Anwalt 2020: Megatrends, Auswirkungen und Reaktionen - SAV/FSA

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THEMA/QUESTION DU JOUR

Bruno Mascello*

Anwalt 2020: Megatrends, Auswirkungen und Reaktionen
Stichworte: Strategie, Positionierung und Marketing der Anwaltskanzlei, Trends im Anwaltsmarkt, Kanzlei als Dienstleistungsunternehmen

Eine Grundlage zur Definition der Kanzleistrategie bildet das                     1. Anwaltsmarkt in Zahlen
frühzeitige Erkennen möglicher Entwicklungen im Marktumfeld
                                                                                  Es wird erwartet, dass das Wachstum sowohl vom Marktvolumen
und das entsprechende pro-aktive Handeln mit Blick auf erwar-
                                                                                  als auch bezüglich der Zahl der Anwälte kontinuierlich weiter stei-
tete Herausforderungen, um so der Konkurrenz einen Schritt vo-
                                                                                  gen wird. Der Rechtsberatungsmarkt im Jahr 2010 belief sich
raus zu sein und den Markt nach eigenen Vorstellungen mitge-
                                                                                  weltweit auf USD 585 Mia. (in der Schweiz auf geschätzte USD
stalten zu können.
                                                                                  4 Mia. und in Deutschland auf USD 33.7 Mia.), und man zählte
                                                                                  ca. 3.3 Mio. sogenannte «Legal Professionals».4 Der Schweize-
In regelmässigen Abständen publizieren verschiedene Medien, In-
                                                                                  rische Anwaltsverband (SAV) zählte per 1.1.2012 insgesamt
teressengruppen und Branchen Studien zu unterschiedlichen Me-
                                                                                  8 860 Aktivmitglieder (davon 24.51% Frauen). Seit 2002 ent-
gatrends.1 Auch die Anwaltsbranche macht sich Gedanken hierzu
                                                                                  spricht das einem Wachstum von insgesamt 2 208 (24.92%) Mit-
und zu möglichen Auswirkungen auf das eigene Geschäft.2
                                                                                  gliedern bzw. von durchschnittlich 2.91% pro Jahr.5 Etwa je 10 %
    Von Megatrends spricht man in der Regel bei besonders tief-
                                                                                  der Schweizer Anwaltschaft arbeitet in den grössten 12 Kanzleien
greifenden und nachhaltigen Entwicklungen. Es werden dabei im
                                                                                  mit je über 50 Anwälten6 oder als Einzelkanzlei, d.h. die meisten
Wesentlichen fünf Bereiche unterschieden: Gesellschaft, Politik,
                                                                                  Anwälte arbeiten in Kanzleien von 2 –50 Anwälten.7 Damit wies
Wirtschaft, Ökologie und Technologie. Jeder Trend hat unter-
                                                                                  die Schweiz im Jahr 2006, gemessen an der Zahl der Bevölkerung,
schiedliche Auswirkungen zur Folge, die wiederum verschiedene
                                                                                  mit einem Anwalt auf 1 032 Einwohner im Vergleich zu Deutsch-
Reaktionen nach sich ziehen. Für die Betrachtung des Anwalts-
                                                                                  land (1 Anwalt pro 596 Einwohner) eine fast halb so grosse und im
markts ist von Bedeutung, zwischen den einen Anwalt3 direkt
                                                                                  Vergleich mit den USA (1 Anwalt pro 270 Einwohner) gar eine vier
und jenen ihn nur indirekt – d.h. über die Interaktion mit den
                                                                                  Mal geringere Anwaltsdichte auf.8
Klienten – betreffenden Auswirkungen und Reaktionen zu unter-
scheiden. Dieser Artikel geht davon aus, dass die Analyse und
Definition einer Kanzleistrategie einfacher erfolgen kann, wenn                   2. Spezialitäten des Anwaltsmarktes
man nicht nur Einzelaspekte eines Trends berücksichtigt, sondern                  Der Markt für Rechtsdienstleistungen weist gewisse Spezialitäten
sich systematisch damit auseinandersetzt. Ist man sich allgemein                  auf, die vorab kurz adressiert werden sollen. Die gute Nachricht
über mögliche Entwicklungen und deren Auswirkungen und                            vorweg: Zur Dienstleistung «legal services» gibt es keine Alterna-
Reaktionen bewusst, kann die eigene Praxistätigkeit frühzeitig                    tiven oder Substitutionsprodukte. Aber die Zahl der Anbieter,
darauf ausgerichtet werden. Die Abhandlung sämtlicher Trends,                     auch der alternativen, steigt konstant und schafft damit einen
Auswirkungen und Reaktionen würde den Rahmen dieser Arbeit                        grossen und wachsenden Wettbewerb. Es herrscht grosse Kon-
sprengen, weshalb nachfolgend nur auf die wesentlichsten ein-                     kurrenz, nicht zuletzt wegen der tiefen Kapitalintensität dieser
gegangen werden soll.                                                             Tätigkeit und der geringen Markteintrittskosten für neue Anbie-
                                                                                  ter.

*   Dr. iur., LL.M., EMBA HSG, Rechtsanwalt, Vizedirektor und Dozent an der       4   Datamonitor 2011 (vgl. www.datamonitor.com).
    Executive School of Management, Technology and Law (ES-HSG) der Uni-          5   Mitteilung des SAV in der Anwaltsrevue 1/2012, S. 56. Dieser Wachstums-
    versität St. Gallen. www.es.unisg.ch                                              trend spiegelt sich auch im Ärztemarkt wieder: Im Jahr 2011 gab es in der
1   Vgl. z.B. Credit Suisse, Megatrends – Chancen und Risiken für KMU, Stu-           Schweiz 30 849 Ärzte (+ 1.9% zum Vorjahr) (vgl. Neue Zürcher Zeitung
    die 2010: Schwerpunkt Globalisierung, 2010.                                       [NZZ] vom 16.3. 2012, S. 15).
2   Eine im Mai 2011 bei 805 US Law Firms mit mehr als 50 Anwälten durch-         6   In den 10 grössten Schweizer Anwaltskanzleien arbeiteten im Jahr 2009
    geführte Umfrage ergab, dass man sich am meisten Sorgen macht über fol-           gar je über 70 Anwälte (vgl. Bilanz 21/2009). In Deutschland haben die
    gende Punkte: Pensionierung und Nachfolge der Baby Boomer-Anwälte                 grössten 10 Kanzleien je über 250 Berufsträger (vgl. Juve 10/2010).
    (47 %), Wachstum der Profitabilität (44%; wobei – aus Zweckoptimismus?        7   Vgl. zu weiteren Zahlen auch H ÜPPI , Trends, S. 959. Im Jahr 2010 wies die
    – nur gerade 16% einen permanent tieferen Partnergewinn erwarten),                Schweiz 14 835 Studenten der Rechtswissenschaften auf, was seit 2000
    Rückgang der Nachfrage (35%), Preisdruck (35%) und systematische Stei-            einer Zunahme von 35% entspricht, und ab 2002 waren sogar mehr als
    gerung der Effizienz (27%). Ferner wurden folgende Trends identifiziert:          50% Studentinnen immatrikuliert (L ÜOND, S. 42).
    gesteigerter Fokus auf Effizienzsteigerungen (94%), gesteigerter Preiswett-   8   B ENNO H EUSSEN, Die Anwaltsdichte in der Schweiz, Österreich und Deutsch-
    bewerb (90%), weniger nicht-juristische Mitarbeiter (88 %), vermehrt stan-        land im Verhältnis zu anderen Staaten – Ein internationaler Vergleich,
    dardisierte Rechtsarbeit (81%; sogenannte «commodity») und weniger auf            Anwaltsrevue 10/2006, S. 392–396. In Deutschland waren gemäss Sta-
    Stundenhonorar basierende Rechnungstellung (75 %). Vgl. hierzu Of Coun-           tistik der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) per 1.1.2011 insgesamt
    sel, Vol. 30, No. 10, October 2011, Seiten 5–9.                                   155 679 Rechtsanwälte (ca. 32% Frauen) zugelassen, was seit 1996 einer
3   Der besseren Lesbarkeit halber wird hier nur die männliche Form verwen-           Verdoppelung der Zahl praktizierender Anwälte entspricht (vgl. www.
    det, was selbstverständlich die weibliche Form mit einschliesst.                  brak.de).

402                                                                                                                                                      9/2012
THEMA/QUESTION DU JOUR

    Der Erfolg einer Kanzlei hängt zwar von deren Ruf und Spezia-                tung gewinnen.11 Mit Wissen als zentraler Ressource und der
lisierung ab. Die Dienstleistung wird aber massgeblich über den                  weiter steigenden Informationsflut wird dem Informationsma-
gelieferten Service differenziert, weil die Erteilung der korrekten              nagement eine erhöhte Beachtung zukommen.
Rechtsauskunft ohnehin als selbstverständlich vorausgesetzt                          Überdies ist mit einer Zunahme der Technologisierung und Di-
wird. Es besteht auch eine geringe Kundenbindung, weil Anwälte                   gitalisierung zu rechnen. Der digitale Lebensstil (v.a. dank digita-
grundsätzlich leicht, schnell und ohne grosse Kosten austausch-                  ler Vernetzung und Mobilität) und der Wunsch, jederzeit und
bar sind. Dies bedeutet für Anwälte eine grosse Gefahr, stellen                  überall über alle Informationen verfügen zu können, werden das
die Mandanten mangels Diversifikation doch in der Regel die ein-                 Arbeitsleben weiter beschleunigen und den Einbezug der neuen
zige Einnahmequelle dar. Ein Anwalt muss deshalb nicht nur                       digitalen Realitäten bei Mitarbeitern und Kunden erfordern.
überlegen, wie er neue Kunden gewinnen, sondern vor allem
auch, wie er bestehende binden kann. Ferner hängt der Erfolg                     3.3 Wirtschaftswachstum
vom Arbeitsmarkt und damit von der Attraktivität des Arbeitge-                   Die Wirtschaft ist geprägt von einem allgemeinen Wachstum in al-
bers für qualifizierte Mitarbeiter ab. Flexible Kanzleien passen                 len Bereichen, d.h. im Finanzvermögen, bei Wohlstand, Konsum
sich regelmässig den Vorgaben im Markt an und sind auch in Zei-                  und Ressourcenverbrauch, aber auch bei den Schulden (Finanz-
ten der Rezession erfolgreicher als ihre Konkurrenten.9 Umso                     krise). Die Globalisierung und Internationalisierung zieht sich öff-
wichtiger ist es, sich über allfällige externe Einflussfaktoren und              nende Systeme und die Liberalisierung der Märkte nach sich und
deren Kontext nicht nur reaktiv Gedanken zu machen, sondern                      eröffnet damit mehr Tätigkeitsgebiete und neue Geschäftsfelder.
regelmässig eine Einschätzung der zukünftigen Herausforderun-                    Andererseits bedeutet das aber auch einen steigenden Wettbe-
gen anzustellen.10                                                               werbsdruck und Konkurrenzkampf.
                                                                                     Mit dem Bedürfnis nach mehr Sicherheit und dem Ausbau des
3. Megatrends                                                                    Rechtsschutzes des Bürgers hält überdies auch eine allgemeine
                                                                                 Verrechtlichung des Lebens Einzug (v.a. durch Zunahme der Re-
3.1 Demographie, Migration und Arbeitsmarkt                                      gulierungsdichte12 und der Gesetzesvielfalt).
Seitens der Gesellschaft sticht zunächst der erwartete demogra-
                                                                                 3.4 Politik und Ökologie
phische Wandel ins Auge: Dem allgemein globalen Trend des Be-
völkerungswachstums steht eine Verschiebung der Alterspyra-                      Das politische Umfeld zeichnet sich durch eine kontinuierliche
mide mit einer zunehmenden Überalterung der Gesellschaft                         Veränderung der Weltordnung aus (z.B. Demokratisierung im
sowie einer rückläufigen Geburtenrate und Erwerbsquote gegen-                    Osten und Süden, Länderabspaltungen, Zusammenwachsen von
über. Es sind ferner zunehmende Migrationsbewegungen zu er-                      Rechts- und Kulturkreisen und Wachstum von Vereinigungen
warten, die für gewisse Branchen auch eine Zuwanderung quali-                    [z.B. EU]).
fizierter Mitarbeiter mit sich bringen. Die neue Mobilität und der                   Im Bereich Ökologie werden der Klimawandel, die Umweltbe-
Trend zur Urbanisierung (Mega-Cities mit neuen Lebensformen)                     lastung und die Ressourcenverknappung zu veränderten Rahmen-
stellen vor allem sozio-kulturelle Herausforderungen dar (z.B.                   bedingungen führen, die Bedürfnisse ändern, den Verteilungs-
kulturelle Vielfalt und Wertepluralismus) und ziehen einen Werte-                kampf intensivieren und die Migration fördern. Unternehmen
wandel und eine Wertedurchmischung nach sich.                                    werden in die Verantwortung genommen und es wird von ihnen
    Auf dem Arbeitsmarkt findet eine weitere Öffnung statt, die                  insbesondere ein verantwortungsvoller Umgang mit den natür-
Arbeitslosigkeit nimmt zu (auch wegen der fortschreitenden Au-                   lichen Ressourcen gefordert (Stichwort: Corporate Social Respon-
tomatisierung), und für qualifizierte Mitarbeiter spielt der War                 sibility).
for Talents. Die neue Mobilität fördert die Orts- und Zeitungebun-                   Weil diese beiden Trendbereiche den Anwaltsberuf nur am
denheit und verlangt nach flexiblen und interaktiven Arbeits-                    Rande tangieren, werden sie nachfolgend nicht mehr weiter ad-
strukturen bzw. Arbeitsmodellen. Schliesslich werden neue                        ressiert werden.
Märkte entstehen (z.B. für ältere Menschen). Namentlich Frauen
mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen (z.B. Familie) werden                   4. Auswirkungen und Reaktionen
nicht nur im Beruf, sondern allgemein als Marktakteure vermehrt
in Erscheinung treten.                                                           4.1 Allgemeines
                                                                                 So wie Trends und Entwicklungen je nach Ausgangslage und
3.2 Informationsgesellschaft und Technologie
                                                                                 Sichtweise (z.B. Geographie oder Branche) variieren können, gibt
Die Gesellschaft wird sich weiter in Richtung Informationsgesell-                es auch nicht nur eine klare Auswirkung und Reaktion darauf. Es
schaft entwickeln und der Dienstleistungssektor weiter an Bedeu-                 herrscht darüber hinaus eine gegenseitige Beeinflussung, und

 9   Datamonitor 2011 (vgl. www.datamonitor.com).
10   Vgl. G EORGE M. W ILLIAMS J R ., Die Auswirkungen der Finanzkrise auf die   11   Gemäss Schätzung gilt in der Schweiz bereits jeder zweite Erwerbstätige
     Kanzleistrategie und die Struktur des Rechts, in: Leo Staub/Christine            als «Wissensarbeiter» (vgl. NZZ vom 9. Mai 2012, S. 31).
     Hehli Hidber (Hrsg.), Management von Anwaltskanzleien, Erfolgreiche         12   Eine Zunahme im Aufsichtsrecht ist insbesondere auch bedingt durch die
     Führung von Anwaltsunternehmen, Genf 2012, S. 937–940.                           Folgen der Finanzkrise.

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THEMA/QUESTION DU JOUR

viele gleiche Reaktionen können wiederum einen eigenen Trend           zerne beraten. Diese Trends zwingen auch Schweizer KMU als Ni-
auslösen, der zu weiteren Auswirkungen und Reaktionen führen           schenanbieter in den Weltmarkt (z.B. China, Indien, Russland
kann. Ferner ist der einzelne Anwalt nicht nur indirekt von seinen     etc.), indem sie neue Niederlassungen gründen oder neue Zu-
Kunden beeinflusst, sondern er muss als Unternehmer unmittel-          sammenarbeitsformen suchen. Aufgrund dessen werden auch
bar auch direkt auf verschiedene Trends reagieren.                     die für sie ursprünglich nur lokal bzw. regional tätigen Anwälte
                                                                       mit diesen Kunden mitwachsen bzw. ihnen in die neuen Märkte
4.2 Zunehmender Konkurrenzdruck                                        folgen müssen. Dies erfordert insbesondere die Fähigkeit, über
Die Liberalisierungstendenz im Rechtsdienstleistungsmarkt wird         geographische Grenzen und verschiedene Zeitzonen hinweg ar-
sich vermutlich weiter akzentuieren und die bestehenden Ent-           beiten zu können, natürlich mit den hierzu notwendigen Sprach-
wicklungen weiterführen: Beratungsverbote brechen auf und              kenntnissen und dem interkulturellen Verständnis. Damit verbun-
«branchenfremde» Anbieter nehmen an Bedeutung zu, das An-              den wird auch ein bestimmtes Kanzleiwachstum sein. Auf jeden
waltsmonopol wird weiter aufgeweicht, anwaltliche Privilegien          Fall ist die Bildung von Netzwerken unabdingbar, um die lokale
werden Dritten zuerkannt (z.B. Client-Attorney-Privileg an Unter-      Präsenz und Expertise sicherstellen zu können.13
nehmensjuristen), Markteintrittsschranken fallen weg, neue Ge-             Ferner ist mit einer weiteren vertikalen Segmentierung in der
sellschaftsformen sind möglich (Kanzlei-AG) und Werbemöglich-          Anwaltsbranche zu rechnen, bei welcher die grossen Kanzleien
keiten werden erweitert. Ob das Anwaltsgeheimnis so stabil wie         die Unternehmen bzw. Grossmandate betreuen (Ausnahme: An-
das Arztgeheimnis bleiben oder ihm die gleiche Gefahr wie dem          walts-Boutiquen) und die anderen Anwaltskanzleien eher die
Bankgeheimnis drohen wird, bleibt noch abzuwarten. Auf jeden           (kleineren) Privatkunden bedienen. Für Grosskunden macht das
Fall wird der Wettbewerbsdruck steigen.                                oft Sinn, um bei Bedarf durch die Reputation der Grosskanzlei
                                                                       eine Art «Versicherungspolice» zu haben. Der Wegfall grösserer
4.3 Steigender Kostendruck                                             Mandate, welche bisher eine Art Quersubventionierung von we-
Die Entwicklungen der Finanzkrise und der staatlichen Schulden-        niger lukrativen Mandaten erlaubten, könnte bestimmte Kanz-
problematik sind noch nicht abgeschlossen und die Auswirkun-           leien vor die Überlebensfrage stellen.
gen dieser Phänomene noch nicht absehbar. Aber nicht zuletzt               Schliesslich ist zu beobachten, dass grosse Transaktionen von
durch die wachsende Bevölkerung und die damit verbundene               in der Schweiz domizilierten Konzernen neu durch international
Steigerung des Konsums werden die Wirtschaft im Allgemeinen            verankerte Grosskanzleien durchgeführt werden und diese
und der Rechtsdienstleistungsmarkt im Besonderen weiter wach-          Schweizer Kanzleien nur noch für den schweizerischen Teil mitein-
sen. Diese Expansion erfolgt jedoch nicht so schnell wie der Zu-       beziehen. Mit dem Wegbrechen dieses substanziellen Umsatzan-
wachs der Anwälte, was eine Senkung der durchschnittlichen             teils steigt der Kostendruck bei Schweizer Grosskanzleien. Wol-
Umsätze pro Anwalt erwarten lässt. Auf jeden Fall wird der Kon-        len diese ihre Profitabilität erhalten, ist entweder eine weitere
kurrenzkampf weiter wachsen.                                           Konzentration auf ein bestimmtes Segment von High-End-Dienst-
    In Unternehmen wird die durch die Wirtschaftskrise 2008            leistungen (z.B. komplexe Finanzierungsstrukturen) oder die Aus-
stattgefundene Kostensensibilisierung weiter sinkende Budgets          dehnung «nach unten» in den Markt der mittelgrossen Kanzleien
und Kostenreduktionen zur Folge haben, und dieser Kostendruck          erforderlich. Für im mittleren Markt tätige Anwälte bedeutet das
wird an die externen Anbieter wie die Anwälte weitergegeben,           einen zusätzlichen Wettbewerb und bewirkt weiteren Druck auf
indem die Rechtsabteilungen entweder mehr selber machen oder           die Preise und die Servicequalität. Erfolgreich werden auch hier
einfach Druck auf die Honorare der externen Anwälte ausüben.           wohl jene sein, welche sich am besten an die neuen Rahmenbe-
Die Dynamik und Transparenz im Markt wird zunehmen, Preise             dingungen anpassen.
sinken und Qualitätsanforderungen steigen. Kanzleien werden                Was den Allgemein- bzw. Einzelanwalt betrifft, wird dieser
deshalb noch intensiver nach Wettbewerbsvorteilen zur Marktab-         analog zum Landarzt, der die Grundversorgung abdeckt, den
grenzung suchen müssen.                                                Konkurrenzkampf wohl nicht so sehr spüren.
    In der Informationsgesellschaft und durch die gesteigerten
                                                                       4.5 Spezialisierung und Vernetzung
Kundenbedürfnisse wird die permanente Weiterbildung der Mitar-
beiter in juristischen und nicht-juristischen Bereichen wichtiger      Die mit der Verrechtlichung des Lebens einhergehende Gesetzes-
und damit ein bedeutender Kosten- und Abgrenzungsfaktor im             flut, die vermehrt auch für Juristen komplizierter und komplexer
Wettbewerb werden, sowohl im Rekrutierungs- als auch im Akqui-         wird, lässt nicht nur den Markt an Rechtsdienstleistungen wach-
sitionsprozess. Wer sich der Finanzierung dieser Aufwände ver-         sen, sondern zwingt zur Arbeitsteilung und definiert Compliance
schliesst, weil jüngere Generationen nicht mehr gleich lang in einer   als Wachstumsmarkt.
Anwaltskanzlei verbleiben und deshalb diese Investition ihnen
überlassen will, riskiert sich an beiden Fronten auszugrenzen.         13   Sogenannten International Business Law Firms und Global Elite Firms
                                                                            haben erfolgreich weltweit voll funktionierende lokale Büros aufgebaut,
                                                                            um Unternehmenskunden einen «Full Service» anzubieten. Dank ihrer
4.4 Dynamischer Marktverteilungskampf                                       klaren Strategie und dem professionellen Management zur Lieferung des
                                                                            Nutzenversprechens werden lokale Kanzleien durch die zunehmend auch
Die Globalisierung und Internationalisierung hat nicht nur Ein-             lokal aktive globale Konkurrenz unter Druck kommen, hier nachziehen zu
fluss auf Anwaltsfirmen, welche international tätige Grosskon-              müssen. Vgl. C HAIN /B RUCH , S. 943 ff.

404                                                                                                                                        9/2012
THEMA/QUESTION DU JOUR

    Mit der Arbeitsteilung wird der Zwang zur Abgrenzung im                  anspruchsvoller, weshalb der Einkaufsprozess professionalisiert
Wettbewerb zunehmen, und als Konsequenz steigt auch der Be-                  wird (z.B. Einbezug der Beschaffungsabteilung, Ausschreibun-
darf einer Spezialisierung (z.B. auf bestimmte Zielgruppen und/              gen, Pitches etc.). Die kontinuierlich lauter werdenden Forderun-
oder als Boutique auf ein Segment oder Fachgebiet), wodurch                  gen nach alternativen, d.h. nicht stundenbasierten Honorie-
die Fachanwaltschaft an Bedeutung gewinnen wird.14 Es sei aber               rungsmodellen bzw. innovativen Verrechnungsmodellen16 sollen
vor der Erwartung gewarnt, dass wegen der Spezialisierung                    dem Kunden nicht nur helfen, dem allgemein zunehmenden Kos-
alleine auch höhere Honorare gefordert werden können. Wegen                  tendruck zu begegnen, sondern die Planbarkeit der Ausgaben zu
des wachsenden Konkurrenzkampfs wird die Spezialisierung zum                 verbessern und für das gleiche Geld mehr zu bekommen (z.B.
eigentlichen Standard werden, und am Ende wird der Kunde den                 durch den Ausbau von – kostenlosen – Servicekomponenten).
durch die Fachausbildung erzielten Effizienzgewinn abschöpfen                Dies wiederum erfordert ein verbessertes Kostenmanagement
wollen.                                                                      und eine weitere Prozessoptimierung inklusive der Prüfung der
    Der Spezialisierungsgrad wird mit der Grösse der Kanzlei                 Möglichkeiten von allfälligen Auslagerungen.17
zwangsläufig ansteigen und eine umsichtige strategische Pla-                     Unternehmen konzentrieren sich vermehrt auf eigene Ver-
nung damit umso wichtiger werden. Um eine ganzheitliche Be-                  trauensanwälte und Netzwerke (z.B. Anwaltspanel), die sie effi-
treuung der Mandanten sicherzustellen, wird deshalb die Vernet-              zienter managen können. Eine eigene Vernetzung des externen
zung immer wichtiger. Damit wird die intensivere Bildung und                 Anwalts könnte bei Ausschreibungen somit als Abgrenzungsvor-
Pflege von Kooperationen und Netzwerken erforderlich sowie die               teil zu Konkurrenten in die Waagschale geworfen werden. Der
Entwicklung neuer Organisations- und Zusammenarbeitsformen.                  externe Anwalt hat überdies mit verbesserten Kosten- und Quali-
                                                                             tätskontrollen sowie mit festgelegten Messgrössen (sog. Key Per-
4.6 Angespannter Arbeitsmarkt                                                fomance Indicators) zu rechnen.
Der durch den demographischen Wandel hervorgerufene Mangel                       Ferner wird ein Anwalt mit veränderten und zunehmenden
an jungen Arbeitskräften wird dazu führen, sich über den alters-             Kundenerwartungen konfrontiert werden: Juristisches Sachver-
mässig veränderten Kunden- und Arbeitsmarkt Gedanken zu ma-                  ständnis wird beim Anwalt ohnehin vorausgesetzt; gefordert
chen. Dies ist ferner von Bedeutung, weil für die Rekrutierung               wird aber eine praktische, lösungs- und am Geschäft orientierte,
von qualifizierten Mitarbeitern im lokalen Anwaltsmarkt, insbe-              umfassende Problemlösung. Das bedeutet, es braucht Spezial-
sondere wegen der berufsbedingten Bindung an die lokale Ge-                  wissen, Kenntnis der Wirtschaft, der Branche und des Kunden,
setzgebung, nicht einfach internationale Migrationsbewegungen                Projektmanagementkenntnisse und Kommunikationsfähigkeiten
ausgenutzt werden können. Und wegen des zunehmenden War                      (Soft Skills). Der Anwalt muss ferner nicht nur zeitlich ständig er-
for Talents wird die Rekrutierung von Frauen und älteren und er-             reichbar bleiben, sondern auch umgehend reagieren und liefern
fahreneren Mitarbeitern als Wissensträger wichtiger werden. Der              können, möglichst unter Schonung der eigenen Ressourcen und
wieder entdeckte Einsatz dieser Mitarbeiter ist als Chance wahr-             jener des Kunden. Das Anforderungsprofil des Anwalts wie auch
zunehmen.                                                                    jenes des Unternehmensjuristen verändert sich somit in Richtung
    Die kulturelle Vielfalt und die neuen Lebensmodelle (z.B. Ge-            eines Problemlösers mit juristischem Sachverstand.
neration Y) verlangt überdies nach neuen Führungsqualitäten
(v.a. Einfühlungsvermögen und Soft Skills), neuen Arbeits- und
                                                                             4.8 Risikomanagement
Arbeitszeitmodellen (Stichwort: Work-Life-Balance) sowie loyali-             Die zunehmende Komplexität und Beschleunigung verlangt nach
tätsfördernden alternativen Motivationsmodellen (z.B. ein gutes              einem veränderten Umgang mit Unsicherheiten und Risiken. Dies
Arbeitsklima und Weiterbildungsmöglichkeiten). In Kanzleien                  wird die Wichtigkeit von Corporate Governance weiter fördern
werden Karriere- und Partnerschaftsmodelle überdacht werden                  und auch zu einem weiteren Ausbau von Rechts- und Compli-
müssen, weil insbesondere in gesättigten Märkten das traditio-               ance-Abteilungen führen. Ferner wird das Risikomanagement,
nelle Pyramidenmodell an seine Grenzen stösst.15 Dies insbeson-              inklusive Management der rechtlichen Risiken (Legal Risk Ma-
dere auch deshalb, weil Unternehmen durch den Ausbau und die                 nagement), professionalisiert werden.
Professionalisierung der Rechtsabteilungen auf dem Stellenmarkt
weiter an Attraktivität gewinnen werden.                                     16   Hier ist zu denken an Fixhonorare und Budgetregelungen mit Meilenstei-
                                                                                  nen, welche das finanzielle Risiko für Kostenüberschreitungen und für
4.7 Anspruchsvollere Kundenbeziehung                                              Unvorhergesehenes zum externen Anwalt verschieben. Damit erreicht
                                                                                  die Forderung nach Risikomanagement in der Kanzlei eine neue Dimen-
Die Rechtsdienstleistung selber wird in grossen Teilen neu als so-                sion. Dies verlangt vom externen Anwalt ein engeres Projektmanage-
                                                                                  ment, eine differenzierte Finanzplanung, neue Preisberechnungs- bzw.
genannte «Commodity» und damit als austauschbare Leistung                         Kalkulationsmethoden und mehr Informationsfluss mit regelmässiger Be-
qualifiziert. Deren Beschaffung gestaltet sich für Unternehmen                    richterstattung und Kostenkontrolle. Beim üblichen Stundenhonorar-Mo-
                                                                                  dell findet ein Cost-Plus-Preismodell Anwendung, bei welchem der Profit
                                                                                  garantiert ist, solange die Kosten unter Kontrolle gehalten werden. Vgl.
14   Hier sei auch auf den Umstand hingewiesen, dass mit dem Wachstum der         auch C HAIN /B RUCH , S. 949 f.
     Wirtschaftskanzleien und dem «Up-or-out»-Prinzip immer mehr Spin-offs   17   Vgl. hierzu das Thema «Legal Process Outsourcing» und die Forderungen
     von erfolgreichen Teams zu erwarten sind.                                    von Grosskunden, Routine- und weniger komplexe (low-value) Arbeiten,
15   B RUNO C HIOMENTO, Das Geschäftsmodell von Beratungsunternehmen auf          welche keine Rechtsexpertise benötigen, zwecks Reduzierung der Kosten
     dem Prüfstand, GesKR 2/2012, S. 179–181.                                     an günstigere Lieferanten auszulagern. Vgl. hierzu C HAIN /B RUCH , S. 947 f.

9/2012                                                                                                                                                    405
THEMA/QUESTION DU JOUR

    Um die zunehmenden Risiken zu absorbieren, wird vermehrt           6. Schlussbemerkungen
von allen Beteiligten, also auch von externen Anwälten, die Be-
                                                                       Diese Ausführungen haben gezeigt, dass für Rechtsdienstleistun-
teiligung am Geschäftsrisiko des Kunden gefordert werden. Weil
                                                                       gen die gleichen Marktgesetze wie für andere Branchen gelten
das Risiko von Fehlern nicht zuletzt wegen der steigenden Geset-
                                                                       und die Anbieter sich den verschiedenen, sich permanent ändern-
zesflut weiter zunimmt, wird das Management von rechtlichen
                                                                       den Herausforderungen stellen müssen. Die wichtigsten Heraus-
Risiken wichtiger werden. Der wachsenden Vorsicht in den Chef-
                                                                       forderungen im Anwaltsmarkt liegen m.E. vor allem im sich ver-
etagen vor einer Haftung wird auch mit einer Risikoauslagerung
                                                                       ändernden Arbeitsmarkt mit der Verknappung der verfügbaren
an die externen Anwälte begegnet werden, was wiederum den
                                                                       und qualitativ guten Anwälte, im härter werdenden Wettbewerb
Druck bei Anwälten zur Inkaufnahme von Risiken erhöht. Eine
                                                                       und dem damit verbundenen Kostendruck sowie den sich verän-
Lösung hierzu wäre, zu versuchen, beim Kunden frühzeitig in
                                                                       dernden Kundenbedürfnissen und -erwartungen.
den Leistungserstellungsprozess miteinbezogen zu werden (z.B.
                                                                           Auch hier bestätigt sich, dass der ständige Wandel die einzige
als Projektmanager des rechtlichen Projektteils).
                                                                       Konstante auch für den Anwaltsberuf darstellt. Anwälte, welche
                                                                       sich Trends verschliessen oder nicht rechtzeitig darauf reagieren,
5. Professionelles Kanzleimanagement                                   werden bestenfalls einfach nicht so erfolgreich sein wie ihre Kon-
Weil auch eine Kanzlei den Regeln des Marktes unterworfen ist, ist     kurrenten, im schlimmsten Fall aber vom Markt abgestraft werden
sie als wirtschaftliches Unternehmen zu führen. Die Entwicklung        und verschwinden. Wer sich aber auf unausweichliche Verände-
einer klaren Strategie mit richtiger Positionierung im Anwalts-        rungen rechtzeitig vorbereitet, den erwarteten Entwicklungen vo-
markt bietet wichtige Abgrenzungs- und Wettbewerbsvorteile.            raus ist und diese als Chance begreift, wird die anstehenden He-
Entsprechend ist die Kanzleistruktur, -grösse und -organisation an-    rausforderungen nicht nur überstehen und daraus gestärkt
zupassen. Ziel ist es, vom Kunden als «Dienst-Leister», «Problem-      hervorgehen, sondern allenfalls den Markt sogar nach seinen Re-
Löser» und «Nutzen-Stifter» (also mehr als Profit Center statt nur     geln mitbestimmen können.
als Cost Center) wahrgenommen zu werden. Dies verlangt die Aus-
weitung der rein juristischen Fachberatung zu einer Unterneh-
mensberatung mit juristischem Fachwissen.                              Weitere Literaturhinweise:
    Das operative Geschäft wird angepasst, und der Marktauftritt       J ULIA C HAIN /N ICHOLAS B RUCH , Trends in the Global Legal Services Mar-
verlangt einen professionellen Auftritt unter Berücksichtigung         ket, in: Leo Staub/Christine Hehli Hidber (Hrsg.), Management von An-
von Marketingaspekten (v.a. bei Ausschreibungen und Akquise).          waltskanzleien, Erfolgreiche Führung von Anwaltsunternehmen, Genf
In grösseren Kanzleien werden nicht-juristische Bereiche separiert     2012, S. 937–940; K LAUS -S TEFAN H OHENSTATT, Die Zukunft des An-
(z.B. Office Manager, HR Manager, Marketing oder IT). Das fach-        waltsmarktes, in: Staub/Hehli Hidber, a.a.O., S. 952–958; C HRISTOPH
liche und nicht-juristische Wissen wird als wichtigste Ressource       H OMMERICH /M ATTHIAS K ILIAN, Strukturwandel der Anwaltschaft, An-
des Anwaltsberufs anerkannt und entsprechend organisiert und           waltsblatt, 8+9/2008, S. 623–624; M ICHAEL H ÜPPI , Anwaltsberuf:
ausgebaut (auch im Falle einer Spezialisierung). All dies ist mit
                                                                       Lagebeurteilung, Anwaltsrevue 3/2012, S. 133–135; D ERS., Trends
den richtigen Fähigkeiten und Soft Skills zu ergänzen. Qualitäts-
                                                                       und Zukunft im Anwaltsgeschäft der Schweiz, in: Staub/Hehli Hidber,
management spielt eine wichtigere Rolle, und der Leistungsers-         a.a.O., S. 959–963; K ARL L ÜOND, Quo Vadis?, NZZ Folio «Anwälte»,
tellungsprozess ist effizienter zu gestalten und an den Bedürfnis-     Nr. 249/2012, S. 42–47; M ICHAEL P FEIFER , Entwicklungen im An-
sen der Kunden auszurichten. Anstellungsbedingungen sind an            waltsmarkt: Der Beruf der Rechtsanwältin und des Rechtsanwalts im
den Arbeitsmarkt anzupassen und neue Arbeits- und Arbeitszeit-         Wandel – ein Zustandsbericht, Anwaltsrevue 2/2002, S. 5–6; L EO
modelle bzw. Karrieremodelle anzubieten, weil sich am Ende für         S TAUB, Festlegung der Kanzleistrategie, Einführung und Übersicht, in:
die Wenigsten – auch für gute Mitarbeiter – eine langfristige          Staub/Hehli Hidber, a.a.O., S. 3–35; D ERS., Strategieentwicklung in
Partnerschaftskarriere in einer Kanzlei realisieren lässt. Schliess-   der Anwaltskanzlei, Anwaltsrevue 6–7/2009, S. 300–304; D ERS.,
lich hat sich ein Anwalt Gedanken zu machen über die Bildung           Ausblick: Der In-house Legal Counsel und die Rechtsabteilung im
neuer Angebote (z.B. Einsatz von Projektjuristen, Ausweitung
                                                                       Jahre 2020 – stetig wachsende Herausforderungen im Zeitalter der
auf neue Rechtsanwendungsgebiete, neue Dienstleistungen wie
                                                                       Globalisierung?, in: Sylvie Hambloch-Gesinn/Beat Hess/Andreas
Compliance oder Corporate Governance, neue Vertriebsformen
                                                                       Meier/Reto Schiltknecht/Christian Wind (Hrsg.), In-House Counsel in
etc.).                                                                 internationalen Unternehmen, Basel 2010, S. 33–49; D ERS., Legal
                                                                       Management, Management von Recht als Führungsaufgabe, 2. Auf-
                                                                       lage, Zürich 2006; T HOMAS W OLF, Strukturwandel der deutschen An-
                                                                       waltschaft, in: JURAcon-Jahrbuch 2009/10, S. 28–32. ¢

406                                                                                                                                       9/2012
Übersicht: Megatrends – Auswirkungen – Reaktionen

9/2012
                                        Trends                            Auswirkungen                                            Reaktionen                                               Weitere Punkte für Anwälte

         Gesellschaft   · Demographie (Bevölkerungszu-         · Sinkende Erwerbsquote                    · Rekrutierung anpassen (v.a. auf qualifizierte Ausländer,        · Bildung neuer Karriere- und Partnerschaftsmodelle
                          nahme, Überalterung)                 · Neue Lebensformen                          ältere Mitarbeiter und Frauen)                                  · Corporate Governance gewinnt an Bedeutung
                        · Migration (Völkerwanderung, neues    · Flexibilität im Arbeitsmarkt, Arbeits-   · Geeignete Infrastrukturen schaffen                              · Ausbau von Rechtsabteilung, Compliance und Regula-
                          Mobilitätsverständnis)                 marktfähigkeit ersetzt Arbeitsplatz-     · Flexible, interaktive und neue Arbeitsbedingungen und             tory Affairs (Stellenwert steigt)
                        · Urbanisierung                          sicherheit                                 Arbeitszeitmodelle schaffen                                     · Zunahme frühzeitigen
                        · Sozio-kulturelle Aspekte (Werte-     · Neue Führungsqualitäten erforder-        · Wissensmanagement wird zentraler                                  bzw. präventiven Einbezugs der Rechtsdienstleister
                                                                                                                                                                                                                                           THEMA/QUESTION DU JOUR

                          wandel/-durchmischung, Individua-      lich (neue Werte bei Mitarbeitern)       · Management von Unsicherheiten wird wichtiger; Bereit-             (Geschäftsrisiko mittragen)
                          lisation, Communities)               · Wissen als Ressource wird zentraler        schaft für Risiken sinkt                                        · Professionalisierung von Risiko Management; Manage-
                        · Informations- und                    · Sicherheitsbedürfnis steigt              · Weiterbildung und Soft Skills wichtiger (EQ als Ergän-            ment von rechtlichen Risiken wird wichtiger
                          Wissensgesellschaft                  · Innovations- und Qualitätsorientie-        zung zu IQ)                                                     · Aus- und Weiterbildung in juristischen und nicht-juristi-
                        · Zentralisierung (Standardisierung)     rung                                                                                                         schen Fächern wird zunehmen
                        · Gesundheitsbewusstsein               · Work-Life-Balance

         Wirtschaft     ·   Wachstum                           · Konsum und Wohlstand steigt              · Kostenreduktion, sinkende Budgets                               · Zunehmender Kostendruck verlangt weitere Professionalisie-
                        ·   Globalisierung                     · Konkurrenz und Wettbewerb steigt         · Ausfallrisiken bei Kunden steigen                                 rung des Kanzleimanagements und Strategie bzgl. Kunden
                        ·   Internationalisierung                (bei den Kundenmärkten und im Ar-        · Neue Zusammenarbeitsformen und Vernetzung (Technik                und Konkurrenz
                        ·   Arbeitsmarkt verändert sich          beitsmarkt)                                und Mensch)                                                     · Abnehmende Kundentreue/-bindung
                        ·   neue Märkte entstehen              · Bedeutung des Dienstleistungssek-        · Neue Wertschöpfungsnetze                                        · Rechtsdienstleistung als Commodity qualifiziert
                                                                 tors steigt (globale Wissenselite)       · Wissensbasierte Ökonomie                                        · Professionalisierung des Einkaufs (Ausschreibung, alter-
                                                               · Finanzvermögen/Staatsschulden            · Integration fremder Kulturen/Werte                                native Honorierungsmodelle, Panel, KPI etc.)
                                                               · Liberalisierung der Märkte               · Offene Arbeitsmärkte, War for Talents, Jugendarbeitslosigkeit   · Organisation der Rechtsabteilungen verbessert sich
                                                               · Offene Systeme und Netzwerke             · Verrechtlichung (Gesetzesvielfalt, Regulierungsdichte)          · Verlagerung der Wertschöpfung (Outsourcing)
                                                               · Komplexität steigt                       · Arbeitsteilung, schlankere Strukturen, Prozessoptimie-          · Gesteigerte Kundenerwartungen (erweiterte Kenntnisse,
                                                                                                            rung                                                              Projektmanagement, Soft Skills etc.)
                                                                                                          · Liberalisierungen im Rechtsdienstleistungsmarkt                 · Anforderungsprofil für Juristen ändert sich
                                                                                                                                                                            · Vertikale Segmentierung im Anwaltsmarkt
                                                                                                                                                                            · Spezialisierung (Fachgebiet/Kunden)
                                                                                                                                                                            · Wachstum und Netzwerkbildung

         Technologie    · Technologisierung                    · Dynamisierung und Flexibilität           · Digitale Vernetzung/Multimedia zu berücksichtigen               · Beschleunigung des Geschäfts
                        · Entwicklung neuer Bereiche           · Informationsflut/Überinformation         · Informationsmanagement                                          · Jederzeitige Erreichbarkeit und Verfügbarkeit
                        · Kommunikation/Information            · Digitalisierung/Digitaler Lebensstil

         Politik        · Politische Weltordnung               · Länderabspaltungen, Vereinigungen · Expansion in neue Märkte (auch durch KMUs)                             · Compliance als Wachstumssegment
                        · Staatsverständnis                    · Demokratisierung im Osten und Sü- · Gründung von Niederlassungen und Kooperationen                         · Neue Rahmenbedingungen für Rechtsdienstleister
                        · Neue Akteure                           den
                                                               · Staat als Dienstleister und Kunde

         Ökologie       ·   Klimawandel                        · Veränderte Rahmenbedingungen             · Verantwortung der Unternehmen                                   · Corporate Social Responsibility
                        ·   Umweltbelastung                      und Bedürfnisänderung                    · Sensibler Umgang mit Ressourcen
                        ·   Ressourcenknappheit                · Nachfrage nach Ressourcen steigt         · Neue Produkte und Kunden
                        ·   Arten-/Sortenvielfalt              · Verteilungskampf (Preise)

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