Arbeitsmaterial im Verein - Fitness & Gesundheit
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Fitness & Gesundheit im Verein Arbeitsmaterial Verein als Gesundheitspartner gesundes Setting, Netzwerke und Kooperationen
Innovationen im Gesundheitssport 1. Inhaltsverzeichnis Inhalt 1. Inhaltsverzeichnis................................................................... 4 2. Vorwort .................................................................................... 5 3. Einleitung............................................................................... 10 4. Verein als Gesundheitspartner.............................................11 3 5. Kooperationen und Netzwerke............................................. 12 5.1 Kooperation....................................................................................12 5.2 Netzwerke.......................................................................................12 5.3 Kooperation und Netzwerk – das Fazit...........................................15 5.4 Der Weg zu einer erfolgreichen Kooperation bzw. der Prozess zur Gründung eines Netzwerkes.....................................15 6. Setting.................................................................................... 17 6.1 Was ist Setting?..............................................................................17 6.2 Setting im Verein............................................................................18 6.3 Gesundheitsförderung in einem Setting.........................................18 6.4 Der Verein als gesundheitsför-derndes Setting..............................19 7. Best-Practice Beispiele Kooperationen für ....................... 21 7.1 Erwachsene....................................................................................21 7.2 Kinder.............................................................................................23 7.3 Jugendliche....................................................................................24 7.4 Ältere und Senioren........................................................................26 7.5 Menschen mit Migrationshintergrund ...........................................26 7.6 Menschen mit Behinderung ...........................................................27 7.7 Menschen mit psychischer Erkrankung..........................................28 7.8 Familien..........................................................................................28 7.9 Menschen aus sozial schwachen Familien....................................29 7.10 Arbeitssuchende.............................................................................30 7.11 Angestellte......................................................................................30 8. Best-Practice Beispiele Netzwerke für................................ 32 8.1 Erwachsene....................................................................................32 8.2 Kinder.............................................................................................32 8.3 Jugendliche....................................................................................34 8.4 Ältere und Senioren........................................................................35 8.5 Menschen mit Migrationshintergrund ...........................................36 8.6 Menschen mit Behinderung ...........................................................36 8.7 Menschen mit psychischer Erkrankung .........................................37 8.8 Familien..........................................................................................38 8.9 Menschen aus sozial schwachen Familien....................................38 8.10 Arbeitssuchende.............................................................................39 8.11 Angestellte......................................................................................40 9. Best-Practice Beispiele „gesundes Setting Verein“.......... 42 10. Blick in die Zukunft............................................................... 52 Literatur............................................................................................ 53
2. Vorwort Gesundheitssport im Deutschen Turner-Bund Fitness & Gesundheit sind zentrale Ziele der Turnbewegung! Prävention, Rehabilitation und Gesundheitsförderung So führte Friedrich Ludwig Jahn zu Beginn des 19. Jahrhun- Auf der Grundlage von Festlegungen der WHO gilt: derts zur Begründung der von ihm verfassten Turnkunst an, ■ Prävention zielt auf die Vorbeugung und Verhinde- dass jeder Mensch seine Anlagen systematisch ausbilden rung von gesundheitlichen Risikofaktoren, Schädi- müsse. Falls dies nicht geschehe, würden die Anlagen ver- gungen und Krankheiten. kümmern, mit vielen negativen Folgen für Leistungsfähigkeit ■ Rehabilitation bedeutet wörtlich „wieder fähig und Gesundheit. Das Turnen stellte für Jahn dementspre- machen“, ist in einem engen Zusammenhang mit chend eine „Brauchkunst des Leibes und des Lebens dar“ – 4 über die jeder Mensch verfügen sollte, um umfassend fit und Behinderung und Schädigung zu sehen und umfasst Maßnahmen zur Wiederherstellung ebenso wie zur damit auch gesund zu bleiben. Diese Sichtweise des Turnens Ermöglichung eines selbstbestimmten Lebens. stand in der Tradition der Gymnastik, deren Wurzeln sich bis ■ Gesundheitsförderung soll schließlich Menschen in die Antike zurückverfolgen lassen. Von Medizinern und gezielt befähigen, selbst Kontrolle über ihre Gesund- Biologen wie u.a. Wilhelm Roux wurden solche praxisbezoge- heit auszuüben und dadurch ihr physisches, psy- nen Vermutungen zur positiven Wirkung von Gymnastik und chisches und soziales Wohlbefinden zu verbessern. Turnen auf die Entwicklung und Gesundheit des Menschen Ressourcenstärkung sowie die Entwicklung eines durch die Erforschung der „funktionellen Anpassung“ des gesunden Verhaltens sowie gesundheitsstärkender Organismus bereits im zu Ende gehenden 19. Jahrhundert Verhältnisse stehen hier im Vordergrund. bestätigt. In dieser Tradition steht der Deutsche Turner-Bund auch heute zu seiner gesellschaftlichen Verantwortung zur Die Angebotsbereiche Fitness-, Gesundheits- & Reha- systematischen und effektiven Stärkung von Fitness und Ge- Sport sundheit in der Bevölkerung. Der Deutsche Turner-Bund hat mit der Verabschiedung des Fitness-Sport zielt insbesondere und systematisch auf die GYMWELT Konzepts für den Angebotsbereich Fitness- und Stärkung von Fitnessfaktoren (Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit, Gesundheitssport einen zeitgemäßen konzeptuellen Rahmen Koordination, Entspannungsfähigkeit) – und damit auf einen abgesteckt. Im GYMWELT Konzept wird dabei das Verständ- zentralen Aspekt von Prävention. Eine solche Stärkung kann nis des Bereichs Fitness- & Gesundheitssport geklärt und im Hinblick auf einzelne Fitnessfaktoren erfolgen wie z. B. bei es werden Perspektiven aufgezeigt für die Entwicklung des einem Walking-Treff (hier insbesondere Ausdauer) oder auch Bereichs im Hinblick auf Angebote, Ausbildung, Strukturen so- „im Verbund“ von Fitnessfaktoren wie z. B. bei einer Fitness- wie Vermarktung. Neben der Konkretisierung und der schritt- gymnastik. Die zentrale präventive Qualität wird im Fitness- weise Umsetzung dieser Perspektiven ergab die Diskussion Sport insbesondere durch die Qualifikation der Übungsleiter einerseits mit den Landesturnverbänden (u.a. im Rahmen der und Leiterinnen gesichert. Diese sollten dementsprechend jährlichen GYMWELT Tagungen sowie der Bildungsdialoge), in der Lage sein, Übungen zur Stärkung der Fitnessfaktoren andererseits mit dem DOSB, mit Landessportbünden sowie strukturiert und zielgruppengerecht durchzuführen. mit anderen Sportverbänden (u.a. DBS) die Notwendigkeit der Die Förderung einiger psychosozialer Ressourcen (insbeson- Ausdifferenzierung und Ergänzung. dere emotionales Erleben, soziale Einbindung) ist wichtig, Im Fokus der Angebote des Deutschen Turner-Bundes stehen erfolgt durch die Übungsleiter und -leiterinnen aber meist eher dabei traditionell die Bereiche Fitness-Sport und Gesundheits- intuitiv als systematisch – wobei letzteres wünschenswert sport. Jedoch wird auch Reha-Sport in einigen Landesturn- wäre. verbänden qualitativ hochwertig angeboten – dies zumeist Fitness-Sport fokussiert vor allem auf Jugendliche sowie allerdings eingeschränkt auf spezielle „Schädigungsklassen“. auf Erwachsene bis in das hohe Seniorenalter, die bereits eine gewisse „Grundlagen-Fitness“ aufweisen und die diese Fitness erhalten oder verbessern wollen. Die Motive zur Teilnahme am Fitness-Sport reichen von „Fitness erhalten/ verbessern“ und „Körper in Form halten“ über „sich dabei und danach wohlfühlen“ bis zu „soziale Einbindung erfahren“. Vor diesem Hintergrund sind spezifischere Zielgruppenfestle- gungen sinnvoll (z. B. entsprechend Fitness-Status, motiva- tionalen Voraussetzungen, soziodemographischen Merkma- len). Zum Angebotsspektrum zählen traditionelle Angebote der „funktionellen Gymnastik“ ebenso wie Fitnesstrends und das gerätegestützte Training. Die Angebote im Fitness-Sport set- zen auf motivierende und abwechslungsreiche Inhalte (u.a.
Innovationen im Gesundheitssport Vorwort Bewegungsformen aus anderen Kulturen) sowie Rahmenbe- Stärkung und Wiederherstellung grundlegender physischer dingungen (u.a. Musik, Materialien, Geräte, Natur). und psychosozialer Ressourcen zur Ermöglichung eines selbstbestimmten Lebens bei Behinderung und Schädigung Gesundheitssport besteht aus Angeboten bzw. Programmen ebenso wie auf die Reduktion von damit zusammenhängen- die den „Kernzielen“ sowie den Qualitätsanforderungen einer den gesundheitlichen Problemen. Reha-Sport beinhaltet damit Gesundheitsförderung im Sinne der WHO genügen: ■■ einerseits die Ziele des Fitness-Sports, z.T. weiter- ■■ Stärkung physischer Ressourcen (Fitnessfaktoren) gehend des Gesundheitssports (je nach Zielgruppe); und damit auch ■■ andererseits deren Ausrichtung an speziellen „Klas- ■■ Vermeidung und Minderung von physischen Belas- sen“ von Behinderungen und Schädigungen (z. B. tungssymptomen, insbesondere Risikofaktoren. Diabetes, Osteoporose). ■■ Stärkung psychosozialer Ressourcen (Wissen, Stim- mung, Selbstwirksamkeit, Körperkonzept, Integration Eine Zielgruppenabgrenzung bezieht sich dementsprechend und Unterstützung) und damit auch in erster Linie auf solche „Klassen“ von Behinderungen und ■■ Bewältigung von psycho-sozialen Belastungssymp- Schädigungen, weitergehend können aber auch die spe- 5 tomen (bzw. Beschwerden) sowie zifischeren Kriterien zur Zielgruppenfestlegungen des Ge- ■■ Aufbau eines stabilen Aktivitätsverhaltens (Bindung). sundheitssports herangezogen werden (z. B. motivationale ■■ Entwicklung der Bewegungsverhältnisse (dazu Voraussetzungen, soziodemographische Merkmale, Fitness- gehört u.a. systematische Programmentwicklung Status). Die Motive der Teilnehmer sind heterogen. Neben & Evaluation, Übungsleiterausbildung, Aufbau den für die Teilnehmer am Fitness- und Gesundheitssport von Vernetzungen und Qualitätszirkel, Schaffung genannten Motiven ist hier jedoch zentral die „Verbesserung günstiger infrastruktureller Voraussetzungen). des gesundheitlichen Zustands“ sowie „die Bewältigung alltäg- licher Anforderungen“. Gesundheitssport wirkt damit primär präventiv (Ressourcen- stärkung, Risikomeidung), ist weitergehend aber auch gezielt Teilweise liegen qualifizierte Angebote bzw. Programme für verhaltens- und verhältniswirksam (Gesundheitsförderung). Gruppen vor: Darunter fallen Herzgruppen; Schlaganfallgrup- Überschneidungen zwischen Gesundheitssport und Reha- pen; Diabetesgruppen; Krebsnachsorgegruppen; Rücken- Sport sind punktuell durch die Einbeziehung spezifischer Ziel- gruppen (Wirbelsäulenerkrankungen, Bandscheiben-prolaps gruppen (s.u.), zwischen Gesundheitssport und Fitness-Sport etc.); Sport bei Osteoporose; Sport bei Atemwegserkrankun- durch Berücksichtigung von Zielsetzungen über eine Fitness gen (u.a. Asthma); Rheumagruppen; Suchtgruppen; Demenz- Stärkung hinaus (s.o.) gegeben. Viele Einstiegsangebote aus gruppen (u.a. Parkinson & Alzheimer). dem Gesundheitssport können auch als „niedrigschwellige“ Dauerangebote des Fitness-Sports weitergeführt werden. Auch die Qualität solcher Gruppenangebote im Reha-Sport sollte zukünftig gesichert werden: durch strukturierte und Gesundheitssport fokussiert insbesondere auf Erwachsene dokumentierte Programme (Manuale) die erprobt und hin- bis in das hohe Seniorenalter mit dem Risikofaktor Bewe- sichtlich ihrer Effekte evaluiert sind; durch die Qualifikation der gungsmangel (Einsteiger und Wiedereinsteiger), d.h. auf Per- Sport-, bzw. Bewegungstherapeuten sowie der Übungsleiter; sonen mit nur geringer Fitness; auf Erwachsene mit spezifi- durch unterstützende interne und externe Vernetzungen sowie schen gesundheitlichen Problemen (z. B. Rückenschmerzen, durch gute Rahmenbedingungen. Adipositas); sowie auf gesundheitlich besonders gefährdete Kinder und Jugendliche (z. B. mit starkem Übergewicht). Moti- PLUSPUNKT GESUNDHEIT.DTB ve zur Teilnahme sind in den Zielgruppen der Erwachsenen zu Das Qualitätssiegel PLUSPUNKT GESUNDHEIT.DTB ist Beginn insbesondere „gesundheitliche Probleme bewältigen“ kompatibel mit dem Qualitätssiegel SPORT PRO GESUND- und „Fitness verbessern“ – Dabeibleiber in den Angeboten HEIT der Dachorganisation DOSB. Ein solches Siegel ergänzen diese Gesundheitsmotive jedoch bald insbesondere wird verliehen auf der Grundlage der Erfüllung folgender um „sich dabei und danach wohlfühlen“ und „soziale Einbin- 6 Qualitätskriterien(Vgl. DOSB (o.J.); DOSB (2006); DTB dung erfahren“. Vor diesem Hintergrund sind spezifischere (2008)): Zielgruppenfestlegungen sinnvoll und notwendig (z. B. ent- 1. Zielgruppengerechtes Angebot (insbesondere sollen die sprechend motivationaler Voraussetzungen, soziodemogra- Kernziele des Gesundheitssports durchgängig durch Inhal- phischer Merkmale, Fitness- und/oder Risikostatus, spezielle te und Methoden in den Kursen umgesetzt werden). Beschwerden). 2. Qualifizierte Leitung (Übungsleiterausbildung „Sport in der Prävention“). Die Qualität im Gesundheitssport wird gesichert durch struk- 3. Einheitliche Organisationsstruktur (u.a. Gruppengröße, turierte und dokumentierte Programme (Manuale), die erprobt Rhythmus und Dauer der Angebote). und hinsichtlich ihrer Effekte evaluiert sind, weitergehend 4. Präventiver Gesundheits-Check (Gesundheitsvorsorgeun- durch die Qualifikation der Übungsleiter, durch unterstützende tersuchung). interne und externe Vernetzungen (intern z. B. durch Quali- 5. Begleitendes Qualitätsmanagement (u.a. Beteiligung an tätszirkel, extern z. B. mit Krankenkassen, mit Kooperations- Qualitätszirkel). Ärzten) sowie durch gute Rahmenbedingungen (z. B. Grup- 6. Der Verein als Gesundheitspartner (u.a. Kooperation und pengröße). Vernetzung). Es wird deutlich, dass falls diese sechs Qualitätskriterien ernst Rehabilitationssport (Reha-Sport) zielt – im Verbund mit genommen werden sie (derzeit) vor allem auf Angebote des den Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation - auf eine
Gesundheitssports zutreffen - da nur dieser bislang konsistent ■ Unterstützung beim Aufbau und bei der Stärkung an den „Kernzielen“ ausgerichtet ist. In Anbetracht der Ziel- individueller gesundheitsbezogener Ressourcen zur gruppen müssten die Kriterien im Reha-Sport eigentlich eben- Vermeidung von Erkrankungen (einschließlich ge- falls durchgängig gelten. Vereinzelt sind die sechs Kriterien si- sunder Verhaltensweisen); cher auch im Fitness-Sport zu erfüllen. ■ Unterstützung beim Aufbau und der Stärkung ge- sundheitlicher Strukturen in Lebenswelten (Settings). Präventionsgeprüfte Gesundheitssportprogramme Für Turn- und Sportvereine, die die Möglichkeiten der Ge- Der Deutsche Turner-Bund hält für seine Übungsleiter eine sundheitsförderung durch sportliche Aktivität systematisch Reihe von Programmen bereit, die mit dem Qualitätssiegel nutzen wollen und neuen, für sie bisher nur schwer erreich- PRÄVENTIONSGEPRÜFTE GESUNDHEITSSPORT-PRO- baren Zielgruppen (z. B. Personen mit dem Risikofaktor GRAMME ausgezeichnet sind. Voraussetzungen für eine Bewegungsmangel) neue Wege eröffnen wollen, bietet sich solche Auszeichnung sind insbesondere: der Aufbau eines eigenständigen Bereichs mit Gesundheits- 6 ■ Das Vorliegen eines (möglichst veröffentlichten) sportangeboten an. Dabei sollte darauf geachtet werden, Kursmanuals, in dem zumindest 12 Kurseinheiten das geeignete Qualitätsstandards in der Versorgungspraxis exemplarisch beschrieben und Kursmaterialien ent- angewandt werden. Hierzu empfiehlt sich die Kooperation mit halten sind. Partnern aus dem Gesundheitswesens (z. B. Ärzten, Kran- ■ Das Vorliegen von zwei Gutachten, die bestätigen, kenkassen, öffentlicher Gesundheitsdienst). dass die Kernziele des Gesundheitssports inhaltlich und methodisch adäquat umgesetzt sind und dass Die Weiterentwicklung der gesundheitlichen Prävention und durchgehend Bezüge zur eindeutig definierten Ziel- Gesundheitsförderung im Deutschen Turner-Bund muss durch gruppe hergestellt werden können. Modellvorhaben intensiviert werden – inklusive einer hoch- ■ Das Vorliegen (wenigstens) einer Evaluation, die wertigen Programmevaluation. Hierzu sind Kooperationen wissenschaftlichen Mindeststandards genügt und notwendig, mit den sozialen Präventionsträgern und ihren ebenfalls im Rahmen der genannten Gutachten ge- Verbänden, einerseits sowie mit der Sport- und Gesundheits- prüft wurde. wissenschaft andererseits. Das Siegel PRÄVENTIONSGEPRÜFTE GESUNDHEITS- Insgesamt kann der Turn- & Sportverein allerdings noch mehr SPORTPROGRAMME ist Kern einer Kooperationsvereinba- sein als der Anbieter von gesundheitsförderlichen Aktivitäten rungen zwischen dem Deutschen Turner-Bund, dem Verband für unterschiedliche Zielgruppen. Er befindet sich als originä- der Ersatzkassen (vdek) sowie weiterer Krankenkassen. rer Knotenpunkt in einem kommunalen Netzwerk mit unter- Kostenrückerstattung durch diese Kassen für die Teilnehmer schiedlichen Institutionen und Settings, die sich gegenseitig ist dementsprechend in allen Kursen möglich in denen ein auch in der Entwicklung von gesunden Lebensstilen beeinflus- PRÄVENTIONSGEPRÜFTE GESUNDHEITSSPORTPRO- sen. Dabei kann der Verein auf einige Rahmenbedingungen GRAMME vorliegt und zusätzlich die qualifizierte Leitung, von Gesundheit Einfluss nehmen: bzw. der PLUSPUNKT GESUNDHEIT.DTB nachgewiesen ■ Speiseangebote im Clubhaus oder am Getränkeau- werden kann (Vgl. DTB 2013). tomaten verhindern oder ermöglichen die Auswahl gesundheitsfördernder Nahrungsmittel. Gesundheitsfördernde Lebenswelten in Turn- und Sport- ■ Mit der Architektur wird – u.a. durch Beschallung und vereinen Beleuchtung, Raumgröße und Farbgebung – auch Der Deutsche Turner-Bund (DTB), als Fachverband für Ge- das Wohlbefinden beeinflusst. sundheitssport, hat sich als Schrittmacher in Fragen der Qua- ■ Ökologische Aspekte wie die Begrünung einer litätssicherung etabliert und ist bzw. bleibt somit Anlage, schadstofffreie Baumaterialien, funktionie- rende Frischluftzufuhr können positive Auswirkungen der erste Ansprechpartner für hochwertige, qualitätsgesicherte auf die „Ökologie des Körpers“ haben. Gesundheitssportangebote im Verein. Der DTB hat sich zum ■ Sanitäre Einrichtungen wie komfortable Duschen, Ziel gesetzt, den Übungsleitern und Vereinen vor allem solche Entmüdungsbecken, Sauna und Ruheräume können Kursprogramme anzubieten, die konsequent an den Kernzie- den Gesundheitsgewinn intensivieren. len von Gesundheitssport orientiert und auf ihre Wirksamkeit hin überprüft sind. Neben diesen Rahmenbedingungen, die in einem „Gesund- heits-Audit“ zusammengefasst und durch eine(n) Vorstand- Die Initiativen zur Stärkung der Prävention heben einerseits beauftragte(n) weiterentwickelt werden können, verfügt der auf Maßnahmen zur „Vorbeugung von Risikofaktoren und Verein über zahlreiche Kontakte mit gesundheitsfördernder Krankheiten, Früherkennung sowie Verhütung der Verschlim- Relevanz. So kann z. B. durch die Zusammenarbeit mit merung von Erkrankungen“ ab, stellen dabei aber anderer- Kinderärzten und Kindergärten frühzeitig ein Angebot für seits die Bedeutsamkeit einer Gesundheitsförderung heraus, Kinder mit motorischen Dysbalancen gemacht werden, über verstanden als Aufbau von individuellen Kompetenzen, gesun- Krankenkassen eher vereinsferne Zielgruppen angesprochen den Verhaltensweisen sowie gesundheitsförderlichen Struk- werden, durch die Kooperation mit Schulen oder karitativen turen. Ganz im Sinne eines modernen „New Public Health Einrichtungen die Fortsetzung von gesundheitsförderlichen Ansatzes“ wird dabei betont, Sportangeboten in den jeweiligen Einrichtungen sichergestellt werden.
Einleiung Zusammenfassend können wir feststellen, dass das flächen- deckende Angebot an Turn- und Sportvereinen in Deutschland ideale Voraussetzungen bietet für die weitere Entwicklung des Gesundheitssportes im Kontext moderner Konzepte der Le- benswelten orientierten Gesundheitsförderung. Dabei sollten die Ansätze zur Qualitätssicherung der Angebote des Gesund- heitssportes weiter entwickelt und strukturell verankert werden (Vgl. Bös, K., Breuer, C., Brehm, W., Hartmann, H., Pauly, P., Rühl, J., Schulke, H., Tiemann, M. & Troschke, J.v. 2005). 7
3. Einleitung In vielen Vereinen, die unter Turnen ihre Mitglieder melden, Besser noch ist die Vernetzung und Kooperation mit Ärzten, gehört eine breite Palette an Gesundheitssportangeboten Schulen, Kinderhorts, Senioreneinrichtungen, Ausländerverei- inzwischen zum Standard. Der Gesundheitssport ist nicht das nen etc., die gegebenenfalls im direkten Gespräch die Teilnah- originäre Ziel des organisierten Sports, dennoch steigt die me empfehlen. Dies wiederum bedeutet, dass sich Vereine Nachfrage nach Fitness und gesundheitsorientierten Ange- und Übungsleiter, die solche Gesundheitssportprogramme für boten seit den 80er Jahren kontinuierlich an. Der DTB und spezielle Zielgruppen anbieten wollen, bereits weit im Vorfeld seine Landesturnverbände (LTV) haben seitdem die Vereine der Veranstaltung mit entsprechenden Institutionen vernetzen in ihrem Vorhaben motiviert und unterstützt, ihren Mitgliedern und kooperieren müssen. 8 entsprechende Angebote zu unterbreiten. Dazu wurden Orga- nisationsstrukturen aufgebaut, die DTB-Ausbildungsordnung Mit dieser Aufgabenstellung tun sich die Vereine jedoch um entsprechende Aus-, Fort- und Weiterbildungen ergänzt, schwer. Bisher gibt es auch weder eine systematische Aufar- ein Wissenschaftlicher Beirat eingerichtet, verbandspolitische beitung darüber, was unter einem „Gesundheitspartner“ und Kampagnen initiiert und das Qualitätssiegel Pluspunkt Ge- einem „gesunden Setting Verein“ zu verstehen ist, noch gibt sundheit.DTB eingeführt. es systematisch aufgearbeitete Vereinsbeispiele dazu. Es be- nötigt jedoch viele gute Beispiele aus Vereinen, die als Vorbild Allein das Durchführen von gesundheitsorientierten Ange- und/oder Ideengeber fungieren: Vereine, die Gesundheitsför- boten im Verein reicht jedoch nicht aus, um nachhaltig und derung in den unterschiedlichsten Bereichen betreiben – auch ganzheitlich Verhaltensänderungen zu unterstützen, damit über reine Sportangebote hinaus – und dabei auf verschiede- neue Mitglieder zu gewinnen und die Gesundheit der Mitglie- ne Zielgruppen in allen erdenklichen Altersstufen eingehen – der zu fördern. Hierzu ist es wichtig, die Verbesserung der auch mit Hilfe von Kooperationen und Vernetzungen z. B. mit Bewegungsverhältnisse in den Blick zu nehmen; wie z. B. das Schulen, Seniorenwohnheimen, Ärzten oder anderen Einrich- Schaffen von kommunalen Netzwerken, das Anbieten von tungen. Vorträgen und Informationsveranstaltungen zu ausgesuchten Themenstellungen rund um die Gesundheit, die Verbesserung Die Notwendigkeit, sich als Gesundheitspartner zu präsentie- des Angebots vereinseigener Gaststätten u.v.m.. Auch Koope- ren und sich hin zu einem gesunden Setting zu entwickeln, ist rationen mit Betrieben, Schulen und Kindergärten gehören für alle Vereine interessant, die sich mit dem Thema Gesund- dazu. heit und Gesundheitssport auseinander setzen. Es zeigt sich auch immer, wenn mit Gesundheitssportpro- Diese Broschüre „Verein als Gesundheitspartner“ bietet Hin- grammen spezielle Zielgruppen, wie übergewichtige Erwach- tergrundinformationen, Argumentationshilfen zur Notwendig- sene, übergewichtige Kinder, Migranten, sozial Schwächere, keit und zur Bedeutung dieses Bereichs sowie vielen Praxis- sturzgefährdete Senioren oder ähnliche angesprochen wer- beispielen. den, dass sich die Teilnehmergewinnung für Übungsleiter und/ oder Vereine schwierig darstellt. Die Zielsetzung „Verein als Gesundheitspartner“ wird erläutert und es werden systematisch die Bereiche, die einen regiona- Denn im Gegensatz zu den bekannteren Gesundheitssport- len Gesundheitspartner bzw. die ein gesundes Setting aus- programmen für Erwachsene wie z. B. Rückenschule, Wal- machen, aufbereitet und mit Umsetzungsbeispielen aus den king usw., die eine breitere Masse ansprechen, können spe- Vereinen unterlegt. zielle Zielgruppen wie übergewichtige Kinder oder Migranten nicht oder nur schwer direkt angesprochen werden. Ein wei- Die gesammelten Praxisbeispiele vermittelten einen umfas- teres Problem kann z. B. auch sein, dass die Zielgruppe eine senden Überblick bezüglich der Aktivitäten von Vereinen in Teilnahme an entsprechenden Angeboten scheut, da sie damit den Bereichen Kooperationen, Netzwerke sowie Entwicklung eingesteht, betroffen zu sein – so sehen sich „Übergewichtige“ zu einem gesunden Setting. nicht als solche oder Senioren mit Funktionseinschränkungen Darüber hinaus finden die Ergebnisse des Projektes Eingang fühlen sich noch nicht angesprochen, da sie noch nicht zum in Aus- und Fortbildungen, werden durch verbandspolitische „Alten Eisen“ gehören wollen. Sie müssen häufig von Dritten Kampagnen zum Gesundheitssport bzw. Qualitätssiegel Plus- überzeugt und gewonnen werden. punkt Gesundheit.DTB transportiert und werden zum Ausbau Eine Ausschreibung in einer Vereinszeitschrift, ein Plakat, des umfassenden Dienstleistungsangebots zur Vereinsent- eine kleine Ankündigung in der Tageszeitung oder ähnliches wicklung unter der Marke „Gymwelt“ herangezogen. reichen alleine nicht mehr aus. Vielmehr muss eine intensive Öffentlichkeitsarbeit für solche speziellen Programme betrie- ben werden, um z. B. über größere redaktionelle Beiträge in der regionalen Presse, Informationsveranstaltungen, Gesund- heitstage und vieles mehr für das Thema und entsprechende Programme zu sensibilisieren, darüber zu informieren und somit Teilnehmer zu gewinnen.
Innovationen im Gesundheitssport 4. Verein als Gesundheitspartner Die Sportlandschaft der deutschen Turn- und Sportvereine der Ausbildung und Bezahlung der Übungsleiter, möglich. hat sich in den letzten Jahrzenten bedeutend geändert. Neue Sportangebote und Trends wie Aerobic oder Fitnesstraining Dass diese Entwicklung für den Verein sehr wichtig werden haben Einzug in die Angebotsvielfalt der Vereine gehalten. kann, belegen folgende Fakten: Der Breiten- und Gesundheitssport wird immer populärer und 1. Die Bevölkerung in Deutschland nimmt ab, und damit setzt neue Akzente gegenüber dem Leistungs- und Wett- auch die Zahl der Mitglieder in den Vereinen bzw. die Zahl kampfsport. potenzieller Teilnehmer an Gesundheitssportangeboten des Vereins. Gleichzeitig sind bislang nur ca. 20 Prozent Bisher haben sich die Vereine, die im Bereich der Gesund- der erwachsenden Bevölkerung regelmäßig sportlich aktiv. 9 heitsförderung aktiv waren, vorwiegend mit dem individuellen D.h., Vereine müssen stärker diejenigen erreichen, die Ansatz der Gesundheitsförderung beschäftigt. D.h., sie haben noch keinen Zugang zum Sport haben und dabei mehr auf Gesundheitssportangebote entwickelt und im Verein integriert, Qualität, als auf Quantität setzen. Dabei spielt die öffentli- z. B. Rückenschulen, Walking-Kurse usw. Bei Kursangeboten che Wahrnehmung der Kompetenz der Vereine eine große aus dem Bereich Gesundheitssport wurde eine Kooperation Rolle. Neben dem erwarteten Mitgliederrückgang wird sich mit Krankenkassen angestrebt. Krankenkassen übernehmen die Zusammensetzung der Vereinsmitglieder ändern. Die dabei einen Teil der Kursgebühren, die zusätzlich zu den Anzahl der Kinder und Jugendlichen wird zurückgehen, Vereinsmitgliedsbeiträgen anfallen. während die Anzahl der Älteren zunehmen wird. 2. Öffentliche Mittel bzw. Mittel der Krankenkassen werden in Bereits jetzt bieten viele Turn- und Sportvereine Angebote aus Zukunft mehr in strukturelle statt in individuelle Förderun- dem Bereich Fitness und Gesundheit an. Gerade mit den An- gen fließen. geboten aus dem Bereich Gesundheitssport stehen sie nicht 3. Die Zahl der konkurrierenden Anbieter steigt und diese nur untereinander mit den örtlichen Turn- und Sportvereinen in müssen sich auf einem schrumpfenden Markt durchset- Konkurrenz, sondern auch in direkter Konkurrenz zu kommer- zen. Neben den Inhalten der Gesundheitssportangebote, ziellen Anbietern wie Krankenhäusern mit Gesundheitszent- auf denen bisher der Fokus lag, spielt bei der Entschei- ren, Physiotherapieeinrichtungen, Rehabilitationskliniken oder dung des Endverbrauchers für einen Anbieter das Allein- Fitnessstudios. Das stellt eine besondere Herausforderung für stellungsmerkmal der gesundheitsförderlichen Struktur Sportvereine dar. Doch Turn- und Sportvereine können sich eine immer größere Rolle. als kompetenter Partner etablieren, wenn sie Vernetzungen oder Kooperationen mit Betrieben, Schulen, Senioreneinrich- tungen o. Ä. anstreben. Dabei muss der Verein auch nach außen darstellen, dass er durch qualifizierte Übungsleiter im Vergleich zu kommerziellen Anbietern ein besseres Preis- Leistungs-Angebot aufweisen kann. Im Gegensatz zu vielen kommerziellen Anbietern, bietet ein Turn- und Sportverein zudem ein umfassendes Netzwerk bzw. soziales Gefüge, das Menschen bei der Bewältigung von Krankheiten oder Behin- derung hilft und so physische wie psychosoziale Ressourcen stärkt (vlg. Bals et al., 2008). Schon seit Jahren zeichnet sich ab, dass es bei der Weiter- entwicklung von Gesundheitsförderung und Gesundheitssport nicht mehr nur darum geht, Gesundheitssportangebote zu entwickeln und anzubieten. Vielmehr wird es in den nächsten Jahren Aufgabe der Vereine und Verbände sein, Gesundheits- förderung als Vereinsziel zu etablieren und entsprechende Strukturen zu schaffen bzw. sie zu ändern. Nur wenn Vereine die immense Bedeutung der Gesund- heitsförderung für ihre Zukunft – um nicht zu sagen „für ihr Überleben“ – erkennen und dieser Bedeutung auch strukturell und finanziell Rechnung tragen, werden sie den Sprung vom Gesundheitssportanbieter zum „gesundheitsförderlichen Le- bensbereich Verein“ schaffen. Strukturell kann die Umsetzung erfolgen, indem beispielsweise Gesundheitssportabteilungen oder Vorstandsposten mit diesem Aufgabenbereich eingerich- tet werden. Auf der finanziellen Ebene ist dies durch höhere Investitionen in den Bereich Gesundheitsförderung, z. B. bei
5. Kooperationen und Netzwerke In den letzten Jahren nehmen Kooperationen und Netzwerke Unter Kooperationsmotiven mit technischem Bezug wird der in den Medien einen immer größeren Raum ein. Mittlerweile Gewinn von zusätzlichem Know-How und Synergieeffekten zu- gibt es auch im organisierten Sport zahlreiche Bemühungen sammengefasst. Hier kann das Beispiel der TuS Bösinghoven Kooperationen und Netzwerke zu initiieren und voranzutrei- genannt werden, die von dem Fachwissen einer Ernährungs- ben. Dazu kommt, dass in vielen Veröffentlichungen der Begriff beraterin profitierten und so eine neues Angebot entwickeln Kooperation und Netzwerk analog benutzt wird. Was ist der konnte, wodurch das Generieren zusätzlich neuer Mitglieder Unterschied zwischen einer Kooperation und einem Netz- ermöglicht wurde. werk. Gibt es Gemeinsamkeiten? Und warum sollte ein Verein 10 diesen Weg betreten? In diesem Kapitel werden zuerst die Bei Kooperationen mit wirtschaftlichem Bezug geht es in erster Begrifflichkeiten definiert, die Vorteile herausgestellt und zum Linie um die Reduzierung von Kosten. Hier stehen finanzielle Abschluss wird ein Weg zur erfolgreichen Kooperation bzw. zu Anreize im Vordergrund, die z. B. in Form einer gemeinsamen einem erfolgreichen Netzwerk aufgezeigt. Anschaffung erfolgen können. Soziale oder organisatorische Motive für den Aufbau von Ko- operationen können u. a. der Austausch von Informationen, die 5.1 Kooperation Verbesserung der Außendarstellung des Vereins oder der Ver- Bei Kooperationen arbeiten zwei oder mehrere selbständige trauensaufbau für weitere Projekte/Zusammenarbeiten sein. Akteure an einem Projekt, um ein gemeinsam formuliertes Ziel zu erreichen (vgl. Schulenburg, K. 2002). Dabei werden zwei 5.1.2 Kooperationspartner finden Grundprinzipien unterschieden. Das Ziel einer Kooperation Bevor ein Verein sich überlegt, welche Institutionen für kann entweder ein neues Produkt sein, das nur in Zusammen- Kooperationen in Frage kommen, sollte er sich über seine arbeit mit dem Kooperationspartner entwickelt werden kann; Stärken und Schwächen im Klaren sein und sich sicher sein auch synergetische Kooperation genannt. Oder es handelt sich in welche Richtung er sich entwickeln möchte. Dabei sollte um eine additive Kooperation, dann werden Abläufe zusam- er die Vereinsphilosophie oder falls vorhanden das Leitbild mengefasst. Mit Hilfe der Zusammenfassung von gleichen des Vereins immer vor Augen haben. Im zweiten Schritt sollte bzw. ähnlichen Aufgaben und Prozessen können gute Erfolge dann überlegt werden, ob der potentielle Kooperationspartner mit weniger Aufwand erzielt werden. ähnliche Werte und Ziele hat und ob die verschiedenen Orga- Als Beispiel einer synergetischen Kooperation kann an dieser nisationsstrukturen und –abläufe miteinander vereinbar sind. Stelle das „Drei-Gänge-Menü“ der TuS Bösinghoven genannt Damit am Ende Vertrauen und Fairness zwischen den Partner werden, das sich aus verschiedenen Ernährungsseminaren, besteht sollte ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Geben Kochprojekten und Bewegungseinheiten zusammensetzt. und Nehmen herrschen. Durch die Kooperation mit einer Ernährungsberaterin konnte in (vgl. BMWI, 2008) Meerbusch-Bösinghoven dieses Ernährungs- und Bewegungs- angebot ins Leben gerufen werden. Ein Beispiel für eine additive Kooperation ist die Zusammenar- beit von zwei Vereinen, die in derselben Schule Angebote durch- 5.2 Netzwerke führen und sich bei der Anschaffung von neuen Geräten oder sonstigen Materialanschaffungen ergänzen bzw. absprechen. 5.1.1 Motive für Kooperationen Kooperationen können den Handlungsspielraum von Turn- und Sportvereinen erweitern und wirken sich positiv auf das Ansehen des Vereins aus. Eltern, Kommunen oder Sponsoren reagieren auf diese Öffnung positiv (vgl. Breuer, 2010 WLSV). Zudem können Kooperationen helfen auf gesellschaftliche Ent- wicklungen entsprechend zu reagieren. Für die Initiierung einer Kooperation gibt es verschiedene Mo- tive. Die Motive werden in drei unterschiedliche Gruppen unter- teilt, die aber nicht getrennt voneinander betrachtet werden sollten. 1. Kooperationsmotive mit technischem Bezug 2. Kooperationsmotive mit wirtschaftlichem Bezug Bild: DTB 3. Kooperationsmotive mit sozialem oder organisator- ischen Bezug (vgl. Kircher, 2008)
Innovationen im Gesundheitssport Netzwerke sind u.a. in der Computerwelt vertreten, in der Systematisch werden drei Formen unterschieden: Betriebswirtschaftslehre wird von Netzwerkorganisationen primäre Netzwerke Familie, Verwandte, Haushalts- gesprochen und in der Soziologie bzw. Psychologie wird der angehörige und Freunde des Begriff soziale Netzwerke verwendet. Soziale Netzwerke sind Einzelnen im Moment auch im Internet sehr populär, da über das Inter- sekundäre Netzwerke Vor allem selbstorganisiert soziale net Menschen und Gruppen problemlos weltweit verbunden Gebilde im eigenen Lebensraum werden können. (wie Selbsthilfegruppen), aber Bildlich gesehen besteht ein Netzwerk aus Elementen/Knoten auch höhergradig organisierte und den dazwischen laufenden Verbindungs- bzw. Netzlinien. Vereinigungen und Verbände, wie Die Knoten repräsentieren dabei die Akteure und die Linien Pro Familia u.a. die Beziehungen zwischen diesen. Unter Vernetzung kann tertiäre Netzwerke Professionelle Hilfssysteme, d.h. somit die aktive Verbindung der Elemente/Knoten in Form von Beratungsstellen, Arztpraxen, Beziehungen verstanden werden (Vgl. Christa, H. 2011). Sozialstationen, Krankenhäuser, 11 Pflegeheime u. a. m. Diese sozialen Interaktionen und Beziehungen zwischen Per- (Vgl. Trojan, A. & Süß, W., BzgA) sonen oder Gruppen sind meist unsichtbar und ortsunabhän- gig (vgl. Strauss 2002). Die im Folgenden aufgelisteten Merkmale zeichnen Netzwer- ke aus: Nach Trojan und Süß sind soziale Netzwerke relativ dauerhaft und besitzen nur geringe oder keine formalisierten Beziehungs- ■■ umfassen mehrere bis viele rechtlich, selbständige strukturen. Aufgrund der informellen Strukturen stellen sie Akteure einen Gegensatz zu den funktionellen Verknüpfungen bei ■■ haben ein gemeinsames Anliegen/Thema Institutionen und Organisationen dar. Beispielsweise gibt es ■■ sind „atmende Gebilde“ mit Ausdehnungs- und bei Organisationen klare Grenzen und Vorschriften, wer dieser Schrumpfphasen Organisation beitreten darf. Ein soziales Netzwerk hingegen ■■ dienen dem Austausch von Informationen besitzt keine genauen Grenzen und die Frage der Mitglied- ■■ sind oft der Geburtsort von Projekten schaft ist hier viel schwieriger zu klären, bzw. sie sind neuen ■■ beinhalten Kooperationen Mitgliedern gegenüber offener. (vgl. Aderhold, J. 2004) Sozi- ■■ sind relativ komplex ale Netzwerke können soziale Unterstützung bieten und aus ihnen können soziale Aktionen entstehen. (Vgl. BzgA) (vgl. Schulenburg, K. 2002) Der Ansatz von Netzwerkarbeit geht davon aus, dass durch die Zusammenarbeit von mehreren Akteuren - das Vernetzen – die Lösungen von Problemen leichter gefunden werden. In der Theorie wird zwischen verschiedenen Netzwerken unter- schieden. So gibt es auf der einen Seite private/soziale oder informelle Netzwerke und auf der anderen Seite interorganisa- tionale bzw. formale Netzwerke. Freundschaftsnetzwerke sind beispielsweise keine zielgerichteten Beziehungen und können unbewusst entstehen. Interorganisationale Netzwerke hinge- gen sind interessengeleitet und zielen bewusst auf Kooperati- onen oder Abmachungen ab. (Evers und Badura, 2004)
5.2.1 Chancen von Netzwerken 5.2.2 Faktoren für Erfolg und Misserfolg Die Förderung von sozialen Netzwerken hat in den letzten in einem Netzwerk Jahren enorm zugenommen. Hintergrund hierfür ist der Rück- Verschiedene Faktoren tragen zum Erfolg bzw. Misserfolg von gang von traditionellen Netzwerken wie der Familie und der Netzwerken bei. Dabei ist es unabhängig davon, mit welchem aus ihr resultierenden sozialen Unterstützung. Die Verände- Hintergrund das Netzwerk initiiert wurde. rungen im Bereich der sozialen Netzwerke werden u.a. be- dingt durch eine erhöhte berufliche und soziale Mobilität. Die Diese Faktoren sollten auch von Turn- und Sportvereinen Zahl von Ein-Personen-Haushalten nimmt zu und es erfolgt berücksichtigt werden, die bereits in einem Netzwerk aktiv eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung von Individualisie- sind, bzw. über einen Beitritt nachdenken. Ein Netzwerk ist rung und der daraus resultierenden Zunahme von verschiede- nur dann effizient, wenn bestimmte Regeln von den Akteuren nen Lebenslagen und Lebensweisen. berücksichtigt werden. (Vgl. BzgA) Die Akteure eines Netzwerkes benötigen gegenseitiges Ver- 12 Mit Hilfe von Netzwerkarbeit sollen individuelle Ressourcen trauen und eine gewisse Offenheit den anderen Akteuren aktiviert und gestärkt sowie Aktivitäten, Maßnahmen und Pro- gegenüber. Die Bereitschaft für die Investition von Zeit und gramme kommunaler Institutionen und Initiativen koordiniert Aufwand sollte gegeben sein. Es sollten stets konkrete Ver- und aufeinander abgestimmt werden. einbarungen getroffen und verbindliche Absprachen sollten (Vgl. Janitz, A. 2005) eingehalten werden. Dabei muss die Autonomie der einzel- nen Beteiligten gewährleistet bleiben. Bezeichnend in der Gut strukturierte Netzwerke bieten enorm viel Potential für Netzwerkarbeit ist der Verzicht auf Hierarchien. Die Akteure deren Akteure. Dementsprechend vielfältig sind die Gründe für sollten freiwillig und themenbezogen zusammenarbeiten. die Initiierung oder Teilnahme an Netzwerken. Die zentralen Die Dauer der Mitarbeit in einem Netzwerk ist variabel und Vorteile und Gewinne werden im Folgenden aufgezählt. sollte nur solange erfolgen, wie die Akteure sich einen Nutzen von der Mitarbeit versprechen. 1. Steigerung der Qualität und Akzeptanz des Angebotes (nach Walk und Brunnengräber 2000) Netzwerkarbeit kann zur allgemeinen Qualitäts- und Akzep- tanzverbesserung des Angebots beitragen. Durch bessere Wichtigste Misserfolgsfaktoren sind: Abstimmungen können bedarfsgenauere Angebote und Maß- ■ Unklare Ziele nahmen erfolgen. Zudem wird der Informations- und Erfah- ■ Ziele, die nur sehr langfristig erreichbar sind rungsaustausch optimiert. Eine bessere und transparentere ■ Zeitknappheit der Akteure Informationsmöglichkeit für Bürger und Vereinsmitglieder ist ■ Akteure müssen sich zu sehr den Interessen ihrer möglich und durch ein gebündeltes Auftreten wird die Akzep- Institution unterordnen tanz bei der Bevölkerung und im politischen Raum größer. ■ Konkurrenz zwischen den Akteuren Die Bürger und die Stadt/Kommune müssen sich nur noch an ■ Abwesenheit eines Moderators einen Ansprechpartner wenden und erhalten dann die benö- tigten Informationen. (vgl. Schulenburg, K. 2002) 2. Ressourcenbündelung und bessere Ressourcen- Erfolgreiche Netzwerkbeispiele finden Sie im zweiten Teil die- nutzung ser Broschüre. Netzwerkarbeit kann dazu beitragen Kosten und Arbeitsauf- wand zu senken, indem Synergieeffekte genutzt werden. Dies erfolgt z. B. aufgrund von gemeinsamer Planung und Durch- führung von Veranstaltungen, Projekten und Aktionen. Die ge- meinsame Öffentlichkeitsarbeit kann beispielsweise ebenfalls die Kosten einer einzelnen Institution senken. 3. Erschließung neuer Finanzquellen Das gemeinsame Auftreten und die gemeinsame Ansprache und Akquise fördert die Erschließung neuer Finanzquellen. Nicht zuletzt können durch den Wissenstransfer bzw. -austausch neue Projektförderungsmöglichkeiten gefunden werden. 4. Optimierung der eigenen Arbeit Das Lernen von und mit anderen kann zu einer Verbesserung und Weiterentwicklung der eigenen Arbeit führen. Zudem kann sich das Verfolgen eines gemeinsamen Ziels/ Themas positiv auf die Motivation und das Durchhaltever- mögen der einzelnen Netzwerkteilnehmer auswirken. Ein weiterer Vorteil von Netzwerken bietet eine Plattform für die Identifizierung und Lösung von gemeinsamen Problemen.
Innovationen im Gesundheitssport 5.3 Kooperation und Netzwerk – ■■ Andere Sportvereine ■■ Sportverbände das Fazit ■■ Partner aus der Wirtschaft In der folgenden Tabelle sind die Merkmale von Netzwerken ■■ Gesundheitseinrichtungen – Ärzteschaft und Kooperationen noch einmal gegenübergestellt. ■■ Senioren- bzw. Jugendeinrichtungen ■■ Krankenkassen Kooperationen Netzwerke ■■ Politische Entscheidungsträger und Experten ■■ Tourismusorganisationen Zwei oder mehrere selbstän- mehrere selbständige Akteu- ■■ Wohnungsbaugesellschaften dige Akteure (überschauba- re, Anzahl der Netzwerkteil- ■■ Kulturzentren re Anzahl von Akteuren) nehme ist nicht immer klar ■■ Migrantenvereinigungen gemeinsames Ziel wenig gemeinsame Zielset- ■■ Schulen zungen, dafür gemeinsames konkretes Projekt (vgl. DOSB, 2010) 13 Anliegen/Thema weniger komplex als Netz- Zahlreiche Praxisbeispiele finden Sie im zweiten Abschnitt sind „atmende Gebilde“ werke dieser Broschüre. Die Praxisbeispiele wurden anhand von mit Ausdehnungs- und Zielgruppen gruppiert. Schrumpfphasen Austausch von Informatio- nen 5.4 Der Weg zu einer erfolgreichen Kooperation bzw. der Prozess Geburtsort von Projekten zur Gründung eines Netzwerkes beinhaltet Kooperationen Damit von einer erfolgreichen Kooperation zwischen zwei Kooperationspartnern gesprochen werden kann bedarf es komplexes Gebilde einer ordentlichen Planung. Von der Idee über die Umsetzung (vgl.Payer, H.2008; Schulenburg, K. 2002) bis hin zur Beendigung einer Kooperation gilt es dabei die fünf, folgend erläuterten, Phasen einer Kooperationslaufzeit Der Trend zu vermehrten Vernetzungsaktivitäten im Bereich zu kennen und die Regeln dieser zu befolgen. der Gesundheitsförderung wird durch die fehlende Trans- parenz im Gesundheitswesen unterstützt. Hinzu kommen mangelnde Kommunikation und Abstimmungen im System der Phase 1: Initialentscheidung gesundheitlichen und sozialen Versorgung. Föderalistische In der ersten Phase liegt das Hauptziel darin heraus zu finden, Strukturen, die Selbstverwaltung einzelner Organe, unzurei- ob überhaupt eine Kooperation durchgeführt werden soll. Dies chende Integration und Verzahnung von Versorgungstrukturen erfolgt im ersten Schritt anhand einer Analyse der Ausgangs- im Gesundheitswesen, erschweren den Erfolg von Gesund- situation die einen Überblick der Leistungsfähigkeit, Position heitsförderung. Funktionierende Netzwerke werden als sowie des Umfeld eines Unternehmens aufzeigen soll. An- hoffnungsvolle Antwort auf diese Problematiken genannt. Mit schließend wird die Attraktivität einer Kooperation bewertet bei der zentralen und bürgernahen Struktur eines Netzwerkes ist der entschieden werden muss, ob die Erstellung der Leistung das Reagieren auf die Bedürfnisse von Bürgern direkter und vereinsintern oder extern erfolgt. Zum Abschluss werden die zeitnah möglich. Gesellschaftliche Problemstellungen können Kooperationsziele möglichst konkret festgelegt. schneller und effektiver bearbeitet werden. Phase 2: Partnerauswahl und -selektion Die im Kapitel 5.2.1 aufgeführten Chancen eines Netzwerks In der zweiten Phase werden zuerst alle potenziellen Koope- werden besonders im Bereich der Gesundheitsförderung rationspartner identifiziert, die aus den bereits bestehenden deutlich. Die immer härter werdenden wettbewerblichen Geschäftsbeziehungen stammen oder gänzlich neue Kontakte Bedingungen und der Zwang zum effektiven Ressourcenein- des Unternehmens darstellen können. Mit Abschluss der Iden- satz in Zeiten immer knapper werdenden öffentlichen Mittel tifizierung der Kooperationspartner findet die Auswahl eines im Gesundheitsbereich, verdeutlichen Akteuren immer mehr oder mehrerer potenzieller Partner statt. Die ausgewählten die Notwendigkeiten von Netzwerken. Nicht zu vergessen potenziellen Kooperationspartner müssen nun für die Zusam- ist der bereits angesprochene Synergieeffekt zwischen den menarbeit gewonnen werden, indem das Erfolgspotenzial kooperierenden Organisationen, die Vermeidung von Dop- und die Vorteilhaftigkeit an einer Zusammenarbeit aufgezeigt pelangeboten und unnötige Konkurrenz bei funktionierenden werden. Netzwerken. (Vgl. Bornhoff et al. 2003) Phase 3: Gestaltung Nachdem eine Zusammenarbeit mit einem Kooperationspart- Mögliche Partner für Turn- und Sportvereine werden im Fol- ner getroffen wurde, muss diese rechtlich und organisatorisch genden kurz aufgelistet. gestaltet werden. Dabei muss die rechtliche Gestaltung, die ■■ Kommunale Stellen (Sportamt oder sonstige Ämter) von hoher Relevanz ist, schon vor Umsetzung der Kooperati- ■■ Kirchengemeinden – Träger von Alten- bzw. Jugend- on geklärt werden. Organisatorisch lassen sich Kooperationen arbeit nach Dauer, nach dem Formalisierungsgrad der Zusammen-
arbeit und der Ressourcenzuordnung bei der eine hohe Trans- nahmen gemeinsam durchgeführt und im Anschluss gemein- parenz von Vorteil ist, gestalten. sam bewertet. Phase 4: Durchführung Phase 5: Die Formalisierung Die eigentliche Durchführung einer Kooperation beschäftigt Es ist wichtig, die besprochenen Abläufe, Verantwortlichkei- sich mit dem Ziel, eine Leistung gemeinsam zu erreichen. Da- ten, Regeln und Maßnahmen zu dokumentieren. Die Doku- bei müssen externe Partner integriert werden und in diesem mentation dieser Vereinbarungen schafft Verbindlichkeit. Dies Zusammenhang die benötigten Daten/Informationen bereit- kann in Form eines Vertrages erfolgen, in manchen Fällen gestellt werden, auch wenn dadurch die Unabhängigkeit des reichen aber auch Sitzungsprotokolle und Aufgabenlisten. Au- Vereins gefährdet wird. Auch muss die Kooperationsfähigkeit ßerdem stellen die Netzwerkpartner gemeinsam Überlegun- aufrechterhalten werden. Einen großen Faktor spielt dabei gen an, wie das Netzwerk nach außen öffentlichkeitswirksam das Vertrauensverhältnis zwischen den Partnern. Sollte das dargestellt werden kann, durch Presseinformationen, Presse- 14 Vertrauen nicht mehr bestehen, ist es auch nicht mehr mög- gespräche, öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen. lich eine Kooperation fortzuführen. Phase 6: Die Verstetigung Phase 5: Beendigung Wenn das Ziel, welches sich das Netzwerk gestellt hat, er- In der letzten Phase einer Kooperation geht es um den Be- reicht ist, steht die Frage an: Soll das Netzwerk weiterhin zu- endigungszeitpunkt und die Beendigungsform. Der Beendi- sammenbleiben? Dann müssen sich die Kooperationspartner gungszeitpunkt ist gleichzeitig mit dem Erreichen der festge- ein weiterreichendes, neues Ziel setzen und dieses gemein- legten Kooperationsziele erreicht, kann aber auch erfolgen, sam verabreden. Eine Verstetigung des Netzwerkes kann wenn ein Erreichen der Ziele nicht mehr absehbar ist oder die sinnvoll sein. Eine Implementierung ist möglich, in dem es in Attraktivität der Kooperation für einen der Partner sinkt. Die bereits bestehende Strukturen eingebunden wird oder indem formelle Beendigung einer Kooperation kann durch Übernah- neue Strukturen geschaffen werden. me, Verselbständigung, Stilllegung oder durch eine weitere (vgl. DTB, 2012) Zusammenarbeit erfolgen. (vgl. Kircher, 2008) Damit ein Netzwerk funktioniert und bestehen bleibt, gilt es sich an feste Regeln zu halten. Den Prozess zur Gründung eines Netzwerkes bis hin zur Verstetigung werden anhand der nachfolgenden Punkte veranschaulichter dargestellt: Phase 1: Die Vorbereitung Der Initiator oder die Initiatoren formulieren das Kernziel des zukünftigen Netzwerkes und machen sich Gedanken über mögliche Wege der Zielerreichung. Dann folgt eine Recher- che darüber, welche anderen Institutionen, Vereine, Verbände oder auch Einzelpersonen das gleiche oder ähnliche Interes- sen haben. Phase 2: Die Kontaktaufnahme In dieser Phase nehmen die Initiatoren Kontakt mit den mögli- chen Partnern auf. Es geht erst einmal darum, miteinander zu sprechen, sich auszutauschen, sich kennenzulernen. Wer sich letztendlich wirklich am Netzwerk beteiligt, ist in dieser Phase noch unklar. Phase 3: Die Konstituierung In einer ersten gemeinsamen Sitzung konstituiert sich das Netzwerk. Das Ziel wird gemeinsam und einvernehmlich fest- gelegt. Dann erfolgt die gemeinsame Planung und Absprache einzelner Maßnahmen zur Zielerreichung. Erste Überlegun- gen zum Management des Netzwerkes und zur Kommunikati- on zwischen den einzelnen Personen werden formuliert. Phase 4: Die Stabilisierung Im weiteren Verlauf wird der organisatorische Rahmen des Netzwerkes gemeinsam festgelegt und vereinbart. Zuständig- keiten werden definiert. Wer übernimmt die Koordination des Netzwerkes? Gleichzeitig werden die vereinbarten Einzelmaß-
Innovationen im Gesundheitssport 6. Setting 6.1 Was ist Setting? Walking-Kurs oder einer Rückenschule, ist ein solches Bei- spiel für eine Maßnahme, die an Einzelpersonen gerichtet ist. Moderne Ansätze zur Prävention und Gesundheitsförderung Oder aber auch der Rat eines Arztes an seinen Patienten, das haben die Bedeutung der Lebensumfelder von Menschen für Rauchen aufzugeben. die Entwicklung, Erhaltung und Wiederherstellung der Ge- sundheit erkannt. Gesundheit soll demnach positiv beeinflusst Neben solchen, an Einzelpersonen gerichteten Maßnahmen, werden, indem die Lebensumfelder der Menschen gesund- entfaltet sich Gesundheit vielmehr im Lebensalltag, bei der heitsförderlich gestaltet werden. Arbeit, in der freien Zeit, im Stadtteil, in der Schule usw. Der „Setting-Ansatz“ wendet sich somit nicht primär an einzelne 15 Die deutschen Begriffe „Lebensumfeld“ und „Lebensbereich“ Menschen und ihr individuelles Gesundheitsverhalten, son- können mit dem Begriff „Setting“ übersetzt werden, zeitgemä- dern vielmehr an die Lebensumfelder, in denen sich die Men- ße Gesundheitsförderung spricht daher vom „Setting-Ansatz“. schen aufhalten. Entsprechend der oben genannten Beispiele Die Verwendung des Begriffs „Setting“ statt „Lebensumfeld“ bedeutet dies, dass das Umfeld, in dem der Gesundheits- oder „Lebensbereich“ dient einer einfacheren Verständigung sportkurs stattfindet, ebenfalls gesundheitsförderlich gestaltet auf internationaler Ebene im Bereich der Gesundheitswissen- sein sollte bzw. bezüglich des Raucherbeispiels Nichtraucher- schaften. zonen eingeführt werden. Zurzeit ist der sogenannte „Setting-Ansatz“ aus aktuellem An- Es gilt daher nach dem „Setting-Ansatz“, Strukturen in allen lass in aller Munde. Nachdem zunächst Gesundheitsförderung Lebensbereichen der Menschen zu schaffen, die es ermög- in Settings als ein zentraler Aufgabenbereich in einem über lichen, sich gesundheitsförderlich zu verhalten. So können viele Jahre hinweg diskutierten „Präventionsgesetz“ erwartet auch beispielsweise regelmäßige Bewegungspausen in der wurde, findet sich jetzt, nach dem Scheitern des Gesetzes, Schule oder präventive Rückenschulangebote im Betrieb zumindest dieser Aufgabenbereich auch im neuen „Nationalen strukturell verankert werden. Schülern bzw. Angestellten wird Aktionsplan“ (NAP) der Bundesregierung wieder. so die Teilnahme an gesundheitsförderlichen Kursen bzw. gesundheitsförderliches Verhalten allgemein erleichtert (vgl. Man versteht unter dem Setting-Ansatz die Gesundheitsförde- Bauch, 2002). rung in den Lebensbereichen, in denen Menschen einen gro- ßen Teil ihrer Zeit verbringen und die einen starken Einfluss Gesundheitsförderung in Form des „Setting-Ansatzes“ wird als auf ihre Gesundheit ausüben (vgl. Bauch, 2002). Typische besonders Erfolg versprechend erachtet, da Personen jedes Lebensumfelder von Kindern bzw. Jugendlichen sind daher sozialen Status angesprochen werden; auch diejenigen, die Kindergärten oder Schulen. Kinder und Jugendliche verbrin- sozial bedingt ungünstigere Gesundheitschancen aufweisen, gen dort regelmäßig einen bestimmten Anteil ihrer Zeit und wie Einkommensarme, Langzeitarbeitslose, Geringqualifizierte sammeln Erfahrungen, die sie für ihr weiteres Leben prägen. oder auch Migranten. In diesen Gruppen sind zudem gesund- Übertragen auf Erwachsene stellt der Arbeitsplatz (Betrieb, heitsriskante Verhaltensgewohnheiten, wie Rauchen oder Universität etc.) ein Lebensumfeld dar, in dem Erwachsene Bewegungsmangel, am stärksten verbreitet. (vgl. Robert Koch häufig mehr als ein Drittel des Tages verbringen und welches, Institut, 2005) je nach Gestaltung, die Menschen in unterschiedlicher Art und Weise beeinflusst. Denn wissenschaftliche Studien beweisen: Diejenigen, die Gesundheitsförderung am ehesten benötigen, werden meist Es wird ersichtlich, dass im Verlauf des Lebens andere Le- mit individuellen Ansätzen wie Gesundheitssportkursen nicht bensbereiche in den Vordergrund rücken. Doch auch außer- erreicht. In gesundheitsförderlichen Angeboten sind überwie- halb dieser „verpflichtenden“ Lebensumfelder befinden sich gend Teilnehmer zu finden, die die Wichtigkeit gesundheitsbe- Kinder, Jugendliche und Erwachsene in verschiedensten „frei- wussten Verhaltens bereits verinnerlicht haben und generell willigen“ Lebensumfeldern. So beispielsweise in der Familie, einen gesunden Lebensstil besitzen (vgl. Bals, Hauses & in Jugendzentren und in allen denkbaren Freizeiteinrichtun- Melzer, 2008). gen, zu denen auch die Turn- und Sportvereine zählen. Der „Setting-Ansatz“ versucht daher, den bisher noch nicht Oder aus einem anderen Blickwinkel betrachtet: Jeder gesundheitsbewusst handelnden Personen über deren Le- Mensch lebt in einem Stadtteil, einer Kommune, einer Regi- bensumfelder Zugang zu gesundheitsförderlichem Verhal- on. Auch dies sind Lebensumfelder, welche unterschiedlich ten zu verschaffen. Es werden so Personen angesprochen, gestaltet und strukturiert sein können und somit auch un- welche höhere Gesundheitsrisiken mit sich tragen, aber wenig terschiedlichen Einfluss auf die Gesundheit der Menschen Eigeninitiative zur Förderung ihrer Gesundheit entwickeln. besitzen. Ein weiterer Nutzen des „Setting-Ansatzes» liegt darin, dass Es wird also davon ausgegangen, dass sich Gesundheit nicht das Gesundheitsverhalten dort beeinflusst wird, wo es ent- nur durch an Einzelpersonen gerichtete Maßnahmen einstellt. steht, nämlich in den Lebensbereichen, in denen sich die Die Teilnahme an einem Gesundheitssportkurs, z. B. einem Menschen häufig aufhalten: Erzieher frühstücken gesund
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