IMS Health Flashlight - Ausgabe - April 2015
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IMS Health Flashlight 45. Ausgabe - April 2015 Liebe Leserinnen und Leser, ab dieser Ausgabe unseres Newsletters Flashlight finden Sie einige Änderungen hinsichtlich der Aufbe- reitung der Beiträge vor, welche die Leserfreundlichkeit weiter erhöhen sollen. In der Rubrik Pharmamarkt starten wir mit einem Überblick auf den rezeptfreien Versandhandel, der auch 2014 einen Aufwärtstrend nahm. Der daran anschließende Beitrag bilanziert die Rekordnachfrage nach Erkältungsprodukten im Zuge der Grippewelle in den ersten Monaten des Jahres. In der Sparte „Healthcare Welt“ wenden wir uns der internationalen Entwicklung von Biologika zu und filtern einige Faktoren heraus, die für die Marktdurchdringung insbesondere von Biosimilars relevant sind. Ein weiterer Artikel befasst sich mit den Potenzialen von Präparaten des sog. dritten Sektors, also Arznei- mitteln, die sich zwar nicht durch einen innovativen Wirkstoff auszeichnen, aber dennoch einen Mehrwert bieten. Im Vorfeld unserer Veranstaltung „Next Generation Healthcare Technology“ am 22. April 2015 in Frankfurt am Main konnten wir mit einem der Referenten zu den Themen Customer Engagement Management, Analytik, Big Data und die Bedeutung für die Healthcare-Branche sprechen. Das Interview mit Dr. Martin finden Sie in der Rubrik „Technology & Applications“. Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre. Ihr Dr. Frank Wartenberg, President Central Europe Inhalt 3 Pharmamarkt Apothekenversandhandel mit rezeptfreien Produkten in 2014 auf Wachstumskurs 6 Grippewelle ließ Nachfrage nach Erkältungsprodukten auf Rekordniveau ansteigen Pharmamarkt 9 Biologika weltweit im Aufwind Healthcare-Welt 13 Zwischen innovativem Markenprodukt und Generikum: der Dritte Sektor und seine Potenziale Healthcare-Welt 15 „Unternehmen müssen die customer journey so individuell und effektiv planen wie möglich.“ Technology & Applications 18 SAVE THE DATES IMS Health Termine © IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe 2
PHARMAMARKT Apothekenversandhandel mit rezeptfreien Produkten in 2014 auf Wachstumskurs Der Apotheken-Versandhandel mit rezeptfreien Produkten - Arznei- und Gesundheitsmitteln, Kosmetika, Ernährungs- und Medizinprodukten – florierte wie schon in den Vorjahren auch in 2014 (Abb. 1). Das Geschäft über den elektronischen/telefonischen Bestellweg wächst nur noch über den OTC-Teilbereich (=OTC: over the counter). Demgegenüber setzte sich die seit Längerem zu beobachtende Talfahrt bei rezeptpflichtigen (=Rx) Präparaten fort. Die Erklärung für diese Entwicklung: Versandapotheken sind bei Rx-Arzneimitteln strikt an den Listenpreis gebunden und dürfen ihren Kunden, anders als bei OTC-Pro- dukten, keine Rabatte gewähren. Der Gesamtmarkt rezeptfreier Produkte (Apotheken und Versandhandel) entwickelte sich in 2014 nach Umsatz mit einem Zuwachs von +2,5 % moderat. Dabei erzielte der Versandhandel mit +11 % einen deutlich größeren Zuwachs als die Vorortapotheke (+1,6 %). Abbildung 1: Umsatzentwicklung des Apotheken-Versandhandels liegt in 2014 deutlich über dem Marktdurchschnitt Rezeptfreie Produkte im deutschen Apothekenmarkt (Offizinapotheken und Versandhandel) nach Umsatz Jahr 2014 Umsatz in Mio. Euro Umsatzverteilung des Versandhandels Veränderung ggü. Vorjahr nach Segmenten 11.788 (+2,5%) Med. Sachbedarf (+0,9%) Versandhandel 1.249 Kosmetik und (+11,0%) 6% Körperpflege (+12,1%) 15% Ernährung 3% (+10,9%) Offizin 10.539 (+1,6%) Rezeptfreie Arznei- und Gesundheits- 77% mittel (+11,6%) Quelle: IMS® Consumer Report Apotheke, Analyse Stand März 2015 Von den insgesamt fast 12 Milliarden Euro Umsatz (zu effektiven Verkaufspreisen) mit rezeptfreien Pro- dukten entfallen auf den Versandhandel 11 % bzw. etwas über 1,2 Mrd. Euro. Davon wurden 77 % mit Arz- nei- und Gesundheitsmitteln erwirtschaftet. Den zweitgrößten Anteil vereint das Segment der Produkte zur Körperpflege und Kosmetik mit 15 % auf sich, gefolgt von Artikeln des Medizinischen Sachbedarfs (Tests, Messinstrumente usw.) und Ernährungsprodukten. © IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe 3
PHARMAMARKT Rund 8 % mehr Packungen versendet als im Vorjahr Im Gesamtmarkt rezeptfreier Produkte zeigt sich die Mengenentwicklung in 2014 gegenüber Vorjahr leicht rückläufig (-1 %), was durch die Entwicklung in der Vorortapotheke bedingt ist (-1,9 %), auf die mit 89 % der Löwenanteil des Absatzes entfällt. Ein wesentlicher Grund für den Mengenrückgang in der stationären Apotheke liegt darin, dass sich die starke Erkältungswelle des Vorjahres so in 2014 nicht wiederholte (Abb. 2). Über den Versandhandel wurden mehr Packungen als im Vorjahr geordert (+7,5 %). Dabei legen drei von vier Produktkategorien im mittleren oder höheren einstelligen Bereich zu. So wächst bspw. der Umsatz im Segment der Kosmetik- und Körperpflegeprodukte wie schon in den beiden Vorjahren im niedrig zweistelligen Bereich und erhöht sich in 2014 um +12 % auf 183 Millionen Euro. Stärker nachgefragt waren vor allem Haarpflegeprodukte, wobei Mittel gegen Haarausfall und Anti-Läusemittel zur Umsatzsteigerung beitragen. Lediglich Artikel aus dem Bereich des Medizinischen Sachbedarfs verzeichnen nur einen leichten Auf- wärtstrend. Der Versandhandel hat hier eine geringere Bedeutung, da auch andere Vertriebskanäle eine Rolle spielen wie z. B. der Diabetes-Fachhandel für Blutzuckerteststreifen. Abbildung 2: Aufwärtstrend im Apotheken-Versandhandel 2014: bei drei von vier Produktkategorien wurden deutlich mehr Packungen versendet Rezeptfreie Produkte im deutschen Apothekenmarkt (Offizinapotheken und Versandhandel) nach Absatz Jahr 2014 Absatz in Mio. Packungen Absatzverteilung des Versandhandels Veränderung ggü. Vorjahr nach Segmenten 1.151 (-1,0%) Med. Sachbedarf (+1,3%) Kosmetik und Versandhandel 122 Körperpflege (+7,5%) 5% (+4,9%) 13% Ernährung 2% (+4,2%) Offizin 1.029 (-1,9%) Rezeptfreie Arznei- und Gesundheits- 79% mittel (+8,4%) Quelle: IMS® Consumer Report Apotheke, Analyse Stand März 2015 Rückgang bei Erkältungsmitteln, Steigerung bei anderen Produktgruppen Die Verlagerung der Nachfrage von der Vorortapotheke in den Versandhandel ist ein seit mehreren Jahren zu beobachtender Trend. Der Umsatzrückgang bei der größten rezeptfreien Kategorie aus dem © IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe 4
PHARMAMARKT Bereich der Arznei- und Gesundheitsmittel, nämlich Erkältungsmittel, wird, Offizinapotheken und Ver- sandhandel zusammen betrachtet, durch Wachstum in anderen Kategorien ausgeglichen. So verzeichnet bspw. die zweit umsatzstärkste Gruppe der Schmerzmittel einschließlich Mitteln für Muskeln und Gelenke eine Steigerung von +4,0 %, auf Platz drei befindliche Präparate zur Verdauung von +7,1 %. Bei Vitaminen, Mineralstoffen und Nahrungsergänzungsmitteln (Rang 4) erhöht sich der Umsatz um +3,9 % (Abb. 3). Abbildung 3: Der Rückgang bei der umsatzstärksten Kategorie Erkältungsmittel wird durch Zuwächse bei anderen Kategorien aus- geglichen OTC*-Arznei- und Gesundheitsmittel im deutschen Apothekenmarkt**: Umsatzentwicklung führender Kategorien*** Jahr 2014 Offizin VH Offizin+VH Arznei-/Gesundheitsmittel gesamt 1,3 11,7 2,5 01 Husten-/Erkältungsmittel, Atemwegstherap. -5,3 3,6 -4,5 02 Schmerzmittel, incl. Muskel-/Gelenke 3,0 10,4 3,9 03 Präparate für den Verdauungstrakt 5,8 18,1 7,1 04 Vitamine/Mineralstoffe/Nahrungsergänzung 2,1 16,3 3,9 06 Hautmittel 1,9 11,6 2,8 10 Herz- und Kreislaufmittel -0,2 4,7 0,7 07 Augenpräparate 4,0 14,9 5,4 Übrige 4,9 15,9 6,5 * OTC = over the counter = rezeptfrei, Arznei- und Gesundheitsmittel ** Offizinapotheken + Versandhandel *** Über 300 Mio. Euro Jahresumsatz Quelle: IMS OTC® Report/IMS® GesundheitsMittelStudie (GMS) Apotheke, Analyse Stand März 2015 Mehrere Gründe für Wachstum des Versandhandels Der Versandhandel bedient heute im Vergleich zu seinen Anfängen immer mehr Segmente aus dem rezeptfeien Markt. Diese breitere Produktpalette erstreckt sich sowohl auf die Bandbreite günstiger bis hochpreisiger Produkte als auch auf mehr Produktformen und Packungsgrößen. Um Wachstum zu erzie- len, braucht der Versandhandel das breite Sortiment. Die Hersteller der Produkte haben erkannt, dass sie den Versandhandel für das Wachstum brauchen und betreiben daher ein aktives Versandhandels- geschäft. Die Warenverfügbarkeit ist für den Versandhandel heute kein Problem mehr. Der Verbraucher schließlich verhält sich bei seinen Einkäufen im Versandhandel ähnlich wie in der Vorortapotheke, d.h. er bestellt Präparate auch für den Akutbedarf, nimmt preiswerte Angebote wahr und kauft auch sensible Produkte. Der Vertriebsweg Versandhandel wird damit für den Kunden auch bei Arznei- und Gesundheits- mitteln zunehmend ebenso selbstverständlich wie dies bei Büchern, Kleidung und anderen Gegenstän- den des Alltags längst der Fall ist. Dr. Gisela Maag © IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe 5
PHARMAMARKT Grippewelle ließ Nachfrage nach Erkältungsprodukten auf Rekordniveau ansteigen Husten, Schnupfen, Gliederschmerzen: Wen die Grippe richtig erwischte, der lag erst einmal flach. Seit Anfang des Jahres stieg die Zahl der Grippeerkrankungen deutlich und ließ von Januar bis März die Nachfrage nach Erkältungsprodukten stark ansteigen (Abb. 1). Abbildung 1: Die Grippewelle 2015 fällt im Vergleich zum ersten Quartal 2013 noch stärker aus und hat Deutschland seit der ersten Kalenderwoche im Griff Die Grippewelle 2015 fällt im Vergleich zum ersten Quartal 2013 noch stärker aus und hat Deutschland seit der ersten Kalender- woche im Griff 70 60 50 40 30 20 10 0 S39 O40 O41 O42 O43 N44 N45 N46 N47 N48 D49 D50 D51 D52 D53 J01 J02 J03 J04 F05 F06 F07 F08 M09 M10 M11 M12 M13 Saison 2014/2015 Saison 2013/2014 Saison 2012/2013 Saison 2011/2012 Saison 2010/2011 Saison 2009/2010 Definition des Erkältungsmarktes: OTC-Gruppen 01A, 01B, 01C, 01F, 01V, 05F (Erkältung+Immunstimulantien) in Apotheken Quelle: IMS PharmaTrend® sprinter Erkältungssaison 2014/2015: hohe Nachfrage seit Oktober in allen Erkältungsmärkten Bereits im vierten Quartal 2014 lag der Umsatz mit Erkältungsprodukten um 11 % über dem des Vorjahres, der Absatz stieg um 7 %. Sowohl die Vorortapotheke als auch der Versandhandel konnten den Umsatz steigern, und zwar um 12,1 % bzw. den Absatz um 14,0 %. Alle Erkältungssegmente profitierten von der gestiegenen Nachfrage. Die fünf umsatzstärksten Erkältungswarengruppen Expektorantien, Grippemittel, Schnupfenmittel, Halsschmerzmittel und Mittel gegen Atemwegserkrankungen erreichten insgesamt ein Umsatzplus von 40 Millionen Euro, was einer Steigerung von 9,5 % gegenüber dem vierten Quartal 2013 entspricht. Grippewelle 2015: hoher zweistelliger Zuwachs bei Erkältungsmitteln aus der Offizin Mit Beginn der Grippewelle Anfang 2015 im Süden von Deutschland gab es einen unerwartet hohen Umsatz- und Absatzschub, der bis in den März anhielt (Abb. 2 und 3). Bereits in der ersten Kalender- © IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe 6
PHARMAMARKT woche erreichte der Umsatz mit Erkältungsprodukten in der Offizin eine Steigerung um +25 % gegenüber Vorjahr. Mit dem Ausbreiten der Grippewelle im Februar lag der Umsatz um über 60 % über dem des Vorjahres. In der letzten Februarwoche wurden im Vergleich zum Vorjahr 72 % mehr Erkältungsprodukte gekauft. Abbildung 2: Der positive Trend zieht sich im ersten Quartal durch alle Erkältungswarengruppen – mit einem überdurchschnittlichen Plus für Expektorantien und Grippemittel im Apothekengesamtmarkt Erkältungsmarkt nach OTC-Gruppen, Umsatz in Mio. €, Apotheke (Offizin+VH), Erkältungssaison Q1/2013 - Q1/2015, BRD-Gesamt +40% +/-% € -23% 644,8 Q1/2015 594,6 zum 124,4 Vorjahr 119,7 +52,0 01A2 EXPEKTORANTIEN 460,7 103,6 01B1 ERKAELT.MITT+MI.G.GRIPP. +64,7 89,3 81,8 +35,2 01V1 PROD.F.SONS.ATEMWEGSERKR 101,4 01C1 HALSSCHMERZMITTEL +32,3 97,2 62,9 01B2 SCHNUPFENMITTEL +20,5 75,0 95,3 86,9 01A1 MITTEL Z.HUSTENLINDERUNG +38,9 72,0 05F1 IMMUNSTIMULANZIEN +36,6 86,7 94,7 78,6 01F1 SALZ+MEERWASSERLOES.NASE +26,6 39,7 41,3 29,7 01B4 IMMUNSTIMUL.GEG.ERKAELT. +50,9 23,9 15,8 26,5 16,5 19,4 19,5 12,9 15,4 19,5 01B3 EINREIBUNGEN U.INHALAT. +43,5 19,0 13,1 18,7 Q1/2013 Q1/2014 Q1/2015 Quelle: IMS OTC® Report, IMS® GesundheitsMittelStudie (GMS) Apotheke Grippewelle 2015 bringt auch dem Versandhandel hohe zweistellige Zuwachsraten In den beiden ersten Monaten Bereits im vierten Quartal 2014 zeigte sich, dass 2015 wurden insgesamt 92,0 Mio. von der hohen Nachfrage nach Erkältungspro- dukten nicht nur – wie 2013 - die Offizin profitierte, Packungen Erkältungsprodukte sondern auch der Versandhandel, der im ersten allein in der Vorortapotheke Quartal 2015 ein Plus von über 30 % erzielte – und gekauft, dies sind 21,9 Mio. zwar auch mit Akutprodukten wie Expektorantien (+47,3 %), Grippemitteln ( +47,9 %) oder Mitteln Packungen bzw. 31 % mehr als zur Hustenlinderung (+42,4 %). Im Februar fiel im Vorjahreszeitraum. Auch der der Zuwachs noch höher aus. Wurde bisher der Versandhandel verbuchte einen Akutbedarf bei Erkältungen oder einer Grippe bevorzugt in der Vorortapotheke gedeckt, holt der überdurchschnittlichen Zuwachs Versandhandel aktuell stark auf. im mittleren zweistelligen Bereich. © IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe 7
PHARMAMARKT Abbildung 3: Der positive Trend zieht sich im ersten Quartal durch alle Erkältungswarengruppen – mit einem überdurchschnittlichen Plus für Expektorantien und Grippemittel im Apothekenversandhandel Erkältungsmarkt nach OTC-Gruppen, Umsatz in Mio. €, Apotheken-Versandhandel (Offizin+VH), Erkältungssaison Q1/2013 - Q1/2015, BRD-Gesamt +33% +/-% € 52,4 Q1/2015 zum -9% 9,5 Vorjahr 43,3 39,5 01V1 PROD.F.SONS.ATEMWEGSERKR +24,2 8,8 9,2 +47,9 01B1 ERKAELT.MITT+MI.G.GRIPP. 7,6 01B2 SCHNUPFENMITTEL +15,7 7,5 +47,3 6,3 9,1 01A2 EXPEKTORANTIEN 01C1 HALSSCHMERZMITTEL +29,0 7,2 7,9 6,9 +38,2 05F1 IMMUNSTIMULANZIEN 5,9 4,7 01B4 IMMUNSTIMUL.GEG.ERKAELT. +40,5 6,6 5,8 5,1 01F1 SALZ+MEERWASSERLOES.NASE +34,2 4,4 3,0 3,2 01B3 EINREIBUNGEN U.INHALAT. +44,2 1,7 1,2 2,4 1,7 1,7 01A1 MITTEL Z.HUSTENLINDERUNG +42,4 1,2 0,9 1,3 1,4 1,2 1,0 0,8 Q1/2013 Q1/2014 Q1/2015 Quelle: IMS OTC® Report, IMS® GesundheitsMittelStudie (GMS) Apotheke Auch wenn die Hersteller von Erkältungsprodukten mit der hohen Nachfrage zufrieden sein konnten und die Lagerbestände gegen Ende März wohl abgebaut waren, so starten bereits die Vorverkäufe für die Er- kältungssaison 2015/2016 und es gilt abzuschätzen, wie die Erkältungssaison im nächsten Herbst/Winter ausfällt. Für die Produktions- und Verkaufsplanung bedeutet dies Unterschiede in einer Größenordnung von mehreren Millionen Packungen. Marlies Spiegel © IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe 8
HEALTHCARE-WELT Biologika weltweit im Aufwind Im weltweiten Pharmamarkt stieg der Umsatz biologischer Arzneimittel in den letzten Jahren in vielen Ländern an. Eine Ausnahme bildet das Jahr 2012, in dem bei mehreren Präparaten das Patent auslief. Der darauf folgende Anstieg verdankt sich dem Markteintritt bzw. der –ausweitung durch sog. Biosimilars. Diese „Nachbauten“ sind nicht identisch mit den Referenzwirkstoffen, sondern eben ähnlich („similar“), da die Herstellungsschritte komplex sind und eine Eins-zu-eins-Nachahmung des Originals nicht möglich ist. Im Jahr 2014 wurde gut die Hälfte des Umsatzes mit Biologika in den USA erwirtschaftet (Abb. 1). Das stär- kste Wachstum vollzieht sich jedoch in den einkommensschwächeren „Pharmerging“ Ländern, zuvorderst in China, aber auch in den übrigen „BRIC“-Staaten (Brasilien, Russland, Indien) und in einzelnen weiteren Ländern in verschiedenen Regionen der Welt. Mit knapp 200 Milliarden US-Dollar im Jahr 2014 lag der Umsatzanteil von Biologika am globalen Pharmagesamtmarkt bei etwa einem Fünftel. Abbildung 1: Sukzessives Marktwachstum von Biologika in den letzten Jahren Marktentwicklung Biologika 2008-2014 Biologika – Anteil am Umsatz 2014 250 12% 51% 21% 200 10% Wachstum, % (LC$) Umsatz, Mrd. US$ 8% 150 6% 6% 100 10% 4% 12% 50 2% Biologika – Anteil am Wachstum (über 5 Jahre) 0 0% 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 15% 55% EU5 Umsatz Biologika 6% Japan Wachstum Biologika Pharmerging Wachstum niedermolekulare Präparate Rest der Welt Wachstum Gesamtmarkt 14% USA Quelle: IMS Health, MIDAS® Q3 2014, Rx, LC$: Local Currency $ 11% Auf dem Weg zu Schlüsseltherapien Biologika entwickeln sich im Zuge der Erweiterung des Segments immer mehr zu Schlüsseltherapien: be- fanden sich im Ranking des weltweiten Pharmamarktes im Jahr 2009 lediglich zwei biologische Präparate unter den Top 10-Arzneimitteln, so waren es in 2014 bereits fünf (Abb. 2). Darunter befindet sich auch das weltweit umsatzstärkste Krebsmedikament „Humira“ (Wirkstoff Adalimumab). In den nächsten Jahren läuft das Patent von Adalimumab in der EU und Nordamerika aus (EU: 2018, US: 2016) ebenso wie bei weite- ren umsatzstarken Substanzen, so z.B. beim Antidiabetikum „Lantus“ (Insulin Glargin) oder bei „Enbrel“ (Etanercept, EU: 2015, US: verlängert bis 2028) zur Behandlung von Rheuma und Psoriasis. Jüngst wurde mit Infliximab der erste biosimilare monoklonale Antikörper in Deutschland eingeführt (Patentauslauf EU: 2015, US: 2018). © IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe 9
HEALTHCARE-WELT Abbildung 2: Biologika entwickeln sich zunehmend zu Schlüsseltherapien Top 10 Medikamente im globalen Pharmamarkt Entwicklung der Rangposition von 2009 bis 2014 2009 2010 2011 2012 2013 2014 1 LIPITOR LIPITOR LIPITOR SERETIDE HUMIRA HUMIRA 2 PLAVIX PLAVIX PLAVIX CRESTOR SERETIDE LANTUS 3 NEXIUM SERETIDE SERETIDE HUMIRA CRESTOR ABILIFY 4 SERETIDE NEXIUM NEXIUM NEXIUM ENBREL SERETIDE 5 SEROQUEL SEROQUEL CRESTOR LIPITOR NEXIUM ENBREL 6 ENBREL CRESTOR SEROQUEL ENBREL ABILIFY CRESTOR 7 REMICADE ENBREL HUMIRA REMICADE REMICADE REMICADE 8 ZYPREXA REMICADE ENBREL PLAVIX LANTUS NEXIUM 9 CRESTOR HUMIRA REMICADE ABILIFY CYMBALTA SOVALDI 10 SINGULAIR ZYPREXA ZYPREXA LANTUS MABTHERA MABTHERA Niedermolekulare Präparate Biologika Quelle: IMS Health, MIDAS® Wie der Markt durch kommende Patentabläufe tangiert werden wird, hängt auch von der Entwicklung entsprechender Biosimilars ab. Dabei werden die regulatorischen Rahmenbedingungen eine erhebliche Rolle spielen. Denn außerhalb Europas gibt es diesbezüglich noch einige Unsicherheiten, die Zurückhal- tung nicht nur bei Unternehmen bedingen, sondern auch bei jenen Stakeholdern, die für Zulassung und Finanzierung zuständig sind. Außerdem steht die Marktpenetration von Biosimilars auch in Zusammen- hang mit länderspezifischen Leitlinien. Hier wird eine Harmonisierung angestrebt, wobei die Vorgaben der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herangezogen werden können. Herausforderungen für Klinische Entwicklung und Market Access von Biosimilars • Höhere Entwicklungskosten als bei niedermolekularen Präparaten • Höhere Produktionskosten • Unsicherer Rechtsrahmen hinsichtlich der Zulassung außerhalb Europas • Markenstatus von Biomilars bewusst machen, um das Vertrauen von Stakeholdern (Ärzten, aber auch Krankenkassen und nicht zuletzt Patienten) zu stärken © IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe 10
HEALTHCARE-WELT Marktpenetration von Biosimilars von mehreren Faktoren bestimmt Erfahrungen aus bisherigen Biosimilar-Einführungen in Europa zeigen, dass es für die Marktdurchdrin- gung von Biosimilars auf verschiedene Faktoren ankommt, vor allem auf die Art des Präparats und die Indikation, aber auch das jeweilige Land. Die Präparatelandschaft stellt sich heterogen dar, und die Akzeptanz bzw. wahrgenommene Notwendigkeit für den Einsatz hängt von spezifischen Bedingungen innerhalb eines Landes bzw. Gesundheitssystems ab. Dies verdeutlichen die Beispiele der Marktentwick- lung von Filgrastim- und Somatropin-Biosimilars in Europa. Filgrastim-Nachbauten erreichten in Deutschland, Großbritannien, Italien, Spanien und Frankreich relativ schnell vergleichsweise hohe Marktanteile am Molekül (Abb. 3). Die Substanz wird eingesetzt, wenn eine Blutbildstörung verhindert werden soll, wie sie etwa als Nebenwirkung bei Zytostatikatherapien auftreten kann, aber auch bei fortgeschrittener HIV-Infektion und Knochenmarkbehandlungen. Der Marktzugang ist durch gesundheitspolitische Instrumente wie z.B. Rabattverträge beeinflusst, es herrscht ein Preiswett- bewerb, und die Anwendung des Wirkstoffs erfolgt akut und/oder in Behandlungszyklen. Abbildung 3: Marktpenetration von Biosimilars verläuft je nach Umfeldkonstellation sehr unterschiedlich Marktdurchdringung von Biosimilars in EU-Ländern am Beispiel von Filgrastim und Somatropin Filgrastim Marktentwicklung Somatropin Marktentwicklung 2007-2013 2007-2013 100% 100% 90% 90% 80% 80% % Marktanteil, DDD % Marktanteil, DDD 70% 70% 60% 60% 50% 50% 40% 40% 30% 30% 20% 20% 10% 10% 0% 0% 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 T0 T1 T2 T3 T4 T5 T6 Frankreich Deutschland Italien Frankreich Deutschland Italien Spanien UK Spanien UK Quelle: IMS Health, MIDAS® 2013 Demgegenüber stellt sich die Marktentwicklung der Biosimilars des Wachstumshormons Somatropin ganz anders dar. Die nach mehreren Jahren erreichte Marktpenetration liegt in den oben genannten europäischen Ländern mehrheitlich deutlich unter 20 %. Der Wirkstoff wird u.a. zur Behandlung eines Wachstumshormonmangels bei Kindern und Erwachsenen angewendet. Der Markt ist geprägt durch eine differenzierte Stakeholderlandschaft mit erheblichem Einfluss von Ärzten, geringem Preiswettbewerb, und der Einsatz der Substanz erfolgt über einen längeren Zeitraum, was möglicherweise auch die Wechselbe- reitschaft auf ein anderes Präparat gering hält. © IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe 11
HEALTHCARE-WELT Zukunft Die Gründe für die unterschiedliche Marktdurchdringung von Biosimilars sind komplex. Zum einen be- steht eine heterogene Präparatelandschaft, Indikation und Wettbewerberumfeld spielen eine wesentliche Rolle. Zum anderen kommt es auf die Anzahl und Art der relevanten Stakeholder an, die den Marktzu- gang beeinflussen. Und schließlich kommt regulatorischen Rahmenbedingungen maßgeblich Bedeutung zu. Inwieweit Biosimilars die Märkte weiter durchdringen werden, hängt also von einer Vielzahl von Faktoren ab, von denen einige begünstigend, andere bremsend wirken können. Das bedeutet in der Konsequenz für pharmazeutische Hersteller die Entwicklung verschiedener „Go-to-Market“-Strategien. Einige begünstigende Faktoren für die Markt- Einige bremsende Faktoren für die penetration von Biosimilars Marktpenetration von Biosimilars • Kostenträger-getrieben (Rabattverträge • Viele Stakeholder breiter Einsatz) • Verfügbarkeit von Originalpräparaten der • Chronische Erkrankungen nächsten Generation mit verbessertem Profil • Steigender Bedarf an biologischen Therapien • Unwesentlicher Preisunterschied zwischen Original und Biosimilar • Von Präparatequalität überzeugte Stakeholder • Anwendung auf Neueinstellungen von Biosimilars fokussiert Dr. Gisela Maag © IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe 12
HEALTHCARE-WELT Zwischen innovativem Markenprodukt und Generikum: der Dritte Sektor und seine Potenziale (Whitepaper-Exzerpt) Der sogenannte Dritte Sektor im Arzneimittelmarkt setzt sich aus Arzneimitteln zusammen, die sich „Wenn der Dritte Sektor wie in zwar nicht durch einen innovativen Wirkstoff aus- zeichnen, dennoch Patienten, Ärzten und Kranken- den vergangenen fünf Jahren kassen einen Mehrwert bieten. Dies rechtfertigt wächst, ist bis 2018 mit einem einen höheren Preis als z.B. für Generika und macht sie somit attraktiv für kleine und große Volumen von 32 Mrd. US-Dollar Pharma-Unternehmen. zu rechnen“, prognostiziert Sarah Rickwood, Vice President Markt mit Zukunft Thought Leadership. Nach IMS Health Analysen verzeichnet der Dritte Sektor weltweit ca. 24 Mrd. US-Dollar. Das Wachs- tum war 2014 mehrheitlich durch die Top-5-EU-Staaten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien) getrieben, die zusammen auf rund 5,5 Mrd. US-Dollar kommen. Innerhalb dieser Gruppe ent- fielen auf Deutschland 2014 rund 1,4 Mrd. US-Dollar und 20 % des Wachstums. „Wenn der Dritte Sektor wie in den vergangenen fünf Jahren wächst, ist bis 2018 mit einem Volumen von 32 Mrd. US-Dollar zu rechnen“, prognostiziert Sarah Rickwood, Vice President Thought Leadership North Europe & Africa bei IMS Health. „Während derzeit der überwiegende Anteil des Dritten Sektors in der medizinischen Grund- versorgung der Industrienationen erwirtschaftet wird, werden wir in Zukunft ein starkes Wachstum des Dritten Sektors in Schwellenländern („Pharmerging“ Märkte) beobachten.“ Abbildung 1: Top-5-EU-Staaten haben einen Anteil von rund 5,5 Abbildung 2: Innerhalb der Gruppe der Top-5-EU-Staaten fielen Mrd. US-Dollar am weltweiten Markt des Dritten Sektors. 2014 auf Deutschland 20 % des Wachstums. Anteil am Umsatz 2014 Anteil am Wachstum 2014 Spanien Spanien Deutschland 18% Deutschland 13% 30% 16% 33% Frankreich 18% 20% Frankreich Italien 17% Italien 18% 17% UK UK Quelle: IMS MIDAS® MAT (Moving Annual Total) 09/2014, Retail und Krankenhausbereich © IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe 13
HEALTHCARE-WELT Hauptkategorien von Arzneimitteln des Dritten Sektors Verglichen mit innovativen Arzneimitteln setzen Dritte-Sektor-Marken auf bereits erforschte Moleküle. Dies senkt die Forschungs- und Entwicklungskosten. Sie greifen unerfüllte Bedürfnisse vonseiten der Patienten, Ärzte oder Krankenkassen auf und liefern damit einen Mehrwert und Differenzierungspunkt. Dritte-Sektor-Marken unterliegen im Vergleich zu NCEs (New Chemical Entities) einer weniger strengen Regulierung und müssen weniger hohe Zulassungsauflagen erfüllen. Hauptsächlich lassen sich fünf Kategorien aufführen, wie sich Produkte des Dritten Sektors von Marken- produkten auf der einen und Generika auf der anderen Seite unterscheiden: • Veränderte Verabreichungs- bzw. Darreichungsformen: Hat sich ein Wirkstoff bewährt, aber lässt sich eine hohe Non-Compliance-Rate feststellen, so besteht die Möglichkeit, durch eine Veränderung der Verabreichungs- bzw. Darreichungsform besser auf die Patientenbedürfnisse einzugehen. • Neue Formulierungen: Auch neue oder Re-Formulierungen können dazu führen, dass die Compliance verbessert wird, indem beispielsweise der Wirkstoff über einen längeren Zeitraum freigesetzt wird und somit nur eine Dosis statt drei am Tag nötig wird. • Molekülkombinationen und verbesserte Wirkweise: Die Kombination von bereits erforschten Mole- külen kann beispielsweise dazu führen, dass bei gleicher Wirkweise mit vergleichbaren Medikamenten die Dritte-Sektor-Marke weniger Kosten verursacht oder dass weniger Nebenwirkungen auftreten. • Neue Technologien: Der Einsatz von neuen Technologien, etwa aus dem Bereich Nano-Technologie, kann die Aufnahme und Verarbeitung von Medikamenten besser verträglich machen und somit eben- falls Nebenwirkungen verringern. • Neue Indikation: Schließlich stellt die Neupositionierung des Arzneimittels eine Möglichkeit des Eintritts in den Dritten Sektor dar. Exemplarische Veranschaulichung: Flutiform Flutiform von Mundipharma ist ein gutes Beispiel für ein Arzneimittel des Dritten Sektors, das nicht nur ein bis dato unerfülltes Patientenbedürfnis erfüllt hat, sondern auch Vorteile für Krankenkassen brachte. Flutiform wurde 2012 in Deutschland gelauncht und ist mittlerweile in weiteren Märkten verfügbar. Das Atemwegsprodukt kombiniert die existierenden Wirkstoffe Fluticason und Formoterol in einem modernen patientenfreundlichen Aerosol-Inhalator. Flutiform ist zur Behandlung von Patienten mit Asthma geeignet, die mit Kortison-Inhalationen und bedarfsweise angewendeten, kurzwirksamen Beta-Sympathomimetika- Inhalationen nicht ausreichend beschwerdefrei sind oder keine getrennte Inhalation von Kortison und langwirksamem Beta-Sympathomimetikum mehr wünschen. Mithilfe einer Studie konnte Mundipharma zum einen zeigen, dass Flutiform eine höhere Wirksamkeit auf Maßnahmen der Lungenfunktion aufweist, als wenn nur ein Wirkstoff verabreicht wird. Zum anderen war Flutiform in seiner Wirksamkeit vergleichbar mit der gleichzeitigen Behandlung von Asthma mit Fluticason und Formoterol über separate Inhalatoren – jedoch zu geringeren Kosten. 2014 (Moving Annual Total (MAT) 09/2014) konnte Flutiform in den Top-5- EU-Ländern rund 51 Millionen US-Dollar Umsatz erzielen, allein 21 Millionen US-Dollar in Deutschland. Lesen Sie mehr zum Thema Dritter Sektor im IMS Health Whitepaper “The Third Sector – A growing opportunity in the pharmaceutical market?”. Laden Sie sich einfach die kostenlose IMS Health Insights App bei iTunes herunter (iPad-Version): http://ow.ly/K0cIH © IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe 14
TECHNOLOGY & APPLICATIONS „Unternehmen müssen die customer journey so individuell und effektiv planen wie möglich.“ Interview mit Dr. Wolfgang Martin, Analyst, Mitglied im Boulder BI Brain Trust und im CRM Expertenrat zu den Themen Customer Engagement Management, Analytik, Big Data und die Bedeutung für die Healthcare-Branche 1. Dr. Martin, Ihr Vortrag bei der IMS Health Veranstaltung Next Generation Healthcare Technology am 22. April 2015 in Frankfurt/Main wird sich um Customer Engagement Management im digitalen Unternehmen drehen. Können Sie uns heute schon einen kleinen Vorgeschmack geben? Bei Customer Engagement Management (CEM) in digitalen Unternehmen rücken die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden noch stärker in den Mittelpunkt allen Tuns. CEM verfolgt eine neue Methode: das Planen einer Kundenreise bzw. customer journey maps mit dem Ziel, Kundenerlebnisse zu schaffen und zu verbessern. Dafür muss das Unternehmen die vier Dimensionen dieser Methode verinnerlichen und anwenden. Zunächst geht es um das Verstehen der Kundenmotivation: Wie und warum nutzen Kunden Produkte und Services, und welche Erfahrungen haben sie damit gemacht? Danach fällt der Blick auf die gesamte Reise der Kunden: Welche Kanäle und Kontaktpunkte nutzen sie, was sind ihre Ziele dabei, welche Emotionen werden ausgelöst und natürlich wie entwickeln sich die Konversionsraten? Die dritte Dimension von CEM stellt die 360°-Kundensicht dar: Unternehmens- interne Silos, etwa zwischen Marketing und Vertrieb, müssen aufgebrochen werden, damit eine einheitliche Unternehmenssicht auf die Kunden möglich wird. Interessant in diesem Zusammenhang ist die Möglichkeit, die Social Media bietet: Denn die sozialen Medien ermöglichen nicht nur einen Blick auf die eigenen Kunden und deren Einstellung zum Unternehmen: Die gebotene Transparenz des „gläsernen Marktes“ ermöglicht auch lehrhafte Wettbewerbsbeobachtung. Schließlich gilt es für Unternehmen selbst die Reise der Kunden zu planen – so individuell und effektiv wie möglich. 2. Wie unterscheidet sich Customer Engagement Management von Customer Relationship Manage- ment, und bei welcher Ausrichtung kommt Multichannel-Marketing mehr zum Tragen? CEM ist die konsequente Weiterentwicklung von Customer Relationship Management (CRM) – eine Anpassung an die neuen Herausforderungen der digitalisierten Welt hat stattgefunden. Heute können Unternehmen auf deutlich mehr Daten zugreifen als noch vor ein paar Jahren. Damit haben sie auch mehr Möglichkeiten, ihre Zielgruppen adäquat zu erreichen – aber nur, wenn Marketing, Vertrieb und Service endlich Hand in Hand gehen. Multichannel war der von CRM angestrebte Idealzustand – heute, mit CEM, geht es um Omnichannel-Marketing, also die Möglichkeit, Kunden über alle Kanäle gleichermaßen anzusprechen. Es wird eine umfassende, eine 360°-Ansicht auf die Kundenreise angestrebt. 3. Daten bilden hierbei die Grundlage. Wie wichtig ist das Stammdaten-Management bzw. generell die Pflege der Daten? Das ist natürlich essentiell. Denn fehlerhafte Daten verursachen viele Kosten. Schlechte Kunden- daten etwa schlagen sich in erhöhten Prozesskosten nieder, verursachen einen Imageschaden oder verhindern, dass z.B. Informationen überhaupt die Kunden erreichen. Ein professionelles Stamm- daten-Management, von Kunden- und Produktdaten, halte ich für absolute Basisarbeit. © IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe 15
PHARMAMARKT 4. Wie gelingt es Unternehmen, aus Big Data Smart Data zu machen? Indem Unternehmen Analytik anwenden. Daten an sich haben zunächst keinen Wert, erst wenn man sie analysiert, interpretiert und nutzt, veredelt man sie. Sie bieten dann Information und Wissen, und beides dient dazu, Prozesse zu steuern und neu zu erfinden, bessere Entscheidungen zu treffen und Fehlentwicklungen abzuwenden. 5. Wie wichtig ist in diesem Zusammenhang prädiktive Analytik, und was versteht man darunter genau? Prädiktive Analytik ist eine Anwendung von Wahrscheinlichkeitstheorie: Sie besagt, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Ereignis eintreffen soll. Damit ist prädiktive Analytik die nächste Stufe nach deskriptiver Analytik, die zunächst nur beschreibt bzw. die Tatsachen darlegt. Richtig smart ist, wer nun noch die präskriptive Analytik hinzufügt, denn mit ihrer Hilfe lassen sich Handlungsempfehlungen ableiten. Präskriptive Analytik steckt allerdings noch in den Kinderschuhen. 6. Wie schätzen Sie die Relevanz von Big Data und deren Analyse für die Healthcare-Branche ein, und schöpft Healthcare Ihrer Meinung nach bereits das ganze Potenzial aus? Das Potenzial ist gewaltig, denn gerade in der Healthcare-Branche gibt es massenhaft Daten, die an sich eine hohe Relevanz besitzen, da sie in Verbindung mit der Gesundheit der Menschen und ihrem Überleben stehen. Aus meiner Sicht wird dieses Potenzial derzeit noch lange nicht voll ausgeschöpft. Nur wenige Unternehmen haben die Möglichkeiten von Big Data im Gesundheitsbereich erkannt und ergriffen. Ein Beispiel, das gerade sehr aktuell ist und sicherlich eine absolute Vorreiterposition einnimmt, ist IBMs Watson. Mithilfe von Cognitive Computing kann Watson innerhalb von Sekunden die medizinische Literatur zu einem Thema durchforsten, verstehen und daraufhin präzise Diagnosen und sogar Empfehlungen aussprechen. Die Datengewinnung mittels tragbarer Geräte, wie den Smartwatches, oder smarter Kleidung ist eine weitere Strömung innerhalb der digitalen Healthcare-Branche. Als Beispiel lässt sich der Fuß- ballverein TSG Hoffenheim anführen: Die Spieler tragen Sensoren in ihren Trikots, die medizinische Daten während der Trainings und Spiele sammeln. Die Auswertung dieser Daten wird genutzt, um die Leistung zu optimieren. 7. Wie können Unternehmen der Healthcare-Branche Big Data besser nutzen? Die Basis bildet sicherlich das Auswerten und Interpretieren von Datenströmen, die gerade im Gesundheitswesen schier unendlich sind. Daher sollten Unternehmen auf Softwarelösungen zurück- greifen, die die einlaufenden Daten untersuchen und bewerten – und z.B. auf erkannte Risikofaktoren aufmerksam machen. Mithilfe von Big Data und der Digitalisierung der Welt kann – etwas weiter gedacht – z.B. die präven- tive Medizin stärker vorangetrieben werden; hier stehen wir heute noch ganz am Anfang. Ein Bei- spiel, das jüngst durch die Medien verbreitet wurde, ist der Versicherer Generali, der künftig einen speziellen Tarif anbietet: Versicherte spielen regelmäßig via Smartphone-App Daten etwa über ihre sportlichen Aktivitäten an den Versicherer, der im Gegenzug „gesündere Kunden“ mit Gutscheinen für’s Fitnessstudio, Prämiennachlässen o.ä. belohnt. © IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe 16
PHARMAMARKT 8. Spätestens bei diesem Beispiel stellt sich die Frage nach dem Datenschutz und dem vertrauens- würdigen Umgang mit den überlassenen Daten – sehr sensible Themen, gerade bei Gesundheits- daten. Wie stehen Sie dazu? Regulative Behörden, die über den Datenschutz wachen, sind unumgänglich. Gleichzeitig hat jeder Mensch ein Recht auf seine eigene Privatsphäre – und sollte bis zu einem bestimmten Grad selbst entscheiden können bzw. dürfen, welche Daten er schützen und welche er weitergeben möchte. Eine Individualsierung des Datenschutzes wäre demnach zeitgerecht und Dank der Digitalisierung auch möglich. Hier würde dann eine nächste Dimension der Analytik ansetzen: Individuell ermitteln, auf welche Daten zu welchem Zweck zugegriffen werden darf. Das muss vom Gesetzgeber kontrolliert werden. Wichtiger denn je wird in diesem Zusammenhang in der Tat das Thema Ethik: Unternehmen brauchen klar definierte, gut verständliche, transparente und vor allem verlässliche Grundsätze, wie sie mit den Daten ihrer Kunden verfahren, und sollten das auch entsprechend kommunizieren. 9. Sie haben vorhin IBM angesprochen: Warum engagieren sich aus Ihrer Sicht Unternehmen wie Google, Apple, Microsoft oder IBM verstärkt im Gesundheitsmarkt? Auf einen kurzen, gemeinsamen Nenner gebracht: Weil die Healthcare-Branche eines der lukrativ- sten, interessantesten und am meisten die Welt bewegenden Einsatzgebiete von Big Data darstellt. Wenn Sie mehr über Dr. Wolfgang Martin lesen wollen, dann besuchen Sie seine Website: http://www.wolfgang-martin-team.net/ Wenn Sie ihn gern live erleben möchten, dann besuchen Sie unsere Veranstaltung Next Generation Healthcare Technology, am 22. April 2015 in Frankfurt am Main. Jetzt noch schnell anmelden! http://ow.ly/LE3Tc Susanne Ayen © IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe 17
IMS HEALTH TERMINE IMS Health Kundenveranstaltungen SAVE THE DATES 23. Juni 2015 Round Table Meeting AMNOG, Pricing and Market Access 29./30. September 2015 IMS Health Kundentagung 28. Oktober 2015 Round Table Meeting Onkologie 29. Oktober 2015 Round Table Meeting Consumer Health 18. November 2015 Round Table Meeting Vertrieb IMS Health Kundenveranstaltungs-Kalender Download Alle genannten Veranstaltungen richten sich exklusiv an IMS Kunden Weitere Informationen finden Sie auf der IMS Website © IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe 18
IMPRESSUM Über IMS Health: IMS Health ist seit über 60 Jahren einer der weltweit führenden Anbieter von Informationen, Beratungs- und Techno- logie-Dienstleistungen für die Healthcare-Branche. In mehr als 100 Niederlassungen weltweit verknüpft IMS Health relevante Healthcare-Informationen mit großem Analse-Know-how und umfangreicher Consulting-Expertise. Unab- hängig davon, ob die Kunden im Bereich Life Science agieren bzw. Kostenträger, Leistungserbringer oder politische Entscheidungsträger sind, IMS Health Dienstleistungen helfen dabei, die Gesundheit von Patienten zu verbessern und wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Zahlreiche wissenschaftliche Publikationen beispielsweise im Rahmen der Versorgungsforschung und gesundheits- ökonomische Studien werden auf Basis von IMS Health Analysen erstellt. Mit einem Angebot an internationalen Publi- kationen unterstützt IMS Health Behörden und Institutionen im Gesundheitswesen weltweit. IMS Health steht für vertrauenswürdige und qualifizierte Datenerhebung und Analyse. Alle Marktpartner werden neutral über das Marktgeschehen informiert. Datenschutz und Anonymität der Datenquellen sind für IMS Health oberstes Gebot. IMS Health | Intelligence Applied. Copyright: Redaktion: IMS Health Flashlight ist ein regelmäßig erscheinender Dr. Gisela Maag Newsletter. Alle Angaben und Informationen in diesem IMS Health Pressestelle Newsletter wurden sorgfältig zusammengestellt und Tel.: 069 6604 4888 geprüft. Für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit der Informationen wird keine Haftung übernommen. E-Mail: GMaag@de.imshealth.com Alle Angaben und Inhalte sind ohne Gewähr. Irrtum und Änderungen vorbehalten. Kontakt: IMS Health GmbH & Co. OHG Herausgeber: Darmstädter Landstraße 108 60598 Frankfurt am Main IMS Health GmbH & Co. OHG, Registergericht Frankfurt Tel.: 0 69 6604-0 am Main HR A 29291, Persönlich haftende Gesellschafter sind: IMS Health Beteiligungsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main, Registergericht Frankfurt am Main, HR B 46001 info@de.imshealth.com Geschäftsführer: Dr. Frank Wartenberg (Vorsitzender), Jens Thumann www.imshealth.de https://twitter.com/imshealthde Insights © IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe 19
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