Steinkohle - RAG Aktiengesellschaft

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Steinkohle - RAG Aktiengesellschaft
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Steinkohle
                                                                                                       tra
                                                                                                 des zur      -Au
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                 D A S M I TA R B E I T E R M A G A Z I N D E R R A G A K T I E N G E S E L L S C H A F T

Leistungsträger Mitarbeiter zeigen sich bis zuletzt hoch motiviert und engagiert
Vorreiter Moderne Technik ebnete Sicherheit und Wirtschaftlichkeit den Weg
Kumpel Wehrleute bilden auch nach der Stilllegung des Bergwerks eine starke Gemeinschaft

Das Ende einer Epoche
Nach 160 Jahren verabschiedet sich der
industrielle Steinkohlenbergbau aus Bottrop
Steinkohle - RAG Aktiengesellschaft
2      Gr ußworte                                                                                                                              Steinkohle P r o s p e r - H a n i e l

Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
der industrielle deutsche Steinkohlenbergbau blickt auf eine stolze
Geschichte zurück. Hunderte Millionen Tonnen Kohle haben die Zechen
in Nordrhein-Westfalen und an der Saar in den vergangenen rund
200 Jahren gefördert – und gleichzeitig unzählige Errungenschaften
hervorgebracht, die unserem Land zum heutigen Wohlstand ver-
halfen. Ob Technik, Wissenschaft, Bildung, Soziales oder Kultur: Der
heimische Bergbau hat in vielerlei Hinsicht neue Maßstäbe gesetzt,
die noch lange Nachhall finden.
   Am 21. Dezember endet das letzte Kapitel des aktiven Steinkohlen-
bergbaus in Deutschland, am Standort Franz Haniel in Bottrop för-
dern wir das letzte Stück Kohle. Ein bewegender Moment, der uns
Bergleute schon heute mit großer Wehmut erfüllt. Und ein Ereignis,
das uns ermöglicht, Rückschau zu halten – auf die bergmännische
Herkunft und Identität, auf die Innovationskraft und die Leistungen
der Bergleute und auf das, worauf es im Berufsleben besonders
ankommt: auf Verantwortung, Vertrauen und Verlässlichkeit.
   Die Mitarbeiter des Bergwerks Prosper-Haniel verkörpern diese
bergmännischen Werte und Tugenden auf besondere Weise. Im
Auslaufprozess haben sie nicht nur Verantwortung für ihre Kollegen
und ihr Bergwerk übernommen – sondern für die gesamte RAG. Bis
zur letzten Schicht haben sie technische Innovationen vorangetrieben,

                                                                                                                                                                                        FOTO: DIETMAR KLINGENBURG
Prozesse optimiert, sich flexibel gezeigt und verlässlich Kohlen ge-
fördert. Ihrem vorbildlichen Einsatz ist es maßgeblich zu verdanken,
dass die RAG ihre Verpflichtungen aus dem Steinkohlefinanzierungs-
gesetz erfüllen und den Auslauf sozial verträglich gestalten konnte.
Dafür gilt allen Prosperanern nicht nur mein herzlichster Dank, sondern
auch der der gesamten Belegschaft.
   Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Sie dürfen stolz sein auf
Ihr Lebenswerk. Ihr Engagement, Ihre Leistungen und Ihr Berufs-             Glück auf!
ethos werden nicht in Vergessenheit geraten. Vielmehr schlägt all
das, was Sie auszeichnet, Brücken von der Gegenwart in die
Zukunft – und bildet das Fundament für das Handeln der Nachberg-
bau-RAG. Denn nur wenn wir uns stets auf die bergmännischen
Tugenden und Werte besinnen, wird uns weiterhin gelingen, selbst            Peter Schrimpf,
größte Herausforderungen zu bestehen.                                       Vorstandsvorsitzender der RAG Aktiengesellschaft

Inhalt                   Stadtentwicklung          Strukturwandel           bergwerk Prosper-        Ausbildung                 Mannschaftsporträt         Kultur
                         Bottrop entwickelte       Masterplan für           Haniel entstand          Grundlagen für             Abbaumannschaft            Das Erbe bewahren:
Geschichte               sich mit dem Bergbau      eine erfolgreiche        Seite 17–20              ein erfolgreiches          der letzten Bauhöhe        Landschaftsbau-
Einblicke in die         Seite 10                  Zukunft                                           und erfüllendes            im Flöz Zollverein         werke als beliebte
bewegte Historie                                   Seite 14                 Technik                  Berufsleben gelegt         zeigt Leistungs- und       Ausflugsziele
des Bergbaus             Bottroper Ikonen                                   Vorreiter für neue       Seite 26                   Einsatzbereitschaft        Seite 32
auf Prosper-Haniel       Zwei Männer               Zeitraffer               Entwicklungen                                       Seite 29
Seite 4–7                schreiben Geschichte      Der Bergbau in           Seite 22                 Mannschaftsporträt                                    Stimmen aus
                         Seite 12                  Bottrop von 1856 bis                              Gruben- und Gas-           Besucher                   der Region
Mitarbeiter                                        2018 im Überblick        Mitbestimmung            schutzwehr setzen          Zahlreiche Prominente      Mitarbeiter, Nachbarn
Getreu dem Motto:        Nachbarschaft             Seite 16+21              Engagierter Einsatz      sich selbstlos für         verewigten sich            und Begleiter zur
Hand in Hand             Engagement und Ein-                                für die Interessen       die Sicherheit der         im Gästebuch               Schließung des Berg-
zum Erfolg               satz für die Region       Stammbaum                der Belegschaft          Bergmänner ein             des Bergwerks              werks Prosper-Haniel
Seite 8                  Seite 13                  Wie das Verbund-         Seite 24                 Seite 28                   Seite 30                   Seite 34

                         Verantwortlich:           CvD:                     Im Welterbe 10,          Leserservice:              Druck:
                         Erich Kometz (ek),        André Leifeld (anwa),    45141 Essen,             Bettina Kopp,              NEEF + STUMME
                         Leiter Zentralbereich     Tel. (0201) 378-22 95    Tel. (0201) 378-32 05,   Tel. (0201) 378-32 05      premium printing
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                         RAG Aktiengesellschaft                             steinkohle@rag.de
                                                   Bettina Pielka (btp),                             Medien und Kommunikation   Dietmar Klingenburg
Impressum                Chefredakteurin:          Tel. (02041) 59-32 96,   Bildredaktion:           An der Alster 1
Herausgeber:             Stefanie Kurkamp (sek),                            Dietmar Klingenburg,     20099 Hamburg
RAG Aktiengesellschaft   Tel. (0201) 378-30 59                              Tel. (0201) 378-20 25    info@bissingerplus.de
Steinkohle - RAG Aktiengesellschaft
P r o s p e r - H a n i e l Steinkohle                                                                                                            Grußworte          3

                            Liebe Kolleginnen und Kollegen,
                                                                  mit Prosper-Haniel schließt das letzte Berg-   Arbeitskämpfen und Spitzenleistungen. Dabei waren wir nie allein, beinahe wie
                                                                  werk unseres Unternehmens. Wir haben           eine große Familie. Nicht gegeneinander, sondern miteinander, nicht ideologisch,
                                                                  alle das Datum gekannt, aber sicher            sondern pragmatisch haben wir uns immer den Herausforderungen gestellt.
                                                                  auch verdrängt. Ohne das Bergwerk wäre         Dabei hat uns unsere Gewerkschaft, die IG BCE, immer unterstützt. Auch die
                                                                  Bottrop nicht die Stadt geworden, die          Sozialpartnerschaft mit dem Unternehmen hat mit dazu beigetragen, dass wir so
                                                                  sie heute ist. Ihr habt mit Eurer Arbeit       weit gekommen sind, den Bergbau geordnet und sozial verträglich zu gestalten.
                                                                  die Stadt und die Region groß gemacht.           Mein herzlicher Dank geht an die Mannschaft und die Betriebsräte des
FOTO: DIETMAR KLINGENBURG

                                                                  Ihr habt Kaufkraft und Wohlstand in            Bergwerks, aber auch an die Bergwerksleitung und den Vorstand der RAG Aktien-
                                                                  die Region gebracht und eine Kultur von        gesellschaft, an die Kolleginnen und Kollegen der IG BCE und an die Stadt Bottrop
                                                                  Freundschaft, Offenheit, Toleranz und          und ihre Menschen.
                                                                  Respekt geschaffen. Kohle wird nun nicht
                                                                  mehr gefördert. Aber das Geschaffene,          Wir bleiben immer Bergleute!
                                                                  das Erreichte, wirkt fort. Die Stadt schafft
                            den Wandel. Bottrop ist InnovationCity. Da ist der Name Programm. Und die            Glück auf!
                            Menschen schaffen ebenfalls den Wandel.
                              Die einen Kolleginnen und Kollegen gehen in den Vorruhestand, die anderen
                            müssen sich noch einmal beruflich umorientieren. Dabei sind sie gut ausgebildet
                            und berufserfahren. Sie können mit Zuversicht in die Zukunft gehen. Die              Barbara Schlüter,
                            Geschichte des Bergbaus war geprägt von Erfolgen und schweren Zeiten, von            Gesamtbetriebsratsvorsitzende der RAG Deutsche Steinkohle

                            Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
                                                                   der Bergbau in Bottrop blickt auf eine über   vorzeitige Fertigstellungen von Bauhöhen. Die Motivation und die Effektivität der
                                                                   160-jährige Geschichte zurück, die geprägt    Mannschaft waren stets hoch. Und darauf sind wir alle sehr stolz.
                                                                   war von wirtschaftlicher Dynamik, aber vor      Auch wenn wir auf Prosper-Haniel keine Kohlen mehr fördern, bleibt das Anden-
                                                                   allem von bedeutenden Innovationen. Mit       ken an den Bergbau in der Region erhalten. Unser Erbe besteht aus den Förder-
                                                                   dem Abteufen des ersten Schachts im Jahr      türmen über stillgelegten Schächten, den Bergarbeiterquartieren sowie den Halden,
                                                                   1856 begann die Steinkohlenförderung und      die nunmehr als Landschaftsbauwerke angelegt sind. Doch vor allem, und
                                                                   damit die Entwicklung unseres Bergwerks       das ist viel bedeutsamer, aus den Tugenden und der Gemeinschaft der Bergleute.
FOTO: DETLEV LINDENBAUM

                                                                   zum Vorreiter bei der Einführung moderner     Wir alle können stolz sein auf das, was wir gemeinsam geleistet haben.
                                                                   Bergbautechnik. Anfang der 1950er Jahre         Ich möchte mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unseres Bergwerks
                                                                   kam auf Prosper erstmals ein Kohlenhobel      für die geleistete Arbeit und die zahlreichen Erfolge bedanken – und bei allen
                                                                   zum Einsatz, ein Meilenstein im voll mecha-   Bergleuten in der Region für mehr als 160 Jahre gemeinsamen Schaffens einer
                                                                   nisierten Kohlenabbau. 1999 feierte der       Kultur des offenen und ehrlichen Miteinanders.
                                                                   Walzenlader SL 500 auf unserem Bergwerk
                            seine Premiere im Ruhrbergbau und setzte fortan neue Maßstäbe beim Abbau in          Glück auf!
                            Flözen mit Mächtigkeiten von bis zu vier Metern. Auch der Mitte der 1980er Jahre
                            aufgefahrene Förderberg und der Bau der neuen Leitwarte im Jahr 2010 bewiesen
                            unseren besonderen Innovationswillen. Mitarbeiterorientierte Verbesserungspro-
                            gramme machten unsere Arbeitsabläufe sicherer und leistungsfähiger. Wir feierten     Jürgen Kroker,
                            stets gemeinsame Erfolge, sei es der Direktumzug der Gruppe-C-Schilde oder           Direktor des Bergwerks Prosper-Haniel

                            Liebe Kolleginnen und Kollegen,
                                                                    mit dem Bergbau zog der Wohlstand in die     Menschen werden das Unternehmen verlassen, um sich beruflich neu zu orientie-
                                                                    Region ein. 1965 erreichte die Beschäftig-   ren. Allen Betroffenen wünsche ich im Namen des Betriebsrats des Bergwerks
                                                                    tenzahl auf unserem Bergwerk mit über        Prosper-Haniel eine erfolgreiche berufliche Zukunft. Die Schließung des Bergwerks
                                                                    20.000 ihren Höchststand. Nun wird           betrifft jedoch nicht nur uns Bergleute, sondern die gesamte Region. Die Wirt-
                                                                    Prosper-Haniel geschlossen. Damit geht       schaftskraft wird nicht mehr in dem bisher bekannten Maße vorhanden sein.
                                                                    eine große industrielle Tradition zu Ende.   Zudem verliert die Region einen ihrer größten Ausbildungsbetriebe.
                                                                    Eine Ära, die Land und Leute auf ewig          Der Betriebsrat des Bergwerks Prosper-Haniel bedankt sich bei der gesamten
FOTO: DETLEV LINDENBAUM

                                                                    geprägt hat. Und in der die Motivation und   Mannschaft: Ihr alle habt zum Erfolg des Bergwerks beigetragen. Und wir be-
                                                                    Leistungsbereitschaft der Bergleute dazu     danken uns bei all den Mitstreitern, die uns Bergleute immer unterstützt haben –
                                                                    beigetragen haben, die Energieversorgung     den Bundes-, Landes- und Kommunalpolitikern, den Kirchen und Verbänden
                                                                    des Landes dauerhaft zu sichern. Wir gehen   sowie den Bürgern in unserer Region.
                                                                    mit Wehmut, aber auch mit Stolz.
                                                                       Für die Zukunft des deutschen Steinkoh-   Euch allen ein herzliches Glückauf!
                            lenbergbaus gab es jahrzehntelang viele Herausforderungen zu meistern. Häufig
                            traf die Politik Vereinbarungen mit dem Bergbau, die sie später wieder infrage
                            stellte. 2007 wurde im Rahmen der kohlepolitischen Vereinbarung der Ausstieg aus
                            dem deutschen Steinkohlenbergbau und damit auch die Stilllegung von Prosper-
                            Haniel beschlossen. Diese politische Entscheidung haben wir zu akzeptieren – auch    Sandro Atzori,
                            wenn sie für die meisten Beschäftigten einen tiefen Einschnitt bedeutet. Viele       Betriebsratsvorsitzender des Bergwerks Prosper-Haniel
Steinkohle - RAG Aktiengesellschaft
4     Geschi chte                                                                                                                              Steinkohle P r o s p e r - H a n i e l

Pioniere: die Belegschaft des Bergwerks Prosper I in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

160 Jahre Bergbau in Bottrop
Vom Abteufen des ersten Schachts bis zur endgültigen Stilllegung: die bewegte Historie von Prosper-Haniel

D
       er Beginn des heutigen Bergwerks                                        bereitungsanlage. Schon seit 1861 war das         Gesellschaft in den Wohnungsbau. Die Kolo-
       Prosper-Haniel datiert auf das Jahr                                     Bergwerk an die Köln-Mindener Eisenbahn           nien Engelbert in Batenbrock, Lehmkuhle
       1856, als sich namhafte Familien wie                                    angeschlossen.                                    und Ebel stammen aus dieser Zeit. Bis 1900
Waldhausen, Morian, Hammacher, Haniel                                             Das Geschäft mit der Kohle lief so gut, dass   wuchs die Bevölkerung Bottrops auf rund
und Huyssen zusammenfanden und das                                             die Arenberg-Gesellschaft ihren Besitz auf        25.000 Menschen an, zehn Jahre später hatte
erste Grubenfeld in der Nähe von Osterfeld                                     einen Großteil der Kohlenvorräte unter dem        sie sich noch einmal verdoppelt. Zwischen-
Prosper nannten. Die im selben Jahr gegrün-                                    Ortsgebiet von Bottrop ausdehnte und zu           zeitlich arbeitete jeder vierte Bottroper auf
dete Arenberg’sche Actien-Gesellschaft für                                     einem einheitlichen Grubenfeld Prosper            einer der Prosper-Zechen.
Bergbau und Hüttenbetrieb erwarb weitere                                       arrondierte. Dazu begann sie 1871 nahe dem
Felder, und noch im selben Jahr begann bei                                     Bottroper Ortskern mit dem Bau einer neuen        Eigener Hafen im Betrieb
Ebel das Abteufen eines Schachts, der eben-                                    Schachtanlage Prosper II und schloss mit dem      Im Jubiläumsjahr 1906 wurde in Eigen, nörd-
falls den Namen Prosper trug.                                                  Tieferteufen des ersten Schachts zwei weitere     lich von Bottrop, Schacht 6 abgeteuft. Die
    Ähnlich wie bei anderen Schachtanlagen,                                    Abbausohlen auf. Kurz darauf entstand auf         Zahl der Prosper-Zechen erhöhte sich damit
bei denen die Kohle vergleichsweise tief lag,                                  Prosper II ein massiver Malakoffturm als För-     auf drei. Mit Arenberg-Fortsetzung in Baten-
erwiesen sich die Teufarbeiten als schwierig:        »Mit dem                  deranlage, der in der Folge zwar mehrfach         brock entstand bis 1912 sogar noch eine wei-
Erst 1860 erreichten die Schachthauer in                                       um- und ausgebaut wurde, doch bis heute das       tere Doppelschachtanlage. Auf den nunmehr
einer Teufe von knapp 176 Metern das Stein-          Bergbau                   Bild der Schachtanlage prägt. 1890 ging dort      vier Zechen Prosper I bis III – von 1908 bis
kohlengebirge. 1863 startete der reguläre            gelang der                ebenfalls eine Kokerei in Betrieb. Kurz darauf    1911 um Schacht 7 erweitert – und Aren-
Betrieb. 315 Mitarbeiter förderten zunächst                                    bekamen die Zechen insgesamt drei neue            berg-Fortsetzung förderten mehr als 10.000
knapp 60.000 Tonnen Kohle. In den Gruben-
                                                     Region der                Schächte – Schacht 3 auf Prosper II sowie die     Bergleute insgesamt mehr als zwei Millionen
feldern standen große Mengen hochwertige             Aufstieg zur              Schächte 4 und 5 auf Prosper I.                   Tonnen Kohle jährlich. Nach dem Bau des
Fettkohle zur Verfügung, so dass die Gesell-         Metropole                    Im ländlich geprägten Bottroper Raum litt
                                                                               das Bergwerksunternehmen unter Arbeits-
                                                                                                                                 Rhein-Herne-Kanals nahm das Bergwerk
schaft auf dem Gelände der Schachtanlage                                                                                         Prosper I einen eigenen Hafen in Betrieb. Es
1864 eine Kokerei baute. Für die Kohlen, die         Ruhr.«                    kräftemangel. Es warb daher Bergleute aus         gehörte damit zur Gruppe der „nassen“
nicht zu Koks weiterverarbeitet wurden,              Dr. Jürgen Rupp,          Oberschlesien an, vor allem aus den Städten       Zechen, die einen Wasseranschluss vor der
errichtete sie im Jahr 1867 eine eigene Auf-         RAG-Vorstandsmitglied     Ratibor und Rybnik. Später investierte die        Haustür besaßen. Der Erste Weltkrieg brachte
Steinkohle - RAG Aktiengesellschaft
P r o s p e r - H a n i e l Steinkohle                                                                                                              Geschichte         5

                                                                                                                                                                  Januar 1902: Der neue Schacht 5 auf dem Bergwerk Prosper I
                                                                                                                                                                  erstrahlt und wird abgeteuft.
FOTOS: HISTORISCHE GESELLSCHAFT BOTTROP, STADTARCHIV BOTTROP

                                                               Zeigen sich stolz auf das Bergwerk in Bottrop: Einige Bergmänner posieren Mitte der 1870er Jahre   Franz Haniel teilweise zerstört: Im September 1925 brachen
                                                               vor den Tagesanlagen der Zeche Prosper I, wo hochwertige Fettkohlen zur Verfügung standen.         Tübbingelemente im Schacht 2 der neu angelegten Zeche zusammen.

                                                               einen Verlust an Arbeitskräften. Die Männer                                krise 1930 erzwang vorübergehend die Still-     krieg verhinderte die Aufnahme des Förder-
                                                               zogen in den Krieg oder wechselten in die                                  legung der Zeche Arenberg-Fortsetzung.          betriebs.
                                                               Rüstungsindustrie. Über Tage nahmen                                        Parallel zum Aufstieg der Zeche Prosper baute      Auf den Prosper-Zechen führten die sich
                                                               Frauen und Jugendliche, unter Tage französi-                               das Oberhausener Montanunternehmen Gute-        erholende Wirtschaft und die Rüstungspolitik
                                                               sche Zwangsarbeiter ihren Platz ein. Direkt                                hoffnungshütte (GHH) seine Kohlenbasis aus      in den 1930er Jahren zur Mehrförderung und
                                                               nach dem Krieg behinderten Streiks und poli-                               und nahm 1913 die Doppelschachtanlage           Modernisierung von Förderwagen, Gruben-
                                                               tische Unruhen den geregelten Betrieb. Trotz                               Jacobi in Betrieb. Nach dem Krieg plante die    loks und Zentralkokerei. Nach Kriegsbeginn
                                                               der schwierigen Zeiten investierte die Aren-                               GHH eine weitere Schachtanlage im Gruben-       fehlten erneut Arbeitskräfte. Vor allem junge
                                                               berg-AG weiter. Zwischen 1917 und 1920                                     feld Neu-Oberhausen, die den Namen des          und leistungsfähige Bergleute wurden ein-
                                                               entstand auf Prosper II mit Schacht 8 ein                                  1916 verstorbenen langjährigen Aufsichtsrats-   gezogen. Ab 1940 ersetzten ausländische
                                                               zentraler Förderschacht.                                                   vorsitzenden Franz Haniel erhielt.              Zivilarbeiter, Kriegsgefangene und Zwangs-
                                                                   Wenig später begann die Modernisierung                                                                                 arbeiter – darunter auch Frauen für den
                                                               des Grubenbetriebs: Die Bergleute tauschten                                Schachtgerüst bricht zusammen                   Über-Tage-Betrieb – die einberufenen Berg-
                                                               ihre Keilhauen gegen druckluftbetriebene                                   Ab 1921 wurden zwei Schächte abgeteuft, ein     leute.
                                                               Abbauhämmer ein, Schrämmaschinen kamen                                     Durchschlag zur benachbarten Schacht-              Schon ab 1941 setzte der Bombenkrieg den
                                                               zum Einsatz, und Schüttelrutschen dominier-                                anlage Jacobi entstand. Am 25. September        Bergwerken zu, die mittlerweile der Rhein-
                                                               ten die Abbauförderung. Ein bis 1926 errich-                               1925 brachen in Schacht 2 in 75 Meter Teufe     stahl gehörten. Dennoch konnte der Betrieb
                                                               tetes zentrales Kraftwerk auf Prosper II lieferte                          die Tübbingelemente. Wasser und Schwimm-        bis 1944 aufrechterhalten werden. 1945 zer-
                                                               die dafür nötige Energie. Die ab 1927 erbaute                              sand drangen ein und ließen Schachtsäule        störten Angriffe das Verwaltungsgebäude auf
                                                               Zentralkokerei in Welheim ersetzte kurz                                    samt Schachtgerüst zusammenbrechen und          Prosper I. Zudem beschädigten sie die Anla-
                                                               darauf die überholten dezentralen Anlagen.                                 in den Schachttrichter stürzen. Das Unter-      gen auf Prosper II, die Zentralkokerei und die
                                                                   Auch andere zentrale Dienste wie Werkstatt                             nehmen kam vorerst zum Erliegen. Die            Zentralwerkstatt. Die Kokerei stellte den
                                                               und Grubenwehr wurden zusammengefasst.                                     Weltwirtschaftskrise verzögerte die Wieder-     Betrieb ein, auf Prosper I/II kam die Kohlen-
                                                               Zudem wurde Prosper I als selbstständiger                                  aufwältigung bis 1936, als beide Schächte bis   förderung zum Erliegen. Als die alliierten
                                                               Förderstandort 1929 aufgegeben und mit                                     600 Meter abgeteuft und Über-Tage-Anla-         Streitkräfte im März Bottrop erreichten,
                                                               Prosper II verbunden. Die Weltwirtschafts-                                 gen errichtet wurden. Doch der Zweite Welt-     standen alle Zechen der Stadt still. Zwar
Steinkohle - RAG Aktiengesellschaft
6     Geschi chte                                                                                                                                Steinkohle P r o s p e r - H a n i e l

Unter Tage: Bergmänner tauschen sich bei ihrer gemeinsamen, wohl-
verdienten Pause aus und kommen nach getaner Arbeit zur Ruhe.

Leistungsbereit und mit viel Engagement: Die Mitarbeiter des Berg-       Im modernen Walzenbetrieb: Die Bauhöhen von Flöz Zollverein boten
werks Prosper-Haniel zeigten sich stets hoch motiviert bei der Arbeit.   Mächtigkeiten von bis zu vier Metern, die spezieller Gruppe-C-Schilde bedurften.

verordnete die Militärregierung bereits am           in Betrieb gehen. Bis 1957 erhielt das nach                                 per IV sowie für weitere Rationalisierungen,
7. April die Wiederaufnahme der Förderung            Umstrukturierungen mittlerweile der Hüt-                                    etwa den Einsatz von Continuous Minern
auf der weniger beschädigten Anlage Prosper          tenwerke Oberhausen AG (HOAG) gehö-                                         oder Schildausbau. Es erfolgten Investitionen
III. Doch an eine schnelle Rückkehr zur Voll-        rende Bergwerk moderne Tagesanlagen, die                                    in Kraftwerke zur Kohleverstromung. Noch
auslastung war kaum zu denken. Es fehlte an          sich vergleichsweise harmonisch in die noch                                 bis in die ersten Krisenzeiten fehlte es den
Material, Personal und Transportmöglichkei-          weitgehend unberührte Umgebung einfügten.                                   Bergwerken an Arbeitskräften. In ganz
ten. So ging auch Prosper I/II einige Monate         Schon zeichnete sich ab, dass sich die im                                   Deutschland warben die Bergwerksbetreiber
später nur eingeschränkt in Betrieb.                 Süden und unter der Stadt Bottrop liegenden                                 Mitarbeiter an. Gastarbeiter aus Südeuropa
    Anfang der 1950er Jahre arbeiteten auf den       Kohlenvorräte für die benötigten Förder-                                    und aus der Türkei kamen im Laufe der Zeit
Prosper-Zechen wieder mehr als 12.000 Berg-          mengen auf Prosper I/II und Prosper III auf                                 hinzu. Gemeinsam mit der Stadt Bottrop
leute. Es bestand Nachholbedarf in der unter-        Dauer erschöpften. Rheinstahl erwarb 1957                                   investierten die Bergwerksgesellschaften
tägigen Aus- und Vorrichtung, die aufgrund           deshalb das sich im Norden anschließende                                    erneut in den Wohnungsbau. Überall ent-
der Kriegsproduktion vernachlässigt worden           Nordlicht-Feld West und begann mit dessen                                   standen neue Wohnblocks, Siedlungen und
war. Außerdem kam es zu einem Moderni-               Erschließung. Bis 1960 wurde Schacht 9 der                                  Wohnheime.
sierungsschub: Panzerförderer ersetzten              Prosper IV getauften neuen Anlage abgeteuft.                                   Im Jahr 1968 führte die Kohlekrise zur Bil-
Bremsförderer und Schüttelrutschen, Schräm-             Bau und Inbetriebnahme neuer Schacht-                                    dung der Ruhrkohle AG, der auch die HOAG
maschinen und Kohlenhobel lösten die                 anlagen fielen mit einem starken Absatzein-       »Prosper-                 und nach einigem Zögern Rheinstahl beitra-
Abbauhämmer ab, Stahlstempel verdrängten             bruch zusammen. Das Erdöl trat den Sieges-        Haniel steht              ten. Fortan sollten nicht mehr wahllos Zechen
den Holzausbau.                                      zug an, hinzu kam billige Importkohle. Es                                   geschlossen werden. Die Einheitsgesellschaft
                                                     türmten sich die Kohlen- und Kokshalden,          für moderne               sollte die Steuerung übernehmen. Das brachte
Erschließung weiterer Gebiete                        Feierschichten drosselten die Produktion,         Technik und               für die Bottroper Bergwerke weitere Zusam-
Wiederauf bau und „Wirtschaftswunder“                Großschachtanlagen wurden stillgelegt.            effiziente                menschlüsse: Das Bergwerk Franz Haniel war
befeuerten in dieser Zeit den Kohlenhunger,             Für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher                                   bereits 1965 mit Jacobi in einen Verbund
die Zechenwirtschaft blühte. Auf Prosper             Steinkohle bedurfte es moderner, rational         Prozesse.«                überführt worden. Auf Prosper II wurde
stiegen die Förderzahlen, und 1952 konnte            produzierender Zechen. Das lieferte gute          Dr. Jürgen Rupp,          Schacht 8 zu einem leistungsfähigen Zen-
endlich auch die Schachtanlage Franz Haniel          Argumente für die Anschlussanlage Pros-           RAG-Vorstandsmitglied     tralförderschacht ausgebaut, der Abbau von
Steinkohle - RAG Aktiengesellschaft
FOTOS: STADTARCHIV BOTTROP, DETLEV LINDENBAUM, RAG-ARCHIV
                                                            P r o s p e r - H a n i e l Steinkohle                                                                                                                 Geschichte         7

                                                            Vollständig modernisiert: Mitarbeiter des Bergwerks Prosper-Haniel wechseln den „stärksten Fördergurt der Welt”.

                                                            geologisch schwierigen Feldern eingestellt                                  konnte kaum mehr vergrößert, von der mitten       Pakt mit den Bürgern Bottrops: Der Bergbau
                                                            und in die höffigeren Felder im Norden verla-                               im Stadtgebiet gelegenen Anlage Prosper III       sicherte nicht nur weiterhin Arbeitsplätze, er
                                                            gert. 1973/74 wurde das Feld Franz Haniel mit                               nur wenig Bergematerial abgefahren werden.        nahm auch Rücksicht auf das gestiegene
                                                            Prosper III und Prosper IV verbunden und                                    Mit dem Bau eines Förderbergs löste die Ruhr-     Bedürfnis nach weniger Lärm und Verkehr.
                                                            die Schachtanlage stillgelegt. Ein Jahr später                              kohle AG Mitte der 1980er Jahre auf einen         Nicht zuletzt auch diesem Jahrhundertprojekt
                                                            endete die Kohlengewinnung auf dem                                          Schlag mehrere Probleme: Unter Bottrop-           verdankt das Bergwerk Prosper-Haniel, dass
                                                            Bergwerk Prosper II. Die Anlage blieb als För-                              Eigen setzte ein schräger, 3,6 Kilometer langer   die Stilllegung erst Ende 2018 erfolgt.
                                                            derstandort für das neu geschaffene Verbund-                                Schacht an und verband die 786-Meter-Sohle           Weitere Gründe für die lange Laufzeit: die
                                                            bergwerk Prosper-Haniel erhalten.                                           mit der vollständig modernisierten Aufberei-      vorausschauende Planung und die Abstim-
                                                               In der Folge baute die Ruhrkohle AG das                                  tungsanlage von Prosper II. Während die           mung der Vorhaben mit Bevölkerung, Politik
                                                            Bergwerk Prosper-Haniel zu einer ihrer                                      Rohkohle über das Oberband des „stärksten         und lokaler Wirtschaft. Im Zuge der seit den
                                                            modernsten Schachtanlagen aus. Das weitere                                  Fördergurts der Welt“ in die Aufbereitung         1990er Jahren verabschiedeten Rahmen-
                                                            Vordringen in die nördlichen Abbaufelder                                    gelangte, ging das Bergematerial über das         betriebspläne ließen die Verantwortlichen ein
                                                            erforderte einen neuen Wetterschacht, und                                   Unterband wieder zurück, wurde über den           planerisches Leitbild für den Abbaubereich
                                                            bis 1981 entstand in der Kirchheller Heide                                  modernisierten Schacht Haniel gehoben und         Kirchheller Heide/Hünxer Wald entwickeln,
                                                            Schacht 10 mit 1000 Meter Teufe. Beim letzten                               auf die dortige Halde verbracht.                  das verschiedene Interessen berücksichtigte
                                                            Schritt in die Tiefe zwischen 2004 und 2007                                                                                   und Entwicklungsmöglichkeiten im Bereich
                                                            sollte der Schacht noch einmal verlängert wer-                              Arbeitsplätze gesichert                           Freizeit und Erholung aufzeigte.
                                                            den: auf eine Endteufe von 1247 Metern.                                     Das in der Geschichte des Ruhrbergbaus ein-          Am 15. Dezember 2016 beendete die
                                                               Die Anlagen des Verbundbergwerks stie-                                   malige Projekt machte Prosper-Haniel zu           Mannschaft mit dem letzten Durchschlag in
                                                            ßen jedoch an Kapazitätsgrenzen: Die Kohle                                  einem der zukunftsfähigsten Bergwerke im          1240 Meter Teufe im Baufeld Haniel-West die
                                                            aus dem Nordfeld gelangte über einen vielfach                               Revier. Schon nach drei Jahren Betriebszeit       Vorleistung. Damit waren alle Kohlen, die bis
                                                            gebrochenen, insgesamt neun Kilometer                                       hatten sich die Investitionskosten von damals     zur Stilllegung des Bergwerks gefördert wer-
                                                            langen Förderweg zu den Förderstandorten                                    rund 120 Millionen D-Mark amortisiert. Die        den, erschlossen. Mit etwa 1400 Mitarbeitern
                                                            Prosper II und Prosper III, was personal- und                               umweltfreundliche, den Straßenverkehr ent-        erreichte das Bergwerk seine Zielförderung
                                                            materialintensiv war. Die Halde bei Prosper II                              lastende Bergeentsorgung schloss einen neuen      von 1,8 Millionen Tonnen Steinkohle.
Steinkohle - RAG Aktiengesellschaft
8     Mi tarbei ter                                                                                                                        Steinkohle P r o s p e r - H a n i e l

Verantwortung und Unterstützung
Das letzte Bergwerk im Ruhrgebiet schließt, doch mit einem starken Willen, viel Energie und einer hohen Leistungsbereitschaft

M
          it der Stilllegung des Bergwerks Pros-
          per-Haniel endet der Steinkohlen-
          bergbau im Ruhrgebiet. Beinahe täg-
lich verabschieden sich Mitarbeiter. Nur allzu
oft lässt sich dabei die eine oder andere Träne
nicht zurückhalten – zu groß sind die Ver-
bundenheit zwischen den Kumpeln und das
Gefühl der Zugehörigkeit zum Bottroper
Bergwerk. Aktuell arbeiten rund 1600 Men-
schen auf Prosper-Haniel. Noch im Septem-
ber 2017 lag die Zahl bei etwa 2200. So ver-
abschiedeten sich innerhalb eines Jahres rund
600 Mitarbeiter. Mehr als zwei Drittel sind
Alters- oder Arbeitsmarktabgänger. Hinzu
kommen die Auszubildenden, die ihre Aus-
bildung auf Prosper-Haniel Anfang des Jahres
2018 beendeten. Das Bergwerk leistete damit
seinen Beitrag zum sozialverträglichen Per-
sonalabbau im Steinkohlenbergbau. Vielfäl-
tige Angebote wie Berufsinformationsver-
anstaltungen oder individuelle Beratungen
durch Personalvermittler vor Ort eröffnen
Mitarbeitern, die ihren Vorruhestand nicht
erreichen können, neue Zukunftsperspekti-
ven. Niemand soll ins Bergfreie fallen.

Hand in Hand zum Erfolg
Auch wenn der Bergbau zu Ende geht: Auf
dem Bergwerk herrscht nach wie vor reger
Betrieb. Beim diesjährigen Maigang mit dem
Ruhrbischof Dr. Franz-Josef Overbeck rund
um die Halde Schöttelheide bekundete Werks-
leiter Jürgen Kroker seinen Stolz auf die Mann-
schaft: „Im Auslaufjahr ist ihre Motivation
und Leistungsbereitschaft ungetrübt, alle stel-
len sich mit unverkennbarem Engagement
ihren Aufgaben. Nur durch genau diesen Ein-
satz erreichen wir unsere Bergwerksziele.“
    Das außerordentliche Engagement der
Mitarbeiter zeigt sich auf vielen Ebenen –
sei es in den Unter- und Über-Tage-Betrie-
ben, in der Verwaltung, bei den umfassenden
Kommunikationsmaßnahmen oder in den
Lean-Arbeitsgruppen, die für einen reibungs-
losen Arbeitsablauf auf Prosper-Haniel sor-
gen. Zahlreiche Mitarbeiter beteiligen sich in
den Gruppen, finden Verbesserungsmög-
lichkeiten und setzen diese auch um. Alle
Beschäftigten – ob von der RAG oder von den
Partnerfirmen – ziehen im Auslaufjahr an
einem Strang und unterstützen sich gegen-
seitig. Getreu dem Motto des Bergwerks             zudem die Gesundheitsvorsorge, die unter         Sportabzeichen zu erwerben. Eine Chance,
„Hand in Hand zum Erfolg“.                         anderem mit zahlreichen Veranstaltungen          die zahlreiche Mitarbeiter nutzten. Zudem          »Ich bin sehr
    Auch der Arbeitsschutz kommt nicht zu          weiter intensiviert wurde. So fand unter dem     beteiligte sich die Belegschaft an der Aktion      stolz auf die
kurz. Im Gegenteil. Die Sicherheit der Berg-       Motto „Urlaubszeit gleich Unfallzeit“ in den     „Stadtradeln“, die alle Bottroper dazu aufrief,
leute nahm eine immer wichtigere Rolle ein.        Lichthöfen eine „Risiko raus“-Ausstellung        in Teams möglichst viele Radkilometer zu           gesamte
Das Bergwerk schickte Mitarbeiter zu Schu-         des Belegschaftsschutzes statt.                  sammeln. Die rund 100 Teilnehmer des Berg-         Mannschaft.«
lungen und entwickelte die Arbeitsmittel zur          Bei der Gesundheitsarbeit spielt auch Sport   werks erwiesen sich einmal mehr als die flei-
                                                                                                                                                       Bernd Beier,
steten Erhöhung der Sicherheit immer weiter.       eine wichtige Rolle. Das Bergwerk bot den        ßigsten Radler und belegten mit über 31.000
                                                                                                                                                       Personaldirektor
Ein nach wie vor wichtiges Thema bildet            Beschäftigten unter anderem an, das Deutsche     Radkilometern erneut den ersten Platz. „Ich
Steinkohle - RAG Aktiengesellschaft
P r o s p e r - H a n i e l Steinkohle                                                                                                                 Mitarbeiter          9

für die Belegschaft
meistern alle Mitarbeiter gemeinsam auch die letzten Ziele.

                                                                                                                                                                                    FOTO: JEANNY SCHREIBER

                                                                                                                                                           Zeigen sich stolz
                                                                                                                                                           auf ihre Leistung:
    bin sehr stolz auf die geradelten Kilometer          sich mit der Hilfe des Bergwerks noch außer-    Als Sinnbild für diese gelebte Gemeinschaft       die Mitarbeiter
    und den Teamgeist von jedem einzelnen Teil-          halb des Unternehmens einen neuen Job           erwies sich die Abendveranstaltung für die        des Bergwerks
    nehmer“, betont Bernd Beier, Betriebsdirektor        suchen müssen. Nicht zuletzt: Wer in den Vor-   Belegschaft am Tag der offenen Tür. Zahl-         Prosper-Haniel.
    für Personal- und Sozialfragen. Dieser Team-         ruhestand wechseln kann, findet sich in einer   reiche Mitarbeiter kamen zusammen, um
    geist prägt darüber hinaus das gesamte Berg-         völlig neuen Lebenssituation wieder. „Den-      gemeinsam zu feiern und alte Geschichten
    werk. Das Bergwerk befindet sich jetzt an der        noch stehen die Kollegen wie ein Mann hinter    aufleben zu lassen. Viele Gelegenheiten dazu
    Schwelle eines Umbruchs, der jeden Mitarbei-         den Bergwerkszielen und sind stolz auf das,     gibt es zwar nicht mehr, doch zeigt sich gerade
    ter treffen wird. Sei es, weil viele Kollegen noch   was sie gemeinsam leisten. Und ich bin stolz    in solchen Momenten, wie stark die Gemein-
    einmal verlegt werden müssen, sei es, weil viele     auf die Mannschaft“, betont Beier.              schaft auf Prosper-Haniel nach wie vor ist.
Steinkohle - RAG Aktiengesellschaft
10    S tadtentwi cklung                                                                                                                   Steinkohle P r o s p e r - H a n i e l

                                                                      Die Zeche Prosper III im Jahr 1923:
                                                                    Mit dem Ausbau der Steinkohlenförderung
                                                                    wuchs auch die Stadt Bottrop. Zahlreiche
                                                                   Bergleute siedelten sich mit ihren Familien im
                                                                         direkten Umfeld der Zechen an.

Wegbereiter des Fortschritts
Der Steinkohlenbergbau entwickelte Bottrop zu einer modernen Großstadt mit wertvollen Naherholungsgebieten.

D
       er Steinkohlenbergbau gilt ab dem             Die Vielfalt an Nationen nahm zu, denn dem                               führte. Doch nicht nur Industrie und Stadt
       18. Jahrhundert als Basis der Indus-          außerordentlichen Zuwachs an Schachtanla-                                entwickelten sich.
       trialisierung und seit dem 19. Jahr-          gen folgte der Zuzug von neuen Arbeitskräf-                                  Bis zum Beginn der Industrialisierung
hundert als Grundlage für die Ausbildung             ten. Die ersten Zuwanderer kamen aus den                                 war die Kirchheller Heide ein Auenwald mit
moderner Gesellschaftsformen. Er förderte            Niederlanden. Es folgten polnische Arbeiter,
                                                                                                         »Bottrop ver-        einem hohen Anteil an Erlen. Mit der Ent-
Wohlstand, Technik, Wissenschaft, Bildung,           die in eigens errichteten Menagen eine Unter-       dankt seine          wicklung der Industrie an Rhein und Ruhr
Soziales und Kultur – auch in Bottrop.               kunft fanden. In Bottrop lebten im Jahre 1900                            begann die extensive Nutzung: Holz wurde
    Bottrop ist seit über 160 Jahren mit dem Berg-   bereits 25.000 Einwohner, davon knapp
                                                                                                         Entstehung           für die Industriebetriebe geschlagen – und
bau verknüpft. Die Stadt verdankt ihre Entste-       60 Prozent mit polnischer Herkunft. Ende des        dem Stein-           um Platz für Schafe zu schaffen: Das wach-
hung dem Steinkohlenbergbau und entwickelte          Ersten Weltkriegs galt Bottrop mit 72.000           kohlenberg-          sende Ruhrgebiet brauchte Wolle, um seine
sich von einem 4000-Einwohner-Dorf, das vor-         Einwohnern als „größtes Dorf “ Preußens,                                 Arbeiter mit Kleidung zu versorgen.
rangig von der Landwirtschaft lebte, zu einer        erhielt die seit längerem angestrebten Stadt-       bau.«                    1974 trat der heutige Regionalverband
120.000 Einwohner zählenden Industriestadt.          rechte und wurde anderthalb Jahre später zur        Dr. Michael          Ruhr (RVR) an, um in der Heide wieder
    Aufgrund der hohen Förderung in den              kreisfreien Stadt.                                  Farrenkopf, Leiter   naturnahe Laubwälder wachsen zu lassen.
1860er Jahren errichtete Bottrop zur Aufbe-             Im Umfeld der Zechen entstanden die              Montanhistorisches   Mitgestalter in der Heide blieben aber der
reitung und Veredelung eine Kohlenwäsche             charakteristischen Zechenkolonien. Trotz            Dokumentations-      Tagebau mit seinen Kiesgruben (eine davon
und eine Kokerei mit 72 Öfen. Der markante           der Kohlekrise in den 1960er Jahren besann          zentrum              ist heute der Heidesee) und die Prosper-
Malakoffturm an der Knappenstraße führte             sich Bottrop stets auf die Kohle als heimi-                              Zechen, die seit 1957 das Grubenfeld Nord-
ab 1875 zu einem Wachstumsschub bei der              schen Energierohstoff, was zum Bau des                                   licht unter Grafenwald und Kirchhellen
Kohlenförderung.                                     Schachts 10 1975 in Bottrop-Kirchhellen                                  erschlossen.
P r o s p e r - H a n i e l Steinkohle                                                                                                                                                                                                  Stadtentwicklung               11

                                                                                                                                                                                                                                                 Pulsierendes Leben
                                                                                                                                                                                                                                                 in der Innenstadt:
                                                                                                                                                                                                                                                 Heute zählt Bottrop
                                                                                                                                                                                                                                                 rund 120.000
                                                                                                                                                                                                                                                 Einwohner.

                                Heidesee: Die ehemalige                                                                                                                                          Der Heidhof
                                Kiesgrube entwickelte
                                sich zu einem Lebensraum                                                                                                                                         Auch der Heidhof ist ein Stück Industriegeschichte. Er wurde
                                für Pflanzen und Tiere.                                                                                                                                           gegründet vom Duisburger Zweig der Industriellenfamilie Grillo.
                                                                                                                                                                                                 Die Brüder Friedrich (1825 bis 1888) und Wilhelm Grillo (1819
                                                                                                                                                                                                  bis 1889) gehörten zu den Industriebaronen in der sogenannten
                                                                                                                                                                                                 Gründerzeit des Ruhrgebiets. 1908 erwarb die Familie eine Jagdpacht
                                                                                                                                                                                                 in der Kirchheller Heide und ließ dort eine Villa im englischen
                                                                                                                                                                                                 Landhausstil errichten. 1920 kam ein Gutsbetrieb hinzu, der aber
                                                                                                                                                                                                 in den 1950er Jahren wieder aufgegeben wurde. Danach nutzten
                                                                                                                                                                                                 Segelflieger vom nahe gelegenen Flugplatz Schwarze Heide die Villa.
                                                                                                                                                                                                 1973 übernahm der Vorgänger des Regionalverbands Ruhr, der
                                                                                                                                                                                                 damalige KVR, Schloss, Gutshof und Wald mit einer Gesamtfläche
                                                                                                                                                                                                 vom 2000 Hektar. Für das immer baufälligere Schloss fand sich keine
                                                                                                                                                                                                 passende Verwendung. So wurde es Ende 1981 abgerissen.
                                                                                                                                                                                                     Heute ist der Heidhof Forst- und Pflegestützpunkt der Regional-
                                                                                                                                                                                                 verbands-Tochter RVR Ruhr Grün, ein umweltpädagogisches
                                                                                                                                                                                                 Aus- und Fortbildungszentrum sowie ein attraktives Ausflugsziel
                                                                                                                                                                                                 mit Waldspielplatz und Pferdestation.

                                                                                                                                           Naturvielfalt: Am Elsbachsee sind Rotfeder, Schleie
                                                                                                                                           und Hecht ebenso heimisch geworden wie Frösche
                                                                                                                                           und Insektenarten. Auch der Eisvogel jagt dort.
                                                   FOTOS: KAI SÜSELBECK, PRESSESTELLE STADT BOTTROP (2), AKPOOL GMBH ALL RIGHTS RESERVED

Die damit verbundenen Bergsenkungen schu-
fen ab 2001 den Schwarzbach- und den Els-
bachsee. Die RAG baute einen Damm über
den Elsbachsee und stellte die Wegeverbin-
dung zwischen Heidhof und Grafenmühle
über den Koppelweg wieder her.
   Die Planer rechneten ein, dass die Heide
sich auch nach dem Ende des Bergbaus noch
weiter senken wird. „Diese Senkung können
wir am Elsbachsee beobachten“, sagt Werner
Meemken, Revierleiter der RVR-Tochter
Ruhr Grün und oberster Förster der Kirch-
heller Heide. „Auf der nördlichen Seite des
Damms arbeitet sich das Wasser weiter vor –
und das trotz der extremen Trockenheit die-
ses Sommers.“ Derzeit lägen die Senkungen
ziemlich genau im Bereich der Vorhersagen.
Meemkens Prognose für die nahe Zukunft:
„Die großen Senkungen sollten Ende 2019
durch sein.“
12    Bott roper Ikonen                                                                                                                   Steinkohle P r o s p e r - H a n i e l

Zwei Männer schreiben Geschichte
Wie der „Eiserne Hugo” und der „Vater des Förderbergs” den Bottroper Bergbau voranbrachten

M
          it der Ausstellung „Über Tage – Unter
          Tage“ blickt das Stadtarchiv Bottrop
          zurück auf 200 Jahre Bergbau.
Dabei würdigt sie auch die Lebensleistung
von Hugo Reckmann (1880 bis 1963). Der
„Eiserne Hugo“ war über Jahrzehnte Berg-
werksdirektor, erst bei Arenberg, dann bei
Rheinstahl. „Die schwerste Zeit in der
Geschichte von Arenberg und Rheinstahl war
seine Zeit“, sagt sein Enkel Eberhard Bock im
Rückblick auf zwei Weltkriege, die Ruhr-
besetzung 1923, die Weltwirtschaftskrise
1930 und die NS-Herrschaft.
    Hugo Reckmann heuerte nach dem Abitur
1899 auf Graf Moltke in Gladbeck an, stu-
dierte Bergbau in Freiberg und Berlin und                                                                                                             Jahrzehntelang
wurde Beamter beim Bergamt in Duisburg.                                                                                                               Bergwerksdirektor:
1909 ging er als stellvertretender Direktor zu                                                                                                        Hugo Reckmann
Arenberg. Zehn Jahre später wurde er Chef                                                                                                             (vorn) an seinem
der Arenberg’schen Actien-Gesellschaft, 1922                                                                                                          75. Geburtstag.
Vorstandsmitglied der Rheinischen Stahl-
werke Essen (Rheinstahl) und 1945 schließ-
lich Generaldirektor von Rheinstahl – eine         sein soziales Engagement erhielt er im Jahr
Position, die er bis zu seinem Ruhestand im        1952 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.
Jahr 1953 bekleidete.                              1953 wurde er Bottroper Ehrenbürger. Zu
    Reckmanns Verdienste sind vielfältig. Er       Recht, wie Bock findet: „Dieser Mann hat
ließ nicht nur die Zeche Arenberg-Fortset-         erheblich zur wirtschaftlichen Entwicklung
zung mit den Prosper-Zechen und dem Hafen          Bottrops beigetragen und Bergbaugeschichte
verbinden, sondern stritt in den 1920er Jahren     geschrieben.“
auch erfolgreich für den Bau einer zentralen
Kokerei, die ab 1928 die veralteten Kokereien      Der erste Direktor von Prosper-Haniel
an den einzelnen Zechenstandorten ersetzte.        Auch Hanns Ketteler (1930 bis 2009) hat sich
Reckmanns Idee: möglichst viel Bergbau             um den Bottroper Bergbau verdient gemacht.
am Standort Prosper II bündeln. „Mit Zeche,        41 Jahre stand er im Dienst der Steinkohle,
Kokerei, Zentralwerkstatt und Benzolfabrik         31 davon als Prosperaner. 1961 stieg der Berg-
wurde ein gewaltiger bergbaulicher Schwer-         assessor als Reviersteiger auf Prosper II ein.
punkt gebildet, der die Zukunft von Arenberg       1968 wurde er Direktionsassistent, 1970

                                                                                                                                                                                   FOTOS: FRIEDHELM WESSEL
und später Rheinstahl sicherte“, sagt Bock.        Bergwerksdirektor auf Prosper II und 1974
Zu einer Legende für „seine“ Kumpel avan-          erster Direktor des neu entstandenen Ver-
cierte Reckmann schon 1921. Damals verwei-         bundbergwerks Prosper-Haniel. Ketteler
gerte er die Kohlenlieferungen an die Sieger-      sammelte in seiner Karriere zahlreiche
mächte des Ersten Weltkriegs und wurde             Ehrentitel. Der wichtigste davon: „Vater des
prompt verhaftet. In den vier Folgejahren          Förderbergs“. Ohne den weltweit einzigarti-
leitete er den Betrieb aus der Ferne – per Tele-   gen Schrägschacht hätte Prosper II wohl nicht    Spatenstich
fon und Boten.                                     so lange existiert.                              Schacht 10:
    Ab 1930 kamen besonders schwere Zeiten:           Die Schilde, die heute noch auf dem           Bergwerksdirektor      damaligen Bundesrepublik mit einer Part-
die Weltwirtschaftskrise mit der Schließung        Gelände von Prosper II zu sehen sind, holte      Hanns Ketteler         nerstadt in Ungarn.
der Musterzeche Arenberg-Fortsetzung, die          Ketteler ebenfalls nach Bottrop – aus Ungarn.    (rechts) mit Ernst         Seine letzte Schicht verfuhr Ketteler am
Machtübernahme der Nationalsozialisten             Zur damaligen Zeit eine unerhörte Idee,          Wilczok, Oberbürger-   22. Dezember 1992. Tief unter Kirchhellen
und der Zweite Weltkrieg. Im Jahr 1944 wur-        immerhin gehörte das Land zum Warschauer         meister von Bottrop,   verabschiedete er sich von „seinen“ Jungs. Die
den Prosper II und die Kokerei von Flieger-        Pakt. Doch Ketteler kümmerte das nicht. Ab       im Dezember 1976.      stellte er auch am Nachmittag, als ihm im
bomben getroffen, im Februar 1945 starb            Ende der 1970er Jahre pflegten er und sein                              Bottroper Saalbau ein großer Bahnhof beschert
Reckmanns Ehefrau Alice in den Trümmern            Kollege in der ungarischen Bergbaustadt                                 wurde, in den Mittelpunkt: „Ich habe auf
der Prosper-Hauptverwaltung. Erst 1953             Veszprém Ferenc Pera zunächst fachmänni-                                Prosper-Haniel stets eine tolle Mannschaft
erfuhr Reckmann, dass sein Sohn acht Jahre         sche und dann freundschaftliche Beziehungen.                            gehabt.“ Nach seiner Pensionierung ging Ket-
zuvor gefallen war. Die Zerstörung der                Bei einer Geburtstagsfeier entstand die                              teler auf Bitten der Treuhand in die neuen Bun-
Betriebe, der Verlust von Ehefrau, Sohn, Haus      Idee, eine Städtepartnerschaft aufzubauen.                              desländer. Als er am 3. April 2009 starb, setzten
und Habe – ein hartes Kriegsschicksal.             1986, als unter Prosper II der Schrägschacht                            ihm „seine“ Kumpel ein letztes Denkmal. Das
    Nach dem Zweiten Weltkrieg betrieb Reck-       in Betrieb ging, bekam der Plan auch öffent-                            Grab des ehemaligen Bergwerksdirektors auf
mann als Generaldirektor den Wiederaufbau          liche Unterstützung. So wurde Bottrop am                                dem Parkfriedhof ist leicht zu finden: einfach
von Rheinstahl. Für seine Lebensleistung und       15. Oktober 1987 die erste Großstadt der                                immer der großen Grubenlampe nach.
P r o s p e r - H a n i e l Steinkohle                                                                                                           Nachbarschaft             13

                                                                                                                                                                   Nachhaltige Lösung: Im Rahmen des Boye-
                                                                                                                                                                   Konzepts sorgte das Bergwerk für den Ausbau
                                                                                                                                                                   des Gewässers zur Regulierung der Vorflut.
FOTOS: HELMUT EISERMANN, RAG-ARCHIV

                                      Vielfältiger Einsatz: Markscheider Joachim Bock (3. von rechts) übergab Schulleiter Peter Pawliczek (4. von rechts) nach     Bereicherung für die Region: Der Biber fand
                                      erfolgreichem Abschluss der Hebungs- und Sanierungsarbeiten symbolisch den Schlüssel für die wiedereröffnete Gregorschule.   im Schwarzbachtal ein neues Zuhause.

                       Engagement für die Region
                                      Ob Kompensationsflächen oder die Hebung einer Schule: Prosper-Haniel übernahm stets Verantwortung.

                          D
                                             as Bergwerk Prosper-Haniel war sich          der Tierwelt ein neues Zuhause. Neben                                    Den Wiesentalbach verlegten die Projektver-
                                             seiner besonderen Verantwortung für          Brutvögeln wurde auch der Biber in der                                   antwortlichen in Richtung Boye. Darüber
                                             die Region stets bewusst. Mit viel           Kirchheller Heide heimisch. Zudem sind sie                               hinaus enthielt das Konzept den Bau eines
                                      Engagement kümmerte es sich um die                  Anlaufpunkte für Naturinteressierte.                                     Grund- und Regenwasserkanals in Grafen-
                                      Belange der Nachbarschaft und um Projekte,             Das sogenannte Boye-Konzept bündelte                                  wald.
                                      die die umliegende Natur oder die Stadt             die gewässerbaulichen Aktivitäten des Berg-
                                      Bottrop betrafen. Die Verbundenheit zwi-            werks rund um den zweitgrößten Nebenfluss                                Schieflage ausgeglichen
                                      schen dem Bergbau und der Region wuchs              der Emscher. Die Boye verläuft nördlich von                              Ein weiteres großes Nachbarschaftsprojekt
                                      mit den Jahren immer mehr. Dazu trug auch           Grafenwald im Bereich Holthausen. Zu                                     betraf die Gregorschule in Bottrop. Weil die
                                      die offene Kommunikation des Bergwerks              Beginn der 2000er Jahre störten zunehmende                               Schule aufgrund bergbaulicher Aktivitäten
                                      bei, die Bürgerinnen und Bürger umfassend           Bergsenkungen in dieser Region die Vorflut          »Seit Gene-          innerhalb von 50 Jahren in eine Schieflage
                                      über geplante Vorhaben informierte oder in
                                      Planungsprozesse einbezog.
                                                                                          der Fließgewässer. Um dem entgegenzuwir-
                                                                                          ken, erfolgte von 2006 bis 2010 der Ausbau
                                                                                                                                              rationen             geraten war, ließ die RAG das alte Schul-
                                                                                                                                                                   gebäude mit angrenzendem Torbogen und
                                          Verantwortung übernahm das Bergwerk             der Boye. Das Ziel: die Regulierung und der         wuchsen der          Hausmeistergebäude um bis zu 90 Zenti-
                                      zum Beispiel bei der Bearbeitung der Berg-          Erhalt der Vorflut.                                 Bergbau und          meter heben und ausrichten. 120 Hydraulik-
                                      baufolgen. Die Steinkohlenförderung wirkte                                                                                   stempel mussten dafür ein Gesamtgewicht
                                      sich zum Teil erheblich auf die Tagesoberflä-       Ganzheitliche Lösungen finden                        die Region           von rund 3300 Tonnen stemmen. Zudem
                                      che in Bottrop aus. In der Kirchheller Heide        Hierzu vertiefte die Emschergenossenschaft          zusammen.«           erfolgte die Sanierung des Untergeschosses
                                      etwa verloren die Flachlandbäche Schwarz-           die Boye um mehrere Meter, in enger Zusam-          Jürgen Kroker,       samt Außenanlagen der Gregorschule. Nach
                                      bach und Elsbach mit zunehmendem Abbau              menarbeit mit der Stadt Bottrop und dem             Werksleiter          insgesamt zwölf Monaten schloss die RAG
                                      ihre Vorflut. In der Folge bildeten sich Sen-       Bergwerk Prosper-Haniel. Zusätzlich legten                               die umfangreichen Arbeiten erfolgreich und
                                      kungsseen, die sich bis heute sukzessiv ver-        die Partner neue Straßendurchlässe sowie                                 termingerecht ab, so dass 174 Schüler pünkt-
                                      größern. Den einhergehenden Verlust an              drei Retentionsräume an, die die Hochwasser-                             lich von den Übergangspavillons zurück
                                      Bach- und Waldfläche musste das Bergwerk            sicherheit gewährleisten sollten. Zu dem                                 in ihre alte Umgebung ziehen konnten.
                                      ausgleichen, häufig im Verhältnis eins zu drei.     ganzheitlichen Boye-Konzept gehörte die                                  „Hierbei handelt es sich um ein Leuchtturm-
                                      So entstanden hochwertige Kompensations-            Betrachtung des Wiesentalbachs und des                                   projekt, das in dieser Form seinesgleichen
                                      flächen am Gartroper Mühlenbach und am              Töfflinger Bachs. Im Rahmen des Konzepts                                 sucht. Wir freuen uns, dass wir den Zeitplan
                                      Oberlauf des Schwarzen Bachs. Die neuen             wurde der Töfflinger Bach neu angelegt, um                               in enger Abstimmung mit allen Beteiligten
                                      Senkungsseen erwiesen sich zudem schnell            die Waldbereiche zu entwässern und damit                                 einhalten konnten“, so der RAG-Markschei-
                                      als Bereicherung für die Region. Sie bieten         der drohenden Versumpfung vorzubeugen.                                   der Joachim Bock.
14    S tr ukt urwandel                                                                                                                Steinkohle P r o s p e r - H a n i e l

                                                                          Weist den Weg in die Zukunft:
                                                                          Bernd Tischler.

                                                                                                                                                                                FOTOS: KAI SÜSELBECK
Oberbürgermeister Tischler: Bottrop und
der Bergbau sind eine Erfolgsgeschichte
Ohne die Schachtanlagen würde Bottrop 2019 nicht 100 Jahre Großstadt feiern. Entwicklung geht weiter.

W
           enn Bottrops Oberbürgermeister         „Bottrop ist eine Erfolgsgeschichte im Ruhr-                           Vorrang bekommen. Seine Vision vom Ge-
           Bernd Tischler nach seiner Gefühls-    gebiet – vor allem durch den Bergbau.“                                 werbegebiet der Zukunft: „Gewerbegebiete
           lage vor dem Ende des Bergbaus             Diese Erfolgsgeschichte soll mit dem Ende                          sehen noch überall gleich aus. Ich hoffe, dass
befragt wird, enthält seine Antwort immer         des Bergbaus nicht vorbei sein, denn die Werte                         wir auf ehemaligen Bergbauflächen Gebiete
zwei Begriffe: Stolz und Zuversicht. Stolz ist    der Bergleute will Tischler in die Zukunft tra-                        mit optimaler Infrastruktur und heraus-
er auf die Erfolgsgeschichte der Stadt, die vor   gen: „Optimismus, Solidarität und Toleranz,                            ragender Architektur entwickeln können.“
allem auch eine des Bergbaus war, und auf die     wie sie unter Tage gelebt werden, versuchen                            Ähnliches gilt bei der Entwicklung neuer
Werte der Bergleute. Zuversichtlich stimmt        wir weiterzuentwickeln. Auch deshalb fühle                             Wohngebiete wie demnächst in Welheim:
ihn der bereits angestoßene Strukturwandel.       ich mich gut gerüstet für die Zukunft.“ Die        »Unsere             „Auch hier würde ich mir eine gewisse Archi-
Aber natürlich sagt er auch: „Nirgendwo           sinkende Arbeitslosigkeit bewertet er ebenfalls                        tekturqualität wünschen. Die moderne Sied-
anders im Land fallen so viele Arbeitsplätze      als „Erfolg des Wandels in dieser Stadt“.          Projekte            lung muss mithalten können mit der Qualität
weg wie jetzt bei uns.“                               Der Wandel wird weitergehen, wenn auch         müssen              des alten Siedlungsbestands.“
                                                  nicht so schnell wie erhofft. Tischler: „Es wird
    Dieses Jahr will Bottrop würdig den
Bergbau verabschieden, nächstes Jahr feiert       eine Durststrecke geben. Die großen Berg-
                                                                                                     Strahlkraft            Auch die InnovationCity war am Anfang
                                                                                                                         eine Vision. Neben den messbaren Erfolgen
Bottrop das 100-jährige Jubiläum als Groß-        bauflächen stehen erst Anfang der 20er Jahre       entwickeln.«        bei der CO2-Reduktion liefert sie eine Blau-
stadt. Bottrop wäre 1919 nicht Großstadt          zur Verfügung.“ Tischler will die Zeit unter       Bernd Tischler,     pause für die künftige Zusammenarbeit zwi-
geworden ohne den Bergbauboom, der einge-         anderem dazu nutzen, Visionen zu entwi-            Oberbürgermeister   schen Wirtschaft, Verwaltung und Bürgern:
setzt hatte mit der Förderung an den Schacht-     ckeln zu den Themen Verkehr, Gewerbe,                                  „Die InnovationCity hat eine neue Lernkultur
anlagen Prosper I (ab 1863), II (1871) und        Wohnen und Stadtentwicklung: „Unsere Pro-                              in der Verwaltung etabliert: Wirtschaft und
III (ab 1907). Von 1870 bis 1890 hatte sich       jekte müssen Strahlkraft entwickeln und sich                           öffentliche Hand arbeiten zusammen unter
Bottrops Bevölkerung mehr als verdoppelt          im Bewusstsein der Menschen setzen.“                                   Beteiligung der Bürger. Und zudem haben wir
(von 5328 auf 12.549), in den nächsten 20 Jah-        Die Vision zum Thema Verkehr entwickeln                            durch die Zusammenarbeit der Ämter einen
ren sogar fast verdreifacht (47.131 Einwoh-       die Planer beim Projekt „Freiheit Emscher“:                            viel besseren Zugang zu Fördertöpfen.“ Das
ner). 1915 lebten und arbeiteten bereits 71.299   Das ist die Umwelttrasse, auf der Busse,                               wird wichtig werden, wenn die „Freiheit
Menschen in Bottrop. Deshalb sagt Tischler:       Räder, Fußgänger und Elektrofahrzeuge                                  Emscher“ Wirklichkeit werden soll.
P r o s p e r - H a n i e l Steinkohle                                                                                                                          Stru ktu rwan de l 1 5

Neue Wege durch den Industrie-Dschungel
RAG Montan Immobilien entwickelt gemeinsam mit Bottrop und Essen Pläne für die „Freiheit Emscher”.

D̃
       as größte Stück Strukturwandel im
       Ruhrgebiet liegt im Bottroper Süden
       und im Essener Norden. „Freiheit
Emscher“ haben die Planer das 1700 Hektar
große Areal getau°. RAG Montan Immobi-
lien arbeitet, gefördert vom Land und gemein-
sam mit den Städten Essen und Bottrop sowie
drei renommierten Planungsbüros, an einem
Masterplan für das gigantische Areal. Ende
des Jahres soll er fertig sein. Eine Schlüssel-
rolle darin spielen rund 150 Hektar Bergbau-
˛ ächen in beiden Städten, die die RAG-Toch-
ter in den nächsten Jahren vermarkten will.
Schon jetzt ist klar: Was an der „Freiheit
Emscher“ am meisten fehlt, sind Straßen.
                                                  FOTO: HANS BLOSSEY

    Ob in Ost-West-Richtung auf der A 42
oder in Nord-Süd-Richtung auf der Bottro-
per Straße oder der B 224: Stau ist die häu-
ÿgste Verkehrslage zwischen beiden Städten.
Der Landesbetrieb Straßen NRW wird ab                                                                                                                                 Große Pläne:
2022 die A 42 zwischen Bottrop-Süd und                                                                                                                                Zwischen Essen und
dem Kreuz Essen-Nord sechsspurig aus-                                  Gewerbe˛ ächen helfen bei der Ansiedlung        und Stadtgrenze. Die Umwelttrasse macht        Bottrop soll auf einem
bauen. Dabei soll nach dem Willen der Pla-                             von neuen Unternehmen und der Anbin-            einen Schwenk nach Westen, um die Ge-          ehemaligen Bergbau-
ner in Bottrop und Essen auch der neue                                 dung von bereits angesiedelten; Wohnen am       werbegebiete Knippenburg und Kruppwald         areal die „Freiheit
Autobahnanschluss Lichtenhorst entstehen.                              Wasser wäre auch schön. Aber: „Der Verkehr      anzubinden, und führt auf der Knap-            Emscher” entstehen.
In Nord-Süd-Richtung sind zwei neue                                    ist der dickste Knackpunkt“, sagt Dickmann.     penstraße nach Norden. Dort liegt der Ver-
Verkehrsachsen geplant. „Kurze Verbindun-                                  Ein „Gewerbe-Boulevard“ mit eigener         kehrsknoten, der den Planern am meisten
gen helfen uns, Ausweichverkehre zu ver-                               Lkw-Spur und eine Umwelttrasse mit Vor-         Kopfzerbrechen macht: Ausgerechnet die
meiden“, sagt Ursula Dickmann, Abteilungs-                             fahrt für Busse, Elektrofahrzeuge und Räder     Einmündung Knappen-/Prosperstraße mit
leiterin im Bottroper Stadtplanungsamt.                                sollen in den nächsten Jahren als Nord-Süd-     der zu niedrigen Bahnbrücke soll kün° ig
    In der dritten Konkretisierungsphase                               Trassen entstehen. Beide kommen sich sehr       eine leistungsfähige Verknüpfung zwischen
der Pläne schält sich immer deutlicher he-                             nahe an der Emscher-Kläranlage in der           verschiedenen Verkehrsmitteln werden.
raus: Mehr ö˙ entliches Grün an Kanal und                              Welheimer Mark. Dort zweigt die Gewerbe-        „Eine sportliche Herausforderung“, ÿndet
Emscher ist wichtig; neu zugeschnittene                                trasse nach Osten ab, Richtung Kommende         die Bottroper Planerin.

Stadt und Unternehmen schreiben einen Zukunftsplan
Das Projekt „Bottrop 2018+” soll Antwort geben auf die Frage: Wie geht es weiter nach dem Bergbau?

W̃
          enn der Bergbau geht, verschwin-                             stellt, freut sich angesichts boomender Kon-                           Zukun°s plan aus: Digitalisierung und Aus-
          den mit ihm rund 3000 Arbeits-                               junktur über prallvolle Au° ragsbücher.                                bildung. Neue Techniken wie Ersatzteile aus
          plätze. Das öffentlich geförderte                                Unternehmen und Wirtscha°sf örderung                               dem 3-D-Drucker sieht sie vor allem auf das
und wissenschaftlich begleitete Projekt                                haben sich bereits zusammengetan zur                                   Handwerk zukommen. Hier könnten Real-
„Bottrop 2018+“ soll den Strukturwandel                                „Wirtschaftsallianz Bottrop“. Das Institut                             labore etwa in Zusammenarbeit mit der
mitgestalten und besonders mittelständische                            Arbeit und Technik sowie das Institut Fak-                             Hochschule helfen, Schwellenängste abzu-
Unternehmen auf die Herausforderungen                                  tor˜10, die das Projekt „Bottrop 2018+“
                                                                                                                       »Lust auf              bauen und Neues auszuprobieren. „Wir
der Zukun° v orbereiten.                                               begleiten, haben Stärken und Schwächen          Wandel und             versuchen, Lust zu machen auf Wandel und
   Der Verlust des größten Arbeitgebers                                dieser Allianz analysiert. Wißmann: „Dabei      Veränderung.«          Veränderung.“
wiegt schwer. Doch Sabine Wißmann, Leite-                              kam vor allem aus den Unternehmen der                                     Bei der Nachwuchswerbung ö˙ net sich
rin des Amtes für Wirtscha°sf örderung und                             Wunsch nach einem Zukun°s plan.“                Sabine Wißmann,        die Schere zwischen wachsender Nachfrage
Standortmanagement, sieht die Stadt gut                                    Als gutes Beispiel bezeichnet die oberste   Leiterin Amt für       aus den Unternehmen und weniger geeigne-
aufgestellt, um ihn abzufangen. Die Arbeits-                           Wirtschaftsförderin den Masterplan, den         Wirtschaftsförderung   ten Bewerbern um Lehrstellen immer weiter.
losenquote lag mit 6,6 Prozent im August                               sich die InnovationCity gegeben hat. Auch                              Wißmann: „Das ist eine Herausforderung,
nicht nur weit unter dem Ruhrgebietsdurch-                             der Prozess der Zusammenarbeit könne ein                               der sich das Handwerk mit Hilfe der Wirt-
schnitt von 9,5 Prozent, sondern auch unter                            Vorbild für das Standortmanagement der                                 scha°s allianz stellen muss. Die Wirtscha°s -
dem Landesschnitt von 6,8 Prozent. Und der                             Zukun° sein. Für die nächsten Jahre macht                              förderung macht hier schon viele Angebote
Mittelstand, in Bottrop ohnehin stark aufge-                           Wißmann zwei zentrale ˆ emen für einen                                 wie die Ausbildungsbörse.“
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