Arbeit in ungeheizten Räumen oder im Freien - Artikel 21 - Seco
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Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz 2. Kapitel: Besondere Anforderungen des Gesundheitsschutzes Art. 21 2. Abschnitt: Beleuchtung, Raumklima, Lärm und Vibrationen Art. 21 Arbeit in ungeheizten Räumen oder im Freien Artikel 21 Arbeit in ungeheizten Räumen oder im Freien Muss in ungeheizten Räumen, in nicht vollumwandeten Bauten oder im Freien gearbeitet werden, so sind die erforderlichen Massnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer vor Kälte- und Witterungseinflüs- sen zu treffen. Soweit möglich ist insbesondere dafür zu sorgen, dass sich die Arbeitnehmer an den einzelnen Arbeitsplätzen erwärmen können. Arbeiten in der Kälte beitsplätze bei technisch bedingten Lufttempera- turen um und unter 0° C besondere Gefährdun- Hintergrund gen dar und erfordern einen ASA-Beizug (Beizug von Arbeitsärzten und anderen Spezialisten der Mit Arbeiten bei Kälte oder Kältearbeit sind Tätig- Arbeitssicherheit). keiten an örtlich festen sowie mobilen Arbeitsplät- zen gemeint, wobei Arbeitnehmende in einer küh- Risikogruppen len bis tiefkalten klimatischen Umgebung arbeiten. Generell sind schlanke, weibliche und ältere Perso- Kältearbeit beginnt bei einer Lufttemperatur von nen stärker von der Kälteexposition betroffen. Be- +15°C und tiefer. sonders empfindlich sind Personen, die Beispiele für kühle bis tiefkalte Arbeitsplätze: un- • unter 18 Jahre oder über 55 Jahre alt sind. beheizte oder gekühlte Räume, oder während kal- ten Perioden im Freien. In Innenräumen sind Kälte- • körperliche Schwerarbeit verrichten (starkes arbeitsplätze zum Beispiel bei der Herstellung, der Schwitzen kann die Wärmeisolation der Kleider Kommissionierung, der Lagerung, beim Transport schwächen). und Verkauf von temperaturempfindlichen Waren • gesundheitlich geschwächt oder chronisch krank (z.B. Nahrungsmittel) anzutreffen. Auch Mitarbei- sind (z.B. Herz-Kreislauf-Krankheiten, Durch- tende in ungeheizten Räumen oder nicht vollum- blutungsstörungen, Diabetes, Bluthochdruck, wandeten Bauten wie Lagerhallen, Hangars und Arthritis, Rheumatismus, Nierenbeschwerden, überdachten Unterständen (z.B. Markstände) sind Epilepsie oder kälte-induziertem Asthma). betroffen. • regelmässig Medikamente (z.B. Beruhigungsmit- Im Freien finden zum Beispiel Arbeiten auf Baustel- tel, Antidepressiva) einnehmen oder viel Alkohol len oder im Forstbereich statt. Für solche Arbeiten oder Tabak konsumieren. im Freien existieren keine Temperatur-Richtwerte, • schwanger sind (Arbeiten bei Kälte gehören zu für den Kälteschutz im Freien sind jedoch in jedem den gefährlichen oder beschwerlichen Arbeiten Falle individuelle Schutzmassnahmen zu treffen für Schwangere gemäss Artikel 62 ArGV 1). (z.B. Kälteschutzkleidung). • früher erworbene kältebedingte Verletzungen Gemäss der EKAS-RL 6508 stellen ständige Ar- oder Wunden aufweisen. SECO, Januar 2019 321 - 1
Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz Art. 21 2. Kapitel: Besondere Anforderungen des Gesundheitsschutzes 2. Abschnitt: Beleuchtung, Raumklima, Lärm und Vibrationen Art. 21 Arbeit in ungeheizten Räumen oder im Freien Arbeiten in einer kalten und sauerstoff- Beispiel beim Güterumschlag bei Rampen (Last- reduzierten Atmosphäre wagen, Gabelstapler) und bei Tätigkeiten mit Bau- Es kommt vor, dass kalte Arbeitsumgebungen zu- fahrzeugen. sätzlich sauerstoffreduziert sind. Wegen der hohen Gefahr für ungeborene Kinder gilt in solchen Um- Kälteschutzmassnahmen für Arbeiten in In- gebungen für schwangere Frauen oder für Frauen, nenräumen und an überdachten Aussen- die eine Schwangerschaft vermuten, ein striktes standorten Beschäftigungsverbot (vgl. Art. 16 Mutterschutz- Es existieren zahlreiche Gestaltungsmassnahmen verordnung). zur Reduzierung der Kältebelastung, zum Beispiel: • in der Arbeitsumgebung, Arbeiten im Freien und an überdachten Standorten • an den Arbeitsmitteln, Bei Arbeiten im Freien ist mit Nässe sowie mit va- • in der Arbeitsorganisation, riierenden Temperaturen und Luftgeschwindigkei- • mittels persönlicher Schutzmassnahmen, ten zu rechnen. Letztere kann die Kälteempfin- • durch die arbeitsmedizinische Vorsorge. dung erheblich verstärken («gefühlte Temperatur») Primär sind technische Massnahmen zu prüfen, und beeinflusst damit das Mass der Gesundheits- welche die Kältebelastung in der Arbeitsumge- gefährdung (siehe Abb. 321-1). bung und durch die Arbeitsmittel reduzieren. Zu Überdachte Arbeitsbereiche sind vor Regen und den organisatorischen Massnahmen zählen ins- Schneefall geschützte Arbeitsplätze im Freien. Zu besondere die Wahl angepasster Expositions- und diesen gehören teilumwandete Räume (z.B. Kios- Aufwärmzeiten. Persönliche Massnahmen zielen ke, Markt- und Imbissstände) oder umwandungs- in erster Linie auf eine angepasste Bekleidung und freie Räume (z.B. Bahnhofhallen, Passagen). arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen für Häufige Klimawechsel sowie Zugluft belasten den Arbeitnehmende in Risikogruppen sowie solche Organismus. Solche Tätigkeiten finden sich zum mit gesundheitlichen Beschwerden ab. Abb 321-1: Modifizierte Darstellung der Kältegefährdungsklassen nach Dasler (1974) 321 - 2
Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz 2. Kapitel: Besondere Anforderungen des Gesundheitsschutzes Art. 21 2. Abschnitt: Beleuchtung, Raumklima, Lärm und Vibrationen Art. 21 Arbeit in ungeheizten Räumen oder im Freien Arbeitsumgebung • Griffige Handschuhe (sie sind bei Nichtgebrauch Zu Massnahmen, welche die Kältebelastung in der in warmer Umgebung zu lagern) Arbeitsumgebung reduzieren können, zählen: • Metallteile mit einem thermisch isolierenden • wärmeisolierender Fussboden bzw. der Fussbo- Material abdecken denbelag im Arbeitsbereich (z.B. Gummimat- • beheizbare Kontaktflächen und Bedienungsele- ten). mente • Schutzwände und Bedachungen für Arbeiten im • beheizbare Fahrerkabinen und/oder Sitze (z.B. Freien. Gabelstaplerfahrzeuge) • Wärmestrahler zur gezielten Beheizung örtlicher • Keine Nässe an Produkten und Arbeitsgeräten begrenzter Arbeitsbereiche bei weitgehend sta- tionären Arbeiten in den Kältebereichen I und Organisatorische Massnahmen II. Keine Verwendung von Verbrennungsöfen in Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Arbeitnehmen- geschlossenen Räumen ohne Abgasentlüftung den bei tiefen Temperaturen Gelegenheit zu ge- nach aussen: Risiko einer Kohlenmonoxid-Ver- ben, ihre Arbeit bei Bedarf zu unterbrechen und giftung. zum Aufwärmen einen beheizten Arbeitsplatz • Klimaschleusen, textile Luftverteilungssysteme oder Aufenthaltsraum aufzusuchen, um dort an- (z.B. Luftschläuche) oder temporäres Ausschal- dere Arbeiten zu verrichten (Abb. 321-2). ten von Luftverteilungssystemen zum Reduzie- Die Aufwärmzeiten gelten als bezahlte Arbeitszeit ren von Zugluft. und müssen vor dem Verlassen des Betriebsgelän- des bezogen sein. Arbeitsmittel Organisatorische Massnahmen zielen auf die Ein- Massnahmen zur Reduzierung von Kontaktkälte haltung von Expositions- und Aufwärmzeiten so- am Arbeitsort und an den Arbeitsmitteln: wie auf die Vermeidung von häufigen Temperatur- • Wärmequellen bereitstellen (v.a. für Hände und wechseln ab: Füsse) • Der Arbeitgeber muss warme, alkoholfreie • Metallwerkzeuge mit wärmeisolierenden Griffen Getränke zur Verfügung stellen. Abb 321-2: Kälteexpositions- und Aufwärmzeiten nach DIN 33‘403, Teil 5 (1996) Vor dem Arbeiten im «Kältebereich V» ist die arbeitsmedizinische Untersuchung obligatorisch. Für Risikogruppen ist diese Un- tersuchung bereits ab dem «Kältebereich IV» verlangt. SECO, Januar 2019 321 - 3
Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz Art. 21 2. Kapitel: Besondere Anforderungen des Gesundheitsschutzes 2. Abschnitt: Beleuchtung, Raumklima, Lärm und Vibrationen Art. 21 Arbeit in ungeheizten Räumen oder im Freien • Aufwärm- und Umkleideräume, die gegen Bei häufigen Klimawechseln: Witterungseinflüsse Schutz bieten und eine Luft- • Kälteschutzkleidung, die sich durch An- und temperatur von mindestens +21°C aufweisen. Ablegen von Kleidungsstücken der Überbeklei- • Aufwärmzeiten in Abhängigkeit der dung variieren lässt. Dabei geht es primär dar- Lufttemperatur und Aufenthaltsdauer einpla- um, Schweissbildung zu vermeiden, da sie die In- nen. solationseigenschaften der Bekleidung verringert und durch die Verdunstung den Körper abkühlt. Häufig wechselnde Klimabelastungen sind zu reduzieren, wie zum Beispiel durch: Arbeitsmedizinische Vorsorge bei Kältearbeit • Arbeitsteilung zwischen unterschiedlichen Eine solche ist bei den folgenden Erkrankungen Klimabereichen angezeigt: • Zwischenlagerräume • Gefässerkrankungen • Verladestationen mit überbauten Rampen und • Erkrankungen im Herzkreislaufsystem möglichst klimadichtem Anschluss an Lastkraft- • Atemwegserkrankungen wagen • Stoffwechsel und Hormonerkrankungen Persönliche Schutzmassnahmen • Neurologische Erkrankungen Von zentraler Bedeutung ist die Auswahl einer an- • Starke Arthrose, Arthritis oder Rheuma gepassten Bekleidung mit ausreichenden Isolati- Die Beurteilung erfolgt im Einzelfall sowie auf- onseigenschaften: grund der Arbeitsbedingungen und anhand der • Hände und Füsse in allen Kältebereichen medizinischen Untersuchung. besonders schützen Kälteschutzmassnahmen für Arbeiten im • Kälteschutzkleidung, evtl. beheizbare Freien Kälteschutzkleidung Schutzmassnahmen im Freien: • Insbesondere in den Kältebereichen III-V: beheizte Anlagen und Trockenschränke für Kör- • Bedachungen und Windschutzvorrichtungen perschutzkleidung • Aufwärmmöglichkeiten in warmen Unterkünf- • bei unvermeidbarer Zugluft: Aussenbekleidung ten (Baracken, Container) mit Windstopp-Eigenschaften (z.B. Hose, Weste, • Windstopp-Bekleidung Jacke, Stiefel) • Warme Getränke • abwechselnder Einsatz von zwei Paar Schuhen Welche der Massnahmen am besten passt, muss und Handschuhen (jeweils ein Paar getragen, das im Einzelfall und in Abhängigkeit der körperlichen andere getrocknet und erwärmt). Optimal sind Aktivität abklärt werden. drei gleiche Kälteschutz-Sets (Tragen – Trocknen – Reinigen) • ergonomischer Tragekomfort: Persönliche Schutzausrüstung ohne Behinderung der Bewe- gungsfreiheit, Körperhaltung, Sinneswahrneh- mung und Arbeitsweise 321 - 4
Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz 2. Kapitel: Besondere Anforderungen des Gesundheitsschutzes Art. 21 2. Abschnitt: Beleuchtung, Raumklima, Lärm und Vibrationen Art. 21 Arbeit in ungeheizten Räumen oder im Freien Literatur - SECO – Broschüre «Arbeiten bei Kälte», 2011 - Suva – «Factsheet Kältearbeit», 2017 - Suva – «Arbeiten in sauerstoffreduzierter Atmosphäre», Best. Nr. 66123.D - Norm DIN 33‘403-5 (1997), Klima am Arbeits- platz und in der Arbeitsumgebung - Teil 5: Er- gonomische Gestaltung von Kältearbeitsplätzen - Norm SN EN ISO 11079 (2008), Ergonomie der thermischen Umgebung - Bestimmung und In- terpretation der Kältebelastung bei Verwen- dung der erforderlichen Isolation der Bekleidung (IREQ) und lokalen Kühlwirkungen - Norm SN EN ISO 15743 (2008), Ergonomie der thermischen Umgebung - Arbeitsplätze in der Kälte - Risikobewertung und Management - Norm SN EN 14058 (2018) Schutzkleidung - Kleidungsstücke zum Schutz gegen kühle Um- gebungen SECO, Januar 2019 321 - 5
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