Jahresschrift 2018.2019 - Berichte . Ereignisse . Fakten - Deutsche Kapuzinerprovinz
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Grußwort des Provinzials Ins Gespräch kommen In unruhiger Zeit geht der Blick gerne zurück, in der vagen Hoffnung, dort Antworten zu finden auf die Herausforderungen unserer Tage. Wir kommen gleichsam ins Gespräch mit dem, was war und ist und fragen dabei, was Gott uns damit sagen will. Wir wissen, dass die Tradition keine einfachen Lösun- gen parat hält. Es liegt in unserer Hand, den inneren Regungen und dem Wirken des Heiligen Geistes zu vertrauen und die nötigen Schritte zu tun. An der Realität unseres Lebens können wir uns nicht vorbeimogeln. Doch glaube ich, dass der Blick zurück auf lebendige Vorbilder ein heilsamer Impuls für heute sein kann. Ich nenne drei Beispiele. Br. Konrad (1818–1894), der Pförtner von Altötting, Br. Marinus Parzinger, heiliggesprochen im Jahr 1934. Ein Mann, der weiß, Provinzialminister was er will. Am Beginn seines Ordenslebens hat er für sich Vorsätze formuliert. Er beginnt: „Erstens will ich es mir recht angewöhnen, mich allezeit in die Gegenwart Gottes zu stellen.“ In seinen Vorsätzen entscheidet er sich radikal für Gott, wählt das stille Dienen an den Menschen als Lebens- Europa und war ein Vorkämpfer für die Einheit Euro- aufgabe und nimmt sich den gekreuzigten Herrn als pas. Diese Weite und Tatkraft wünsche ich den Ver- Vorbild und Maßstab seines Verhaltens. Diese Grund- antwortlichen der Kirche in Europa heute. entscheidungen prägen das Leben des Br. Konrad. 2018 Nach der Wahl des neuen Generalministers am 3. Sep- feiern wir seinen 200. Geburtstag. Rechtzeitig zuvor tember 2018 hat Br. Mauro Jöhri (2006–2018) seinem wurde die Bruder-Konrad-Kirche renoviert. Wir wollen Nachfolger das Kreuz des hl. Laurentius überreicht und das „Erbe“ des Heiligen zeitgemäß vermitteln und ei- ihn ermutigt, ein Diener aller Brüder zu sein. nen Zugang zu ihm schaffen. Er hat uns etwas zu sagen. Und schließlich jährt sich die Begegnung zwischen Im nächsten Jahr erinnern wir an den 400. Todestag Franziskus und dem Sultan (1219). Vor 800 Jahren des hl. Laurentius von Brindisi (1559–1619). Er zeigte Br. Franz von Assisi, wie Menschen verschiede- hatte viele Talente und blieb als Volksprediger, Provin- ner Kulturen und Religionen miteinander umgehen zial und Generalminister des Kapuzinerordens, als können. Aus dieser Begegnung auf Augenhöhe, hoffe politischer Berater und päpstlicher Gesandter nahe ich, können wir für die aktuellen Herausforderungen am Menschen. Seine Weitsicht machte ihn zu einem unsere Zeit lernen. Fotos: Kiên Hoàng Lê gesuchten Ratgeber. Er redete Königen ins Gewissen und ermutigte schlichte Menschen im Beichtstuhl. Ich hoffe, dass die Beiträge in unserer diesjährigen Brachte die Kapuziner im Jahr 1600 nach München. Jahresschrift für Sie, liebe Leserinnen und Leser, anre- In vieler Hinsicht war er überdurchschnittlich und gend und bereichernd sind. Den Verfassern der Bei- doch ein einfacher Mensch, der sich am Evangelium träge und allen, die an der Erstellung mitgewirkt ha- Jesu Christi orientierte. Beispielhaft! Er durchquerte ben, danke ich herzlich. Bleiben wir in Kontakt. Br. Marinus Parzinger OFMCap Provinzial der Deutschen Kapuzinerprovinz 2 Kapuziner 2018 . 2019 3
Inhalt Kapuziner Jahresschrift 2018.2019 14 32 76 Aus der Provinz Mitbrüder Nachdenkliches 8 Katholikentag in Münster 40 Einblick! 56 Vom Glückskind zum Ein Großereignis und die Eindrücke einiger Brüder „Mitleben“ als Angebot der Berufepastoral Kirchenlehrer Laurentius von Brindisi 14 Neuer Generalminister 42 „Wir müssen in der Öffentlichkeit präsent Die weltweite Kapuzinergemeinschaft bleiben und wahrgenommen werden“ 82 „Pass abgelaufen Schuhe auch“ hat eine neue Leitung Interview mit Br. Linus Rettich Ein Obdachloser in Frankfurt erzählt 16 Interview mit Roberto Genuin 46 „Ich spürte diese Sehnsucht „Leben wir entschieden und in nach geistigem Leben“ Freude unsere Berufung“ Priesterweihe in Altötting akademisches 18 „Jesu Kreuz - unser Buch“ 48 Abenteuer Amazonas 200 Jahre - Bruder Konrad Jubiläum Mehr als 1000 Kilometer auf dem Fluss 60 Menschsein – Pilgersein Gedanken zur Noviziatsausbildung 22 Der Kardinal in Kapuzinerkutte 54 Brüderlicher Austausch Internationales Treffen der Brüder Junioren in Rom 66 Brücken statt Mauern TitelFoto: Lêmrich; FotoS: OFMCap.org, Lêmrich, I-stock Interview mit Kardinal Seán Patrick O‘Malley Wie Franz von Assisi Mission 24 Mauern gebaut – Tore aufgerissen und Dialog versteht Der Klostergarten in Münster ist offen für alle 70 Geteilte Geschichte Rubriken 28 Ein „Tante-Emma-Laden“ auf Rädern Über ein Buchprojekt Ein neues Projekt in Albanien 21 Buchtipp 74 „Wir packen‘s!“ 30 Es werde Licht 37 Publikationen Zum Stand der Hochschule Eine Performance in Liebfrauen Frankfurt 39 Augenblick der Orden in Berlin 59 Publikationen 76 IUNCTUS 32 „Mehr als du siehst“ Kirchensanierung in Liebfrauen Frankfurt 65 Augenblick Veranstaltungen zu Führen 72 Bildmeditation und Leiten, zur Christlichen 36 Dachsanierung mit Wetterhahn gekrönt 86 Unsere Verstorbenen Spiritualität und zum Phänomen Der Dachreiter der Kapuzinerkirche der Geistlichen Trockenheit 91 Augenblick in Werne strahlt wieder 92 Termine und Angebote 2019 84 Die Wahrheit liegt im Archiv 38 Prag im Zeichen der Klarissen-Kapuzinerinnen 94 Augenblick Treffen des Freundeskreises Arbeit an den neuen Konstitutionen 95 Adressen/ Impressum Kapuzinergeschichte 4 Kapuziner 2018 . 2019 5
Vorwort Liebe Leserinnen, liebe Leser! Die Welt ist um Umbruch. Das gilt Wegen zu gehen, sich auch für die Kirche und nicht zu- von der Kreativität so letzt für unseren Orden. Das einzig vieler Menschen inspi- Beständige scheint die Verände- rieren zu lassen. Dazu rung zu sein. Aber ist die Wand- ist allerdings vor allem lung nicht ein Grundprinzip unse- eines notwendig: Of- res Glaubens? Und ist daher das fenheit und Bereit- Leben nicht ohnehin eine stete schaft, sich auf den Baustelle? und auf das Fremde Das Gerüst auf der Vorderseite un- einzulassen. In unserer seres Jahreshefts zeigt daher nicht Jahresschrift ist von so nur eine Szene aus der Renovie- manchen Umbrüchen rung unserer Liebfrauenkirche in die Rede, aber auch Frankfurt am Main. Es steht auch von Jubiläen und Ereignisse, welche die Jahre 2018 und Br. Thomas symbolisch für das, was wir Kapu- 2019 geprägt haben und prägen werden. Und nicht zu Dienberg (li.), Fotos: Thomas Dienberg, Kiên Hoàng Lê ziner in Deutschland und weltweit vergessen: Im Jahr 2019 erinnern wir uns an die Begeg- Br. Christophorus erleben. Wir müssen vieles „um- nung von Franziskus mit dem Sultan im Jahr 1219 – eine Goedereis bauen“ – im eigentlichen wie im Begegnung, die uns in multikulturellen Zeiten neu übertragenen Sinne. Manches zum Dialog der Weltreligionen herausfordert. muss gestützt werden, ist aber re- Wir hoffen, dass die vielfältigen Beiträge zum einen novierbar, anderes hingegen muss etwas von der Bereitschaft der Brüder zeigten, sich abgerissen und neugebaut oder so- auf Neues und Unverhofftes einzulassen–gleichzeitig gar aufgegeben werden. aber auch Sie, liebe Leserin und lieber Leser, ein Wir leben in herausfordernden Zei- wenig inspirieren. ten, die aber auch viele Chancen in Wir danken Ihnen allen für Ihr Interesse und Ihre Treue sich bergen: nämlich Dinge ganz – und wünschen Ihnen von Herzen in diesen Zeiten des neu zu denken, auf ungewohnten Umbruchs Offenheit und spirituelle Gelassenheit. Br. Thomas Dienberg Br. Christophorus Goedereis 6 Kapuziner 2018 . 2019 7
Aus der Provinz Eindrücke vom Katholikentag 2018 in Münster Suche Frieden Viele Kapuziner waren auf dem Katholikentag in ganz unterschied- lichen Funktionen. Drei Brüder berichten über ihre Erlebnisse und Erfahrungen. Oben: immer wieder kamen Menschen und such- ten den Austausch und das persönliche Gespräch Links: Br. Stephan J. M. an der Promenade, wo es Gelegenheit zum Gespräch und zur Beichte gab Oben: Das Kloster ganz im Zeichen des Katholikentags Rechts: Die Brüder Michael und Stefan mit Nebenan und doch dabei?... Kurz Ärger. Dann die Entscheidung: Wir laden die Teil- fröhlichen Katholiken auf dem Prinzipalmarkt von Br. Harald Weber nehmer „aus Anlass des Katholikentages“ in unseren Alle Fotos: Berufungspastoral der Kapuziner Ich bin nicht mehr vom Konzept des Katholikentages Garten und unser Kloster ein, gestalten einen Kontra- Von Thomas Dienberg überzeugt. Früher musste ich unbedingt dabei sein. punkt, einen Bereich, wo es ruhiger, familiärer zugeht. Heute schreckt mich einiges von dem, was mich vor Ich war von Mittwoch bis Sonntag nicht einmal in der 8 „Suche Frieden“ – so lautete das Motto des Katholi- treten, andere beteiligten sich intensiv in der Gespräch- 10 Jahren noch angezogen hat, eher ab: Muss ich mit- Stadt, beim Dom oder auf dem Schlossplatz. Drei Tage kentags in Münster. Es war für alle ein schönes und und Beichtseelsorge. Die PTH und auch der Klostergar- ten unter Tausenden von Menschen in einem Event- Gartencafé, franziskanische Gebetszeiten und Gottes- wirklich friedvolles Fest. Münster zeigte sich von seiner ten hatten je einen eigenen Stand auf der Kirchenmeile, Gottesdienst stehen, womöglich im Regen? Dreht sich dienste in der Klosterkirche, Garten- und Hausfüh- besten Seite. Die Veranstaltungen waren mehr als gut wo auch verschiedene Brüder ihren Dienst versahen. So die Kirche nicht immer um dieselben Themen und rungen, Abendgebet mit dem Sonnengesang durch besucht, und auch die Kirchenmeile vor dem Schloss manch ein Bruder war aber auch einfach im Kloster ge- kommt nicht weiter? Was strahlt davon wirklich in den Klostergarten. Gemeinsam vorbereitet und ange- erfreute sich großer Beliebtheit. Die Frage ist natürlich, blieben, denn auch dort gab es das Angebot für die vie- unsere Gesellschaft aus? Ist das nicht ein überdimen- boten von Kapuzinern und Franziskanerinnen aus was von all dem bleibt und wie es weitergehen wird. len Besucher, einfach einmal innezuhalten und Atem zu sionaler Aufwand, kurz nach dem Abschlussgottes- Sießen, Reute und Münster. Persönliche Begegnungen ‚Suche Frieden’ bleibt ein sehr aktuelles Motto. holen. Der Garten und ein kleines Café, Gebetszeiten dienst schon wieder vergessen? und Gespräche bei Kaffee und Kuchen. Menschen, die Viele Brüder hatten sich für den Katholikentag ange- und Gartenführungen luden dazu ein. Aber: „Der Katholikentag kommt zu uns nach Müns- sagten: „Gut, hier ist es mal nicht so rummelig.“ Be- meldet und waren in verschiedenster Weise mit beteiligt. So hat jeder‚ seinen Katholikentag erlebt. Davon ist ter, also müssen wir dabei sein.“ Dann: „Das Kapuzi- gegnungen mit den vielen Übernachtungsgästen in Einige waren auf Foren und Podiumsdiskussionen ver- im folgenden die Rede. nerkloster liegt außerhalb des Veranstaltungsbereichs.“ unserem Kloster. Schön war es. 4 8 Kapuziner 2018 . 2019 9
Aus der Provinz Links: Br. Pascal Mettler aus Salzburg bei der notwendigen Pflicht des Gläserspülens Oben: Und immer wieder Brüder und Schwestern auf dem Prinzipalmarkt Links: Br. Thomas M. Schied, Links: Br. Christian seilt sich vom Br. Stefan M. Huppertz und Br. Ste- dritten Stock des Klosters ab phan J. M. Schweitzer waren jeden Tag an der Promenade zu finden Rechts: Auf den Spuren des Sonnen- gesangs im Klostergarten Zelt der Ruhe Beichtgespräch oder kamen bei uns vorbei, um sich bzw. Garten in der Kapuzinerstraße besuchen. der Hilfe der Alexianer betreut. Außerdem weißt du von Br. Thomas M. Schied segnen zu lassen. Besonders berührt hat mich der An unserem „grünen“ Infostand haben wir dir un- jetzt, dasst unser Garten nicht nur zum Katholiken- Suche Frieden – unter diesem Motto fand der Katho- Vertrauensvorschuss, mit dem die Menschen auf uns sere Gemeinschaft im Allgemeinen und unseren tag, sondern jeden Tag für Besucher geöffnet ist. likentag 2018 in Münster statt. Schon früh war klar, zugegangen sind. Es war ja das erste Mal, dass ich nach Konvent und Garten in Münster vorgestellt. Viele Wie gesagt, war ich zur Aushilfe im Garten-Café dass wir Kapuzinerbrüder nicht nur als Besucher da- meiner Priesterweihe auch für Beichtgespräche zur Brüder, aus Münster und aus der gesamten Provinz, nach Münster gekommen. Jeden Tag war ich für drei bei sein wollen, sondern dass wir bei diesem „Heim- Verfügung stehen konnte. Ich hatte und habe großen haben sich deinen Fragen gestellt und über sich und bis vier Stunden im Garten und habe Getränke aus- spiel“ Präsenz zeigen und an verschiedenen Stellen Respekt vor dieser Aufgabe. Deshalb war es für mich ihre Brüder Auskunft gegeben. Zusammen mit mei- geschenkt. ansprechbar sein müssen. Im Fokus standen bei mir schon etwas sehr Besonderes, dass ich auf dem Katholi- nen Mitnovizen Br. Pascal und Br. Julian bin ich von In dieser Zeit haben sich viele gute Gespräche über - vor allem das Kloster als Ort der Begegnung, der kentag ganz behutsam an diese Aufgabe herangeführt Salzburg nach Münster gekommen, um im „Garten wie wie man so schön sagt - „Gott und die Welt“ ergeben. Fotos: Berufungspastoral der Kapuziner, Stand auf der Katholikentagsmeile und unser Ge- wurde und erste Erfahrungen sammeln konnte. Café“ auszuhelfen. Neben meiner Tätigkeit im Café konnte ich auch ei- sprächsangebot „Was dir auf dem Herzen liegt“. Auch wenn der Katholikentag ein Großevent mit Denn abseits von aller Kirchentagsumtriebigkeit nige Zeit in der Innenstadt von Münster und auf dem Münster war für mich nicht der erste Katholiken- viel Trubel war – rückblickend sind es für mich vor konntest du es dir in unserem Klostergarten gutge- Schlossplatz verbringen. Also im Herzen des Katho- Bernd Beermann, Thomas Dienberg tag. Neu war aber, dass ich mich als Kapuziner und allem die Begegnungen in unserem kleinen Zelt am hen lassen. Gemeinsam mit unseren franziskani- likentages. Auch hier habe ich viele gute Begegnungen Priester aktiv einbringen konnte. Vor allem die Vier- Rand der Promenade, die jetzt noch nachklingen. schen Schwestern aus Sießen und Reute und vielen gehabt und spannende Gespräche geführt. Augen-Gespräche im Jugendzentrum an der Prome- Helfern aus dem Konvent in Münster haben wir dir Besonders habe ich mich darüber gefreut, Brüder nade haben mich sehr beeindruckt. Es war unser An- die Möglichkeit geboten, dich bei Kaffee und Kuchen und Schwestern aus verschiedensten Orden zu tref- liegen, in einem kleinen „Zelt der Ruhe“, ganz Ort der Begegnung zu entspannen. fen und mit vielen meiner Mitbrüder eine tolle Zeit unspektakulär zuzuhören und da zu sein. Das Ange- von Br. Christian Böing Wenn du an den Führungen durch unseren Klos- zu verbringen. Alles in allem war der Katholikentag bot wurde gut angenommen. Einige Gäste wollten In diesem Jahr war Münster Schauplatz des Katholi- tergarten teilgenommen hast, konntest du bestimmt für mich sehr interessant. einfach mal über ein Lebensthema reden, andere kentages, und wir Kapuziner waren mit dabei. Vom viel Neues erfahren. Mein persönliches Highlight jedoch war die Mög- hatten Fragen zu ihrem Glauben mitgebracht, wieder 9. bis zum 13. Mai konntest du uns an unserem Stand Zum Beispiel, dass unsere Gemeinschaft den Gar- lichkeit, mich im Rahmen des Abendgebetes aus dem andere nutzten gezielt die Möglichkeit zu einem auf der Kirchentagsmeile und in unserem Konvent ten zusammen mit vielen fleißigen Menschen und dritten Stock des Kapuzinerklosters abzuseilen. 10 Kapuziner 2018 . 2019 11
Aus der Provinz Katholikentag: Einfach nur zuhören Der Einzelne im Fokus Br. Stefan im Gespräch mit einem Katholikentagsbesucher Am Rande des pulsierenden Katholikentages steht ein Zelt der Ruhe. Bruder Stefan und seine Mitbrüder hören hier zu, kommen über den Glauben ins Gespräch, segnen Abseits des Trubels gab es viele und nehmen die Beichte ab. Ein Kontrastprogramm. Ecken der Besinnung und Einkehr Von Melanie Trimborn 8 Geistliche Musik hallt über Verstärker durch die mals noch in Leipzig. „Das ist sozusagen das Kont- Entscheidungen, die schwer fallen dass man am Ende des Tages innehält, schaut, was war, Straßen in Münster. Überall sind Menschen unter- rastangebot zu dem Trubel und den großen Der Theologe und Wissenschaftler Bruder Stefan fin- und das ins Gebet bringt“, erklärt er. wegs, so dass sogar die sonst so routinierten Münste- Veranstaltungen“, sagt er. Schon damals haben die det es wichtig, als Seelsorger aufmerksam zuzuhören, Keine Spickzettel hat der Bruder allerdings, wenn es raner Fahrradfahrer ins Straucheln geraten. 70.000 Besucher die Möglichkeit angenommen, erinnert er damit sich das Gegenüber ernst genommen fühle. „Zu- um das Thema Zweifel im Glauben geht. Denn auch sie Menschen besuchen die Stadt zum Katholikentag. sich. Ein Grund, dies auch in der eigenen Stadt anzu- dem macht Erzählen glücklich“, sagt er. Es gehe ihm werden angesprochen. Auch darin sieht der Bruder „Erstveröffentlichung bei DOMRADIO.DE“ Das sind mehr als in das Rheinenergiestadion in bieten. nicht darum Ratschläge zu geben. Seine Erfahrung eine Natürlichkeit des Glaubens. „Glaube ohne Zweifel Köln passen würden. Es ist voll, es ist Party-Stim- „Katholik zu sein ist etwas sehr Individuelles“, be- zeigt ihm, gerade in Entscheidungssituationen gäbe es kann sich auch nicht weiterentwickeln.“ Im Gegenteil. mung, und es ist laut. gründet er das Gegenangebot. Jeder habe seinen ganz meist schon eine Tendenz. Junge Erwachsene kommen Habe man einen felsenfesten Glauben, sei man auch Dagegen wirkt der Stand der Kapuziner wie eine eigenen Zugang zu Gott und zur Kirche. „Das muss zu ihm und suchen nach Rat. Ziehe ich etwa für das sehr abgeschottet und merke gar nicht, wenn Gott ins Oase. Etwas am Rande des Geschehens steht das auch besprochen und reflektiert werden.“ Bruder Ste- Studium bei den Eltern aus oder bleibe ich? Dabei Leben hineinspiele. „Auch ich als Ordensmann kenne Fotos: Melanie Trimborn schlichte Zelt. Bruder Stefan sitzt auf einem Holz- fan hält Predigten als einziges Impulsangebot für zu wüssten sie das selber sehr genau. „Das merken sie Zweifel.“ Er lege dann nahe, dass man den Horizont da- stühlchen. Eine Kerze brennt, während er mit sei- einseitig. „So eine Predigt richtet sich an alle. Und das dann im Gespräch.“ für öffne, was Glaube eigentlich bedeutet. „Gott spricht nem Gegenüber spricht. In Ruhe. kann wiederum nie genau auf die Lebenssituation je- Ratschläge gibt der 37-Jährige nur beim Beten. Viele nicht nur über die Bibel oder den Gottesdienst zu uns. des einzelnen zutreffen und passen.“ Wenn man noch Jugendliche kämen mit der Frage zu ihm, wie man bete. Ich bin der festen Überzeugung, dass ich Gott auch Idee für den Katholikentag Leipzig so toll predige, dann bleibe das immer allgemein. Da- Seit Kindertagen hätten sie das nicht mehr gemacht. dann erlebe, wenn ich an meine Grenzen komme.“ Er hatte schon vor zwei Jahren die Idee, Vier-Augen- gegen sei im Einzelgespräch die konkrete Person mit Dafür ist der Kapuziner bereits gewappnet. Auf Lese- www.domradio.de/video/ein-zelt-der-ruhe-auf- Gespräche auf dem Katholikentag anzubieten. Da- ihrer Geschichte und der aktuellen Situation im Fokus. zeichen sind kleine Tipps gedruckt. „Da steht drauf, dem-katholikentag 12 Kapuziner 2018 . 2019 13
Aus der Provinz 85. Generalkapitel der Kapuziner Neuer Generalminister der Kapuziner Das 85. Generalkapitel wählte einen Nachfolger für den Schweizer Mauro Jöhri, der das Amt des Generalministers zwölf Jahre lang bekleidet hatte. Von Br. Christophorus Goedereis 8 Der Venezianer Roberto Genuin ist neuer Gene- ralminister der Kapuziner. Am 3. September 2018 wurde er im ersten Wahlgang durch das Generalka- pitel gewählt. Dieses tagte mit knapp 188 Delegierten aus 110 Ländern drei Wochen lang im Internationa- len Studienhaus des Ordens in Rom. Fra Roberto ist der 73. Generalminister des Kapuzinerordens und wurde für eine Amtszeit von sechs Jahren gewählt. Er folgt auf den Schweizer Mauro Jöhri, der nach zwölf Jahren an der Spitze des Ordens nicht mehr zur Wahl stand. Roberto Genuin wurde 1961 in der norditalieni- schen Gemeinde Falcade geboren. 1980 legte er seine v.l.n.r.: Victorius Dwiardy, geb. 1968, Provinz Pontianak, Indonesien, Kilian Ngitir, geb. 1967, Provinzkustodie zeitlichen Gelübde ab. Fünf Jahre später folgte die der erste Provinzialminister der neuen Provinz vom Kamerun, Francesco Neri, geb. 1959, Provinz Apulien, Italien, Celestino Arias, geb. 1968, Provinz St. Mary, New Ewige Profess. 1987 wurde Genuin in seiner Heimat- Heiligen Kreuz in Venedig. York und New England, USA, José Angel Torres Rivera (Generalvikar), geb. 1972, Kustodie Puerto Rico, Alle Fotos: OFMCap.org Roberto Genuin, geb. 1961, Provinz Venedig, Italien, Johann Baptist Palliparambil, geb. 1962, Provinz St. Fran- pfarrei in Falcade zum Priester geweiht. Nach Stu- Der Kapuzinerorden hat weltweit über 10.500 Mit- cis, Kerala, Indien, Piotr Stasinski, geb. 1957, Provinz Warschau, Polen, Carlos Silva, geb. 1962, Provinz São Paulo, dien in Rom war er von 1996 bis 2008 stellvertreten- glieder. Die höchste Instanz ist das Generalkapitel, Brasilien, Pio Murat, geb. 1959, Provinz Frankreich, Norbert Solondrazana, geb. 1968, Provinz Madagaskar der Direktor und Professor am Laurentianum, der das alle sechs Jahre tagt und sich aus Vertretern aller Ordenshochschule in Venedig. 2008 wurde er dort Provinzen weltweit zusammensetzt. Geleitet wird zum Provinzialminister gewählt und 2011 in diesem der Orden von der Generalkurie in Rom, an deren Amt bestätigt. Nach einer Umgestaltung der Kapuzi- Spitze der vom Generalkapitel gewählte Generalmi- ner-Provinzen in Norditalien wurde er im Jahr 2014 nister steht. 4 14 Kapuziner 2018 . 2019 15
Aus der Provinz Wir leben in einer Zeit der großen Veränderungen 1 2 auf allen Ebenen. Während des Generalkapitels führte Br. Christophorus Goedereis, einer der 188 Wahlberechtigten, ein Interview mit dem neuen Generalminister. 4 3 1. Der neue und der alte Generalminister: Br. Roberto Genuin und Br. Mauro Jöhri, daneben die beiden Ge- neralräte Pio Murat und Celestino Arias, erste Reihe v.l.n.r. 2. Die Schlange war lang: 250 Kapuziner schüt- teln Papst Franziskus die Hand. 3. Alt und neu: Stefan Kozuh (ausscheidender Generalvikar), Roberto Ge- nuin (neuer Generalminister), Mauro Jöhri (ausscheidender Generalminister) 4. Warten auf die Papstaudienz: Br. Christophorus Goedereis aus Deutschland mit Brüdern aus aller Welt. 8 Lieber Roberto, wie geht es das gemeinsame Fragen und starkem Rückgang nach wie vor aktuell und lebens- einzuarbeiten. Dann gibt es natürlich schon eine dir, so kurz nach deiner Wahl? Ringen darüber, was das alles für wert ist, aber wir müssen für unser Leben in der nord- Reihe Termine, die sich automatisch in meinen Kalen- Ich muss ganz ehrlich sagen, dass unsere heutige Zeit bedeuten westlichen Welt neue Wege und Formen finden. Auf der eingeschrieben haben: Besuche in Assisi und San es mir gut geht. Bislang habe ich kann. Wir leben in einer Zeit der der anderen Seite geht es darum, unser Leben in ganz Giovanni Rotondo, die Treffen einzelner Konferenzen noch keine seelischen Veränderun- großen Veränderungen auf allen neue Kulturen und Gesellschaften in Afrika und Asien des Ordens und so manches Provinzkapitel, dem ich gen festgestellt (lacht). Ein biss- Ebenen. Und viele dieser Verän- einzupflanzen. Und das alles in einer dynamischen in- vorstehen werde. chen wundere ich mich selbst darüber, dass ich emoti- derungen in Kirche und Welt fordern uns und unser ternationalen Zusammenarbeit. Ich glaube, dass ge- Irgendwie muss ich zwischendurch auch noch meinen onal so gelassen bin. Ich wusste ja – aus dem, was franziskanisches Charisma in positiver Weise heraus. rade dieser internationale Austausch eine große Her- Umzug nach Rom organisieren, laufende Dinge in mei- vorher so gemunkelt wurde –, dass diese Aufgabe auf Das wird in den zahlreichen Diskussionen auf dem ausforderung, aber auch ein großer Reichtum für die ner bisherigen Heimat abschließen und mich zuhause mich zukommen könnte. Eigentlich hatte ich gehofft, Generalkapitel sehr deutlich. Zukunft sein kann. Eigentlich könnte die internatio- verabschieden. Es wird circa zwei Monate dauern, bis weiterhin in aller Ruhe in meiner Brüdergemeinschaft nale franziskanische Ordensfamilie ein gutes Vorbild die zehn Brüder des neuen Generalrats gemeinsam mit in Rovereto bleiben zu können. Aber offenbar stimmte Was sind nach deiner Meinung die größten Her- sein für die globalisierte Welt, die in ganz ähnlichen mir dann wirklich alle in Rom versammelt sind, um die die Projektplanung des lieben Gottes nicht mit meiner ausforderungen für unseren Orden in den kom- Herausforderungen steht wie wir. Arbeit voll aufnehmen zu können. Projektplanung überein. menden Jahren? Eine der größten Herausforderungen ist der radikale Hast du vor irgendetwas Angst? Hast du dir irgendetwas im Besonderen vorge- Wie hast du das 85. Generalkapitel des Kapuzi- zahlenmäßige Rückgang an Berufungen und Ordens- Nein, solange wir in Freude unsere Berufung leben, nommen? nerordens erlebt? mitgliedern in der nordwestlichen Hemisphäre der nicht. Ich habe die Absicht, so nach und nach alle Brüder auf Ich war ja schon auf einigen Generalkapiteln als Teil- Welt, also vor allem in Nordwesteuropa, in den USA der ganzen Welt zu besuchen. Einladungen habe ich nehmer dabei. Dieses Kapitel zeichnet sich für mich und in Kanada – sowie das rasant schnelle Wachstum Worauf freust du dich am meisten? in diesen Tagen schon viele erhalten (lacht). Aber das durch eine sehr lebendige und aktive Teilnahme des Ordens in Afrika und Asien. Auf der einen Seite Die Vielfalt unseres Lebens weltweit kennenzulernen. wird natürlich Zeit brauchen. Und irgendwann wirklich aller Brüder aus allen Nationen und Kultu- müssen wir verhindern, dass die Institutionen, Klöster komme ich dann natürlich auch nach Deutschland. ren aus. Prinzipiell kennen wir ja alle die wesentli- und Niederlassungen des Ordens in den „alten“ Län- Wie sehen deine nächsten Wochen nach dem Ge- chen Grundlagen unseres Lebens: die Regel des hl. dern zu Hindernissen werden, weil sie einfach zu viel neralkapitel aus? Noch ein Satz zum Schluss? Franziskus, die Satzungen unseres Ordens usw. Aber Kraft und Energie binden - denn ich glaube, dass un- Die nächsten Wochen werde ich damit beschäftigt Leben wir entschieden und in Freude unsere Beru- ich erlebe auf diesem Generalkapitel sehr intensiv ser Charisma auch in den Ländern mit zahlenmäßig sein, mich in das Geschäft der Generalkurie in Rom fung. Sie ist unser größtes Geschenk. 16 Kapuziner 2018 . 2019 17
Aus der Provinz Jubiläum Aus der Provinz 200 Jahre Bruder Konrad Jesu 2 3 4 1 5 Kreuz unser Bruder Konrad von Parzham 200 Jahre unter unS – Altötting feiert den heiligen Kapuziner und Klosterpfört- ner mit einem Jubiläumsjahr Buch 1. Kapuzinerkardinal Seán Patrick O’Malley aus Boston als Gast in Altötting 2. Altarweihe in der neugestalteten Bruder-Konrad-Kirche 3. Br. Stefan Walser segnet mit der Bruder-Konrad-Reliquie 4. Das neue Grabmal des Heiligen. In der Silberfigur ruhen die Reliquien 5. Die erste Eucharistiefeier auf dem neu geweihten Al- tar mit dem Passauer Bischof Dr. Stefan Oster SDB. von Br. Norbert Schlenker 8 Das Wallfahrtsmotto unseres Gnadenortes im Jahr radkloster, in der Vorhalle des Romanischen Portals nur neun Monaten renovierte und neugestalteten men dann am Montag noch eine Wallfahrt zu den 2018 lautete: „Jesu Kreuz – unser Buch!“ und ver- der Stiftspfarrkirche und im Wallfahrtsmuseum der Klosterkirche findet bei Wallfahrern und Besuchern Stätten ihres heiligen Mitbruders und besuchten auch wies auf die Feier des 200. Geburtstages des heiligen Bischöflichen Administration wird von zahlreichen große Anerkennung. das Geburtshaus und die Taufkirche von Papst em. Be- Kapuzinerbruders Konrad von Parzham, der 41 Jahre Besuchern gelobt. Der im Marienwerk regelmäßig ge- Zahlreiche Gäste waren der Einladung zum Bruder- nedikt XVI. in Marktl. in Altötting als Klosterpförtner gelebt und gewirkt zeigte Bruder-Konrad-Film und die von den Stadtfüh- Konrad-Fest gefolgt, unter ihnen auch rund 30 Kapu- Eine Woche später hatten wir wieder hohen Besuch. hat. Er ist auch der dritte Patron unseres Bistums Pas- rern des Wallfahrts- und Verkehrsbüros angebotenen ziner aus den nordwesteuropäischen Kapuzinerpro- Der weltweit einzige Kapuzinerkardinal Erzbischof sau und Mitpatron der Deutschen Kapuzinerprovinz. Sonderführungen erfreuen sich regen Zuspruchs. vinzen und der Generalminister des Ordens Br. Mauro Seán Patrick O’Malley aus Boston, der auch dem engs- Auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Gre- Thema war Bruder Konrad auch beim Eucharisti- Jöhri und der Generalrat Br. Pio Murat, beide aus ten Beratergremium von Papst Franziskus angehört, mien wurde vieles für dieses Jubiläum vorbereitet, schen Stundengebet in St. Magdalena und in den Rom. Br. Mauro war dann auch Hauptzelebrant und weihte den Kapuzinerdiakon Br. Thomas Maria Schied und alle Beteiligten können inzwischen in Dankbar- Fastenpredigten der Pfarrei und bei der großen Pas- Festprediger in den beiden Gottesdiensten am Bru- zum Priester und eröffnete tags darauf, am 1. Mai, die Fotos: R. Dorfner, Georg Greimel keit und Freude feststellen, dass die erste Hälfte des sauer Jugendwallfahrt nach Altötting, die dieses Jahr der-Konrad-Fest. Am Nachmittag fand der diözesane Hauptwallfahrtssaison mit einem Festgottesdienst, Jahres mit vielen gelungenen Ereignissen und Höhe- sinnentsprechend einen „Umweg“ über Parzham im Gebetstag um geistliche Berufe ebenfalls in Altötting beides in der Basilika. In seinen beiden Predigten in punkten ausgefüllt war. Programm hatte. Auch die Altöttinger Pfarrwallfahrt statt mit einem Stationenweg vom Panorama über die fehlerfreiem Deutsch präsentierte er tiefgründige und Das vom Autor, dem Schweizer Kapuzinerbruder hatte Passau und Parzham als Ziel. Gnadenkapelle und den Bruder-Konrad-Brunnen in ansprechende Gedanken zum priesterlichen Dienst Dr. Niklaus Kuster, neu geschriebene und Ende Januar Ein ganz dichtes Programm hatten wir dann am die Basilika St. Anna. Sie wurde von Bischof Stefan be- der Kapuziner und zur Bedeutung Mariens bei der in der Stiftspfarrkirche vorgestellte Bruder-Konrad- Bruder-Konrad-Fest am 21./22. April mit der Wie- gleitet, der dann mit den Gläubigen in der Basilika Hochzeit zu Kana. Der Neupriester Br. Thomas macht Büchlein „Konrad von Parzham – Menschenfreund deröffnung der Bruder-Konrad-Kirche mit Weihe eine Pontifikalvesper feierte. Der Sonntag klang in der zurzeit sein Pastoralpraktikum an der Augsburger und Gottesmann“ hat inzwischen in einer Rekordzeit des neuen Altares und Segnung des neuen Ambos neueröffneten Grabeskirche unseres Stadtheiligen mit Moritzkirche und wird im Herbst seinen Dienst als seine dritte Auflage erreicht. Die von Br. Georg Grei- und Tabernakels durch unseren Diözesanbischof Dr. der Uraufführung der neu komponierten „Bruder- Kaplan in den Kapuzinerpfarreien der Münchener mel konzipierte dreiteilige Sonderausstellung im Kon- Stefan Oster SDB. Die in der recht kurzen Zeit von Konrad-Kantate“ aus. Die Kapuzinergäste unternah- Isarvorstadt beginnen. 4 18 Kapuziner 2018 . 2019 19
Aus der Provinz Jubiläum Buchtipp Peter Härtling: Der Gedankenspieler werden sie nächstes Jahr während der Karwoche in den Hauptaltar unserer Kathedrale einsetzen, wenn die Renovierungen dort beendet sein werden.“ Am Sonntag, 17. Juni, kam in der Basilika das Bru- von Br. Thomas Dienberg der-Konrad-Spiel „Gespräch mit einem Fremden“ mit der Theatergruppe Halsbach zur Aufführung, „Die Summa Summarum des Alters Das war ein einfacher, aber ihm das die Bedeutung des Kapuzinerpförtners auch in ist eigentlich niemals erquicklich“, nicht angenehmer Satz. Oder sollte die Gegenwart übersetzt. so lautet die erste Überschrift in Pe- er denken: Ich fürchte mich vor Brüder tragen die Reliquien des Br. Konrad in einer Am eigentlichen 200. Geburts- und Tauftag des ter Härtlings letztem Roman. Als er Gemeinsamkeit und ziehe Einsam- Prozession zum Weltgebetstag für geistliche Berufe Heiligen, am Samstag, den 22. Dezember wird es diesen Roman verfasste, war er keit vor.“ Doch treibt es ihn immer nochmals um 10 Uhr einen Festgottesdienst in der schwer krank, musste über zwei wieder zurück in die Einsamkeit Vor kurzem erreichte uns eine Mail des Kardinals, Konradkirche geben und abends eine Fackelwande- Jahre mehrmals die Woche zur Dia- seines Lebens. Er muss sich einer in der er u.a. schrieb: „Es war mir eine große Freude rung von seinem Geburtshaus in Parzham zur Wall- lyse. Er erlebte die Veröffentlichung qualvollen Entgiftung unterziehen. und ein besonderes Privileg, die Priesterweihe unseres fahrtskirche St. Wolfgang bei Weng, in der der kleine nicht mehr. Auch der Architekt „Als Urämie wurde sein Zustand Bruders Thomas zu zelebrieren und die Messe zur Er- Hansl Birndorfer wenige Stunden nach seiner Ge- Herr Wenger, die Hauptperson im bezeichnet. Sterben im Konjunktiv. öffnung der Hauptwallfahrtssaison und zum Fest der burt das Taufsakrament empfing. Roman, ist schwer krank. Er ist ein- In seinen Tagschlaf drangen Sätze Patrona Bavariae zu feiern. Es hat mich sehr bewegt, Bruder Konrad wird uns nicht loslassen – und das sam, und in seiner Einsamkeit ver- als falsche Medizin: Er ist halt alt.“ dass ich die heilige Messe in Sankt Konrads Sterbe- ist gut so. Bereits nächstes Jahr gibt es wieder einen fasst er zwölf Briefe an Personen der Die Blutwäsche nimmt ihn mit. Er zimmer feiern konnte, und ich bin begeistert über die bedeutsamen Gedenktag: seinen 125. Todestag am Geschichte und Gegenwart, die erkennt für sich, dass sein Leben Reliquie von Sankt Konrad, die ich erhalten habe. Wir 21. April. meisten nur in Gedanken. Seine gut war– und schließt mit diesem Peter Härtling Einsamkeit wird durch Karola so- ab. Die letzten Worte an seinen Der Gedankenspieler Verlag: Kiepenheuer&Witsch wie deren vorlaute Tochter Katha- Freund und Arzt Mailänder lauten: Köln 2018 rina aufgebrochen. Mehr und mehr „Ich bin im genauen Sinne des Konrad von Parzham: Seitenzahl: 240 erlebt er sich in seinen Schmerzen Worts ‚hinfällig’. (...) Die Müdig- ISBN 978-3-462-05177-3 als Gefangener seiner selbst und keit frisst meine Zuversicht. (...) Menschenfreund und Gottesmann wird immer hilfloser. „Wann immer er mit dem Waschlappen traktiert Und drehte sich mit dem Gesicht zur Wand (...). Umarme, lieber von Br. Christophorus Goedereis wurde, am Bauch, am Rücken, an Mailänder, Deine beiden Damen, den Beinen, im ‚Intimbereich’, ver- und sei selbst von Herzen gegrüßt Anlässlich des 200. Geburtstags des hl. Bruder Kon- und die Zeit des hl. Bruder Konrad. Kuster, bekannt für lor er sich als Subjekt, wurde zum und bedankt, denn ich ver- rad schrieb Niklaus Kuster OFMCap ein neues Bru- eine zeitgemäße Deutung der franziskanischen Spirituali- Objekt, ein Gegenstand, der gesäu- schwinde nun aus meiner, aus un- der-Konrad-Buch. tät, gelingt es auch in diesem kleinen Bändchen, eine Le- bert wird. Dennoch bemühte er serer Geschichte.“ „Lieber Bruder Konrad, es sind die ersten Zeilen, die bensgeschichte darzustellen, die spirituell in die Gegen- sich, den Gegenstand vergessen zu Es ist kein trauriges Buch, son- ich dir schreibe. Du hast deinen Geschwistern berüh- wart hinein spricht - und die uns dazu ermutigt, auch machen. (...) Warum, fragte er sich dern eines, das von Veränderun- rende Briefe aus Altötting nach Parzham gesandt. Ich unserem Alltag Tiefe und Weite zu geben. jedes Mal während der Prozedur, gen und Einsamkeit, von Liebe, schreibe dir als Bruder in einer anderen Zeit. 200 Jahre der die wechselnden Pflegerinnen Glück, Abschied und Tod spricht – sind seit deiner Geburt vergangen. Und heute noch be- ihn aussetzten, warum empfinde den wichtigen Themen des Lebens. wegst du Menschen, wie ein Besuch an deinem Grab Niklaus Kuster ich keine Scham mehr? Alt und Es macht Mut, sich dem Leben in zeigt. Wie kommt es, dass du als einfacher Pförtner von Konrad von Parzham nackt. Hilflos. Warum begehre ich seiner ganzen Fülle zu stellen – der katholischen Kirche heiliggesprochen worden bist? Menschenfreund und nicht auf, ziehe ich mich nicht zu- und nichts auszulassen –, um sich als erster Deutscher nach fast zwei Jahrhunderten? Gottesmann sammen, wenn die über Jahrzehnte dann aber auch zu verabschieden. Verlag: topos dass das Kloster, in dem du gelebt hast, heute nach dir jüngere Frau ankündigt: Jetzt Es war gut so. Ein großartiges Ver- Seitenzahl: 144 „Sankt Konrad“ benannt wird?“ kommt der Poppes dran.“ mächtnis des Schriftstellers Peter ISBN 978-383-671-115-9 Mit diesen Zeilen beginnt das Buch über Bruder Kon- Die Beziehungen zu Karola und Härtling. Ein Buch für eine Zeit, rad, das der Schweizer Kapuziner Niklaus Kuster ge- ihrer Tochter lassen ihn an seiner die vor Leid und Tod davonzuren- schrieben hat. Auf 144 Seiten nimmt uns der im topos selbstgewählten Einsamkeit zwei- nen scheint, ein Buch, geschrieben Verlag erschiene Band mit auf eine Reise in das Leben feln: „Ich habe die Liebe verlernt. für unser Jahrhundert. 20 Kapuziner 2018 . 2019 21
Aus der Provinz Der Ihre Arbeit heute scheint sehr weit weg zu sein von Kardinal der geradezu kontemplativen Zeit im Seminar. Wie bleibt man dem kontemplativen Ideal treu, wenn man als Diözesanbischof und Kardinal wirkt? Es ist eine Herausforderung. Wir haben unsere Regel und das Beispiel unserer Brüder. Ich versuche, in en- gem Kontakt mit unseren Leuten zu bleiben. In Boston in Kapuzinerkutte haben wir zwei Gemeinschaften, die ich oft besuche. Und immer wenn ich in Washington bin, wo unsere Bi- schofskonferenz ihren Sitz hat und wo ich auch im Board unserer Katholischen Universität bin, wohne ich Seán Patrick Kardinal O´Malley im Capuchin College. Das ist unser Kloster in Wa- wurde am 29. Juni 1944 in Lakewood im Bundes- shington, wo ich zwanzig Jahre lang zuhause war. Ich staat Ohio/USA geboren. Im Jahr 1968 legte war als Bischof den Kapuzinern eigentlich immer sehr O’Malley als Kapuziner die ewigen Gelübde ab, zwei Seán Patrick O’Malley ist der einzige Kardinal im Kapuzinerorden. Anlässlich nahe und wurde stets von ihnen unterstützt. Jahre später wurde er zum Priester geweiht. Er der Jubiläumsfeierlichkeiten zum 200. Geburtstag des hl. Bruder Konrad von machte einen Studienabschluss in spanischer und Aber in Boston wohnen Sie allein, oder? portugiesischer Philologie und nutzte seine Sprach- Parzham besuchte der Erzbischof von Boston den Wallfahrtsort Altötting. Nein, ich lebe mit Diözesanpriestern zusammen. Ich kenntnisse als Direktor verschiedener kirchlicher Benjamin Leven, Redakteur der Herder-Korrespondenz in Berlin und Rom, habe den erzbischöflichen Palast verkauft und wohne Einrichtungen für die spanischsprechenden Gläubigen. führte mit dem Kapuzinerkardinal das folgende Interview. zusammen mit einigen anderen Priestern im Rektorat 1984 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum der Kathedrale. Bischof-Koadjutor von Saint Thomas (Jungfernin- seln), am 2. August 1984 wurde er zum Bischof ge- Sie haben Ihre Ordensgelübde im Alter von 21 weiht, ein Jahr später übernahm er das Bischofsamt. Sie haben kürzlich in Altötting einen deutschen sorge in Gefängnissen, Krankenhäusern und so weiter. Jahren abgelegt. Als so junger Mann, der so eine Von 1992 bis 2002 stand er der Diözese Fall River Kapuzinerbruder zum Priester geweiht. Warum Entscheidung für sein ganzes Leben trifft, hatten (Massachusetts) vor; im Jahr 1998 nahm er an der sind Sie selbst Kapuziner geworden? Wie denken Sie heute an Ihre Zeit in einer katho- Sie da irgendwelche Zweifel? Sonderversammlung der Bischofssynode für Ozea- Als ich etwa 10 Jahre alt war, ging mein älterer Bruder lischen Schule in den Fünfziger- und Sechziger- Mein Bruder hat in diesem Alter geheiratet. Es war eine nien teil. Ein knappes Jahr war der Ordensmann zu Exerzitien in ein Exerzitienhaus der Kapuziner. jahren zurück? andere Welt. Wenn man damals zu mir gesagt hätte: Du Bischof von Palm Beach (Florida), ehe er am 1. Juli Mein Vater fuhr ihn mit dem Auto dorthin und ich Es war in gewisser Weise eine Art Schock. Der Kapuzi- darfst schon mit 15 ins Noviziat gehen, denn wäre ich 2003 zum Erzbischof von Boston berufen wurde. durfte mitfahren. Als wir dort ankamen, trafen wir nerorden in den Vereinigten Staaten war damals noch mit 15 gegangen. Ich hatte später auch niemals Zweifel Dort machte er sich vor allem durch eine radikale diesen alten, bayrischen Bruder, der im Garten arbei- sehr stark von Deutschen geprägt, vor allem von Brü- über meine Berufung. Ich bedaure es nicht. Ich würde Aufklärung des sexuellen Missbrauchs von Kindern tete, und wir sprachen lange mit ihm, während mein dern aus Bayern. So war in der Schule alles noch sehr es wieder tun. und Jugendlichen in seinem Bistum einen Namen. Bruder in das Exerzitienhaus ging. Als wir nach Hause deutsch. Ich wiederum kam aus einer irischen Pfarrei: Am 24. März 2006 kreierte ihn Papst Benedikt XVI. fuhren, sagte mein Vater: Weißt Du was? Das ist der Es forderte mich kulturell heraus. Aber das hat mir gut In vielen europäischen Diözesen befindet sich die zum Kardinal. Papst Franziskus berief ihn im April glücklichste Mann auf der Welt. getan. Denn später bekam ich viel mit Migranten zu Zahl der Priesterweihen auf einem historischen 2013 zum Mitglied des Kardinalsrats, der den Papst tun, und so half mir meine Schulzeit, kulturelle Unter- Tiefstand. Was ist da zu tun? bei der Leitung der Weltkirche berät. O’Malley ist Warum? schiede zu erkennen und schätzen zu lernen. Insgesamt Man muss die Priesterberufungen zur Priorät erklären, Präsident der 2014 errichteten Päpstlichen Kommis- Er strahlte Frieden und Freude aus. Und selbst als war es aber eine wundervolle Erfahrung. Im Seminar muss auch den Gläubigen klarmachen, dass es sich um sion für den Schutz von Minderjährigen und Mitglied Kind dachte ich: Er hat keine schöne Kleidung, er waren wir Selbstversorger. Wir hatten einen Bauernhof, ein Thema handelt, für das alle Verantwortung tragen. der Kongregation für die Glaubenslehre, der Kongre- macht eine dumme Arbeit im Garten, er hat keine wir hatten Tiere, ich kümmerte mich um die Bienen- Die Eucharistie ist für unser Leben entscheidend. Da- gation für den Klerus, der Kongregation für die Insti- schöne Ehefrau, kein schönes Haus, und doch: Er ist körbe. Es war ein gutes Leben, ein gesundes Leben. Das rum brauchen wir Priester, Männer der Eucharistie. tute geweihten Lebens und für die Gesellschaften ein Mann des Friedens und der Freude. Und ich Seminar wurde von guten Brüdern geleitet, es gab keine apostolischen Lebens und des Päpstlichen Rats für sagte mir: Ich würde gerne auch so glücklich sein. Ablenkungen. Es war wirklich ein Leben nach dem In Altötting wird neben der Muttergottes beson- Foto: https://commons.wikimedia.org die Familie Prinzip „ora et labora“. Wir erhielten eine klassische ders der heilige Bruder Konrad von Parzham ver- Im Alter von 13 Jahren sind Sie auf das kleine Se- Ausbildung, lernten viel Latein und Griechisch. ehrt. Was bedeutet Ihnen dieser Heilige? minar der Kapuziner gekommen. Da hatten Sie Für uns Kapuziner ist Konrad ein sehr wichtiger Heili- schon den Wunsch, Ordensmann zu werden? Heutzutage charakterisieren viele diese Zeit, vor ger. Auch in unserer Ordensprovinz in den Vereinigten Oh ja! Mich haben besonders die Missionen begeistert. allem die katholischen Schulen damals, als auto- Staaten gibt es eine große Verehrung für den heiligen Ich dachte, ich würde einmal Missionar werden. Am ritär und gewalttätig. Konrad. Im Schreiben des Heiligen Vaters über die Hei- größeren Gemeinschaft der Armen, der Pilger und nächsten bin ich diesem Plan gekommen, als ich 1984 Oh nein, nein. So war es ganz und gar nicht. Es gab na- ligkeit, das vor einiger Zeit erschienen ist, ist die Rede derjenigen, denen er mit so großer Liebe half. Letztes Bischof auf den Amerikanischen Jungferninseln wurde. türlich viel Disziplin, deutsche Ordnung, aber es war von der Wichtigkeit des Gebets und der Gemeinschaft. Jahr wurde ein amerikanischer Kapuziner, Solanus Ca- In unserer Provinz war es damals üblich, dass ungefähr eine sehr glückliche Zeit. Es war sehr freudvoll, und wie Im Leben des heiligen Konrad zeigt sich: Er war ein sey, seliggesprochen. Er war ein Pförtner, wie Bruder ein Drittel der Männer in die Missionen ging. Ein Drit- gesagt: Auf dem Hof arbeiten, mit den Tieren, das war Mann des großen Gebets, der gleichzeitig in der Ge- Konrad. Die Kapuzinerheiligen sind immer Pförtner tel ging in die Pfarreien und ein Drittel machte Seel- für mich als Stadtkind alles neu und ich liebte es. meinschaft der Brüder verwurzelt war und in der und dergleichen, niemals Kardinäle und Bischöfe. 22 Kapuziner 2018 . 2019 23
Aus der Provinz Kapuziner-Klostergarten Münster Mauern gebaut – Fotos: AlexOffice; Münster, Bernd Beermann, shutterstock Tore von Br. Bernd Beermann 8 Die ersten Monate waren noch von Bauarbeiten der Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW waren ge- geprägt. Die neue Mauer musste fertiggestellt wer- kommen, um ihre Sicht auf den Garten beizusteuern. 1. Mitglieder der den, und ein kleines Wasserspiel wurde installiert. Erhaltung von Arten- und Sortenvielfalt, Bewusst- Partnerorganisationen Das alles musste wegen der schlechten Witterung seinsbildung für unser Verhältnis zur Natur, einge- im Gespräch mit der und der späten Kälte im März mit Hochdruck fertig- bettet in eine gelebte franziskanische Spiritualität aufgerissen Presse: v.l.n.r: Tonja gestellt werden, denn in diesem Frühjahr stand die und Tradition und kombiniert mit praktischer Integ- Cappiello (ITZ), Johan- vielleicht größte Veränderung für unseren Garten ration von Menschen von den Rändern unserer Ge- nes Paus (Alexianer), an: Die Öffnung des Gartens für die Öffentlichkeit. sellschaft zeichnen das Projekt aus. Ein Gang durch Presse, Maria Kleingrä- Am 13. April war es schließlich so weit, der Garten das Gelände schloss die Eröffnung ab. ber (Bistum Münster), wurde geöffnet. Ca. 150 Personen waren gekommen, Die Berichterstattung in der örtlichen Presse und Rainer Hagencord (ITZ) um zunächst in der Kirche mehr von der Idee hinter darüber hinaus führten schnell zu einem Bekannter- 2. Lavendelblüten dem veränderten Garten zu erfahren. Vertreter aller werden des Gartens. Der Katholikentag in Münster im Kräuterbeet Das Jahr 2018 hat für den Partnerorganisatoren, der Alexianer, des Instituts für war dazu im Mai ein weiteres Highlight im Garten- 3. Br. Bernd Beermann, Kapuzinerklostergarten in Münster so Theologische Zoologie, von IUNCTUS, des Natur- jahr, über das an anderer Stelle in diesem Heft be- Minister Dr. Holthoff-Pförtner einiges an Veränderung gebracht. schutzbundes NRW und Münster und als Förderer richtet wird. 4 im Tomatenhaus 4. Blick auf den Kirchturm 1 2 3 4 24 Kapuziner 2018 . 2019 25
Aus der Provinz 1 2 3 1. Besinnliche Stunden 6. Nachmittag mit auf der Gartenbank Kommunionkindern 2. Bienenstöcke im Garten zur Befruchtung der 7. v.l.n.r.: Obstbäume Dr. Alfred Buß (Vor- 3. Reger Austausch: sitzender des Vorstands Markus Wagner (ITZ) mit der SUE NRW), 6 einer Gartenbesucherin Minister Dr. Holthoff- Pförtner, Br. Bernd 4. Das Lob auf Beermann, Karin Riet- Bruder Feuer während man (NABU Münster), 4 des Katholikentags Josef Tumbrinck (NABU 5. Kapuzinerkresse NRW) während des im Kräuterbeet Ministerbesuchs 5 Fotos: AlexOffice; Münster, Bernd Beermann, Stefan Orth des Vorstands der Stiftung, Herrn Dr. h.c. Alfred Buß, informierte er sich über das Projekt und zeigte sich beeindruckt. Abschließend sagte er, dass er den Garten auch seinen Ministerkollegen zum Besuch empfehlen werde. 7 Neben prominenteren Besuchern, wie z.B. der Sendung „Lecker unterwegs“ des WDR, freuen wir uns vor allem über diejenigen aus Nah und Fern, die den Garten besuchen und hoffentlich Anregungen Der Garten entwickelt sich für viele Menschen in Der Naturschutzbund führte Exkursionen und Bil- für ihr eigenes Zuhause aus dem Garten mitnehmen. der Stadt und darüber hinaus zu einer kleinen Oase dungsveranstaltungen zur Flora und Fauna sowie Nach der Winterruhe startet der Garten im kom- der Ruhe, Erholung und Besinnung. Viele Veranstal- zum Obstbau durch. Dazu stellt der NABU Münster menden Jahr in eine neue Saison mit unterschied- tungen fanden statt, neben Führungen durch den immer wieder seine Expertise zu alten Obstsorten lichsten Veranstaltungen seitens der beteiligten Part- Garten unter unterschiedlichen Thematiken bot das und zum konkreten Naturschutz zur Verfügung, dies ner und lädt auch dann wieder zum Verweilen und Institut für Theologische Zoologie Katechesen für insbesondere durch Frau Karin Rietman, ohne deren zur Besinnung ein. Aktuelle Informationen finden Kinder und Jugendliche sowie drei Workshops zum Wissen und Engagement vieles in unserem Garten Sie unter www.kapuzinerklostergarten.de. Verhältnis zur Natur mit Partnern aus der Ökumene, nicht möglich wäre. Bis dahin sind auch in diesem Winter wieder viele der Zivilgesellschaft und aus dem Islam an. Hierbei lag Das Projekt des Gartens schlug seine Wellen sogar Arbeiten nötig, so dass der Garten im kommenden das Augenmerk auf dem Verbindenden zwischen unter- bis in die Staatskanzlei des Landes NRW. Am 22. Au- Jahr wieder in voller Pracht erstrahlen kann. Dafür schiedlichen Kirchen, Gruppen und Religionen, wenn gust stattete Herr Minister Dr. Stephan Holthoff- sei an dieser Stelle insbesondere den fleißigen Hän- es um die Sorge für unser gemeinsames Haus geht. Pförtner als einer der zuständigen Minister für die den der Alexianer Werkstätten gedankt, ohne deren Das Institut IUNCTUS bot Abendvorträge zu öko- Stiftung Umwelt und Entwicklung unserem Garten hingebungsvolle Arbeit der Garten nicht das wäre, logischen Themen aus christlicher Spiritualität an. einen Besuch ab. Zusammen mit dem Vorsitzenden was er in den letzten Jahren geworden ist. 26 Kapuziner 2018 . 2019 27
Aus der Provinz Aus der Provinz Aus der Mission Oben links: Und das ist er, der Laden auf Ein Rädern noch ohne Waren, mit Br. Andreas links. Unten rechts: Wie man sieht, findet der Laden reges Interesse „Tante-Emma- Laden“ auf Rädern Oben: Alt und Jung finden hier das Not- Br. Andreas Walternmann, seit über zehn Jahren in Albanien, hat ein neues wendige für das Projekt in Angriff genommen, um der armen Bergbevölkerung zu helfen und alltägliche Leben gleichzeitig noch einmal auf ganz andere Weise mit ihnen in Kontakt zu kommen Von Br. Andreas Waltermann 8 Bei meinen regelmäßigen Besuchen in den ver- Schweineprojekt u.v.m. Das ist nur möglich, weil uns – früher als mobile Bäckerei unterwegs – erwerben: mehr in der Kneipe, anstatt vor Ort mit dem Verkaufs- streuten Dörfern unseres Pfarrgebietes erfahre ich oft sehr viele Menschen aus Deutschland und Österreich Baujahr 2009, Renault Master mit eigens gefertigtem fahrzeug in den Dörfern zu sein. Wir haben uns nach die neusten Entwicklungen und Ereignisse, aber auch mit ihren Spenden unterstützen. Aufbau durch eine Spezialfirma in Rotenburg/Wümme zwei Monaten getrennt. Der neue Fahrer und Verkäufer, die Sorgen der Menschen: z.B. dass die Schule wegen Was bedeutet es, wenn es in deinem Dorf keinen La- Kilometerstand ca. 200.000, Diesel. Ded Ndoj aus dem Dorf Kryezi, Vater von drei kleinen der geringen Kinderzahl geschlossen wird, welche Fa- den mehr gibt und du zu Fuß acht, neun, zehn oder Der erste Überführungsversuch ging dann leider Kindern, macht seinen Job bislang sehr gut. Er fährt die milien aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit weggezo- mehr Kilometer nach Fushë-Arrëz laufen musst, um das schief. Ich konnte das Fahrzeug in Münster in Emp- Dörfer regelmäßig an, die Leute kennen die Verkaufs- gen sind, wo jemand krank ist, wer heiraten möchte, Nötigste zum Leben deiner Familie zu kaufen wie Salz, fang nehmen, hatte dann aber schon in der Nähe von zeiten, wissen, dass die Preise in Ordnung und nicht wer in einer Ausbildung ist, dass der Kleinbus nicht Kaffee, Zucker, Nudeln, Getränke, Streichhölzer, die Frankfurt einen Motorschaden. Die Firma in Roten- überhöht sind, und können wieder einkaufen, was sie mehr fährt, dass es keinen Laden mehr gibt, dass die Gaskartusche, das Klopapier usw. Da geht mehr als ein burg/Wümme hat den Schaden komplett ersetzt, ei- zum täglichen Bedarf benötigen vom Spülmittel bis zum Wege so schlecht sind, usw. halber Tag drauf, du hast viel zu schleppen oder das Taxi nen gebrauchten Motor mit ca. 65.000 Kilometern Schokoladenriegel, von der Zahnpasta über Reis und Der albanische Staat hat sich weitgehend aus der zum Transport deines Einkaufes ist zusätzlich teuer. eingebaut und alle Kosten dafür getragen. Darüber Mehl bis zur Marmelade, also alles, was der Tante- Bergregion zurückgezogen. Es gibt fast gar keine Inves- Ich erinnere mich gut an den Besuch von Br. Mi- war ich natürlich sehr froh. Emma-Laden auf Rädern so bietet. Und Ded Ndoj ver- titionen und Verbesserungen der sozialen Lage. Irgend- chael Wies, der als Kapuziner und Sozialarbeiter in Der zweite Versuch ging dann gut und glatt. Nur der dient damit mittlerweile seinen Lebensunterhalt selbst. wie fühlen sich die Menschen deshalb vernachlässigt, Frankfurt arbeitet, hier in Albanien vor zwei Jahren. albanische Zoll machte Probleme, weil sie angeblich Das Projekt „Verkaufsfahrzeug“ wird von den Bewoh- im Stich gelassen und abgeschrieben. „Es gibt keine Wir haben gemeinsam die Idee entworfen und weiter- keinen Code für ein solches Spezialfahrzeug hätten. nern unserer Dörfer gut angenommen. Es ist eine große Perspektiven“, sagen die Jungen. „Nur weg hier!“ gesponnen, was wäre, wenn es ein Verkaufsfahrzeug Das riecht natürlich nach Korruption. Nach ca. zwei Erleichterung für ihr tägliches Leben. Es verändert etwas Manchmal frage ich mich dann: Was bedeutet das für wie auf dem Markt in Münster oder anderswo geben Wochen mit Telefonaten und Schreiben hin und her, im Kleinen und verschafft den Menschen wieder das Ge- uns? Gibt es Wege und Möglichkeiten, die die Situation würde, wenn der Tante-Emma-Laden in die Dörfer zu konnten wir den mobilen Einkaufsladen dann endlich fühl, doch nicht vergessen und abgeschrieben zu sein. Fotos: Andreas Waltermann der Menschen in den armen Bergdörfern verbessern den Menschen kommt. Das wäre eine große Erleichte- anmelden und mit einem albanischen Kennzeichen Die Schaffung von Arbeitsplätzen oder der Aufbau könnten? Und was können wir als Kirche – für viele der rung für die Leute dort. versehen. Das war im Oktober 2017. einer Fabrik würde natürlich den Menschen hier auf einzige Hoffnungsträger – da tun? Daraufhin machte ich mich im Internet schlau, wo es So ein Projekt funktioniert natürlich nur, wenn der Zukunft hin mehr bringen. Aber das können wir als Unser Hilfsangebot ist mittlerweile vielfältig: Haus- gut erhaltene, gebrauchte Verkaufsfahrzeuge gäbe, die Fahrer zuverlässig die vereinbarten Einkaufszeiten für Kirche in dieser armen Bergregion nicht leisten. bauten, Dachreparaturen, Ausbildungshilfen, Unter- für unsere schlechten Wege geeignet seien, und fand die Menschen in den Dörfern einhält und die Leute Das Gute an diesem Projekt ist: Die Menschen kön- stützung älterer Menschen, Hilfen in Notfällen, bei auch schnell entsprechende Angebote. Mithilfe eines sich auch sicher sind, dass der Wagen kommt. Nie- nen jetzt wieder vor Ort einkaufen, und manchmal Arztbesuchen und Krankenhausaufenthalten, Mithilfe großen Zuschusses der Diözesanstelle Weltkirche/Welt- mand möchte zwei, drei oder mehr Stunden warten. können sie auch anschreiben lassen, wenn sie mal etwas beim Kauf einer Kuh oder von ein paar Ziegen, das mission im Erzbistum Köln konnten wir das Fahrzeug Leider war das bei dem ersten Fahrer der Fall. Er saß nicht direkt bezahlen können. 28 Kapuziner 2018 . 2019 29
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