Fort- und Weiterbildung in der Altenpflege in Berlin - Eine Herausforderung für den Pflegealltag - Expertise Erarbeitet im Rahmen des Projektes ...

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WERT.ARBEIT GmbH, Berlin

Fort- und Weiterbildung in
der Altenpflege in Berlin –
Eine Herausforderung für
den Pflegealltag
Expertise
Erarbeitet im Rahmen des Projektes
Fachkräftesicherung in der Altenpflege
Berlin, September 2015

Herausgeber:
WERT.ARBEIT GmbH, Berlin
Gesellschaft für Arbeit, Chancengleichheit und Innovation
Albrechtstr. 11 a
10117 Berlin

Telefon: 0 30 / 2 80 32 08 - 6
Telefax: 0 30 / 2 80 32 08 - 89
E-Mail: info@wertarbeitgmbh.de
www.wertarbeitgmbh.de

und PD Dr. Steffi Badel, Prof. em. Dr. Dieter Squarra und
Diana Stuckatz M.A.

Die Expertise „Fort- und Weiterbildung in der Altenpflege –
Eine Herausforderung für den Pflegealltag“ wurde im Rahmen
des Projektes Fachkräftesicherung in der Altenpflege erstellt.

Das Projekt wird im Rahmen des Programms BerlinArbeit der
Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen gefördert
und aus Mitteln des Landes Berlin finanziert.
INHALT

Einleitung                                                                                            5

Begriffliche Abgrenzungen                                                                             7

1 Spezifik des Lernens Erwachsener und Konsequenzen für die Qualität von Weiterbildung               10

2 Die Situation in der Altenpflege                                                                   14

3 Formale Weiterbildungsangebote                                                                     20

4 Non - formale Weiterbildungsangebote                                                               26

5 Gesetzliche Grundlagen                                                                             33

6 Motive zur Teilnahme der Pflegehilfskräfte und der Pflegefachkräfte
  an formaler und non-formaler Weiterbildung                                                         36

7 Wünsche der Pflegekräfte für Weiterbildungsangebote                                                42

8 Hemmnisse und Hürden bei der Umsetzung von Weiterbildung                                           48

9 Förderinstrumente und Finanzierungswege                                                            54

10 Informationsquellen und Kontakte in Berlin zu formalen Weiterbildungsangeboten im Pflegebereich   58

11 Modulare Struktur der Fort- und Weiterbildung                                                     62

12 Literatur                                                                                         80

13 Anhang                                                                                            84

  Autoren                                                                                            86

  Fachkräftesicherung in der Altenpflege – Übersicht der bisher herausgegebenen Publikationen        87
EINLEITUNG

Altenpflege – mehr Berufung als Beruf und sinnstif-      weiterung ihrer Kompetenzen und Persönlichkeits-
tend wie keine andere Tätigkeit – oder Notvariante,      entwicklung sowie die Sicherung und Verbesserung
weil hier jeder eine Anstellung findet – die Gründe,     ihrer beruflichen Situation bezwecken.
warum man sich für Altenpflege entscheidet, sind
breit gestreut. Im Allgemeinen zählt eine Tätigkeit in   Die hier vorliegende Expertise thematisiert für das
der Altenpflege jedoch nicht zu den Traumberufen.        Projekt „Fachkräftesicherung in der Altenpflege“ Fort-
Hohe körperliche und psychische Belastungen kom-         und Weiterbildungen in der Altenpflege in Berlin als
biniert mit schlechter Bezahlung und eingeschränk-       eine Herausforderung für den Pflegealltag.
ten Karrierechancen führen zweifelsohne zu diesem
schlechten Image. Um individuelle Karrierechancen        In der Expertise werden Ausgangs- und Rahmenbe-
zu verbessern und das Berufsbild insgesamt aus sei-      dingungen betrieblicher Praxis für Weiterbildungen
nem Schattendasein zu befreien, bedarf es einer          von Pflegefachkräften und Pflegehilfskräften in der
weiteren Professionalisierung des Berufs. Dafür ist in   Altenpflege aufgezeigt, von den Autoren als Non-for-
den letzten Jahren viel getan, so weist die Gesamt-      male Weiterbildungen bezeichnet. Weiterhin wer-
heit der in der Altenpflege Beschäftigten mittlerwei-    den Fortbildungen/Spezialisierungen für Pflegefach-
le 8 Prozent Absolventen mit akademischer Qualifi-       kräfte in der Altenpflege aufgezeigt und exemplarisch
kation aus (z. B. Bachelor Altenpflegemanagement         beschrieben – durch die Autoren als formale Weiter-
oder Master Altenpflege). Aber auch Fachkräften mit      bildungen bezeichnet.
einer beruflichen Ausbildung als Altenpfleger/in ge-
lingt es immer häufiger, über Fort- und Weiterbil-       Da in der einschlägigen Literatur eine sehr unter-
dung sich weiter zu qualifizieren, zu spezialisieren     schiedliche Verwendung der Begriffe Weiterbildung
und beruflich aufzusteigen. Attraktive Qualifikati-      und Fortbildung nachzuzeichnen ist, erfolgt im Ab-
onsmöglichkeiten wirken sich sowohl auf die Kom-         schnitt 2 eine Positionierung der Autoren zu diesem
petenzen und die Work-Life-Balance jeder oder            Dilemma. Um die Anforderungen an die Qualität von
jedes einzelnen Beschäftigten als auch auf die gesell-   Weiterbildungen in der Altenpflege zu diskutieren,
schaftliche Wertschätzung des Berufs aus.                wird im dritten Abschnitt die Spezifik des Lernens Er-
                                                         wachsener thematisiert. Nachdem im vierten Ab-
Berufliche Weiterbildung in der Altenpflege als ein      schnitt die Situation in der Altenpflege vorgestellt
wesentlicher Bestandteil des lebensbegleitenden Ler­     wird, stellen die Abschnitte 5 und 6 formale Weiter-
nens dient dem Ziel, Pflege(hilfs)kräften neue Quali-    bildungen, die eher die langfristig, durch separate
fikationen zu vermitteln oder alte zu erhalten und       Bildungsanbieter organisierte Weiterbildungen be-
aufzufrischen, um so nachhaltig ihre Beschäftigungs­     inhalten, ins Zentrum und non-formale Weiterbil-
chancen sicherzustellen und ein kompetentes Agie-        dungen, die eher als betriebsinterne Angebote fun-
ren im Arbeitsalltag zu ermöglichen. Aus der Sicht       gieren.
der stationären und ambulanten Pflegeeinrichtun-
gen zielt Weiterbildung auf die Sicherstellung des       Im Abschnitt 7 erfolgt ein Überblick über gesetzliche
qualitativen und quantitativen Bedarfs an Pflege-        Grundlagen zur Durchführung von Weiterbildungen.
kräften. Gerade im Gesundheitswesen erfordern neue       In den sich anschließenden Abschnitten 8, 9 und 10
Erkenntnisse aus der Pflegewissenschaft und aus an­      werden auf der Grundlage eigener empirischer Erhe-
deren angrenzenden Wissenschaften wie bspw. der          bungen Motive, Wünsche sowie Hemmnisse und
Gerontologie, der Geriatrie oder der Gerontopsychia-     Hürden bei der Umsetzung von Weiterbildungsange-
trie ein permanentes Weiterlernen, um den wach­          boten im Arbeitsbereich Altenpflege benannt. Eine
senden Anforderungen in der Pflege älterer Men-          exemplarische Auflistung von Förderinstrumenten und
schen gerecht zu werden. Sowohl aus der Perspektive      Finanzierungswegen für Weiterbildungsangebote wird
der Pflegekräfte selbst als auch der Pflegeeinrich-      im Abschnitt 11 gezeigt, gefolgt von Informations-
tungen wird berufliche Weiterbildung in Zukunft für      quellen und Kontakten in Berlin zu formalen Quali-
alle Beteiligten an Bedeutung gewinnen und lebens­       fizierungen im Abschnitt 12.
langes Lernen zur Selbstverständlichkeit werden.
                                                         Im Abschnitt 13 wird die Konzeption eines Systems
Berufliche Weiterbildung betrifft sowohl die betrieb-    von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen im Ar-
sinternen Weiterbildungen als eine der Hauptmaß-         beitsbereich Altenpflege vorgestellt, der eine modu-
nahmen zur Sicherstellung der steten Anpassung der       lare Struktur zugrunde liegt. Neben Erläuterungen zu
Kompetenzen der Pflegekräfte an die Anforderungen        Gestaltungskriterien von Modulen werden beispiel-
der Praxis als auch die individuelle Fortbildung ein-    haft Aufbau- und Spezialmodule für die Altenpflege
zelner Pflegekräfte, die damit in erster Linie die Er-   konstruiert und inhaltlich ausgestaltet.
                                                                                                             5
Die Expertise basiert auf grundlegenden Literatur-
studien, Fachbeiträgen, Gesetzesgrundlagen und auf
den Auswertungen von acht Interviews, die wir mit
Pflegehelferinnen und Pflegefachkräften, die an ver-
schiedenen Weiterbildungsformaten teilgenommen
haben, durchführten. Der verwendete Leitfaden be-
findet sich im Anhang der Expertise.

Bevor wir jedoch auf die Situation der Weiterbildung
in der Altenpflege eingehen, ob und inwieweit die
Angebote von den Pflegefachkräften und Pflegehilfs-
kräften, aber auch von den Altenpflegeeinrichtungen
als eine kontinuierliche Herausforderung betrachtet
werden, ist es notwendig, die in diesem Zusammen-
hang meistens synonym verwendeten Begriffe Wei-
terbildung und Fortbildung zu diskutieren.

6                                            Fort- Und Weiterbildung in der Altenpflege in Berlin – Eine Herausforderung für den Pflegealltag
BEGRIFFLICHE ABGRENZUNGEN

In der einschlägigen Literatur wird gegenwärtig nicht     ten der Spezialisierung, der Erweiterung der berufli-
eindeutig zwischen Fort- und Weiterbildung unter-         chen Aufgabenfelder oder dem beruflichen Aufstieg
schieden. Während in den rechtlichen Grundlagen wie       dienen (z. B. das Portal für berufliche Aus- und Wei-
z. B. im Gesetz über die Berufe in der Altenpflege (Al-   terbildung der Bundesagentur für Arbeit „Kursnet“).
tenpflegegesetz – AltPflG) ausschließlich von „berufli-   Als Spezialisierung in der Altenpflege kommt zum
cher Weiterbildung“ gesprochen wird, wird im Be­rufs­     Beispiel eine Tätigkeit im gerontopsychiatrischen Be-
bildungsgesetz nur der Begriff „ Fortbildung“ genutzt.    reich oder im Hospiz in Betracht. Eine Erweiterung
                                                          des beruflichen Aufgabenfeldes erfolgt dagegen bei-
Nach § 1 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) zielt eine     spielsweise durch die Qualifizierung zur Praxisanlei-
Fortbildung auf jene Qualifikationen, die bereits in      tung, zur Hygienefachkraft oder zur Beraterin bzw.
einem Ausbildungsberuf erworben wurden. Sie sol-          zum Berater. Da die Dauer von Weiterbildungen ge-
len erhalten, erweitert, der technischen Entwicklung      genwärtig sowohl in der Regel zwischen mehreren
angepasst oder so ausgebaut werden, dass ein be-          Monaten bis zu zwei oder drei Jahren betragen kann,
ruflicher Aufstieg möglich wird. Es wird unterschieden    werden neben den klassischen Seminaren auch neue
zwischen Erhaltungsfortbildung, Erweiterungsfortbil­      Lernformen, wie E-Learning und Fernstudiengänge
dung, Anpassungsfortbildung und Aufstiegs­fort­bil­       angeboten. Weiterbildungen können gesetzlich ge-
dung.                                                     regelt sein und mit einer staatlich anerkannten Prü-
                                                          fung abschließen. Ziel der beruflichen Weiterent-
In der berufspädagogischen Literatur umfasst der          wicklung kann schließlich die Leitung eines Heims
Begriff „Fortbildung“ hingegen nur:                       oder eines ambulanten Dienstes sein.

     „Maßnahmen […] die auf die Anpassung                 Der Vollständigkeit halber sollte zumindest der Begriff
     der beruflichen Tüchtigkeit an die verän-            der Umschulung hier noch erwähnt sein. Umschulun­
     derten Bedingungen des gesellschaftlichen            gen gelten als Sonderfall der Weiterbildungen, in der
     Umfeldes innerhalb des jeweiligen Arbeits­           sich die Teilnehmenden für eine andere als die vor-
     bereiches zielen, d. h. also Erhaltung und           her ausgeübte oder erlernte Tätigkeit qualifizieren.
     Verbesserung der in der Ausbildung und               Eine Umschulung endet in der Regel mit einer Prü-
     während der Berufstätigkeit erworbenen               fung vor der jeweiligen Kammer bzw. zuständigen
     Qualifikationen“ (Hambusch 2006: 255).               Stelle, wobei in Ausnahmefällen auch Lehrgänge, die
                                                          ohne einen anerkannten Berufsabschluss enden, häu­
Allein die Gegenüberstellung dieser beiden Definiti-      fig ebenso als Umschulung bezeichnet werden.
onen macht die ganze Widersprüchlichkeit hinsicht-
lich der extensionalen Bestimmung des Begriffs Fort-      Konsequenzen der Begriffsvielfalt für
bildung deutlich. Während im Berufsbildungsgesetz         vorliegende Expertise
eine offensichtlich breitere Fassung dieses Begriffs      Aufgrund des äußerst unterschiedlichen, teilweise
verwendet wird (er schließt hier faktisch die Auf-        auch konträren Gebrauchs der Begriffe Fortbildung
stiegsqualifizierung mit ein), erfolgt in der Berufspä-   und Weiterbildung verwenden wir im Folgenden bei­
dagogik eine Einengung auf Anpassung, Erhaltung           de Begriffe synonym (vgl. Schanz 2010: 104) und be-
und Verbesserung bereits erworbener Qualifikationen.      dienen uns zur weiteren Systematisierung und Struk-
                                                          turierung der unterschiedlichen Weiterbildungsange-
Es existieren darüber hinaus noch weitere unterschied­    bote in der Altenpflege des Unterscheidungsmerkmals
liche Begriffsabgrenzungen, hier sei bspw. die vom        „Grad der Formalisierung der Lernprozesse“. Wir leh­
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen           nen uns dabei an die Auffassungen der Classification
und Jugend (BMFSFJ) erstellte Internetplattform „Al-      of Learning Activities (CLA) (vgl. European Commissi-
tenpflege.net“ genannt, in der Fortbildungen als          on / Eurostat 2006) an, in der folgende drei unter-
Qualifizierungsmaßnahmen bezeichnet werden, die           schiedliche Lernformen für die berufliche Weiterbil-
zumeist von kurzer Dauer sind, bestimmte Themen-          dung unterschieden werden:
felder behandeln und in erster Linie dazu dienen, im
Beruf auf dem Laufenden zu bleiben. Als Fortbil-          Z   F ormal Education / Reguläre Bildungsgänge:
dungsthemen werden zum Beispiel Gesundheitsför-               Hierunter ist formales Lernen als abschlussbezogene
derung, Personalentwicklung oder die Einführung in            Bildung/Weiterbildung zu verstehen.
eine neue PC-Software genannt.
                                                          Z   N
                                                               on-formal Education / Weiterbildung:
In ähnlichem Zusammenhang wird aber auch der                  Hierunter ist non-formales Lernen als nicht ab-
Begriff Weiterbildung gebraucht, wenn Lernaktivitä-           schlussbezogene Bildung/Weiterbildung zu fassen.
BEGRIFFLICHE ABGRENZUNGEN                                                                                       7
Z   I nformal Learning / Informelles Lernen                     eigene Mitarbeitende oder auch durch Spezialisten
     Informelles Lernen wird als freies, nicht institutio-       anderer Einrichtungen bzw. Institutionen vermittelt.
     nalisiertes Lernen aufgefasst.
                                                                 Weiterbildung durch informelle Lernprozesse, die
Der Grad der Organisiertheit unterschiedlicher Bil-              nicht in Bildungsinstitutionen, sondern direkt in den
dungsangebote bestimmt somit die Zuordnung zu                    Arbeitsprozessen stattfinden, haben zweifelsfrei die
diesen drei Lernformen.                                          höchsten Effekte auf die Kompetenzstrukturen der
                                                                 Pflegekräfte. Unter informellem Lernen wird jede Form
Formale Weiterbildungsangebote als reguläre Bil-                 von selbstorganisiertem Lernen verstanden (Alltags-
dungsgänge sind durch den höchsten Organisations-                und Erfahrungslernen), vorausgesetzt es liegt eine
grad gekennzeichnet. Sie umfassen in Kursen, Lehr-               Lernintention vor. Der Schwerpunkt in vorliegender
gängen oder Seminaren organisiertes intentionales                Expertise liegt zwar nicht auf dem informellen Ler-
Lernen, das ein Curriculum zur Grundlage hat. Die                nen, sondern auf den betriebsinternen und externen
Dauer und der Umfang sind geplant. Formale Wei-                  Weiterbildungsangeboten. Es erscheint jedoch zum
terbildungen müssen über einen längeren Zeitraum                 Zwecke der weiteren Abgrenzung hilfreich, noch ei-
(laut CLA von wenigstens sechs Monaten) im Rahmen                nige Anmerkungen zum informellen Lernen hinzu-
einer „Lehrende-Lernende-Beziehung“ so gestaltet                 zufügen.
sein, dass sie zu einem Abschluss führen, der im je-
weiligen nationalen Qualifikationsrahmen (in Deutsch-            Informelles Lernen bezeichnet das alltägliche Lernen
land: Deutscher Qualifikationsrahmen (DQR)) veran-               am Arbeitsplatz, das nicht institutionell organisiert
kert ist (vgl. Arbeitskreis Deutscher Qualifikations-            und nicht an bestimmte Orte und konkrete Zeiten
rahmen (AK DQR): 2011; Bund-Länder-Koordinierungs­               gebunden ist, quasi nebenher abläuft. Dem infor-
stelle für den Deutschen Qualifikationsrahmen für                mellen Lernen wird jedoch mittlerweile in der Öf-
lebenslanges Lernen 2013; Bundesministerium für                  fentlichkeit und in der Literatur eine große Bedeu-
Bildung und Forschung 2015). Formale Weiterbildun-               tung beigemessen. Es zählt zu den wichtigsten ‚Learn-
gen werden zumeist von separaten Bildungsinstitu-                ing Trends‘ der kommenden Jahre, nicht zuletzt als
tionen organisiert, die sich auf Weiterbildung spezi-            Reaktion auf die stets schrumpfenden Halbwertszei-
alisiert haben. Formale Weiterbildungen außerhalb                ten des Wissens. Man kann davon ausgehen, dass 70
des Arbeitsbereiches, bspw. bei Bildungsträgern, beim            Prozent der von Menschen erworbenen Kompetenzen
Diakonischen Werk oder beim Roten Kreuz, scheinen                auf informelles Lernen zurückzuführen sind. Ledig-
dafür besonders geeignet, um neue Impulse in die                 lich die restlichen 30 Prozent können als das Ergebnis
Einrichtung zu holen, um in bestimmten Bereichen                 formaler bzw. non-formaler Lernprozesse betrachtet
„über den Tellerrand zu schauen“ und sich mit an-                werden. Trotz des hohen Anteils des über informelles
deren auszutauschen.                                             Lernen angeeigneten Wissens ist die Frage der Quali-
                                                                 fizierung über informelles Lernen nach wie vor häu-
Non-formale Weiterbildungsangebote zielen auf in-                fig mit dem Problem ungenügender Nachweisbarkeit
tentionales Lernen in einer Lehr-Lern-Umgebung,                  verbunden, so dass dieser Lerngewinn auf dem Ar-
die eng an den beruflichen Alltag gebunden ist, meist            beitsmarkt oftmals nicht anerkannt wird (vgl. auch
unmittelbar an die Arbeitsprozesse. Man spricht in               Abschnitt 3). Die im Prozess der Arbeit erworbenen
diesem Zusammenhang von arbeitsverbundenem Ler­                  Kompetenzen haben in der Folge wenig Relevanz im
nen, wenn Lernort und realer Arbeitsplatz zwar nicht             Hinblick auf den Zugang zum und die Durchlässigkeit
identisch sind (wie beim arbeitsgebundenem Ler-                  im formalen (Aus-)Bildungssystem. Sie eröffnen da-
nen) (vgl. auch Abschnitt 13), aber zwischen beiden              her kaum Perspektiven für die formale Höherqualifi-
dennoch eine direkte räumliche und arbeitsorgani-                zierung formal Geringqualifizierter und deren nach-
satorische Verbindung besteht. Non-formale Weiter-               haltiger Verbesserung ihrer Chancen auf dem Arbeits-
bildungen sind ausgerichtet an den täglichen Her-                markt. Hier wäre die Form der Zertifizierung infor-
ausforderungen der beruflichen Tätigkeiten der Pflege-           mell erworbener Kompetenzen verstärkt zu prüfen.
(hilfs)kräfte und somit eng an der Pflegepraxis ori-             Die im Abschnitt 13 zu den Fragen einer modularen
entiert. Im Gegensatz zu formalen Weiterbildungs­                Strukturierung von Weiterbildungsmaßnahmen ge-
angeboten bezwecken die betriebsintern durchge-                  troffenen Aussagen und deren Gliederung in Grund-,
führten Angebote jedoch nicht unbedingt den Erwerb               Aufbau- und Spezialmodule könnten hierbei eine
eines formalen Abschlusses. Die non-formalen Wei-                wesentliche Hilfe sein und den Prozess der Validie-
terbildungsangebote sind meist nicht kursförmig or-              rung, Zertifizierung und Anerkennung informell er-
ganisiert und werden zum überwiegenden Teil von                  brachter Leistungen unterstützen. Eine solche Zerti-
den jeweiligen Einrichtungen selbst angeboten, in                fizierung informell erworbener Kompetenzen im Rah-
denen die Altenpfleger/innen und Altenpflegehelfer/              men einer modularen Weiterbildung sollte genutzt
innen arbeiten. Die Inhalte werden entweder durch                werden, um einen anerkannten Berufsabschluss nach­
8                                                  Fort- Und Weiterbildung in der Altenpflege in Berlin – Eine Herausforderung für den Pflegealltag
zuholen bzw. zu erwerben. Voraussetzung dafür ist,       kationsstufe zusätzliche Kenntnisse und Fertigkeiten
dass in Weiterbildungsmaßnahmen verstärkt ver-           erworben werden, die nicht obligatorischer Be-
wertbare, berufsanschlussfähige Teilqualifikationen      standteil im bisherigen Ausbildungsprozess waren.
mit Berufsbezug im Fokus stehen, die günstigsten-        Letztere implizieren jedoch nicht eine Aufstiegsbe-
falls auf einen anerkannten Ausbildungsberuf aus-        rechtigung in die nächst höhere Qualifikationsstufe.
gerichtet sind.
                                                         Gerade dieses Merkmal aber zeichnet die beruflichen
Mit diesen Abgrenzungen von formaler und non-for-        Aufstiegsfortbildung aus, die auf einer absolvierten
maler (Weiter-)Bildung sowie informellen Lernens         Berufsausbildung und Berufspraxis aufbaut und Qua­
schließen wir uns den Auffassungen im Adult Educa-       lifikationen vermittelt, die zu einer Anerkennung des
tion Survey (AES) an, einem europäischen Instrument      Abschlusses der nächst höheren Qualifikationsstufe
zum Monitoring Lebenslangen Lernens in der er-           führen (z. B. Qualifizierung zum Pflegedienstleiter).
werbsfähigen Bevölkerung (vgl. Bilger/Behringer/Ku-
per 2013: 14).                                           Die in dieser Expertise im Abschnitt 13 vorgestellte
                                                         Konzeption einer modularen Struktur der Fort- und
Der von uns gewählte modulare Ansatz zur Konzep-         Weiterbildung im Arbeitsbereich der Altenpflege orien­
tion eines effizienten Systems der Fort- und Weiter-     tiert sich an einer sehr heterogenen Klientel, die von
bildung im Arbeitsbereich der Altenpflege legt die       Ungelernten bis zu ausgebildeten Fachkräften reicht.
oben dargestellten Positionen und Standpunkte zu-        D. h. sowohl die fachlichen Zugangsvoraussetzungen
grunde und orientiert sich zum einen an der in der       als auch die Intentionen und Motivationen der Be-
europäischen Kommission festgelegten dreistufigen        werberinnen und Bewerber für einschlägige Fort- und
Lernformendifferenzierung (formal education, non-        Weiterbildungsmaßnahmen sind außerordentlich dif-
formal education und informal learning) und zum          ferenziert. Es macht daher durchaus Sinn, Maßnah-
anderen an den im Berufsbildungsgesetz unterschie­       men in der Fort- und Weiterbildung, die lediglich
denen Arten von beruflicher Fortbildung: Anpassungs­     dem Ziel der Erhaltung und Verbesserung bereits er-
fortbildung, Erhaltungsfortbildung. Erweiterungsfort­    worbener Qualifikationen sowie der Anpassung an
bildung und Aufstiegsfortbildung (BBiG, § 1 Absatz 4).   sich verändernde Bedingungen im jeweiligen Arbeits­
                                                         bereich dienen (z.B. dem Umgang mit neuer Technik
In diesem Kontext verstehen wir unter dem Begriff        in der Altenpflege) strukturell von solchen Angebo-
„berufliche Anpassungsfortbildung“ Weiterbildungs­       ten zu differenzieren, die auf den Erwerb zusätzli-
maßnahmen, die vor allem auf die „Anpassung der          cher Qualifikationen gerichtet sind (z.B. dem Um-
beruflichen Tüchtigkeit an die veränderten Bedin-        gang mit nicht deutsch sprechenden Personen in der
gungen des gesellschaftlichen Umfeldes innerhalb         Altenpflege; dem intendierten Aufstieg zum Pflege-
die jeweiligen Arbeitsbereiches zielen“ (Hambusch        dienstleiter u. a. m.).
2006: 255), z. B. die Anpassung an neue Technik, die
in der Altenpflege zum Einsatz gelangt.                  Während die Fragen der Erhaltung bereits erworbener
                                                         Qualifikationen und der Anpassung an sich verän-
Unter beruflicher Erhaltungsfortbildung (die aller-      dernde Bedingungen des beruflichen bzw. gesell-
dings häufig keine scharfe Abgrenzung zur Anpas-         schaftlichen Umfeldes für alle in der Altenpflege Be-
sungsfortbildung aufweist) verstehen wir vor allem       schäftigten eine notwendige Bedingung darstellen
Weiterbildungsaktivitäten, die darauf gerichtet sind,    (unabhängig vom bereits erreichten Ausbildungs-
bereits erworbene Kenntnisse und Fertigkeiten, die       stand) ist bei Weiterbildungsmaßnahmen, die der
aber zum gegebenen Zeitpunkt vom bzw. für den            Erweiterung des bereits erreichten Kompetenzprofils
Teilnehmenden der Fortbildungsmaßnahme nicht mehr        oder die gar mit dem Ziel des Aufstiegs in die nächst
abrufbar sind, wieder zu aktivieren, z. B. kann der      höhere Qualifikationsebene in Anspruch genommen
Grund dafür in einem zeitweiligen Ausscheiden aus        werden, davon auszugehen, dass ein beruflicher Bil-
dem jeweiligen beruflichen Tätigkeitsfeld liegen.        dungsabschluss bereits vorliegt. In der Regel ist in
                                                         letzteren Fällen auch mit einem höheren kognitiven
Von beruflicher Erweiterungsfortbildung sprechen         Anspruchsniveau und einer stärkeren Motivation der
wir dann, wenn durch diese Maßnahmen auf der             Teilnehmenden zu rechnen.
bereits erreichten Kompetenzniveau- bzw. Qualifi-

BEGRIFFLICHE ABGRENZUNGEN                                                                                    9
1 S PEZIFIK DES LERNENS ERWACHSENER UND KONSEQUENZEN
  FÜR DIE QUALITÄT VON WEITERBILDUNG
Bevor auf die Situation der Weiterbildung im Bereich          auch in der Zukunft benötigt werden. Daher sollten
der Altenpflege eingegangen wird, soll an dieser              Weiterbildungskurse für die Pflegekräfte interessant
Stelle Bezug genommen werden auf die potenziellen             und intrinsisch motiviert gestaltet sein. Um die An-
Teilnehmenden von Weiterbildungsveranstaltungen,              schlussfähigkeit zu sichern, sollte immer wieder auf
also auf die Spezifik des Lernens Erwachsener. Es             Situationen aus ihrem Berufsalltag zurückgegriffen
wird der Frage nachgegangen, wie Erwachsene ler-              werden, um somit an das Vorwissen und die Erfah-
nen.                                                          rungen anzuknüpfen (vgl. Siebert 2012b). Nur so kann
                                                              auch gewährleistet werden, dass die Teilnehmenden
Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass Erwachsene         in Weiterbildungsveranstaltungen tatsächlich etwas
und damit auch Pflegekräfte verschieden sind und              lernen. Zusammenfassend ist festzustellen, dass in der
unterschiedliche Bildungs- und Arbeitsbiografien              Erwachsenenbildung Teilnehmerorientierung, Erfah­
mitbringen. Tough (2002) entwickelte die Metapher             rungsorientierung und Lebensweltbezug, handlungs­
vom Eisberg des Erwachsenenlernens: Die Spitze be-            orientiertes Lernen sowie Verwendungsorientierung
schreibt die formale, institutionalisierte Erwachse-          essentiell sind, um erfolg­reich Wissen an die Erwach-
nenbildung. Der im Wasser verborgene, größere Teil            senen vermitteln zu können.
findet non-formal und informell statt (ohne profes-
sionelle pädagogische Begleitung), sodass über Er-            Ebenso spielen die Lerngewohnheiten der Teilneh-
fahrungen gelernt wird. Aus diesem Grund wird die             menden eine große Rolle. Eine vorwiegend unter-
Erwachsenendidaktik auch als „die Kunst, zwischen             richtsförmige Weiterbildung stellt für viele eine enor­
die Erfahrungen zu gehen“ (Arnold 2007: 102) be-              me Hürde dar. Besonders wenn Weiterbildungshemm-
zeichnet. Ein Großteil der Lernaktivitäten läuft dabei        nisse aus vorherigen Bildungsverläufen entstanden
sogar unbewusst ab (vgl. Korte 2007). Somit hat jeder         sind, dann sind Formate zu wählen, die – zumindest
Erwachsene seine eigenen Lernstile und -gewohn-               für den Einstieg – Lernen in der Arbeitspraxis erlau-
heiten, Lernwiderstände und -interessen, Lernstär-            ben. In der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung (vgl.
ken und -schwächen, denen sich ein Kursleitender              URL: www.bibb.de/de/1386.php (14.09.15)) ist der
bewusst werden sollte. Denn ein einheitliches Lern-           Berufserfahrung ein hohes Gewicht für die Bewälti-
verhalten oder identische Lernfähigkeit existieren            gung von Qualifikationsanforderungen in der Arbeit
bei den Erwachsenen nicht.                                    zugesprochen worden. Daran könnte angeknüpft wer­
                                                              den, indem Ergebnisse informellen Lernens anders
Auf die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Erwachs­          als bisher validiert und mit Bezug auf das Berufssys-
enen nehmen folgende Aspekte Einfluss: emotionale             tem zertifiziert werden. Das könnte auch den Zugang
und motivationale Faktoren, Persönlichkeitsfaktoren,          von Lernenden mit Migrationshintergrund und aktu-
Bildungsgrad, berufliche Situation und Berufsgeschich­        ell den auf den Arbeitsmarkt kommenden Flüchtlin-
te, Ernährung und Gesundheit sowie Umgang mit Stress          gen ohne abgeschlossene oder in Deutschland aner-
(vgl. Kullmann/Seidel, 2005; Siebert 2012b). Weiter-          kannte Berufsausbildung zu nachweisbaren Berufs-
hin ist das Lernen charakterisiert durch biografie- und       qualifikationen verbessern.
erfahrungsorientiertes Anschlusslernen (vgl. Siebert
2012a).                                                       Pilotstudien-Interviews machen deutlich, dass gera-
                                                              de Ungelernte und Menschen mit Teilqualifikationen
Beispielsweise müssen Art und Umfang der Angebote             nur unterdurchschnittlich an Maßnahmen der kurs­
die wirtschaftliche Situation der Teilnehmenden be-           förmig organisierten, beruflichen formalen Weiter-
rücksichtigen. Zwar beziehen viele Lernende vor allem         bildung partizipieren. Sie haben insgesamt schlech-
in formalen Weiterbildungen während der Teilnah-              tere Zugangschancen zu Weiterbildungen. Ihre Teil-
me Transfereinkommen, es entfallen oder verringern            habe an informellen Lernaktivitäten fällt dagegen
sich aber reguläre Arbeitseinkommen. Um diesem                besser aus. Sie messen ihrer Arbeitstätigkeit einen
Dilemma entgegenzutreten, könnten modulare An-                relativ hohen Lerngewinn bei. So spielt besonders
gebote in Intervallen strukturiert werden. Ebenso             für diese Gruppen der „Lernort Arbeitsplatz“ eine
wirken sich finanzielle Aufstockungen oder Prämien­           besondere Rolle in den Diskussionen um Weiterbil-
zahlungen nach erfolgreichem Abschluss positiv auf            dungen. Neuere Entwicklungen legen nahe, Lern-
die Teilnahmebereitschaft und den Erfolg von Wei-             prozesse stärker als bisher außerhalb organisierter,
terbildungen aus.                                             formalisierter und „verschulter“ Curricula (wie sie
                                                              kennzeichnend für traditionelle Lehr-Lernarrange-
Siebert (2012b) definiert, dass Wissen nur erworben           ments in der formalen Weiterbildung sind) in den
wird, wenn es (1) anschlussfähig (Anknüpfung an Vor­          Mittelpunkt zu stellen, d. h. verstärkt durch Formen
wissen, Erfahrungen usw.), (2) bedeutungsvoll (im             des informellen, dezentralen und selbstorganisier-
Sinne von wichtig für die Lernenden) und (3) neuartig         ten Lernens zu realisieren. Spätestens seit der Emp-
(interessant, spannend usw.) ist. Weiterhin muss es           fehlung zur Einrichtung des Europäischen Qualifika-
12                                              Fort- Und Weiterbildung in der Altenpflege in Berlin – Eine Herausforderung für den Pflegealltag
tionsrahmens (EQR) aus dem Jahr 2008 erfährt die                                ten und/oder (b) zur Unterstützung zwischenmensch­
Anrechnung von Lernergebnissen aus non-formellen                                licher Kommunikation zum Einsatz kommen.“1 Mit-
und informellen Lernprozessen eine verstärkte Be-                               hilfe der Nutzung des Internets und von Neuen Me-
deutung. Unter der Nutzungsperspektive des Arbeits­                             dien stehen folglich interaktive, vernetzte Lernange-
marktes geht es bei der Validierung non-formalen                                bote bereit, die zeitlich und räumlich unabhängig
und informellen Wissens vordergründig um das Ziel,                              genutzt werden können. Selbstredend bleibt davon
die Durchlässigkeit hin zu formalen Bildungswegen                               auch die weit verzweigte Weiterbildungslandschaft
zu fördern. Demgegenüber geht es unter entwick-                                 des Berufsfeldes der Pflege nicht unberührt.
lungsorientierter Perspektive darum, Gestaltungsmög­
lichkeiten der individuellen Kompetenz- und Persön-                             In der Literatur und im Internet finden sich zahlreiche
lichkeitsentwicklung zu fördern. Durch die Anerken-                             Beschreibungen und konkrete Angebote zu multime-
nung non-formaler und informeller Lernergebnisse,                               dialen Weiterbildungen im Themenfeld der Kranken-
dokumentiert in Portfolios oder individuellen Kom-                              und Altenpflege für Fach- und Hilfskräfte, Auszubilden­
petenzbilanzen, werden Stärken und Schwächen den                                de, Wiedereinsteiger und Interessierte. Das Spektrum
Lernern bewusst gemacht und die Grundlage für Be-                               der Anwendungs- und Einsatzmöglichkeiten erstreckt
ratung und Personal- oder Karriereplanung geschaf-                              sich von computergestützten, virtuellen Simulations­
fen. Es kann davon ausgegangen werden, dass durch                               werkzeugen, die eine standardisierte Abbildung von
non-formale und informelle Formen des arbeits-                                  komplexen Problemen des Pflegealltags ermöglichen
platzintegrierten Lernens die Zugangsschwellen ge-                              über digitale Lehrbücher, die anhand von Videoauf-
rade für Geringqualifizierte als niedriger angesehen                            nahmen Fallbeispiele zu typischen Symptomen ver-
werden als bei Formen formal-organisierter Weiter-                              anschaulichen. Darüber hinaus fokussieren aktuelle
bildung. Unter diesen Aspekten wird hier ein Ansatz                             Projekte auf die Entwicklung von berufsbezogenen
gesehen, dieser Zielgruppe die Zugangswege zum Ler­                             Online-Lernportalen zur Stärkung des digitalen Ler-
nen im Betrieb breiter zu öffnen (vgl. Kuwan 2001: 509).                        nens und der Erarbeitung von problemorientierten
                                                                                Wissensdatenbanken (für einen exemplarischen Über­
Auch die Vermittlung und Aneignung von Wissen mit                               blick vgl. u. a. die Beiträge in IPP-Info/Ausgabe 11,
Neuen Medien gewinnt in unserer heutigen Infor-                                 20142).
mations- und Wissensgesellschaft immer mehr an
Bedeutung. Ein kompetenter Umgang mit dem Inter-                                Neben dem Einsatz von Neuen Medien in Unterricht-
net und Social Media werden als zunehmend selbst-                               situationen bzw. als Selbstlerneinheit, bieten sie aber
verständlich für gesellschaftliche Teilhabe vorausge-                           auch „[…] weitreichende Möglichkeiten des infor-
setzt. Neben traditionellen Lehr- und Lernangeboten                             mellen Lernens am Arbeitsplatz. Es eröffnet Pflegen-
hat das Thema E-Learning auch in der beruflichen                                den neue Wege, sich am Arbeitsplatz schnell und
Weiterbildung einen wachsenden Einfluss auf die                                 effizient aktuelles, evidenzbasiertes Fachwissen zu
Konzeption von Lehr-Lern-Arrangements. Nach einer                               erschließen, kollaborativ mit anderen Akteuren neu-
Definition von Kerres verstehen wir unter E-Learning                            es Wissen zu erarbeiten und die Ergebnisse in den Pfle­
„[…] Lernangebote, bei denen digitale Medien (a)                                geprozess einzubringen“ (Baumeister / Greiner / Schnie­
für die Präsentation und Distribution von Lerninhal-                            ring 2014).

                                                                                1 V gl. URL: https://www.uni-frankfurt.de/44538493/elearning
                                                                                   (8.9.2015).

                                                                                2U
                                                                                  RL: http://www.ipp.uni-bremen.de/uploads/Downloads/
                                                                                 IPP_Info/IPP_info_no11_rz_lowres.pdf (8.9.2015).

1 SPEZIFIK DES LERNENS ERWACHSENER UND KONSEQUENZEN FÜR DIE QUALITÄT VON WEITERBILDUNG                                                          13
2 DIE SITUATION IN DER ALTENPFLEGE
Seit einigen Jahren sind wir in Deutschland konfron-           Weiterbildung unter quantitativer Perspektive
tiert mit einem Missverhältnis zwischen einer wach-            Der quantitative Bedarf an qualifiziertem Personal in
senden Anzahl an Menschen, die Pflege benötigen, und           der Altenpflege wird auch in den nächsten Jah-ren
andererseits von Menschen, die in der Pflege arbeiten.         weiter steigen. Jedoch ist der derzeitige Fachkräfte-
Aktuell gelten bundesweit ca. 2,6 Millionen Men-               mangel in Gesundheits- und Pflegeberufen nicht zu
schen nach SGB XI als pflegebedürftig (Statistisches           übersehen, insbesondere in der Altenpflege. Ein
Bundesamt 2013). Hinzu kommen weitere 109.000                  Problem, das sich noch in den nächsten Jahren auf-
Menschen, die nach der aktuellen Rechtslage nicht              grund der geburtenschwachen Jahrgänge und damit
als pflegebedürftig im engeren Sinn gelten, denen              geringer potenzieller Nachwuchspflegekräfte noch
aber eine „erheblich eingeschränkte Alltagskompe-              verschärfen könnte. Derzeit wird diesem Problem vor
tenz“ zugesprochen wird (Statistisches Bundesamt,              allem durch die Beschäftigung un- und angelernter
2015). Diese Gruppe erhält ebenfalls Leistungen aus            Pflegehilfskräfte begegnet. Laut Pflegestatistik waren
der Pflegeversicherung, allerdings in einem geringeren         im Jahr 2011 in Deutschland insgesamt 951.893 Per-
Umfang als diejenigen Personen, die nach den Krite-            sonen in ambulanten Pflegediensten und Pflegehei-
rien für die Pflegestufen I bis III vor allem unter kör-       men beschäftigt (ebd.: 14 ff.). Davon sind rund 49
perlichen Beeinträchtigungen leiden. In Zukunft soll           Prozent Fachkräfte, wie z. B. ausgebildete Altenpfle-
ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff den Bedarf der           gekräfte, Gesundheits- und Krankenpflegekräfte
Personen mit eingeschränkter Alltagskom­petenz sys-            oder Gesundheits- und Kinderpflegekräfte, Ergothe-
tematisch abbilden (Bundesregierung 2015). Progno-             rapeuten und Ergotherapeutinnen, Heilerziehungs-
sen für 2030 prophezeien eine Zunahme pflegebe-                oder Familienpflegende (ebd.). Die anderen 51 Pro-
dürftige Menschen in Deutschland um 35 Prozent auf             zent der Beschäftigten haben (noch) keinen oder
3,37 Millionen und für 2050 auf etwa 4,5 Millionen.            einen anderen Berufsabschluss. In der Altenpflege
                                                               dürfte diese Zahl noch höher liegen. Ca. 10 Prozent
Die Gründe für die Entwicklungen liegen u. a. in einer         der Gesamtbeschäftigten sind ohne Berufsabschluss
Bevölkerungsentwicklung, die durch eine stetig stei-           in Pflegediensten beschäftigt. Es liegt auf der Hand,
gende Lebenserwartung, verbunden mit einer stän-               dass gerade die beiden letztgenannten Personen-
dig abnehmenden Zahl an Geburten gekennzeichnet                gruppen besonderen Bedarf an sehr unterschiedli-
ist. Die Folge dieser Entwicklungen in Form der Alte-          chen Weiterbildungen aufweisen. Diese reichen von
rung der Gesellschaft ist nicht zu übersehen. Bei ei-          betriebsintern angebotenen non-formalen Weiter-
nem Großteil der Menschen geht die hohe Lebenser-              bildungen zu medizinischen, psychologischen, pfle-
wartung einher mit einem aktiven Leben, Fitness im             gerischen oder rechtlichen Themen bis zu formalen
Alter und einer recht guten Gesundheit über viele              Angeboten mit Kurscharakter wie bspw. Weiterbil-
Jahre jenseits des 80. Lebensjahres. Eine gute medi-           dung zum Pflegebasispass.
zinische Versorgung und auch meist stabile finanzi-
elle Voraussetzungen ermöglichen älteren Men­schen,            Um eine quantitativ, aber auch qualitativ anspruchs-
über lange Zeit altersbedingte körperliche und geis-           volle Pflege zu sichern, sind sowohl Weiterbildungs-
tige Abbauprozesse zu kompensieren und später of-              angebote für schon im Pflegebereich Beschäftigte als
fizielle Versorgungssysteme in Anspruch zu nehmen.             auch Qualifizierungsangebote für Menschen, die für
Tritt dann in höherem Alter Pflegebedürftigkeit ein,           den Pflegebereich neu gewonnen werden, anzubie-
so führt dies zu einer veränderten Eintrittssituation          ten bzw. (weiter) zu entwickeln.
in den stationären oder ambulanten Pflegebereich.
Der Aufenthalt besonders in stationären Einrichtun-            Weiterbildungsangebote orientieren sich somit nicht
gen wird erst dann in Anspruch genommen, wenn                  nur an den quantitativen Forderungen nach mehr
sich die Eigenständigkeit gar nicht mehr aufrechter-           Personal, sondern ergeben sich ebenso aus den ver-
halten lässt und/oder private Pflege (meist durch Fa-          änderten Bedingungen im Pflegebereich und fordern
milienangehörige) nicht gewährleistet werden kann.             entsprechend qualitativ ausgerichtete Formen:
Dementsprechend verschiebt sich nicht nur die Al-
ters- sondern auch die Gebrechlichkeits- bzw. Krank­           Weiterbildung unter qualitativer Perspektive
heitsgrenze der pflegebedürftigen Menschen ins hohe            Der oben angesprochene hohe Anteil an nicht- oder
Alter. Die hohe Lebenserwartung, aber auch soziostruk­         teilqualifizierten Pflegekräften verlangt nicht nur
turelle Faktoren wie Singlehaushalte oder individua-           nach Weiterbildung dieser Gruppen der Pflegehilfs-
lisierte Lebensformen führen für einen Groß­  teil der         kräfte, sondern hat außerdem Konsequenzen für die
Betroffenen zu einer steigenden Pflegebedürftigkeit.           examinierten Pflegekräfte. Sie müssen während ih-
                                                               rer Arbeitstätigkeiten zusätzlich die Pflegehilfskräfte
Die Folge dieser Entwicklungen müssen sowohl unter             und anderes Pflegepersonal, wie Ergotherapeuten
quantitativer als auch qualitativer Perspektive dis-           oder Alltagsbegleitende, anleiten und koordinieren.
kutiert werden.                                                Anleiten, beraten, koordinieren von Hilfskräften in
16                                               Fort- Und Weiterbildung in der Altenpflege in Berlin – Eine Herausforderung für den Pflegealltag
der Pflege gehören zu den sehr anspruchsvollen Tä-        Durch die Zunahme des spezifischen Pflege- und Be-
tigkeiten, die einerseits ein professionelles Verständ­   treuungsaufwandes bei einem gleichzeitigen Rück-
nis von Pflege voraussetzen und andererseits fundier-     gang des Personalstandes besteht die Gefahr, dass
te didaktisch-methodische Kompetenzen und Sozial-         die Arbeitsbelastungen des Altenpflegepersonals wie
kompetenz verlangen. Dies bedeutet in der Regel,          auch die damit verbundenen Stressfaktoren der
dass Pflegefachkräfte quasi arbeitsplatzbezogen aus­      Überlastung zunehmen werden. Auf der Grundlage
bilden, ohne aber in der Regel dafür ausreichend          arbeitspsychologischer Konzepte (vgl. Oesterreich
qualifiziert zu sein.                                     2001; Bamberg/Mohr/Busch 2012) kann man dann
                                                          folgerichtig davon ausgehen, dass sich diese erhöh-
Die Forderung nach spezifischer Weiterbildung ergibt      ten Belastungen mittel- bis langfristig in einer er-
sich des Weiteren aus einer derzeit steigenden Pfle-      höhten körperlichen und psychischen Beanspru-
gebedürftigkeit der Kunden. Die höhere Lebenser-          chung niederschlagen und es zu erhöhten Fehlzeiten
wartung der Menschen führt oft auch gleichzeitig zu       und zur sogenannten Burnout-Symptomatik mit
verstärkt auftretenden chronischen Krankheiten und        eventuellem Berufsausstieg kommt.
einer Multimorbidität, so dass nicht nur ein zahlen-
mäßig wachsender Pflegebedarf nachzuzeichnen ist,         Angesichts komplexer Krankheits- und Pflegebe-
sondern auch qualitativ spezifizierte Pflegeanforde-      dürftigkeitsbilder sowie kumulierter psychosozi-aler
rungen entstehen. So begeben sich heute immer mehr        Problemkonstellationen bei chronisch kranken älte-
Pflegebedürftige mit erheblichen Alltagseinschrän-        ren Menschen sollte sich die Weiterbildung an diffe-
kungen und einem hohen Pflegebedarf in professio-         renten Sachverhalten orientieren. Dabei geht es nicht
nelle Pflegeeinrichtungen. Pflegekräfte aus statio-       nur um Fachkompetenzen über ganzheitliche und
nären und auch ambulanten Einrichtungen berichten         therapeutisch-aktivierende Pflegekonzepte. Ziel der
über einen rasanten Anstieg von Kunden mit Pflege-        Weiterbildungen in der Altenpflege ist, dass die Pfle-
stufe 2 und 3, die einen verstärkten Pflegeaufwand        gekräfte lernen, psychosoziale und psychosomati-
mit sich bringen. Diese Personen weisen oft neben         sche Zusammenhänge besser zu erkennen und in
körperlichen Beeinträchtigungen sehr häu­   fig auch      den Pflegeprozess mit einzubeziehen. Dazu gehören
psychische Störungen, vor allem dementielle und           Fähigkeiten zur gezielten Beratung und Anleitung der
depressive Erkrankungen auf. In Deutschland leben         zu Pflegenden und deren Angehörigen (Gesprächs-
derzeit etwa 1,5 Millionen Demenzkranke. Sofern           führung). Hierbei ist zu beachten, dass jegliche Wei-
kein Durchbruch in Prävention und Therapie gelingt,       terbildung den allgemeingültigen und akzeptierten
wird sich nach Vorausberechnungen der Bevölke-            Normen, die den Aufgabenbereich und die Qualität
rungsentwicklung die Krankenzahl bis zum Jahr 2050        der Pflege definieren, also den allgemeinen Pflege-
auf etwa 3,0 Millionen erhöhen. Dies entspricht ei-       standards, entspricht. Pflegestandards legen themen-
nem mittleren Anstieg der Zahl der Erkrankten um          und tätigkeitsbezogen fest, was die Pflegepersonen
40.000 pro Jahr oder um mehr als 100 pro Tag (vgl.        in einer konkreten Situation generell leisten wollen
Deutsche Alzheimer Gesellschaft 2014).                    bzw. sollen und wie diese Leistung auszusehen hat.
                                                          Pflegestandards dienen somit der Qualitätskontrolle.
Neben dementiellen Erkrankungen und Herz-Kreis-
laufbeschwerden gehören psychische Störungen im           Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Al-
Alter zum Krankheitsbild der Pflegebedürftigen. Eben­     tenpflege durch steigende inhaltliche Anforderun-
so zählen Depressionen und erhebliche Mobilitäts-         gen und einen wachsenden Bedarf an Leistungen,
einschränkungen zu den charakteristischen Merk­malen      die aus den Folgen der Hochaltrigkeit resultieren, bei
der Bewohnerinnen und Bewohner von Alteneinrich­          gleichzeitig restriktiver finanzieller Ausstattung ge-
tungen.                                                   kennzeichnet ist.

Dadurch verändert sich selbstverständlich auch der        Der berufliche Anforderungskatalog ist derart gestie-
Anspruch an das Pflegepersonal bezüglich seiner           gen, dass in einer beruflichen Erstausbildung ledig-
Leistungserfüllung. Zu einer adäquaten Versorgung         lich die beruflich notwendigen Grundkenntnisse ver­
ist ein fachlich kompetentes und in der spezifischen      mittelt werden können. Sich verschärfende Krank-
Pflege bestimmter Krankheitsbilder versiertes Perso-      heitsbilder, ein längerdauernder Intensivpflegepro-
nal erforderlich. Für älter und pflegebedürftiger         zess, ständig neu entwickelte Therapiemöglichkeiten
werdende Menschen sind andere Pflegezeiten und            und wissenschaftliche Erkenntnisse in allen geron-
-aufgaben erforderlich, als das in der Vergangenheit      tologischen geriatrischen Bereichen, neu formulierte
der Fall war. Die Beeinträchtigungen kognitiver, psy-     Pflegestandards, aber auch veränderte Kosten-Nut-
chischer und physischer Art verlangen spezifische         zen-Berechnungen verlangen nach ständiger Wei-
und adäquate Versorgung durch ausgebildetes Per-          terbildung der in Pflege arbeitenden Menschen.
sonal.
2 DIE SITUATION IN DER ALTENPFLEGE                                                                            17
Folgende Themen bieten sich in Anbetracht des ver-
änderten Pflegeprofils an:

Z    F achlichkeit: Zum Beispiel der Umgang mit de-
     mentiell Erkrankten, die Einführung neuer Pflege-
     verfahren, Notfallkurse und Brandschutzübungen,
     konfliktträchtige Pflegethemen des Hauses, Hygie-
     ne.

Z    K
      ommunikation / Kooperation: Gesprächsführung
     (Konfliktgespräche führen, Übergabegespräche, Be­
     sprechungen, Gesprächsverfahren mit Bewohnern
     und ihren Angehörigen)

Z    G
      esunderhaltung: Rückenschonendes Arbeiten, Re­
     flexion der Pausengestaltung und Einrichtung von
     Ruhezonen für das Personal, Nichtrauchertrainings
     und Gesundheitsaufklärung in Kooperation mit der
     Volkshochschule und Krankenkassen, ebenso Atem-
     und Entspannungsübungen.

Z    O
      rganisation: Verbesserung der Tagesablauforgani­
     sation, Leiten von bewohnerorientierten, kleinen
     Teams, Projekt- und Prozessmanagement, betriebs­
     wirtschaftliche Grundlagen, Selbst- und Zeitmanage­
     ment

Z    P
      ersönlichkeitsentwicklung: Förderung des Selbst­
     bewusstseins, des eigenen Standpunktes und der
     Selbstreflexion.

18                                               Fort- Und Weiterbildung in der Altenpflege in Berlin – Eine Herausforderung für den Pflegealltag
2 DIE SITUATION IN DER ALTENPFLEGE   19
3 FORMALE WEITERBILDUNGSANGEBOTE
Der beschriebene komplexe Pflegealltag verlangt nach          Z   Pflegefachkraft für leitende Funktionen
arbeitsteiligen Beschäftigungen und spezialisierten
Pflegekräften. Zur Beschreibung von üblichen forma-           Z   Pflegedienstleiter/in (PDL) – berufsbegleitende
                                                                  
len Weiterbildungsangeboten und Spezialisie­rungen                Weiterbildung
für Pflegekräfte in Berlin erfolgte im Rahmen der Ex-
pertise eine qualitativ orientierte Untersuchung in           Z   Berufsbegleitende Weiterbildung: Stationsleiter/in
Form eines exemplarischen Überblicks zur Angebots-                 - PDL - Verantwortliche Pflegekraft in ambulanten
ausgestaltung. Hierfür wurde eine Analyse von Daten                und stationären Einrichtungen der Altenpflege
der Weiterbildungsdatenbank Berlin (siehe auch Ab-
schnitt 12) durchgeführt hinsichtlich der Organisation,       Z   Weiterbildung zur Pflegedienstleitung - PDL
der Struktur und der Inhalte von formalen Weiterbil-
dungsangeboten. In den folgenden Ausführungen sei-            Z   Leitende Pflegefachkraft in Einrichtungen der Pflege
en die Grundlagen und die Ergebnisse zusammen-                    im Gesundheits- und Sozialwesen
fassend dargestellt.
                                                              Z   S tations-/Pflegedienstleitung. Leitung in Einrich-
Stichprobe und Rahmenbedingungen                                   tungen der Pflege im Gesundheits- und Sozialwe-
Im Rahmen der Erstellung dieser Expertise erfolgt                  sen
eine exemplarische Analyse der Angebote der Wei-
terbildungsdatenbank Berlin (Stand der Einträge am            Alle Veranstaltungen sind Präsenzveranstaltungen
29. Juli 2015) in den fünf Themenfeldern Palliative           und werden in Vollzeit (fünf Angebote) oder Teilzeit
Care, Wundmanagement, Schmerzmanagement, Quali­               (zwei Angebote) wochentags angeboten. Die durch-
tätsmanagement bzw. Qualitätsbeauftragte/r sowie              schnittliche Gesamtdauer der Angebote liegt bei 766
Pflegedienstleitung (PDL)/Stationsleitung. Die Aus-           Stunden, bei einer Spannbreite von 1376 Stunden
wahl der Stichprobe wurde durch selektives Sampling           (Maximum) bis 460 Stunden (Minimum). Die Angaben
anhand der folgenden zwei Merkmalskombinatio-                 zu den fachlichen Voraussetzungen der Zielgruppe sind
nen vorgenommen: (1) aus der Beschreibung der Ziel­           dahingehend homogen, dass sie eine abgeschlossen
gruppen ist ersichtlich, dass es eine Fortbildung für         Berufsausbildung im Pflegebereich und in der Regel
Fachkräfte in der Pflege ist; (2) der Veranstaltungsort       die zusätzliche Anforderung von zwei Jahren Be-
ist Berlin.                                                   rufspraxis haben. Ein Anbieter konkretisiert die Ziel-
                                                              gruppe wie folgt: Pflegefachkräfte können die Fort-
Die Datenerhebung und der Vergleich erfolgten hin-            bildung absolvieren, wenn sie kontinuierlich in
sichtlich der oben genannten Kriterien, das heißt in          Leitungsfunktionen eingebunden sind, wenn ihnen
Bezug auf die Voraussetzungen der Teilnehmenden,              Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstellt sind oder
den Ausbildungsumfang (Bildungsinhalte), der Dau-             wenn sie eine solche Position anstreben. Angaben
er und die üblichen Finanzierungswege (Preis und              zum Preis der Fortbildung erfolgen bei vier Angebo-
Förderung (Mehrfachangaben möglich)). Darüber hi-             ten. Die Kosten einer Fortbildung betragen durch-
naus wurden Daten zum Abschluss der Fortbildung               schnittlich 3.080,- EUR, bei einer Spannbreite von
(Abschlussart /Abschlussprüfung) und zu den Inhalten          3.880,- EUR (Maximum) bis 2.231,- EUR (Minimum).
bzw. Zielen erhoben. An dieser Stelle sei angemerkt,          Hinsichtlich der Finanzierungs- bzw. Fördermöglich-
dass die Beschreibung der Inhalte und Ziele zwi-              keiten machen alle Anbieter Angaben. Sie bieten die
schen den einzelnen Angeboten sehr different ist –            Möglichkeiten des AFBG (Meister-BAföG) (fünf Ange-
teilweise sehr ausführlich, teilweise sehr rudimentär.        bote), der Arbeitsagentur (fünf Angebote), des Bil-
In den Beschreibungen erfolgte eine Zusammenfass­             dungsgutscheins (vier Angebote), der Deutsche Ren-
ung der Angaben hinsichtlich der wesentlichen, wie­           tenversicherung (BfA/LVA/BG) (vier Angebote), der
derkehrenden Bildungsinhalte sowie Alleinstellungs­           Bildungsprämie (ein An-gebot) und des Bildungs-
merkmale einzelner Angebote. Angaben zur (obliga-             schecks Brandenburg (ein Angebot). Fünf Fortbil-
torischen) Durchführung eines Praktikums konnten              dungsangebote schließen mit einer Prüfung ab, zwei
aufgrund der unübersichtlichen Datenlage nicht er-            ohne. Hinsichtlich der Abschlussarten wird angebo-
hoben werden.                                                 ten: „staatlich anerkannter Abschluss“ (drei Ange-
                                                              bote) oder Zertifikat/Teilnahmebestätigung (zwei
Befunde                                                       Angebote). Zwei Anbieter machen keine Angaben
Im Themenfeld Pflegedienstleitung (PDL) / Stations-           hinsichtlich der Abschlussarten. Abschlussbezeich-
leitung finden sich für das Bundesland Berlin sieben          nungen sind, sofern angegeben: Pflegefachkraft für
Fortbildungsangebote bei sechs Anbietern, welche              leitende Funktionen – PDL (zwei Angebote), Leitende
die oben genannten Merkmalskombinationen erfül-               Pflegefachkraft in Einrichtungen der Pflege im Ge-
len. Sie haben folgende Angebotstitel:                        sundheits- und Sozialwesen (ein Angebot). Inhalte
                                                              der Fortbildungsangebote zur Pflegefachkraft sind
22                                              Fort- Und Weiterbildung in der Altenpflege in Berlin – Eine Herausforderung für den Pflegealltag
Einführungen in die Themenfelder Gesundheits- und          EUR (Maximum) und 99,- EUR (Minimum). Finanzie-
Sozialpolitik, Kommunikation und Pflegemanage-             rungs- und Fördermöglichkeiten der Fortbildung sind
ment, Gesundheitswissenschaften und Gesundheits­           die Bildungsprämie (sieben Angebote), der Bildungs-
förderung, Wirtschaft und Rechtslehre, Betriebswirt-       scheck Brandenburg (drei Angebote), die Arbeitsagen­
schaft, Marketing, Qualitätsmanagement, Personal-          tur (zwei Angebote), die Deutsche Rentenversicherung
führung, Sozialwissenschaft, EDV, Pflegefachwissen         (BfA/LVA/BG) (2 Angebote) und der Bildungsgutschein
und Sprachausbildung (bspw. professional english           (ein Angebot). Keine Angaben zu Finanzierungs- und
for nurses). Hinsichtlich der erworbenen Kompeten-         Fördermöglichkeiten finden sich bei vier Angeboten.
zen wird auf die Entwicklung der Pflegefach-, Sozial-,     Zehn Fortbildungsangebote schließen ohne Abschluss­
Kommunikations-, Methoden- und Führungskompe­              prüfung ab, ein Angebot erfordert eine Abschlussprü-
tenzen abgestellt.                                         fung. Alle Angebote bieten ein Zertifikat/Teilnahme-
                                                           bestätigung nach Abschluss der Fortbildung. Bei ei­nem
Im Themenfeld Palliative Care finden sich in der           Angebot findet sich eine Angabe zur Abschlussbe-
Stichprobe aus der Weiterbildungsdatenbank für das         zeichnungen der Fortbildung: „Palliative Care im Pfle-
Bundesland Berlin elf Fortbildungsangebote bei acht        ge- und Gesundheitswesen“. Inhalte der Fortbildungs­
Anbietern mit folgenden Angebotstiteln:                    angebote im Bereich Palliative Care sind laut Angaben
                                                           der Anbieter: Schmerzentstehung, Chronifizierungs-
Z   Pain nurse / Algesiologische Fachassistenz – Basis-   mechanismen, Diagnostik, Therapie, Pflegestandards,
    kurs / Aufbaukurs                                      Gesprächs­führung/kultursensible Kommunikation, Spi-
                                                           ritualität, physiologische und psychologische Aspekte
Z   Kultursensibler Umgang mit Patienten                   der Pflege, Ethik, Wundversorgung, Sterbephasen- und
                                                           Trauer­modelle. Erworben werden sollen in einzelnen
Z   Spiritualität am Lebensende                            Angeboten auch interkulturelle Kompetenzen sowie
                                                           Wissen um die Bedeutung von Musik im Pflegepro-
Z   Palliative Care im Pflege- und Gesundheitswesen        zess und die Gesundheitsprophylaxe von Pflegen-
                                                           den.
Z   Fachkraft für Palliativ-Pflege
                                                           Im Themenfeld Wundmanagement wurden in der
Z    usik in der Begleitung Schwerstkranker
    M                                                      Stichprobe der Weiterbildungsdatenbank im Bundes­
    und Sterbender                                         land Berlin 19 Fortbildungsangebote bei sieben An-
                                                           bietern identifiziert. Die Angebotstitel sind:
Z    as am Ende zählt | Achtsamkeit und Mitgefühl in
    W
    der Begleitung am Lebensende                           Z   Aufbaukurs Pflegetherapeut Wunde

Z    undversorgung in der Palliativmedizin.
    W                                                      Z   Basiskurs Wundexperte
    Für Wund­fachkräfte.
                                                           Z   Rezertifizierung Wundexperte und Pflegetherapeut
Z    roße Qualifizierung zur Trauerbegleitung / 
    G
    Kinder-Trauerbegleitung                                Z   Basisseminar Wundmanagement

Z   Palliative Care – Multiprofessioneller Basiskurs       Z   Expertenstand „Chronische Wunden“

Alle Angebote sind Präsenzveranstaltungen und wer-         Z   Fachfortbildung Wundmanager
den in Vollzeit wochentags (neun Angebote), in Voll-
zeit am Wochenende (ein Angebot) und in Teilzeit           Z   Fachfortbildung Wundmanager Refresherkurs
(ein Angebot) angeboten. Die durchschnittliche Ge-
samtdauer der Angebote liegt bei 73 Stunden, bei ei-       Z   Berufsbegleitende Weiterbildung: Basisseminar
ner Spannbreite von 225 Stunden (Maximum) bis 7                  Wund­experte ICW/TÜV Pers. Cert
Stunden (Minimum). Zielgruppe der Fortbildungen in
der Stichprobe sind u. a. ausgebildete Altenpfleger/       Z   Die Ins und Outs der Wundbehandlung
innen. Einige Angebote werden mit dem Zusatz kon-
kretisiert: mindestens zwei Jahre Berufserfahrung im       Z   Modernes Wundmanagement in der Pflege
abgeschlossenen Berufsabschluss; Tätigkeit in Senio-
reneinrichtungen und in der Hospizarbeit. Angaben          Z   Wundmanager/in
zu den Kosten der Fortbildung erfolgen bei acht An-
geboten. Die durchschnittlichen Kosten betragen            Z   Wundmanagement
603,- EUR bei einer Spannbreite zwischen 2.200,-
3 FORMALE WEITERBILDUNGSANGEBOTE                                                                                23
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