IMS Health Flashlight - Ausgabe - April 2015

 
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IMS Health Flashlight - Ausgabe - April 2015
IMS Health Flashlight
45. Ausgabe – April 2015
IMS Health Flashlight - Ausgabe - April 2015
IMS Health Flashlight                                                             45. Ausgabe - April 2015

Liebe Leserinnen und Leser,
ab dieser Ausgabe unseres Newsletters Flashlight finden Sie einige Änderungen hinsichtlich der Aufbe-
reitung der Beiträge vor, welche die Leserfreundlichkeit weiter erhöhen sollen.
In der Rubrik Pharmamarkt starten wir mit einem Überblick auf den rezeptfreien Versandhandel, der auch
2014 einen Aufwärtstrend nahm. Der daran anschließende Beitrag bilanziert die Rekordnachfrage nach
Erkältungsprodukten im Zuge der Grippewelle in den ersten Monaten des Jahres.
In der Sparte „Healthcare Welt“ wenden wir uns der internationalen Entwicklung von Biologika zu und
filtern einige Faktoren heraus, die für die Marktdurchdringung insbesondere von Biosimilars relevant sind.
Ein weiterer Artikel befasst sich mit den Potenzialen von Präparaten des sog. dritten Sektors, also Arznei-
mitteln, die sich zwar nicht durch einen innovativen Wirkstoff auszeichnen, aber dennoch einen Mehrwert
bieten.
Im Vorfeld unserer Veranstaltung „Next Generation Healthcare Technology“ am 22. April 2015 in Frankfurt
am Main konnten wir mit einem der Referenten zu den Themen Customer Engagement Management,
Analytik, Big Data und die Bedeutung für die Healthcare-Branche sprechen. Das Interview mit Dr. Martin
finden Sie in der Rubrik „Technology & Applications“.
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre.

Ihr

Dr. Frank Wartenberg, President Central Europe

Inhalt
   3       Pharmamarkt
           Apothekenversandhandel mit rezeptfreien Produkten in 2014 auf Wachstumskurs

   6 Grippewelle ließ Nachfrage nach Erkältungsprodukten auf Rekordniveau ansteigen
     Pharmamarkt

   9 Biologika weltweit im Aufwind
     Healthcare-Welt

  13 Zwischen innovativem Markenprodukt und Generikum: der Dritte Sektor und seine Potenziale
     Healthcare-Welt

  15 „Unternehmen müssen die customer journey so individuell und effektiv planen wie möglich.“
     Technology & Applications

  18 SAVE THE DATES
     IMS Health Termine

© IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe                                                                    2
IMS Health Flashlight - Ausgabe - April 2015
PHARMAMARKT

Apothekenversandhandel mit rezeptfreien Produkten in 2014 auf
Wachstumskurs
Der Apotheken-Versandhandel mit rezeptfreien Produkten - Arznei- und Gesundheitsmitteln, Kosmetika,
Ernährungs- und Medizinprodukten – florierte wie schon in den Vorjahren auch in 2014 (Abb. 1). Das
Geschäft über den elektronischen/telefonischen Bestellweg wächst nur noch über den OTC-Teilbereich
(=OTC: over the counter). Demgegenüber setzte sich die seit Längerem zu beobachtende Talfahrt bei
rezeptpflichtigen (=Rx) Präparaten fort. Die Erklärung für diese Entwicklung: Versandapotheken sind bei
Rx-Arzneimitteln strikt an den Listenpreis gebunden und dürfen ihren Kunden, anders als bei OTC-Pro-
dukten, keine Rabatte gewähren.
Der Gesamtmarkt rezeptfreier Produkte (Apotheken und Versandhandel) entwickelte sich in 2014 nach
Umsatz mit einem Zuwachs von +2,5 % moderat. Dabei erzielte der Versandhandel mit +11 % einen
deutlich größeren Zuwachs als die Vorortapotheke (+1,6 %).

Abbildung 1: Umsatzentwicklung des Apotheken-Versandhandels liegt in 2014 deutlich über dem Marktdurchschnitt

   Rezeptfreie Produkte im deutschen Apothekenmarkt (Offizinapotheken und Versandhandel) nach Umsatz
   Jahr 2014

                         Umsatz in Mio. Euro                                 Umsatzverteilung des Versandhandels
                       Veränderung ggü. Vorjahr                                       nach Segmenten
                                     11.788      (+2,5%)
                                                                                               Med. Sachbedarf (+0,9%)
         Versandhandel                1.249                                                                   Kosmetik und
                (+11,0%)                                                                       6%             Körperpflege
                                                                                                               (+12,1%)
                                                                                                      15%
                                                                                                                 Ernährung
                                                                                                             3% (+10,9%)
                  Offizin            10.539
                 (+1,6%)

                                                                       Rezeptfreie
                                                                       Arznei- und
                                                                      Gesundheits-   77%
                                                                          mittel
                                                                        (+11,6%)

     Quelle: IMS® Consumer Report Apotheke, Analyse Stand März 2015

Von den insgesamt fast 12 Milliarden Euro Umsatz (zu effektiven Verkaufspreisen) mit rezeptfreien Pro-
dukten entfallen auf den Versandhandel 11 % bzw. etwas über 1,2 Mrd. Euro. Davon wurden 77 % mit Arz-
nei- und Gesundheitsmitteln erwirtschaftet. Den zweitgrößten Anteil vereint das Segment der Produkte
zur Körperpflege und Kosmetik mit 15 % auf sich, gefolgt von Artikeln des Medizinischen Sachbedarfs
(Tests, Messinstrumente usw.) und Ernährungsprodukten.

© IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe                                                                                        3
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PHARMAMARKT

Rund 8 % mehr Packungen versendet als im Vorjahr
Im Gesamtmarkt rezeptfreier Produkte zeigt sich die Mengenentwicklung in 2014 gegenüber Vorjahr
leicht rückläufig (-1 %), was durch die Entwicklung in der Vorortapotheke bedingt ist (-1,9 %), auf die mit
89 % der Löwenanteil des Absatzes entfällt. Ein wesentlicher Grund für den Mengenrückgang in der
stationären Apotheke liegt darin, dass sich die starke Erkältungswelle des Vorjahres so in 2014 nicht
wiederholte (Abb. 2).
Über den Versandhandel wurden mehr Packungen als im Vorjahr geordert (+7,5 %). Dabei legen drei von
vier Produktkategorien im mittleren oder höheren einstelligen Bereich zu. So wächst bspw. der Umsatz
im Segment der Kosmetik- und Körperpflegeprodukte wie schon in den beiden Vorjahren im niedrig
zweistelligen Bereich und erhöht sich in 2014 um +12 % auf 183 Millionen Euro. Stärker nachgefragt waren
vor allem Haarpflegeprodukte, wobei Mittel gegen Haarausfall und Anti-Läusemittel zur Umsatzsteigerung
beitragen.
Lediglich Artikel aus dem Bereich des Medizinischen Sachbedarfs verzeichnen nur einen leichten Auf-
wärtstrend. Der Versandhandel hat hier eine geringere Bedeutung, da auch andere Vertriebskanäle eine
Rolle spielen wie z. B. der Diabetes-Fachhandel für Blutzuckerteststreifen.

Abbildung 2: Aufwärtstrend im Apotheken-Versandhandel 2014: bei drei von vier Produktkategorien wurden deutlich mehr
Packungen versendet

   Rezeptfreie Produkte im deutschen Apothekenmarkt (Offizinapotheken und Versandhandel) nach Absatz
   Jahr 2014

                      Absatz in Mio. Packungen                               Absatzverteilung des Versandhandels
                      Veränderung ggü. Vorjahr                                        nach Segmenten
                                      1.151      (-1,0%)
                                                                                               Med. Sachbedarf (+1,3%)
                                                                                                             Kosmetik und
         Versandhandel                 122                                                                   Körperpflege
                 (+7,5%)                                                                       5%              (+4,9%)
                                                                                                     13%        Ernährung
                                                                                                           2%   (+4,2%)

                  Offizin             1.029
                  (-1,9%)

                                                                       Rezeptfreie
                                                                       Arznei- und
                                                                      Gesundheits-   79%
                                                                          mittel
                                                                         (+8,4%)
     Quelle: IMS® Consumer Report Apotheke, Analyse Stand März 2015

Rückgang bei Erkältungsmitteln, Steigerung bei anderen Produktgruppen
Die Verlagerung der Nachfrage von der Vorortapotheke in den Versandhandel ist ein seit mehreren
Jahren zu beobachtender Trend. Der Umsatzrückgang bei der größten rezeptfreien Kategorie aus dem

© IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe                                                                                       4
IMS Health Flashlight - Ausgabe - April 2015
PHARMAMARKT

Bereich der Arznei- und Gesundheitsmittel, nämlich Erkältungsmittel, wird, Offizinapotheken und Ver-
sandhandel zusammen betrachtet, durch Wachstum in anderen Kategorien ausgeglichen. So verzeichnet
bspw. die zweit umsatzstärkste Gruppe der Schmerzmittel einschließlich Mitteln für Muskeln und Gelenke
eine Steigerung von +4,0 %, auf Platz drei befindliche Präparate zur Verdauung von +7,1 %. Bei Vitaminen,
Mineralstoffen und Nahrungsergänzungsmitteln (Rang 4) erhöht sich der Umsatz um +3,9 % (Abb. 3).

Abbildung 3: Der Rückgang bei der umsatzstärksten Kategorie Erkältungsmittel wird durch Zuwächse bei anderen Kategorien aus-
geglichen

   OTC*-Arznei- und Gesundheitsmittel im deutschen Apothekenmarkt**: Umsatzentwicklung führender Kategorien***
   Jahr 2014
                                                                      Offizin                 VH                        Offizin+VH

                    Arznei-/Gesundheitsmittel gesamt                     1,3                             11,7                    2,5

      01 Husten-/Erkältungsmittel, Atemwegstherap.             -5,3                               3,6                   -4,5

              02 Schmerzmittel, incl. Muskel-/Gelenke                         3,0                        10,4                        3,9

                03 Präparate für den Verdauungstrakt                                5,8                          18,1                      7,1

       04 Vitamine/Mineralstoffe/Nahrungsergänzung                        2,1                                   16,3                 3,9

                                          06 Hautmittel                   1,9                            11,6                    2,8

                           10 Herz- und Kreislaufmittel                -0,2                        4,7                         0,7

                                    07 Augenpräparate                          4,0                          14,9                       5,4

                                                 Übrige                         4,9                             15,9                       6,5

       * OTC = over the counter = rezeptfrei, Arznei- und Gesundheitsmittel ** Offizinapotheken + Versandhandel
       *** Über 300 Mio. Euro Jahresumsatz

       Quelle: IMS OTC® Report/IMS® GesundheitsMittelStudie (GMS) Apotheke, Analyse Stand März 2015

Mehrere Gründe für Wachstum des Versandhandels
Der Versandhandel bedient heute im Vergleich zu seinen Anfängen immer mehr Segmente aus dem
rezeptfeien Markt. Diese breitere Produktpalette erstreckt sich sowohl auf die Bandbreite günstiger bis
hochpreisiger Produkte als auch auf mehr Produktformen und Packungsgrößen. Um Wachstum zu erzie-
len, braucht der Versandhandel das breite Sortiment. Die Hersteller der Produkte haben erkannt, dass
sie den Versandhandel für das Wachstum brauchen und betreiben daher ein aktives Versandhandels-
geschäft. Die Warenverfügbarkeit ist für den Versandhandel heute kein Problem mehr. Der Verbraucher
schließlich verhält sich bei seinen Einkäufen im Versandhandel ähnlich wie in der Vorortapotheke, d.h.
er bestellt Präparate auch für den Akutbedarf, nimmt preiswerte Angebote wahr und kauft auch sensible
Produkte. Der Vertriebsweg Versandhandel wird damit für den Kunden auch bei Arznei- und Gesundheits-
mitteln zunehmend ebenso selbstverständlich wie dies bei Büchern, Kleidung und anderen Gegenstän-
den des Alltags längst der Fall ist.
                                                                                   Dr. Gisela Maag

© IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe                                                                                                            5
PHARMAMARKT

Grippewelle ließ Nachfrage nach Erkältungsprodukten auf Rekordniveau
ansteigen
Husten, Schnupfen, Gliederschmerzen: Wen die Grippe richtig erwischte, der lag erst einmal flach.
Seit Anfang des Jahres stieg die Zahl der Grippeerkrankungen deutlich und ließ von Januar bis März die
Nachfrage nach Erkältungsprodukten stark ansteigen (Abb. 1).
Abbildung 1: Die Grippewelle 2015 fällt im Vergleich zum ersten Quartal 2013 noch stärker aus und hat Deutschland seit der ersten
Kalenderwoche im Griff

   Die Grippewelle 2015 fällt im Vergleich zum ersten Quartal 2013 noch stärker aus und hat Deutschland seit der ersten Kalender-
   woche im Griff
          70

          60

          50

          40

          30

          20

          10

           0
               S39 O40 O41 O42 O43 N44 N45 N46 N47 N48 D49 D50 D51 D52 D53 J01 J02 J03 J04 F05 F06 F07 F08 M09 M10 M11 M12 M13

                                              Saison 2014/2015              Saison 2013/2014              Saison 2012/2013
                                              Saison 2011/2012              Saison 2010/2011              Saison 2009/2010

        Definition des Erkältungsmarktes: OTC-Gruppen 01A, 01B, 01C, 01F, 01V, 05F (Erkältung+Immunstimulantien) in Apotheken
        Quelle: IMS PharmaTrend® sprinter

Erkältungssaison 2014/2015: hohe Nachfrage seit Oktober in allen Erkältungsmärkten
Bereits im vierten Quartal 2014 lag der Umsatz mit Erkältungsprodukten um 11 % über dem des Vorjahres,
der Absatz stieg um 7 %. Sowohl die Vorortapotheke als auch der Versandhandel konnten den Umsatz
steigern, und zwar um 12,1 % bzw. den Absatz um 14,0 %. Alle Erkältungssegmente profitierten von der
gestiegenen Nachfrage. Die fünf umsatzstärksten Erkältungswarengruppen Expektorantien, Grippemittel,
Schnupfenmittel, Halsschmerzmittel und Mittel gegen Atemwegserkrankungen erreichten insgesamt ein
Umsatzplus von 40 Millionen Euro, was einer Steigerung von 9,5 % gegenüber dem vierten Quartal 2013
entspricht.

Grippewelle 2015: hoher zweistelliger Zuwachs bei Erkältungsmitteln aus der Offizin
Mit Beginn der Grippewelle Anfang 2015 im Süden von Deutschland gab es einen unerwartet hohen
Umsatz- und Absatzschub, der bis in den März anhielt (Abb. 2 und 3). Bereits in der ersten Kalender-

© IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe                                                                                               6
PHARMAMARKT

woche erreichte der Umsatz mit Erkältungsprodukten in der Offizin eine Steigerung um +25 % gegenüber
Vorjahr. Mit dem Ausbreiten der Grippewelle im Februar lag der Umsatz um über 60 % über dem des
Vorjahres. In der letzten Februarwoche wurden im Vergleich zum Vorjahr 72 % mehr Erkältungsprodukte
gekauft.

Abbildung 2: Der positive Trend zieht sich im ersten Quartal durch alle Erkältungswarengruppen – mit einem überdurchschnittlichen
Plus für Expektorantien und Grippemittel im Apothekengesamtmarkt

   Erkältungsmarkt nach OTC-Gruppen, Umsatz in Mio. €, Apotheke (Offizin+VH), Erkältungssaison Q1/2013 - Q1/2015, BRD-Gesamt

                                                             +40%
                                                                                                                               +/-% €
                               -23%                                          644,8                                            Q1/2015
                594,6                                                                                                           zum
                                                                             124,4                                            Vorjahr
                119,7                                                                                                          +52,0
                                                                                              01A2 EXPEKTORANTIEN
                                              460,7
                                                                             103,6            01B1 ERKAELT.MITT+MI.G.GRIPP.    +64,7
                 89,3                         81,8                                                                             +35,2
                                                                                              01V1 PROD.F.SONS.ATEMWEGSERKR
                                                                             101,4            01C1 HALSSCHMERZMITTEL           +32,3
                 97,2                         62,9
                                                                                              01B2 SCHNUPFENMITTEL             +20,5
                                              75,0                           95,3
                 86,9                                                                         01A1 MITTEL Z.HUSTENLINDERUNG    +38,9
                                              72,0                                            05F1 IMMUNSTIMULANZIEN           +36,6
                 86,7                                                        94,7
                                              78,6                                            01F1 SALZ+MEERWASSERLOES.NASE    +26,6
                     39,7                                                   41,3
                                                  29,7                                        01B4 IMMUNSTIMUL.GEG.ERKAELT.    +50,9
             23,9           15,8                                            26,5
                     16,5                 19,4                                         19,5
                                   12,9           15,4                          19,5          01B3 EINREIBUNGEN U.INHALAT.     +43,5
             19,0                         13,1                          18,7

               Q1/2013                      Q1/2014                         Q1/2015

     Quelle: IMS OTC® Report, IMS® GesundheitsMittelStudie (GMS) Apotheke

Grippewelle 2015 bringt auch dem Versandhandel
hohe zweistellige Zuwachsraten                                                         In den beiden ersten Monaten
Bereits im vierten Quartal 2014 zeigte sich, dass                                      2015 wurden insgesamt 92,0 Mio.
von der hohen Nachfrage nach Erkältungspro-
dukten nicht nur – wie 2013 - die Offizin profitierte,
                                                                                       Packungen Erkältungsprodukte
sondern auch der Versandhandel, der im ersten                                          allein in der Vorortapotheke
Quartal 2015 ein Plus von über 30 % erzielte – und                                     gekauft, dies sind 21,9 Mio.
zwar auch mit Akutprodukten wie Expektorantien
(+47,3 %), Grippemitteln ( +47,9 %) oder Mitteln                                       Packungen bzw. 31 % mehr als
zur Hustenlinderung (+42,4 %). Im Februar fiel                                         im Vorjahreszeitraum. Auch der
der Zuwachs noch höher aus. Wurde bisher der
                                                                                       Versandhandel verbuchte einen
Akutbedarf bei Erkältungen oder einer Grippe
bevorzugt in der Vorortapotheke gedeckt, holt der                                      überdurchschnittlichen Zuwachs
Versandhandel aktuell stark auf.                                                       im mittleren zweistelligen Bereich.

© IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe                                                                                                   7
PHARMAMARKT

Abbildung 3: Der positive Trend zieht sich im ersten Quartal durch alle Erkältungswarengruppen – mit einem überdurchschnittlichen
Plus für Expektorantien und Grippemittel im Apothekenversandhandel

   Erkältungsmarkt nach OTC-Gruppen, Umsatz in Mio. €, Apotheken-Versandhandel (Offizin+VH), Erkältungssaison
   Q1/2013 - Q1/2015, BRD-Gesamt
                                                                     +33%
                                                                                                                                      +/-% €
                                                                                  52,4                                               Q1/2015
                                                                                                                                       zum
                                      -9%
                                                                                  9,5                                                Vorjahr
                   43,3
                                                        39,5                                         01V1 PROD.F.SONS.ATEMWEGSERKR    +24,2
                   8,8                                                            9,2                                                 +47,9
                                                                                                     01B1 ERKAELT.MITT+MI.G.GRIPP.
                                                        7,6
                                                                                                     01B2 SCHNUPFENMITTEL             +15,7
                   7,5                                                                                                                +47,3
                                                        6,3                       9,1                01A2 EXPEKTORANTIEN
                                                                                                     01C1 HALSSCHMERZMITTEL           +29,0
                   7,2
                                                        7,9                       6,9                                                 +38,2
                                                                                                     05F1 IMMUNSTIMULANZIEN
                   5,9                                  4,7                                          01B4 IMMUNSTIMUL.GEG.ERKAELT.    +40,5
                                                                                  6,6
                   5,8                                  5,1                                          01F1 SALZ+MEERWASSERLOES.NASE    +34,2
                                                                                  4,4
                          3,0                                  3,2                                   01B3 EINREIBUNGEN U.INHALAT.     +44,2
             1,7                1,2                                         2,4
                                                  1,7                                    1,7         01A1 MITTEL Z.HUSTENLINDERUNG    +42,4
                          1,2               0,9                1,3          1,4                1,2
             1,0                                  0,8

               Q1/2013                             Q1/2014                   Q1/2015

     Quelle: IMS OTC® Report, IMS® GesundheitsMittelStudie (GMS) Apotheke

Auch wenn die Hersteller von Erkältungsprodukten mit der hohen Nachfrage zufrieden sein konnten und
die Lagerbestände gegen Ende März wohl abgebaut waren, so starten bereits die Vorverkäufe für die Er-
kältungssaison 2015/2016 und es gilt abzuschätzen, wie die Erkältungssaison im nächsten Herbst/Winter
ausfällt. Für die Produktions- und Verkaufsplanung bedeutet dies Unterschiede in einer Größenordnung
von mehreren Millionen Packungen.
                                                                                   Marlies Spiegel

© IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe                                                                                                          8
HEALTHCARE-WELT

Biologika weltweit im Aufwind
Im weltweiten Pharmamarkt stieg der Umsatz biologischer Arzneimittel in den letzten Jahren in vielen
Ländern an. Eine Ausnahme bildet das Jahr 2012, in dem bei mehreren Präparaten das Patent auslief.
Der darauf folgende Anstieg verdankt sich dem Markteintritt bzw. der –ausweitung durch sog. Biosimilars.
Diese „Nachbauten“ sind nicht identisch mit den Referenzwirkstoffen, sondern eben ähnlich („similar“), da
die Herstellungsschritte komplex sind und eine Eins-zu-eins-Nachahmung des Originals nicht möglich ist.
Im Jahr 2014 wurde gut die Hälfte des Umsatzes mit Biologika in den USA erwirtschaftet (Abb. 1). Das stär-
kste Wachstum vollzieht sich jedoch in den einkommensschwächeren „Pharmerging“ Ländern, zuvorderst
in China, aber auch in den übrigen „BRIC“-Staaten (Brasilien, Russland, Indien) und in einzelnen weiteren
Ländern in verschiedenen Regionen der Welt. Mit knapp 200 Milliarden US-Dollar im Jahr 2014 lag der
Umsatzanteil von Biologika am globalen Pharmagesamtmarkt bei etwa einem Fünftel.
Abbildung 1: Sukzessives Marktwachstum von Biologika in den letzten Jahren

     Marktentwicklung Biologika 2008-2014                                                                Biologika – Anteil am Umsatz 2014

                        250                                                    12%
                                                                                                           51%                    21%

                        200                                                    10%
                                                                                     Wachstum, % (LC$)
     Umsatz, Mrd. US$

                                                                               8%
                        150                                                                                                          6%
                                                                               6%
                        100                                                                                                       10%
                                                                               4%
                                                                                                                         12%
                         50                                                    2%                        Biologika – Anteil am Wachstum
                                                                                                         (über 5 Jahre)
                          0                                                    0%
                              2008   2009   2010   2011   2012   2013   2014                                                   15%
                                                                                                          55%                                EU5
                                      Umsatz Biologika
                                                                                                                                  6%
                                                                                                                                             Japan
                                      Wachstum Biologika                                                                                     Pharmerging
                                      Wachstum niedermolekulare Präparate                                                                    Rest der Welt
                                      Wachstum Gesamtmarkt                                                                          14%      USA

     Quelle: IMS Health, MIDAS® Q3 2014, Rx, LC$: Local Currency $                                                          11%

Auf dem Weg zu Schlüsseltherapien
Biologika entwickeln sich im Zuge der Erweiterung des Segments immer mehr zu Schlüsseltherapien: be-
fanden sich im Ranking des weltweiten Pharmamarktes im Jahr 2009 lediglich zwei biologische Präparate
unter den Top 10-Arzneimitteln, so waren es in 2014 bereits fünf (Abb. 2). Darunter befindet sich auch das
weltweit umsatzstärkste Krebsmedikament „Humira“ (Wirkstoff Adalimumab). In den nächsten Jahren läuft
das Patent von Adalimumab in der EU und Nordamerika aus (EU: 2018, US: 2016) ebenso wie bei weite-
ren umsatzstarken Substanzen, so z.B. beim Antidiabetikum „Lantus“ (Insulin Glargin) oder bei „Enbrel“
(Etanercept, EU: 2015, US: verlängert bis 2028) zur Behandlung von Rheuma und Psoriasis. Jüngst wurde
mit Infliximab der erste biosimilare monoklonale Antikörper in Deutschland eingeführt (Patentauslauf EU:
2015, US: 2018).

© IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe                                                                                                                        9
HEALTHCARE-WELT

Abbildung 2: Biologika entwickeln sich zunehmend zu Schlüsseltherapien

   Top 10 Medikamente im globalen Pharmamarkt
   Entwicklung der Rangposition von 2009 bis 2014

                       2009               2010                2011                2012                 2013     2014
            1        LIPITOR             LIPITOR             LIPITOR            SERETIDE          HUMIRA       HUMIRA
            2         PLAVIX             PLAVIX              PLAVIX             CRESTOR          SERETIDE      LANTUS
            3        NEXIUM             SERETIDE            SERETIDE             HUMIRA          CRESTOR       ABILIFY
            4       SERETIDE             NEXIUM              NEXIUM              NEXIUM           ENBREL      SERETIDE
            5      SEROQUEL             SEROQUEL            CRESTOR              LIPITOR          NEXIUM       ENBREL
            6        ENBREL             CRESTOR            SEROQUEL             ENBREL            ABILIFY     CRESTOR
            7       REMICADE             ENBREL              HUMIRA             REMICADE         REMICADE     REMICADE
            8        ZYPREXA            REMICADE             ENBREL              PLAVIX           LANTUS       NEXIUM
            9       CRESTOR              HUMIRA             REMICADE             ABILIFY         CYMBALTA     SOVALDI
           10       SINGULAIR           ZYPREXA             ZYPREXA             LANTUS          MABTHERA      MABTHERA

                                                   Niedermolekulare Präparate              Biologika
      Quelle: IMS Health, MIDAS®

Wie der Markt durch kommende Patentabläufe tangiert werden wird, hängt auch von der Entwicklung
entsprechender Biosimilars ab. Dabei werden die regulatorischen Rahmenbedingungen eine erhebliche
Rolle spielen. Denn außerhalb Europas gibt es diesbezüglich noch einige Unsicherheiten, die Zurückhal-
tung nicht nur bei Unternehmen bedingen, sondern auch bei jenen Stakeholdern, die für Zulassung und
Finanzierung zuständig sind. Außerdem steht die Marktpenetration von Biosimilars auch in Zusammen-
hang mit länderspezifischen Leitlinien. Hier wird eine Harmonisierung angestrebt, wobei die Vorgaben
der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herangezogen
werden können.

   Herausforderungen für Klinische Entwicklung und Market Access von Biosimilars

     • Höhere Entwicklungskosten als bei niedermolekularen Präparaten
     • Höhere Produktionskosten
     • Unsicherer Rechtsrahmen hinsichtlich der Zulassung außerhalb Europas
     • Markenstatus von Biomilars bewusst machen, um das Vertrauen von Stakeholdern
       (Ärzten, aber auch Krankenkassen und nicht zuletzt Patienten) zu stärken

© IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe                                                                                    10
HEALTHCARE-WELT

Marktpenetration von Biosimilars von mehreren Faktoren bestimmt
Erfahrungen aus bisherigen Biosimilar-Einführungen in Europa zeigen, dass es für die Marktdurchdrin-
gung von Biosimilars auf verschiedene Faktoren ankommt, vor allem auf die Art des Präparats und die
Indikation, aber auch das jeweilige Land. Die Präparatelandschaft stellt sich heterogen dar, und die
Akzeptanz bzw. wahrgenommene Notwendigkeit für den Einsatz hängt von spezifischen Bedingungen
innerhalb eines Landes bzw. Gesundheitssystems ab. Dies verdeutlichen die Beispiele der Marktentwick-
lung von Filgrastim- und Somatropin-Biosimilars in Europa.
Filgrastim-Nachbauten erreichten in Deutschland, Großbritannien, Italien, Spanien und Frankreich relativ
schnell vergleichsweise hohe Marktanteile am Molekül (Abb. 3). Die Substanz wird eingesetzt, wenn eine
Blutbildstörung verhindert werden soll, wie sie etwa als Nebenwirkung bei Zytostatikatherapien auftreten
kann, aber auch bei fortgeschrittener HIV-Infektion und Knochenmarkbehandlungen. Der Marktzugang ist
durch gesundheitspolitische Instrumente wie z.B. Rabattverträge beeinflusst, es herrscht ein Preiswett-
bewerb, und die Anwendung des Wirkstoffs erfolgt akut und/oder in Behandlungszyklen.

Abbildung 3: Marktpenetration von Biosimilars verläuft je nach Umfeldkonstellation sehr unterschiedlich

   Marktdurchdringung von Biosimilars in EU-Ländern am Beispiel von Filgrastim und Somatropin

                                       Filgrastim Marktentwicklung                                                    Somatropin Marktentwicklung
                                                 2007-2013                                                                    2007-2013

                              100%                                                                            100%
                               90%                                                                             90%
                               80%                                                                             80%
         % Marktanteil, DDD

                                                                                         % Marktanteil, DDD

                               70%                                                                             70%
                               60%                                                                             60%
                               50%                                                                             50%
                               40%                                                                             40%
                               30%                                                                             30%
                               20%                                                                             20%
                               10%                                                                             10%
                                0%                                                                              0%
                                     2007   2008     2009   2010   2011   2012    2013                               T0      T1        T2    T3     T4    T5         T6

                                        Frankreich          Deutschland     Italien                                       Frankreich        Deutschland    Italien
                                        Spanien             UK                                                            Spanien           UK
      Quelle: IMS Health, MIDAS® 2013

Demgegenüber stellt sich die Marktentwicklung der Biosimilars des Wachstumshormons Somatropin
ganz anders dar. Die nach mehreren Jahren erreichte Marktpenetration liegt in den oben genannten
europäischen Ländern mehrheitlich deutlich unter 20 %. Der Wirkstoff wird u.a. zur Behandlung eines
Wachstumshormonmangels bei Kindern und Erwachsenen angewendet. Der Markt ist geprägt durch eine
differenzierte Stakeholderlandschaft mit erheblichem Einfluss von Ärzten, geringem Preiswettbewerb, und
der Einsatz der Substanz erfolgt über einen längeren Zeitraum, was möglicherweise auch die Wechselbe-
reitschaft auf ein anderes Präparat gering hält.

© IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe                                                                                                                                     11
HEALTHCARE-WELT

Zukunft
Die Gründe für die unterschiedliche Marktdurchdringung von Biosimilars sind komplex. Zum einen be-
steht eine heterogene Präparatelandschaft, Indikation und Wettbewerberumfeld spielen eine wesentliche
Rolle. Zum anderen kommt es auf die Anzahl und Art der relevanten Stakeholder an, die den Marktzu-
gang beeinflussen. Und schließlich kommt regulatorischen Rahmenbedingungen maßgeblich Bedeutung
zu. Inwieweit Biosimilars die Märkte weiter durchdringen werden, hängt also von einer Vielzahl von
Faktoren ab, von denen einige begünstigend, andere bremsend wirken können. Das bedeutet in der
Konsequenz für pharmazeutische Hersteller die Entwicklung verschiedener „Go-to-Market“-Strategien.

   Einige begünstigende Faktoren für die Markt-       Einige bremsende Faktoren für die
   penetration von Biosimilars                        Marktpenetration von Biosimilars

     • Kostenträger-getrieben (Rabattverträge          • Viele Stakeholder
          breiter Einsatz)
                                                       • Verfügbarkeit von Originalpräparaten der
     • Chronische Erkrankungen                           nächsten Generation mit verbessertem
                                                         Profil
     • Steigender Bedarf an biologischen
       Therapien                                       • Unwesentlicher Preisunterschied
                                                         zwischen Original und Biosimilar
     • Von Präparatequalität überzeugte
       Stakeholder                                     • Anwendung auf Neueinstellungen von
                                                         Biosimilars fokussiert

                                                                               Dr. Gisela Maag

© IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe                                                               12
HEALTHCARE-WELT

Zwischen innovativem Markenprodukt und Generikum: der Dritte Sektor
und seine Potenziale (Whitepaper-Exzerpt)
Der sogenannte Dritte Sektor im Arzneimittelmarkt
setzt sich aus Arzneimitteln zusammen, die sich                                        „Wenn der Dritte Sektor wie in
zwar nicht durch einen innovativen Wirkstoff aus-
zeichnen, dennoch Patienten, Ärzten und Kranken-                                      den vergangenen fünf Jahren
kassen einen Mehrwert bieten. Dies rechtfertigt                                       wächst, ist bis 2018 mit einem
einen höheren Preis als z.B. für Generika und
macht sie somit attraktiv für kleine und große
                                                                                      Volumen von 32 Mrd. US-Dollar
Pharma-Unternehmen.                                                                   zu rechnen“, prognostiziert
                                                                                      Sarah Rickwood, Vice President
Markt mit Zukunft                                                                     Thought Leadership.
Nach IMS Health Analysen verzeichnet der Dritte
Sektor weltweit ca. 24 Mrd. US-Dollar. Das Wachs-
tum war 2014 mehrheitlich durch die Top-5-EU-Staaten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien,
Spanien) getrieben, die zusammen auf rund 5,5 Mrd. US-Dollar kommen. Innerhalb dieser Gruppe ent-
fielen auf Deutschland 2014 rund 1,4 Mrd. US-Dollar und 20 % des Wachstums. „Wenn der Dritte Sektor
wie in den vergangenen fünf Jahren wächst, ist bis 2018 mit einem Volumen von 32 Mrd. US-Dollar zu
rechnen“, prognostiziert Sarah Rickwood, Vice President Thought Leadership North Europe & Africa bei
IMS Health. „Während derzeit der überwiegende Anteil des Dritten Sektors in der medizinischen Grund-
versorgung der Industrienationen erwirtschaftet wird, werden wir in Zukunft ein starkes Wachstum des
Dritten Sektors in Schwellenländern („Pharmerging“ Märkte) beobachten.“

Abbildung 1: Top-5-EU-Staaten haben einen Anteil von rund 5,5                    Abbildung 2: Innerhalb der Gruppe der Top-5-EU-Staaten fielen
Mrd. US-Dollar am weltweiten Markt des Dritten Sektors.                          2014 auf Deutschland 20 % des Wachstums.

    Anteil am Umsatz 2014                                                             Anteil am Wachstum 2014

                                            Spanien                                                                     Spanien
    Deutschland
                                18%                                                   Deutschland
                                                        13%
                                                                                                             30%              16%
                        33%                                  Frankreich
                                              18%                                           20%
                                                                                                                                 Frankreich
                                                      Italien                                                          17%
                                                                                                                                  Italien
                                 18%                                                                     17%
                                              UK
                                                                                                                  UK

Quelle: IMS MIDAS® MAT (Moving Annual Total) 09/2014, Retail und Krankenhausbereich

© IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe                                                                                                       13
HEALTHCARE-WELT

Hauptkategorien von Arzneimitteln des Dritten Sektors
Verglichen mit innovativen Arzneimitteln setzen Dritte-Sektor-Marken auf bereits erforschte Moleküle.
Dies senkt die Forschungs- und Entwicklungskosten. Sie greifen unerfüllte Bedürfnisse vonseiten der
Patienten, Ärzte oder Krankenkassen auf und liefern damit einen Mehrwert und Differenzierungspunkt.
Dritte-Sektor-Marken unterliegen im Vergleich zu NCEs (New Chemical Entities) einer weniger strengen
Regulierung und müssen weniger hohe Zulassungsauflagen erfüllen.
Hauptsächlich lassen sich fünf Kategorien aufführen, wie sich Produkte des Dritten Sektors von Marken-
produkten auf der einen und Generika auf der anderen Seite unterscheiden:
• Veränderte Verabreichungs- bzw. Darreichungsformen: Hat sich ein Wirkstoff bewährt, aber lässt sich
  eine hohe Non-Compliance-Rate feststellen, so besteht die Möglichkeit, durch eine Veränderung der
  Verabreichungs- bzw. Darreichungsform besser auf die Patientenbedürfnisse einzugehen.
• Neue Formulierungen: Auch neue oder Re-Formulierungen können dazu führen, dass die Compliance
  verbessert wird, indem beispielsweise der Wirkstoff über einen längeren Zeitraum freigesetzt wird und
  somit nur eine Dosis statt drei am Tag nötig wird.
• Molekülkombinationen und verbesserte Wirkweise: Die Kombination von bereits erforschten Mole-
  külen kann beispielsweise dazu führen, dass bei gleicher Wirkweise mit vergleichbaren Medikamenten
  die Dritte-Sektor-Marke weniger Kosten verursacht oder dass weniger Nebenwirkungen auftreten.
• Neue Technologien: Der Einsatz von neuen Technologien, etwa aus dem Bereich Nano-Technologie,
  kann die Aufnahme und Verarbeitung von Medikamenten besser verträglich machen und somit eben-
  falls Nebenwirkungen verringern.
• Neue Indikation: Schließlich stellt die Neupositionierung des Arzneimittels eine Möglichkeit des Eintritts
  in den Dritten Sektor dar.

Exemplarische Veranschaulichung: Flutiform
Flutiform von Mundipharma ist ein gutes Beispiel für ein Arzneimittel des Dritten Sektors, das nicht nur
ein bis dato unerfülltes Patientenbedürfnis erfüllt hat, sondern auch Vorteile für Krankenkassen brachte.
Flutiform wurde 2012 in Deutschland gelauncht und ist mittlerweile in weiteren Märkten verfügbar. Das
Atemwegsprodukt kombiniert die existierenden Wirkstoffe Fluticason und Formoterol in einem modernen
patientenfreundlichen Aerosol-Inhalator. Flutiform ist zur Behandlung von Patienten mit Asthma geeignet,
die mit Kortison-Inhalationen und bedarfsweise angewendeten, kurzwirksamen Beta-Sympathomimetika-
Inhalationen nicht ausreichend beschwerdefrei sind oder keine getrennte Inhalation von Kortison und
langwirksamem Beta-Sympathomimetikum mehr wünschen. Mithilfe einer Studie konnte Mundipharma
zum einen zeigen, dass Flutiform eine höhere Wirksamkeit auf Maßnahmen der Lungenfunktion aufweist,
als wenn nur ein Wirkstoff verabreicht wird. Zum anderen war Flutiform in seiner Wirksamkeit vergleichbar
mit der gleichzeitigen Behandlung von Asthma mit Fluticason und Formoterol über separate Inhalatoren
– jedoch zu geringeren Kosten. 2014 (Moving Annual Total (MAT) 09/2014) konnte Flutiform in den Top-5-
EU-Ländern rund 51 Millionen US-Dollar Umsatz erzielen, allein 21 Millionen US-Dollar in Deutschland.

   Lesen Sie mehr zum Thema Dritter Sektor im IMS Health Whitepaper “The Third Sector – A growing
   opportunity in the pharmaceutical market?”. Laden Sie sich einfach die kostenlose IMS Health Insights
   App bei iTunes herunter (iPad-Version): http://ow.ly/K0cIH

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TECHNOLOGY & APPLICATIONS

„Unternehmen müssen die customer journey so individuell
und effektiv planen wie möglich.“
Interview mit Dr. Wolfgang Martin, Analyst, Mitglied im Boulder BI Brain Trust und im
CRM Expertenrat zu den Themen Customer Engagement Management, Analytik,
Big Data und die Bedeutung für die Healthcare-Branche
1.   Dr. Martin, Ihr Vortrag bei der IMS Health Veranstaltung Next Generation
     Healthcare Technology am 22. April 2015 in Frankfurt/Main wird sich um
     Customer Engagement Management im digitalen Unternehmen drehen.
     Können Sie uns heute schon einen kleinen Vorgeschmack geben?
     Bei Customer Engagement Management (CEM) in digitalen Unternehmen rücken die Bedürfnisse und
     Wünsche der Kunden noch stärker in den Mittelpunkt allen Tuns. CEM verfolgt eine neue Methode:
     das Planen einer Kundenreise bzw. customer journey maps mit dem Ziel, Kundenerlebnisse zu
     schaffen und zu verbessern. Dafür muss das Unternehmen die vier Dimensionen dieser Methode
     verinnerlichen und anwenden. Zunächst geht es um das Verstehen der Kundenmotivation: Wie und
     warum nutzen Kunden Produkte und Services, und welche Erfahrungen haben sie damit gemacht?
     Danach fällt der Blick auf die gesamte Reise der Kunden: Welche Kanäle und Kontaktpunkte nutzen
     sie, was sind ihre Ziele dabei, welche Emotionen werden ausgelöst und natürlich wie entwickeln sich
     die Konversionsraten? Die dritte Dimension von CEM stellt die 360°-Kundensicht dar: Unternehmens-
     interne Silos, etwa zwischen Marketing und Vertrieb, müssen aufgebrochen werden, damit eine
     einheitliche Unternehmenssicht auf die Kunden möglich wird. Interessant in diesem Zusammenhang
     ist die Möglichkeit, die Social Media bietet: Denn die sozialen Medien ermöglichen nicht nur einen
     Blick auf die eigenen Kunden und deren Einstellung zum Unternehmen: Die gebotene Transparenz
     des „gläsernen Marktes“ ermöglicht auch lehrhafte Wettbewerbsbeobachtung. Schließlich gilt es für
     Unternehmen selbst die Reise der Kunden zu planen – so individuell und effektiv wie möglich.

2. Wie unterscheidet sich Customer Engagement Management von Customer Relationship Manage-
   ment, und bei welcher Ausrichtung kommt Multichannel-Marketing mehr zum Tragen?
     CEM ist die konsequente Weiterentwicklung von Customer Relationship Management (CRM) – eine
     Anpassung an die neuen Herausforderungen der digitalisierten Welt hat stattgefunden. Heute können
     Unternehmen auf deutlich mehr Daten zugreifen als noch vor ein paar Jahren. Damit haben sie auch
     mehr Möglichkeiten, ihre Zielgruppen adäquat zu erreichen – aber nur, wenn Marketing, Vertrieb
     und Service endlich Hand in Hand gehen. Multichannel war der von CRM angestrebte Idealzustand
     – heute, mit CEM, geht es um Omnichannel-Marketing, also die Möglichkeit, Kunden über alle Kanäle
     gleichermaßen anzusprechen. Es wird eine umfassende, eine 360°-Ansicht auf die Kundenreise
     angestrebt.

3. Daten bilden hierbei die Grundlage. Wie wichtig ist das Stammdaten-Management bzw. generell
   die Pflege der Daten?
     Das ist natürlich essentiell. Denn fehlerhafte Daten verursachen viele Kosten. Schlechte Kunden-
     daten etwa schlagen sich in erhöhten Prozesskosten nieder, verursachen einen Imageschaden oder
     verhindern, dass z.B. Informationen überhaupt die Kunden erreichen. Ein professionelles Stamm-
     daten-Management, von Kunden- und Produktdaten, halte ich für absolute Basisarbeit.

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PHARMAMARKT

4. Wie gelingt es Unternehmen, aus Big Data Smart Data zu machen?
     Indem Unternehmen Analytik anwenden. Daten an sich haben zunächst keinen Wert, erst wenn man
     sie analysiert, interpretiert und nutzt, veredelt man sie. Sie bieten dann Information und Wissen, und
     beides dient dazu, Prozesse zu steuern und neu zu erfinden, bessere Entscheidungen zu treffen und
     Fehlentwicklungen abzuwenden.

5. Wie wichtig ist in diesem Zusammenhang prädiktive Analytik, und was versteht man darunter
   genau?
     Prädiktive Analytik ist eine Anwendung von Wahrscheinlichkeitstheorie: Sie besagt, mit welcher
     Wahrscheinlichkeit ein Ereignis eintreffen soll. Damit ist prädiktive Analytik die nächste Stufe nach
     deskriptiver Analytik, die zunächst nur beschreibt bzw. die Tatsachen darlegt. Richtig smart ist, wer
     nun noch die präskriptive Analytik hinzufügt, denn mit ihrer Hilfe lassen sich Handlungsempfehlungen
     ableiten. Präskriptive Analytik steckt allerdings noch in den Kinderschuhen.

6. Wie schätzen Sie die Relevanz von Big Data und deren Analyse für die Healthcare-Branche ein,
   und schöpft Healthcare Ihrer Meinung nach bereits das ganze Potenzial aus?
     Das Potenzial ist gewaltig, denn gerade in der Healthcare-Branche gibt es massenhaft Daten, die an
     sich eine hohe Relevanz besitzen, da sie in Verbindung mit der Gesundheit der Menschen und ihrem
     Überleben stehen. Aus meiner Sicht wird dieses Potenzial derzeit noch lange nicht voll ausgeschöpft.
     Nur wenige Unternehmen haben die Möglichkeiten von Big Data im Gesundheitsbereich erkannt
     und ergriffen. Ein Beispiel, das gerade sehr aktuell ist und sicherlich eine absolute Vorreiterposition
     einnimmt, ist IBMs Watson. Mithilfe von Cognitive Computing kann Watson innerhalb von Sekunden
     die medizinische Literatur zu einem Thema durchforsten, verstehen und daraufhin präzise Diagnosen
     und sogar Empfehlungen aussprechen.
     Die Datengewinnung mittels tragbarer Geräte, wie den Smartwatches, oder smarter Kleidung ist
     eine weitere Strömung innerhalb der digitalen Healthcare-Branche. Als Beispiel lässt sich der Fuß-
     ballverein TSG Hoffenheim anführen: Die Spieler tragen Sensoren in ihren Trikots, die medizinische
     Daten während der Trainings und Spiele sammeln. Die Auswertung dieser Daten wird genutzt, um die
     Leistung zu optimieren.

7. Wie können Unternehmen der Healthcare-Branche Big Data besser nutzen?
     Die Basis bildet sicherlich das Auswerten und Interpretieren von Datenströmen, die gerade im
     Gesundheitswesen schier unendlich sind. Daher sollten Unternehmen auf Softwarelösungen zurück-
     greifen, die die einlaufenden Daten untersuchen und bewerten – und z.B. auf erkannte Risikofaktoren
     aufmerksam machen.
     Mithilfe von Big Data und der Digitalisierung der Welt kann – etwas weiter gedacht – z.B. die präven-
     tive Medizin stärker vorangetrieben werden; hier stehen wir heute noch ganz am Anfang. Ein Bei-
     spiel, das jüngst durch die Medien verbreitet wurde, ist der Versicherer Generali, der künftig einen
     speziellen Tarif anbietet: Versicherte spielen regelmäßig via Smartphone-App Daten etwa über ihre
     sportlichen Aktivitäten an den Versicherer, der im Gegenzug „gesündere Kunden“ mit Gutscheinen
     für’s Fitnessstudio, Prämiennachlässen o.ä. belohnt.

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PHARMAMARKT

8. Spätestens bei diesem Beispiel stellt sich die Frage nach dem Datenschutz und dem vertrauens-
   würdigen Umgang mit den überlassenen Daten – sehr sensible Themen, gerade bei Gesundheits-
   daten. Wie stehen Sie dazu?
     Regulative Behörden, die über den Datenschutz wachen, sind unumgänglich. Gleichzeitig hat jeder
     Mensch ein Recht auf seine eigene Privatsphäre – und sollte bis zu einem bestimmten Grad selbst
     entscheiden können bzw. dürfen, welche Daten er schützen und welche er weitergeben möchte. Eine
     Individualsierung des Datenschutzes wäre demnach zeitgerecht und Dank der Digitalisierung auch
     möglich. Hier würde dann eine nächste Dimension der Analytik ansetzen: Individuell ermitteln, auf
     welche Daten zu welchem Zweck zugegriffen werden darf. Das muss vom Gesetzgeber kontrolliert
     werden. Wichtiger denn je wird in diesem Zusammenhang in der Tat das Thema Ethik: Unternehmen
     brauchen klar definierte, gut verständliche, transparente und vor allem verlässliche Grundsätze, wie
     sie mit den Daten ihrer Kunden verfahren, und sollten das auch entsprechend kommunizieren.

9. Sie haben vorhin IBM angesprochen: Warum engagieren sich aus Ihrer Sicht Unternehmen wie
   Google, Apple, Microsoft oder IBM verstärkt im Gesundheitsmarkt?
     Auf einen kurzen, gemeinsamen Nenner gebracht: Weil die Healthcare-Branche eines der lukrativ-
     sten, interessantesten und am meisten die Welt bewegenden Einsatzgebiete von Big Data darstellt.

   Wenn Sie mehr über Dr. Wolfgang Martin lesen wollen, dann besuchen Sie seine Website:
   http://www.wolfgang-martin-team.net/

   Wenn Sie ihn gern live erleben möchten, dann besuchen Sie unsere Veranstaltung Next
   Generation Healthcare Technology, am 22. April 2015 in Frankfurt am Main. Jetzt noch schnell
   anmelden! http://ow.ly/LE3Tc

                                                                                    Susanne Ayen

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IMS HEALTH TERMINE

   IMS Health Kundenveranstaltungen               SAVE THE DATES
                                                  23. Juni 2015
                                                  Round Table Meeting AMNOG, Pricing and
                                                  Market Access

                                                  29./30. September 2015
                                                  IMS Health Kundentagung

                                                  28. Oktober 2015
                                                  Round Table Meeting Onkologie

                                                  29. Oktober 2015
                                                  Round Table Meeting Consumer Health

                                                  18. November 2015
                                                  Round Table Meeting Vertrieb

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   Alle genannten Veranstaltungen richten sich exklusiv an IMS Kunden
   Weitere Informationen finden Sie auf der IMS Website

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IMPRESSUM

Über IMS Health:
IMS Health ist seit über 60 Jahren einer der weltweit führenden Anbieter von Informationen, Beratungs- und Techno-
logie-Dienstleistungen für die Healthcare-Branche. In mehr als 100 Niederlassungen weltweit verknüpft IMS Health
relevante Healthcare-Informationen mit großem Analse-Know-how und umfangreicher Consulting-Expertise. Unab-
hängig davon, ob die Kunden im Bereich Life Science agieren bzw. Kostenträger, Leistungserbringer oder politische
Entscheidungsträger sind, IMS Health Dienstleistungen helfen dabei, die Gesundheit von Patienten zu verbessern und
wirtschaftlich erfolgreich zu sein.

Zahlreiche wissenschaftliche Publikationen beispielsweise im Rahmen der Versorgungsforschung und gesundheits-
ökonomische Studien werden auf Basis von IMS Health Analysen erstellt. Mit einem Angebot an internationalen Publi-
kationen unterstützt IMS Health Behörden und Institutionen im Gesundheitswesen weltweit.

IMS Health steht für vertrauenswürdige und qualifizierte Datenerhebung und Analyse. Alle Marktpartner werden neutral
über das Marktgeschehen informiert. Datenschutz und Anonymität der Datenquellen sind für IMS Health oberstes
Gebot.

IMS Health | Intelligence Applied.

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© IMS Health, April 2015, 45. Ausgabe                                                                            19
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