Das Rezept meiner Oma - Magazin66
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Herausgeber: sechs+sechzig – Verein zur Förderung des Dialogs der Generationen e.V. www.magazin66.de · Ausgabe 2/2021 Magazin für selbstbewusste ältere Menschen gegründet 2000 Das Rezept meiner Oma Seite 6 Mit freundlicher Unterstützung der Stadt Nürnberg, Nürnberger Nachrichten und Nürnberger Zeitung
N Ü R N B E R G Apothekerin Eva-Maria Lammers e.K. Montag – Freitag Zerzabelshofstraße 25 Zerzabelshofer Hauptstraße 22 8.00 – 19.00 Uhr 90478 NÜRNBERG 90480 NÜRNBERG Samstag Telefon (0911) 46 46 47 Telefon (0911) 48 08 38 30 M I E T V E R W A LT U N G 8.00 – 14.00 Uhr Telefax (0911) 46 77 47 Telefax (0911) 48 08 37 10 Wir kümmern uns um Ihre Immobilie! www.vestner-hausverwaltung.de Aktuelle Infos und Angebote: Tel. 09131-88530 www.goldbach-apo.de · e-Mail: info@goldbach-apo.de Betreutes Wohnen für Senioren am Langwassersee Erbschaft In idyllischer Lage direkt am See betreibt die wbg Nürnberg das Konzept „Betreutes Wohnen“ in Zusam- menarbeit mit dem BRK Nürnberg-Stadt an. Geboten und Testament. werden barrierefreie, öffentlich geförderte Wohnungen für die Einkommensstufe 1 und eine Beratungsstelle mit qua- lifizierten Fachkräften des BRK für alle Fragen des Lebens. Richtig entscheiden – aber wie? Zusätzliche Hilfsangebote können bei Bedarf unbürokratisch gebucht werden. Kostenlose Info-Broschüre anfordern unter Telefon 09128 500 Wer sich für dieses Angebot interessiert, älter als 60 Jahre ist und über einen Wohnberechtigungsschein der Stufe 1 verfügt, kann sich unter der Rufnummer 80 04 - 18 00 gerne informieren. Wir merken Sie auch gerne für eine passende Wohnung vor. Menschen an Ihrer Seite. Die Rummelsberger www.wbg.nuernberg.de Wir gestalten LebensRäume. rummelsberger-stiftungszentrum.de Wir gestalten LebensRäume. IMMER IN BEWEGUNG AHME UNSERE NOTAUFN TAG AM FÜR IHRE GESUNDHEIT IST 24 STUNDEN FÜR SIE DA . GESUNDHEIT AKTUELL | VORLESUNGEN FÜR JEDERMANN Bei uns im Haus finden regelmäßig interessante, kostenlose Vorträge zu medizinischen Themen statt. Weitere Informationen finden Sie unter: www.erler-klinik.de ALLGEMEIN- UND VISZERALCHIRURGIE | HANDCHIRURGIE | ORTHOPÄDIE PLASTISCH-REKONSTRUKTIVE UND MIKROCHIRURGIE | UNFALLCHIRURGIE WIRBELSÄULENTHERAPIE | SCHMERZTHERAPIE | RÜCKENBESCHWERDEN Folgen Sie uns auf den sozialen Plattformen: Facebook Instagram Xing KLINIKEN DR. ERLER Kontumazgarten 4-18 | 90429 Nürnberg | Tel.: 0911/ 27 28-0 | E-Mail: info@erler-klinik.de www.erler-klinik.de
sechs+sechzig Ausgabe 2/2021 Liebe Leserinnen liebe Leser, Nach den schwierigen Wintermonaten heißt Foto: Kat Pfeiffer es dank des Wegfalls von Beschränkungen und der deutlichen Impffortschritte häufig: Friede, Freude, Eierkuchen. In unserem Fall müsste es allerdings heißen: Eierlikörkuchen. Denn auf unseren Aufruf an die Leserschaft, uns Familienrezepte zu schicken, erhielten wir viel Resonanz. Unser Titelmodell Martina Roßner schickte uns das Rezept für diesen schmackhaften Gugelhupf (S. 6). Kochen und Backen waren während des zurückliegenden Lockdowns beliebte Beschäftigungen. Zudem haben zahlreiche Menschen tatkräftig gehol- fen, Nachbarn, Freunde und Verwandte durch die schwierige Corona-Zeit zu bringen. Das Nürnberger Seniorenamt hat die Erfahrungs- Ernst und Ursula Krakenberger erhalten in diesem Jahr den Nürnberger berichte in einer ansprechenden Broschüre Stifterpreis. Seite 20 zusammengefasst (S. 9). Ehrenamtliche Unterstützung spielt dabei eine große Rolle. Wer sich für andere einset- 4 Reportage 17 Freiwilligenbörse zen möchte, findet bei unserer Nachlese zur Gemeinsam statt einsam unter Das schöne Gefühl, jemandem Ehrenamtsbörse reichlich Anregungen. Eine einem Dach zu helfen Übersicht zeigt das breite Spektrum der Ein- 6 Leseraktion 18 Freiwilligenbörse satzgebiete (S. 18–19). Gleich mehrere soziale Von Hutzlbirnen und 56x Ehrenamt Initiativen profitieren von den Stiftungen des Äpfelbaunzen Ehepaars Ernst und Ursula Krakenberger, das 20 Spuren hinterlassen – in diesem Jahr den Nürnberger Stifterpreis Zukunft gestalten erhält. Ihre interessante Lebensgeschichte Aus dem Seniorenamt Vermächtnis eines der Stadt Nürnberg ereignisreichen Lebens erklärt, was sie zu ihrem Engagement moti- viert (S. 20). 8 Singstunde am Telefon 22 Ehrenamt In den Startlöchern für neue Angebote Der Rentenversteher stehen zahlreiche treue Besucher des Senio- 9 Chronologie des Corona-Alltags 27 Große Hilfen rentreffs Bleiweiß in Nürnberg. Sie haben die 10 Angebote im Treff Bleiweiß Malen als Medizin pandemiebedingte Auszeit einfallsreich über- brückt. Dennoch warten Kursteilnehmer, 28 Jung & Alt Gruppenleiterinnen und Programmplaner 12 Aktuell Entwicklungshelfer für die ungeduldig darauf, dass es wieder losgeht in Klimawandel heizt Älteren Karriere besonders ein den Seniorennetzwerken und im Bleiweiß (S. 30 Das war schick 8). 14 sechs+sechzig-Leserreise Die Kahlfresser Spätestens im Sommer sollte Singen im Sonnenziele für den ersehnten Freien und manches andere wieder möglich Urlaub 30 Depp im Web sein. Wie Ältere gut durch die immer heißer An der Verwandschaft 15 Buchtipps abgeprallt werdenden Sommer kommen, will eine Stu- die zum Klimawandel klären. Übrigens kann 16 Ansichtssache 23 Veranstaltungs- jeder selbst etwas dazu beitragen, meint Keine »alten weißen Männer«! Empfehlungen Wissenschaftler Prof. Dr. Thomas Kühlein und gibt Tipps (S. 12). 16 Impressum Wir wünschen unseren Leserinnen und Lesern traumhafte Tage und Nächte bei angenehmen Temperaturen und viel Spaß bei Unser Titelbild Die nächste Ausgabe von der Lektüre unseres Magazins sechs+sechzig. zeigt Martina Roßner (siehe Seite 6). sechs+sechzig erscheint Foto: Michael Matejka am 13. September 2021. Die Redaktion
4 Reportage s e ch s + s e ch z ig · A u s g a b e 2/ 20 21 Gemeinsam statt einsam unter einem Dach Das Leben im Mehrgenerationenhaus ist Herausforderung und Chance zugleich Der Name »Spiegelfabrik« ist geblieben. Er erinnert an die frü- here Nutzung des Geländes, als man hier Glas schliff und Spiegel verkaufte. Die Alte Schmiede, ein Original-Backsteinbau mit Keramikofen, blieb erhalten. Ihn haben die Mitglieder der Baugemeinschaft in Eigenarbeit auf Vordermann gebracht. Dabei hat sich mancher auf neues Terrain begeben. Das Abdichten des unteren Mauerwerks zum Beispiel habe ein Internist übernommen, erzählt Brigitte Neumann, bei der viele Fäden zusammenlaufen. Neumann ist ehrenamtliche Geschäftsführerin und Herz und Seele des modernen Wohnprojekts. »Wir sind mit der Spiegelfab- rik bundesweit die Einzigen mit dem Hybrid-Modell, vom Bundes- familienministerium ausgezeichnet als Modellprojekt«, sagt sie. Will heißen: Von den insgesamt 58 Wohneinheiten sind die meis- ten Eigentumswohnungen, 17 aber Genossenschaftswohnungen. Im Rahmen des geförderten Wohnungsbaus sind einige Plätze an Wohngeldberechtigte vergeben, darunter Alleinerziehende und Flüchtlinge mit Aufenthaltstitel. Auch WGs haben sich hier nie- dergelassen. Jetzt ist das Haus komplett. Wenn man mit den Bewohnern spricht, gewinnt man den Ein- druck eines sehr guten Miteinanders der Generationen. Ein Drittel ist unter dreißig, ein Drittel zwischen 30 und 50 und ein Drittel 50 plus. Freilich gab es anfangs Probleme und Auseinandersetzun- gen, etwa über die riesigen Fenster, denn manche hätten Spros- senfenster bevorzugt. Und dann waren da finanzielle Sorgen, weil sich der Fabrikabriss und damit der geplante Einzug immer wieder verzögerten. Erst musste der Bau für fledermausfrei erklärt wer- den, danach kostete eine brütende Spatzenfamilie allein geschla- gene sechs Monate. Ein Industriekletterer erspähte im Nest in ei- ner Mauerritze ein »nackertes« Spatzenbaby, also hieß es warten, bis die Brutsaison vorüber war. Eine Krisensitzung jagte die andere, fällige Zahlungen mussten gestundet werden, bisweilen spendierten auch großzügige Nach- barn einen Überbrückungskredit. Manche Beziehung wäre zudem Auf einem Galeriegang der Spiegelfabrik in Fürth: B ewohnerin am Nervenkrieg fast zerbrochen. Neumann weiß: »Viele von uns Corinna Mielke (im Vordergrund) mit der ehrenamtlichen haben sehr schlecht geschlafen. Aber die Gemeinschaft hat denen Geschäftsführerin des Projekts, Brigitte Neumann. in Nöten den Rücken gestärkt.« Was sie sein wollen, drückt eine nicht mehr ganz junge Bewoh- Wie wollen wir leben? Das ist die zentrale Frage, die sich Er- nerin so aus: »Eine selbst gewählte Großfamilie oder ein Dorf mit wachsene aller Altersgruppen stellen – und in verschiedenen einem bunten Völkchen, bei dem es Freaks gibt, Macher, Normalos Lebensphasen immer wieder neu. Manchen geht es dabei auch und Fundis. Ich begreife das Projekt auch als Toleranzübung für um Gemeinschaft; sie möchten nicht isoliert als Single, Paar mich selbst.« N oder in der Kleinfamilie leben. Die Ideen für die Umsetzung eines solchen Vorhabens sind höchst unterschiedlich, mitunter och in den Startlöchern steht das Erlanger Projekt sogar widersprüchlich. Mehrgenerationenhäuser scheinen da »RaumTeiler« – und das, obwohl sich die Initiatoren eine attraktive Wohnform zu sein, sie versprechen Privatheit schon 2014 zusammengetan haben. 2020 hat die Stadt und Gemeinschaft gleichermaßen. Ein großes Herz, ein offe- Erlangen der Gruppe die Option auf einem rund 2800 ner Geist und eine gehörige Portion Zähigkeit sind für diese Quadratmeter großen Baugrund in Büchenbach-West zugesagt. Wohnform allerdings unabdingbar. Der Kauf soll in diesem Sommer über die Bühne gehen, damit das F nachhaltige Holzhaus gebaut und im Mai 2023 bezogen werden ürther Kreuzfahrtschiff« nennen Einheimische und Besu- kann. Von den 25 geplanten Eigentumswohnungen sind derzeit 19 cher gern das imposante Gebäude in der Langen Straße in vergeben, berichtet Geschäftsführerin Annalisa Lukas. Zwar man- Fürth-Ost. Auf dem Gelände der ehemalgen Spiegelfabrik gele es nicht an Nachfrage, doch nun komme es auf den richtigen entstand ein Mehrgenerationenhaus, das sich auch optisch Altersmix an, damit es auch ein Mehrgenerationen-Projekt wird. sehen lassen kann. Von der riesigen Dachterrasse fällt der Blick Gesucht werden vor allem junge Mitbewohner zwischen 25 und direkt auf den Pegnitz-Grund, etwas ferner reckt sich der Kirch- 35 Jahren sowie Menschen über 73. Am Kauf komme man nicht turm von Poppenreuth in den Himmel. Rundherum Kofferfabrik, vorbei, da das Genossenschaftsmodell für diese übersichtliche Stadtpark und Jakobinenstraße. Gruppe zu teuer sei.
s ech s +s ec hz i g · A u sg a b e 2 / 2 02 1 Reportage 5 Erledigt hat die Pandemie die Palette üblicher Gemeinschaftsaktivitäten, an- gefangen beim Suppentag über Lesekreis und Malkurse, Vorlesen und Basteln in der Kita, alles selbst organisiert von den Be- wohnern. Gleichwohl geben die Nachbarn hilfsbereit aufeinander acht, reichen zum Beispiel Mahlzeiten rüber oder klopfen an, wenn sich ein Bewohner länger nicht bli- cken lässt. E ine vollkommen andere Nummer als die genannten Großstadtpro- jekte sind die »Lindenhöfe« in El- bersberg bei Pottenstein. In der Entstehungsphase berichtete das Maga- zin sechs+sechzig über die Anlage, die sich heute, rund zehn Jahre später, in der Hoch- phase befindet. Den Grundgedanken der Genossen- schaft damals erläuterte Initiator Wieland Simon so: Ältere Menschen wohnten Jahr- Zentral in Nürnberg gelegen, daher geht’s problemlos autolos: Die Genossenschaft zehnte lang in ihrem Dorf. Dann stirbt der »Anders Wohnen« in der Karl-Bröger-Straße (rechts Geschäftsführerin Mandy Fuhrmann, Partner, und die Kinder kommen nur sel- in der Mitte Mitbegründer Fred Jantschke und links Vorständnin Isabel Damour Zelnhöfer) ten vorbei in das inzwischen überdimen- hat sich auf Ältere und Alleinerziehende spezialisiert. sionierte Haus. Doch der Einsamkeit ein D einziges Zimmer im Altenheim zu entflie- ieses Problem hatte die Genossenschaft »Anders Woh- hen, ist für viele Rüstige eine deprimierende Aussicht, noch dazu nen« in der Karl-Bröger-Straße in Nürnberg nicht, die verhältnismäßig teuer. Die Alternative: ein eigenes Haus im Klein- Anlage ist groß genug. Gegenüber den Neulingen in Fürth format. ist die Gemeinschaft den Kinderschuhen entwachsen. Und das haben die Lindenhöfe zu bieten: 48 barrierefreie Häu- 2009 zogen die ersten Bewohner in das geschwungene Gebäude ser sowie vier kleinere Apartments, als Eigentum oder zur Miete. ein, mit dem Anspruch, sich in einem sozialen Miteinander gegen- Die Anordnung von je vier bis sechs Häusern um einen begrünten seitig zu unterstützen. Wie die Fürther starteten sie mit einem Innenhof herum eröffnet die Möglichkeit zum direkten Kontakt Alleinstellungsmerkmal: »Das Konzept, Senioren und Alleiner- mit den Nachbarn und erhält gleichzeitig die Privatsphäre. Fer- ziehenden eine neue Heimat zu geben, war damals einzigartig in ner gibt es ein Gemeinschaftshaus, eine Fahrbereitschaft und eine Deutschland«, erklärt Geschäftsführerin Mandy Fuhrmann. Das »Hausdame«, die einmal am Tag vorbeischaut. Die zentrale Bot- Miteinander zwischen Älteren und Alleinerziehenden erwies sich schaft: »Du bist nicht allein«, sagt Simon. »Gehen bei einem Nach- indes als schwierig, das Projekt hatte manche Zerreißprobe zu be- barn morgens die Jalousien nicht hoch, dann schaut man nach.« stehen. Mittlerweile ist aber Ruhe eingekehrt. Das Wohnen ist gedacht für Berufstätige ebenso wie für 90-Jäh- Einer der Gründungsväter ist Fred Jantschke, heute 81 Jahre rige. Auch die Lindenhöfe werben mit einem Alleinstellungsmerk- alt. Er und seine Frau hatten damals vor allem genug von der mal: »Viele andere waren angetreten. Doch die Wohnbau Linden- Einsamkeit in ihrer Eigentumswohnung und fanden Gleichge- höfe ist die einzige in Bayern, die dieses Konzept tatsächlich mit sinnte. Als vor 15 Jahren die Vorbildsuche begann, gefiel der Leben gefüllt habt«, sagt Simon. Gründergruppe das Modell der Münchner Genossenschaft Wo- Dass man die Siedlung im Grünen für ziemlich abgelegen hal- geno am besten und als Standort das unbebaute Grundstück ge- ten könnte, lässt er nicht gelten. »Wir haben die Sanaklinik in genüber dem Karl-Bröger-Haus im Besitz der Stadt Nürnberg. sechs Kilometern Entfernung, jeder dritte Ort in der Fränkischen Eine Kita gehörte zum Grundkonzept, so fand sich eine Bauher- Schweiz hat eine Theatergruppe, das kulturelle Leben ist genial rengemeinschaft mit dem Humanistischen Verband. Das Bun- und das medizinische Angebot vergleichbar mit der Großstadt.« desfamilienministerium förderte den Neubau mit einer halben Er schaut hinüber zum Wald. »Und Spazierengehen tut auch mit Million Euro. Heute sind von insgesamt 44 Wohnungen zehn 90 noch gut.« mit Alleinerziehenden mit Kind(ern) belegt. Bedürftige erhal- ten Mietzuschuss. ANGELA GIESE; FOTOS: KAT PFEIFFER Auch bei diesem Wohnkomplex gehört die Dachterrasse zu den Highlights. Der Blick schweift vom Opernhaus hinüber zum Hauptbahnhof, unten der verkehrsberuhigte Vorplatz mit Park I N F O R M AT I O N und Spielplatz. Etliche Bewohner haben ihr Auto abgemeldet, es Mehr über Projekte in Nordbayern ist unnötig in dieser zentralen Lage. unter www.wohnprojekte.org
6 Leseraktion s e ch s + s e ch z ig · A u s g a b e 2/ 20 21 Von Hutzlbirnen und Äpfelbaunzen Alte Familienrezepte bringen den Geschmack von damals zurück Ja, die Kartoffel. Gerade auf dem Speiseplan der (Nach-)Kriegs- generation spielte sie eine Hauptrolle. Günstig, gesund, nahrhaft und vielfältig zuzubereiten. Und so wunderte es die Redaktion nicht, dass sich tatsächlich rund 80 Prozent aller Zusendungen um die Knolle drehten. Auch in dem Rezept, das uns Marianne Schüller geschickt hat, geht es um Kartoffeln: »Seit 1955 lebe und wohne ich in Nürnberg, bin in Berlin geboren und esse noch immer lie- bend gerne gute Pellkartoffeln mit angemachtem Quark, Schnitt- lauch und Leinöl«, schreibt die 88-Jährige an sechs+sechzig. Der Quark kam auf den Teller, in die Mitte wurde eine Kuhle gedrückt, in das Leinöl gegossen wurde. Dahinein tauchte man dann die Kar- toffeln. »Mein Schwiegervater, der das überhaupt nicht begriff, sagte dazu: ›Ach pfui Deibel, Leinöl nimmt man zum Verrühren mit Farbe!‹ Er war Maler.« Auf der Suche nach Rauchomaad Dass aber Kartoffeln von Region zu Region ganz anders zube- reitet werden können, erzählt Petra Schwalbe: »Meine Mutter stammt aus dem Erzgebirge und hat natürlich einige Rezepte von dort mitgebracht. Eines davon ist die Rauchomaad oder Rauche- maad – ein einfaches Kartoffelrezept, das bei uns auch heute noch meist als Abendbrot gegessen wird.« Als Kind hatte Petra Schwal- be der komische Name immer beschäftigt. Und niemand – außer der Verwandtschaft im Erzgebirge – kannte dieses Gericht. Im In- ternet wurde sie dann bei Wikipedia und chefkoch.de schließlich doch fündig: Rauchomaad ist ein Pfannengericht aus gekochten, durch eine Presse gedrückten Kartoffeln, deren Masse nur einsei- tig knusprig gebraten und mit Kümmel gewürzt wird. »Durch das Gertraud Bühl bringt mit den Äpfelbaunzen ein Stück ihrer Knusprige hat man einen Geschmackseffekt wie von Kartoffel- Kindheit auf den Tisch. chips«, erklärt die Kartoffel-Liebhaberin ihr Lieblingsspeise. Doch nicht nur Kartoffel-Rezepte, die online jetzt auch unter www.magazin66.de zu finden sind, erreichten uns. Schweine- Wie schmeckt die Kindheit? Das haben wir in unserer vergan- kammbraten mit Bohnengemüse – das ruft in Ingrid Kassel (72) genen Ausgabe gefragt und etliche Zuschriften mit Rezepten aus Igensdorf Erinnerungen an den Besuch bei den Großeltern in und Geschichten erhalten. Wir wollen in unserer neuen Rubrik Wetzlar wach: »Der Geruch nach glücklicher Kindheit.« Deshalb von den Menschen und ihren Rezepten erzählen. Ziel ist es, wächst auch heute noch im eigenen Garten Bohnenkraut. Für diese zu sammeln und sie auf www.magazin66.de online zu Martina Roßner schmeckt die Kindheit nach dem Eierlikörkuchen veröffentlichen. Damit diese wertvollen Zeitdokumente nicht verloren gehen, sondern von der nächsten Generation wieder- gefunden, ja, wiederentdeckt werden können. Weitere kulina- rische Erinnerungen und die dazugehörigen Rezepte schicken Sie uns bitte per E-Mail an info@magazin66.de. S topfer mit Hutzlbirnen-Kompott, dieses Gericht gehört für Gertraud Bühl (83) heute noch zu ihren liebsten Kindheits- erinnerungen. Ihre Großeltern lebten am Stadtrand von Ansbach, und die kleine Gertraud verbrachte während der Kriegsjahre dort viel Zeit unterm Birnbaum. Dessen »Holzbirnen« verarbeitete ihre Oma zu Dörrobst, das wiederum zum Stopfer, wie die Franken zum Kartoffelbrei sagen, serviert wurde. Ob der Birnbaum noch steht? Gertraud Bühl winkt ab: »Ja schon, aber sonst erinnert nichts mehr an damals. Da ist ja heute nur noch Morast.« Bühl lebt bereits seit den 50-er Jahren in Nürnberg, ihr Lieblings-Gericht aus Kindertagen hat sie seitdem nicht mehr ge- gessen. Auch keine »Äpfelbaunzen«, eine weitere Leibspeise: »Das ist eine Art Knödel aus Kartoffelteig, die mit Apfelstücken gefüllt und in einer runden Emaille-Pfanne mit kleinen Mulden im Ofen Martina Roßner mit ihrem Eierlikörkuchen à la Oma. gebacken wurde«, erklärt die 83-Jährige (Rezept S. 7).
s ech s +s ec hz i g · A u sg a b e 2 / 2 02 1 Leseraktion 7 GesundheitsTalk zum Thema Schulter Schmerzt die Schulter bei Foto: Uwe Niklas bestimmten Bewegun- gen? Oder sind bereits erste Schädigungen an dem wichtigen Körperteil aufgetreten? Falls das der Fall ist, beschäftigen die Betroffenen viele Fragen. Beim ersten digitalen Rummelsberger Gesund- heitsTalk in Koopera- ihrer verstorbenen Großmutter. Die Welt bei ihrer Oma in Fürth tion mit dem Magazin empfand die heute 48-Jährige Nürnbergerin immer etwas bun- sechs+sechzig geben ter als Zuhause: »In Klatschblättern die neuesten Skandale aus Chefarzt Prof. Dr. Richard den europäischen Adelshäusern nachlesen, dazu Süßkram na- Stangl (rechts) und der leitende Oberarzt Dr. Lars Eden (links) schen«, Dauerfernsehen von »Wicki« bis zum »Blauen Bock« von der Schulter- und Ellenbogenklinik am Krankenhaus Rum- und stundenlang auf dem Sofa schmökern. Jedes Wochenende melsberg Auskunft zu typischen Beschwerden. Am Donnerstag, gab es einen köstlichen Kuchen. Und diese Tradition hat die Leh- 24. Juni 2021, ab 17 Uhr, werden die beiden Experten zunächst rerin zur Freude der Lockdown-gestressten Nachbarschaft und jeweils ein Impulsreferat halten und in einem von der Redaktion ihrer Familie weitergeführt. Die Rezepte für Kuchen und Gebäck des Magazins sechs+sechzig moderierten Chat zudem Fragen stehen in einem alten Kochbuch, das Martina Roßner nach dem aus dem Teilnehmerkreis beantworten. Tod der Großmutter erbte. Erst vor zwei Jahren stieß sie auf das Vom Schulterverschleiß bis hin zur Prothese reicht das Spekt- handschriftliche Rezept ganz hinten im Buch – für den Eierlikör- rum der wirksamen Behandlungsmethoden, die bei der Infor- kuchen. Sofort backte sie den Kuchen und holte sich so ein Stück mationsveranstaltung zur Sprache kommen. Prof. Dr. Richard glückliche Kindheit an den sonntäglichen Kaffeetisch zurück. Er Stangl beleuchtet vor allem verschiedene Aspekte zur inversen gehört seitdem wieder fest zum Familien-Ritual. (Rezept siehe Prothese, zu Kalkschulter und Impingement. Bei letzterem unten). führen eingeklemmte Weichteile sowie Sehnen zu Bewegungs- einschränkungen. TEXT: KATJA JÄKEL; FOTOS: MICHAEL MATEJKA Dr. Lars Eden hat den eher sportlichen Patienten im Blick. Er skizziert die wichtigsten Punkte bei Schäden an der Rotato- REZEPTE renmanschette, Schmerzen am Golfer-Ellenbogen oder am Tennisarm sowie Probleme bei Schulterinstabilitäten. Schon Eierlikörkuchen von Martina Zutaten: ab dem 50. Lebensjahr ist die Schulter nämlich bereits stör- Roßner 250g weiche Butter, anfällig und es entstehen meist zunächst unbemerkt erste Die weiche Butter mit dem 200g Zucker, Beeinträchtigungen. Zucker, dem Vanillezucker und 1 Prise Salz, 5 Eier, Eine Anmeldung für die kostenlose Teilnahme an der online dem Salz schaumig rühren. Dann 1/8 Liter Eierlikör, Talkrunde mit den Rummelsberger Schulterexperten ist not- die Eier nacheinander zugeben. 100g Schokostreusel oder wendig. Eine formlose Mail an folgende Adresse reicht aus: Das Mehl mit dem Backpulver backfeste Schokostückchen, info@magazin66.de. Der Link zur Teilnahme über Zoom wird vermengen und esslöffelweise 1 Päckchen Vanillezucker, allen angemeldeten Interessenten rechtzeitig zugesandt. unterrühren. Falls der Teig zu fest 1 Päckchen Backpulver, wird, jetzt schon einen Teil des 300g Mehl Eierlikörs zugeben. Darauf achten, Kicker suchen Mitspieler ab 55 Jahren dass die Masse homogen ist, wenn man den restlichen Eier- Die Sportgruppe Morlock ist seit 1953 offizieller Fanclub des 1. likör zugibt, sonst gibt es Klümpchen im Teig. Der Teig sollte FCN. Die Mitglieder fiebern nicht nur mit den Profis des Clubs, schwer reißend vom Rührstab fallen. Zum Schluss die Streusel sondern sind selbst auf dem Rasen aktiv. Jetzt suchen die Ama- oder Schokostückchen untermischen. Alles in eine gefettete teur- Fußballer dringend Nachwuchs. Das Mindestalter liegt bei und mit Mehl bestreute Gugelhupfform geben und im vorge- 55 Jahren, nach oben gibt es keine Grenzen. Die ältesten Spieler heizten Ofen bei 180°C Ober/Unterhitze oder bei 160°C Umluft sind bereits über 80, die meisten zwischen 65 Und 79 Jahre alt. etwa 50 Minuten (Stäbchenprobe machen) backen. Abkühlen Wer Interesse hat, wendet sich an den 2. Vorsitzenden der Seni- lassen. orensportler Rainer Eberle am besten per Mail: eberlin@gmx.de Zum Schluss ergänzt unsere Einsenderin Martina Roßner: »Meine Oma hat den Eierlikörkuchen immer noch mit einem Schokoguss überzogen, was ich als Kind besonders lecker Anbandeln in der U-Bahn nach Fürth fand.« Wer Franken liebt und den allerschönsten Dialekt, der hat seine Freude an Peter Trappes Eigenkompositionen. Der Musiker hat Äpfelbaunzen von Gertraud Bühl Zutaten: eine CD mit Songs aufgenommen, die das Lebensgefühl im Die gekochten Kartoffeln durch- 1 kg mehlige Kartoffeln Großraum Nürnberg, Fürth und Erlangen einfangen. Natürlich pressen, Ei, Salz und Öl zugeben 350 g Mehl (oder weniger, je reicht der Horizont des Musikers, der Rock, Folk und Blues und zu einem geschmeidigen Teig nach Teigbeschaffenheit) bevorzugt, auch darüber hinaus. Ob es um die Sorgen eines kneten. Wie bei Knödeln jeweils 1 Prise Salz, 1 Ei, 2 EL Öl Politikers in Schwanstetten geht, um das unverhoffte Wieder- eine Handvoll der Äpfel (mit Zimt 5-6 größere Äpfel, geschält sehen mit einer Jugendliebe in der Fürther U-Bahn oder um das und Zucker verfeinert) mit dem und gewürfelt Schäufele: Peter Trappe vertont alles und in Mundart. Teig umwickeln und in eine gefet- Zucker + Zimt, Butter Kontakt wegen der CD: petertrappe@t-online.de tete Auflaufform geben, mit But- terflöckchen belegen. Bei ca. 180° im Backofen ca. 30–40 Mi- nuten backen bis sie gut Farbe angenommen haben.
8 Aus dem Seniorenamt der Stadt Nürnberg s e ch s + s e ch z ig · A u s g a b e 2/ 20 21 Singstunde am Telefon Mit Einfallsreichtum überbrücken Senioreneinrichtungen die Krise Warten, dass das kulturelle Leben wieder hochfährt: Julius Leib und Mareen Bähr vom Seniorentreff Bleiweiß. F ür Elisabeth Knoll war der Senioren- nen Seniorenarbeit Tätige begleitet. Ma- tivieren ihn die Rückmeldungen aus dem treff Bleiweiß in Nürnberg immer reen Bähr ist zentrale Ansprechpartnerin Kreis der Senioren, die zeigen, wie wichtig eine gewohnte Anlaufstelle. Ihre für die Seniorennetzwerke. Sie bezeichnet die städtische Altenarbeit ist. »Auch, dass Woche bestand aus Wirbelsäulen- es als »größte Herausforderung herauszu- kleine Angebote funktionieren, hat mich gymnastik, Yogagruppe, und wenn der finden, welche Verordnung wofür passt, da angespornt«, ergänzt er. Singkreis am Mittwoch durch war, ging es die Angebote so vielfältig sind«. In regel- Er und seine Kollegin Mareen Bähr ken- langsam aufs Wochenende zu. Doch das ist mäßigen, digitalen Konferenzen tauscht nen zahlreiche Aktivitäten, die gegen die seit dem Ausbruch der Pandemie vorbei. sie sich mit den Koordinatorinnen der An- Einsamkeit während des Lockdowns wir- Die Wochentage verschwimmen bei ihr. gebote in den Stadtteilen aus. ken. Dafür wurde viel angestoßen: ange- Die Regelmäßigkeit des Kursprogramms fangen bei den »Gemeinsambänken« in St. im Bleiweiß hätte Sicherheit in den Alltag Begierig auf Austausch Johannis und Ziegelstein, die zum Plausch gebracht. Die 83-Jährige ist nicht die ein- Als im Sommer 2020 Veranstaltungen im einladen, über generationenübergreifende zige, die sich umstellen musste. Kurslei- Freien wieder möglich waren, hätten sich Kontakte durch regen Briefaustausch zwi- tungen und städtische Programmplaner die Organisatorinnen »wie Flugbegleiterin- schen Grundschülern und Älteren bis zum stehen ebenfalls vor neuen Herausforde- nen gefühlt, weil sie immer wieder auf die »Brieftaubentanz«, wie ein gemeinsames rungen. Abstandsregeln hinweisen mussten«. Die Tagebuch-Projekt in Muggenhof heißt, das »Ein halbes Jahr haben wir keine Kurse Leute seien aber sehr begierig sich auszu- Jung und Alt verbindet. mehr durchgeführt, das ist bitter für uns, tauschen, manche hören schlecht, und so Kontakt gehalten hat auch Maxi Zieger weil es bitter für unsere Teilnehmer ist«, rücke man eben zusammen. Doch das ist er während der ganzen Zeit. Sie leitet den fasst Julius Leib zusammen. Der Leiter des nicht erlaubt. Wie die »Coronapolizei« sei- beliebten Singkreis im Bleiweiß mit mehr Seniorentreffs Bleiweiß hatte an Ostern en sich die Kursleiterinnen und städtischen als 50 Mitgliedern, die meisten im Alter gemeinsam mit den Kursleiterinnen und Mitarbeiterinnen vorgekommen. Das sei von 80 plus. Die wöchentlichen Gruppen- Mitarbeiterinnen erneut ein Programm eine Rolle, die ihnen gar nicht behage. treffen hätten wie ein Lebenselixier ge- zusammengestellt. Zum dritten Mal. Und »Man muss aufpassen, dass man nicht in wirkt. »Das tut der Seele unheimlich gut«, zum dritten Mal weiß er nicht, ob er zu- eine Problem-Trance hineinrutscht«, meint sagt die 75-Jährige. Wenn jetzt die Mit- mindest Teile davon verwirklichen kann Julius Leib. Persönlich hilft dem 38-Jährigen glieder das Singen von alten Schlagern, oder gar nichts. sein familiäres Umfeld. Bei den gemeinsa- bekannten Volksliedern und beliebten Diese Unsicherheit liegt vor allem an men Aktivitäten mit seiner Frau Tanja und Potpourris sehr vermissen, rufen sie ihren den sich ständig verändernden Vorschrif- den beiden Kindern Rosa (4 Jahre) und An- Musiker mit dem Schifferklavier an. Dann ten, die Leib und viele andere in der offe- ton (7 Jahre) tankt er Kraft. Außerdem mo- schalten sich mehrere Teilnehmer telefo-
s ech s +s ec hz i g · A u sg a b e 2 / 2 02 1 Aus dem Seniorenamt der Stadt Nürnberg 9 nisch hinzu und singen zu seiner Begleit- Bleiweiß-Teams sind für sie eine willkom- sollte doch bald wieder gehen. Julius Leib musik. Das tröstet darüber hinweg, dass mene Abwechslung. Kursleiterin Barbara und das Team aus dem Seniorenamt sind man sich schon länger nicht mehr persön- Zülch-Ludwig erkundigt sich öfter nach auf jeden Fall vorbereitet. Noch hofft der lich getroffen hat. ihrem Befinden. Bereichsleiter, dass sich das Sommerkon- Ein bisschen Aufmunterung könnte Früher war Helga Orff eine »leiden- zert im Seniorentreff Heilig Geist durch- auch Helga Orff gebrauchen. Die 80-Jäh- schaftliche Stadtgängerin«. Aber auch dort führen lässt, notfalls nicht wie gewohnt rige hat im Bleiweiß regelmäßig am Ge- war das ganze Frühjahr über »tote Hose«. mit 300 Zuhörern, sondern in kleinerem dächtnistraining teilgenommen und am Es sind keine großen Wünsche, die sie für Kreis. Die Unplanbarkeit der Veranstaltun- Gesprächskreis. Im Seniorentreff Heilig die Zeit nach dem Lockdown hegt: »Eine gen ist eine Tatsache, an die er sich inzwi- Geist hat sie außerdem einen Malkurs be- Tasse Kaffee trinken im schönen Garten schen gewöhnt hat. Trotzdem hält er an sucht. »Ich verdumme langsam«, beklagt der Stadtbibliothek oder einfach auf der Bewährtem fest und denkt schon an die sie. Sie unternehme nichts mehr, alleine Bootsterrasse am Dutzendteich sitzen Weihnachtsgala, die seit jeher ein fester mache ihr das Malen keinen Spaß. Ihr feh- und eine Kleinigkeit genießen«, zählt die Bestandteil im Jahreskalender der Nürn- len Motivation und Austausch. Aus dem Stammkundin im Treffpunkt Bleiweiß die berger Senioren ist. Kreis der Teilnehmer hätten sich einige Ereignise auf, auf die sie sich freut. stark in die Familie zurückgezogen, berich- »Auf Los, geht‘s los«, ist Elisabeth Knoll TEXT: PETRA NOSSEK-BOCK tet sie. Anderen ergehe es ähnlich wie ihr, überzeugt und steht schon in den Startlö- FOTO: KAT PFEIFFER die »faul geworden ist«. Die Anrufe des chern. Singen unter freiem Himmel, das So erlebten die Älteren den Corona-Alltag I n Talkshows kommen sie eher selten Schulterklopfen vermisst. Aber dafür zu Wort. Da reden Politiker (häufig werden neue Wege ausprobiert. Ob auf auch schon selbst im Seniorenalter) der digitalen Ebene oder ganz traditionell und Experten darüber, wie Ruhe- per Telefon halten die Älteren Kontakt, ständler am besten durch die Pandemie tauschen sich aus, halten durch und spre- kommen. Aber was denken die alten chen sich gegenseitig Mut zu, wenn die Menschen wirklich über die von Corona Coronazeit nicht zu enden scheint. geprägten Monate? Wie haben sie die Die Erzählungen, Anmerkungen, Einschränkungen im Alltag erlebt, und Beobachtungen ergänzen Fakten, die was macht ihnen Hoffnung? Einen Ein- das Geschehen dokumentieren. Herbert blick in die Gedankenwelt der durch die Heinzelmann, alias »halef«, den Lesern Pandemie zur »Risikogruppe« mutier- unseres Magazins als Autor wohlbe- ten Gruppe gibt die Broschüre »Meine kannt, stellte dafür Auszüge aus seinem Corona Dauerwelle« mit einer Sammlung Tagebuch zur Verfügung. Seine Passagen mehr. Die heutige Altengeneration ist von Beiträgen von Älteren und Betagten, erinnern uns an die Stimmungen und nicht nur aktiv und kritisch, sie pocht herausgegeben vom Nürnberger Senio- Bestimmungen aus der Anfangszeit der auch darauf, dass sie ihr Leben selbst ge- renamt. Pandemie und zeigen auf, wie schnell staltet, auch in Krisenzeiten wie während Der Aufruf über Seniorennetzwerke manches in Vergessenheit gerät. der Corona-Dauerwelle. Gleichzeitig ist und in anderen Kanälen hatte Erfolg. Ein hübscher Einfall sind die einge- die Bereitschaft erkennbar, Unterstüt- Was an Post im Seniorenrathaus am streuten Diagramme, die wie Fieber- zung anzunehmen, aber auch der Wille, Hans-Sachs-Platz in Nürnberg eintraf, kurven den Zustand der Gesellschaft selbst etwas zu tun. Kurz gesagt, diese überraschte das Team. Unter den Einsen- anzeigen. Je höher der Inzidenzwert, Generation weiß sich zu helfen und hofft dungen waren viele lesenswerte Texte. umso drastischer wurde die besonders dennoch, dass sie bald wieder an die Vor- Sie regen an, sich zu fragen: Wie habe verletzliche, sogenannte »vulnerable Coronazeit anknüpfen kann. ich denn die Einschränkungen im ersten Gruppe« der Alten in den Mittelpunkt der Lockdown empfunden? Wie war es wäh- Aufmerksamkeit von Politik und Medien PETRA NOSSEK-BOCK rend der zweiten Welle der Pandemie? gerückt. Ganz unterschiedliche Sichtweisen Das wohl größte Verdienst dieser Die kostenlose Broschüre »Corona-Dauer- treten dabei zutage. Aber eines eint die Publikation aus dem Nürnberger Senio- welle« liegt an der Pforte im Heilig-Geist- Generation, die sich hier zu Wort meldet: renamt ist, dass sie ein selbstbestimmtes Haus, Hans-Sachs-Platz 2, 90403 Nürn- Sie hält viel aus. Natürlich wird die Nähe Altenbild transportiert. Sie zeigt: Für die berg, aus und kann von Montag bis Freitag zu Enkeln und Freunden, die Umarmung, Menschen jenseits der 60 gilt die Formel zwischen 8:30 und 16 Uhr abgeholt werden. der Händedruck, das aufmunternde »satt + sauber = zufrieden« längst nicht
10 Aus dem Seniorenamt der Stadt Nürnberg s e ch s + s e ch z ig · A u s g a b e 2/ 20 21 Angebote im Treff Bleiweiß Bewegung und Begegnung Treff Bleiweiß Hinweis »Frieden geht – Geht Frieden?« Hintere Bleiweißstraße 15 Für sämtliche Veranstaltungen Alternative Stadtführung an Orte 90461 Nürnberg auf dieser Seite gilt: des Friedens und der Menschenrechte Öffentlicher Nahverkehr: Eine Anmeldung ist zwingend erforderlich Veranstaltung in Kooperation mit dem Straßenbahnlinien 7, 8 – Haltestelle (begrenzte Teilnehmerzahl). Fenster zur Welt, im Rahmen des Projekts Schweiggerstraße; Der Treffpunkt / Veranstaltungsort wird »Frieden leben«. Straßenbahnlinie 6 – Haltestelle Hars- bei der Anmeldung bekannt gegeben. Donnerstag, 01. Juli 2021, 15.30 bis 17.30 Uhr Beitrag: 2 Euro (1 Euro Nürnberg-Pass) dörfferplatz Die Anmeldung ist ab sofort, bis spätes- tens eine Woche vor der Veranstaltung, Die Angebote sind in der Hoffnung ge- möglich. Die »Nordstadtgärten«: Wohnen auf plant, dass sich zum jeweiligen Veranstal- Es gelten die aktuellen infektionshygieni- dem früheren Areal der Traditions- tungszeitpunkt mehrere Menschen aus schen Regelungen und Maßnahmen. brauerei Tucher verschiedenen Haushalten unter Beach- Anmeldung telefonisch unter Dirk Peters, Projektsteuerer und Prokurist tung infektionsschützender Maßnahmen 09 11 / 2 31 82 24 oder 09 11 / 2 31 82 32 der KIB Gruppe, wird uns durch eines der begegnen können bzw. dürfen. Je nach oder via E-Mail an größten Wohnbauprojekte in Nürnberg Entwicklung des Infektionsgeschehens seniorentreffs@stadt.nuernberg.de führen. und abhängig von politischen Entschei- Büro- und Kassenzeiten: Montag, 12. Juli 2021, 15.30 bis 17 Uhr dungen zur Eingrenzung der Corona- i.d.R. Mo-Do, 9 bis 13 Uhr Eintritt frei Pandemie kann es sein, dass Termine abgesagt werden müssen. Das Garnisonsmuseum im Stadtteil Hohe Marter Museumsleiter Michael Kaiser veranschau- licht die Wechselbeziehungen zwischen Mi- litär und Gesellschaft in den verschiedenen Epochen. Zugang nicht barrierefrei. Ausflüge und Wanderungen Spurensuche im Landeskirchlichen Mittwoch, 11. August 2021, 14 bis 15.30 Uhr Archiv der evangelisch-lutherischen Beitrag: 4 Euro (2 Euro Nürnberg-Pass) Von Kalchreuth über Heroldsberg Kirche in Bayern nach Buchenbühl Urkunden, Akten, Bücher, Fotos und Grafi- Von der Uferstadt zum Stadtpark – Wanderführer: Helmut Ros ken machen das LAEKB zum »Gedächtnis« ein Spaziergang im Grünen Wanderstrecke: ca. 11 km der Landeskirche. Das Archiv stellt Kir- Dünen in Fürth? Mitbringsel der Pegnitz? Donnerstag, 17. Juni 2021, 9.15 bis 17 Uhr chenbücher aus über 500 evangelischen Schneewittchen im Stadtpark? Antworten Beitrag: 3 Euro (1,50 Euro Nürnberg-Pass) Pfarrämtern in Bayern zur Ahnen- und gibt es bei diesem Spaziergang. Benötigte Fahrkarte: TagesTicket Plus, Zone 4 Heimatforschung zur Verfügung. Kirchenar- Mittwoch, 10. September 2021, 14 bis 15.30 Uhr chivoberrat Dr. Daniel Schönwald gibt einen Leitung: Gerda Distler Von Cadolzburg nach Langenzenn Einblick in Magazine und Lesesaal. Beitrag: 5 Euro (2,50 Euro Nürnberg-Pass) Wanderführer: Helmut Ros Mittwoch, 23. Juni 2021, 14 bis 15.30 Uhr Wanderstrecke: ca. 10 km Eintritt frei Donnerstag, 08. Juli 2021, 9.50 bis 17 Uhr Gesund und aktiv älter werden im Stadtteil Beitrag: 3 Euro (1,50 Euro Nürnberg-Pass) Vom Wöhrder See zum Zeltnerweiher Benötigte Fahrkarte: TagesTicket Plus, Zone 4 In Kooperation mit dem Seniorennetzwerk Entlang des ersten Elektrizitätswerks Nürn- Südstadt-Ost bergs führt der Weg übers »Baggerloch« (Biergarten-Geheimtipp) bis zum Zeltner- Besichtigungen Vitamin D – Mode oder Mangel? schloss. Donnerstag, 24. Juni 2021, 14 bis 15 Uhr Welche Aufgaben und Funktionen Vitamin D Der Burggarten im menschlichen Körper hat und welche Leitung: Rainer Eck; Beitrag: 1 Euro Lassen Sie sich in die spannende Geschich- Grenzen der Anwendung es gibt, stellt te und die Geheimnisse einer Gartenoase Fachapothekerin Margit Schlenk vor. entführen. Besuch des Nürnberger Tierfriedhofs In Kooperation mit dem Seniorennetzwerk Freitag, 11. Juni 2021, 16 bis 17 Uhr Erfahren Sie Interessantes über die Verab- Südstadt-Ost Leitung: Harald Lebender (»Gärten für die schiedungsrituale und Bestattungsformen Montag, 07. Juni 2021, 14 bis 15 Uhr Seele«) für Haustiere. Eintritt frei Beitrag: 5 Euro (2,50 Euro Nürnberg-Pass) Montag, 28. Juni 2021, 14 bis 15 Uhr Leitung: Angela Aures; Eintritt frei Waldbaden und Durchatmen Wir schlendern gemeinsam ein kurzes Stück Weg durch den Wald und erleben uns und ihn mit neuen Impulsen. Die Veranstaltung findet bei jedem Wetter, außer bei Gewitter und Sturm, statt. Dem Wetter entsprechen-
s ech s +s ec hz i g · A u sg a b e 2 / 2 02 1 Aus dem Seniorenamt der Stadt Nürnberg 11 Lebensspur Gesund abnehmen – wie sinnvoll Foto: Wolfgang Gillitzer und nachhaltig sind Diäten? Dick und glücklich-unmöglich? Diätassistentin Franziska Franke zeigt, wie Abseits von Diäten zeigt Elisabeth Doblers man gesund und nachhaltig das Gewicht Buch »Dick und glücklich durchs Leben tan- reduzieren kann, um sich wieder rundum zen« Wege zu einem besseren Körpergefühl wohl zu fühlen. und einem glücklicheren Leben auf. Mittwoch, 15. September 2021, 14 bis 15 Uhr Montag, 14. Juni 2021, 14 bis 15.30 Uhr Eintritt frei Eintritt frei Mode mit mehr Wert Apps für ein gepflegtes Äußeres und Gesundheit VINTY´S verbindet den ökologischen Um- gang mit Mode und das Engagement für die Um die Wahl im App-Store zu erleichtern, »Eine Welt«. Irina Seidner gibt Einblicke. filtert IT-Fachmann Chris Bellaj die hilf- Freitag, 17. September 2021, 11 bis 12.30 Uhr reichsten Apps heraus und erläutert deren Eintritt frei Installation und Deaktivierung. Donnerstag, 17. Juni 2021, 16 bis 17.30 Uhr Beitrag: 5 Euro (2,50 Euro Nürnberg-Pass) Vorträge und Workshops de Kleidung, evtl. Sitzkissen, Getränk und Vesper mitbringen! Mehr Haar, wie schön Die wunderbare Welt der Tablets Montag, 14. Juni 2021, 10 bis 12 Uhr Grundlagenseminar 1: Verschiedene Tablet- Jürgen Rieswick, Nürnbergs einziger von der Leitung: Alexandra Thiele Computer-Systeme und ihre Handhabung: Pike auf gelernter Friseur-und Perücken- Beitrag: 5 Euro (2,50 Euro Nürnberg-Pass) 09. Juni machermeister, gibt einen Einblick in die heutige Welt des Zweithaars. Grundlagenseminar 2: Bedeutung und Ein- Ruhig atmen – Energie tanken Samstag, 03. Juli 2021, 10 bis 11.30 Uhr satz von Apps: 16. Juni Wer Atmen übt, kann damit seinen Blut- Eintritt frei Seminar 3: Foto und Film: 23. Juni druck senken, Schmerzen lindern, Ängste Seminar 4: Navigation und Wandern: 30. Juni verringern und Aufmerksamkeit stärken. Kein alter Hut – Hutmacher Brömme Seminar 5: Essentielle Apps: 07. Juli Gerhard Hack begleitet Sie mit bewährten Seminar 6: Gesundheit und Fitness: 14. Juli Lernen Sie historische Maschinen zur Die Seminare sind voneinander unabhängig Übungen im Sitzen. Hutherstellung kennen und finden Sie he- buchbar. Je 14 bis 16 Uhr. Treff Bleiweiß, Club- Montag, 19. Juli 2021, 14 bis 15 Uhr raus, welche Kopfbedeckung am besten zu raum. Beitrag je Seminar: 18 Euro Leitung: Gerhard Hack; Eintritt frei Ihnen passt. Donnerstag, 08. Juli 2021, 14 bis 15 Uhr Einatmen-Ausatmen-Durchatmen Leitung: Marie-Luise Schneider Infoveranstaltung: Notebook, Durch Training und therapeutische Maß- Beitrag: 5 Euro Tablet, Smartphone & Co. nahmen kann der Sauerstoffaustausch im Teil 1: Eigenschaften und Leistungsfähigkeit Körper intensiviert werden. Zwei Atemthe- Lächeln verschönt ... uns selbst … von Notebook, Tablet und Smartphone; Vor- rapeutinnen geben Einblick in ihren thera- und unseren Alltag und Nachteile der verschiedenen Tablet- peutischen Alltag und Möglichkeiten. Betriebssysteme. Referentinnen: Pauline Tekenbroek-Zeißler Überall begegnen uns lange Gesichter und Teil 2: Telefon- und Handyverträge – welche und Kathrin Jänsch ernste Mienen, bedeckt durch eine Maske. Leistungen sind sinnvoll? Dienstag, 20. Juli 2021, 15 bis 16 Uhr Inge Zink zeigt, wie wir mit kleinen Übun- Teil1: Mittwoch, 21. Juli 2021, 14 bis 15.30 Uhr Eintritt frei gen und Ritualen das Lächeln in unseren Teil 2: Mittwoch, 28. Juli 2021, 14 bis 15.30 Uhr Tagesablauf einbinden können und damit Vortragende: Jochen Wölfel, Chris Bellaj sofort gute Laune herbeizaubern. Eintritt: 12 Euro pro Veranstaltung. Die beiden Im Quartier Donnerstag, 15. Juli 2021, 14 bis 15.30 Uhr Veranstaltungen können unabhängig Eintritt frei voneinander gebucht werden. Olio Extra Vergine di Oliva – das flüssige Gold Einführung in die Aromatherapie Vollmacht, Betreuungs- und Eva Maria Göß gibt einen Überblick über Erfahren Sie Grundlegendes über die »Aro- Patientenverfügung Ernte und Entstehung des exklusiven Öls. matherapie« und lernen Sie wichtige Aspek- Über die verschiedenen Möglichkeiten Im Anschluss wartet eine kleine Verkostung te für die Anwendung und deren Grenzen informiert Ina Bürkel von der Betreuungs- des Öls auf Weißbrot. kennen. Bitte kommen Sie unparfumiert! stelle der Stadt Nürnberg. Mittwoch, 14. Juli 2021, 14 bis 15 Uhr Donnerstag, 22. Juli 2021, 14 bis 15.30 Uhr Montag, 05. Juli 2021, 14 bis 15.30 Uhr Vortragende: Eva Maria Göß; Eintritt frei Treff Bleiweiß, Clubraum Eintritt frei Beitrag: 3 Euro (1,50 Euro Nürnberg-Pass) Kunst und Literatur Besuch des Seifen-Werks der »Ohne Krimi geht die Mimi nicht ins Lebenshilfe Nürnberg Bett...« – heitere Krimilesung Handgemachte Seifen, Duschgele und Badesalze, hergestellt in der inklusiven Einen Mix aus Spannendem und Humorvol- WerkStadt. Helmut Mackert erläutert die lem serviert an diesem Nachmittag Harry Herstellung und gibt einen Überblick über Roggow. Die Zuhörer können sich beim Arbeitsweise und Weiterentwicklung der Krimi-Rätsel selbst als Detektive betätigen. WerkStadt. Für alle Veranstaltungen gilt: Mittwoch, 21. Juli 2021, 14 bis 15.30 Uhr Mittwoch, 04. August 2021, 14 bis 15 Uhr • Begrenzte Teilnehmerzahl Treff Bleiweiß, Clubraum Eintritt frei • Anmeldung zwingend erforderlich Beitrag: 2 Euro (1 Euro Nürnberg-Pass) • Hygienevorschriften beachten
12 Aktuell s e ch s + s e ch z ig · A u s g a b e 2/ 20 21 Klimawandel heizt Älteren besonders ein Prof. Thomas Kühlein spricht im Interview über Lösungswege E s gibt Vieles, was uns gegenwärtig beunruhigt: Covid 19, Wie wirkt sich das auf den Körper aus, etwa auf den Blutdruck? die Klimakrise, die unsichere wirtschaftliche Situation, der Wenn die Flüssigkeitsmenge im Körper abnimmt, wird der Blut- gesellschaftliche Umbruch und der Aufbruch in ein digita- druck erst einmal sinken. Das ist an sich zunächst nichts Schlim- les Zeitalter. Das alles müssen wir psychisch und physisch mes, solange es innerhalb bestimmter Grenzen bleibt. Infolge verkraften. Eine stabile, jugendliche Konstitution ist dabei hilf- des Flüssigkeitsmangels passieren komplexe Dinge im Körper. reich. Wie aber geht es alten Menschen, die ohnehin mit gesund- Beispielsweise werden die Nieren nicht mehr durchspült und da- heitlichen Einschränkungen leben müssen? Wie verkraften sie die durch geschwächt. Bei einem schnellen Flüssigkeitsverlust kann aufgeregten Zeiten, die schnell wechselnden Temperaturen oder es gerade bei Senioren, wenn die Niere schon altersbedingt vor- die extrem starke Hitze, die uns in den vergangenen Jahren heim- geschädigt ist, zu einem akuten Nierenversagen kommen. Die suchte und die uns auch in Zukunft belasten wird? Diesen Aspekt Niere stellt abrupt ihre Funktion ein, und das kann auch zum Tod beleuchtet aus ärztlicher Sicht der Erlanger Mediziner Prof. Dr. führen. Bei rechtzeitiger Behandlung im Krankenhaus kann sich Thomas Kühlein, der an einer bisher wohl einmaligen, noch nicht die Niere zwar wieder erholen, aber es bleibt ein Schaden. Wenn veröffentlichten Forschungsarbeit über die Auswirkungen des Kli- so etwas öfter passiert, kann die Niere irgendwann ihre Funktion mawandels auf ältere Menschen beteiligt ist. nicht mehr erfüllen. Wie häufig sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen? sechs+sechzig: Herr Prof. Kühlein, laut Weltgesundheitsor- Wir müssen hier unterscheiden. Es gibt die kardiovaskulären Er- ganisation ist der Klimawandel die wohl größte Bedrohung krankungen (Erkrankungen des Herzens und der Gefäße, die Red.), für die Gesundheit. Das stellte die WHO fest, noch bevor uns die hier nur begrenzt eine Rolle spielen. Sie entstehen hauptsäch- Corona beschäftigte. Gibt es einen Zusammenhang zwischen lich durch bekannte Risikofaktoren, wie etwa Rauchen, Bluthoch- Klimawandel und Corona, weil in beiden Fällen ältere Men- druck. Die Adern verkalken zunehmend, mit möglichen Folgen schen besonders betroffen sind? wie Schlaganfall oder Herzinfarkt. Es gibt aber noch einen ande- Thomas Kühlein: Nicht direkt. Aber es ist schon so, dass besonders ren Aspekt: Durch Austrocknen bei Flüssigkeitsmangel wird das die alten Menschen leiden. Denn besonders betroffen sind immer Blut zähflüssiger, und dann steigt die Gefahr von Thrombosen. diejenigen, die sich am wenigsten schützen können. Durch den Klimawandel werden auch Starkregen und Über Konkret ist die Hitze eine der spürbarsten Folgen des Klima- flutungen zunehmen. Führt das zu zusätzlichem Stress bei wandels. Wie wirkt sie sich auf ältere Menschen aus? älteren Menschen? Das Problem ist zunächst einmal der Flüssigkeitsverlust durch das Wenn ein bislang friedlicher Bach durch lokale Starkregen plötz- Schwitzen. Wer da nicht genug trinkt, trocknet aus. Früher, das lich zur tobenden Schlammlawine wird, erzählte mir mein Schwiegervater, galt die Regel, man solle beim versetzt das die dortigen Bewohner Wandern oder auf Bergtouren möglichst wenig trinken, weil man in Dauerstress. Bei jedem Regen sonst zu sehr schwitzt. Heute rennen die jungen Menschen über- denken sie, es könnte gleich all mit Trinkflaschen herum. Wie viel man trinken soll? Ein Fach- wieder passieren. Eigentlich mann hat ironisch als Regel das »hochkomplexe Phänomen Durst« sind wir ja in der Regel sinn- vorgeschlagen. Doch viele ältere Leute reagieren nicht mehr so los positive Wesen (lacht), auf das Durstgefühl. Außerdem haben sie oft Angst, zu oft auf die wo doch Menschen mit Toilette zu müssen oder sind wegen einer Inkontinenz vorsichtig. Depressionen eine realisti- schere Sicht auf die Zukunft haben. Das ständige Be- ZUR PERSON wusstsein des Klimawandels Prof. Dr. med. Thomas Kühlein ist Facharzt für All- – man muss sich nur mal gemeinmedizin und war nach seiner Tätigkeit als die kaputten niedergelassener Arzt von 2006 bis 2013 wissen- schaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung All- gemeinmedizin und Versorgungsforschung der Universität Heidelberg, wo er auch habilitierte. 2013 folgte Kühlein dem Ruf auf den ersten regulären Lehrstuhl für Allgemeinmedizin Bayerns am Univer- sitätsklinikum der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). Zugleich ist er auch hausärztlich tätig, als Ärztlicher Leiter des Me- dizinischen Versorgungszentrums Eckental, einer Einrichtung der FAU.
s ech s +s ec hz i g · A u sg a b e 2 / 2 02 1 Aktuell 13 Wilhelm Uhlig – Leben und Werk Foto: Annette Kradisch Wälder anschauen – und jetzt auch der Dauerbeschuss mit Co- rona-Nachrichten sorgen für weiteren Stress, und das summiert sich. So kommen wir in eine Dauer-Alarmstimmung. Sie hatten es eingangs kurz erwähnt: Die äußeren Lebensum- stände spielen eine große Rolle. Welche sind das? Es ist bei zunehmenden Temperaturen wichtig, dass man tags- über die Fenster geschlossen hält, um die Hitze abzuhalten, wie Zum 90. Geburtstag des bekannten Künstlers Wilhelm Uhlig es Südländer schon lange tun, und nachts bei offenem Fenster hat die Kunstvilla in Nürnberg eine Retrospektive auf die Bei- die Kühle herein lässt. ne gestellt. Der Meister der figürlichen Darstellung kann auf »Viele werden immer In großen Wohnungen eine lange Schaffensperiode zurückblicken. Die Antike und die geht das leicht, aber je Klassische Moderne gaben dem früheren Leiter der Nürnber- lethargischer, weniger kleiner die Wohnung, ger Kunstakademie wichtige Impulse für das eigene Wirken. desto schwieriger wird aktiv, weil sie einfach es. Wenn sich mehrere Die Ausstellung in der Kunstvilla (Blumenstraße 17) mit Torsi, Portraits und Skulpturen bezieht den Außenraum mit ein und nicht mehr können. « Leute in der Wohnung ist bis zum 3. Oktober 2021 zu sehen. Infos zu Öffnungszeiten aufhalten, können sie es und Corona-Auflagen unter Tel. 0911 231-1401 oder nicht den ganzen Tag bei geschlossenem Fenster aushalten. Und www.kunstvilla.org wenn sie in der Stadt wohnen, wo relativ große Häuser dicht bei einander stehen, heizen sich die Mauern tagsüber auf und nachts kommt wenig Kühle herein. Technik für Großmütter und Beim Wohnungsbau müssen aber auch die Bauträger mitmachen. Enkelinnen Ja, da haben Sie wieder das Gefälle in der Gesellschaft. Wer ein Mit viel Engagement hat das Museum Frauenkultur in Fürth- Haus besitzt, hat Möglichkeiten. Wer in einem Wohnturm lebt, Burgfarrnbach das Thema Frauen und Technik aufbereitet. muss damit rechnen, das sich die Wohnung im Sommer ordent- Herausgekommen ist eine Ausstellung, die bis zum 31. Oktober lich aufheizt. In den oberen Stockwerken lässt sich auch nichts zeigt, dass es in der Metropolregion eine ganze Reihe heraus- verschatten. Die Häuser müssten besser isoliert und mit guten ragender Pionierinnen, Forscherinnen und Arbeitnehmerinnen Fenstern ausgestattet sein. gibt. Anregungen, sich mit technischen Berufen zu befassen, finden natürlich nicht nur Großmütter und Enkelinnen, sondern Rechnen Sie damit, dass die Praxen zunehmend von älteren auch alle anderen Besucher. Dazu tragen der Ausstellungskata- Patientinnen und Patienten aufgesucht werden, die über Hit- log und ein Begleitprogramm bei. zeschäden und Ähnliches klagen? Infos unter www.frauenindereinenwelt.de Es ist eher so, dass die gar nicht kommen und klagen, sondern dass man da aufpassen und hinfahren muss. Viele werden im- mer lethargischer, weniger aktiv, weil sie einfach nicht mehr Neustart der Altenakademie können. Gefährlich ist es, wenn sie durch die Hitze immer Ab Herbst möchte die Altenakademie in Nürnberg wieder rich- schwächer werden und nicht mehr reagieren. Da müssen Ange- tig loslegen. Nach einem ausgedünnten Programm und einem hörige sensibilisiert werden, dass sie öfter mal vorbeischauen, ganz ausgefallenen Semester sortiert sich die traditionelle gerade während einer Hitzewelle, und vielleicht mal einen Kas- Altenbildungsstätte neu. Dazu gehört, dass sich die Zusammen- ten Wasser in die Wohnung stellen und dafür sorgen, dass er setzung des Vorstands geändert hat. auch getrunken wird. An der Spitze der Altenakademie steht seit Ende April Peter Ensinger. Sein Stellvertreter sind Reinhold Grötsch und Hans Bei Corona gibt es dank der Impfung nun Hoffnung für Äl- Lehrburger. Insgesamt gehören dem Vorstand 16 Mitglieder an. tere, gesund zu bleiben. Sehen Sie beim Klimawandel einen Das bisher amtierende Leitungsteam stand aus verschiedenen ähnlichen Hoffnungsschimmer? Gründen nicht mehr zur Verfügung. Bei Corona bin ich ganz positiv, dass wir demnächst alles wieder Nun wird bereits intensiv für den Herbst geplant. Im Juni wird in normale Bahnen bekommen. Beim Klimawandel ist dies nach bereits die zeitlich gestreckte Einschreibung für das Winter- wie vor möglich. Es ist fünf vor zwölf. Das ist eine Hauptaufga- semester eröffnet. Das gedruckte Programm wird erst Anfang be. Eine zweite ist die Verteilungsgerechtigkeit auf der Welt. Wir September ausliegen. Dennoch sind Anmeldungen schon jetzt haben hier bei uns zum Teil in der Medizin eine Überversorgung möglich. Die ausgegeben Hörerausweise gelten für zwei Semes- mit immer neuen Medikamenten, deren zusätzlicher Nutzen ter bzw. ein Jahr für alle Veranstaltungen und kosten 25 €. überschaubar ist, auch bei altersbedingten Krankheiten. Anders- Vor der Corona Pandemie zählte die Altenakademie rund 2100 wo herrscht große Knappheit. Das führt zu Unzufriedenheit über feste Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Insgesamt 17 000 die ungleiche Verteilung der Chancen. Da überlappt sich Corona Menschen nutzten in einem Jahr das vielfältige Kursangebot. mit dem Klimawandel. Der neue Vorsitzende Peter Ensinger hofft, dass die einstigen Spitzenwerte bald wieder erreicht sind. INTERVIEW: HERBERT FUEHR; FOTO: MILE CINDRIC
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