Arbeiten mit und nach Krebs - Ein Ratgeber für Arbeitnehmer und Arbeitgeber Un guide de la Ligue contre le cancer pour les personnes touchées ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Arbeiten mit und nach Krebs Ein Ratgeber für Arbeitnehmer und Arbeitgeber Online lesen Un guide de la Ligue contre le cancer pour les personnes touchées, leurs proches, les employés et les employeurs
Die Krebsligen der Schweiz: Nah, persönlich, vertraulich, professionell Wir beraten und unterstützen Sie und Ihre Angehörigen gerne in Ihrer Nähe. Rund hundert Fachpersonen begleiten Sie unentgeltlich während und nach einer Krebserkrankung an einem von über sechzig Standorten in der Schweiz. Zudem engagieren sich die Krebsligen in der Prävention, um einen gesun- den Lebensstil zu fördern und damit das individuelle Risiko, an Krebs zu erkranken, weiter zu senken. Impressum Herausgeberin Komitees der Krebsliga Waadt; Isabelle Honorez Krebsliga Schweiz Erard, stellvertretende Direktorin und Leiterin Effingerstrasse 40, Postfach, der Abteilung Wiedereingliederung und Renten 3001 Bern, Tel. 031 389 91 00, der Invalidenversicherung des Kantons Waadt info@krebsliga.ch, www.krebsliga.ch Marc Hubacher, Leiter der Personalabteilung am Centre Patronal, Lausanne; Valérie Jaggi Projektleitung Wepf, Stadträtin in Yverdon-les-Bains; Catherine Cristina Blanco, Fachspezialistin Krebs & Arbeit, Lazor-Blanchet, Fachärztin für Arbeitsmedizin, Krebsliga Schweiz Chefärztin der Abteilung Médecine du personnel Nicole Bulliard, Lic. phil., Fachspezialistin Publi- et d›entreprise des Universitätsspitals Lausanne zistik, Krebsliga Schweiz (CHUV); Eric Monnard, stellvertretender Direktor Mitarbeiterinnen der Krebsliga der Personalabteilung des Universitätsspitals Chantal Diserens, Geschäftsführerin der Krebsli- Lausanne (CHUV) ga Waadt; Erika Gardi, Leiterin Betreuung, Krebsliga Überarbeitung der Originalausgabe Schweiz; Erika Karlen-Oszlai, Fachspezialistin Cristina Blanco, Fachspezialistin Krebs & Arbeit, Krebs & Arbeit, Krebsliga Schweiz; Patricia Krebsliga Schweiz; Marianne Blondel Mueller, Fachspezialistin Rechtliche Beratung, Eusebio Bochons; Anita Droz, ehem. Geschäfts- Krebsliga Schweiz führerin der Krebsliga Waadt; Romina Garruso Übersetzung aus dem Französischen Yves Hochuli, Jurist, stellvertretender Ge- Michael Herrmann, Puerto del Rosario schäftsführer, Krebsliga Waadt; Thierry Lepinet- te; Cristina Martínez, Spezialistin für Überset- Wissenschaftlicher Beirat für die Originalausgabe zung und Revision, Krebsliga Schweiz; Patricia Brigitta Danuser, Prof. Dr. med., Fachärztin Mueller, Fachspezialistin Rechtliche Beratung, FMH für Arbeitsmedizin, Direktorin des Institut Krebsliga Schweiz; Françoise Pellet; Nathalie universitaire romand de Santé au Travail (IST), Restani, Sozialarbeiterin, Abt. Beratung & Unter- Schwerpunkt Arbeitsmedizin; Chantal Diserens, stützung, Krebsliga Waadt Geschäftsführerin der Krebsliga Waadt; Fran- çoise Favre, Leiterin der Instance Juridique Chô- Fotos mage und stellvertretende Leiterin des Service Titel: Shutterstock de l´emploi des Kantons Waadt; Léa Fazenda, S. 4, 8, 10, 16, 30, 38: Shutterstock Leiterin der Abteilung Prävention und soziale S. 28: iStock Unterstützung der Sozialfürsorge und Sozialhilfe Design des Kantons Waadt; Caroline Gisin, Leiterin Be- Krebsliga Schweiz ratung & Unterstützung, Krebsliga Waadt Filip Grund, Personaldezernent des Kantons Waadt Druck Pierre Hösli, Onkologe an den Établissements Merkur Druck AG, Langenthal hospitaliers du Nord vaudois und Mitglied des Diese Broschüre ist auch in französischer und italienischer Sprache erhältlich. © 2020, Krebsliga Schweiz, Bern KLS | 3.2021 | 1500 D | 011830012111
Inhaltsverzeichnis Vorwort5 Das Wichtigste in Kürze6 Körperliche, seelische und soziale Folgen von Krebs 6 Langfristige Abwesenheit – eine grosse Herausforderung 9 Informieren über die Erkrankung11 Was sollte man über die Diagnose sagen? 11 Ein Klima gegenseitigen Vertrauens schaffen 11 Fortsetzung oder Unterbrechung der Arbeit 17 Weiterarbeiten während der Behandlungen 17 Krankmeldung: Arztzeugnis, Lohnfortzahlung, Kündigung18 Selbstständige – eine besonders gefährdete Gruppe 21 Merkblätter zum Heraustrennen 23 Invalidenversicherung: Früherfassung und Frühintervention27 Rückkehr ins Arbeitsleben 29 Vorbereitung der Rückkehr 29 Therapeutischer Arbeitsversuch 31 Anpassung der Stelle und der Tätigkeit 32 Beendigung des Arbeitsverhältnisses 35 Bezug einer Invalidenrente 35 Kündigung durch den Arbeitgeber während der Krankheit 36 Suche nach einer neuen Anstellung 36 Kündigung durch den Arbeitnehmer und vorzeitiger Ruhestand 39 Acht zentrale Botschaften als Fazit 40 Verfügbare Angebote 42 Quellen 43 Beratung und Information 44 Arbeiten mit und nach Krebs 3
Liebe Leserin, lieber Leser Wird im Text nur Immer mehr Menschen überleben über die Krankheit, ihre Auswir- die weibliche eine Krebserkrankung. Das ist eine kungen auf das Berufsleben, die oder männliche Form verwendet, sehr positive Entwicklung, auch Leistungen der Sozialversicherun- gilt sie jeweils wenn viele das Thema Krebs noch gen, die Bestimmungen des Ar- für beide oft mit Sterben und Tod gleichset- beitsrechts und die in der Schweiz Geschlechter. zen. Diese Entwicklung verdankt verfügbaren Angebote. sich vor allem den enormen Fort- schritten der Medizin in den ver- Eine gelungene Rückkehr in die Ar- gangenen 30 Jahren. Gleichzeitig beitswelt nutzt Arbeitnehmer und ergibt sich damit auch eine grosse Arbeitgeber. Für den Arbeitnehmer Herausforderung für die Gemein- bedeutet sie die Rückkehr in die schaft. Denn immer mehr Men- Normalität, er nimmt seine beruf- schen kehren nach einer über- liche Rolle, die sozialen Kontakte standenen Krebserkrankung ins und seine Routine wieder auf. Und Arbeitsleben zurück. nicht zuletzt ist sein Einkommen wieder gesichert. Für den Arbeit- Bereits während der Erkrankung geber bedeutet die Fortsetzung der stehen die Beteiligten vor unter- Zusammenarbeit nach einer Krebs- schiedlichen Herausforderungen: diagnose, dass mit dem zurückge- Der Arbeitgeber muss den länger- kehrten Arbeitnehmer Kompetenz fristigen Ausfall eines Mitarbeiters und Know-how im Unternehmen überbrücken. Und der erkrankte bleiben. Eine gelungene Wieder- Arbeitnehmer muss befürchten, eingliederung setzt auch für die den Anschluss im Arbeitsleben gesamte Belegschaft ein wichtiges zu verlieren. Arbeitnehmer und Signal der Unterstützung, des Ver- Arbeitgeber sind darauf oft nicht antwortungsbewusstseins und des vorbereitet. Engagements für die Gesundheit. Die vorliegende Broschüre soll Diese Broschüre kann nicht alle Arbeitnehmern und Arbeitgebern Fragen beantworten, denn jede Si- wichtige Informationen vermitteln. tuation ist individuell. Zögern Sie Wir möchten sie bei der Fortset- nicht, uns anzusprechen, wenn Sie zung der Berufstätigkeit während weitere Informationen benötigen der Erkrankung und der Rückkehr (siehe S. 43). Wir wünschen Ihnen an den Arbeitsplatz nach der Er- eine informative Lektüre. krankung unterstützen. Arbeitge- ber und Arbeitnehmer finden in dieser Broschüre Informationen Ihre Krebsliga Arbeiten mit und nach Krebs 5
Das Wichtigste in Kürze Körperliche, seelische und Der Körper – geheilt, aber soziale Folgen von Krebs beeinträchtigt Eine Krebsbehandlung wird individu- Die Fortschritte im Kampf gegen den ell an den Patienten angepasst. Oft Krebs zeigen sich deutlich in den Sta- erhalten die Erkrankten eine Kombi- tistiken. Fast 70 Prozent der Patien- nation verschiedener Therapiefor- tinnen und Patienten in der Schweiz men. Die wichtigsten Therapien sind sind fünf Jahre nach der Diagnose Chirurgie, Strahlentherapie, Chemo- noch am Leben (alle Krebsarten zu- therapie, Immuntherapie, Hormon- sammengenommen). Dies entspricht therapie und die zielgerichteten mo- einem Rückgang der Sterblichkeit lekularbiologischen Therapien. Dank um ein Drittel seit den 1980er-Jahren. der Fortschritte in der Forschung werden die Therapien stetig weiter- Doch viele Betroffene können nach entwickelt. Allerdings sprechen nicht überstandener Erkrankung ihr altes alle Patienten gleichermassen auf die Leben nicht einfach wiederaufneh- Therapien an. Manche Behandlungen men. Noch mehrere Jahre nach der sind zudem sehr belastend und von Krankheit leidet ein Grossteil der ge- zahlreichen Nebenwirkungen beglei- heilten Patienten an Spätfolgen der tet. Erkrankung oder klagt über Nachwir- kungen der Behandlungen. Die kör- Auch wer die Krebserkrankung über- perlichen Beschwerden sind dabei standen hat, leidet unter Umstän- etwa ebenso häufig wie psychische, den weiterhin an körperlichen Fol- soziale oder finanzielle Probleme. geerscheinungen. Teilweise können Diese Komplikationen wirken sich auf Beschwerden sogar noch nach Ab- die Lebensqualität der Betroffenen schluss der Behandlungen auftre- aus. In manchen Fällen verhindern ten. Die Folgen verschiedener Brust- sie, dass die Betroffenen ihre Arbeit operationen können den Gebrauch in derselben Konstellation wie vor eines Arms einschränken, oder eine der Erkrankung wiederaufnehmen. Operation am Verdauungstrakt kann die Funktion des Darms stören. Manche Chemotherapien verändern dauerhaft die Sensibilität in Händen und Füssen oder können zu Über- empfindlichkeit gegen Kälte führen. 6 Arbeiten mit und nach Krebs
Die meisten Nebenwirkungen klin- Frage und wirft existenzielle Fragen gen kurz nach Abschluss der Thera- auf. Die Betroffenen müssen sich pien ab und lassen sich heutzutage umorientieren, ein neues Gleich- erheblich besser behandeln. Es gibt gewicht finden und – nach Opera- allerdings immer noch bestimmte tionen, die teilweise das Köperbild Folgeerscheinungen, die die Wieder- verändern – die körperlichen Verän- aufnahme der beruflichen Tätigkeit derungen bewältigen. Hinzu kommt einschränken, eine Anpassung des die Angst vor einer Rückkehr dieser Arbeitsplatzes oder bisweilen sogar möglicherweise lebensbedrohlichen eine Umschulung erfordern. Krankheit. Viele Patienten berichten von einer All diese Faktoren führen häufig dazu, anhaltenden Müdigkeit (Fatigue) wäh- dass Menschen in Remission ihre rend, aber auch nach Abschluss der Werte und Prioritäten, ob privat oder Behandlung. Auch diese Müdigkeit, beruflich, neu überdenken. In vielen gegen die Ausruhen nur beschränkt Fällen verändert das auch ihre Einstel- hilft, kann sich negativ auf die Orga- lung zur Arbeit. nisation des Alltags und die Rückkehr der Patienten an den Arbeitsplatz aus- Soziale Auswirkungen wirken. Die Bewältigung der körperlichen und seelischen Folgen von Krebs er- Tiefgreifende Verunsicherung fordert von den Betroffenen ein ho- Die körperlichen Spätfolgen gehen hes Mass an Anpassungsfähigkeit. oft mit seelischen Schwierigkeiten Gleiches gilt für den Umgang mit den einher. Die Krankheit löst ein brei- sozialen Auswirkungen der Krank- tes Spektrum an Gefühlen aus, von heit. Der Alltag verändert sich im Ver- Stress über Ohnmacht bis hin zu lauf der Behandlung. Das Familienle- Angstzuständen. Immer wieder er- ben muss oft neu organisiert werden kranken Menschen, bei denen Krebs (Kinderbetreuung, Fahrten zur Thera- diagnostiziert wurde, in der Folge pie). Auch mit Freunden und Bekann- auch an einer Depression. ten muss ein neues Gleichgewicht gefunden werden, denn zum Teil sind Es ist verständlich, dass eine Krebs- auch sie durch die Erkrankung verun- erkrankung zu emotionalen Krisen sichert. führt. Krebs bedeutet einen drasti- schen Einschnitt im Leben der Betrof- Krebs bedeutet bisweilen einen er- fenen, verunsichert sie zutiefst, stellt heblichen Verwaltungsaufwand, etwa die Zukunftsperspektiven radikal in wenn es darum geht, Anträge bei Arbeiten mit und nach Krebs 7
den Sozialversicherungen zu stellen. der Arbeit – über die Leistungen der Ausserdem kann die Krankheit in- Sozialversicherungen sowie über die folge des Verlusts der Arbeitsfähigkeit Möglichkeiten der Umgestaltung des zu finanziellen Problemen führen, sei Arbeitsplatzes und der Tätigkeit zu in- es vorübergehend oder längerfristig. formieren. Langfristige Abwesenheit Unterschiedliche Situationen Krebserkrankungen verlaufen unter- – eine grosse Heraus- schiedlich. Die Ausgangssituationen forderung variieren von Fall zu Fall. Damit hängt die Wiederaufnahme der Berufstä- Nach den Erkrankungen des Muskel- tigkeit von zahlreichen Faktoren ab, Skelett-Systems und den psychischen wie der Art der Krebserkrankung, der Erkrankungen ist Krebs zusammen Behandlung, aber auch dem ausge- mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen die übten Beruf. Grundsätzlich ist es ein- dritthäufigste Ursache für lange Fehl- facher, Arbeitsplätze in einem Büro zeiten am Arbeitsplatz. Für Unterneh- umzugestalten als etwa auf einer men ist dies eine grosse Herausforde- Baustelle. rung. Sie müssen die Arbeitsausfälle und die organisatorischen Folgen Eine wichtige Rolle spielt auch die bewältigen und flexibel die Arbeits- Grösse der Organisation. In Unter- abläufe anpassen. nehmen mit weniger als 250 Beschäf- tigten sind die Anpassungs- und Wie- Doppeltes Leid vermeiden dereingliederungsmöglichkeiten in Erheblich ist das Problem auch für die der Regel eingeschränkter, insbeson- betroffenen Arbeitnehmerinnen und dere in Unternehmen mit weniger als Arbeitnehmer. In der Schweiz erkran- 50 Beschäftigten und in Kleinstunter- ken jährlich etwa 15 000 Menschen im nehmen. Auch andere Faktoren, wie arbeitsfähigen Alter an Krebs. Etwas die Unternehmenskultur, das Arbeits- mehr als 60 Prozent von ihnen sind klima, die Kommunikation und das ein Jahr nach der Diagnose wieder Management, spielen eine Rolle. Die an ihre Arbeitsstelle zurückgekehrt. persönlichen Ressourcen der betrof- Die Übrigen leiden zweifach: Neben fenen Arbeitnehmer (etwa psychische der Erkrankung droht ihnen auch der Ressourcen, Unterstützung durch das Ausschluss vom Arbeitsmarkt. Umfeld, Alter, Ausbildung) – haben ebenfalls einen massgeblichen Ein- Wir empfehlen deshalb, sich – vor fluss. einer eventuellen Wiederaufnahme Arbeiten mit und nach Krebs 9
10 Arbeiten mit und nach Krebs
Informieren über die Erkrankung Was sollte man über die Wenn sich der Arbeitnehmer dazu Diagnose sagen? entschliesst, seinen Arbeitgeber und seine Kollegen über seine Krebs- Die Art der Erkrankung ist grundsätz- erkrankung zu informieren, sollte er lich eine Privatangelegenheit. Die Ar- zunächst überlegen, in welcher Form beitnehmerin oder der Arbeitnehmer und in welcher Reihenfolge er dies ist in keiner Weise verpflichtet, seinem tut. Dieser Schritt will wohlüberlegt Arbeitgeber mitzuteilen, dass er Krebs sein, denn er kann die zukünftigen hat. Dieser kann lediglich Informatio- Arbeitsbeziehungen beeinflussen. nen über die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunterbrechung und deren Ursache (Unfall, Krankheit, Schwan- Ein Klima gegenseitigen gerschaft) verlangen. Bei nicht voll- Vertrauens schaffen ständiger Arbeitsunterbrechung kann der Arbeitgeber auch Informationen Wie man mit der eigenen Erkrankung darüber einholen, ob der Arbeitneh- umgeht und wie man diese nach aus- mer noch alle bisher wahrgenomme- sen kommuniziert, bleibt eine indivi- nen Aufgaben erledigen kann. duelle Entscheidung. Welchen Wert die Arbeitsstelle und die Aufgabe für Ob der Arbeitnehmer seine Diag- die Betroffenen haben, ist ebenfalls nose offenlegen soll oder nicht, ist eine sehr individuelle Angelegen- eine schwierige Entscheidung. Die heit. In jedem Fall ist es wichtig, dass Betroffenen befürchten vielleicht sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Kündigung oder andere nega- ihre jeweiligen Bedürfnisse und Er- tive Folgen. Arbeitgeber, Vorgesetzte, wartungen jeweils klar und deutlich die Personalabteilung und Kollegin- mitteilen. nen oder Kollegen könnten sich durch die Krebserkrankung überfordert füh- Regelmässige Gespräche zwischen len. Es gilt jedoch auch zu bedenken, Arbeitgeber und Arbeitnehmer kön- dass sich ein Mangel an Transparenz nen dabei helfen, einen konstrukti- oder Information je nach Situation ne- ven Austausch sicherzustellen. Das gativ auf die Beziehungen zwischen Erstgespräch sollte mit Arbeitgeber den Beteiligten auswirken kann (etwa und Arbeitnehmer, einem Vertreter Vertrauen, gegenseitige Hilfe, Empa- der Personalabteilung oder einem thie). Gerade auch, wenn die Fehlzei- Vorgesetzten sowie dem Arbeitsme- ten lang sind oder wiederholt auftre- diziner stattfinden, falls das Unter- ten. nehmen einen solchen beschäftigt oder beauftragt. Arbeiten mit und nach Krebs 11
Weitere Gespräche und eine gute, um die Organisation der Arbeit, die partnerschaftliche Kommunikation Strukturierung der Aufgaben, die Be- tragen dazu bei, ein Klima des Vertrau- treuung sowie die Ergonomie und ens zu schaffen. Dann wird es auch Gestaltung des Arbeitsplatzes. leichter fallen, den Arbeitseinsatz der oder des Betroffenen während ihrer Diese Faktoren spielen auch eine Behandlung zu organisieren oder wichtige Rolle, wenn ein Mitarbeiter nach einer längeren Abwesenheit an Krebs erkrankt ist. Unabhängig ihrer Rückkehr an den Arbeitsplatz zu davon, ob die Betroffenen im öffentli- planen. Gerade für kleine Unterneh- chen Dienst oder in privatwirtschaft- men ist dies besonders wichtig. lichen Unternehmen tätig sind: Es ist daher ratsam, sich bei seinem Arbeit- Da sich die Kolleginnen und Kollegen geber zu erkundigen, ob er betriebs- sicher auch wegen einer möglicher- interne Unterstützung bietet, und weise erhöhten Arbeitsbelastung sich gemeinsam auf bedarfsgerechte Sorgen machen, ist es hier ebenfalls Massnahmen zu einigen. wichtig, durch Gespräche und trans- parente Kommunikation frühzeitig zu Merkblatt zum Heraustrennen in der informieren. Mitte der Broschüre In der Regel verfügen grosse Unter- nehmen über ein innerbetriebliches Gesundheitsmanagement. Die Mit- arbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Abteilung sollen die Gesundheit, die Motivation und das Wohlbefinden der Mitarbeiter fördern. Um diese Ziele zu erreichen, kümmern sie sich Gut zu wissen Ein Telefoncoaching beantwortet Fragen und Anliegen zum Thema Krebs und Arbeit: 0800 114 118. www.krebsliga.ch 12 Arbeiten mit und nach Krebs
In der Praxis Arbeitnehmer: Vereinbaren und Vorbereiten eines Gesprächs Vor dem Gespräch: • Sprechen Sie mit der Onkologin, dem Onkologen oder der behandeln- den Ärztin, dem behandelnden Arzt über jene Aspekte Ihrer Erkran- kung und Therapien, die Einfluss auf Ihre berufliche Tätigkeit haben (Dauer der Behandlung, Prognose, absehbare längere Abwesenheit, absehbare Einschränkungen). • Besprechen Sie Ihre Einschätzungen und Empfindungen zunächst mit einer nahestehenden Person. • Legen Sie fest, wie Sie im Unternehmen informieren wollen (Wer? Was? Wem? Wann? Wie?). • Rechnen Sie damit, dass die Nachricht Ihrer Erkrankung eine gewisse Verunsicherung bei Ihren Vorgesetzten und Kolleginnen oder Kollegen auslösen kann. Während des Gesprächs: • Sprechen Sie es offen an, wenn Sie sich unsicher fühlen. • Erkundigen Sie sich nach den Hilfestellungen, die das Unternehmen zur Verfügung stellt, sowie nach den rechtlichen Rahmenbedingungen (Sozialversicherungen, Dauer der Lohnfortzahlung). • Äussern Sie Ihre Bedürfnisse oder Wünsche, wie Vorgesetzte und Kollegen während Ihrer krankheitsbedingten Abwesenheit mit Ihnen in Kontakt bleiben sollen (Gesprächspartner, Häufigkeit und Art der Kontakte). Arbeiten mit und nach Krebs 13
Arbeitgeber, Vorgesetzte, Personalabteilung: Organisieren und Führen des Mitarbeitergesprächs Vor dem Gespräch: • Nehmen Sie sich genügend Zeit für die Vorbereitung und die anschliessende Durchführung des Gesprächs. • Wählen Sie für das Gespräch einen ruhigen Ort. • Stellen Sie sicher, dass Sie während des Gesprächs nicht gestört werden. Während des Gesprächs: • Hören Sie der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter zunächst zu, bevor Sie Ihrerseits Unterstützung vorschlagen. • Versuchen Sie, empathisch und authentisch zu sein. • Akzeptieren Sie, dass im Gespräch Emotionen aufkommen und Momente des Schweigens eintreten können. • Fragen Sie nach, welche Bedürfnisse die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer hat (Kommunikation, Informationen über die Sozialver- sicherungen). • Zeigen Sie auf, welche Unterstützung das Unternehmen anbieten kann, aber benennen Sie auch klar Ihre Bedürfnisse in Bezug auf die Organisation der krankheitsbedingten Abwesenheit. • Versprechen Sie nichts, was nicht eingehalten werden kann. • Vermeiden Sie Floskeln (etwa «Das wird schon gehen ...», «Es könnte schlimmer sein ...» oder «Das wird schon wieder ...»). • Versuchen Sie sich klar darüber zu werden, was der Mitarbeiter gerade fühlt und wie es Ihnen selbst dabei geht. • Vermeiden Sie es, die Situation mit ähnlichen Situationen zu verglei- chen und konzentrieren Sie sich auf den erkrankten Mitarbeiter und seine Bedürfnisse. • Fragen Sie offen nach, wenn Ihnen etwas unklar ist. • Falls es notwendig ist: Vertagen Sie das Gespräch und setzen Sie einen neuen Termin fest. Merkblatt zum Heraustrennen in der Mitte der Broschüre 14 Arbeiten mit und nach Krebs
Im Team informieren • Klären Sie mit dem erkrankten Mitarbeiter im Voraus, welche Informati- onen wie weitergegeben werden sollen (Wer? Was? Wem? Wann? Wie?). • Wenn der Mitarbeiter einverstanden ist, kommunizieren Sie im Team klar und offen über die Erkrankung des Kollegen und deren Folgen für die Arbeitsorganisation. • Nehmen Sie sich Zeit für die Sorgen, Ängste und Bedürfnisse der anderen Mitarbeiter. • Suchen Sie gemeinsam nach Lösungen (Umverteilung der Arbeit, Aushilfen, Kommunikation). • Zeigen Sie Ihre Wertschätzung, wenn die Kollegen den erkrankten Arbeitnehmer aktiv unterstützen möchten. • Achten Sie in der kommenden Zeit auf die Stimmung in der Beleg- schaft und im Team und sprechen Sie die Situation gegebenenfalls regelmässig an. Arbeiten mit und nach Krebs 15
Fortsetzung oder Unterbrechung der Arbeit Weiterarbeiten während ebenfalls oft im Arbeitsleben. Wäh- der Behandlungen rend der Behandlungen weiterzu- arbeiten ermöglicht es, eine gewisse Teilweise ist es möglich, dass an Normalität und Kontrolle über das Krebs erkrankte Arbeitnehmerinnen eigene Leben aufrechterhalten zu und Arbeitnehmer ihre Berufstätig- können. keit auch während der Therapien fortsetzen. Dies hängt natürlich auch Einige Tipps im Kapitel «Rückkehr von der Art der Behandlungen ab. Ei- ins Arbeitsleben» (siehe S. 29) kön- nige Therapieformen sind inzwischen nen Selbstständige und Arbeit- zielgerichteter und verursachen da- nehmer hilfreich sein, die während durch weniger und besser verträgli- der Behandlungen im Arbeitsleben che Nebenwirkungen. bleiben möchten oder müssen. Für Arbeitnehmer ist es entscheidend, Man muss jedoch berücksichtigen, dass die Kommunikation zwischen dass jeder Mensch unterschiedlich Arbeitgeber und Arbeitnehmer funk- auf die Behandlungen reagiert und tioniert, dass die Atmosphäre bei der dass eine Therapie von Behandlung Arbeit nicht belastend ist, dass die zu Behandlung unterschiedliche Aus- Arbeitszeit flexibel gestaltet werden wirkungen haben kann. Dies gilt ins- kann und dass der Arbeitsplatz sowie besondere für Patientinnen und Pa- die Tätigkeit bei Bedarf neu angepasst tienten, die sich einer Chemotherapie werden können. unterziehen müssen. Ihre Verfassung kann sich rasch ändern, und sie müs- Natürlich sollten Anpassungen in sen mit erheblichen Beeinträchtigun- diesen Bereichen gut überlegt wer- gen zurechtkommen. den. Die Beteiligten sollten dies entsprechend den Möglichkeiten Leben «wie vorher» und Bedürfnissen aller (Mitarbeiter, Gerade Selbstständige arbeiten Arbeitgeber) sowie den Besonder- trotz deutlichen gesundheitlichen heiten der Position und der Funktion Einschränkungen häufig auch wäh- «aushandeln». rend der Therapien weiter – aus naheliegenden Gründen, denn sie sind wirtschaftlich davon abhängig. Arbeitnehmer, die eine verantwor- tungsvolle Position innehaben, so- wie diejenigen, deren Behandlung eine Weiterarbeit erlaubt, bleiben Arbeiten mit und nach Krebs 17
Krankmeldung: Arztzeugnis, erleichtern die Beteiligten auch die Lohnfortzahlung, Kündigung spätere Rückkehr des Mitarbeiters an den Arbeitsplatz und tragen dazu bei, In den meisten Fällen wird es zu ei- dass kostbares Fachwissen im Unter- ner Krankschreibung kommen. Nach nehmen bleibt. Diagnose oder Ausbruch der Erkran- kung ist oft ein rascher Behandlungs- Arztzeugnis beginn notwendig. Arbeitnehmer Im Allgemeinen muss der Arbeitneh- und Arbeitgeber stellt das vor Her- mer ab dem dritten Tag seiner Abwe- ausforderungen. Viele Fragen sind senheit ein Arztzeugnis vorlegen. In nun zu klären: Wie lange dauert die manchen Fällen muss die Beschei- Krankschreibung? Wird der Lohn fort- nigung schon am ersten Tag der Ab- gezahlt und, wenn ja, wie lange? Wie wesenheit ausgestellt werden. Es ist wird die Stellvertretung organisiert? daher sehr wichtig, die im Arbeitsver- Wie wirkt sich die Krankheit auf den trag genannten Fristen einzuhalten. Alltag und die Arbeit aus? Muss die Arbeitnehmerin oder der Arbeitneh- Wenn der Arbeitnehmer bei einer mer eventuell sogar die Kündigung langen Krankschreibung neue Arzt- befürchten? zeugnisse vorlegen muss, ist dies auch eine gute Gelegenheit zur Kon- Um diese Fragen zu klären, ist es taktaufnahme mit dem Arbeitgeber. wichtig, sich mit den Leistungen der Bisweilen lässt sich zusammen mit Sozialversicherungen vertraut zu ma- der Ärztin oder dem Arzt die unge- chen. Und natürlich ist es auch hier fähre Dauer der Krankschreibung be- wieder hilfreich, wenn Arbeitgeber stimmen. Diese Information hilft dem und Arbeitnehmer in engem Kontakt Arbeitgeber, um eine Stellvertretung bleiben. Ein regelmässiger Austausch besser planen zu können. während der Krankschreibung kann der erkrankten Mitarbeiterin oder Anspruch auf Lohnfortzahlung dem erkrankten Mitarbeiter Sicher- Ob während einer Krankheit der Lohn heit geben, dass sein Arbeitsplatz im fortgezahlt wird oder nicht, hängt Unternehmen nicht in Gefahr ist. von den jeweiligen Regelungen des Arbeitgebers ab. In der Schweiz lässt Der enge Kontakt mit der oder dem das Gesetz dies offen. Im Allgemei- erkrankten Angestellten ermöglicht nen schliessen jedoch die meisten dem Arbeitgeber wiederum, die an- Unternehmen eine Erwerbsausfall- deren Mitarbeiter im Betrieb auf dem versicherung ab. Laufenden zu halten. Auf diese Weise 18 Arbeiten mit und nach Krebs
Basler Skala Berner Skala Zürcher Skala BS, BL BE, AG, OW, ZH, GR SG, Romandie, Tessin 1. Dienstjahr 3 Wochen 3 Wochen 3 Wochen 2. Dienstjahr 2 Monate 1 Monat 8 Wochen 3. Dienstjahr 2 Monate 2 Monate 9 Wochen 4. Dienstjahr 3 Monate 2 Monate 10 Wochen 5. Dienstjahr 3 Monate 3 Monate 11 Wochen 6. Dienstjahr 3 Monate 3 Monate 12 Wochen 7. Dienstjahr 3 Monate 3 Monate 13 Wochen 8. Dienstjahr 3 Monate 3 Monate 14 Wochen 9. Dienstjahr 3 Monate 3 Monate 15 Wochen 10. Dienstjahr 3 Monate 4 Monate 16 Wochen 11. Dienstjahr 4 Monate 4 Monate 17 Wochen Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), www.seco.admin.ch/seco/de/home.html Arbeiten mit und nach Krebs 19
Diese Versicherung zahlt dem betrof- Kündigungsschutz und fenen Arbeitnehmer je nach Art des Kündigungsfristen abgeschlossenen Vertrages für ma- Ein krankgeschriebener Arbeitnehmer ximal 720 Tage über einen Zeitraum kann grundsätzlich auch von einer von 900 Tagen ein Taggeld, das in der Entlassung betroffen sein. Er geniesst Regel 80 Prozent seines Gehalts be- jedoch eine Schutzfrist entsprechend trägt. Die Zahlung beginnt nach einer der Dauer seines Arbeitsverhältnis- vertraglich vereinbarten Wartezeit. ses. Sie beträgt 30 Tage ab dem ers- ten Dienstjahr, 90 Tage vom zweiten Sollte der Arbeitgeber keine solche bis zum fünften Dienstjahr und 180 Versicherung abgeschlossen und auch Tage ab dem sechsten Dienstjahr. sonst keine besonderen Vorkehrungen getroffen haben, schreibt der Gesetz- Jede innerhalb der Schutzfrist ausge- geber die Zahlung des vollen Lohns sprochene Kündigung ist nichtig. Dies vor. Der Zeitraum der Lohnfortzahlung gilt jedoch nicht, wenn sich der Arbeit- variiert je nach Dauer der Betriebszu- nehmer zum Beispiel in der Probezeit gehörigkeit und der am Arbeitsort gel- befindet, einen befristeten Arbeits- tenden Skala. vertrag hat oder sich eines schwer- wiegenden Fehlverhaltens schuldig Am weitesten verbreitet ist die Ber- gemacht hat, das eine fristlose Kündi- ner Skala, die im Prinzip eine Lohn- gung rechtfertigt. fortzahlung von zunehmender Dauer vorsieht: Drei Wochen ab dem ersten Nach Ablauf der Schutzfrist und Dienstjahr im Unternehmen, ein Mo- unter Einhaltung der Kündigungs- nat während des zweiten Dienstjah- frist kann der Arbeiternehmer dann res, zwei Monate während des drit- jedoch entlassen werden. Die Kündi- ten und vierten Dienstjahres, je drei gungsfrist richtet sich ebenfalls nach Monate vom fünften bis neunten der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Dienstjahr und so weiter. In der Regel beträgt sie einen Monat während des ersten Dienstjahres, Es ist empfehlenswert, sich als Arbeit- zwei Monate vom zweiten bis zum nehmer über die finanziellen Leistun- neunten Dienstjahr und drei Monate gen im Krankheitsfall zu informieren. ab dem zehnten Dienstjahr. Je nach Wenn die Leistungen des Arbeitge- schriftlicher Vereinbarung, nach Art bers nur gering sind, kann der Arbeit- des Arbeitsvertrags oder entspre- nehmer gegebenenfalls zusätzlich chend einem für das Unternehmen eine private Erwerbsausfallversiche- gültigen Tarifvertrag können andere rung abschliessen. Fristen gelten. 20 Arbeiten mit und nach Krebs
Kündigungsschutz und Anspruch Selbstständige – eine auf Lohnfortzahlung sind nicht besonders gefährdete identisch Es ist wichtig, zwischen Kündigungs- Gruppe schutz und dem Anspruch auf Lohn zu Selbstständige trifft es besonders unterscheiden. Auch wenn ein Arbeit- hart, wenn sie schwer erkranken. nehmer während der Schutzfrist nicht Unabhängig davon, ob sie allein entlassen werden kann, bedeutet dies arbeiten oder an der Spitze eines nicht, dass er während dieser gesam- Kleinstunternehmens oder eines ten Zeit eine Lohnfortzahlung erhält. KMU stehen: Jede Fehlzeit kann sich negativ auf die Abläufe im Betrieb Hat der Arbeitgeber nämlich keine und den Geschäftsverlauf auswirken. Erwerbsausfallversicherung abge- Eine weitere Schwierigkeit besteht da- schlossen, greifen lediglich die Min- rin, dass Selbstständige gegen die mit destsätze, wie etwa die bereits er- der Krankheit verbundenen Risiken wähnte Berner Skala (siehe S. 19, zum im Allgemeinen weniger geschützt Beispiel ein Monatslohn, wenn das sind als Arbeitnehmer. Ein Teil von Arbeitsverhältnis seit über einem ihnen hat keine Erwerbsausfallver- Jahr besteht). sicherung. Um den Verdienstausfall bei Arbeitsunfähigkeit abzufangen, Wenn der Arbeitnehmer während sei- müssen sie daher auf ihre Erspar- ner Behandlungen weiterarbeitet, ga- nisse zurückgreifen. Ausserdem sind rantiert ihm die Krankheit bis auf we- sie gezwungen, Lösungen zu finden, nige Ausnahmen keinen besonderen um das Geschäft während ihrer Ab- Schutz. Grundsätzlich besteht also die wesenheit am Laufen zu halten. Gefahr, dass er wie jeder andere Mit- arbeiter entlassen werden kann. Bitte beachten Sie, dass die bestehen- den Regeln und das geltende Recht im öffentlichen Dienst andere sein können als in der Privatwirtschaft. Es empfiehlt sich daher, die Bestimmungen des Arbeitsvertrages und des Personalre- glements (des Kantons, der Gemeinde oder des Bundes) zu konsultieren. Arbeiten mit und nach Krebs 21
Sozialhilfe Der Abschluss einer Krankentaggeld- Da Selbstständige grundsätzlich kei- versicherung ist – soweit möglich nen Anspruch auf Arbeitslosengeld – der beste Schutz gegen eine Ver- haben, besteht die einzige Möglich- schlechterung der finanziellen Situa- keit darin, bei der Sozialhilfe ihrer tion des Selbstständigen und seiner Wohngemeinde oder ihres Wohn- Familie. kantons finanzielle Unterstützung zu beantragen. Höhe und Modalitä- ten dieser Unterstützung können je nach Kanton und Situation variieren. Sozialhilfe ist zudem eine bedarfsab- hängige Leistung. Das bedeutet, die oder der Erkrankte muss nachwei- sen, dass sie oder er weder (hinrei- chendes) Einkommen noch Vermö- gen (im weiteren Sinne) hat. Auch die Umsetzung kann sich von Kanton zu Kanton, ja sogar von Gemeinde zu Gemeinde unterscheiden. Gut zu wissen Die Invalidenversicherung bietet Arbeitnehmern, die durch Krankheit oder Unfall in der Ausübung ihres Berufs eingeschränkt sind, Unterstüt- zung bei der Wiedereingliederung an. Wenden Sie sich an die IV-Stelle Ihres Kantons (www.ahv-iv.ch/de/Kontakte/IV-Stellen). 22 Arbeiten mit und nach Krebs
Merkblätter zum Heraustrennen Kommunizieren der Erkrankung Checkliste für Arbeitnehmer: Vereinbaren und Vorbereiten eines Gesprächs Vor dem Gespräch: • Sprechen Sie mit der Onkologin, dem Onkologen oder der behandelnden Ärztin, dem behandelnden Arzt über jene Aspekte Ihrer Erkrankung und Therapien, die Einfluss auf Ihre berufliche Tätigkeit haben (Dauer der Behandlung, Prognose, absehbare längere Abwesenheit, absehbare Einschränkungen). • Besprechen Sie Ihre Einschätzungen und Empfindungen zunächst mit einer nahestehenden Person. • Legen Sie fest, wie Sie im Unternehmen informieren wollen (Wer? Was? Wem? Wann? Wie?). • Rechnen Sie damit, dass die Nachricht Ihrer Erkrankung eine gewisse Verunsi- cherung bei Ihren Vorgesetzten und Kolleginnen oder Kollegen auslösen kann. Während des Gesprächs: • Sprechen Sie es offen an, wenn Sie sich unsicher fühlen. • Erkundigen Sie sich nach den Hilfestellungen, die das Unternehmen zur Verfü- gung stellt, sowie nach den rechtlichen Rahmenbedingungen (Sozialversicherun- gen, Dauer der Lohnfortzahlung). • Äussern Sie Ihre Bedürfnisse oder Wünsche, wie Vorgesetzte und Kollegen während Ihrer krankheitsbedingten Abwesenheit mit Ihnen in Kontakt bleiben sollen (Gesprächspartner, Häufigkeit und Art der Kontakte). Arbeiten mit und nach Krebs 23
Merkblätter zum Heraustrennen Rückkehr ins Arbeitsleben Checkliste für Arbeitnehmer: Bedürfnisse und Einschränkungen definieren Vor dem Gespräch: • Stellen Sie sich auch innerlich auf die Rückkehr ins Arbeitsleben ein. • Definieren Sie, was Sie im Betrieb kommunizieren möchten (Etwa welche Kolle- ginnen und Kollegen sollen informiert werden, welche nicht? Welche konkreten Informationen möchten Sie weitergeben?). • Klären Sie, in welcher Form Sie die Erkrankung und die Behandlungen weiterhin einschränken. • Informieren Sie Ihren Arbeitgeber über diese körperlichen oder psychischen Einschränkungen. • Versuchen Sie einzuschätzen, über wie viel Energie und Produktivität Sie zurzeit verfügen. Nehmen Sie sich Zeit für diese Einschätzung. • Erstellen Sie wenn möglich gemeinsam mit dem Arbeitgeber einen Reintegra- tionsplan. 24 Arbeiten mit und nach Krebs
Merkblätter zum Heraustrennen Kommunizieren der Erkrankung Checkliste für Arbeitgeber, Vorgesetzte, Personalabteilung: Organisieren und Führen des Mitarbeitergesprächs Vor dem Gespräch: • Nehmen Sie sich genügend Zeit für die Vorbereitung und die anschliessende Durchführung des Gesprächs. • Wählen Sie für das Gespräch einen ruhigen Ort. • Stellen Sie sicher, dass Sie während des Gesprächs nicht gestört werden. Während des Gesprächs: • Hören Sie der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter zunächst zu, bevor Sie Ihrerseits Unterstützung vorschlagen. • Versuchen Sie, empathisch und authentisch zu sein. • Akzeptieren Sie, dass im Gespräch Emotionen aufkommen und Momente des Schweigens eintreten können. • Fragen Sie nach, welche Bedürfnisse die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer hat (Kommunikation, Informationen über die Sozialversicherungen). • Zeigen Sie auf, welche Unterstützung das Unternehmen anbieten kann, aber benennen Sie auch klar Ihre Bedürfnisse in Bezug auf die Organisation der krank- heitsbedingten Abwesenheit. • Versprechen Sie nichts, was nicht eingehalten werden kann. • Vermeiden Sie Floskeln (etwa «Das wird schon gehen ...», «Es könnte schlimmer sein ...» oder «Das wird schon wieder ...»). • Versuchen Sie sich klar darüber zu werden, was der Mitarbeiter gerade fühlt und wie es Ihnen selbst dabei geht. • Vermeiden Sie es, die Situation mit ähnlichen Situationen zu vergleichen und kon- zentrieren Sie sich auf den erkrankten Mitarbeiter und seine Bedürfnisse. • Fragen Sie offen nach, wenn Ihnen etwas unklar ist. • Falls es notwendig ist: Vertagen Sie das Gespräch und setzen Sie einen neuen Termin fest. Im Team informieren: • Klären Sie mit dem erkrankten Mitarbeiter im Voraus, welche Informationen wie weitergegeben werden sollen (Wer? Was? Wem? Wann? Wie?). • Wenn der Mitarbeiter einverstanden ist, kommunizieren Sie im Team klar und offen über die Erkrankung des Kollegen und deren Folgen für die Arbeitsorganisation. • Nehmen Sie sich Zeit für die Sorgen, Ängste und Bedürfnisse der anderen Mitarbeiter. • Suchen Sie gemeinsam nach Lösungen (Umverteilung der Arbeit, Aushilfen, Kommunikation). • Zeigen Sie Ihre Wertschätzung, wenn die Kollegen den erkrankten Arbeitnehmer aktiv unterstützen möchten. • Achten Sie in der kommenden Zeit auf die Stimmung in der Belegschaft und im Team und sprechen Sie die Situation gegebenenfalls regelmässig an. Arbeiten mit und nach Krebs 25
Merkblätter zum Heraustrennen Rückkehr ins Arbeitsleben Checkliste für Arbeitgeber, Vorgesetzte, Personalabteilung: Informationen einholen, Massnahmen erarbeiten und Flexibilität ermöglichen • Informieren Sie sich über die Auswirkungen einer Krebserkrankung und die ver- fügbaren Unterstützungsangebote. • Nehmen Sie sich Zeit, um die Situation und deren Auswirkungen zu durchdenken. Achten Sie dabei auch auf Ihre eigenen Emotionen. • Seien Sie empathisch, hören Sie zu und haben Sie Geduld. • Informieren Sie das Team über die Rückkehr des Kollegen und bereiten Sie seinen Empfang vor. Organisieren Sie den regelmässigen Austausch in Gesprächen und Sitzungen. • Vereinbaren Sie bei Bedarf einen therapeutischen Arbeitsversuch. • Erstellen Sie mit dem Mitarbeiter einen Plan zur Wiedereingliederung, der eine schrittweise Anpassung der Tätigkeit vorsieht. • Erlauben Sie der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter, Pausen und Abwesen- heitszeiten nach Bedarf einzuteilen (beispielsweise für weitere Arzttermine). • Gestalten Sie die Arbeitsstelle auch im Hinblick auf die Belastung und die Arbeitszeiten flexibel. • Passen Sie die Stellenanforderung an, indem sie besonders schwierige Aufgaben umverteilen. • Unterteilen Sie grössere Aufgaben in kleinere Einheiten. • Passen Sie den Arbeitsplatz bei Bedarf ergonomisch an. • Organisieren Sie eine interne oder externe Betreuung (falls möglich). • Erarbeiten Sie mit dem Team passende Lösungen (Arbeitsteilung, Stellvertretung, Kommunikation). Bedenken Sie, dass auch die betreuenden Angehörigen eine schwierige Zeit durchstehen müssen und eigene Bedürfnisse haben. 26 Arbeiten mit und nach Krebs
Invalidenversicherung: Im anschliessenden Früherfassungs- Früherfassung und gespräch mit dem erkrankten Arbeit- nehmer wird seine medizinische und Frühintervention berufliche Situation analysiert und Nach 30 aufeinanderfolgenden Ta- geprüft, ob ein Antrag auf IV-Leis- gen Arbeitsunfähigkeit oder wie- tungen zweckmässig ist. Sollte die IV derholten Kurzabsenzen innerhalb zuständig sein, können die IV-Spezia- eines Jahres können die oder der listen nach der regulären Anmeldung erkrankte Arbeitnehmer selbst, Fa- im Rahmen der Frühintervention mit milienangehörige, der Arbeitgeber, dem Arbeitgeber Kontakt aufnehmen. der Erwerbsausfallversicherer oder die Ärztin oder der Arzt den Fall der Im gemeinsamen Gespräch mit Ar- Invalidenversicherung (IV-Stelle) zur beitnehmer und Arbeitgeber soll ge- Früherfassung melden. Sehr oft lei- prüft werden, welche Möglichkeiten tet die Erwerbsausfallversicherung bestehen, den Arbeitsplatz anzupas- diesen Schritt ein, was die Mehrzahl sen, die Arbeit im reduzierten Um- der an Krebs erkrankten Arbeitneh- fang wiederaufzunehmen oder dem merinnen und Arbeitnehmer eher Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit als negativ empfindet. Die Betroffe- im Unternehmen zuzuweisen. Ist eine nen müssen informiert werden, aber interne Lösung nicht möglich, prüft nicht einverstanden sein. die IV-Stelle die Möglichkeiten weite- rer Unterstützung. Die Früherfassung bedeutet nicht, dass IV-Leistungen sogleich zugespro- Das übergeordnete Ziel ist es, Betrof- chen werden. Die Meldung zielt darauf fenen die Rückkehr ins Arbeitsleben ab, die Spezialistinnen und Spezialis- und damit auch möglichst viel Auto- ten der Invalidenversicherung frühzei- nomie zu ermöglichen. Da die IV- tig über die gesundheitliche Situation Stelle nach dem Grundsatz «Einglie- der oder des Erkrankten, über kom derung vor Rente» handelt, erfolgt plexe Fälle und somit über ein allfäl- die Prüfung eines Rentenanspruchs liges Invaliditätsrisiko zu informieren. erst nach Abschluss der Eingliede- rungsmassnahmen. Der Arzt kann der Invalidenversiche- rung medizinisch sehr schwerwie- gende Situationen melden, in denen rasch deutlich wird, dass mit einer Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit nicht mehr zu rechnen ist. Arbeiten mit und nach Krebs 27
Rückkehr ins Arbeitsleben Vorbereitung der Rückkehr Die Wiedereingliederung am Arbeits- platz ist ein wichtiger Schritt auf dem Nach Abschluss der Behandlun- Weg der Genesung. Für den Arbeit- gen stehen Betroffene oft vor neuen geber signalisiert die Rückkehr der Herausforderungen. Die intensive Arbeitnehmerin oder des Arbeitneh- medizinische Betreuung, die Be- mers, dass dieser wieder seine volle handlungstermine und der Kontakt Verantwortung übernimmt, mit sei- mit dem Behandlungsteam sind zu nem Wissen und Können dem Unter- Ende. Das kann eine gewisse Leere, nehmen erhalten bleibt und bereit Beklemmungen oder zum Teil sogar ist, sich neu auf den komplexen be- eine Depression auslösen. ruflichen Alltag einzulassen. Damit die Rückkehr gelingt, sollten die Be- Je nach Situation sollten Betroffene teiligten möglichst wenig dem Zufall die Teilnahme an einem onkologi- überlassen. Je besser die Wiederein- schen Rehabilitationsprogramm er- gliederung vorbereitet wird, desto wägen, das sich vielfach günstig grösser sind die Chancen, dass sie auswirken kann. Im Rahmen des erfolgreich verläuft. Programms arbeiten die Teilnehme- rinnen und Teilnehmer an ihrer kör- Der Arbeitnehmer wird seinen Platz perlichen Fitness, sie verringern ihre innerhalb des Unternehmens wieder funktionellen Einschränkungen, ver- neu finden müssen, denn natürlich bessern die psychische Gesundheit, stand das Unternehmen in der Zwi- bauen Ängste ab, erhöhen ihre Ge- schenzeit nicht still, sondern hat sich sundheitskompetenz und Autonomie. weiterentwickelt. Wenn der Arbeit- All dies erleichtert den Betroffenen nehmer noch unter Spätfolgen seiner auch die Rückkehr ins Berufsleben. Erkrankung oder der Behandlungen leidet, müssen diese auch im beruf- lichen Umfeld berücksichtigt werden, soweit sie sich auf das Arbeitsleben negativ auswirken könnten. Arbeiten mit und nach Krebs 29
30 Arbeiten mit und nach Krebs
Therapeutischer nehmer, sich langsam wieder in sei- Arbeitsversuch nem beruflichen Umfeld einzuleben, und zwar Schritt für Schritt, ohne Nach mehrmonatiger Abwesenheit sofort die volle Arbeitslast tragen zu direkt wieder in früherem Umfang müssen. Der Arbeitgeber hat dabei arbeiten zu wollen, ist für betroffene seinerseits die Möglichkeit, eventu- Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- ellen Problemen frühzeitig begegnen mer oft unrealistisch. Daher kann die zu können, falls der Arbeitnehmer behandelnde Ärztin oder der behan- dem Arbeitstempo zunächst noch delnde Arzt einen «therapeutischen nicht gewachsen ist. Arbeitsversuch» ohne Anforderun- gen an die Arbeitsleistung verord- Im Weiteren ist es nützlich, wenn nen. In dieser Zeit zahlt die Kranken- Arbeitnehmer, Arbeitgeber und der taggeldversicherung weiter, sofern Arzt einen Reintegrationsplan erstel- der Arbeitgeber eine solche abge- len, der eine stufenweise Anpassung schlossen hat. der Tätigkeit ermöglicht. Idealerweise sollte der Plan alle zwei Wochen über- Natürlich sollte die Versicherung ihr prüft und gegebenenfalls angepasst Einverständnis zu dieser Massnahme werden. geben. Sie ermöglicht es dem Arbeit- Gut zu wissen Im konkreten Fall können Arbeitsmedizinerinnen und -mediziner und Gesundheitsfachleute zur Klärung am Arbeitsplatz beitragen. Erkundigen Sie sich bei der Personalabteilung Ihres Unternehmens oder Ihrer behan- delnden Ärztin, Ihrem behandelnden Arzt. Es ist zentral, dass alle beteiligten Personen und Instanzen (Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Taggeldversicherer, Invalidenversicherung, Case-Manage- ment, Ärzte) ihr Vorgehen kontinuierlich miteinander abstimmen, um auch kurzfristig mit Massnahmen reagieren zu können. So kann die stufen- weise Rückkehr ins Arbeitsleben möglichst reibungslos gelingen. Arbeiten mit und nach Krebs 31
Anpassung der Stelle und Um die Wiedereingliederung zu er- der Tätigkeit leichtern, kann die Invalidenversiche- rung externe Job-Coaches beauftra- Nach einer Krebserkrankung einer gen. Diese unterstützen Arbeitnehmer Arbeitnehmerin oder eines Arbeit- und Arbeitgeber und berichten der nehmers ist es oft erforderlich, dass IV-Stelle über den Verlauf. Bei Bedarf das Unternehmen die Stelle und die können ausgebildete Fachpersonen Tätigkeit anpasst. Dies kann die Er- für Gesundheits- und Arbeitsschutz gonomie (Arbeitsplatz), die Stellen- (Arbeitsmediziner) beigezogen wer- anforderung oder auch die Arbeits- den. bedingungen (Flexibilität hinsichtlich Arbeitszeit und -ort) betreffen. Nach Wiederaufnahme der Arbeit Unabhängig davon, ob die Wieder- Die Invalidenversicherung finanziert aufnahme der beruflichen Tätigkeit diese Anpassungen von Fall zu Fall. «therapeutisch begründet» ist oder Sie kann ebenfalls eine Wiederein- nicht, ist es wichtig, dass Arbeitgeber gliederungsmassnahme bewilligen, und Arbeitnehmer in den ersten Wo- bei der die Mitarbeiterin oder der chen regelmässig Bilanz ziehen. Dies Mitarbeiter eine andere Funktion im sollte mindestens einmal alle 14 Tage Unternehmen übernimmt. Ist dies geschehen. Dieser Austausch ermög- nicht möglich, kann die IV auch prü- licht es den Beteiligten, bei Bedarf fen, ob extern solche Möglichkeiten rasch Anpassungen vorzunehmen. existieren. Ausserdem kann sie flan- Später kann der Austausch dann in kierende Massnahmen zum stufen- grösseren Zeitabständen stattfinden weisen Wiedereinstieg ins Arbeits- (zum Beispiel einmal im Monat). leben finanzieren. 32 Arbeiten mit und nach Krebs
In der Praxis Arbeitnehmer: Bedürfnisse und Einschränkungen definieren • Stellen Sie sich auch innerlich auf die Rückkehr ins Arbeitsleben ein. • Definieren Sie, was Sie im Betrieb kommunizieren möchten (z.B.: Wel- che Kolleginnen und Kollegen sollen informiert werden, welche nicht? Welche konkreten Informationen möchten Sie weitergeben?). • Klären Sie, in welcher Form Sie die Erkrankung und die Behandlungen weiterhin einschränken. • Informieren Sie Ihren Arbeitgeber über diese körperlichen oder psychi- schen Einschränkungen. • Versuchen Sie einzuschätzen, über wie viel Energie und Produktivität Sie zurzeit verfügen. Nehmen Sie sich Zeit für diese Einschätzung. • Erstellen Sie wenn möglich gemeinsam mit dem Arbeitgeber einen Reintegrationsplan. Arbeiten mit und nach Krebs 33
Arbeitgeber, Vorgesetzte, Personalabteilung: Informationen einholen, Massnahmen erarbeiten und Flexibilität ermöglichen • Informieren Sie sich über die Auswirkungen einer Krebserkrankung und die verfügbaren Unterstützungsangebote. • Nehmen Sie sich Zeit, um die Situation und deren Auswirkungen zu durchdenken. Achten Sie dabei auch auf Ihre eigenen Emotionen. • Seien Sie empathisch, hören Sie zu und haben Sie Geduld. • Informieren Sie das Team über die Rückkehr des Kollegen und bereiten Sie seinen Empfang vor. Organisieren Sie den regelmässigen Aus- tausch in Gesprächen und Sitzungen. • Vereinbaren Sie bei Bedarf einen therapeutischen Arbeitsversuch. • Erstellen Sie mit dem Mitarbeiter einen Plan zur Wiedereingliederung, der eine schrittweise Anpassung der Tätigkeit vorsieht. • Erlauben Sie der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter, Pausen und Abwesenheitszeiten nach Bedarf einzuteilen (beispielsweise für wei- tere Arzttermine). • Gestalten Sie die Arbeitsstelle auch im Hinblick auf die Belastung und die Arbeitszeiten flexibel. • Passen Sie die Stellenanforderung an, indem sie besonders schwierige Aufgaben umverteilen, Unterteilen sie grössere Aufgaben in kleinere Einheiten. • Passen Sie den Arbeitsplatz bei Bedarf ergonomisch an. • Organisieren Sie eine interne oder externe Betreuung (falls möglich). • Erarbeiten Sie mit dem Team passende Lösungen (Arbeitsteilung, Stellvertretung, Kommunikation). Bedenken Sie, dass auch die betreu- enden Angehörigen eine schwierige Zeit durchstehen müssen und eigene Bedürfnisse haben. Merkblatt zum Heraustrennen in der Mitte der Broschüre 34 Arbeiten mit und nach Krebs
Beendigung des Arbeitsverhältnisses Bezug einer Invalidenrente Der Anspruch auf eine Invalidenrente entsteht frühestens nach einem Jahr Für manche Betroffenen ist eine Rück- Arbeitsunfähigkeit ohne Unterbruch kehr ins Arbeitsleben nicht mehr und sechs Monate nach Antragstel- möglich, insbesondere dann, wenn lung bei der IV-Stelle. Die Arbeitsun- die Spätfolgen der Krebserkrankung fähigkeit muss während eines Jahres zu schwerwiegend sind. In diesem durchschnittlich 40 Prozent betragen Fall kann der Arbeitnehmer eine Inva- haben und muss danach mindestens lidenrente beantragen. Als Invalidität auf diesem Niveau verbleiben. Zu- wird gemäss gesetzlicher Definition dem muss der Antragsteller mindes- eine voraussichtlich bleibende oder tens 18 Jahre alt sein. Der Anspruch längere Zeit dauernde ganze oder teil- auf eine Rente endet spätestens mit weise Erwerbsunfähigkeit verstanden. dem Rentenalter. Er erlischt ausser- dem, sobald die Bedingungen für die Bemessung des Invaliditätsgrades Gewährung nicht mehr erfüllt sind. Der Invaliditätsgrad wird bestimmt, indem das Einkommen, das die Per- Den Kindern des Versicherten wird son ohne Invalidität heute erreichen eine Kinderrente gewährt, wenn sie könnte, mit dem Einkommen vergli- noch nicht 18 Jahre alt sind oder chen wird, das sie mit ihrer Invalidität wenn sie noch unter 25 Jahre alt sind heute erreichen könnte. Die Differenz und sich in der Ausbildung befinden. beziffert den Verdienstausfall infolge Die Kinderrente beträgt 40 Prozent Invalidität. In Prozent ausgedrückt der elterlichen Invalidenrente. bildet diese Differenz den Invalidi- tätsgrad: Die betrieblichen Pensionskassen • Ab einem Invaliditätsgrad von (Bundesgesetz über die berufliche 70 Prozent bezieht der Versicherte Alters-, Hinterlassenen- und Invali- eine ganze Rente. denvorsorge) zahlen der invaliden • Ab einem Invaliditätsgrad von Arbeitnehmerin oder dem invali- 60 Prozent bezieht der Versicherte den Arbeitnehmer eine Zusatzrente. eine Dreiviertelrente. Diese beruht fast ausnahmslos auf • Ab einem Invaliditätsgrad von denselben Skalen wie die der In- 50 Prozent bezieht der Versicherte validenversicherung. Auch eine Zu- eine halbe Rente. satzrente für Kinder ist vorgesehen. • Ab einem Invaliditätsgrad von Sie entspricht 20 Prozent der Rente 40 Prozent bezieht der Versicherte des Versicherten. Reichen die ge- eine Viertelrente. währten Renten nicht aus, um das Existenzminimum zu erreichen, be- Arbeiten mit und nach Krebs 35
steht die Möglichkeit, Ergänzungs- ziehen und von der Unterstützung leistungen (EL) zu beantragen. Wich- bei der Arbeitssuche profitieren. tig ist, dies so schnell wie möglich Voraussetzung ist, dass sie oder er zu tun, da die EL nicht rückwirkend die Kriterien erfüllt, die zum Bezug gezahlt werden. Die letzte Möglich- von Leistungen der Arbeitslosenver- keit besteht darin, dass die oder der sicherung berechtigen. Ist dies nicht Betroffene Sozialhilfe beantragt. der Fall, bleibt nur die – bedarfsab- hängige – Sozialhilfe, um finanzielle Unterstützung zu erhalten. Kündigung durch den Arbeitgeber während der Falls die Mitarbeiterin oder der Mitar- beiter bei der Invalidenversicherung Krankheit gemeldet ist, kann die IV-Stelle bei Krankheit schliesst nicht aus, entlas- der Arbeitssuche unterstützen. Ge- sen werden zu können. Der Arbeit- gebenenfalls wird geprüft, ob eine geber muss jedoch eine Schutzfrist Rente gewährt werden kann. einhalten (siehe Abschnitt «Krank- schreibung», S. 18). Muss ein neuer Arbeitgeber über Trotz dieser schmerzlichen Erfahrung die Erkrankung informiert werden? muss die betroffene Arbeitnehmerin Wer sich nach überstandener Krebs- oder der betroffene Arbeitnehmer erkrankung bei einem neuen Arbeit- die nötigen Massnahmen ergreifen, geber bewirbt, steht vor der schwie- um sich gegen den Verdienstaus- rigen Frage, ob er seine Erkrankung fall bei Krankheit und Unfall abzu- in den Vorstellungsgesprächen aktiv sichern. Zögern Sie nicht, sich von ansprechen soll. Ihrer kantonalen oder regionalen Krebsliga deshalb beraten zu lassen. Grundsätzlich muss eine Arbeitneh- merin oder ein Arbeitnehmer seinen möglichen Arbeitgeber über alle Suche nach einer neuen gesundheitlichen Einschränkungen Anstellung informieren, die sich negativ auf die Fähigkeit zur Ausführung der betref- Wer eine Kündigung erhält, sollte fenden Tätigkeit auswirken könnten. sich unverzüglich beim Regionalen Allerdings ist es nicht notwendig, Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) darauf hinzuweisen, dass diese Pro- melden und sofort mit der Arbeits- bleme Folge einer Krebserkrankung suche beginnen. So kann die oder sind. der Betroffene Arbeitslosengeld be 36 Arbeiten mit und nach Krebs
Sie können auch lesen