Nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung - BMEL
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Nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung
Inhalt Einleitung 5 3 Der Weg in die Zukunft 16 1 Kontext und Herausforderung 6 Jeder spielt eine Rolle 17 Lebensmittelabfälle in Europa Konsequente Politik als Schlüssel 17 und Deutschland 7 Definitionen 7 Quellen 18 Wo Abfälle entstehen 8 Weiterführende Informationen – Linksammlung 18 Laufende Arbeiten 9 2 Herausforderung annehmen 11 Handlungsfeld 1 – Politischer Rahmen 12 Handlungsfeld 2 – Prozessoptimierung in der Wirtschaft 13 Handlungsfeld 3 – Verhaltensänderung bei allen Akteuren 14 Handlungsfeld 4 – Potenziale durch Forschung und Digitalisierung 14
NATIONALE STRATEGIE ZUR REDUZIERUNG DER LEBENSMITTELVERSCHWENDUNG 4
NATIONALE STRATEGIE ZUR REDUZIERUNG DER LEBENSMITTELVERSCHWENDUNG Einleitung Die Reduzierung der Lebensmittelverschwendung stellt gungskette nachhaltig zu gestalten. Die Reduzierung von aus ethischer, ökologischer und ökonomischer Sicht eine Lebensmittelverschwendung ist z. B. ein wesentlicher Herausforderung für alle Beteiligten dar: für die Politik, Bestandteil des neuen EU-Pakets zur Kreislaufwirtschaft, für die Wirtschaftsbeteiligten, die Verbraucherinnen und in dem es darum geht, Abfälle zu vermeiden und Res- Verbraucher, die Wissenschaft und die Zivilgesellschaft. sourcen zu schonen. Weltweit hungern mehr als 800 Millionen Menschen, Auch die Bundesregierung verfolgt die Ziele der Agenda mehr als doppelt so viele sind fehl- bzw. mangelernährt. 2030. Bis zum Jahr 2030 möchte die Bundesregierung das Ziel erreichen, die weltweite Nahrungsmittelverschwen- Die Herstellung von Lebensmitteln beansprucht wert- dung pro Kopf auf Einzelhandels- und Verbraucherebene volle Ressourcen wie Boden, Wasser, Energie und zu halbieren und die entlang der Produktions- und Liefer- Treibstoff und ist mit Emissionen von Treibhausgasen kette entstehenden Nahrungsmittelverluste einschließ- verbunden, daher sollten Lebensmittel nicht unnötig lich Nachernteverlusten zu verringern. Dafür ist es wich- verloren gehen oder verschwendet werden. tig, dass wir gemeinsam alle Anstrengungen vereinen. Mit der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ der Die „Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie“ strebt an, einen Vereinten Nationen hat sich die internationale Staaten- Indikator zu Lebensmittelabfällen und -verlusten in gemeinschaft zu dem Ziel bekannt, wirksam gegen Deutschland aufzunehmen. Hunger und jede Form der Fehlernährung auf dieser Welt vorzugehen (SDG 2) und die Lebensmittelver- Im Koalitionsvertrag 2018 bekennen sich die Regierungs- schwendung deutlich zu reduzieren (Ziel 12.3). parteien zu den in der Agenda 2030 vereinbarten Zielen, wie z. B. dem Ziel 12.3. Dieses Ziel kann national nur mit 2015 in Izmir, Türkei, erklärten die G20-Agrarminister- allen Akteuren entlang der Lebensmittelversorgungsket- innen und -Agrarminister ebenfalls, Maßnahmen gegen te erreicht werden. die Lebensmittelverschwendung ergreifen zu wollen. Die „Nationale Strategie“ gibt den Rahmen für den nun Die Europäische Kommission nimmt das Problem der folgenden Prozess vor, um gemeinsam Maßnahmen Lebensmittelverschwendung sehr ernst und sucht in zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen festzulegen Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und Interes- und ein gesellschaftliches Umdenken zu erreichen: sengruppen nach Möglichkeiten, um Lebensmittelver- mehr Wertschätzung gegenüber unseren Lebensmitteln schwendung zu vermeiden und die Lebensmittelversor- und den zur Herstellung benötigten Ressourcen. 5
1 Kontext und Herausforderung Auf europäischer Ebene wurde die Abfallrahmenrichtlinie überarbeitet. Die überarbeitete EU-Abfallgesetzgebung, die am 30. Mai 2018 verabschiedet wurde, fordert die Mit- gliedstaaten auf, Maßnahmen zur Verringerung der Lebens- mittelverschwendung auf jeder Stufe der Lebensmittelver- sorgungskette zu ergreifen, die Lebensmittelabfälle zu überwachen und über die erzielten Fortschritte Bericht zu er- statten. Lebensmittelabfälle werden erst nach der Ernte und nach der Schlachtung als solche definiert und erfasst. 6
NATIONALE STRATEGIE ZUR REDUZIERUNG DER LEBENSMITTELVERSCHWENDUNG Lebensmittelabfälle in Definitionen bzw. deren Hinweise auf andere Rechts- vorschriften genutzt: Europa und Deutschland →→ Lebensmittelabfälle sind Lebensmittel, die entlang der Lebensmittelversorgungskette im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu Abfall geworden sind. Für Deutschland ermittelten Wissenschaftlerinnen Dazu zählen Lebensmittelverluste, die nach der und Wissenschaftler eine Zahl von rund 11 Millionen Ernte z. B. bei der Lagerung und während Transport, Tonnen Lebensmittelabfälle im Jahr [Hafner et al., Verarbeitung und Produktion anfallen und dem 2012]. Werden Lebensmittel nicht, wie es ihrem be- Abfallbegriff entsprechen: stimmungsgemäßen Zweck entspricht, dem mensch- lichen Verzehr zugeführt, sind die zu ihrer Produktion →→ Zu Abfällen werden Lebensmittel, deren sich je- verbrauchten Ressourcen möglicherweise unnötig in mand entledigt (hat), entledigen will oder muss. Anspruch genommen bzw. verbraucht und das Klima belastet worden. Bei einer 50-prozentigen Reduzierung →→ Eine Ergänzung des Artikels 2 Absatz 2 der Richt- der Lebensmittelabfälle könnten laut Gutachten der linie 2008/98/EG durch die Richtlinie 2018/851/ wissenschaftlichen Beiräte für Ernährungs-, Agrar- EU besagt, dass „Stoffe, die für die Verwendung und Waldpolitik 6 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente als Einzelfuttermittel gemäß Artikel 3 Absatz 2 g (Äq) an Treibhausgasemissionen (THG) in Deutschland der Verordnung (EG) Nr. 767/2009 des Euro- eingespart werden [Grethe et al., 2016]. Bezieht man päischen Parlaments und des Rates bestimmt die Emissionen aller am Ernährungssektor beteiligten sind, die weder aus tierischen Nebenprodukten Wirtschaftsbereiche und auch die im Ausland entste- bestehen noch tierische Nebenprodukte enthal- henden Emissionen, die mit dem Konsum von Nah- ten“, aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie rungsmitteln in Deutschland zusammenhängen, ein, ausgeschlossen sind. erreichen die kumulierten produktbezogenen THG eine Größenordnung von 0,5 Tonnen CO2-Äq pro Einwoh- →→ Lebensmittel sind unter Bezugnahme auf die Ver- ner und Jahr und für Deutschland insgesamt ca. 38 ordnung (EG) Nr. 178/2002 alle Stoffe oder Erzeug- Millionen Tonnen CO2-Äq [Jepsen und Vollmer, 2016]. nisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass Derzeit ist die Datenlage über das Lebensmittelabfall- sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder aufkommen entlang der Lebensmittelversorgungskette unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenom- nicht ausreichend, um die Beiträge der einzelnen Sek- men werden. toren an der Gesamtabfallmenge zu quantifizieren. Für die Datenerhebung und Bewertung und um den Erfolg →→ Dazu zählen auch Getränke, Kaugummi sowie von Reduzierungsmaßnahmen feststellen zu können, alle Stoffe — einschließlich Wasser —, die dem wird derzeit ressortübergreifend an einem Indikator und Lebensmittel bei seiner Herstellung, Ver- oder einem Methodenpapier gearbeitet. Eine Status-quo-Ana- Bearbeitung absichtlich zugesetzt werden. lyse auf Grundlage vorhandener Daten aus dem Jahr 2015 wird mit dieser Methode durchgeführt und die er- →→ Pflanzen werden erst nach der Ernte und Tiere mittelten Daten als Baseline für die Strategie verwendet. erst nach der Schlachtung als Lebensmittel Die Daten der Baseline werden im Juni 2019 vorliegen. gewertet. Durch die Messung und das Monitoring der Lebensmit- telabfälle lassen sich dann die Lebensmittelverschwen- Vor dem Hintergrund, dass bei der Betrachtung der dung und ihr Reduktionspotenzial beziffern. gesamten pflanzlichen Erzeugung einschließlich Ernte und Nachernte von Verlusten ausgegangen wird, birgt – neben der EU-Abfallpolitik – die gemeinsame EU-Agrarpolitik (GAP) viel Potenzial, um Verluste Definitionen vor der Ernte bzw. Schlachtung zu vermindern. Dieses Potenzial wird im Rahmen dieser Strategie, die auf Lebensmittelabfälle zur Reduzierung der Lebensmitte- verschwendung fokussiert ist, nicht näher betrachtet. Im Rahmen der Strategie werden die in den überar- beiteten Rechtsvorschriften der Richtlinie 2008/98/ EG über Abfälle, zuletzt geändert durch Richtlinie 2018/851/EU (Abfallrahmenrichtlinie), eingeführten 7
NATIONALE STRATEGIE ZUR REDUZIERUNG DER LEBENSMITTELVERSCHWENDUNG Wo Abfälle entstehen Lebensmittelabfälle entstehen an jedem Punkt der Ursachen sind komplex und sehr vielfältig. Nachfolgen- Lebensmittelversorgungskette. Deswegen brauchen de Tabelle zeigt eine Übersicht, aufgeteilt nach Sektoren, wir neben der nationalen und europäischen Heran- in denen Lebensmittelabfälle entstehen, und benennt – gehensweise auch ein internationales Bemühen. Die ohne Anspruch auf Vollständigkeit – mögliche Ursachen: Sektor Mögliche Ursachen von Lebensmittelabfällen Primärproduktion • Verluste bei Transport und Lagerung (nach der Ernte bzw. • Überproduktion, d. h. keine Abnahme im Markt Schlachtung) • Produkt- und Qualitätsstandards, soweit keine andere Verwertung möglich Verarbeitung • Beschädigung beim Produzieren, Verpacken, Zwischenlagern oder Transportieren von Lebensmitteln • Kontamination • Technische Störungen, z. B. Störungen in der Temperaturführung, oder fehlerhafte Verpackung und Kennzeichnung bzw. Etikettierung oder Fehlproduktionen (Über- oder Untergewicht bei Fertigprodukten; falsche Rezeptur) • Fehler im Qualitätsmanagement • Notwendige Proben und Rückstellmuster für Qualitätsnachweis von angelieferten Rohwaren und verarbeiteten Produkten • Überproduktion, geplante Abnahmemenge wird nicht erreicht • Nicht genutzte Spielräume in den Branchen-Leitlinien für eine gute Hygienepraxis für Abfall- vermeidung bei der lebensmittelhygienischen Überwachung • Retouren aus dem Handel, die keinen weiteren Absatz als Lebensmittel finden • Kurze Laufzeit des Mindesthaltbarkeitsdatums Groß- und Einzelhandel • Nicht bedarfsgerechtes Vorratsmanagement durch zu große Bestellmengen, dadurch u. a. Mindesthaltbarkeits- bzw. Verbrauchsdaten überschritten • Produkte nicht mehr verkaufsfähig oder marktgängig durch Beschädigung oder wegen mangelnder Frische, z. B. durch nicht optimale Lagerung: falsche Temperaturen, u. a. durch Unterbrechung der Kühlketten, oder Licht • Beschädigung von Verpackungen, z. B. „Luftzieher“ • Nicht bedarfsgerechte Portionierung von Verpackungen • Unklarheiten zur Haftung bei Weitergabe oder Spende • Rechtliche Aspekte / Abweichung von Handelsklassen, Produktanforderungen, behördliche Anordnung der Vernichtung aufgrund von Kennzeichnungsfehlern • Warenrückruf wegen Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften Außer-Haus-Verpflegung • Nicht bedarfsgerechter Einkauf und Speisenplanung, u. a. Fehlbestellung oder zu viel mit Restaurants, Catering in der Ausgabentheke u. a. • Fehlendes Monitoring der Überschüsse • Rechtliche Aspekte (z. B. Hygienerichtlinien) • Verbraucherverhalten (Essen schmeckt nicht, zu große Portionen, keine Mitnahmemöglichkeit von Tellerresten) • Kurzfristige Bedarfsänderungen (Anzahl der zu verpflegenden Personen) • Regelungen zur Weitergabe von Lebensmitteln und Speisen aus der Außer-Haus-Verpflegung Private Haushalte • Haltbarkeit von (frischen) Lebensmitteln beim Einkauf nicht bedacht • Zu große Einkaufsmengen, nicht bedarfsgerechte Planung, wie zu viel gekocht bzw. zubereitet • Zu große Packungsgrößen (angebotsseitig) • Falsche Lagerung • Mangelnde hauswirtschaftliche Kompetenzen im Umgang mit Lebensmitteln • Fehlkäufe (z. B. Produkt schmeckt nicht) • Falsche Zubereitung 8
NATIONALE STRATEGIE ZUR REDUZIERUNG DER LEBENSMITTELVERSCHWENDUNG Laufende Arbeiten →→ Akteure sind durch „Runde Tische“ und in Bündnis- sen vernetzt. →→ Daten zu Lebensmittelabfällen werden erhoben. Bundesregierung Die Initiative Zu gut für die Tonne! für mehr Lebensmit- →→ Durch Informationsmaterialien und auf Veranstal- telwertschätzung wird seit 2012 vom Bundesministerium tungen wird Wissen vermittelt. für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) durchgeführt und informiert Verbraucherinnen und Verbraucher über →→ Maßnahmenpläne tragen bereits jetzt zur Reduzie- den Wert von Lebensmitteln, die Ursachen der Lebens- rung von Lebensmittelabfällen bei. mittelverschwendung und Möglichkeiten, diese zu redu- zieren. Diese Initiative wird ausgebaut und soll zukünftig →→ Insbesondere auf kommunaler Ebene werden alle Sektoren der Lebensmittelversorgungskette, wie sie wiederholt Sensibilisierungsaktionen durchgeführt, zuvor benannt wurden, einbeziehen. bspw. im Rahmen der Europäischen Woche der Ab- fallvermeidung. Auf der Internetplattform www.lebensmittelwert- schaetzen.de veröffentlichen die Bundesregierung und →→ Forschungsvorhaben und Innovationen werden die Länder Initiativen gegen Lebensmittelverschwen- initiiert. dung, rufen weitere Akteure auf, ihre Projekte zu präsentieren, und erhöhen so ebenfalls die Aufmerk- Wirtschaft samkeit für dieses Thema. Die Lebensmittelwirtschaft ist sich ihrer gesellschaftli- chen Verantwortung bewusst. Viele Unternehmen Die Bundesregierung stellt derzeit rund 16 Millionen haben die Vermeidung von Lebensmittelabfällen be- Euro im Rahmen von Forschungsprogrammen zur reits seit Jahren in ihre unternehmensspezifische Nach- Verfügung, die die Reduzierung der Lebensmittelver- haltigkeitsstrategie aufgenommen, um sie so gering schwendung zum Ziel haben: beispielsweise zu Res- wie möglich zu halten. Präzisionslandwirtschaft sorgt sourceneffizienz, Lebensmittelverarbeitungsprozessen, auf einem Teil der Flächen bereits für eine effiziente so- intelligenten Verpackungen oder zum Wegwerfverhalten wie ressourcenschonende Lebensmittelerzeugung und der Konsumentinnen und Konsumenten. Sie fördert trägt zur Ressourcenschonung bei. Lebensmittel sind die Entwicklung digitaler Lösungen, um die Weitergabe die Ertragsgrundlage für die Lebensmittelunterneh- von Lebensmitteln an gemeinnützige Organisationen men. Aus ökonomischer Sicht sind Lebensmittelabfälle zu verbessern. Es werden innovative Messsysteme geför- für die Branche so weit wie möglich zu vermeiden. Da- dert, um zukunftsfähige Ansätze, z. B. bei der Erfassung her arbeiten Lebensmittelunternehmen aus (Primär-) von Lebensmittelabfällen in der Außer-Haus-Verpfle- Produktion, Verarbeitung, Handel und Gastronomie gung, zu erarbeiten. bereits an Lösungen, um Lebensmittelverschwendung weiter zu reduzieren, u. a. durch folgende Maßnahmen: 2013 wurde erstmalig das Abfallvermeidungsprogramm des Bundes unter Beteiligung der Länder verabschiedet. →→ Landwirtschaftliche Direktvermarktung: Diese wirbt Dieses befindet sich aktuell in der Revision und wird 2019 im Kundenkontakt gegen Lebensmittelverschwen- fortgeschrieben. Die Abfallvermeidung und damit auch dung, z. B. durch Information zu Haltbarkeit und die Vermeidung von Lebensmittelabfällen ist Teil des um- Weiterverarbeitung; fassenden Umstiegs in eine nachhaltige Bewirtschaftung der global zur Verfügung stehenden Ressourcen. →→ Informationen auf Produktverpackungen und im In- ternet über Lagerung, Zubereitung und auch über das Länder Mindesthaltbarkeitsdatum und Verbrauchsdatum; Wichtige Partner bei der Vermeidung von Lebensmittel- abfällen sind die Länder und Kommunen. Sie tragen z. B. →→ Einsatz moderner, industrieller Produktionsanlagen die Hauptverantwortung für das Abfallmanagement und sowie ressourcenschonender Herstellungstechni- die Abfallberatung. Zahlreiche Initiativen und Aktionen ken, sodass Rohwaren nahezu vollständig verwertet in den Ländern und auf kommunaler Ebene gibt es be- werden können; reits: →→ Einsatz von Warenwirtschaftssystemen zur Abstim- →→ In acht Ländern ist die Vermeidung von Lebensmittel mung hinsichtlich Menge, Qualität und Lieferzeit- abfällen im Abfallwirtschaftsplan verankert. raum von Rohwaren und Lebensmitteln; 9
NATIONALE STRATEGIE ZUR REDUZIERUNG DER LEBENSMITTELVERSCHWENDUNG →→ Vermeidung von Lebensmittelabfällen als Ziel in Vereine und Organisationen wie Slow Food Deutsch- unternehmensinternen Nachhaltigkeitsstrategien; land e. V., die Verbraucherzentralen oder der Deutsche Landfrauenverband engagieren sich seit Jahren mit →→ Interne Mitarbeiterschulungen und Weiterbildungen; öffentlichen Aktionstagen, Bildungsveranstaltungen und Informationsmaterialien, um bei Verbraucherinnen →→ Einsatz bedarfsgerechter Verpackungen als Schutz und Verbrauchern mehr Ernährungs- und Alltagskom- der Lebensmittel vor Verderb und zur besseren petenzen im Umgang mit Lebensmitteln zu erzeugen, Lagerfähigkeit; mehr Lebensmittelwertschätzung zu erreichen und letztlich Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. →→ Beratung von Verbraucherinnen und Verbrauchern durch Servicepersonal und Ernährungsberaterinnen Wissenschaft in den Märkten, z. B. zur richtigen Lagerung von Neben Innovationen in Unternehmen der Privatwirt- Lebensmitteln; schaft entwickeln Forschungseinrichtungen neue Methoden und Techniken, um Lebensmittelverluste zu →→ Möglichkeit der verbraucherindividuellen Portionie- minimieren bzw. die Voraussetzungen dafür zu schaf- rung an Bedientheken oder im Frischebereich von fen. Im Rahmen von Projektarbeiten werden einerseits Obst, Gemüse und Backwaren des Einzelhandels; umfassende Bilanzierungsmethoden und andererseits effiziente Maßnahmen, in Zusammenarbeit mit Praxis- →→ Projekte zum verbesserten Temperatur-Monitoring partnern, entwickelt. Bisherige Forschungsaktivitäten der Kühlkette; haben bereits eine Reihe von Maßnahmenbündeln und Handlungsoptionen empfohlen, die in einem Dialog →→ Zusammenarbeit mit und Unterstützung von karita- prozess in die Praxis überführt werden sollen. tiven Organisationen, wie den Tafeln und Vereinen wie foodsharing, durch Lebensmittelspenden; Auf europäischer und internationaler Ebene sind deut- sche Forschungseinrichtungen an transnationalen →→ Zusammenschluss von Verbänden, dem Handel und Kooperationsprojekten beteiligt. Das europäische For der Industrie zum Verein United Against Waste, der schungsnetzwerk zu nachhaltiger Lebensmittelpro- durch verschiedene Maßnahmen aktiv zur Redu- duktion und zu nachhaltigem Lebensmittelkonsum zierung der Lebensmittelverschwendung beiträgt (SUSFOOD) fördert seit 2010 praxisnahe Forschung zur (z. B. Entwicklung eines Abfall-Analyse-Tools in der nachhaltigen Lebensmittelproduktion sowie zur Re- Außer-Haus-Verpflegung zur genauen Erfassung duzierung von Umweltbelastungen und Abfällen und von Abfalldaten und Identifizieren der Ursachen); bezieht Aspekte des nachhaltigen Konsumentenverhal- tens und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit →→ Erarbeitung von Leitfäden und Checklisten zur Ver- der europäischen Lebensmittelindustrie ein. meidung von Lebensmittelabfällen in Unternehmen der Gastronomie. Beim Meeting of Agriculture Chief Scientists der G20- Staaten (MACS-G20) wurde 2015 beschlossen, die For- Zivilgesellschaft schungs- und Politikberatungskapazitäten zu bündeln Zahlreiche Vereine und Organisationen tragen dazu bei, und eine Initiative zur Reduzierung der Lebensmittel- dass nicht mehr marktgängige Lebensmittel, die noch verschwendung zu gründen. Deutschland übernahm für den Verzehr geeignet sind, als Lebensmittel ver die Federführung und das Thünen-Institut (TI) koordi- wendet werden. Zivilgesellschaftliche Initiativen und niert seit 2016 ein globales Forschungsnetzwerk (Global entsprechende Medienberichterstattung haben die FLW Research). Hier können Unternehmen und For- Menschen für mehr Lebensmittelwertschätzung sen- schungseinrichtungen nach Partnern und Forschungsar- sibilisiert. Denn laut Umfragen der Gesellschaft für beiten suchen und sich vernetzen. Konsumforschung kaufen die Verbraucherinnen und Verbraucher bereits bewusster ein, damit nicht mehr Bedarf an interdisziplinärer Forschung (Sozial- und Na- so viel weggeworfen wird [Hübsch, 2018]. turwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, Agraröko- nominnen und -ökonomen) besteht in allen Bereichen Zivilgesellschaftliche Organisationen wie beispielsweise der Lebensmittelversorgungskette, um der Frage nach- die Tafeln, foodsharing, die Welthungerhilfe, Brot für die zugehen, wo und wie Lebensmittelabfälle vermieden Welt u. a., versorgen Menschen über Spendensysteme, und höhere Wertschätzung erzielt werden können. Die Internetplattformen und fairTeiler mit Nahrungsmitteln, Förderprogramme der Bundesregierung werden ergänzt die sonst weggeworfen werden. durch länderfinanzierte Projekte und privatwirtschaftli- che Forschung. 10
2 NATIONALE STRATEGIE ZUR REDUZIERUNG DER LEBENSMITTELVERSCHWENDUNG Herausforderung annehmen Angesichts der Mengen an Lebensmittelabfällen entlang der Lebensmittelversorgungskette und der damit verbundenen so- zialen, ökonomischen und ökologischen Folgen ist die Durch- führung von Maßnahmen zur Reduzierung der Lebensmittel- verschwendung essenziell. Ein Schwerpunkt der Bemühungen muss es sein, die Lebensmittelversorgungskette so zu gestal- ten, dass Lebensmittelabfälle gar nicht erst entstehen. Um dem Ziel, die Lebensmittelverschwendung bis 2030 ent- lang der Lebensmittelversorgungskette deutlich zu reduzieren und pro Kopf auf Einzelhandels- und Verbraucherebene zu halbieren, näherzukommen, kann auf bereits laufende Arbei- ten aufgebaut und aus den Erfahrungen gelernt werden. 11
NATIONALE STRATEGIE ZUR REDUZIERUNG DER LEBENSMITTELVERSCHWENDUNG Handlungsfeld 1 – Weitergabe von Lebensmitteln überprüfen, wobei ein länderübergreifender einheitlicher Vollzug und Um- Politischer Rahmen gang mit gemeinnützigen Organisationen angestrebt wird. Sowohl Förderprogramme für Forschung und Innovation als auch Förderinstrumente, die sowohl die Länder als auch die Kommunen, insbesondere Für die zukünftige Zusammenarbeit werden verschiede- die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, bei der ne Gremien gebildet. Umsetzung unterstützen, können hier diskutiert und entwickelt werden. Bund-Länder-Gremium Die bereits existierende Bund-Länder-Arbeitsgruppe Arbeitsgruppe Indikator SDG 12.3 wird erweitert und übernimmt die Aufgaben eines Im Rahmen der „Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie“ ressort- und länderübergreifenden Steuerungsinstru- (DNS) soll ein Indikator entwickelt werden, mit dem es ments. Das vom BMEL einzusetzende Gremium ist für möglich ist, die Lebensmittelabfälle über alle Stufen der die Evaluierung des Umsetzungsprozesses verantwort- Wertschöpfungskette zu quantifizieren und Reduzie- lich und identifiziert im Laufe des Prozesses weitere rungserfolge nachzuweisen und auf diese Weise sichtbar Handlungsfelder und setzt ggf. neue Schwerpunkte. zu machen. Eine zügige Verbesserung der Datenverfüg- barkeit und -qualität ist wichtig. Lebensmittelunterneh- Es dient dazu, einen kohärenten politischen Rahmen zu men übernehmen im bestehenden rechtlichen Rahmen schaffen und Zielkonflikte zu definieren. Dabei ist auch und unter Beachtung sowohl bestehender Datenerhe- zu prüfen, ob der bestehende rechtliche Rahmen (z. B. bungssysteme als auch der Vermeidung neuer bürokrati- Kreislaufwirtschaftsgesetz) ausreicht oder ob ggf. unter scher Belastungen, insbesondere für kleine und mittlere Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen Unternehmen, Verantwortung und unterstützen so die auf die betroffenen Unternehmen weitere regulatorische notwendige Datenerhebung. Maßnahmen erforderlich sind. Die Kohärenz zu europä- ischen und globalen Nachhaltigkeitszielen muss sicher- Die ressortübergreifende Arbeitsgruppe Indikator SDG gestellt werden. 12.3 aus BMEL, Thünen-Institut (TI), Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), Das Bund-Länder-Gremium soll Gesetzgebungen hin- Umweltbundesamt (UBA), Statistischem Bundesamt sichtlich Hürden und Barrieren beispielsweise bei der (Destatis) entwickelt derzeit ein Methodenpapier für STRUKTUR FÜR DIE ZUKÜNFTIGE ZUSAMMENARBEIT Arbeitsgruppe Indikator Bund-Länder-Gremium SDG 12.3 berichtet be te ili gt unterstützt Nationales Dialogforum sic berät h entsendet berichten Dialogforum Dialogforum Dialogforum Dialogforum Dialogforum Primärpro- Groß- und Außer-Haus- private Verarbeitung duktion Einzelhandel Verpflegung Haushalte 12
NATIONALE STRATEGIE ZUR REDUZIERUNG DER LEBENSMITTELVERSCHWENDUNG Handlungsfeld 2 – den Indikator der DNS in Kohärenz zu den Beratungen auf EU-Ebene. Ausgangspunkt zur Vereinbarung von Prozessoptimierung in Zielmarken für die jeweiligen Sektoren im Rahmen der Strategie wird eine Status-quo-Analyse des Lebensmit- der Wirtschaft telabfallaufkommens auf Grundlage vorhandener Daten aus dem Jahr 2015 (Baseline). Die Arbeitsgruppe koordiniert die Berichterstattung im Rahmen der DNS, der Agenda 2030 und der Abfallrah- Die Verbesserung bestehender Unternehmensprozesse menrichtlinie an die Europäische Union. Sie berät die im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung ist ein wich- sektorspezifischen Dialogforen hinsichtlich Datenerhe- tiger Bestandteil der Agenda 2030 (SDG 12: Nachhaltige bung und Messung und berichtet dem Bund-Länder- Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen) und Gremium. deckt sich mit den Anforderungen einer verantwor- tungsvollen Unternehmensführung. Maßnahmen zur Nationales Dialogforum Vermeidung von Lebensmittelabfällen gehören dazu Um die Akteure zu vernetzen und jährlich über Fort- und sollten den Umgang mit Agrarrohstoffen und schritte zu berichten, wird ein nationales Dialogforum Produkten aus Entwicklungs- und Schwellenländern für alle Interessengruppen aus Wirtschaft und Zivil- einbeziehen. Es wird angestrebt, in den verschiedenen gesellschaft durch das BMEL in Abstimmung mit den Sektoren der Lebensmittelversorgungskette durch Ressorts und den Ländern eingerichtet. Den Ressorts die Vermeidung von Lebensmittelabfällen Kosten zu und den Ländern steht die Mitwirkung an der Arbeit senken und einen nachhaltigeren Ressourceneinsatz des Forums offen. Das nationale Dialogforum entsendet zu erreichen, z. B. mittels folgender, eigenverantwort Vertreterinnen und Vertreter in die sektorspezifischen licher Maßnahmen durch die Unternehmen: Dialogforen. Die sektorspezifischen Dialogforen berich- ten im nationalen Dialogforum über die Fortschritte. →→ Produktionsprozesse werden analysiert, um fest- zustellen, wo Lebensmittelabfälle entstehen und Dialogforen pro Sektor Maßnahmen ansetzen können. In Dialogforen pro Sektor werden gemeinsam mit Le bensmittelunternehmen, zivilgesellschaftlichen Orga →→ Geschäftsprozesse werden regelmäßig kontrolliert nisationen, Vertreterinnen und Vertretern aus den und angepasst, um Lebensmittelabfälle während verantwortlichen Länder- und Bundesressorts sowie der Produktion und Transport zu minimieren. Wissenschaft konkrete Maßnahmen zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung erarbeitet und ihre →→ Innovationen, die die Prozesse hinsichtlich Abfallre- auf Freiwilligkeit basierende Umsetzung transparent duktion verbessern, werden gefördert und die Über- gemacht. Für den jeweiligen Sektor sollen Zielmarken nahme in die Praxis wird vorangetrieben. definiert und geeignete Formate zur Umsetzungs- und Erfolgskontrolle vereinbart werden. Dabei sind die Belan- →→ Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung ge der kleinen und mittleren Unternehmen zu wahren. werden in Unternehmensroutinen übernommen. Die Dialogforen sollen die AG Indikator SDG 12.3 durch →→ Maßnahmen zur Vermeidung von Lebensmittelabfäl- Messungen in der Praxis unterstützen, um eine valide len durch innovative Logistiksysteme, z. B. bedarfs- Datengrundlage zu erhalten und vorhandene Daten- gerechte Bestellgrößen, flexiblere (häufigere) Waren- quellen zu ergänzen. Die Daten werden analysiert und lieferungen und Warenumverteilungen zwischen die Bereiche priorisiert, die die größten Potenziale Filialen oder Preisanpassungen werden überprüft. aufweisen, um Lebensmittelabfälle zu reduzieren. Zur Wahrung der kartell- und wettbewerbsrechtlichen →→ Schnittstellen zwischen den Sektoren werden ana- Vorschriften ist es erforderlich, dass die Unternehmen lysiert und Maßnahmen in den Dialogforen sektor- mögliche Zielmarken im Rahmen einer Selbstverpflich- übergreifend entwickelt und umgesetzt. tung freiwillig vornehmen, damit der Wettbewerb nicht eingeschränkt wird. →→ Die Transparenz entlang der Lebensmittelversor- gungskette wird erhöht durch Bereitstellung von Daten zur Erfassung von Lebensmittelabfällen im Konsens mit den Akteuren der Lebensmittelver- sorgungskette. 13
NATIONALE STRATEGIE ZUR REDUZIERUNG DER LEBENSMITTELVERSCHWENDUNG →→ Die Einbeziehung relevanter Interessengruppen und bilisieren und das Wissen um die Vermeidung von Kooperationsmöglichkeiten werden geprüft. Lebensmittelabfällen zu erhöhen. →→ Marketing und Werbeaussagen sollten hinsichtlich →→ Schulen und Kindertageseinrichtungen integrieren Auswirkungen auf die Wertschätzung von Lebens- die Thematik in Bildungsunterlagen (Lehr- und mitteln und einer damit verbundenen Lebensmittel- Ausbildungspläne, Projektarbeiten) zur Bewusst- verschwendung überprüft werden. seinsbildung bei und Sensibilisierung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. →→ Qualifizierung von Lehrkräften und Entwicklung Handlungsfeld 3 – von Material- und Methodenvorschlägen für alle Länder, um das Thema Wertschätzung von Lebens- Verhaltensänderung bei mitteln in die Lehrpläne zu integrieren. allen Akteuren →→ Evaluation der Anwendung, Akzeptanz und Wirk- samkeit von Unterrichtsmaterial, um es ggf. weiter- zuentwickeln. Eine Schlüsselkomponente für Verhaltensänderungen →→ Erfolgreiche Aktivitäten und Projekte der Länder ist die Information über die Vorteile, die sich aus der werden fortgeführt. Reduzierung von Lebensmittelverschwendung und einer höheren Wertschätzung von Lebensmitteln für jeden Einzelnen und für die Gesellschaft insgesamt ergeben. →→ Die Initiative des BMEL Zu gut für die Tonne! wird Handlungsfeld 4 – Potenziale durch zur Dachmarke für die Kommunikation der „Nati- onalen Strategie“ für die gesamte Lebensmittelver- Forschung und Digita sorgungskette weiterentwickelt. lisierung →→ Soziale Medien, wie Instagram, Twitter und Face book, werden verstärkt in der Kommunikation genutzt, um insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene zu erreichen. In unserer modernen, vielfältigen Lebenswelt sind →→ Lebensmittelunternehmen sind aufgefordert, auch innovative, digitale Lösungen für komplexe logistische weiterhin die Thematik in Ausbildungs- und Fort- Verteilungsaufgaben ein weiterer möglicher Weg bildungsprogramme zu integrieren, Mitarbeiterin- zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung. nen und Mitarbeiter sowie Kundinnen und Kunden Digitale Innovationen sollten hinsichtlich ihres Nutzens hinsichtlich Lebensmittelverschwendung zu sensi- innerhalb der Lebensmittelversorgungskette bis hin DIE HANDLUNGSFELDER DER STRATEGIE 1 3 Politischer Rahmen Verhaltensänderung bei allen Akteuren Im Fokus: Bildung verschiedener Gremien für die Im Fokus: Bekanntmachung der Vorteile einer Reduzie- zukünftige Zusammenarbeit rung von Lebensmittelverschwendung 2 4 Prozessoptimierung in der Wirtschaft Potenziale Forschung u. Digitalisierung Im Fokus: Verbesserung bestehender Unternehmens- Im Fokus: Entwicklung innovativer, digitaler Lösungen prozesse für komplexe logistische Verteilungsaufgaben 14
NATIONALE STRATEGIE ZUR REDUZIERUNG DER LEBENSMITTELVERSCHWENDUNG zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern untersucht sprechende Forschungsvorhaben, die auch anspruchs- werden. Die hohe Transparenz, dezentrale Datennetz- volle Fragen etwa zur nachhaltigen Produktion solcher werke, die schnelle Datenverfügbarkeit und die Möglich- Verpackungen adressieren. Das Bundesministerium für keit der Rückverfolgbarkeit sollten auch für die Reduzie- Bildung und Forschung (BMBF) fördert im Rahmen der rung der Lebensmittelverschwendung genutzt werden. sozial-ökologischen Forschung im Projekt REFOWAS (Pathways to Reduce Food Waste) die Entwicklung von Das BMEL beabsichtigt, z. B. im Rahmen seines Innovati- digitalen Ansätzen zur Vermeidung von Lebensmittel- onsprogramms, ein Projekt der Tafel Deutschland e. V. abfällen. Beispielsweise werden im Rahmen des REFO- zu fördern, welches mithilfe der Digitalisierung das WAS-Projektes softwarebasierte Systeme zur Erstellung Abgabesystem zwischen Handel und Tafeln verbessern von Nachfrageprognosen in KMU-Bäckereien eingesetzt, soll. Durch digitale Lösungen für das Abgabesystem mit denen die Produktionsmengen bedarfsgerecht ge- sollen weitere Partner bei Lebensmittelherstellern, in plant und die Retourmengen reduziert werden können. der Landwirtschaft und in der Außer-Haus-Verpflegung Im Gastgewerbe werden digitale Messsysteme zur Er gefunden werden, um die Lebensmittelverschwendung fassung von Lebensmittelabfällen eingesetzt. Der in durch Weitergabe an Bedürftige zu reduzieren. REFOWAS entwickelte Küchenmonitor ermöglicht es Küchen und Caterern, ihre anfallenden Abfälle selbst- In der internationalen Zusammenarbeit gewinnen digi- ständig auszuwerten. tale Ansätze stark an Bedeutung. Das Bundesministeri- um für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick- Analog zu dem globalen Forschungsnetzwerk (Global lung (BMZ) beabsichtigt, digitale Lösungen, insbesondere FLW Research), das u. a. zum Ziel hat, die Forschungs bei der Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln, sowie kapazitäten zu bündeln und Forschungsprojekte und ein besseres Datenmanagement entlang der Lebensmit- Expertenprofile zu sammeln, sollte ein solches Netz- telversorgungskette zu fördern. werk auch auf nationaler Ebene gestärkt werden. Mit dem deutschsprachigen Netzwerk „essenswert“ zur Intelligente Verpackungen, die die Genusstauglichkeit Vermeidung von Lebensmittelabfällen wurde bereits und Sicherheit von Lebensmitteln genau anzeigen, eine Grundlage geschaffen. Ziel des Netzwerks ist es, sollten zügig zur Marktreife gebracht und in der Praxis den wissenschaftlichen Austausch rund um das The- hinsichtlich ihres tatsächlichen Beitrags zur Reduzie- ma Lebensmittelabfall zu ermöglichen, gemeinsame rung der Lebensmittelabfälle überprüft werden. Das Forschungsaktivitäten zu fördern und Forschungser- BMEL fördert durch sein Innovationsprogramm ent- gebnisse außenwirksam zu kommunizieren. DER PROZESS ZUR REDUZIERUNG DER LEBENSMITTELVERSCHWENDUNG ab Februar 2019 Juni 2019 Juni 2019 September 2019 2015 Sektorspezifische Internationaler Workshop Daten zur Nationales Dialogforum Dialogforen zur harmonisierten Baseline 2015 Auftaktveranstaltung Methodenbeschreibung • Ausbau Zu gut für die Tonne! als Dachmarke • Fortlaufende Information und Dokumentation der Umsetzung • Das Bund-Länder-Gremium übernimmt die ressort- und länderübergreifende Steuerung 15
3 NATIONALE STRATEGIE ZUR REDUZIERUNG DER LEBENSMITTELVERSCHWENDUNG Der Weg in die Zukunft Eine deutliche Reduzierung der Lebensmittelabfälle entlang der gesamten Lebensmittelversorgungskette in Deutschland bis 2030 erfordert gemeinsame Anstrengungen, die durch eine konsequente Koordinierung vonseiten der Bundesregierung mit einer klaren „Nationalen Strategie“ unterstützt werden. Fünf Jahre nach dem Beschluss durch die Bundesregierung wird die Strategie überprüft. 16
NATIONALE STRATEGIE ZUR REDUZIERUNG DER LEBENSMITTELVERSCHWENDUNG Jeder spielt eine Rolle Konsequente Politik als Schlüssel Jeder sollte in seinem Alltag unseren Lebensmitteln die gebührende Wertschätzung entgegenbringen. Um in den vier Handlungsfeldern erfolgreich zu sein, müssen Die Umsetzung der Strategie soll im ersten Quartal 2019 alle – Bürgerinnen und Bürger, Unternehmerinnen und durch Einbinden aller Akteure mit der Erarbeitung von Unternehmer, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Maßnahmen und der Definition von Zielmarken für die Politikerinnen und Politiker – ihren Beitrag leisten und Sektoren starten: Verantwortung übernehmen. Dabei geht es darum: →→ Im Februar startet das Dialogforum in der Außer- →→ zusammenzuarbeiten, um die gemeinsamen Haus-Verpflegung mit einer Auftaktveranstaltung. Ziele zu erreichen, →→ Weitere Dialogforen werden im Laufe des Jahres →→ innovativ zu sein, um Lösungen zu finden, eingerichtet. Ihre Mitglieder erarbeiten während des Dialogprozesses konkrete Maßnahmen und definie- →→ Lebensmittel wertzuschätzen, ren Zielmarken pro Sektor. →→ Ressourcen zu schonen, um den Planeten zu erhalten, →→ Im Rahmen von REFOWAS (BMBF) findet Mitte Juni im BMEL ein internationaler wissenschaftlicher →→ frei zugängliches Wissen und Daten zu teilen, um bes- Workshop für eine harmonisierte Methodenbeschrei ser informierte Entscheidungen treffen zu können. bung statt, im September im BMBF ein nationaler Workshop mit Ländervertreterinnen und -vertretern Die Bundesregierung und die Regierungen der Länder zur Abstimmung der Datenerfassung und von Maß- unterstützen den Prozess, indem sie die Kommunikation nahmen zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen. und Zusammenarbeit zwischen den Akteuren in Deutsch- land durch Dialogplattformen erleichtern. Sie sensibili- →→ Bis Ende Juni wird das Thünen-Institut (TI) auf sieren die Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Grundlage der in der Arbeitsgruppe Indikator SDG Akteure der Lebensmittelversorgungskette hinsichtlich 12.3 festgelegten Methode die Baseline für das Jahr Lebensmittelverschwendung, teilen frei zugängliches 2015 ermitteln. Sie ist Ausgangspunkt zur Beurtei- Wissen und Daten und unterstützen die Umsetzung der lung der Fortschritte und eines kontinuierlichen Maßnahmen. Monitorings. Lebensmittelunternehmen sind am besten in der Lage, →→ Das Bund-Länder-Gremium übernimmt seine praxistaugliche Lösungen für Unternehmen zu finden, Aufgaben. Bereiche mit Marktpotenzial zu erkennen und Mög- lichkeiten zur Effizienzsteigerung zu identifizieren, um →→ Zu gut für die Tonne! wird als Dachmarke für die Lebensmittelabfälle entlang der Lebensmittelkette zu Kommunikation ausgebaut und ist wichtiger reduzieren. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Umset- Bestandteil der Strategie zur Reduzierung von zung der Strategie. Lebensmittelverschwendung. Forscherinnen und Forscher tragen dazu bei, zu verstehen, →→ Auf der Internetseite der Strategie www.lebensmit- wo und wie viele Lebensmittel vom Acker bis zum Teller telwertschaetzen.de wird der Umsetzungsprozess verschwendet werden. Besonders wichtig ist hierbei eine dokumentiert. Die jährlichen Berichte des nationalen praxisnahe, angewandte Forschung mit Partnern aus der Dialogforums werden hier veröffentlicht. Praxis. Die Forschungsgemeinschaft kann mit umfassen- den Bewertungsmatrizen Ressourceneinsatz, Klima- und →→ Erfolgreiche Aktivitäten und Projekte der Länder Umweltbelastungen sowie monetäre Einflussfaktoren werden fortgeführt. und Vermeidungskosten berücksichtigen und darstellen. Die aus der Strategie abgeleiteten Maßnahmen werden Die Zivilgesellschaft, Organisationen und Vereine spielen über die jeweils betroffenen Einzelpläne innerhalb der eine wichtige Rolle bei der Rettung und Verteilung von geltenden Haushaltsansätze finanziert. Lebensmitteln, aber auch bei der Aufklärung und Sensibi- lisierung durch Aktionen und Kampagnen. 17
NATIONALE STRATEGIE ZUR REDUZIERUNG DER LEBENSMITTELVERSCHWENDUNG Quellen Agenda 2030 (2015): https://www.un.org/sustainabledevelopment/ BMEL-Ernährungsreport (2018): Deutschland, wie es isst; https://www.bmel.de/DE/Ernaehrung/_Texte/Ernaehrungsreport2018.html Geänderte Abfallrahmenrichtlinie (2018): https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32018L0852 Paket für die Kreislaufwirtschaft (2018): http://ec.europa.eu/environment/circular-economy/index_en.htm T. von Borstel et al. (2017): Ein Drittel landet im Müll. Zwischenbilanz 2017: Fakten und Messergebnisse zum deutschlandweiten Lebensmittelabfall in der Außer-Haus-Verpflegung. Hrsg. United Against Waste e. V. H. Grethe et al. (2016): Klimaschutz in der Land- und Forstwirtschaft sowie den nachgelagerten Bereichen Ernährung und Holzverwendung. Gutachten der wissenschaftlichen Beiräte für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz und für Waldpolitik beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. H. Hübsch und W. Adlwarth (2018): Systematische Erfassung von Abfällen der privaten Haushalte in Deutschland. Schlussbe- richt der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), durchgeführt für das BMEL; https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Ernaehrung/WvL/Studie_GfK.pdf D. Jespen et al. (2016): Entwicklung von Instrumenten zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen. Hrsg. Umweltbundesamt. Texte 85/2016. M. Kranert et al. (2012): Ermittlung der weggeworfenen Lebensmittelmengen und Vorschläge zur Verminderung der Wegwerfrate bei Lebensmitteln in Deutschland. S. Noleppa und M. Cartsburg (2015): Das große Wegschmeißen. Hrsg. WWF Deutschland. Weiterführende Informationen – Linksammlung →→ www.machs-mahl.de/,Lde/Startseite/Themen/Gutes+Essen+ohne+Reste Gutes Essen ohne Reste – Wertschätzung für Lebensmittel, Baden-Württemberg →→ www.stmelf.bayern.de/wir-retten-lebensmittel Bündnis „Wir retten Lebensmittel!“, Bayern →→ www.kuechenmonitor.de Speiseabfälle messen und auswerten, Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen 18
NATIONALE STRATEGIE ZUR REDUZIERUNG DER LEBENSMITTELVERSCHWENDUNG →→ www.essens-wert.net/ Deutschsprachiges Netzwerk zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen →→ www.tafel.de/ Lebensmittelspenden; Tafel Deutschland e. V. →→ www.slowfood.de/ Slow Food Deutschland e. V. →→ www.foodsharing.de/ foodsharing – Rette mit! →→ www.wwf.de/themen-projekte/landwirtschaft/ernaehrung-konsum/ WWF Deutschland – Themen Ernährung und Konsum →→ www.united-against-waste.de/ Gemeinsam gegen Lebensmittelverschwendung – Initiative der Food-Branche →→ www.lebensmittelwertschaetzen.de/ Gemeinsam aktiv gegen Lebensmittelverschwendung, Bund-Länder-Plattform →→ www.zugutfuerdietonne.de/ Initiative Zu gut für die Tonne!, BMEL →→ www.kern.bayern.de/wissenschaft/172184/index.php Lebensmittelretter-Projekte beim Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn), Bayern →→ www.refowas.de/ Reduce Food Waste – Wege zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen – Maßnahmen, Bewertungsrahmen und Analysewerkzeuge, BMBF-Forschungsprojekt →→ www.eu-fusions.org/ FUSION – Food Use for Social Innovation by Optimizing Waste Prevention Strategies, EU-Projekt →→ www.global-flw-research.org Food Losses and Food Waste – A global platform for experts and research, MACS-G20 →→ www.champions123.org/ A unique coalition of executives from governments, businesses, international organiza- tions, research institutions, and civil society dedicated to inspiring ambition, mobilizing action, and accelerating progress toward achieving SDG Target 12.3 →→ www.flwprotocol.org/ Food Loss Waste Protocol – multi-stakeholder partnership, which has developed the global Food Loss and Waste Accounting and Reporting Standard – also known simply as the FLW Standard 19
HERAUSGEBER Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Referat 216 – Nachhaltige Ernährung, Reduzierung von Lebensmittelverschwendung Wilhelmstraße 54 10117 Berlin STAND Februar 2019 GESTALTUNG neues handeln AG TEX T BMEL, Referat 216 DRUCK MKL Druck GmbH & Co. KG, Ostbevern Diese Publikation wird vom BMEL kostenlos herausgegeben. Sie darf nicht im Rahmen von Wahlwerbung politischer Parteien oder Gruppen eingesetzt werden. Weitere Informationen unter www.bmel.de @bmel Lebensministerium
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