Kolumbiens Frieden und Venezuelas Krise

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Kolumbiens Frieden und Venezuelas Krise
Wie sich in Südamerika eine regionale Krisenlandschaft aufbaut
Günther Maihold

Trotz aller politischen Versuche, den kolumbianischen Friedensprozess und die
inneren Verwerfungen in Venezuela voneinander zu isolieren, deuten viele Anzeichen
darauf hin, dass sich beide Entwicklungen zunehmend verknüpfen. Krisenkonstellatio-
nen eines prekären Friedens in Kolumbien und einer autoritären Erstarrung in Vene-
zuela drohen ineinander überzugehen. Es gibt die begründete Sorge, dass dadurch neue
Gewaltdynamiken entstehen. Die beiden Nachbarländer in den Anden sind durch ideo-
logische Konfrontation, Grenzkonflikte, illegale Gewaltakteure, Migrationsströme, Dro-
genökonomie und wirtschaftlichen Austausch so eng miteinander verbunden, dass sich
die einzelnen Probleme sowohl innerhalb der beiden Länder als auch grenzüberschrei-
tend kaum mehr voneinander trennen lassen. Dabei werden die Friedensbemühungen
in Kolumbien durch die politische und wirtschaftliche Krise in Venezuela erheblich be-
einträchtigt. Um nachhaltigen Schaden zu vermeiden, sind integrale Lösungen gefragt.
Gestützt werden müssten sie nicht nur von den beiden Staaten selbst, sondern auch
von der internationalen Gemeinschaft.

Kolumbien und Venezuela sind durch den                             tät der verfassungsgebenden Versammlung
laufenden kolumbianischen Friedenspro-                             und der von ihr anberaumten Präsident-
zess eng miteinander verbunden. Die Regie-                         schaftswahlen gestritten (vgl. S. 5).
rung in Caracas fungierte als Garant der                              Gegenseitige Vorwürfe und Drohungen
Verhandlungen im kubanischen Havanna,                              belasten das bilaterale Verhältnis; die Kon-
die nach mehr als fünf Jahren im November                          takte zwischen den Regierungen sind ein-
2016 zum Friedensschluss zwischen der                              gefroren. Es gibt Anlass zur Sorge, dass die
kolumbianischen Regierung unter Präsi-                             Krise in Venezuela nach Kolumbien über-
dent Juan Manuel Santos und der Spitze der                         schwappen und den noch jungen Friedens-
FARC-Guerilla führten. Doch trotz dieser                           prozess dort zusätzlich erschweren oder gar
Unterstützung prägen zahlreiche Konflikte                          gefährden könnte. Zum einen ist die Lage
die Beziehungen zwischen beiden Ländern.                           an der gemeinsamen Grenze angespannt;
Nun droht dabei eine neue Eskalationsstufe                         zum anderen steigen die Lasten für Unter-
– und zwar im Kontext der politischen Krise                        halt und Versorgung venezolanischer Mig-
in Venezuela; dabei wird über die Legitimi-                        ranten in Kolumbien. Dort werfen die im

Prof. Dr. Günther Maihold ist Stellvertretender Direktor der SWP                                                        SWP-Aktuell 13
                                                                                                                         Februar 2018

                                                                                                                                    1
März 2018 anstehenden Parlamentswahlen          rungsmission eingesetzt worden; diese hat
                 und die im Mai nachfolgenden Präsident-         die Phase, in der Waffen eingezogen und
                 schaftswahlen ihre Schatten voraus. Die         abtransportiert wurden, zeitverzögert am
                 nationale Versöhnung ist belastet, denn         25. September 2017 abgeschlossen.
                 durch den Wahlkampf wächst abermals die            Doch die wirtschaftliche, soziale und
                 Polarisierung zwischen Anhängern und            politische Reintegration der demobilisier-
                 Gegnern des Friedensschlusses.                  ten Kämpfer kommt nur schleppend voran,
                    Außerdem steht die kolumbianische            ebenso die Überwachung der vereinbarten
                 Regierung unter Druck der USA, die Koka-        Sicherheitsgarantien. Auch Attentate belas-
                 Produktion im Land – die wieder gestiegen       ten den Prozess; im Jahr 2017 wurden über
                 ist – zu bekämpfen. Der Kokain-Export in        75 ethnische und soziale Führungspersön-
                 die Vereinigten Staaten und auf den euro-       lichkeiten sowie Vertreter von Menschen-
                 päischen Markt verläuft über Transitwege,       rechtsgruppen ermordet. Übergriffe auf
                 die durch Venezuela führen; die Macht-          ehemalige FARC-Kämpfer gefährden das
                 strukturen dort werden so noch weiter kor-      notwendige Vertrauen, dass sie sich erfolg-
                 rumpiert. Teile des Militärapparats und der     reich in die Gesellschaft eingliedern lassen.
                 politischen Elite Venezuelas sind nachweis-     Zudem haben sich nach Schätzungen von
                 lich in den Drogenhandel involviert und         Beobachtern zwischen 150 und 800 ehe-
                 werden von US-Behörden strafrechtlich ver-      malige Kämpfer von der Organisation los-
                 folgt. Kriminelle Post-Konflikt-Strukturen in   gesagt, um auf eigene Rechnung kriminelle
                 Kolumbien wiederum (bestehend aus ehe-          Geschäfte zu betreiben. Ein entsprechen-
                 maligen FARC-Kämpfern und wiederbewaff-         des Betätigungsfeld ist der Drogenhandel
                 neten Paramilitärs) bieten Anreize, sich wei-   und -anbau. Die dafür genutzte Fläche in
                 ter am Drogengeschäft zu beteiligen. In der     Kolumbien wuchs zwischen 2015 und 2016
                 Grenzregion und darüber hinaus beschä-          um 52 Prozent. Nach Berechnungen des
                 digt dies nachhaltig den kolumbianischen        UN-Büros für Drogen- und Verbrechens-
                 Friedensprozess, weil bestehende Gewalt-        bekämpfung (UNODC) dürfte sich damit die
                 verhältnisse sich nicht überwinden lassen.      Kokain-Produktion im Land um 34 Prozent
                                                                 erhöht haben. Dagegen kommt das von der
                                                                 Regierung aufgesetzte Programm zur Sub-
                 Kolumbiens fragiler Frieden                     stitution von Drogenanbau (PNIS) nicht
                 Seit das Friedensabkommen für Kolumbien         voran. Angestrebt wird, 100 000 Hektar
                 in Kraft getreten ist, sind die Kämpfer der     vormals für die Koka-Produktion genutzter
                 FARC-Guerilla erfolgreich demobilisiert         Flächen umzuwidmen; bislang ist dies nur
                 und entwaffnet worden. Damit hat der Frie-      für 5 Prozent davon gelungen. Gerade in
                 densprozess eine neue Phase erreicht. Jetzt     der Grenzregion zu Venezuela (Catatumbo/
                 geht es um die (Re-) Integration der knapp      Cúcuta) kommt es zu Unruhen und Stra-
                 7000 Kämpfer in das soziale Leben des Lan-      ßenblockaden, für die Koka-Bauern und
                 des. Der »territoriale Frieden« wird so zur     venezolanische Migranten verantwortlich
                 zentralen Dimension des staatlichen Han-        gemacht werden.
                 delns. Weitreichende Prozesse lokaler Ver-         Die kolumbianische Regierung steht
                 söhnungs- und Entwicklungsforen müssen          nicht nur deshalb unter Druck, den Frie-
                 angestoßen werden, um ein friedliches Zu-       densprozess dynamischer umzusetzen, weil
                 sammenleben auf der Grundlage von Über-         zu hohe Erwartungen enttäuscht worden
                 gangsjustiz, Schuldanerkennung, Amnestie-       wären. Tatsächlich haben sich die materiel-
                 prozessen und politischer Partizipation zu      len Lebensbedingungen verschlechtert. Viel-
                 ermöglichen. Die UN unterstützen die neue       fach sind grundlegende Zusicherungen aus
                 Etappe durch eine zweite vom Sicherheits-       dem Friedensabkommen unerfüllt geblie-
                 rat mandatierte Mission. Mit dem Friedens-      ben. Eines der zentralen Probleme ist der
                 schluss war zunächst eine UN-Verifizie-         Zeitverzug im Handeln von Regierung und

SWP-Aktuell 13
Februar 2018

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Parlament. Verzögerungen gab es nicht nur        rung von Kolumbiens politischen Kräften
dabei, die notwendigen Gesetze zur Transi-       schwierig werden dürften.
tionsjustiz (Justicia Especial para la Paz) in      Der Wahlkampf trägt ein Übriges dazu
Kraft zu setzen und die entsprechenden           bei, den Konsens für den Friedensschluss zu
Richter zu bestellen. Ebenso mangelt es an       beeinträchtigen. So erhitzt eine ideologi-
administrativen Kapazitäten, mit denen           sche Auseinandersetzung um den soge-
sich eine staatliche Präsenz in den vormals      nannten »castro-chavismo« die Gemüter.
von der Guerilla kontrollierten Gebieten         Es geht dabei um das Szenario, dass in
entwickeln ließe. Eingeschränkt sind auch        Kolumbien »venezolanische Verhältnisse«
die finanziellen Möglichkeiten, um Vertrie-      entstehen könnten, weil die FARC als poli-
bene und Ex-Kämpfer zu integrieren. Nötig        tische Partei die Wahlkampfarena betritt.
dafür wären Wirtschaftsförderung, Infra-         Ein solches Zerrbild zeichnen Teile der
struktur-Investitionen und Produktivprojek-      konservativen Opposition. Demnach steht
te zum Anbau von Agrarerzeugnissen und           zu befürchten, dass Mangelversorgung
zur Gründung von Kleinunternehmen. Dass          eintritt, Privateigentum abgeschafft wird,
solche Angebote fehlen, stellt die Nachhal-      politische Gegner strafrechtlich verfolgt
tigkeit der Demobilisierung in Frage. Damit      werden und das Militär unterwandert
steigt wiederum die Gefahr, dass Ex-Kämp-        wird – Phänomene also, die mit dem sozio-
fer in die Kriminalität abwandern. Nicht         ökonomischen Niedergang und den poli-
zuletzt wird so auch die ohnedies prekäre        tischen Verwerfungen im Nachbarland
Unterstützung der Bevölkerung für den            assoziiert werden.
Friedensprozess weiter geschwächt.                  Die Krise Venezuelas ist insofern unmit-
   Im November 2017 endete der »fast track«      telbar Teil der inneren Konflikte in Kolum-
zur erleichterten Verabschiedung zahlrei-        bien; sie verstärkt dort die Polarisierung im
cher Gesetze, die Teil des Friedensabkom-        Streit um Inhalt und Gültigkeit des Frie-
mens sind. Nun folgt das legislative Verfah-     densabkommens. Zu erwarten ist, dass sich
ren endgültig der Logik des beginnenden          damit die politische wie rechtliche Inter-
Wahlkampfs in Kolumbien. Von den 24 Ge-          pretation des Abkommens nach innenpoli-
setzesinitiativen, die unter der Sonderrege-     tischen Prioritäten richten wird und der
lung realisiert werden sollten, gelang dies      Friedensprozess austrocknet. Bereits jetzt
nur bei zehn zentralen Regelungsvorschlä-        beklagt die FARC (nicht zu Unrecht), dass
gen der Regierung. Vollständig gescheitert       die Regierung bei der Umsetzung einzelner
ist die politische Reform zur Neuordnung         Elemente in Verzug sei und sich daher die
der Wahlbezirke in den ehemaligen FARC-          innere Logik des Abkommens erheblich
Gebieten. Eine Vielzahl an liegengebliebe-       verschiebe. Dies gilt nicht zuletzt für die
nen Gesetzesvorhaben, die sich aus dem           Eingliederung der demobilisierten Kämp-
Friedensabkommen ergeben, dürfte auf die         fer. Sie haben nach UN-Angaben bereits zu
lange Bank geschoben werden. Denn im             55 Prozent die vorgesehenen »Räume der
Kontext des beginnenden Wahlkampfs hat           Wiedereingliederung« verlassen; weil staat-
sich die Regierungsfraktion von Präsident        liche Angebote für Reintegration und Aus-
Santos aufgelöst; die Folge sind wechselnde      bildung fehlen, suchen sie ihr Auskommen
Mehrheiten im Parlament. Überdies werden         auf eigene Faust.
verabschiedete Gesetzte noch vom Obersten
Gerichtshof geprüft, was ihr Inkrafttreten
weiter verzögert. Damit gewinnen institu-        Friedensverhandlungen mit ELN stocken
tionelle und politische Kalküle die Oberhand     Am 9. Januar 2018 lief der Waffenstillstand
gegenüber dem Friedensziel der Regierung         aus, den die kolumbianische Regierung mit
Santos. Dieser bleiben noch sieben Monate        der weiterhin bewaffnet agierenden ELN-
im Amt, die angesichts der Neuorientie-          Guerilla geschlossen hatte. In der ecuado-
                                                 rianischen Hauptstadt Quito wurde darüber

                                                                                                 SWP-Aktuell 13
                                                                                                  Februar 2018

                                                                                                             3
verhandelt, die Vereinbarung zu erneuern.     eingewandert; hinzu kommen kolumbiani-
                 Doch diese Gespräche sind mittlerweile aus-   sche Remigranten. Für den Fall, dass sich
                 gesetzt, weil ELN-Kämpfer demobilisierte      die wirtschaftliche Krise im Nachbarland
                 FARC-Angehörige sowie Polizeistationen        zuspitzt, wird mit einem dramatischen An-
                 und Angehörige der Sicherheitsorgane an-      stieg der Migrantenzahl gerechnet. Insge-
                 gegriffen hatten.                             samt sollen bereits 1,2 Millionen Venezola-
                    Derzeit ist schwer vorstellbar, dass ein   ner aus wirtschaftlichen oder politischen
                 erfolgreicher Friedensprozess mit der ELN     Gründen nach Kolumbien gekommen sein.
                 bis zum Ende der Amtszeit von Präsident       Die Versorgung dieser neuen Bevölkerungs-
                 Santos möglich wird. Die ELN ist ein sehr     gruppe bereitet zunehmend logistische und
                 viel schwierigerer Verhandlungspartner als    soziale Probleme; anti-venezolanische Reak-
                 die FARC, und ihre dezentrale Organisa-       tionen sind bereits erkennbar.
                 tionsstruktur erfordert langwierige interne      Die Migration geht einher mit Turbulen-
                 Abstimmungsprozesse. Zugleich hat das         zen an der rund 2200 Kilometer langen
                 kolumbianische Militär seine Aktionen         Grenze zwischen beiden Ländern. Hier zei-
                 gegen die ELN verschärft; das Misstrauen      gen sich erste Gewaltkonflikte. Wirtschaft-
                 zwischen den Verhandlungspartnern dürfte      liche Krisen haben immer wieder – zuletzt
                 dadurch weiter wachsen. Auch will sich die    im August 2016 – zur Schließung der sechs
                 Regierungsseite im Wahlkampf nicht dem        offiziellen Grenzübergänge geführt. Dane-
                 Vorwurf aussetzen, eine zu nachgiebige        ben bestehen aber noch 288 informelle
                 Haltung einzunehmen. Die ELN operiert         Übergänge; die Grenze muss als porös gel-
                 unter anderem in Grenzgebieten zu Vene-       ten. Legale und illegale Geschäfte prägen
                 zuela. Dort entsteht so weiterer Zündstoff    die Grenzregion ebenso wie die staaten-
                 in einer ohnehin komplexen Situation.         übergreifende Lebensweise indigener Grup-
                 Denn an Kolumbiens Grenzen überlagern         pen und gemeinsame ökologische Heraus-
                 sich kriminelle Aktivitäten, Guerilla-Vor-    forderungen. Von zentraler Bedeutung ist
                 stöße und massive Bevölkerungsbewegun-        das Thema Grenzsicherheit. Die Sicherheits-
                 gen durch Migration.                          lage ist komplex, weil in diesem Gebiet ver-
                                                               schiedene Problemfaktoren zusammen-
                                                               treffen: massive Migrationsströme, Transit-
                 Migrationsdruck und Grenzsicherheit           routen des Drogenhandels, Rückzugsgebie-
                 Die problematische Lage an der kolumbia-      te der ELN-Guerilla und ein wachsender
                 nisch-venezolanischen Grenze ist ein zen-     Schwarzhandel zwischen den Ländern.
                 trales Element der neuen Krisenlandschaft        Gerade in Wahlzeiten lässt sich die Frage
                 im nördlichen Andenraum. Angesichts der       des Grenzmanagements innenpolitisch
                 humanitären Notsituation in Venezuela         instrumentalisieren, wie die Vergangenheit
                 suchen große Bevölkerungsteile einen Aus-     gezeigt hat. Die Interessen von Guerilla-
                 weg aus ihrer prekären Lage, indem sie        Gruppen, wiedererstarkten Paramilitärs
                 nach Kolumbien und Brasilien auswandern.      und kriminellen Organisationen sind in
                 Vor allem Richtung Kolumbien sind massi-      vielfältiger Weise mit formellen und infor-
                 ve Migrationsbewegungen in Gang gekom-        mellen Instanzen an der Grenze bzw. in der
                 men, die das friedliche Zusammenleben be-     Grenzregion verwoben – darunter Kontroll-
                 einträchtigen. Damit haben sich die Vorzei-   einrichtungen auf beiden Seiten, Militär
                 chen vergangener Zeiten umgekehrt – in        und venezolanische Stoßtrupps. Der Migra-
                 den Jahren des Ölbooms ab 1970 waren vie-     tionsdruck eröffnet hier noch zusätzliche
                 le Kolumbianer nach Venezuela emigriert,      Konflikt-Konstellationen, ebenso weitere
                 um dort bessere Lebenschancen zu finden.      Möglichkeiten auf dem Feld illegaler Wirt-
                    Nach Angaben der kolumbianischen Re-       schaft. Da keine gemeinsame Grenzpolitik
                 gierung sind in den vergangenen 18 Mona-      der beiden Regierungen in Sicht ist, droht
                 ten über 600 000 Personen aus Venezuela       das Problem außer Kontrolle zu geraten.

SWP-Aktuell 13
Februar 2018

4
Durch gezielte Übergriffe oder fahrlässige     nierte Benzin in Venezuela, das kolumbia-
Aktionen von Grenzpolizei und Militär          nische Käufer anlockt. Umgekehrt bestehen
kann die Lage leicht eskalieren. Es bedarf     in Venezuela bei Lebensmitteln und Medi-
dringend beiderseitiger Mechanismen zur        kamenten dramatische Versorgungsengpäs-
Krisenintervention, damit sich die Konflikte   se, die täglich den kleinen Grenzverkehr in
an der Grenze nicht verselbständigen und       Richtung Kolumbien anschwellen lassen.
mögliche Kettenreaktionen vermieden            Dadurch wiederum werden auf kolumbia-
werden.                                        nischer Seite etwa die Gesundheitsinfra-
                                               struktur und die Güterversorgung in grenz-
                                               nahen Orten erheblich belastet.
Folgen für die Wirtschaftsentwicklung             Zunehmend wird der Handel mit Kraft-
Das Verhältnis zwischen Kolumbien und          stoff, Vieh, Lebensmitteln, Gold und Men-
Venezuela ist aufgrund vielfacher Sensibi-     schen über Schmuggel und Schleichhandel
litäten und Interdependenzen politisch         organisiert. Pro Tag sollen Waren im Wert
schwer zu managen. In den bilateralen Be-      von einer Million US-Dollar über die grüne
ziehungen kommt es leicht zur Konfronta-       Grenze gelangen. Neue Paramilitärs, Kämp-
tion, wenn interne Schwierigkeiten auf das     fer der ELN sowie chavistische Kollektive
jeweilige Nachbarland projiziert werden.       konkurrieren um die Kontrolle der Grenze,
Bevor in Caracas unter Präsident Hugo          über die auch eine der wichtigsten Transit-
Chávez 2009 die Ära einer restriktiven Wirt-   routen für den internationalen Kokain-
schaftspolitik begann, war Venezuela der       Handel verläuft. Übergriffe der venezolani-
zweitwichtigste Handelspartner Kolumbi-        schen Streitkräfte auf das Gebiet des Nach-
ens (nach den USA). An die venezolanische      barlandes sind an der Tagesordnung. Solche
Seite wurden Industrieprodukte und in          Aktionen sollen dem Eindruck entgegen-
wachsendem Umfang auch Grundnah-               wirken, dass Venezuela immer weiter aus-
rungsmittel geliefert. 2007 setzte Kolum-      blutet.
bien 17 Prozent seines Außenhandels mit
Venezuela um; 2016 betrug dieser Wert
gerade noch 0,5 Prozent. Erschwert wird        Venezuelas anhaltende Krise
der Handel durch den Umstand, dass die         Wohl in keinem anderen Staat Lateiname-
venezolanische Regierung drei offizielle       rikas gibt es derzeit eine so große Zahl an
Dollarkurse unterhält, zu denen noch der       sich überlagernden Krisen wie in Venezue-
Schwarzmarktkurs kommt. Viele kolum-           la. Das Land steht am Rand der Zahlungs-
bianische Firmen – zuletzt die Fluglinie       unfähigkeit, die Bevölkerung ist einem
Avianca – haben ihre wirtschaftliche Tätig-    humanitären Notstand ausgesetzt, und die
keit im Nachbarland eingestellt, weil sie      politische Situation ist geprägt durch eine
beim Umtausch der venezolanischen Wäh-         Gleichschaltung der Machtzentren, die
rung in US-Dollar massive Verluste erlitten.   offen autoritären Mustern folgt. Soeben
   Wachsende Asymmetrien zwischen bei-         erklärte Präsident Nicolás Maduro, dass
den Ländern beeinträchtigen die wirtschaft-    jene Oppositionsparteien, die die Kommu-
liche Entwicklung. In Venezuela gibt es        nalwahl am 10. Dezember 2017 boykottiert
eine staatlich gelenkte Planwirtschaft;        hatten, nicht zu den Präsidentschaftswah-
Kolumbien betreibt eine an offenen Märk-       len am 20. Mai 2018 zugelassen würden.
ten orientierte Wettbewerbspolitik. Ange-          Venezuela ist in hohem Maße von seinen
sichts dieser unterschiedlichen Wirtschafts-   Ölvorkommen abhängig; 96 Prozent der
systeme sind Ungleichgewichte nicht zu         Deviseneinnahmen gehen auf Ölexporte
vermeiden. Massive Preisdifferenzen bei        zurück. Daher haben die niedrigen Ölpreise
strategischen Gütern erzeugen eine unmit-      eine massive Krise der Staatsfinanzen be-
telbare Nachfrage über die Grenze hinweg.      wirkt. Das Land will nun offenbar auch
Dies gilt etwa für das staatlich subventio-    nicht mehr seine Kredite bedienen; es ver-

                                                                                             SWP-Aktuell 13
                                                                                              Februar 2018

                                                                                                         5
liert so Bonität auf den internationalen       der rohstoffgebundenen Kryptowährung
                 Kreditmärkten und kommt einem Staats-          »Petro«; sie wäre die erste staatliche Digital-
                 bankrott immer näher. Die Inflation in         währung. Der Krypto-Petro soll stark an den
                 Venezuela beziffert der IWF für das Jahr       Ölpreis gebunden sein, garantiert durch
                 2017 auf 2400 Prozent, bei einer Schrump-      Venezuelas riesige Öl- und Gasvorkommen
                 fung der Wirtschaft um 12 Prozent. Die         sowie die Gold- und Diamantenreserven des
                 Verschuldung beläuft sich auf 120 Milliar-     Landes. Wie es im White Paper zu seiner
                 den US-Dollar – mit hohen Rückzahlungs-        Einführung heißt, soll sich der Petro für
                 quoten in den kommenden zehn Jahren.           Investitionen, Spareinlagen und zum zwi-
                 Dabei schlagen insbesondere die Kredite des    schenstaatlichen Finanztransfer nutzen
                 nationalen Ölkonzerns PDVSA zu Buche,          lassen. Gleichzeitig soll die Währung allen
                 denn dieser muss über die umfangreichen        Bürgern dazu dienen, Steuern und natio-
                 Ölvorkommen als Garant für das fehlende        nale Dienstleistungen zu bezahlen. Durch
                 Staatsbudget eintreten. Derweil verfällt der   ihre Bindung an den jeweils aktuellen Öl-
                 Produktionsapparat rasant, weil Investitio-    preis soll der Inflationsdruck reduziert und
                 nen ausbleiben. Wurden Ende der 1990er         eine größere Unabhängigkeit vom US-Dollar
                 Jahre in Venezuela pro Tag noch 3,2 Millio-    erreicht werden.
                 nen Fass Rohöl gefördert, so lag die Produk-      Am 20. Februar 2018 beginnt der ein-
                 tion im Oktober 2017 bei nur noch 1,9 Mil-     monatige Vorverkauf für den Petro. Die
                 lionen Fass täglich. Auch wenn Venezuela       venezolanische Regierung erhofft sich da-
                 mit 7 Prozent Marktanteil noch immer           von den Zufluss frischen Kapitals, das zur
                 drittgrößter Ölversorger der USA ist, so       Stabilisierung der nationalen Wirtschaft
                 decken die entsprechenden Dollar-Einnah-       dienen soll. Geplant ist die Ausgabe von
                 men nicht den Importbedarf des Landes.         100 Millionen Petro; damit würde das Land
                    Unlängst wurde General Manuel Que-          100 Millionen Barrel an Erdölreserven ver-
                 vedo zum Präsidenten der PDVSA ernannt.        pfänden, um 5,9 Milliarden Dollar einneh-
                 Die Berufung zeigt deutlich, wie stark der     men zu können. Der Petro könnte dem
                 venezolanische Herrschaftsapparat von An-      Land so wieder Zugang zu den internatio-
                 gehörigen des Militärs durchdrungen ist.       nalen Finanzmärkten verschaffen. Aller-
                 Den Streitkräften unterstehen auch die         dings sind Zweifel angebracht, ob eine Ab-
                 Verteilungssysteme für Lebensmittel und        koppelung vom internationalen Ölmarkt
                 Medikamente. Die wachsende »Militarisie-       wirklich gelingen kann, der weiterhin an
                 rung« des postchavistischen Systems lässt      den US-Dollar gebunden bleibt. Interne
                 erkennen, dass Präsident Maduro seine          Verwerfungen im Land könnten den Petro
                 Macht über die Sicherheitsorgane zu be-        schnell in eine Abwärtsspirale führen, soll-
                 wahren sucht. Diese werden gleichzeitig        te der Zugriff auf Öl in Frage gestellt sein.
                 zu den zentralen Pfeilern der staatsbezo-      Das von Maduro kaltgestellte Parlament hat
                 genen Wirtschafts- und Sozialprogramme.        den Petro bereits als »verfassungswidrige
                 Mit dem Niedergang des nationalen Pro-         Schuldenaufnahme« bezeichnet, weil ihm
                 duktionsapparates begibt sich das Land         eine parlamentarische Zustimmung fehle.
                 immer mehr in Abhängigkeit von externen        Die politische Krise strahlt also auch auf
                 Kreditgebern bzw. Staaten wie China, Russ-     dieses neue Finanzierungsinstrument aus.
                 land und Indien. Diese kaufen die wertlosen
                 Schuldenpapiere auf und sichern sich so
                 Einfluss auf Venezuelas Ressourcensektor       Die Schwäche der Opposition
                 sowie Anteile an den Ölreserven des Landes.    Am 30. Juli 2017 wurde in Venezuela eine
                    Mit immer neuen Tricks versucht Madu-       verfassungsgebende Versammlung gewählt.
                 ro, die Wirtschaft zu stabilisieren und die    Damit hat sich Präsident Maduro ein Instru-
                 Versorgungslage zu verbessern. Dazu ge-        ment zur Durchsetzung seiner Interessen
                 hört auch die angekündigte Einführung          geschaffen. Die von der Opposition domi-

SWP-Aktuell 13
Februar 2018

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nierte Nationalversammlung wurde suspen-       ter befördert werden. In nationalistischen
diert; alle staatlichen Institutionen sind     Aufrufen denunziert Maduro die Opposi-
nun dem neuen Organ untergeordnet.             tion, indem er ihr unterstellt, aus Washing-
Durch eine taktische Kombination aus Re-       ton und Bogotá ferngesteuert zu werden.
pression und Verhandlung ist es Maduro         Die Sanktionen der Trump-Administration
gelungen, die Opposition aufzureiben und       und die ablehnenden Positionen in Kolum-
ihren Druck auf das Regime zu neutralisie-     bien gegenüber seiner Regierung lässt
ren. Das oppositionelle Bündnis Mesa de        Maduro so als Bedrohung der nationalen
Unidad Democrática (MUD) ist geschwächt;       Souveränität erscheinen.
ihre Anführer hat Maduro erfolgreich
gegeneinander ausgespielt. Konnte
die Opposition noch Mitte 2017 massive         Handlungsoptionen in der
Proteste organisieren, so ist sie heute kaum   regionalen Krisenlandschaft
mehr handlungsfähig.                           Die Problemagenda zwischen Kolumbien
   Grund dafür ist nicht zuletzt, dass die     und Venezuela ist extrem komplex, viele
Zivilgesellschaft sich aus dem politischen     Konflikt-Konstellationen bedingen bzw.
Leben zurückgezogen hat. Die Bevölkerung       überlagern einander. Um durch diese Kri-
glaubt nicht mehr daran, ihre Lage verbes-     senlandschaft zu navigieren, bedarf es An-
sern zu können, indem sie auf die Straße       strengungen auf nationaler und regionaler
geht. Damit haben die Oppositionsparteien      Ebene. Positive Impulse aus Lateinamerika
sowohl ihre institutionelle Basis als auch     sind nicht zu erwarten, denn bestehende
ihre gesellschaftliche Verankerung verlo-      Mechanismen regionaler Krisenbewälti-
ren. Umso stärker setzen sie nun auf Hilfe     gung – wie etwa die Union Südamerikani-
der internationalen Gemeinschaft, um ihre      scher Nationen (UNASUR) – sind großteils
Forderungen in Verhandlungen mit der           verfallen; die Lima-Gruppe beschränkt sich
Regierung (zuletzt in der Dominikanischen      auf gemeinsame Erklärungen. Damit ist
Republik) zu forcieren. Im Zentrum stehen      die internationale Gemeinschaft gefordert.
vier Punkte: Anerkennung der humanitä-         Sie ist in der Region schon aktiv, durch ihr
ren Krise durch die Regierung; Wiederein-      Engagement in Kolumbiens Friedenspro-
setzung der Nationalversammlung; Verein-       zess ebenso wie durch (erfolglose) Vermitt-
barung eines verlässlichen Wahlkalenders;      lungsbemühungen in Venezuela. Gefragt
Freilassung der 300 politischen Gefangenen.    sind integrale Lösungen, welche die natio-
   Doch wurde auf diese Forderungen bisher     nalen, binationalen und regionalen Dimen-
nicht eingegangen. Die Opposition sieht        sionen der Konfliktlage erfassen.
sich einem unwilligen Regime gegenüber,           Zunächst gilt es die ideologische Ver-
das mehr auf Zeit spielt, als in ernsthafte    krampfung in der kolumbianischen Innen-
Verhandlungen einzusteigen. Kaum gehol-        politik zu lösen. Derzeit findet jede politi-
fen hat ihr auch die Lima-Gruppe – ein in-     sche Wendung in Venezuela einen unmit-
formeller Zusammenschluss von 14 ameri-        telbaren Resonanzraum in der aufgeheizten
kanischen Staaten, die auf ihrem jüngsten      Wahlkampf-Atmosphäre Kolumbiens; dar-
Treffen in Santiago de Chile die vorgezoge-    unter leidet das bilaterale Verhältnis. Wird
ne Präsidentschaftswahl in Venezuela ein-      die Fixierung auf das negativ besetzte Bild
hellig als »illegitim und wenig glaubwür-      des Nachbarlandes nicht überwunden, dürf-
dig« ablehnten. Ein Teil der venezolani-       te es kaum gelingen, die Auswirkungen des
schen Oppositionsparteien möchte mit der       erstarrten Autoritarismus in Venezuela auf
Regierung über die Wahlmodalitäten ver-        den kolumbianischen Friedensprozess zu
handeln, der Rest ist dagegen. Damit sind      kontrollieren. Zahlreiche bilaterale Prob-
die Chancen für ein geeintes Auftreten ge-     leme liegen auf dem Tisch, die einer Bear-
ring, und die zentrifugalen Kräfte dürften     beitung bedürfen. Vor allem muss die
durch das Taktieren der Regierung nur wei-     Grenzregion befriedet werden. Weil sich

                                                                                               SWP-Aktuell 13
                                                                                                Februar 2018

                                                                                                           7
hier alte und neue Konflikt-Konstellationen     ohnehin prekäre Friedensprozess könnte
                                überlagern, ist die Gefahr besonders groß,      damit noch stärker ins Stocken geraten, zu-
                                dass Gewalt – unterschiedlicher Form –          mal seitens der Zivilgesellschaft kein nach-
                                aufflammt. Durch Investitionen in die           haltiger Druck zugunsten einer Implemen-
                                Infrastruktur müssten wirtschaftliche Im-       tierung des Abkommens zu erwarten ist.
                                pulse zur Wiedereingliederung ehemaliger           Der internationalen Gemeinschaft ob-
                                FARC-Kämpfer geschaffen werden. Sonst           liegt es, zu verhindern, dass sich im kolum-
                                droht die Gefahr, dass sie zu ELN-Kräften       bianisch-venezolanischen Spannungsfeld
                                oder zu kriminellen bzw. paramilitärischen      die verschiedenen Krisenfaktoren gegen-
                                Gruppen überwechseln, die im Grenzgebiet        seitig aufschaukeln. Nötig ist vor allem der
                                operieren. Regionale Versöhnungsforen           Aufbau eines humanitären Korridors, der
                                und Entwicklungsausschüsse müssen ihre          in Venezuela der Versorgungsknappheit
                                Arbeit schnell aufnehmen bzw. abschließen,      bei Lebensmitteln und Medikamenten ent-
                                um Bedingungen zu gewährleisten, unter          gegenwirkt. Die Regierung Maduro ver-
© Stiftung Wissenschaft und     denen wirtschaftliche Dynamik in den bis-       schließt sich bislang jedoch einer solchen
Politik, 2018                   lang marginalisierten Regionen entstehen        Maßnahme. Deshalb wäre daran zu denken,
Alle Rechte vorbehalten
                                kann. Zudem gilt es, den Drogentransit          entsprechende Hilfsgelder für venezolani-
Das Aktuell gibt die Auf-       nach Venezuela zu unterbinden; er eröffnet      sche Bürger einzusetzen, die nach Kolum-
fassung des Autors wieder.      Zugang zu massiven Ressourcen und befeu-        bien geflüchtet sind – auch wenn dadurch
In der Online-Version dieser    ert die politischen Auseinandersetzungen.       kurzfristig ein zusätzlicher Impuls für ver-
Publikation sind Verweise auf   Gefordert sind hier vor allem die Sicher-       stärkte Migration entstehen würde.
andere SWP-Schriften und
wichtige Quellen anklickbar.    heitsorgane Kolumbiens; von venezolani-            Die USA und die EU haben Sanktionen
                                scher Seite ist derzeit keine Unterstützung     gegen Venezuela verhängt. Diese Maß-
SWP-Aktuells werden intern
einem Begutachtungsverfah-      zu erwarten, da sich Teile des dortigen Mili-   nahmen sind dazu angetan, die Kosten zu
ren, einem Faktencheck und      tärs selbst am Drogengeschäft beteiligen.       erhöhen, welche die Regierung Maduro für
einem Lektorat unterzogen.
Weitere Informationen
                                   Die Wahlen, die 2018 in beiden Ländern       ihren Kurs zu tragen hat. Dies gilt für den
zur Qualitätssicherung der      anstehen, versprechen gegenwärtig keine         Zugang des Landes zu Krediten auf dem
SWP finden Sie auf der SWP‐     nachhaltigen Impulse für einen Wandel der       internationalen Finanzmarkt, aber ebenso
Website unter https://www.
swp-berlin.org/ueber-uns/       konfrontativen Beziehungen. Venezuelas          für persönliche Ressourcen, die Vertreter
qualitaetssicherung/            schwache Opposition wird den gleichge-          des Regimes meist im Ausland geparkt
Stiftung Wissenschaft und       schalteten Institutionen des Landes wenig       haben. Doch diese Sanktionswirkung ist
Politik                         entgegensetzen können, sollte es erneut zu      nur eine Seite der Medaille. Nötig wäre
Deutsches Institut für
Internationale Politik und      Wahlbetrug kommen. Auch wenn die inter-         auch der Anreiz, dass die Kosten sinken
Sicherheit                      nationale Gemeinschaft den Wahlgang             werden, sollte das Land zu demokratischen
Ludwigkirchplatz 3­4
                                nicht als legitim anerkennt, dürfte das Re-     Verhältnissen zurückkehren. Auf dem Weg
10719 Berlin                    gime in Caracas in der Lage sein, seine Herr-   dorthin müsste unter Beteiligung der Oppo-
Telefon +49 30 880 07-0         schaft aufrechtzuerhalten – ungeachtet der      sition ein Transitionsplan formuliert wer-
Fax +49 30 880 07-100
www.swp-berlin.org              prekären Lebensbedingungen eines Groß-          den, der sowohl Elemente einer wirtschaft-
swp@swp-berlin.org              teils der Bevölkerung. Dass Andersdenken-       lichen Anpassungspolitik enthält als auch
ISSN 1611-6364                  de weiter mit Verfolgung rechnen müssen,        vorsieht, die verschiedenen Gewalten des
                                zeigt eine neue Verordnung, durch die poli-     Landes wieder in geregelter Weise funktio-
                                tische Kritik zum »Hassverbrechen« erklärt      nieren zu lassen. Dabei wären auch Fragen
                                und so zu einem Delikt gemacht wurde. Zu-       nationaler und internationaler Strafverfol-
                                gleich setzt die Regierung darauf, dass die     gung zu klären, die für Gefolgsleute des
                                Ölpreise anziehen und ihr so wieder grö-        Maduro-Regimes von zentraler Bedeutung
                                ßere finanzielle Spielräume zur Verfügung       sind. Hier dürfte ein Ansatzpunkt liegen,
                                stehen. In Kolumbien deutet sich ein            um die verschiedenen Handlungsebenen
                                Wahlsieg jener Kräfte an, die das Friedens-     sinnvoll miteinander zu verknüpfen, so
                                abkommen kritisch sehen und sich im             dass sich die venezolanisch-kolumbianische
                                Wahlkampf von Venezuela abgrenzen. Der          Krisenlandschaft integriert bearbeiten lässt.

   SWP-Aktuell 13
   Februar 2018

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