Anlagepolitik - Q 1| 2021 Vertrauen - LUKB

 
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Anlagepolitik - Q 1| 2021 Vertrauen - LUKB
Anlagepolitik

                             Vertrauen

            Unsere Markteinschätzung
            Seite 7

            Fokusthema:
            Neustart und Reflationierung
            sind die Themen 2021
Q 1| 2021   Seite 8
Anlagepolitik - Q 1| 2021 Vertrauen - LUKB
Vertrauen
Vertrauen in uns selbst und
in andere Menschen und
Situationen ist ein wertvolles
Gut. Dank Vertrauen gehen
wir gelassener durchs Leben,
es schenkt uns ein Gefühl
von Sicherheit und Zuversicht.
Vertrauen macht mutig und
setzt Kräfte frei. Vertrauen
führt Menschen zusammen
und ist eine Grundvoraus-
setzung für positiv geprägte
Beziehungen. Beziehungen
zwischen Menschen oder
auch zu Institutionen wie
einer Bank.

IMPRESSUM: Erscheint vierteljährlich | Erscheinungsdatum: 4. Dezember 2020 | Redaktionsschluss: 30. November 2020 | Gesamtauflage: 2’800
   Herausgeber/Redaktion: Luzerner Kantonalbank AG, Finanzanalyse, +41 (0) 844 822 811, anlagepolitik@lukb.ch | Realisation: grip-agency.ch
                     Druck: beagdruck | Titelbild: Grafilu | Porträtillustrationen: Janine Wiget | lukb.ch/anlagepolitik
Anlagepolitik - Q 1| 2021 Vertrauen - LUKB
EDITORIAL
Geschätzte Investorin, geschätzter Investor

Schaut man sich heute die Renditen seit Jahresbeginn
an, kann man sich kaum vorstellen, was für Verwer-
fungen die Finanzmärkte durchlaufen haben. So liegt
ein ausgewogenes Portfolio in Schweizer Franken
leicht im Plus, was nach dem starken Börsenjahr 2019
im Rahmen der Erwartungen vom Jahresanfang liegt.

 «Der kommende Impfstoff und                                       Björn Eberhardt
                                                                   Leiter Investment Office

die lockere Geld- und Fiskalpolitik
  stimmen uns optimistisch für
     die Finanzmärkte 2021.»
Es ist wie immer auch in diesem Jahr schwierig,
Prognosen für die Zukunft zu machen. Wir wagen es
trotzdem in unserem Jahresausblick 2021.

Unserer treuen Leserschaft ist sicher aufgefallen, dass
wir die Aufmachung unserer Anlagepolitik grundlegend
neu gestaltet haben. Ich hoffe, dass Sie daran genauso
viel Freude haben wie wir. Ich möchte mich an dieser
Stelle auch bei Arno Endres, meinem Vorgänger als                  INHALT
Verantwortlicher für die LUKB Anlagepolitik, bedanken
                                                                   		4 | Highlights
und ihm für seinen wohlverdienten Ruhestand alles
                                                                   		6 | Basisszenario
Gute wünschen.                                                     		7 | Markteinschätzung
                                                                   		8 | Fokus: Jahresausblick 2021
Für die vor uns liegenden Feiertage wünsche ich                    12 | Konjunktur und Geldpolitik
Ihnen viel Ruhe, Besinnlichkeit und einen guten Start              14 | Festverzinsliche Anlagen
ins neue Jahr. Bleiben Sie und Ihre Lieben gesund!                 16 | Aktienmärkte
                                                                   19 | Währungen
Ihr Björn Eberhardt                                                20 | Immobilien
                                                                   22 | Marktüberblick
Leiter Investment Office
                                                                   23 | Makroprognosen

                             ANLAGEPOLITIK | 1. Quartal 2021 | 3
Anlagepolitik - Q 1| 2021 Vertrauen - LUKB
HIGHLIGHTS
                         MAKRO- UND RISIKOUMFELD
  Unsere Indikatoren deuten auf eine gestiegene Risikoneigung der
 Marktteilnehmer hin. Diese wird von einer anhaltend grosszügigen
    Liquiditätsversorgung sowie einer laufenden Erholung der
  Weltwirtschaft gestützt. Die Inflation normalisiert sich langsam,
                    ist aber weiterhin moderat.

                                   ¢ 3. Quartal 2020              ¢ 4. Quartal 2020

                  LIQUIDITÄT                                                            RISIKOUMFELD
Aufgrund der lockeren Geldpolitik und des                               Der Risikoappetit nimmt weiter zu, da Anleger
tiefen Zinsniveaus bleibt die globale Liquidi-                          vermehrt damit rechnen, dass die Zentral-
tätsversorgung hoch. So werden die Preise                               banken weiterhin unterstützen und sich die
von Vermögenswerten insgesamt unterstützt.                              Konjunktur verbessert.

                 WACHSTUM                                                                  INFLATION
Wir erwarten eine weitere Erholung der                                  Die Inflationsraten steigen mit der wirtschaft-
Weltwirtschaft. Aufgrund des Anstiegs der                               lichen Erholung und sich normalisierenden
Coronavirus-Neuinfektionszahlen dürfte                                  Energiepreisen langsam an. Sie dürften vorerst
sich die Dynamik temporär verlangsamen.                                 aber moderat bleiben.

                             UNSERE POSITIONIERUNG

Liquidität
Festverzinsliche Anlagen
Aktienmärkte
Nicht-traditionelle Anlagen

¢ stark untergewichtet ¢ leicht untergewichtet ¢ neutral ¢ leicht übergewichtet ¢ stark übergewichtet ˜ Vorquartal

                                      4 | ANLAGEPOLITIK | 1. Quartal 2021
Anlagepolitik - Q 1| 2021 Vertrauen - LUKB
FOKUS:
                                       Unser Ausblick für das Jahr 2021
                                       Nach einem aussergewöhnlich turbulenten
                                       Jahr 2020 erwarten wir für das nächste Jahr eine
                                       Rückkehr zu mehr Normalität und sind recht
                                       optimistisch für die Finanzmärkte. Eine Erholung
                                       der Konjunktur und ein leichter Anstieg der
                                       Inflation machen Realwerte interessant.

AKTIEN
Die Bewertungen sind im historischen Vergleich erhöht. Verglichen mit
der sehr hohen Bewertung von Staatsanleihen bester Bonität erscheinen
sie weniger exorbitant. Wir rechnen 2021 mit weiteren Kursgewinnen
dank Konjunkturerholung und anhaltend lockerer Geld- und Fiskalpolitik.

ANLEIHEN                                                              ALTERNATIVE ANLAGEN
Staatsanleihen der Hauptmärkte
bleiben für uns unattraktiv, da die
                                                                     Der Goldpreis kam zuletzt
Renditeniveaus teilweise deutlich                                    angesichts des steigenden
im negativen Bereich sind. Zudem                                     Risikoappetits der Anleger
besteht das Risiko wieder steigender
Renditen aufgrund der erwarteten
                                                                     unter Druck. Für 2021 sind
konjunkturellen Erholung. Wir sehen                                 wir dennoch optimistisch,
weiterhin Chancen bei Schwellen-                                    da eine wieder steigende
länderanleihen.
                                                                    Inflation die Realzinsniveaus
                                                                    weiter senken könnte.

IMMOBILIEN
                                        Bei den Immobilienanlagen setzen wir vor allem auf den
                                        Heimmarkt. Die Agios Schweizer Immobilienfonds sind
                                        im historischen Vergleich erhöht, allerdings bleibt die
                                        Dividendenrendite im Vergleich zu Staatsanleihen attraktiv.
                                        Bei internationalen Immobilienanlagen sehen wir in der
                                        Eurozone gute Chancen.

                                          ANLAGEPOLITIK | 1. Quartal 2021 | 5
Anlagepolitik - Q 1| 2021 Vertrauen - LUKB
BASISSZENARIO
       Die Coronavirus-Pandemie hält die Erholung der Weltwirtschaft in
  den kommenden Monaten noch zurück, eine erneute Rezession ist aber wenig
     wahrscheinlich. Die Verfügbarkeit von wirksamen Impfstoffen dürfte im
   Jahresverlauf 2021 dann einen zunehmend breiter werdenden Aufschwung
        ermöglichen. Eine expansive Geld- und Fiskalpolitik bleibt zudem
     als Stütze des Wachstums präsent. Die Inflation dürfte sich vorerst nur
                 in Richtung des Vorkrisenniveaus normalisieren.
                       Erwartete Marktauswirkungen:
      Unser Basisszenario stützt den mittelfristigen Ausblick von Aktien
    und Unternehmensanleihen. Staatsanleihen dürften dagegen Gegenwind
      verspüren. Die Reflationierung der Wirtschaft ist zudem positiv für
               Rohstoffe, Edelmetalle und Immobilienanlagen.

                                                   ALTERNATIVSZENARIEN

1.     Globale Rezession
        Ausgelöst z.B. durch eine sich weiter
verschlimmernde Welle der Coronavirus-
                                                                                        2.           Inflationärer Boom
                                                                                               Ausgelöst z.B. durch eine schnellere
                                                                                        Verfügbarkeit von Impfstoffen bzw. wirksame
Pandemie, eine Eskalation geopolitischer Kon-                                           Behandlungsmethoden bei gleichzeitig stark
flikte oder eine neue Schuldenkrise                                                     expansiver globaler Geld- und Fiskalpolitik

Erwartete Marktauswirkungen:                                                            Erwartete Marktauswirkungen:
Positiv für Gold, Schweizer Franken, Staats-                                            Positiv für Aktien, Risikoprämien von
anleihen der am niedrigsten verschuldeten                                               Unternehmen und Schwellenländern, Gold,
Staaten; negativ für Aktien, EUR und Schwel-                                            Rohstoffe, Hartwährungen und inflationsge-
lenländer-Vermögenswerte, Rohstoffe                                                     schützte Anleihen; negativ für Staatsanleihen

                Wachstum und Inflation der Industrieländer seit 2008

                                                   4          2021 (S)
                 Wachstum in % gegenüber Vorjahr

                                                   2
                                                                                                                      	Stand der Weltwirtschaft
                                                                                                                        per Dezember 2020 inkl.
                                                                                                          2008          Entwicklung seit 2008
                                                   0
                                                                                                                      	Erwarteter Stand der Welt-
                                                                                                                        wirtschaft in 12 Monaten
                                                   –2
                                                                                                                      	Durchschnittswerte seit
                                                                                                                        2000
                                                   –4                                                                (S)	LUKB-Schätzwerte

                                                   –6                 2020

                                                        0   0.5       1      1.5   2     2.5     3      3.5      4

                                                                  Inflation in % gegenüber Vorjahr

                                                            6 | ANLAGEPOLITIK | 1. Quartal 2021
Anlagepolitik - Q 1| 2021 Vertrauen - LUKB
MARKTEINSCHÄTZUNG
Wir empfehlen in gemischten Portfolios eine Überge-                        Risiko steigender Zinsen. Aktien gewichten wir leicht über
wichtung von Liquidität, um auf mögliche Marktopportu-                     aufgrund des besseren konjunkturellen Ausblicks für die
nitäten reagieren zu können. Die bedeutendste Gegenpo-                     nächsten Quartale. Innerhalb der nicht-traditionellen An-
sition dazu ist eine Untergewichtung in festverzinslichen                  lagen setzen wir Schweizer und Euro-Immobilien, Wan-
Anlagen. Sehr niedrige oder negative Renditeniveaus ma-                    delanleihen und Gold ein.
chen diese Anlageklasse unattraktiv. Zudem besteht das

                                        Markteinschätzungen und Positionierung
                                                per 4. Dezember 2020

Anlageklasse                                                       Kommentar
                                                                   Wir halten Liquidität für Marktopportunitäten und anstelle negativ
Liquidität                                                         verzinster CHF-Anleihen

                                                                   Wir empfehlen eine Untergewichtung festverzinslicher Anlagen aufgrund
Festverzinsliche Anlagen                                           der negativen bzw. sehr niedrigen Renditen
                                                                   Aufgrund der negativen Rendite und des Risikos tendenziell steigender
CHF                                                                Zinsen empfehlen wir eine Untergewichtung
                                                                   Wir reduzieren das Untergewicht marginal, da die Währungsperspektive sich
EUR                                                                etwas verbessert und der Ausblick anderer Märkte schlechter geworden ist
                                                                   Wir empfehlen, UK-Anleihen aufgrund ungünstiger Währungsperspektiven
GBP                                                                und des geringeren Renditevorteils neu tiefer zu gewichten
                                                                   Das Übergewicht in USD-Anleihen bauen wir aus Währungsüberlegungen
USD                                                                und aufgrund des Risikos weiter steigender Renditen ab
                                                                   CNY-Anleihen bieten sowohl von Währungs- als auch Zinsseite gutes
CNY                                                                Diversifikationspotenzial
                                                                   Die von uns erwartete USD-Schwäche und konjunkturelle Erholung
Schwellenländer                                                    eröffnen Potenzial für eine Reihe bisher stark gefallener EM-Währungen

                                                                   Trotz der bisherigen Erholung sehen wir mittelfristig Potenzial, kurzfristig
Aktienmärkte                                                       besteht ein gewisses Rückschlagsrisiko
                                                                   Schweizer Aktien sind derzeit aufgrund des hohen Gewichts defensiver
Schweiz
                                                                   Sektoren weniger interessant
                                                                   Als ein sehr zyklischer Aktienmarkt mit Aufholbedarf sehen wir Potenzial
Eurozone                                                           bei Aktien der Eurozone
                                                                   Aus Bewertungsperspektive ist der UK-Aktienmarkt attraktiv
Grossbritannien
                                                                   Der US-Markt ist aus relativer Perspektive einer der höher bewerteten,
USA                                                                weshalb wir ihn taktisch reduzieren
                                                                   Einer der zyklischen Märkte, die von einer globalen Konjunkturerholung pro-
Japan                                                              fitieren dürften. Die neue Regierung dürfte die Strukturreformen fortsetzen
                                                                   Wir erachten Aktien der Schwellenländer, insbesondere Asiens, als weiterhin
Schwellenländer                                                    attraktiv, da sie stark von der Konjunkturerholung profitieren dürften

                                                                   Die Quote der nicht-traditionellen Anlagen belassen wir leicht
Nicht-traditionelle Anlagen                                        übergewichtet
                                                                   Trotz einer erhöhten Bewertung sehen wir Schweizer Immobilienfonds
Immobilien Schweiz                                                 weiterhin als attraktive Alternative zu CHF-Obligationen
                                                                   Der Ausblick für Immobilien in der Eurozone ist bei einer Konjunkturerholung
Immobilien Eurozone                                                intakt
                                                                   Wandelanleihen sind aus Gründen der Portfoliodiversifikation weiterhin
Wandelanleihen global                                              interessant
                                                                   Nach der jüngsten Korrektur und angesichts von sich langsam aufbauendem
Gold                                                               Inflationsdruck erhöhen wir unsere Position in Gold

¢ stark untergewichtet   ¢ leicht untergewichtet    ¢ neutral   ¢ leicht übergewichtet   ¢ stark übergewichtet    ˜ Vorquartal

                                                   ANLAGEPOLITIK | 1. Quartal 2021 | 7
Anlagepolitik - Q 1| 2021 Vertrauen - LUKB
FOKUS

          Neustart und Reflationierung
             sind die Themen 2021
                       Das Jahr 2020 stellte uns alle vor enorme
                    Herausforderungen. Viele davon sind noch nicht
                     bewältigt. Im kommenden Jahr dürfte aber die
                         Rückkehr zur Normalität beginnen.
                                        Björn Eberhardt Leiter Investment Office

Das hinter uns liegende Jahr ist in vielerlei Hinsicht       Natürlich hatten die Massnahmen ihren Preis: Der
bemerkenswert und hebt sich damit sogar noch einmal          Teilstillstand der Wirtschaft und der damit verbundene
von der vorangegangenen Dekade mit ihren vielen aus-         Einkommensausfall wurden durch einen starken An-
serordentlichen Ereignissen ab. So brachte die Corona-       stieg der Staatsverschuldung und eine deutlich expansi-
virus-Pandemie innerhalb erschreckend kurzer Zeit            vere Geldpolitik abgefedert. Damit wird ein Teil der
enormes menschliches Leid mit sich. Gleichzeitig wurde       Last mit den kommenden Generationen geteilt.
dadurch ein Aspekt der Globalisierung Realität, den
man lange Zeit vor allem aus Science-Fiction-Filmen          Wäre aber nichts unternommen worden, hätte die
kannte – die Verbreitung des Virus selbst in entlegenste     Wucht der Rezession mit hoher Wahrscheinlichkeit
Winkel der Erde dank der sehr engen Vernetzung der           deutlich mehr Unternehmen die Existenz gekostet,
heutigen Welt durch Handels- und Verkehrsströme.             und die Zahl der Arbeitslosen wäre wohl wesentlich
                                                             höher. Auch wenn damit ein grösserer Teil der Last
Die Turbulenzen an den Finanzmärkten, die wir im             von den heutigen Generationen getragen worden wäre,
Frühjahr 2020 durchlebten, haben sich eingereiht in          so wären die Auswirkungen wohl dennoch für nach-
die Liste der rekordverdächtigen Marktbewegungen:
Nie ist der SMI schneller von einem Allzeithoch in
einen Bärenmarkt gesunken; nie haben Notenbanker            Entwicklung ausgewählter Vermögenswerte
und Finanzminister rascher die Geldschleusen und            in %, Gesamtrendite in CHF, 01.01. – 30.11.2020
Portemonnaies geöffnet; nie ist die Wirtschaft schärfer
                                                             30
eingebrochen als in diesem Frühjahr.
                                                             20
                                                             10
Wenn wir heute eine – vielleicht noch frühe – erste
                                                              0
Bilanz ziehen aus dem, was wir im Jahr 2020 erlebt
                                                             –10
haben, so kann man wohl sagen, dass die globalen
                                                             –20
Massnahmen zur Stützung der Weltwirtschaft bisher
                                                            –30
gut gewirkt haben: Dem Einbruch folgte eine ebenso
                                                            –40
rasche Erholung von Wirtschaft und Finanzmärkten,
                                                                   SMI

                                                                         Euro Stoxx 50

                                                                                         S&P 500

                                                                                                   Nasdaq Composite

                                                                                                                      Aktien Welt

                                                                                                                                    Aktien Schwellenländer

                                                                                                                                                             Staatsanleihen CHF

                                                                                                                                                                                  Unternehmensanleihen CHF

                                                                                                                                                                                                             Staatsanleihen global

                                                                                                                                                                                                                                     Unternehmensanleihen global

                                                                                                                                                                                                                                                                   EM-Anleihen Lokalwährung

                                                                                                                                                                                                                                                                                              Gold

                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Öl

                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Immobilienfonds Schweiz

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    US-Dollar

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                Euro

und der befürchtete massive Anstieg der Arbeitslosig-
keit ist glücklicherweise ausgeblieben.

                                         8 | ANLAGEPOLITIK | 1. Quartal 2021
Anlagepolitik - Q 1| 2021 Vertrauen - LUKB
folgende Generationen spürbar geblieben. Wirtschaft        Das zu Ende gehende Jahr sieht soweit nach
ist in der Regel kein Nullsummenspiel.                     einem respektablen Jahr für Anleger aus. Was
                                                           können wir für das kommende Jahr erwarten?
Viele Länder Europas sowie die USA durchlaufen in die-     Das Jahr 2021 wird aus unserer Sicht ein Jahr des Neu-
sen Tagen die zweite Welle der Coronavirus-Pandemie.       starts und der Reflationierung werden. Damit meinen
Diese ist in ihrem Ausmass deutlich umfassender als die    wir, dass die sich abzeichnende Verfügbarkeit eines
erste im Frühjahr. Die dadurch nötigen Eindämmungs-        Impfstoffs im Jahr 2021 vielen Branchen erlauben wird,
massnahmen werden die begonnene konjunkturelle Er-         ihre Kapazitäten wieder hochzufahren. Dadurch er-
holung erneut abbremsen. Wir gehen aber nicht davon        warten wir sehr kräftiges Wachstum, steigende Rohstoff-
aus, dass die Wirtschaft wieder so einbrechen wird wie     preise und eine Normalisierung der derzeit sehr niedri-
im 2. Quartal 2020. Denn die aktuellen Eindämmungs-        gen Inflation, was alles in allem mittelfristig für steigende
massnahmen werden zielgerichteter und konjunktur-          Renditen spricht. Vor diesem Hintergrund raten wir
schonender implementiert. Die baldige Verfügbarkeit        Anlegern, Staatsanleihen der Industrieländer in einem
von COVID-19-Impfstoffen stellt den entscheidenden         gemischten Portfolio tiefer zu gewichten. Chancen
Unterschied im Ausblick auf das Jahr 2021 dar.             bieten sich dagegen vor allem in Aktien, Immobilien,
                                                                                 inflationsgeschützten Anleihen,
Damit stellt sich uns die Frage,                                                 Rohstoffen und Edelmetallen. Bei
welche Themen im kommenden                                                       Aktien dürften die besonders unter
Jahr in den Fokus rücken werden.        «Die baldige Ver-                        den Coronavirus-Einschränkungen
Ich habe einige Fragen ausge-                                                    leidenden Sektoren über Aufhol-
wählt, die mir besonders relevant
                                        fügbarkeit von CO-                       potenzial verfügen.
erscheinen, und sie mit Experten        VID-19-Impfstoffen
aus unserem Asset Management                                                     Viele Anleger sind verun-
diskutiert. Hier sind meine Fragen
                                        stellt den entschei-                     sichert, ob die Renditeaus-
und die Antworten hinsichtlich          denden Unterschied                       sichten der Finanzmärkte
des Jahres 2021:                                                                 angesichts hoher Aktienbe-
                                        im Ausblick auf das                      wertungen und Negativzinsen
Wie verändert die kommen-               Jahr 2021 dar.»                          das Risiko rechtfertigen?
de Verfügbarkeit eines Impf-                                                    Diese Verunsicherung ist ver-
stoffs gegen das Coronavirus                                                    ständlich. Klar ist, dass die tiefe
den Ausblick für 2021?                                                          oder sogar negative Verzinsung es
Aus unserer Sicht ist dies ein ganz klarer «Game           unattraktiv macht, das Ersparte einfach auf dem Konto
Changer». Natürlich besteht noch einiges an Unsicher-      zu belassen bzw. in Anleihen zu investieren. Da wir
heit bezüglich der Impfstoff-Logistik. Dennoch stehen      im nächsten Jahr auch in der Schweiz wieder mit einer
die Chancen gut, dass wir heute in einem Jahr unser        positiven Inflationsrate rechnen, würde das Ersparte
Leben wieder weitgehend frei von den derzeitigen           auf diese Weise mit der Zeit an Kaufkraft verlieren. Wer
Restriktionen leben können. Damit sind die Vorzeichen      die Kaufkraft des Vermögens erhalten oder vergrös-
für eine kräftige konjunkturelle Erholung sehr gut.        sern will, muss ein gewisses Risiko in Kauf nehmen.
Gleichzeitig hat der strukturelle Wandel zum Beispiel      Am besten tut man dies über intelligent diversifizierte
in Richtung Digitalisierung einen enormen Schub            Portfolios. Diese bieten unserer Meinung nach auch
erfahren. Diese Veränderungen werden natürlich nicht       im gegenwärtigen Umfeld Renditeaussichten, die die
zurückgestellt, sondern werden uns weiter begleiten.       nötigen Risiken dafür rechtfertigen.
Dabei sind wir sogar optimistisch, was die Auswir-
kungen auf die Produktivität insgesamt anbelangt. Das
ist auch deswegen wichtig, da wir derzeit eine Phase
enormen demografischen Wandels durchlaufen.

                                        ANLAGEPOLITIK | 1. Quartal 2021 | 9
Anlagepolitik - Q 1| 2021 Vertrauen - LUKB
Eine 360-Grad-Betrachtung des Jahres 2020. Und ein Ausblick auf das Jahr 2021.
Wird die stark gestiegene Staatsverschuldung                Schaffung einheitlicher Produktstandards sind zwar
im Jahr 2021 zu einer Schuldenkrise führen?                 noch weitgehend aussen vor geblieben. Dennoch ist es
Davon gehen wir nicht aus. Sicher ist die Staatsver-        das erste Freihandelsabkommen, das China, Südkorea
schuldung in den vergangenen Monaten von bereits            und Japan umfasst. Auf bilateraler Ebene wären solche
sehr hohen Niveaus noch einmal weiter angestiegen.          Abkommen aufgrund historischer Animositäten kaum
Aber bei den aktuellen Zinsniveaus und angesichts der       denkbar gewesen. Klar ist aber auch, dass China die
Unterstützung durch die Zentralbanken stellen sich in       dominante Nation innerhalb von RCEP ist. Damit dürf-
vielen Ländern noch keine Bedenken ein hinsichtlich         te es künftig bei der Schaffung von Produktstandards
der Tragbarkeit. Wenn Wachstum und Inflation wie            in Asien eine grössere Rolle spielen, ohne dass die USA
erwartet zurückkehren, verbessert das die Tragbarkeit       oder die EU direkte Mitsprachemöglichkeiten haben.
zudem. Dennoch ist es wichtig, dass die Staatshaushalte     Für die Weltwirtschaft dürften mehr Stabilität, höheres
möglichst rasch wieder auf einen nachhaltigen Pfad          Wachstum und disinflationäre Effekte aus dem Abbau
zurückgeführt werden. Bei Ländern mit einer eigen-          von Handelsbarrieren und der damit verbundenen
ständigen Geldpolitik ist es dabei häufig die Währung,      Kostenreduktion resultieren.
die deutlicher unter nicht nachhal-
tigen Staatsfinanzen leidet als die                                             Welche langfristigen Trends
Staatsanleihen selbst, da die Zen-                                              erachten Sie als besonders
tralbank grundsätzlich jederzeit
                                         «Wer die Kaufkraft                     interessant für Anleger?
die Anleihen der eigenen Regie-          des Vermögens                           Wir befinden uns in einer sehr
rung mit neu geschaffenem Geld                                                   spannenden Zeit, in der viele fun-
erwerben kann.                           erhalten oder ver-                      damentale Transformationsprozes-
                                         grössern will, muss                     se zeitgleich ablaufen und mitein-
Die Geldpolitik ist global sehr                                                  ander interagieren. So erleben wir
locker geworden. Sind daher              ein gewisses Risiko                     rasche technologische Fortschritte,
Sorgen vor einem starken An-
stieg der Inflation berechtigt?
                                         in Kauf nehmen.                         gleichzeitig stellen sich enorme
                                                                                 Herausforderungen. Das Thema
Aus unserer Sicht ebenfalls nein.        Am besten tut man                       Klimawandel ist zum Beispiel wohl
Die Inflation wird im kommenden                                                  die grösste globale Herausforde-
Jahr sehr wahrscheinlich anstei-
                                         dies über intelli-                      rung für die Menschheit, an der
gen, aber das hat vor allem mit der      gent diversifizierte                    kein Weg vorbeiführt. Entspre-
Stabilisierung des Ölpreises zu tun,                                             chend werden sich Unternehmen
daneben auch mit der erwarteten          Portfolios.»                            und auch der Finanzsektor noch
Konjunkturerholung. Ein nachhal-                                                 viel mehr als bisher dieser Thema-
tiger Anstieg der Inflation setzt                                                tik annehmen müssen. Aus An-
aber eine Preissetzungsmacht der Unternehmen vor-           legerperspektive gibt es viele Industriezweige, die von
aus, die derzeit in der Breite noch nicht erkennbar ist.    diesem Wandel profitieren – etliche bereits seit Jahren,
In diesem Zusammenhang ist das Verweisen auf die            wie beispielsweise die Bereiche der E-Mobilität oder der
sogenannte Vermögenspreisinflation nicht zielführend:       sauberen Energieerzeugung. Andere Herausforderun-
Inflation stiehlt uns Kaufkraft, steigende Vermögens-       gen ergeben sich aus dem demografischen Wandel und
werte erhöhen sie. Das Problem steigender Vermögens-        der steigenden Lebenserwartung. Auch hier gibt es
werte verschärft dagegen Verteilungsprobleme, u.a.          Interaktionen, zum Beispiel mit dem Trend zur Digitali-
zwischen den Generationen, aber natürlich auch inner-       sierung oder den Entwicklungen im Bereich der künst-
halb derselben.                                             lichen Intelligenz, die bereits in der Biotechnologie rege
                                                            genutzt werden. Zu den breiten Anwendungsbeispielen
Die Geopolitik wird massgeblich vom Aufstieg                zählen u.a. die Diagnostik oder die Entwicklung neuer
Chinas geprägt. Was bedeutet das neue asia-                 Medikamente, wo sich zum Teil revolutionäre Verände-
tische Handelsabkommen für Weltwirtschaft                   rungen ergeben könnten.
und Finanzmärkte?
Der neue asiatisch-pazifische Handelspakt RCEP ist
ein wichtiger Schritt der wirtschaftlichen Integration
in Asien. Viele wichtige Punkte wie zum Beispiel die

                                        ANLAGEPOLITIK | 1. Quartal 2021 | 11
Konjunktur und Geldpolitik
Die Aussichten für die globale Kon-                                  wicklung von Impfstoffen gegen das Coronavirus. Auf
                                                                     den kurzfristigen Konjunkturverlauf allerdings haben
junktur für 2021 und 2022 sind posi-                                 sie noch keinen Einfluss. Mittelfristig wird es sich je-
tiv. Die Coronavirus-Pandemie wird                                   doch positiv auf die Wirtschaft auswirken, denn mit weit-
zwar die Wirtschaft vorerst noch                                     hin verfügbaren Impfstoffen können die Mobilitäts- und
                                                                     Kontaktbeschränkungen gelockert werden.
beeinträchtigen. Jedoch hat deren
Widerstandsfähigkeit zugenommen.                                     Wachstumsbasis wird breiter
                                                                     In den letzten Monaten haben sich die Antriebskräfte
Die Zahl der Menschen, die sich mit dem Coronavirus                  der Konjunkturerholung von den konsumnahen Sekto-
angesteckt haben und die an COVID-19 verstorben sind,                ren hin zur Industrie verschoben. Die Industrie profitiert
ist in den letzten Wochen rasant gestiegen – vor allem in            u.a. davon, dass die internationalen Lieferketten wieder
Europa und den USA. Entsprechend haben die Regierun-                 funktionieren. Zudem gibt es in einigen Bereichen der
gen in vielen Ländern die Massnahmen zur Eindämmung                  Wirtschaft noch immer grossen Nachholbedarf, bei-
des Virus wieder verschärft. Die Kontakt- und Mobilitäts-            spielsweise um Lagerbestände wieder aufzufüllen. Gleich-
einschränkungen machen dabei vor allem Unternehmen                   zeitig fragen Länder wie China, dessen Konjunktur sich
aus dem Freizeit- und Gastgewerbe sowie aus der Rei-                 kräftig erholt, wieder vermehrt Güter aus dem Ausland
sebranche zu schaffen. Diese Restriktionen werden die                nach. Somit ist die Basis des Wirtschaftswachstums brei-
Konjunktur daher im 4. Quartal 2020 beeinträchtigen. Wir             ter geworden.
gehen aber davon aus, dass es sich um eine vorüberge-
hende Dämpfung handelt.                                              Fiskalpolitik stützt Konjunktur
                                                                     Auch wenn wir für 2021 mit einem Wachstum der Welt-
Globale Konjunktur entwickelt sich heterogener                       wirtschaft von 5.4 % rechnen, sind wir von einer nach-
Insgesamt hat auch die Widerstandsfähigkeit der Welt-                haltigen Erholung noch weit entfernt. Zumal die Corona-
wirtschaft zugenommen. Das liegt zum Beispiel daran,                 virus-Pandemie noch nicht überstanden ist. Erst wenn
dass sich die Konjunktur regional unterschiedlich ent-               ein wirksamer Impfstoff gegen das Virus flächendeckend
wickelt. Sie ist damit besser in der Lage, Konjunktur-               verfügbar ist, kann sich so etwas wie konjunkturelle Nor-
abschwünge in einer Region durch eine robuste Wirt-                  malität wieder einstellen. Solange bedarf es noch der fis-
schaftsentwicklung andernorts abzufedern. Gleichzeitig               kalpolitischen Hilfsmassnahmen, um die Wirtschaft zu
melden einige Pharmaunternehmen Erfolge bei der Ent-                 stützen. Hierbei gehen wir für die USA davon aus, dass

Wachstum der Weltwirtschaft                                          Ausgewählte Wachstumsprognosen
in % gegenüber Vorjahr, inflationsbereinigt                          in % gegenüber Vorjahr, inflationsbereinigt

 6                                                                    10

 4
                                                                       5
 2
                                                                       0
 0
                                                                      –5
–2

–4                                                                   –10
                                                                               Schweiz

                                                                                               Eurozone

                                                                                                                   USA

                                                                                                                         China
     2017

                 2018

                             2019

                                          2020

                                                   2021

                                                             2022

˜ Realisierte Werte     ˜ LUKB-Prognose                              ˜ 2020    ˜ 2021    ˜ 2022

                                                 12 | ANLAGEPOLITIK | 1. Quartal 2021
sich Demokraten und Republikaner doch noch auf ein
Fiskalpaket zur Stimulierung der Konjunktur einigen wer-
den. Auch für die Europäische Union (EU) erwarten wir,
dass die Gelder aus dem Corona-Wiederaufbaufonds im
kommenden Jahr fliessen werden. Die EU wird dabei erst-
mals Anleihen emittieren, um das Hilfspaket zu finanzie-
ren. Unter dem Strich bleiben die Haushaltssalden damit
auch 2021 tief im roten Bereich und die Staatsschulden auf
hohen Niveaus.

                                                             Brian Mandt
Inflation bleibt moderat                                     Chefökonom
Im Zuge der konjunkturellen Verbesserung wird die In-
flation in vielen Ländern steigen. Hierbei handelt es sich
vor allem um einen positiven Rückpralleffekt auf die zu-     Abwärtsrisiken kurzfristig erhöht
vor negative Entwicklung. Das Inflationsumfeld bleibt je-    Insgesamt sind die Risiken für die globalen Wachstums-
doch 2021 und 2022 angesichts einer noch niedrigen Res-      perspektiven kurzfristig abwärtsgerichtet. Grund hier-
sourcenauslastung moderat. In diesem Umfeld werden           für sind vor allem ein anhaltender Anstieg der Infekti-
die Zentralbanken der Schweiz, des Euroraums und der         onen mit dem Coronavirus und die damit verbundene
USA ihren ultra-expansiven geldpolitischen Kurs fortfüh-     Verschärfung der Eindämmungsmassnahmen. Darüber
ren. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat bereits sig-      hinaus besteht die Gefahr, dass es länger als erwartet
nalisiert, dass sie im Dezember 2020 geldpolitische An-      dauern könnte, bis Impfstoffe weltweit zur Verfügung
passungen vornehmen wird, um die Konjunktur weiter           stehen. Doch es gibt auch Chancen, dass die globale
zu stützen. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Leit-       Konjunktur kräftiger wächst als in unserem Basissze-
zinsen auf Jahressicht unverändert bleiben.                  nario. Aufwärtschancen sehen wir vor allem darin, dass
                                                             ein Impfstoff rasch flächendeckend bereitgestellt wird.
China wird zur Wachstumslokomotive                           Zusammen mit den expansiven geld- und fiskalpoliti-
Für 2021 erwarten wir, dass sich die Konjunktur welt-        schen Massnahmen kann das zu einem schnelleren und
weit verbessert. Allerdings unterscheiden sich Tempo         stärkeren Konjunkturaufschwung führen.
und Stärke der Erholung von Land zu Land. Das hängt
sowohl von der Dauer und der Schärfe der Corona-Re-
striktionen ab als auch von der Struktur der jeweiligen
Wirtschaft. In Spanien und Italien beispielsweise hat
der Tourismussektor einen höheren Anteil an der Wert-
schöpfung als in der Schweiz und in Deutschland. Der
Tourismussektor ist eine der Branchen, die hart unter
der Pandemie leiden. Die Schweiz profitiert dagegen
davon, dass die chemisch-pharmazeutische Industrie ei-
nen hohen Anteil an der Wirtschaftsleistung hat. Dieser
Industriezweig ist gegenüber konjunkturellen Schwan-
                                                               IN KÜRZE
kungen robuster. In der Pandemie werden zudem Ge-              Die globale Konjunktur wird sich in den Jahren 2021
sundheitsprodukte stark nachgefragt. Auch Chinas Wirt-         und 2022 deutlich erholen
schaft hat einen relativ grossen Industriesektor, der sich
                                                               Kurzfristig bestehen jedoch noch Abwärtsrisiken
in den letzten Monaten deutlich erholt hat. Das Reich der
                                                               aufgrund steigender Neuinfektionszahlen und
Mitte wird 2021 mit einem realen Wirtschaftswachstum
                                                               Verzögerungen beim Fiskalstimulus
von 8.3 % die Rolle der globalen Wachstumslokomotive
übernehmen.                                                    Lockere Geld- und Fiskalpolitik dürfte die Wirtschaft
                                                               aber grundsätzlich auf absehbare Zeit unterstützen

                                         ANLAGEPOLITIK | 1. Quartal 2021 | 13
Festverzinsliche Anlagen
                                              Die Kapitalmarktrenditen dürften 2021 niedrig
                                              bleiben. Konjunkturerholung, Inflationsanstieg und
                                              hohe Staatsschulden sprechen zwar für einen
                                              Anstieg. Doch die Anleihenkäufe der Zentralbanken
                                              üben dämpfende Effekte aus.

                                              Die Rendite 10-jähriger Schweizer Staatsanleihen hat sich in den letzten Wo-
                                              chen auf sehr niedrigem Niveau weitgehend seitwärts bewegt. Ähnliches
Brian Mandt                                   gilt für das deutsche Pendant der Bundesanleihen, die als Benchmark für
Chefökonom
                                              den Euroraum-Rentenmarkt gelten. Zwischenzeitlich hatte sich der Rendite-
                                              aufschlag von Schweizer gegenüber deutschen Anleihen auf etwas mehr als
                                              10 Basispunkte ausgeweitet. Mit den Aussichten auf einen Wahlsieg Joe Bidens
                                              kletterte die 10-jährige Treasury-Rendite, die Staatsanleihen der USA, bis An-
                                              fang November auf knapp 1 %. Seitdem gab es einen leichten Rücksetzer in
                                              die Spanne von 0.8 bis 0.9 %.

Die Renditen würden                           Die Staatsanleihenrenditen der Hauptmärkte dürften auch in den kommenden
steigen …                                     Monaten auf niedrigem Niveau verharren. Dabei gibt es durchaus Faktoren,
                                              die für einen Renditeanstieg sprechen.

                                              So gehen wir davon aus, dass sich die Konjunktur in einer Reihe von Indus-
                                              triestaaten im kommenden Jahr erholen wird, was für sich allein schon höhe-
                                              re Renditen rechtfertigen würde. Die globale Nachfrage nach Rohstoffen wird
                                              damit wieder anziehen. Im Schlepptau der konjunkturellen Verbesserung und
                                              wieder steigender Kapazitätsauslastung dürfte auch die Inflation zunehmen.

                                              Gleichzeitig ist die Staatsverschuldung dieses Jahr deutlich angestiegen.
                                              In manchen Regionen und Staaten dürfte sie sogar nochmals ausgeweitet
                                              werden – so z.B. in der Europäischen Union (EU). Für die EU sehen wir da-
                                              bei gute Chancen, dass das Haushalts- und Finanzpaket im Volumen von

Staatsverschuldung in ausgewählten Regionen                       Leitzins und Rendite 10-j. Staatsanleihen Schweiz
in % vom BIP, gepunktete Linien = IWF-Prognosen                   in %

160                                                                0.50
140                                                                0.25
120                                                                0.00
100
                                                                  –0.25
 80
                                                                  –0.50
 60
                                                                  –0.75
 40
 20                                                               –1.00
  0                                                               –1.25
      2010

                          2015

                                       2020

                                                      2025

                                                                          2017

                                                                                    2018

                                                                                                 2019

                                                                                                              2020

                                                                                                                        2021

˜ USA        ˜ Eurozone    ˜ Schweiz                              ˜ 10-jährige Staatsanleihen   ˜ Leitzins   ˜˜ LUKB-Prognosen

                                              14 | ANLAGEPOLITIK | 1. Quartal 2021
EUR 1.8 Bio. im Dezember verabschiedet wird. Polen und Ungarn haben
zwar ihr Veto eingelegt. Doch ein Kompromiss ist wahrscheinlich. Das Hilfs-
paket sieht sogar vor, dass die EU selber Anleihen emittieren darf. Dieses
weiter steigende Angebot an neuen Staatsanleihen kann Aufwärtsdruck auf
die Renditen ausüben.

Für die USA gehen wir davon aus, dass sich Demokraten und Republikaner
doch noch auf ein Fiskalpaket einigen werden, um die Konjunktur zu stützen.
Die Dringlichkeit hat jedenfalls zugenommen, denn etliche bestehende Hilfs-
programme laufen Ende dieses Jahres aus. Zudem droht mit dem kräftigen
Wiederanstieg der Neuinfektionen Ungemach für die Wirtschaft, was sich
auch negativ auf die Finanzmärkte auswirken könnte.

Doch wer auf einen kräftigen Renditeanstieg setzt, macht die Rechnung ohne       … wären da nicht die
die Notenbanken. Mit ihren Anleihenankaufprogrammen werden sie auch im           Zentralbanken
kommenden Jahr versuchen, die Kapitalmarktrenditen auf niedrigen Niveaus
zu halten. Die EZB hat sogar signalisiert, dass sie ihre Geldpolitik im Dezem-
ber weiter lockern möchte, um die Konjunktur zu stützen. Mitte 2021 planen
die europäischen Währungshüter zudem, die Neuausrichtung ihrer geld-
politischen Strategie bekanntzugeben. Hierbei dürften sie den Kollegen der
US-Notenbank folgen und künftig längere Phasen eines Überschiessens der
Inflation über den Zielwert von 2 % zulassen. Auch die Zentralbanken in den
USA und der Schweiz haben mehrfach signalisiert, dass sie Gewehr bei Fuss
stehen, um die Liquiditäts- und Kreditversorgung der Wirtschaft zu gewähr-
leisten. Leitzinsanhebungen schliessen wir vor diesem Hintergrund für 2021
praktisch aus.

Per Saldo rechnen wir damit, dass sich der Krebsgang bei den Staatsanleihen-     Renditen dürften nur sehr
renditen im kommenden Jahr fortsetzen wird und es nur zu einem sehr leich-       wenig steigen
ten Anstieg der Renditen über die kommenden Quartale kommen dürfte. Das
macht Staatsanleihen aus der Risiko-Ertrags-Perspektive wenig interessant.
Bei Unternehmensanleihen sehen wir in den kommenden Monaten nur noch
geringes Potenzial dafür, dass sich die Risikoaufschläge weiter verringern.
Die Renditedifferenzen gegenüber Benchmarkanleihen hatten sich bereits in         IN KÜRZE
den letzten Monaten deutlich eingeengt. Dennoch stellen sie weiterhin die
                                                                                  Niveau der Staatsanleihenren-
wesentliche Alternative zu den Staatsanleihen dar. Ähnliches gilt für Schwel-
                                                                                  diten bleibt trotz Konjunktur-
lenländeranleihen. Hier hat sich zum einen gezeigt, dass insbesondere chine-
                                                                                  erholung auch 2021 wohl niedrig
sische Yuan-Anleihen eine gute Realverzinsung und Diversifikation zeigen.
Zum anderen bieten aber auch andere Lokalwährungs-Schwellenländeran-              Staatsanleihen der Hauptmärkte
leihen weiterhin interessante Opportunitäten. Das gilt vor allem, wenn im         aus Rendite-Risiko-Perspektive
nächsten Jahr wie von uns erwartet eine kräftige globale Konjunkturerho-          unattraktiv
lung einsetzt und der US-Dollar zur Schwäche neigt.
                                                                                  Positive Aussichten für
                                                                                  Schwellenländeranleihen

                                                                                  CNY-Anleihen auch aus Diversi-
                                                                                  fikationsgründen attraktiv

                                        ANLAGEPOLITIK | 1. Quartal 2021 | 15
Aktienmärkte
                                                             Die Aktien-Rally nach dem Corona-Schock präg-
                                                             ten Titel von Unternehmen, die zu den Pandemie-
                                                             Gewinnern zählten. Mit der Aussicht auf einen
                                                             COVID-19-Impfstoff rücken zyklische Werte wieder
                                                             in den Fokus. Damit gewinnen die Aktienmärkte,
                                                             die von günstigen Rahmenbedingungen profitieren,
                                                             an Breite.
Reto Lötscher
Leiter Finanzanalyse
                                                             Ein turbulentes Jahr für Aktien neigt sich dem Ende entgegen. Ein Blick auf
                                                             die ersten Monate des neuen Jahres lässt erwarten, dass das Umfeld für Aktien
                                                             attraktiv bleibt. Die steigende Zahl an COVID-19-Neuinfektionen sorgt zwar
                                                             für neue Eindämmungsmassnahmen. Diesen wird aber durch umfassende
                                                             fiskalpolitische Interventionen entgegengewirkt. In den USA zum Beispiel
                                                             erachten wir es als wahrscheinlich, dass sich die Parteien in den kommenden
                                                             Wochen auf ein weiteres Fiskalpaket zur Stützung der Konjunktur einigen
                                                             werden. Dank solcher Konjunkturpakete werden die negativen Folgen der
                                                             Massnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie für die Aktien-
                                                             märkte abgefedert.

                                                             Die global expansive Geldpolitik wird vorderhand weitergeführt. Dadurch wer-
                                                             den die Renditen für Obligationen auf tiefem Niveau verharren. Aktienmarkt-
                                                             renditen bleiben damit im Vergleich zu Obligationenrenditen attraktiv. Ein
                                                             Bewertungsmass für Aktien, das die Niveaus der Renditen an den Obligatio-
                                                             nenmärkten mit einrechnet, ist die Risikoprämie. Je höher die Risikoprämie,
                                                             desto attraktiver ist ein Aktienmarkt im Vergleich zum Obligationenmarkt.
                                                             Die Risikoprämie für Schweizer Aktien gegenüber Schweizer Staatsanleihen
                                                             liegt bei 5.7 % und der langjährige Durchschnittswert bei 5.4 %. Für den US-
                                                             Aktienmarkt liegen die entsprechenden Werte bei 3.4 % und 3 %.

Risikoprämie, CH-Aktien vs. CH-Staatsanleihen                                      Gesamtrendite verschiedener Aktienmärkte
in %                                                                               in %

10                                                                                  20
                                                                                    10
8
                                                                                     0
6                                                                                  –10
                                                                                   –20
4
                                                                                   –30
                                                                                                     Euro Stoxx 50
                                                                                           SPI

                                                                                                                     FTSE 100

                                                                                                                                   S&P 500

                                                                                                                                             Topix

                                                                                                                                                     MSCI EM

2

0
     2000

            2002

                   2004

                          2006

                                 2008

                                        2010

                                               2012

                                                      2014

                                                              2016

                                                                     2018

                                                                            2020

                                                                                   ˜ Gesamtrendite bis Ende Oktober             ˜ Gesamtrendite ab November
˜ Risikoprämie Schweizer Aktien           ˜ Durchschnitt seit 2000                 ˜ Gesamtrendite seit Jahresbeginn

                                                             16 | ANLAGEPOLITIK | 1. Quartal 2021
Bevorzugte Aktiensektoren in einzelnen Regionen
Aktienmarkt         Bevorzugte Sektoren
Schweiz             Industrie, Versicherungen, zyklischer Konsum
Eurozone            Energie, Industrie, Versicherungen
UK                  Energie, Grundstoffe
USA                 Energie, Industrie, zyklischer Konsum
Japan               Industrie, zyklischer Konsum
Schwellenländer     Technologie

Diese Kennzahlen sind ein Hinweis darauf, dass sowohl der Schweizer Aktien-
markt als auch der US-Aktienmarkt im historischen Vergleich fair bewertet
sind, obwohl sie sich in der Nähe historischer Kurshöchststände bewegen.
Die Risikoprämien verdeutlichen auch, dass ein Vergleich zur Technologie-
blase im Jahr 2000 trotz neuer Rekordkurse nicht angebracht ist. Die Rahmen-
bedingungen für die Aktienmärkte sind angesichts des Tiefzinsumfeldes heute
günstiger. Zudem sind auch die Gewinnmargen der Titel heute im Durch-
schnitt stärker.

Neue Perspektiven dank Impfstoff
Seit Anfang November der erste Durchbruch bei einem COVID-19-Impfstoff
vermeldet wurde, haben sich an den Aktienmärkten neue Perspektiven er-
öffnet. Märkte, die aufgrund ihrer zyklischen Ausrichtung bis Ende Oktober
wenig gefragt waren, finden nun mehr Anklang bei den Investoren. Zu den
am besten rentierenden Aktienindizes im November zählten der Euro Stoxx 50
und der FTSE 100. Zyklische Sektoren wie Industrie, Grundstoffe, Energie oder
zyklischer Konsum machen in den beiden Märkten 45 % bzw. 40 % aus. Zum
Vergleich, im defensiven Schweizer Aktienmarkt haben diese Sektoren einen
Anteil von rund 21 %. Rückschläge bei der Impfstoff-Entwicklung könnten
die Märkte natürlich wieder in alte Muster zurückwerfen. Zykliker würden
dann wieder Abgaben verzeichnen.

Beim britischen Aktienmarkt schwingt die Hoffnung auf eine Einigung zwi-
schen der EU und Grossbritannien in den Brexit-Verhandlungen mit. Wir
erwarten, dass es dazu in letzter Minute kommen wird oder es zumindest
ein klares Bekenntnis zur Vermeidung eines ungeordneten Austritts Gross-           IN KÜRZE
britanniens aus der Freihandelszone geben wird. Beide Ergebnisse haben in
                                                                                   Rahmenbedingungen für Aktien
unterschiedlicher Ausprägung das Potenzial, den FTSE 100 zu stützen. Die
                                                                                   bleiben attraktiv
Unsicherheiten bezüglich politischer Prognosen sind wie immer hoch.
                                                                                   Impfstoff eröffnet zyklischen
Zyklische Sektoren haben Aufholpotenzial                                           Märkten neue Perspektiven
Aus Sektorensicht eröffnen sich neue Investitionsgelegenheiten, wenn man
                                                                                   Zyklische Sektoren mit Aufhol-
wie wir davon ausgeht, dass die COVID-19-Impfstoffe im nächsten Jahr An-
                                                                                   potenzial: Industrie, Öl und Gas
wendung finden.
                                                                                   sowie zyklischer Konsum

Zu den Gewinnern dürften Sektoren zählen, die in der Krise von den Investo-        Trend zu Digitalisierung setzt
ren gemieden wurden. Die Situation wird sich zum Beispiel für Unternehmen          sich fort, aber mit etwas lang-
aus dem Tourismus- oder Reisesektor entspannen. Auch Unternehmen im Öl-            samerer Dynamik als 2020

                                            ANLAGEPOLITIK | 1. Quartal 2021 | 17
und Gassektor sowie aus der Industrie könnten davon profitieren, dass sich
                                                          die volkswirtschaftlichen Aussichten aufhellen. Für viele dieser zyklischen
                                                          Unternehmen bedeutet dies, dass ein Ende der Nachfrageschwäche absehbar
                                                          ist. Man muss sich aber dennoch bewusst sein, dass eine flächendeckende
                                                          Versorgung mit Impfstoffen frühestens im ersten Halbjahr 2021 realistisch
                                                          ist. Damit werden sich grundlegende Erfolge in den Ergebnissen der Unter-
                                                          nehmen erst mittelfristig zeigen. Bis dahin wird vor allem Hoffnung einge-
                                                          preist. Unternehmen, die vor einem beschleunigten Strukturwandel stehen
                                                          (z.B. Teile des Einzelhandels, Tabakindustrie), werden trotz des Impfstoffs
                                                          weiterhin schwierigen Zeiten entgegensehen.

                                                          Das bedeutet aber nicht, dass die Wachstumstitel, die während der COVID-19-
                                                          Krise profitiert haben, in Zukunft zu den Verlierern zählen. Wir erwarten, dass
                                                          die Aufwärtsbewegung an den Aktienmärkten 2021 an Breite gewinnt. Dies
                                                          wird durch den «Stay-at-home»-Index Europa der LUKB verdeutlicht. Dieser
                                                          beinhaltet Titel, die davon profitiert haben, dass die Menschen zu Hause blei-
                                                          ben mussten. Der Index enthält unter anderem Zalando und Logitech. Seit Mitte
                                                          des Jahres hat sich der «Stay-at-home»-Index Europa im Vergleich zum breiten
                                                          Europe Stoxx 600 deutlich besser entwickelt.

                                                          Die Bekanntgabe der positiven Impfstoffstudien haben im November inner-
                                                          halb weniger Tage dazu geführt, dass der «Stay-at-home»-Index Europa deut-
                                                          lich an Boden verlor, während der breite Europe Stoxx 600 klar zulegte. Der
                                                          negative Trend unseres Index hat sich aber schnell wieder stabilisiert, und
                                                          wir gehen auch für die Zukunft davon aus, dass der Index seine Aufwärtsbe-
                                                          wegung fortsetzt. Viele enthaltene Titel profitieren von langfristigen struktu-
                                                          rellen Trends. Diese haben sich während des Lockdowns beschleunigt (z.B.
                                                          Online-Shopping oder Homeoffice). Sie sind mit dem Ende der Krise nicht
                                                          vorbei. Wir erwarten, dass sich dieser Trend langfristig fortsetzt, vermutlich
                                                          aber mit geringerem Wachstum als in den vergangenen Monaten. Zykliker
                                                          haben zurzeit das bessere Momentum.

Gewinnerwartungen ausgewählter Märkte für 2021                                 Stay-at-home-Index Europa vs. Stoxx Europe 600
indexiert, Feb 2020 = 100                                                      indexiert, Jul 2020 = 100

105                                                                            120
100                                                                            115
 95                                                                            110
 90
                                                                               105
 85
                                                                               100
 80
 75                                                                             95
 70                                                                             90
      Feb 2020

                 Apr 2020

                            Jun 2020

                                               Aug 2020

                                                              Okt 2020

                                                                                     Jul 2020

                                                                                                Aug 2020

                                                                                                             Sep 2020

                                                                                                                            Okt 2020

                                                                                                                                       Nov 2020

˜ Schweiz ˜ Schwellenländer            ˜ USA     ˜ Eurozone
˜ Grossbritannien                                                              ˜ Stay-at-home-Index Europa         ˜ Stoxx Europe 600 Index

                                                          18 | ANLAGEPOLITIK | 1. Quartal 2021
Währungen
Der US-Dollar hat in den vergangenen Monaten
aufgrund des gesunkenen Zinsvorteils und stei-
gender US-Verschuldung bei Investoren deutlich
an Attraktivität eingebüsst. Die Währung ist aus
unserer Sicht weiterhin überbewertet und dürfte
u.a. wegen der lockeren Geldpolitik der Fed auch
künftig unter Druck bleiben.
                                                                               Josh Bouchard
                                                                               Investment-Stratege
Bis zum Beginn des Jahres 2020 stand der US-Dollar in globalen Portfolios
klar im Vordergrund. Die Währung erschien wegen der stärkeren Real-
wirtschaft und des höheren Zinsniveaus attraktiver, was Anleger auf der
Suche nach höheren Renditen anlockte. Diese Geldzuflüsse über die letzten      Realer Aussenwert des USD
Jahre bewirkten eine Aufwertung des USD auf überbewertete Niveaus.             gegenüber Handelspartnern
                                                                               Über- bzw. Unterbewertung in %
Seither hat sich das Umfeld jedoch komplett geändert. Als Reaktion auf
                                                                                30
die Krise haben die Notenbanken der Welt ihre Geldpolitik stark gelockert.
Vor allem die US-Fed hat durch ihre Zinssenkungen und die Umsetzung             20
eines riesigen Anleihenkaufprogramms aussergewöhnlich viel Liquidität in
                                                                                10
die Wirtschaft gepumpt, um die Konjunktur zu stützen. Die Märkte haben
auf den Rückgang des Zinsvorteils reagiert und das Niveau der US-Währung         0
neu bewertet, insbesondere im Vergleich zum Schweizer Franken, aber auch
                                                                               –10
zum Euro.
                                                                               –20
Die Möglichkeit einer «blauen Welle», d.h. einer Kontrolle von Kongress und
                                                                                     1970

                                                                                            1980

                                                                                                   1990

                                                                                                          2000

                                                                                                                 2010

                                                                                                                        2020
Präsidentschaft durch die Demokraten, liess im Vorfeld der US-Wahlen
einen weiteren Rückgang des US-Dollars erwarten. Zwar ist diese nicht ein-     ˜ Realer Aussenwert des US-Dollars
getreten. Dennoch bleibt der Ausblick für den Dollar ungünstig: So könnten
die US-Zölle gegenüber China gelockert werden, was tendenziell abschwä-
chende Effekte auf den USD hätte. Ein mögliches Ausbleiben eines Fiskal-
pakets könnte dazu führen, dass die Fed die Situation entschärfen müsste,
was ebenfalls negativ für den USD wäre. Daneben stehen die USA vor gros-
                                                                                 IN KÜRZE
sen Herausforderungen und enormen Schulden, die wahrscheinlich durch             Die Attraktivität des USD als
lockere Geldpolitik und tiefere Renditen angegangen werden müssen.               Anlagewährung hat abgenom-
                                                                                 men, was bereits zu einer
Obwohl die Corona-Krise die Konjunktur etlicher Industrieländer in ver-          Abwertung führte
gleichbarem Ausmass in Mitleidenschaft zog, traf sie die USA in einer Situa-
                                                                                 Wir schätzen den USD auch
tion einer überbewerteten Währung (Abbildung rechts). Während der
                                                                                 auf dem aktuellen Niveau noch
US-Dollar bereits etwas abgewertet hat, gehen wir davon aus, dass der
                                                                                 als überbewertet ein
Abwärtstrend noch länger anhalten dürfte, solange die Geldpolitik so locker
und der Ausblick für die Verschuldung so ungünstig bleiben. Währungen            Für die kommenden Monate er-
von Ländern mit stärkerem Wachstum und/oder einem besseren fiskalpoli-           warten wir aufgrund der locke-
tischen Ausblick (z.B. China, Teile von Asien, die Schweiz) sollten dagegen      ren Fed-Politik und steigenden
weiterhin profitieren.                                                           US-Staatsverschuldung weiteren
                                                                                 Abwertungsdruck beim USD

                                       ANLAGEPOLITIK | 1. Quartal 2021 | 19
Immobilien
                                                           Schweizer Immobilienfonds sind relativ gut durch
                                                           die Corona-Krise gekommen und bleiben aufgrund
                                                           ihrer defensiven Eigenschaften weiterhin interes-
                                                           sant. Bei gelisteten internationalen Immobilienanla-
                                                           gen gilt es, Sektoren mit strukturellen Nachteilen
                                                           zu vermeiden.
                                                           Schweizer Immobilienfonds sind vergleichsweise gut durch die Corona-Krise
Tom Eyer                                                   und den dadurch ausgelösten Wirtschaftseinbruch gekommen. Seit Jahres-
Analyst Immobilienanlagen
                                                           anfang notiert der breite Immobilienfondsindex 4.5 % im Plus. Insbesondere
                                                           Wohnimmobilienfonds verzeichneten deutliche Kursgewinne (+14.2 %), da sie
                                                           kaum von Mieteinnahmeausfällen betroffen waren und als defensive Anlage
                                                           gesucht wurden. Auch bei den gemischten Immobilienfonds, welche Wohn-
                                                           und Gewerbeliegenschaften vermieten, hielten sich die Mieteinnahmeausfälle
                                                           in Grenzen.

Nachfrageüberhang nach                                     Wir gehen weiterhin von einem guten Ausblick vor allem für Schweizer
städtischem Wohnraum                                       Wohnimmobilienfonds aus. Zwar hat die Zahl frei stehender Wohnungen im
hält an                                                    schweizweiten Durchschnitt im Jahr 2020 erneut leicht zugelegt und dürfte
                                                           auch im nächsten Jahr steigen. Der Nachfrageüberhang nach Wohnraum in
                                                           den Städten bleibt aber bestehen. Dies hat zur Folge, dass die Leerstandsquote
                                                           in den Städten unverändert tief bleiben wird und es bei Wiedervermietungen
                                                           zu Preissteigerungen kommen dürfte. Davon werden insbesondere die Fonds
                                                           profitieren, die über Immobilien an sehr guten städtischen Standorten verfü-
                                                           gen. Bei kommerziellen Liegenschaften, welche auch Bürogebäude umfas-
                                                           sen, sind die negativen Auswirkungen der Pandemie wegen Faktoren wie des
                                                           Trends zum Homeoffice je nach Sektor noch länger spürbar. Vor dem Hinter-
                                                           grund, dass die Corona-Pandemie noch nicht vorüber ist und vermutlich auch

Perfomance ausgewählter Immobilienanlagen                                      Differenz Ausschüttungsrendite Schweizer
Jan 2020 = 100, in Lokalwährung                                                Immobilienfonds vs. Schweizer Staatsanleihen
120                                                                             5%
110                                                                             4%
100
                                                                                3%
 90
                                                                                2%
 80
 70                                                                             1%
 60                                                                             0%
 50                                                                             –1%
                                                                               –2%
      Jan 2020

                 Mär 2020

                              Mai 2020

                                                Jul 2020

                                                                    Sep 2020

                                                                                      2008

                                                                                             2010

                                                                                                     2012

                                                                                                              2014

                                                                                                                        2016

                                                                                                                                  2018

                                                                                                                                            2020

˜ Schweizer Wohnimmobilienfonds          ˜ Schweizer Immobilienfonds           ˜ Rendite CH-Immobilienfonds   ˜ Rendite 7–10-jährige Staatsanleihen
˜ Europäische REITs ˜ US-REITs                                                 ˜ Rendite-Differenz

                                                           20 | ANLAGEPOLITIK | 1. Quartal 2021
strukturelle Änderungen bei der Büroflächennachfrage mit sich bringt, emp-
fehlen wir weiterhin, Wohnimmobilienfonds und gemischte Immobilienfonds
gegenüber kommerziellen Immobilienfonds vorzuziehen.

Die stabilen Mieteinnahmen und die damit möglichen Ausschüttungen ma-          Schweizer Immobilienfonds
chen Schweizer Immobilienfonds bis zu einem gewissen Grad als Substitut        bieten attraktive Alternative
für CHF-Obligationen guter Bonität interessant, zumal Letztere kaum positive   zu CHF-Obligationen
Renditen abwerfen. So liegt die Differenz der Ausschüttungsrendite von Immo-
bilienfonds zur Rendite von CHF-Obligationen guter Bonität im Durchschnitt
bei 3 Prozentpunkten, was unverändert einen attraktiven Wert darstellt. An-
gesichts des anhaltenden Anlagenotstands bei defensiven Schweizer Anlagen
dürfte die Nachfrage nach Schweizer Immobilienfonds in den kommenden
Quartalen hoch bleiben und das Risiko von grösseren Kurskorrekturen ge-
ring sein. Dies obwohl die Bewertung der Immobilienfonds je nach Kriteri-
um erhöht ist. Vergleicht man beispielsweise die aktuellen Agios (Verhältnis
Fondskurs zu Nettoinventarwert) mit ihrem fünfjährigen Mittelwert, so liegt
die Bewertung der Immobilienfonds aktuell über dem Durchschnitt, aber
nicht massiv.

US- und europäische Immobilien-Aktien (Real Estate Investment Trusts, REITs)   Klingt die Corona-Krise ab,
haben unter der Corona-Krise bzw. dem damit verbundenen Wirtschaftsein-        dürften unter Druck geratene
bruch stark gelitten. Gerade Immobilienunternehmen, die in Einkaufszentren,    Immobiliensektoren Fahrt
Hotels, Kongressgebäude usw. investiert sind, bekamen die Auswirkungen         aufnehmen
der Lockdowns kräftig zu spüren und erlitten heftige Kursverluste. Kaum be-
troffen waren dagegen Segmente wie Datenzentren, Logistik oder Infrastruk-
tur. Die in diesen Segmenten tätigen Immobilienunternehmen verzeichneten
sogar Kurssteigerungen. Die Kurse von Immobilienaktien haben von tiefem
Niveau aus kräftig angezogen, nachdem im November positive Studiendaten
zu COVID-19-Impfstoffen veröffentlicht wurden. Mit dem Ausblick auf wirk-
same Impfstoffe steigt die Wahrscheinlichkeit auf eine Normalisierung der
Wirtschaft und des Alltags in den kommenden Quartalen. Von dieser Nor-
malisierung profitieren insbesondere Immobiliensegmente wie Einkaufs-
zentren, Industrie und Tourismus. Diese sind in der Krise besonders unter       IN KÜRZE
Druck geraten, weisen nun aber höheres Kurspotenzial auf. Allerdings bleibt
                                                                                CH-Immobilienfonds stellen
der strukturelle Gegenwind zum Beispiel aus der Digitalisierung in einigen
                                                                                ein interessantes Substitut zu
Segmenten (Einzelhandel, Büroflächen) künftig unverändert bestehen.
                                                                                CHF-Anleihen guter Bonität dar

                                                                                Wohnimmobilienfonds
                                                                                bevorzugen

                                                                                Bei internationalen Immobilien-
                                                                                anlagen besteht weiteres
                                                                                Erholungspotenzial nach Ende
                                                                                der Pandemie

                                                                                Struktureller Wandel als
                                                                                Belastungsfaktor für einzelne
                                                                                Sektoren

                                       ANLAGEPOLITIK | 1. Quartal 2021 | 21
MARKTÜBERBLICK
Die Finanzmärkte weisen von Jahresbeginn bis Ende No-                                   märkte (Euro Stoxx 50, FTSE 100) liegen dagegen im Mi-
vember 2020 eine insgesamt solide Performance auf. Die                                  nus. Schweizer Immobilienfonds weisen ebenfalls eine
meisten Staatsanleihenmärkte konnten erneut eine leicht                                 sehr erfreuliche Entwicklung auf, während internationa-
positive Gesamtrendite erzielen. Bei den Aktienmärkten                                  le Immobilienaktien noch unter dem Niveau vom Jahres-
stechen vor allem die Märkte mit einem höheren Ge-                                      start liegen. Bei den Rohstoffen konnten Gold und Kupfer
wicht der Technologieaktien (zum Beispiel der S&P 500                                   zulegen, der Ölpreis sank dagegen markant. Der US-Dol-
und der chinesische CSI 300) hervor. Zyklische Aktien-                                  lar war von den Hauptwährungen am schwächsten.

Performance ausgewählter Finanzmarktindizes
Die dargestellten Rendite-Zahlen sowie Erwartungen beziehen sich auf die jeweilige Lokalwährung.

                                                                                  Performance–Rückblick                                   Unsere Erwartung
                                                30.11.20          2020          2019      2018     1 Jahr            5 Jahre   10 Jahre     6–9 Monate
Geldmarkt
CHF 3M Geldmarkt                                   210.4           –0.4         –0.5          –0.5           –0.5      –2.5        –2.8          n
Staatsanleihen
Schweiz (CHF)                                      200.1            1.2           3.9          0.4            –0.4      4.5       27.0           n
Eurozone (EUR)                                     281.5            4.6           6.3          0.9             3.6     14.8       54.0           n
Grossbritannien (GBP)                              312.8            7.1           7.2          0.5             5.5     27.9       73.8           n
USA (USD)                                        2’524.6            8.2           6.8          0.9             7.6     19.9       36.8           n
USA inflationsgeschützt (USD)                      348.3            9.7           8.4         –1.3            10.1     25.2       42.4           n
China (CNY)                                        195.7            2.4           5.1          9.5             3.1     20.5       51.7           x
Unternehmensanleihen
CHF-denominiert                                    186.2            0.2          2.4          –0.3           –0.3       3.3       21.0           n
Global (USD)                                       303.7            9.0         11.5          –3.6           10.0      32.4       56.5           n
EM-Anleihen
Hartwährung                                        460.5            5.3         12.1          –3.0             7.0     35.2       71.8           x
Lokalwährung                                       148.4            2.9          9.5          –3.4             5.7     29.7       30.5           x
Aktienindizes
SMI                                             10’476.4            2.1         30.2          –7.0             3.3     38.0      127.1           n
SPI                                             13’003.4            1.3         30.6          –8.6             2.6     40.7      126.4           n
S&P 500 (USD)                                    3’621.6           14.0         31.5          –4.4            17.5     90.4      269.0           n
FTSE 100 (GBP)                                   6’266.2          –14.4         17.3          –8.7           –12.0     19.4       62.2           x
Euro Stoxx 50 (EUR)                              3’492.5           –4.3         29.3         –11.3            –3.1     19.0       86.4           x
TOPIX (JPY)                                      1’754.9            4.3         18.1         –16.0             5.8     22.8      152.4           n
CSI 300 (CNY)                                    4’960.3           23.6         39.2         –23.6            32.3     53.9       95.0           x
MSCI World (USD)                                 2’583.1           11.7         28.4          –8.2            15.1     70.7      173.7           n
MSCI EM (USD)                                    1’205.1           10.5         18.9         –14.2            18.8     67.2       44.7           x
Immobilien
Schweizer Immobilienfonds                          194.0           4.5          20.7          –5.3             5.7     39.3       83.8           n
REITs Global (USD)                                 138.3         –11.5          22.9          –4.9           –11.0     20.1       83.6           n
Rohstoffe
Gold (USD)                                       1’774.4          16.7          18.7          –1.7            21.4     66.5       27.9           x
Öl (Brent) (USD)                                    47.7         –28.1          24.8         –20.2           –23.8      8.2      –45.3           x
Kupfer (USD)                                     7’569.3          23.1           3.4         –17.5            29.5     63.0      –12.5           n
Devisen
EUR/CHF                                           1.083            –0.4         –3.5          –3.7           –1.7      –0.8      –17.4           n
USD/CHF                                           0.909            –6.1         –1.4           0.7           –9.1     –11.4       –9.3           n
EUR/USD                                           1.196             6.6         –1.8          –4.8            8.5      12.8       –8.4           n
GBP/USD                                           1.335             0.8          4.0          –5.9            3.2     –11.3      –14.3           n
USD/JPY                                         104.275            –4.0         –0.9          –2.6           –4.8     –15.1       23.8           n
USD/CNY                                           6.574            –5.5          1.2           5.7           –6.5       2.7       –1.3           n
¢  20%  
Pfeile für die Markteinschätzung: bei Aktien Abweichung von mehr als ±5 %, bei allen anderen Anlagen: ±3 %

                                                        22 | ANLAGEPOLITIK | 1. Quartal 2021
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