas im Kraftfahrzeugbereich trotz des auftretenden 2.1.4 Wasserstoff H2 Mehrverbrauchs kostengünstiger. Als Speicherme- dium für LPG existieren verschiedene Tankbaufor- Wasserstoff ist ein farb- und geruchloses, ungiftiges men, u. a. Unterflurtanksysteme, zylindrische Tanks Gas, welches mit einem Proton im Atomkern und im Kofferraum sowie Tanksysteme, die in der Re- einem Elektron in der Atomhülle das leichteste der serveradmulde untergebracht sind. Die Umrüstung chemischen Elemente darstellt und an erster Stelle von benzinbetriebenen Fahrzeugen auf LPG wird im Periodensystem der Elemente steht. Unter Um- von verschiedenen Herstellern am Markt angebo- gebungsbedingungen, wie sie auf der Erde vorherr- ten. Das Tankstellennetz im Bundesgebiet beläuft schen, kommt Wasserstoff nicht in atomarer Form, sich bei LPG mittlerweile auf ca. 6.000 Standorte. sondern in molekularer Form als H2 Molekül vor. Wasserstoff ist wesentlicher Bestandteil sämtlicher organischer Verbindungen und Lebewesen und 2.1.3 Flüssigerdgas (LNG) liegt u. a. zusammen mit Sauerstoff O2 gebunden in Wasser vor. Bei LNG handelt es sich um ein Erdgasgemisch, welches bei atmosphärischem Druck auf Tempera- Im Verkehrssektor wird Wasserstoff aufgrund seiner turen von ca. -160 °C herunter gekühlt und verflüs- chemischen und technischen Eigenschaften als ein sigt wird. Die Gaszusammensetzung entspricht der möglicher Pfad hin zu einer post-fossilen Mobilität von CNG, es sind hierbei ebenfalls Unterschiede je angesehen. Wasserstoff verbrennt in Verbindung nach Förderregion und Anbieter möglich. Typischer- mit Sauerstoff emissionsfrei (Reaktionsprodukt aus- weise sind ca. 81 – 99 % Methan im LNG enthalten, schließlich Wasserdampf H2O) und wird in Brenn- zusätzlich finden sich Anteile von Ethan und Propan stoffzellen als Energiespeicher für die Stromerzeu- im Kraftstoff wieder. Die Verflüssigung bewirkt eine gung bereits in ersten Fahrzeugmodellen einge- Volumenreduzierung um das ca. 600-fache des setzt, s. Kapitel 2.2.1. Neben der Verwendung von gasförmigen Stoffes, weswegen dieses Verfahren Wasserstoff in Brennstoffzellenfahrzeugen kann zu Transport- und Speicherzwecken von Erdgas Wasserstoff als Ausgangsstoff für die Synthese von angewandt wird. Mit LNG lassen sich höhere Reich- synthetischen Kraftstoffen genutzt werden (sog.
10 Synfuels). Diese weisen zum Teil die gleichen spe- zifischen Eigenschaften wie konventionelle Kraft- stoffe auf und können in nahezu allen Kraftfahrzeu- gen mit Verbrennungskraftmaschinen (Benzin- und Dieselfahrzeugen) genutzt werden. Die Herstellung von Wasserstoff erfolgt im großin- dustriellen Maßstab heute über Methan-Dampf reformierung, bei der über einen endothermen Pro- zess Methangas in Wasserstoff und Kohlenstoffdio- xid aufgespalten wird. Dieser Prozess erfordert zum einen die Verwendung fossiler Primärenergieträger wie u. a. Methan, zum anderen muss die Energie für den Prozess hierfür bereitgestellt werden. Was- serstoff, welcher via Dampfreformierung hergestellt wird, trägt aufgrund seines prozessbedingten ho- hen Energieaufwands und des fossilen Ursprungs die Bezeichnung grauer Wasserstoff. Eine Alternati- ve hierzu ist die Aufspaltung von Wasser mittels Elektrolyse, bei der ausschließlich Wasserstoff und Sauerstoff als Reaktionsprodukte anfallen. Nur so- fern die Energiebereitstellung aus regenerativen Quellen erfolgt (bspw. Strom aus Wind- oder Solar energie) kann trotz des Energiebedarfs bei der Her- stellung von sog. grünem Wasserstoff gesprochen werden, da keine Emissionen bei der Produktion Bild 2: Übersicht Wasserstoff Tankstellen in Deutschland gem. anfallen. Zudem ist mit Wasser als Ausgangsmedi- LBST (2020) um für die Elektrolyse eine nahezu unbegrenzte Herstellung von Wasserstoff möglich. Tanksystem von 0,3 – 3 % pro Tag entweichen (KLELL, 2017). Mit 33,3 kWh/kg besitzt Wasserstoff einen ca. drei- Derzeit (Stand Januar 2020) sind 87 öffentliche mal höheren massebezogenen Heizwert als Ben- Tankstellen in Deutschland in Betrieb, weitere sind zin- oder Dieselkraftstoff (ca. 12 kWh/kg). In techni- in Planung oder befinden sich in der Bauphase, sie- schen Anwendungen ist es jedoch erforderlich, he Bild 2. Gegenüber 2015 (17 Tankstellen in Be- Wasserstoff entweder unter hohen Drücken (bis ca. trieb) hat sich die Anzahl der Wasserstofftankstellen 700 bar) zu komprimieren oder auf ca. -253 °C her- bis heute damit mehr als vervierfacht. unterzukühlen und zu verflüssigen, um einen guten volumenbezogenen Energiewert bei der Speiche- rung von Wasserstoff zu erzielen. Die Komprimie- rung bzw. Verflüssigung ist jedoch mit teilweise ho- 2.2 Elektromobilität hem Energieaufwand verbunden, welche bei der Im folgenden Kapitel werden die unterschiedlichen Verwendung von Wasserstoff als Energieträger be- Ausprägungen von elektrisch angetriebenen Fahr- rücksichtigt werden muss. Die Speicherung erfolgt zeugen vorgestellt, um einen Überblick über die entsprechend entweder in Hochdrucktanks oder verschiedenen Techniken zu geben. Eine Unter- Tiefkühlspeichermedien (sog. Kryotanks). Bei der scheidung zwischen Hybridfahrzeugen und Elektro- Speicherung von Wasserstoff ist jedoch zu berück- fahrzeugen geschieht durch die Fähigkeit, rein elek- sichtigen, dass aufgrund des geringen Atomdurch- trisch fahren zu können. Hybridfahrzeuge, die dies messers Diffusionsvorgänge durch Speicherwan- nicht können, zählen zu den konventionell angetrie- dungen hindurch auftreten können, sodass sich benen Fahrzeugen, während die anderen (z. B. das Tanksystem mit der Zeit ohne gezielte Entnah- Plug-In-Hybrid-Fahrzeuge) als Elektrofahrzeuge me entleert. Gleiches gilt für die Tiefkühlspeicher eingestuft werden (s. Bild 3, Konzepte G, H und I). technik: Durch Abdampfvorgänge können geringe Für entsprechende Fahrzeuge mit einem von au- Mengen des gespeicherten Wasserstoffs aus dem ßen aufladbaren Energiespeicher gibt es die Mög-
11 Bild 3: Schematische Einteilung von alternativen Antrieben mit unterschiedlicher Ausprägung des elektrischen Anteils (HAST, 2010) lichkeit, das Aufladen im privaten, halböffentlichen sowie öffentlichen Bereich vorzunehmen, Details hierzu siehe Kapitel 2.2.3 Aufladung von Elektro- fahrzeugen. Hybrid-Elektro-Fahrzeuge (engl.: Hybrid Electric Vehicle, HEV) Hybridfahrzeuge verfügen neben dem konventio- nellen Verbrennungsmotor über ein zweites Spei- cher-Wandler-System. Im Allgemeinen handelt es sich dabei um einen Elektromotor/Generator und ei- nen Akkumulator. Beim Beschleunigen kann über den elektrischen Zweig zusätzlich Leistung zur Ver- fügung gestellt werden (sogenannter Boost-Be- trieb). Beim regenerativen Bremsen kann ein Teil der kinetischen Energie in elektrische zurückge- wandelt und gespeichert werden (Rekuperation). Hybridantriebe zeichnen sich daher gegenüber konventionellen Antrieben bei Fahrmustern mit viel Beschleunigungs- und Bremsanteilen durch einen Bild 4: Verschiedene Strukturen von Hybridantrieben besseren Wirkungsgrad aus und führen daher zu (HOFMANN, 2010) einer merklichen Kraftstoffersparnis. Je nach technischer Ausführungsform und elektri- elektrischen und verbrennungsmotorischen Sys scher Antriebsleistung werden die Systeme nach temanteils, noch einmal nach Parallel- und Seriell- Mikro-Hybrid, Mild-Hybrid, Voll-Hybrid und Plug-In- Hybrid sowie einem leistungsverzweigten Split-Hy- Hybrid unterschieden (s. Bild 3), wobei je nach brid differenziert wird. Eine Übersicht der verschie- Energiefluss, also der Art des Zusammenspiels des denen Antriebsstränge enthält Bild 4.
12 Beim Parallel-Hybrid sind Verbrennungs- und Elek- Vor allem bei Fahrzeugen mit großvolumigen Otto- tromotor entweder mit dem gemeinsamen Antriebs- und Diesel-Motoren (Fahrzeuge der Oberklasse, strang verbunden (Bsp.: Toyota Hybrid-Systeme) SUVs) ergibt sich eine merkliche Reduzierung beim oder wirken getrennt jeweils auf eine Antriebsachse Kraftstoffverbrauch und der CO2-Emission. So hat und können das Fahrzeug gemeinsam oder einzeln z. B. die Daimler AG bereits im Jahr 2009 mit dem antreiben (sogenannter Axle-Split-Hybrid, Beispiel: Modell S 400 Hybrid ein Mild-Hybrid als Serienfahr- Peugeot/Citroen Diesel-Hybrid-Systeme). zeug (Ottomotor 225 kW mit 20 kW Elektromotor und Lithium-Ionen-Akkumulator) angeboten. Auch Beim Seriell-Hybrid erfolgt der Antrieb immer elek in der Kompaktklasse sind Mild-Hybrid-Systeme trisch. Der Verbrennungsmotor treibt einen Genera- vertreten, wie z. B. der 2019 erschienene Golf VIII tor an, der Batterie und/oder Elektromotor mit elek als eTSI. trischer Energie versorgt. Im Automobilbau wird die- se Architektur für Batterie-Fahrzeuge mit Reichwei- Voll-Hybrid-Fahrzeuge tenverlängerung (sog. Range-Extender) realisiert (engl.: Full Hybrid Electric Vehicle (FHEV)) (z. B. BMW i3 mit Range-Extender). Fahrzeuge mit Voll-Hybrid-System besitzen neben Beim leistungsverzweigten Split-Hybrid ist es mög- dem Verbrennungsmotor einen Elektromotor und lich, einen Teil der Leistung des Verbrennungsmo- ein separates Generatoraggregat mit nachgeschal- tors direkt auf den Antrieb zu geben, während die tetem Hochvolt-Batteriespeicher. Es gibt Systeme, restliche Motorleistung wie beim Seriell-Hybrid den bei denen Motor und Generator mechanisch über Generator-Elektromotor-Strang bedient (Beispiel: ein (Differential-)Getriebe und Kupplungen in geeig- Opel Ampera, Chevrolet Volt). neter Weise verbunden sind und auf eine gemein- same Antriebsachse wirken. Die Bordelektronik steuert und überwacht dabei die verschiedenen Be- Mild-Hybrid-Fahrzeuge triebsmodi (rein elektrischer, rein verbrennungsmo- (engl. Mild Hybrid Electric Vehicle (MHEV)) torischer, kombinierter Fahrbetrieb, Rekuperation). Desweiteren sind darüber hinaus auch sogenannte Bei Mild-Hybrid2 Systemen ist entweder im Kupp- Axle-Split-Hybridsysteme auf den Markt gekom- lungsgehäuse auf der Kurbelwelle ein Elektromo- men, bei denen die Vorderachse in konventioneller tor-Starter-Generator angebracht oder die Lichtma- Antriebsstrangarchitektur realisiert ist, die Hinter- schine wird durch einen Riemen-Startergenerator achse rein elektrisch angetrieben wird, oder ent- ersetzt. Die typischen elektrischen Leistungen sol- sprechend umgekehrt. cher Systeme liegen im Bereich von etwa 10 – 20 kW. Bewegungsenergie wird beim Verzögern teil- Neben einer Start/Stopp-Funktion, regenerativem weise in elektrische Energie rekuperiert und in die Bremsen und elektrischer Unterstützung beim Vor- Batterie zurückgespeist. Beim Anfahren und Be- trieb ermöglicht das Voll-Hybrid-System zudem rein schleunigen des Fahrzeugs unterstützt die Elektro- elektrisches Fahren über Distanzen von einigen Ki- maschine den Verbrennungsmotor durch zusätzli- lometern. Mit dem Typ des Voll-Hybrid-Fahrzeugs ches Antriebsmoment. verbindet man in der öffentlichen Wahrnehmung bis dato vor allem das Modell Prius des japanischen Rein elektrisches Fahren ist bei Mild-Hybrid-Syste- Automobilherstellers Toyota. Seit Produktionsbe- men aufgrund der üblichen Systemauslegungen ginn im Jahr 1997 stellt Toyota mittlerweile Hybrid- nicht sinnvoll oder teilweise konstruktiv nicht mög- Fahrzeuge in der vierten Entwicklungsgeneration lich, weil z. B. das Schleppmoment des inaktiven her und beansprucht für sich mit weltweit insgesamt Verbrennungsmotors überwunden werden müsste über 15 Mio. verkauften Einheiten (Stand August oder die Batteriekapazitäten zu gering sind. 2020)3 derzeit die Marktführerschaft in diesem Seg- 2 Nicht zu verwechseln mit Mikro-Hybrid. Unter dieser Bezeichnung werden bisweilen Fahrzeuge mit Start-Stopp-Systemen zusam- mengefasst, bei denen die Anlasser-Funktion ein Starter-Generator (3 – 5 kW) übernimmt, mit dem sich Bewegungsenergie beim Bremsen rückgewinnen lässt (Rekuperation) und als elektrische Energie für Motorstarts zur Verfügung steht. Diese Fahrzeuge sind gemäß KBA-Kraftstoff-Code keine Hybridfahrzeuge. 3 Vgl. TOYOTA (2020)
13 ment. Mittlerweile bieten auch die meisten europäi- Energie gewandelt. Meist wird für den Betrieb Was- schen Hersteller wie Audi, BMW, Mercedes, Por- serstoff als Brennstoff verwendet, doch es ist auch sche, PSA/Peugeot/Citroen und Volkswagen eben- möglich, wasserstoffhaltiges Gas oder entspre- falls Voll-Hybrid-Fahrzeuge in unterschiedlichen chende Flüssigkeiten in sogenannten Reformersys- Fahrzeugklassen an. temen einzusetzen. Unter Bioethanol versteht man Ethanol, der aus- Plug-In-Hybrid-Fahrzeuge schließlich aus Biomasse und nicht aus fossilen (engl.: Plug-In Hybrid Electric Vehicle (PHEV)) Quellen gewonnen wird und somit zählt dieser zu den alternativen Brennstoffen. Zur Verwendung von Plug-In-Hybrid-Fahrzeuge zeigen alle Features von Bioethanol für Brennstoffzellen sind zwei Verfahren Voll-Hybrid-Fahrzeugen, verfügen darüber hinaus möglich: Entweder wird ein Reformer eingesetzt, jedoch noch über eine deutlich größere elektrische der aus dem Bioethanol Wasserstoff erzeugt, oder Speicherkapazität. Die Batterie kann zusätzlich es ist möglich, durch Verwendung einer speziellen auch extern über Haushaltsstrom oder an öffentlich Membran den Bioethanol der Brennstoffzelle unmit- zugänglichen Ladesäulen aufgeladen werden. Die telbar zuzuführen. Bei dieser Variante spricht man Fahrzeuge können größere Strecken (typischer Ak- von einer Direkt-Ethanol-Brennstoffzelle. tionsradius zwischen 20 und 50 km) im reinen Elek- trobetrieb lokal emissionsfrei zurücklegen und sind Hinsichtlich der CO2-Bilanz gibt es einen wesentli- so z. B. von umweltbedingten Fahrverboten im in- chen Unterschied zwischen dem Betrieb mit Was- nerstädtischen Raum ausgenommen. serstoff und Bioethanol als Ausgangsstoff: Bei der Verwendung von Wasserstoff wird als Endprodukt nur Wasser abgeschieden, während bei dem Ein- 2.2.1 Brennstoffzellenfahrzeuge satz von Bioethanol zusätzlich CO2 entsteht. Da (engl.: Fuel Cell Electric Vehicle (FCEV)) Bioethanol aus Biomasse hergestellt wird, ist die Klimabilanz dennoch insgesamt klimaneutral. Brennstoffzellenfahrzeuge sind von der Antriebsart her betrachtet Elektrofahrzeuge. Systembedingt fal- Für den Einsatz in Kraftfahrzeugen sind derzeit Di- len Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb mit ihren rekt-Ethanol-Brennstoffzellen noch in der Entwick- beiden Energiewandlern Brennstoffzelle und Elek lung. Hingegen sind Systeme mit Reformer bereits tromotor sowie den beiden Speichern H2-Tank in der Erprobung und nahezu marktreif, wie z. B. im und Batterie entlang der Bezeichnungssystematik Nissan e-NV200 mit e-Bio-Brennstoffzelle. streng genommen in die Kategorie Vollhybrid-Elek trofahrzeug. Toyota hat im November 2014 mit dem 2.2.2 Elektrofahrzeuge [Batterie-Fahrzeuge – Mirai das erste Serienfahrzeug mit Brennstoffzel- engl.: Battery Electric Vehicle (BEV)] lenantrieb auf den Markt gebracht4. Auch Hyundai und Honda bieten entsprechende Serienfahrzeuge Das Antriebssystem reiner Elektrofahrzeuge (Batte- an. Viele weitere Fahrzeughersteller wie z. B. Daim- rie-Fahrzeuge) umfasst die Baugruppen Elektromo- ler, Ford, GM, und Renault/Nissan haben ebenfalls tor/Generator, Steuergerät und Batteriespeicher. serienreife Modelle entwickelt und können sich eine Aufgrund des Drehmoment- und Leistungsabgabe- Markteinführung in naher Zukunft vorstellen. Vo verhaltens der verwendeten Elektromotortypen raussetzung ist jedoch eine ausreichende Wasser- kommt das Antriebssystem meistens mit einer fes- stoff-Infrastruktur. Derzeit stehen in Deutschland 87 ten mechanischen Getriebestufe aus. Die Fahrzeu- Wasserstofftankstellen (Stand 2020, siehe Bild 2). ge wandeln beim Verzögern die Bewegungsenergie in elektrische Energie zurück (Rekuperation), so- dass die zur Verfügung stehende Batterieladung Bioethanol als Energiequelle für optimal ausgenutzt wird. Zusätzliche Verbraucher Brennstoffzellen des Bordnetzes (Licht, Heizung, Klimaanlage usw.) In einer Brennstoffzelle wird chemisch gebundene führen zu einer geringeren Reichweite. Um diese Energie in Form des Brennstoffs in elektrische Problematik zu entschärfen, verfolgen manche Her- steller eine Systemarchitektur mit eingebautem Bordstromaggregat (siehe Seriell-Hybrid). Im Schnitt sind 80 Prozent der täglichen Fahrstre- 4 Vgl. Autobild (2015) cken kürzer als 60 Kilometer. Der urbane Mobilitäts-
14 bedarf kann mit einem rein batteriebetriebenen es seit Anfang März 2017 möglich, Anträge auf För- Elektrofahrzeug technisch heutzutage bereits gut derung im Rahmen des Bundesprogramms Ladein- abgedeckt werden. Elektrofahrzeuge haben den frastruktur zu stellen. Mit dem Programm unterstützt Vorteil, lokal keine schädlichen Emissionen zu er- das BMVI den Aufbau von 15.000 Schnell- und Nor- zeugen und im Stadtverkehr geräuscharm zu sein. malladestationen und stellt dafür rund 300 Millionen Man darf daher erwarten, dass sich mit verstärkter Euro bereit. Bis zum Mai 2020 wurden im Rahmen Elektromobilität in Städten eine neue Stufe der Le- dieser Förderung 22.000 Ladepunkte bewilligt, da- bensqualität hinsichtlich Luftreinheit und Lärmbe- von gut 5.000 Schnellladepunkte, was einem För- lastung erreichen lässt. Mit Inkrafttreten der EU Ver- dervolumen von ca. 148 Millionen Euro entspricht ordnung 540/2014 (EU, 2014) wurde eine akusti- (BAV, 2020). Die Bundesanstalt für Verwaltungs- sche Warneinrichtung für elektrisch angetriebene dienstleistungen (BAV) ist die Bewilligungsbehörde Fahrzeuge (Klassen M und N) verpflichtend ab des Förderprogramms. 2019 bzw. 2021 eingeführt, um die akustische Zum Jahresende 2019 gab es deutschlandweit ca. Wahrnehmbarkeit und damit die Verkehrssicherheit 26.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte an ca. zu verbessern. Dieses System (Acoustic Vehicle 13.000 Ladeeinrichtungen (Bundesnetzagentur – Alerting System (AVAS)) strahlt im Geschwindig- Liste der Ladesäulen (Stand 15. Juli 2020)). keitsbereich bis etwa 20 km/h und beim Rückwärts- fahren ein künstliches Fahrgeräusch aus. Im Folgenden werden die Schnittstellen zwischen der Ladeinfrastruktur und den Fahrzeugen mit elek- Die hohen Kosten bei der gegenwärtigen Li-Ionen trischem Energiespeicher näher beschrieben. Nati- Batterietechnologie von ca. 105 €/kWh (Stand onale und internationale Standards charakterisie- 2019, ENERGATE, 2020) sowie Gewicht und Bau- ren Stecker, Kabel und Ladestationen, wobei je- volumen zwingen bei alltagstauglichen Modellen zu weils verschiedene (meist untereinander nicht kom- einem Kompromiss bei Reichweite und Motorleis- patible) Systeme auf dem Markt sind. tung. Typische Reichweiten liegen heute modellab- hängig zwischen 100 und 400 km bei einer Spei- Laut der EU-Richtlinie 2014/94/EU „Aufbau der In cherkapazität zwischen 15 und 85 kWh und Motor- frastruktur für alternative Kraftstoffe“ spricht man leistungen zwischen 30 und 300 kW. Durch die von Normalladen bei Ladevorgängen bis 22 kW. noch hohen Kosten für die Energiespeicher – trotz Eine Ladeleistung von mehr als 22 kW charakteri- sinkender Preise der Fahrzeugakkus – sind Elektro- siert das AC- bzw. DC-Schnellladen. Diese EU fahrzeuge in der Regel mehrere Tausend Euro teu- Richtlinie hat durch den Anhang II folgenden Min- rer als das entsprechende Modell mit konventionel- deststandard festgelegt (EU, 2014): lem Antrieb. Mit neuen Geschäftsmodellen wie bei- spielsweise separate Batteriemietverträge wie sie 1. Technische Spezifikationen für Ladepunkte u. a. bei den Z. E.-Modellen von Renault zu finden 1.1. Normalladepunkte für Kraftfahrzeuge sind, kann die Preisdifferenz ausgeglichen werden. Wechselstrom-Normalladepunkte für Elektro- fahrzeuge sind aus Gründen der Interoperabili- tät mindestens mit Steckdosen oder Fahrzeug- 2.2.3 Aufladung von Elektrofahrzeugen kupplungen des Typs 2 nach der Norm EN62196- Zum Aufladen von Elektrofahrzeugen mit elektri- 2 auszurüsten. Diese Steckdosen dürfen mit scher Energie existieren verschiedene Möglichkei- bestimmten Zusatzeinrichtungen wie mecha ten. Derzeit am weitesten verbreitetet ist das kabel- nischen Steckdosen-Verschlüssen ausgestattet gebundene (konduktive) Laden mit Wechsel- bzw. sein, sofern die Kompatibilität mit dem Typ 2 ge- Gleichstrom. Darüber hinaus gibt es noch das ka- wahrt bleibt. bellose Laden, sowie prinzipiell den Akkutausch. 1.2. Schnellladepunkte für Kraftfahrzeuge Letztere Variante ist für Pkw zurzeit nicht von Be- deutung, bei Kleinkrafträdern und Pedelecs aller- Wechselstrom-Schnellladepunkte für Elektro- dings schon etabliert. fahrzeuge sind aus Gründen der Interoperabilität mindestens mit Kupplungen des Typs 2 nach der Zum Aufladen von elektrischen Energiespeichern Norm EN62196-2 auszurüsten. Gleichstrom- kann Ladeinfrastruktur im privaten, halböffentlichen Schnellladepunkte für Elektrofahrzeuge sind aus sowie öffentlichen Bereich genutzt werden. Um den Gründen der Interoperabilität mindestens mit Ausbau der Ladeinfrastruktur zu beschleunigen, ist Kupplungen des „combined charging system
15 Bild 5: Ladesäulenkarte mit öffentlich zugänglichen Ladepunkten (BNetzA, (c) GeoBasis-DE/BKG, 2019)
16 Combo 2“ nach der Norm EN62196-3 auszurüs- Ladekabel wird eine Kommunikation realisiert, die ten. eine Zustandsüberwachung des Ladevorgangs samt Start und Ende ermöglicht. Für das kabelgebundene Laden von Elektrofahr- zeugen gibt es neben den oben aufgeführten ver- pflichtenden Typ 2 und Combo 2 Steckern verschie- Ladebetriebsart 3/Mode 3 dene andere meist genormte Ladestecker, die je- Ein besonderes Merkmal der Ladebetriebsart 3 ist doch in der Regel untereinander nicht kompatibel die infrastrukturseitige Verwendung einer Ladevor- sind. richtung (Wallbox) mit integrierter Kontroll- und Weitere Stecker für das Wechselstromladen sind Schutzfunktion. Diese sieht neben der Energieüber- beispielsweise vom Typ 1 oder Typ 3, während für tragung auch einen Kommunikationsaustausch zwi- das DC Schnellladen auch der CHAdeMO Stecker schen dem Fahrzeug und der Ladeinfrastruktur vor, und der DC-Coupler GB erwähnt werden sollen. wodurch ein kontrolliertes und optimiertes schnelle- res Laden (im Vergleich zu Mode 1 und 2) ermög- Beim kabelgebundenen Aufladen von Kraftfahrzeu- licht wird. gen unterscheidet man vier verschiedene Varian- ten, sogenannte Ladebetriebsarten, die auch Lade- Das Ladekabel kann sowohl fest in der Wallbox ver- modus bzw. kurz Mode 1 bis 4 betitelt werden. Je bunden sein, als auch über eine Steckverbindung nach Ausprägung werden unterschiedliche maxi- realisiert werden. Fahrzeugseitig ist immer eine male Ladeleistungen und damit verbundene ent- Steckverbindung vorhanden und das Ladegerät ist sprechende Ladezeiten ermöglicht. Auch die Ste- fest im Fahrzeug verbaut. ckerarten und Kommunikationsmöglichkeiten sind zu differenzieren. Ladebetriebsart 4/Mode 4 Bei der Ladebetriebsart 4 handelt es sich um das Ladebetriebsart 1/Mode 1 Laden mit Gleichstrom an einer stationären Lade Hierbei handelt es sich um eine Lademöglichkeit infrastruktur, an der das Ladekabel fest angeschla- an einer nicht näher definierten Stromquelle mit gen ist. Ein entscheidendes Merkmal dieser Lade- Schutzkontakt entsprechend einer normalen Haus- betriebsart ist das in der Ladestation befindliche La- haltssteckdose (Schutzkontaktsteckdose) oder ei- degerät, welches den Wechselstrom in Gleichstrom ner ein- bzw. dreiphasigen Industriesteckdose (z. B. umgewandelt. Die hohe Ladeleistung (bis 170 kW CEE-Steckdose). In diesem Fall wird ein nicht fest derzeit) in Kombination mit der Kommunikation zwi- mit dem Fahrzeug oder der Steckdose verbunde- schen Elektrofahrzeug und Ladeinfrastruktur er- nes Kabel verwendet und das Ladegerät ist fest im möglicht so genanntes DC-Schnelladen. Fahrzeug integriert. Es ist keine besondere Lade- überwachung bzw. Kommunikation vorgesehen. Induktives Laden Ladebetriebsart 1 ist als langsames Normalladen einzustufen. Neben dem zuvor beschriebenen kabelgebunde- nen (konduktiven) Laden sei an dieser Stelle auch das kabellose Laden erwähnt, bei dem die Energie- Ladebetriebsart 2/Mode 2 übertragung induktiv erfolgt. Dazu wird ein Ladesys- Auch die Ladebetriebsart 2 bezeichnet ein langsa- tem verwendet, das aus einem aufeinander abge- mes Normalladen an einer konventionellen Haus- stimmten Spulenpaar, je eine Spule im Fahrzeug halts-Steckdose (Schutzkontaktsteckdose) oder ei- und eine außerhalb, besteht. Typischerweise wird ner ein- bzw. dreiphasigen Industriesteckdose (z. B. im Fahrzeugboden die eine Spule installiert, damit CEE-Steckdose), allerdings ist hier im Gegensatz direkt über der anderen geparkt werden kann. Die zur Ladebetriebsart 1 im Ladekabel eine Schutzein- am Boden angebrachte Primärspule wird von der richtung in Form eines Fehlerstromschutzschalter Ladeinfrastruktur mit Wechselstrom beaufschlagt, vorhanden. um ein Magnetfeld zur Energieübertragung aufzu- bauen. Durch die Sekundärspule im Fahrzeug wird Das Ladekabel ist weder mit dem Fahrzeug noch das Magnetfeld wieder in Wechselstrom gewandelt, mit der Ladeinfrastruktur fest verbunden und das der das fahrzeugseitige Batterieladegerät versorgt. Ladegerät ist fest im Fahrzeug verbaut. Über das Spezielle Schutzmaßnahmen unterbrechen den
17 Energiefluss, sobald sich Metallgegenstände oder weise sind hier Elektro-Trikes zu nennen, deren andere Objekte im Magnetfeld befinden. Vorderachse auf Komponenten der Motorradtech- nik basiert und eine zweispurige Hinterachse auf- weisen. Allerdings gibt es auch Modelle mit einem 2.3 Elektrisch angetriebene Krafträder (Zwillings-)Hinterrad und einer zweispurigen Vor- derachse. Neben alternativ angetriebenen Pkw bieten Elektro- Krafträder eine weitere Möglichkeit zum Personen- Zweispurige leichte vierrädrige Elektro-Krafträder und ggf. Lastentransport mit alternativem Antrieb. werden meist als umweltfreundlicher und sparsa- Elektrisch angetriebene Krafträder sind zwei-, drei- mer Ersatz für einen klassischen Pkw angesehen, oder leichte vierrädrige Kraftfahrzeuge mit Elektro- u. a. mit dem Vorteil des geringen Parkplatzbedarfs. motor. Die Vor- und Nachteile ähneln denen von Eine besonders hohe Verbreitung hat als Vertreter Elektro-Pkw. Der Elektroantrieb bietet ein hohes dieser Fahrzeuggruppe der von Renault gebaute Drehmoment und damit eine gutes Beschleuni- Twizy, den es als 45 und 90 km/h Variante gibt. gungsvermögen, der Antrieb ist leise, aber eine Weitere Hersteller haben nun mit der Entwicklung hohe Reichweite erfordert den Einbau schwerer Ak- solcher Fahrzeuge begonnen, sodass hier in den kus. Insbesondere die Akkukapazität hat wiederrum nächsten Jahren von einer Zunahme an verfügba- Auswirkung auf die Ladedauer und den Preis. Be- ren Modellen auszugehen ist. trachtet man Elektromotoräder, so sind große Insgesamt zeigt sich allerdings derzeit, dass das Spannbreiten von 50 – 400 km Reichweite und La- Angebot all dieser Elektro-Krafträder im Vergleich dedauern mit Schnellladegeräten ab einer Stunde zu den Elektrofahrzeugen in der Pkw-Klasse noch Stand der Technik bei derzeit deutlichen Mehrkos- bei weitem nicht so mannigfaltig ist (EFAHRER, ten im Vergleich zu Motorrädern mit Verbrennungs- 2020). motor (Motorrad, 2020). So unterschiedlich die Gestaltungsvielfalt dieser ein- und mehrspurigen Fahrzeuge ist, so unter- 2.4 Alternative Antriebe bei Nutzfahr- schiedlich ist auch das jeweilige Nutzungsgebiet: zeugen und Kraftomnibussen Bei den zweirädrigen Fahrzeugen werden Elektro- motorroller überwiegend im urbanen Raum und oft 2.4.1 Nutzfahrzeugbereich für den täglichen Pendelverkehr verwendet, woge- Nach dem Beschluss des Umweltausschusses des gen die ersten verfügbaren Elektromotorräder ein Europäischen Parlaments vom 5. November 2013 sehr breites Einsatzspektrum aufzeigen. Dieses er- werden die CO2-Emissionen für neue leichte Nutz- streckt sich neben dem Einsatz auf der Straße in fahrzeuge bei dem Zielwert von 175 g/km ab dem der Stadt, über Land oder auf der Autobahn auch Jahr 2017 und 147 g/km ab dem Jahr 2020 liegen auf den Einsatz im Gelände oder im Motorsport. (EU, 2011). Erste Modelle an Elektromotorrollern und -motorrä- dern sind von sowohl von etablierten als auch neu- Um diese Werte zu erreichen, werden alternative en Herstellern auf den Markt erhältlich (ADAC, Antriebe – wie sie bereits in den klassischen Fahr- 2020). zeugen zur Personenbeförderung (Personenkraft- wagen, EU Fahrzeugklasse M1) verwendet werden Dreirädrige Elektro-Krafträder bieten, neben den ty- – nun verstärkt auch bei Nutzfahrzeugen zum Tra- pischen Aspekten des Elektroantriebs, gegenüber gen kommen. In Analogie zum Pkw kann die dort Pkw den Vorteil einer hohen Wendigkeit und gegen- etablierte alternative Antriebstechnik auf Fahrzeuge über Zweirädern den eines stabilen Stands, wes- der Klasse N1 übernommen werden. Typischerwei- halb diese gerne für den Warentransport beispiels- se werden diese Fahrzeuge von Kurierdiensten, weise von Kurier-, Express- und Paketdienste Handwerkern und Kommunalbetrieben eingesetzt. (KEP) eingesetzt werden. Für die Auslieferung von Für das Nutzungsprofil mit Fahrten im urbanen Waren und Paketen werden meist Elektrodreiräder Raum sind wegen der geringen lokalen Abgas- und mit einer Maximalgeschwindigkeit von 45 km/h ver- Lärmemissionen Motorisierungen auf Basis alterna- wendet, die in die EU Fahrzeugklasse L2e (Dreiräd- tiver Antriebe besonders gut geeignet. riges Kleinkraftrad) fallen. Hingegen gibt es dreiräd- rige Kraftfahrzeuge (Klasse L5e), die diese Ge- Im innerstädtischen Zulieferverkehr mit hohem schwindigkeitsbegrenzung nicht haben. Beispiels- Stop and Go-Anteil sowie häufigen Startvorgängen
18 kommen die Vorteile eines elektrifizierten Antriebs- intensität beträgt 35 Prozent der beihilfefähigen In- strangs voll zum Zug. Regionale Projekte fördern vestitionsmehrkosten (BMUB, 2014a). bereits den Einsatz von Kleintransportern mit elek trischen Antrieben. Die Förderung ist an bestimmte Umweltanforderun- gen geknüpft. So müssen beispielsweise Mindest- Bei einem Einsatzprofil im ländlichen Bereich ist standards im Hinblick auf Verbrauch, CO2- sowie eine Ergänzung des bisher typischerweise mit Die- Lärmemissionen erfüllt werden. Hybridbusse müs- selmotor betriebenen Kleintransporters durch alter- sen z. B. eine Verbesserung beim Kraftstoffver- native Antriebstechnik in Form eines Hybridantriebs brauch um 20 Prozent und Plug-In-Hybridbusse um ökologisch sinnvoll, um auch bei einer großen 35 Prozent gegenüber vergleichbaren konventio- Reichweite eine geringe Menge von CO2 zu emittie- nellen Dieselbussen erreichen. Im Hinblick auf die ren. Allerdings bedeutet das Mitführen von zwei CO2-Emissionen muss eine Reduktion von mind. Antriebssystemen auch eine Einschränkung in der 20 % (Hybridbusse) bzw. 35 % (Plug-In-Hybridbus- möglichen Zuladung. se) gegenüber einem vergleichbaren Linienbus ohne Hybridtechnologie erreicht werden. Außerdem muss der Dieselmotor die Euro VI-Norm erfüllen 2.4.2 Kraftomnibusse mit alternativem Antrieb und über ein geschlossenes Partikelfiltersystem Die Bestandszahlen zeigen, dass der Dieselmotor verfügen (BMUB, 2014a). als Antriebsart weiterhin diese Fahrzeuggruppe do- Begründet wird eine Förderung mit der besonderen miniert. Die nächsthöhere Nutzungsart ist jedoch Eignung der Hybridtechnologie für Linienbusse, da bereits der Antrieb mit Gas (CNG und LPG). Die diese häufig bremsen müssen und ein wesentlicher höchsten relativen Zuwächse von 2015 auf 2019 Teil der Bremsenergie zurückgewonnen und für den haben reine Elektro- sowie Hybridbusse zu ver- Betrieb des Elektromotors genutzt werden kann. zeichnen (siehe hierzu auch Kapitel 3.2 dieses Be- Die Busse werden effizienter und beim rein elektri- richts). schen Betrieb auch leiser. Zudem stoßen sie weni- Bei den Elektrobussen sind neben dem Hybridbus, ger CO2 und Luftschadstoffe aus, was ihren Einsatz bei dem ein konventioneller Verbrennungsmotor mit zum Beispiel in Fußgängerzonen attraktiv macht. einem Elektroantrieb kombiniert wird, drei weitere Um langfristig eine Bustechnologie zu erhalten, die verschiedene Ausprägungen zu unterscheiden: Ne- komplette Strecken rein elektrisch bedienen kann, ben dem reinen Batteriebetrieb gibt es den Misch- fördert das BMU auch Projekte zur Entwicklung von betrieb, bei dem die Batterie unterwegs an einer Plug-In-Hybridbussen. Oberleitung oder induktiv geladen werden kann. Weiterhin gibt es Elektrobusse, die als primäre Die Förderrichtlinie war bis Ende 2017 gültig. Am Energiequelle eine Brennstoffzelle mit Wasserstoff- 15. März 2018 trat eine neue Förderrichtinie in Kraft tank nutzen. Hinsichtlich der Verwendung als Stadt- „Richtlinie zur Förderung der Anschaffung von Elek- oder Überlandbus werden unterschiedliche Reich- trobussen im öffentlichen Personennahverkehr“ weiten benötigt, sodass eine der drei Varianten zum (BMUB, 2020). Im Rahmen dieser Richtlinie werden Einsatz kommen kann. Dabei werden verschieden- Plug-In-Hybridbusse und rein elektrisch angetriebe- artige Anforderungen an die Lade- bzw. Tankinfra- ne Busse gefördert. Die Richtlinie gilt bis zum struktur gestellt. 31.12.2021. Seit 2010 fördert das Bundesministerium für Um- welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) die Beschaffung von Hybridbussen. Der 3 Bestandsentwicklung positive Bestandseffekt ist in Bild 9 erkennbar. Seit Anfang 2015 erfolgt die Förderung im Rahmen ei- Die Beobachtung der jährlichen Bestandsentwick- ner Richtlinie, die die Beschaffung von Linienbus- lung ermöglicht Aussagen über die fortschreitende sen mit dieselelektrischem Antrieb durch Ver- Durchdringung des Automobilmarktes mit Fahrzeu- kehrsbetriebe zum Zwecke der Personenbeförde- gen alternativer Antriebsarten. Die nachfolgend dar- rung im ÖPNV umfasst, wobei Hybrid-Fahrzeuge gestellten Bestandsdaten stammen aus den amtli- ohne sowie mit externer Auflademöglichkeit (Plug- chen Veröffentlichungen des Kraftfahrt-Bundesam- In-Hybridbusse) durch einen Investitionszuschuss tes (KBA) sowie Datenlieferungen des KBA zum gefördert werden. Die maximal zulässige Beihilfe „Bestand von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen“.
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