ARBEITSRECHT UNTER COVID-19 - WANN MÜSSEN ARBEITGEBER BEZAHLEN? 3D-RENDERING SARS-COV-2 - UNTERNEHMER FORUM SCHWEIZ
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Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Arbeitsrecht unter Covid-19 Wann müssen Arbeitgeber bezahlen? 3D-Rendering SARS-CoV-2 https://www.unibas.ch/de/Aktuell/Coronavirus.html Tagung Neuerungen 2021 2 © Arbeitsrecht unter Covid-19 1
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Epidemie und Arbeitsrecht Epidemiengesetz (EpG), kantonale Vollzugsverordnungen Schutz Bevölkerung vor übertragbaren Krankheiten Verhütung und Bekämpfung des Ausbruchs sowie der Verbreitung von übertragbaren Krankheiten Notwendige Massnahmen Vorliegend Unterscheidung Pandemie / Epidemie irrelevant Arbeitsrecht Arbeitsleistung gegen Lohn, Lohn(fort)zahlungen in bestimmten Fällen Treuepflicht und Fürsorgepflicht Verhältnismässigkeit und Interessenabwägung Tagung Neuerungen 2021 3 Epidemie und Arbeitsrecht Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie (Covid-19- Gesetz) Gesetzliche Grundlage für Verordnungen des Bundesrats Massnahmen im Bereich Arbeitnehmerschutz (Art. 4) Massnahmen im Bereich Erwerbsausfall (Art. 15), berufliche Vorsorge (Art. 17) und Arbeitslosenversicherung (Art. 17) Verordnungen über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19-Verordnung 3, VO3) in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Verordnung, VOBL besondere Lage) im Bereich der Arbeitslosenversicherung im Zusammen mit dem Coronavirus (Covid-19) (Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung, VOALV) bei Erwerbsausfall im Zusammenhang mit dem Coronavirus (Covid-19) (Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall, VOEO) Stand: 18. Januar 2021 Tagung Neuerungen 2021 4 © Arbeitsrecht unter Covid-19 2
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Epidemie und Arbeitsrecht International Labour Organisation (ILO) Pfeiler 1: Stimulierung von Wirtschaft und Beschäftigung Pfeiler 2: Unterstützung von Unternehmen, Arbeitsplätzen und Einkommen Pfeiler 3: Schutz der Arbeitnehmenden Pfeiler 4: sich für Lösungen auf den sozialen Dialog verlassen ILO, A policy framework for tackling the economic and social impact of the COVID-19 crisis, May 2020 (https://www.ilo.org/global/topics/coronavirus/impacts-and-responses/lang--en/index.htm) Tagung Neuerungen 2021 5 Lohnzahlung bei fehlender Arbeitsleistung Ohne Berechtigung Disziplinarmassnahmen seitens Arbeitgeber Kein Lohnanspruch Keine Anrechnung als Arbeitszeit Mit Berechtigung Keine Disziplinarmassnahmen seitens Arbeitgeber Lohnanspruch bei entsprechender gesetzlicher Grundlage Anrechnung als Arbeitszeit bei entsprechender gesetzlicher Grundlage Mit anderen Worten kann trotz Berechtigung und allenfalls Anrechnung als Arbeitszeit der Lohnanspruch entfallen. Tagung Neuerungen 2021 6 © Arbeitsrecht unter Covid-19 3
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Lohnzahlung bei Unmöglichkeit der Arbeitsleistung Wegfall von Arbeit und Lohn nach OR 119 II Leistung kann von einer Partei aus objektiven Gründen nicht erbracht werden. Risiko für das Ausbleiben der Leistungserbringung geht nicht auf eine der Parteien über. Arbeitsverhältnisverhältnis bleibt bestehen. Wegfall Arbeit und Bestand Lohn(fort)zahlung nach OR 119 III Leistung kann von Partei nicht erbracht werden. Risiko für das Ausbleiben der Leistungserbring geht nach Gesetz oder Vertrag auf eine der Parteien über Lohn(fort)zahlung nach gesetzlicher oder vertraglicher Vorschrift Primär Arbeitgeberverzug nach OR 324 und Arbeitsverhinderung Arbeitnehmender nach OR 324a Tagung Neuerungen 2021 7 Lohnzahlung: Risikosphären • Freistellung • Zu wenig / keine Arbeit Arbeitgeber • Betriebsschliessung • Unzumutbarer Arbeitsplatz • Arbeitsunfähigkeit • Schwanger‐/Mutterschaft Arbeitnehmender • Gesetzliche Pflichten • Ferien • Höhere Gewalt • Naturereignisse Drittursache • Sonn‐/Feiertage • Streik Tagung Neuerungen 2021 8 © Arbeitsrecht unter Covid-19 4
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 SARS-CoV-2 und Covid-19 SARS-CoV-2 = Coronavirus Covid-19 = Erkrankung am Coronavirus Die Covid-19-Epidemie ist verursacht durch den Coronavirus. Eine Epidemie oder Pandemie kann grundsätzlich nicht der Risikosphäre des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmenden zugeordnet werden, sondern stellt Drittursache dar. Es handelt sich um ein objektives Leistungshindernis, welches nicht auf einzelnen Arbeitnehmende beschränkt ist. Die Lohn(fort)zahlungspflicht nach OR 324 oder 324a/b setzt daher eine zusätzliche, besondere und individuelle Betroffenheit woraus. Tagung Neuerungen 2021 9 Lohnzahlung bei Covid-19 Arbeitsunfähigkeit aufgrund Arbeitsfähigkeit trotz Covid-19- Covid-19 Bezug Die Arbeitsunfähigkeit liegt in der Person Infizierung, Quarantäne und Warten auf des Arbeitnehmenden und stellt eine Testergebnis besondere, individuelle Betroffenheit dar. Mit Arbeitsleistung normale Lohnzahlung Unter Umständen notwendig und zulässig Unverschuldet wie in Pflege, systemrelevante Betriebe, Lohn(fort)zahlung nach OR 324a und/oder dringliche Angelegenheiten, etc. Leistungen von Einhalten der Schutzmassnahmen Krankentaggeldversicherungen Homeoffice Erkrankung an Covid-19 als Berufskrankheit Selbstquarantäne ergeben grundsätzlich keinen Infektionskrankheiten: Arbeitsbedingte Anspruch auf EO-Zahlung. Gemäss Bundesamt für Sozialversicherung genügt jedoch eine Erkrankungen = Arbeiten in Spitälern, Selbstdeklaration, wenn der Kantonsarzt wegen Laboratorien, Versuchsanstalten und steigender Fallzahlen nicht in der Lage ist, Attest dergleichen (Anhang 1 Ziff. 2 lit. b auszustellen. UVV) Ohne Arbeitsleistung keine Lohnzahlung, umstritten Leistungen nach UVG, OR 324b Besondere, individuelle Betroffenheit für Arbeit im Homeoffice mit normaler Zahlung nach OR 324a ist fraglich. Lohnzahlung (keine Arbeitsunfähigkeit Krankentaggeldversicherungen leisten nicht. gegeben) Tagung Neuerungen 2021 10 © Arbeitsrecht unter Covid-19 5
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Lohnzahlung bei Isolation (Infektion mit Covid- 19) Isolation wird von kantonaler Behörde oder ärztlich angeordnet. COVID-19: Anweisungen zur Isolation, BAG, 23.12.2020 (https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/krankheiten/ausbrueche-epidemien-pandemien/aktuelle-ausbrueche-epidemien/novel- cov/isolation-und-quarantaene.html#1388436388) Keine Arbeitsleistung aufgrund behördlicher oder ärztlicher Anordnung Lohnzahlung vermutlich nach OR 324a Besondere, individuelle Betroffenheit tendenziell zu bejahen Einhaltung ist gesetzliche Pflicht Tagung Neuerungen 2021 11 Lohnzahlung bei Quarantäne Quarantäne muss von kantonaler Behörde oder Arzt angeordnet werden (Möglichkeit der Selbstdeklaration). COVID-19: Anweisungen zur Quarantäne, BAG, 23.12.2020 (https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/krankheiten/ausbrueche-epidemien-pandemien/aktuelle-ausbrueche-epidemien/novel-cov/isolation-und- quarantaene.html#1388436388) Lohnzahlung m.E. nicht gegeben (siehe auch BAG, Coronavirus: Vorgehen bei Symptomen und möglicher Ansteckung, unter https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/krankheiten/ausbrueche-epidemien-pandemien/aktuelle-ausbrueche-epidemien/novel- cov/isolation-und-quarantaene.html) Einhaltung ist gesetzliche Pflicht, aber eine Vielzahl betroffen, keine besondere, individuelle Betroffenheit Taggeld allenfalls gestützt auf Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall (kein Fall von OR 324b) Bei Einreise aus Risikogebiet keine Lohnfortzahlung und Erwerbsausfallsentschädigung (Art. 2 Abs. 2bis Covid-19- Verordnung Erwerbsausfall) Ausnahme: Gebiet wird während Ferien unerwartet auf Liste gesetzt. Tagung Neuerungen 2021 12 © Arbeitsrecht unter Covid-19 6
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Lohnzahlung bei Kontakt und Warten auf Testergebnis Freiwilliger Verzicht des Arbeitgebers Enger Kontakt Kein enger Kontakt auf Arbeitsleistung •Enger Kontakt, 15 •Kein enger Kontakt: Vorgehen bei •Ohne Verschulden des Minuten während eines Tages Symptomen und möglicher Arbeitnehmenden (kumulativ), Covid‐19: Anweisungen Ansteckung, BAG (Ziffer 2.7.2) •Lohnzahlung nach OR 324 zur Quarantäne, BAG •Hygiene‐ und Verhaltensregeln •Lohnzahlung: siehe Quarantäne beachten, falls persönlich und beruflich möglich Quarantäne oder Homeoffice •Weiterarbeiten vor Ort ist grundsätzlich zulässig, sofern Schutzmassnahmen eingehalten werden. •Kein enger Kontakt und Schutzmassnahmen können nicht eingehalten werden aus Gründen, •die der Arbeitgeber zu vertreten hat => Lohnzahlung nach OR 324 •die der Arbeitgeber nicht zu vertreten hat => keine Lohn(fort)zahlung, da Schutzmassnahmen objektiv unmöglich und für diese Tätigkeit Vielzahl von Betroffenen. Erwerbsausfallsentschädigung erst bei Vorliegen einer behördlichen oder ärztlichen Anordnung. Tagung Neuerungen 2021 13 Lohnzahlung bei Betreuungspflichten Betreuungspflichten gegenüber Betreuung von Angehörigen: Kindern: Regelung bisher neue Regelung ab 2021 Erkrankung Kind bis 15 Jahren Betreuungsurlaub für Angehörige und bis 3 Tage frei (ArG 36 III), Lohnzahlung nach Haushaltsmitglieder (ab 01.01.2021) OR 324a max. 3 Tage/Ereignis und 10 Tage/Jahr Pflicht zur Organisation zumutbarer bezahlt (nOR 329g, nArG 36 III) Ersatzbetreuung Bei Kinder bis 15 Jahre (ArG 36 I) Betreuung weiterer Personen gilt als Lohn(fort)zahlung allenfalls über 10 Tage gesetzliche Pflicht nach OR 324a und zieht nach OR 324a (nArG 36 IV) im Einzelfall eine Lohn(fort)zahlungspflicht Betreuungsurlaub für gesundheitlich schwer nach sich. beeinträchtigte Kinder (ab 01.07.2021) Ausfall Fremdbetreuung oder Quarantäne Kind bis Betreuungsurlaub max. 14 Wochen (nOR zum vollendeten 12. oder bis zum vollendeten 20. 329h) Altersjahr in spezialisierten Einrichtungen Taggeld nach EO (nEO 16i-16n, Aufzahlung (Invalidität) nach OR 324b gemäss Botschaft BR ja, Keine Lohn(fort)zahlung mangels jedoch fraglich) besonderer, individueller Betroffenheit (Urteil Sperrfrist während Betreuungsurlaub bzw. Arbeitsgericht Zürich vom 16. August 2010, sechs Monate ab Beginn Rahmenfrist (nOR in: Entscheide Arbeitsgericht Zürich 2010 Nr. 336c I lit. cbis) 7) Keine Ferienkürzung (nOR 329b III lit. c) Entschädigung Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall (kein Fall von OR 324b) Tagung Neuerungen 2021 14 © Arbeitsrecht unter Covid-19 7
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Lohnzahlung bei besonders gefährdeten Personen Für gewisse Personen kann die Ansteckung gefährlich sein Ältere Menschen Schwangere Frauen Erwachsene mit gewissen Vorerkrankungen (Bluthochdruck, Diabetes etc.) Ehemalige Vorgaben zum Schutz besonders gefährdeter Personen wurden aufgehoben. Der Arbeitgeber hat die besonders gefährdeten Personen nach wie vor nach seinen Möglichkeiten zu schützen. Lohn(fort)zahlung und EO-Taggeld seit Aufhebung wie bei anderen Personen Tagung Neuerungen 2021 15 Lohnzahlung bei besonders gefährdeten Personen (ab 18. Januar 2021, I) Als besonders gefährdet gelten (Art. 27a Abs. 10 VO3, Anhang 7) Schwangere Frauen Nicht geimpft und mit gewissen Vorerkrankungen (Bluthochdruck, Diabetes etc.) Einschränkung auf bestimmte Erkrankungen mit einem deutlichen Schweregrad, nicht abschliessend Ärztliches Attest Arbeitgeber kann ärztliches Attest verlangen (Art. 27a Abs. 6, 8 VO3). Zur Überprüfung muss u.a. darin festgehalten sein, welche Krankheit mit welchen Werten nach Anhang 7 gegeben ist. Attest ist kein Arztzeugnis und diese Personen sind aufgrund der besonderen Gefährdung nicht einfach arbeitsunfähig. Tagung Neuerungen 2021 16 © Arbeitsrecht unter Covid-19 8
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Lohnzahlung bei besonders gefährdeten Personen (ab 18. Januar 2021, II) Kaskaden der Schutzmöglichkeiten (Art. 27a Abs. 1-4 VO3) Home Office mit gleicher Arbeit (Abs. 1) Home Office mit gleichwertiger Ersatzarbeit bei gleicher Entlöhnung (Abs. 2), gleichwertig ist m.E. weit zu fassen. Betriebliche Präsenz ganz oder teilweise unabdingbar (Abs. 3), Distanz (Einzelraum oder klar abegrenzt) oder Schutzmassnahmen nach dem STOP-Prinzip (Substitution, technische Massnahmen, organisatorische Massnahmen, persönliche Schutzausrüstung) Gleichwertige Ersatzarbeit im Betrieb, bei welcher Schutzmassnahmen eingehalten werden können, bei gleicher Entlöhnung (Abs. 4) Tagung Neuerungen 2021 17 Lohnzahlung bei besonders gefährdeten Personen (ab 18. Januar 2021, III) Anhörung der besonders gefährdeten Person vor Treffen der Massnahmen (Art. 27a Abs. 5 VO3) Ablehnungsrecht seitens AN (Art. 27a Abs. 6 VO3) Voraussetzungen nach Abs. 1-4 nicht erfüllt oder AN erachtet die Gefahr einer Ansteckung trotz der vom AG getroffenen Massnahmen als zu hoch für sich persönlich. Arbeitgeber kann ärztliches Attest verlangen, welches eine fachliche und objektive Einschätzung beinhalten muss. Arbeitgeber darf eigene Einschätzungen einholen. Tagung Neuerungen 2021 18 © Arbeitsrecht unter Covid-19 9
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Lohnzahlung bei besonders gefährdeten Personen (ab 18. Januar 2021, IV) Trifft der Arbeitgeber ungenügende Schutzmassnahmen, liegt Arbeitgeberverzug nach OR 324 vor und der Lohn ist geschuldet. Ist die Beschäftigung nach Abs. 1-4 objektiv unmöglich oder liegt Ablehnung Arbeitsleistung durch AN aufgrund einer für ihn persönlich erhöhten Gefahr vor (Abs. 6), besteht Lohnzahlungspflicht nach Art. 27a Abs. 7 VO3. Kein Arbeitgeberverzug und kein Fall von OR 324a Besteht Uneinigkeit darüber, ob die getroffenen Schutzmassnahmen genügen, müssen letztlich die Gerichte über eine Lohnzahlungspflicht entscheiden. Anspruch auf EO-Taggelder nach Art. 2 Abs. 3quater, quinquies VOEO Aus meiner Sicht entfällt bei Anspruch auf Taggelder die Lohnzahlungspflicht und es besteht auch keine Aufzahlungspflicht. Epidemie nicht Risiko Arbeitgeber Allenfalls maximal Aufzahlung nach OR 324b Tagung Neuerungen 2021 19 Lohnzahlung bei besonders gefährdeten Personen (ab 18. Januar 2021, V) Prüfung Zulässigkeit Erbringung Arbeitsleistung AG hat sämtliche AN umgehend aufzufordern sich zu melden, falls sie als besonders gefährdete Personen gelten. AN sollen zusammen mit der Rückmeldung dem AG ein ärztliches Attest zuzustellen. Attest: Auskunft, welche Erkrankung nach Anhang 7 vorliegt bzw. weshalb eine gleich zu behandelnde Krankheit vorliegen soll. Diese Aufforderung kann z.B. per E-Mail erfolgen. Für die Rückmeldung soll eine Frist von max. 24 Stunden angesetzt werden. Das ärztliche Attest kann infolge auch nachgereicht werden. Solange die Abklärungen laufen, dürfen diese Personen nicht arbeiten. Tagung Neuerungen 2021 20 © Arbeitsrecht unter Covid-19 10
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Lohnzahlung bei besonders gefährdeten Personen (ab 18. Januar 2021, VI) Prüfung Zulässigkeit Erbringung Arbeitsleistung (Forts.) Besprechung mit AN mit Aufnahme medizinischer Problematik gemäss ärztlichem Attest und Auflistung Massnahmen seitens AG. Festhalten, ob aus Sicht AN Arbeitserbringung ok ist oder nicht. Falls nicht, soll AN Rücksprache mit behandelndem Arzt nehmen (kurze Frist). Besprechung ist zu protokollieren und von allen Beteiligten zu unterzeichnen. Massnahmen sind direkt im Protokoll oder in einem Anhang dazu aufzunehmen. Ärztliches Attest ist beizulegen. Erfolgt seitens AN noch Rücksprache mit Arzt, ist das Protokoll danach um das Ergebnis der Rücksprache zu ergänzen. Allenfalls könnte der Arzt direkt eine Rückmeldung geben, die zu den Akten genommen wird. Tagung Neuerungen 2021 21 Lohnzahlung bei besonders gefährdeten Personen (ab 18. Januar 2021, VII) Prüfung Zulässigkeit Erbringung Arbeitsleistung (Forts.) Besteht danach immer noch Uneinigkeit, können seitens AG weitere Abklärungen getroffen werden Vertrauensärztliche Untersuchung Einschätzung Betriebsarzt Arbeitsinspektorat Schweizerische Gesellschaft für Arbeitsmedizin usw. Zentral ist, dass der Arbeitgeber klar signalisiert, dass er die Problematik ernst nimmt und die geeigneten Massnahmen umzusetzen gewillt ist. Bleibt es bei der Uneinigkeit, muss der Arbeitgeber entscheiden, ob er an seiner Sicht festhalten will. Unabhängig davon kann die Anmeldung bei der EO erfolgen. Tagung Neuerungen 2021 22 © Arbeitsrecht unter Covid-19 11
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Lohnzahlung bei Schwangeren und Stillenden Schwangere gelten als besonderes gefährdet. Erhöhte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers => angepasste Massnahmen Beschäftigung nur mit ihrem Einverständnis (ArG 35a I) Lohn(fort)zahlung und EO-Taggeld wie bei anderen Personen Besteht eine Lohnzahlungspflicht (80%) für Schwangere und Stillende gemäss ArG 35 III? Beschwerliche oder gefährliche Arbeit (ArGV1 62 III) Bezieht sich auf Gefahren der Arbeit selbst und nicht auf äussere Umstände, die alle gleich betreffen. Keine Lohnzahlungspflicht Ausnahme: Pflegerinnen von Corona-Patienten, Kontakt mit SARS-CoV-2 in Labors etc. Tagung Neuerungen 2021 23 Lohnzahlung bei Schwangeren und Stillenden (ab 18. Januar 2021) Es gelten die Ausführungen zu den besonders gefährdeten Arbeitnehmenden (Ziffer 2.10). Tagung Neuerungen 2021 24 © Arbeitsrecht unter Covid-19 12
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Lohnzahlung bei zu wenig Arbeit oder Betriebsschliessungen Arbeitsausfälle aufgrund von behördlichen Massnahmen (AVIG 32 III i.V.m. AVIV 51 I) oder aus wirtschaftlichen Gründen (AVIG 32 I lit. a) Nicht normales Betriebsrisiko, Kurzarbeit beantragen. Art. 8f, 8g, 8i und 8j Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung: Berechtigung Arbeitnehmende auf Abruf Teilweise keine Anrechnung Überschreitung Arbeitsausfall >85% Vereinfachte Berechnung Kurzarbeit für Berufsbildner/-innen bei Ausbildung von Lernenden Anmeldung für einzelne Betriebsabteilungen möglich Tagung Neuerungen 2021 25 Homeoffice: Pflicht, Obliegenheit, freiwilliges Zugeständnis? Art. 3 Covid-19-Verordnung besondere Lage: jede Person muss die Empfehlungen des BAG zu Hygiene und Verhalten in der Covid-19- Epidemie beachten. Insbesondere die Empfehlung des BAG betreffend Erfüllung der Arbeitsverpflichtung von zu Hause aus („Arbeiten Sie wenn möglich wieder von zu Hause aus.“) muss vom Arbeitgeber beachtet werden (Art. 10 Abs. 3 Verordnung besondere Lage). Pflicht zu Homeoffice besteht nicht. Obliegenheit ist ein Handeln, das nicht erzwungen werden kann, aber zur Vermeidung von Rechtsnachteilen im Eigeninteresse geboten ist. Homeoffice ist nach wie vor freiwillig, doch kann es im Sinne einer Obliegenheit geboten und zu den notwendigen Schutzmassnahmen nach ArG 6 und OR 328 zählen. Homeoffice sollte schriftlich geregelt werden. Tagung Neuerungen 2021 26 © Arbeitsrecht unter Covid-19 13
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Homeoffice: Pflicht, Obliegenheit, freiwilliges Zugeständnis? (ab 18. Januar 2021) Falls möglich und mit verhältnismässigem Aufwand umsetzbar, Pflicht zu Homeoffice (Art. 10 Abs. 3 VOBL) Vielfach nicht möglich wegen: Technik, Kosten und Geheimhaltungspflichten sowie weiterer Gesundheitsschutz Arbeitgeber schuldet keine Auslagenentschädigung Was umfasst dies genau? Homeoffice sollte so oder so schriftlich geregelt werden. Sicherheitsaspekte bezüglich BYOD Tagung Neuerungen 2021 27 Homeoffice: Kostenübernahme Grundsätzlich Auf Wunsch des Arbeitnehmenden Auf Wunsch des Arbeitgebers •Normale Lohnfortzahlung. •Dem Arbeitnehmenden würde beim •Der Arbeitnehmende arbeitet auf •Der Arbeitgeber rüstet den Arbeitgeber ein geeigneter Arbeitsplatz Wunsch des Arbeitgebers (teilweise) im Arbeitnehmenden mit den für die zur Verfügung stehen. Homeoffice. Arbeit nötigen Geräten und Material •Möglichkeit zu Homeoffice besteht •Es steht (zurzeit) kein geeigneter aus. Stellt diese der Arbeitnehmende in jedoch (freiwillig). Arbeitsplatz beim Arbeitgeber zur Absprache Geräte oder Material selbst •Kein Entschädigungsanspruch – der Verfügung. zur Verfügung, ist er dafür angemessen Arbeitgeber ist seiner Pflicht zur •Vollumfänglicher zu entschädigen (OR 327). Bereitstellung eines Arbeitsplatzes Entschädigungsanspruch. •Andere Vereinbarungen sind möglich! bereits nachgekommen. •Der Arbeitgeber hat dem •Die Covid‐19‐Situation sowie die Arbeitnehmenden zwingend alle durch Homeoffice‐Empfehlung stellen eine die Ausführung der Arbeit Sondersituation dar: Homeoffice dient notwendigen Auslagen zu ersetzen (OR hier dem erhöhten Gesundheitsschutz 327a I). des Arbeitnehmenden. •Ein Verzicht ist nicht möglich. •Freiwilligkeit ist fraglich, doch •Der Arbeitnehmende hat einen Tendenz aus Treuepflicht, beim Entschädigungsanspruch für die Arbeitnehmenden Vorhandenes ist Nutzung eines Zimmers im Rahmen der entschädigungslos zur Verfügung zu beruflichen Tätigkeit in seiner privaten stellen. Wohnung als Arbeitszimmer bzw. Archiv (BGer 4A_533/2018, 23.4.2019). Tagung Neuerungen 2021 28 © Arbeitsrecht unter Covid-19 14
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Homeoffice: Arbeitszeiten und Gesundheitsschutz Die Vorschriften betreffend Arbeits- und Ruhezeiten (ArG 9 ff.) sowie den Gesundheitsschutz (ArG 6, OR 328) sind auch im Homeoffice zu beachten. Für die Einhaltung sind Arbeitgeber und Arbeitnehmender verantwortlich. Bei Homeoffice besteht das Risiko, dass Freizeit und Arbeitszeit nicht klar getrennt werden Vereinbarung über Arbeitszeiterfassung: Art der Rapportierung festlegen Bestimmung von Präsenz- oder Blockzeiten Umgang mit Überstunden/Überzeit Bei Kindern im Haushalt: Nachweis über Fremdbetreuung während Arbeitszeit im Homeoffice Sachlich gerechtfertigte Kontrollen durch den Arbeitgeber müssen und dürfen durchgeführt werden. Betretungsrecht? Tagung Neuerungen 2021 29 Homeoffice: Geheimhaltung und Datenschutz Arbeitgeber müssen dafür sorgen, dass Datenschutz und Geheimhaltungspflichten eingehalten werden (durch Instruktion und Überwachung). Geheimhaltungs‐ und Verschwiegenheitspflichten (OR 321a IV) sowie die Datenschutzbestimmungen (OR 328b und DSG) gelten unabhängig vom Ort der Arbeitserbringung. Arbeitnehmende müssen dafür sorgen, Datenschutz und dass Geheimhaltungspflichten keine Drittpersonen, auch nicht Haushalts‐ /Familienmitglieder inkl. Kinder, Kenntnis Überbindung der oder Einsicht von bzw. in geschützte Daten Verpflichtungen an alle und Unterlagen erhalten. Haushalts‐/Familienmitglieder Tagung Neuerungen 2021 30 © Arbeitsrecht unter Covid-19 15
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Problematik bei Homeoffice im Ausland I Arbeitnehmende mit Wohnsitz im Ausland sind nur in der CH-AHV versichert, wenn kein wesentlicher Teil der Arbeit im Wohnsitzstaat geleistet wird. Grenzwert: 25% (Wegleitung über die Versicherungspflicht in der AHV/IV, WVP, Rz 2020.2 und Anhang 4, https://sozialversicherungen.admin.ch/de/d/6957) Sonderbestimmungen wegen Covid-19 Die Versicherungsunterstellung soll sich nicht aufgrund der COVID-19-Einschränkungen ändern. Grenzgänger D, F, A bis zum 30.06.2021 EU-/EFTA-Angehörige bis zum 30.06.2021 grundsätzlich ebenfalls flexible Anwendung Drittstaatenangehörige mit Abkommen bleiben in der CH-AHV versichert, wenn die Arbeit nicht in der Schweiz erbracht werden kann. Drittstaatenangehörige ohne Abkommen werden der CH-AHV unterstellt, wenn sie die Arbeit nicht wie geplant in der Schweiz aufnehmen können. Dies gilt für alle Sozialversicherungszweige mit Ausnahme der Krankenversicherung. Versicherungen zu Krankentaggeld und Unfallzusatz sind private Versicherungen und deren Deckung ist mit der jeweiligen Versicherung zu prüfen. Sonderbestimmungen wegen Covid-19 für Grenzgänger D, F, A bis zum 31.12.2020 (https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/sozialversicherungen/int/grundlagen-und-abkommen/int- corona.html) Tagung Neuerungen 2021 31 Problematik bei Homeoffice im Ausland II KTV/UV: lehnen Fälle im ausländischen Wohnsitzstaat z.T. ab Begrenzung auf Lohnfortzahlung nach OR 324a plus (Zürcher) Skala gegebenenfalls möglich Steuern Arbeitnehmende: Einkommen ist grundsätzlich dort zu besteuern, wo es erzielt wird Quellensteuerabzug für im Homeoffice gearbeitete Tage. Wegen Covid-19 wurde teilweise für Grenzgänger eine Vereinbarung abgeschlossen, wonach Homeoffice-Tage im Rahmen der Epidemie- Bekämpfung nicht relevant sind (z.B. mit Frankreich bis zum 31.03.21, https://www.estv.admin.ch/estv/de/home/internationales- steuerrecht/fachinformationen/laender/frankreich.html#958440738) Gültig erstmals bis 31. Mai 2020, jeweils stillschweigende Verlängerung um eine Monat, bis sie von den Behörden beendet wird. Steuern Arbeitgebende: Risiko, dass Homeoffice als Betriebsstätte betrachtet und damit an diesem Ort eine Steuerpflicht angenommen wird. Bei länger dauerndem Homeoffice, welches einen wesentlichen Teil der Arbeitszeit umfasst, wird empfohlen, bei den zuständigen Behörden ein Ruling einzuholen. Tagung Neuerungen 2021 32 © Arbeitsrecht unter Covid-19 16
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Schutzmassnahmen / Arbeitgeberpflichten Covid-19-Verordnung besondere Lage Öffentlich zugängliche Bereiche von Betrieben und Einrichtungen Durchsetzung Maskenpflicht auch in Aussenbereichen (Art. 3b) Schutzkonzeptpflicht (Art. 4) Mitwirkungspflichten bei Kontrollen durch kantonale Behörden (Art. 9, 11) Präventionsmassnahmen am Arbeitsplatz (Art. 10) Einhalten Empfehlungen BAG Maskenpflicht Treffen von weiteren Massnahmen gemäss STOP-Prinzip Substitution, technische Massnahmen, organisatorische Massnahmen, persönliche Schutzausrüstung Empfehlung des BAG betreffend Homeoffice Tagung Neuerungen 2021 33 Schutzmassnahmen / Arbeitgeberpflichten Covid-19-Verordnung besondere Lage (ab 18. Januar 2021) Öffentlich zugängliche Bereiche von Betrieben und Einrichtungen Durchsetzung Maskenpflicht auch in Aussenbereichen (Art. 3b VOBL) Schutzkonzeptpflicht (Art. 4 VOBL) Mitwirkungspflichten Kontrollen durch kantonale Behörden (Art. 9, 11 VOBL) Präventionsmassnahmen am Arbeitsplatz (Art. 10 VOBL) Einhalten Empfehlungen BAG (Abs. 1) Maskenpflicht > 1 Person in Innenräume und Fahrzeugen (Abs. 1bis) Treffen von weiteren Massnahmen gemäss STOP-Prinzip Substitution, technische Massnahmen, organisatorische Massnahmen, persönliche Schutzausrüstung Pflicht Homeoffice (Ziffer 3.1) Tagung Neuerungen 2021 34 © Arbeitsrecht unter Covid-19 17
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Schutzmassnahmen / Arbeitgeberpflichten Gesundheitsschutz Der Arbeitgeber ist verpflichtet, jede Gesundheitsbeeinträchtigung seiner Arbeitnehmenden zu vermeiden (ArG 6, OR 328). Generell: Massnahmen, welche nach Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes angemessen sind, müssen umgesetzt und eingehalten werden. Corona-Pandemie: Umsetzung und Einhaltung abhängig von betrieblichen Möglichkeiten Arbeitnehmende sollen, falls betrieblich möglich, gegenseitig Abstand halten. Schaffung von räumlichen Anpassungen, Office-Splitting, Plexiglasscheiben, Homeoffice, etc. Arbeitgeber sollen die Arbeitszeiten ihrer Arbeitnehmenden so flexibel wie möglich gestalten, damit Stosszeiten vermieden werden können. Tagung Neuerungen 2021 35 Schutzmassnahmen / Arbeitgeberpflichten Fallbeispiel Eine Arztpraxis beschliesst, dass bei allen Arbeitnehmenden täglich vor Arbeitsantritt auf Kosten der Arbeitgeberin a) mit einem Stirnthermometer (ohne Berührung) die Temperatur gemessen wird und die Arbeit nur mit Normaltemperatur angetreten werden darf. b) ein Coronavirus-Schnelltest durchgeführt wird und die Arbeit nur bei einem negativen Ergebnis angetreten werden darf. Wie sind diese Vorgaben einzuordnen? Tagung Neuerungen 2021 36 © Arbeitsrecht unter Covid-19 18
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Schutzmassnahmen / Arbeitgeberpflichten Fallbeispiel / Lösung Eine Arztpraxis in beschliesst, dass bei allen Arbeitnehmenden täglich vor Arbeitsantritt auf Kosten der Arbeitgeberin a) mit einem Stirnthermometer (ohne Berührung) die Temperatur gemessen wird und die Arbeit nur mit Normaltemperatur angetreten werden kann. b) ein Coronavirus-Schnelltest durchgeführt wird und die Arbeit nur bei einem negativen Ergebnis angetreten werden kann. Wie sind diese Vorgaben einzuordnen? Bei beiden Vorgaben handelt es sich um vom Arbeitgeber angeordnete Schutzmassnahmen am Arbeitsplatz, die die Verbreitung des Virus verhindern sollen. Massnahmen sollen nach Erfahrung notwendig, nach Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes angemessen sein. a) Dürfte kein Problem darstellen, da das Fiebermessen keinen nennenswerten Eingriff für den Einzelnen darstellt und trotzdem viel zum Gesundheitsschutz aller Arbeitnehmenden beiträgt. Die Messung wird äusserlich durchgeführt und ist den Umständen angemessen. b) Fraglich. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber einen Covid-Test verlangen, wenn Arbeitnehmende Symptome aufweisen oder in einem Risikogebiet unterwegs waren. Bei einem täglichen Test aller stellt sich die Frage der Verhältnismässigkeit, da die Durchführung eines Tests für die Arbeitnehmenden unangenehm sein kann. Allerdings handelt es sich im vorliegenden Fall um eine Arztpraxis, weshalb den Arbeitgeber eine erhöhte Sorgfaltspflicht trifft und alle von dieser Schutzmassnahme profitieren. Dies kann umso mehr gelten, falls besonders gefährdete Personen beschäftigt werden. Die Durchführung von Schnelltests könnten im vorliegenden Fall durchaus verhältnismässig sein. Mitwirkung Belegschaft nach ArG 48? Tagung Neuerungen 2021 37 Schutzmassnahmen / Arbeitgeberpflichten Verantwortung Arbeitgeber Die Arbeitnehmenden sind über persönliche und arbeitsplatzbezogene Schutzmassnahmen zu informieren und diese sind an die jeweils aktuellen Empfehlungen des BAG anzupassen. Arbeitnehmende sind zum Händewaschen aufzufordern, insbesondere vor der Ankunft am Arbeitsplatz, vor und nach den Pausen, vor und nach Toilettengängen sowie vor und nach Besprechungen. Arbeitnehmende sind sofern möglich darauf hinweisen, dass Reisen zu Stosszeiten im öffentlichen Verkehr ab sofort und bis auf weiteres möglichst zu vermeiden sind. Keinem Arbeitnehmenden erlauben bei typischen Symptomen von Coronavirus zu arbeiten. Tagung Neuerungen 2021 38 © Arbeitsrecht unter Covid-19 19
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Schutzmassnahmen / Arbeitgeberpflichten Kosten für Masken, Schutzmaterial und Tests Wer trägt Kosten für Masken und Schutzmaterial während der Wer trägt Kosten für Corona‐Tests? Arbeitszeit? • Seit 29.10.2020 müssen • Trägt der Bund sofern die Arbeitnehmende in Innenräumen Voraussetzungen des BAG vom eine Gesichtsmaske tragen. 28.10.2020 erfüllt sind: • Arbeitgeber müssen gewährleisten, symptomatische Personen oder dass Arbeitnehmende Vorschriften nichtsymptomatische Personen und Empfehlungen einhalten durch Anordnung eines Arztes oder können. nach Meldung durch die SwissCovid • Der Arbeitgeber ist gemäss ArG 6 App. und OR 328 verpflichtet, alle • Trägt der Arbeitgeber, wenn er den zumutbaren Massnahmen zu treffen, Test anordnet und die um die Gesundheit der Voraussetzungen nicht erfüllt sind Arbeitnehmenden zu schützen. (OR 327a I). • Notwendige, persönliche • Trägt der Arbeitnehmer, wenn er Schutzausrüstung wie Masken und sich freiwillig oder aufgrund einer anderes Schutzmaterial sind Rückkehr aus einem Risikogebiet zwingend vom Arbeitgeber zu testen lässt und die Voraussetzungen stellen und zu bezahlen (ArGV3 27). nicht erfüllt sind. Tagung Neuerungen 2021 39 Schutzmassnahmen / Arbeitgeberpflichten Impfen (I) Pflicht zum Gesundheitsschutz von Arbeitgebern (ArG 6, 328 OR, Covid-19-Verordnung besondere Lage 10) Gegenüber Personal, Kunden, Patienten etc. Alle Massnahmen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes angemessen Covid-19 Impfung Zugelassen und empfohlen von Bund Scheint geeignet, Ansteckungen zu vermeiden oder mind. zu verringern Kostentragung durch obligatorische Krankenpflegeversicherung Ungedeckte Kosten durch Bund und Kantone Tagung Neuerungen 2021 40 © Arbeitsrecht unter Covid-19 20
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Schutzmassnahmen / Arbeitgeberpflichten Impfen (II) Covid-19 Impfung zählt zum verlangten Gesundheitsschutz Achtung: Mitwirkungsrechte Belegschaft (Mitwirkungsgesetz 10 lit. a, ArG 48 I lit. a/II, UVG 82) Für Arbeitnehmer Eingriff in die persönliche Freiheit (BV 10 II) Geeignet und verhältnismässig? Weisungsrecht Impfpflicht (OR 321d) Zulässig je nach Umständen und Interessenabwägung Anweisung zum Schutz von anderen Personen Tagung Neuerungen 2021 41 Schutzmassnahmen / Arbeitgeberpflichten Impfen (III) Impfpflicht im Arbeitsverhältnis zu bejahen Arbeitsverhältnisse mit direktem Kontakt zu vulnerablen Personen (Heime, Arztpraxen, Gefängnisse, etc.) Arbeitsverhältnisse mit erhöhtem, persönlichen Kontakt mit Drittpersonen (Schülern, Kunden, Fluggästen etc.) Arbeitsverhältnisse mit erhöhtem, persönlichen Kontakt zu anderen Arbeitnehmern (Produktion, Handwerk etc.) Vulnerable Personen im Personal! Haftung Arbeitgeber bei fehlender Impfpflicht? Tagung Neuerungen 2021 42 © Arbeitsrecht unter Covid-19 21
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Schutzmassnahmen / Arbeitgeberpflichten Impfen (IV) Impfverweigerung Weisung Arbeitgeber berechtigt Ordentliche Kündigung Ohne Impfung Arbeitsleistung unzulässig und fristlose Entlassung? Allenfalls bei sehr heikler Arbeitsumgebung Wirkung anderer Schutzmassnahmen Infizierung / Arbeitsunfähigkeit mangels Impfung Selbstverschuldet? Wenn ja, Entfall der Lohn(fort)zahlung oder von Taggeldern Tagung Neuerungen 2021 43 Schutzmassnahmen / Arbeitgeberpflichten Impfen (V) Allgemeine Impfpflicht seitens der Behörden Gesetzliche Grundlage in EpG 22 (BV 36 I) Obligatorium seitens Kantone nur möglich, wenn die öffentliche Gesundheit erheblich gefährdet und kein anderweitiger, genügender Schutz der Bevölkerung möglich ist. Bundesrat kann eine allgemeine Impfpflicht in Absprache mit den Kantonen für bestimmte Personengruppen landesweit vorübergehend anordnen. Tagung Neuerungen 2021 44 © Arbeitsrecht unter Covid-19 22
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Schutzmassnahmen / Pflichten Arbeitnehmende: Arbeitsverweigerung Rein subjektive Begründung (Angst vor Ansteckung) Unbegründete Arbeitsverweigerung Lohnanspruch entfällt, Disziplinarmassnahmen möglich Objektive Begründung (Arbeitgeber hält Hygiene- und Schutzvorschriften nicht ein) Arbeitnehmender darf Arbeit berechtigt verweigern. Werden mögliche Schutzmassnahmen vom Arbeitgeber nicht eingehalten, schuldet er nach OR 324 den Lohn. Risiko der Strafbarkeit des Arbeitgebers oder seine Organe (StGB, ArG, Covid-Verordnung besondere Lage) Haftung für Schadenersatz und Genugtuung (OR 47, 49, 97) Tagung Neuerungen 2021 45 Schutzmassnahmen / Pflichten Arbeitnehmende: Striktes Einhalten der Schutzmassnahmen Arbeitnehmende sind verpflichtet, jegliche Schutzmassnahmen des Arbeitgebers strikt einzuhalten (Weisungsbefugnis des Arbeitgebers, OR 321d). Meldepflicht des Arbeitnehmenden bei Missständen seitens anderer Arbeitnehmenden (OR 321a I): Nichteinhalten von Schutzmassnahmen durch andere Arbeitnehmende oder Vorgesetzte Verdacht auf eigene Ansteckung oder Erkrankung sowie bei anderen Arbeitnehmenden, Kunden, Patienten, Lieferanten etc. Arbeitnehmende müssen Arbeitgeber zur Einhaltung der Schutzmassnahmen auffordern. Arbeitnehmende, die die Schutzmassnahmen nicht einhalten, dürfen nicht arbeiten und müssen weggewiesen werden. Tagung Neuerungen 2021 46 © Arbeitsrecht unter Covid-19 23
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Pflichten Arbeitnehmende Fallbeispiel In einem Lebensmittelbetrieb mit Produktion müssen die Arbeitnehmenden eine Maske tragen (Art. 10 Abs. 1bis Covid- 19-Verordnung besondere Lage). X zieht zu Beginn seiner Schicht jeweils eine Maske an, trägt sie jedoch die meiste Zeit unter dem Kinn. Seine Vorgesetzte macht ihn mehrfach darauf aufmerksam, dass er die Maske richtig anziehen solle. G weigert sich, weil Masken aus seiner Sicht überhaupt nichts bringen. Womit hat X zu rechnen? Tagung Neuerungen 2021 47 Pflichten Arbeitnehmende Fallbeispiel / Lösung In einem Lebensmittelbetrieb mit Produktion müssen die Arbeitnehmenden eine Maske tragen (Art. 10 Abs. 1bis Covid-19- Verordnung besondere Lage). X zieht zu Beginn seiner Schicht jeweils eine Maske an, trägt sie jedoch die meiste Zeit unter dem Kinn. Seine Vorgesetzte macht ihn mehrfach darauf aufmerksam, dass er die Maske richtig anziehen solle. G weigert sich, weil Masken aus seiner Sicht überhaupt nichts bringen. Womit hat X zu rechnen? Es handelt sich um eine gesetzliche Pflicht. Das Missachten derselben stellt ein rechtswidriges Verhalten dar, womit zusätzlich andere gefährdet werden. Ad hoc Aufforderung an X Maske umgehend zu tragen, ansonsten erfolge die fristlose Entlassung (OR 337). Bei Weigerung fristlose Entlassung. Werden anderweitige Schutzmassnahmen des Arbeitgebers nicht eingehalten, liegt eine grobe Treupflichtverletzung und Nichtbefolgung von Weisungen (OR 321a I, 321d) vor, was ebenfalls (nach Verwarnung) zur fristlosen Entlassung berechtigt. Tagung Neuerungen 2021 48 © Arbeitsrecht unter Covid-19 24
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Pflichten Arbeitnehmende Zusätzliche Einsätze Den Arbeitnehmenden trifft gegenüber dem Arbeitgeber eine Treuepflicht (OR 321a). Der Arbeitgeber hat eine Weisungsbefugnis, weshalb der Arbeitnehmende entsprechende Weisungen zu befolgen hat (OR 321d). Die Covid-19-Epidemie kann zu anderen Möglichkeiten und Bedürfnissen in Unternehmen führen, insbesondere auch wegen vermehrter Ausfälle. Der Arbeitnehmende ist verpflichtet, Überstunden und Überzeit zu leisten, sofern (OR 321c, ArG 36 I) diese durch die Umstände gerechtfertigt sind und es dem Arbeitnehmenden unter Berücksichtigung seiner persönlichen Situation möglich und zumutbar ist. Tagung Neuerungen 2021 49 Pflichten Arbeitnehmende: Änderung Aufgabengebiete oder Arbeitsort Eine einseitige Änderung Eine einseitige Änderung der Aufgabengebietes des Arbeitsortes ist ist zulässig bei zulässig bei kurzzeitigen, unvorhersehbaren, kurzzeitigen, unvorhersehbaren, dringenden betrieblichen dringenden betrieblichen Bedürfnissen und Bedürfnissen und Zumutbarkeit mit Blick auf die Ausbildung des Arbeitnehmende; Zumutbarkeit mit Blick auf den auch ohne Einverständnis oder Wohnort und familiäre Situation des Änderungskündigung unter Einhaltung Arbeitnehmenden (ArG 6, OR 328) der arbeitsrechtlichen Vorschriften. Tagung Neuerungen 2021 50 © Arbeitsrecht unter Covid-19 25
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Pflichten Arbeitnehmende Ferienbezug nach Weisung des Arbeitgebers Grundsätzlich bestimmt der Arbeitgeber den Zeitpunkt der Ferien (OR 329a II), wobei auf die Wünsche des Arbeitnehmenden Rücksicht zu nehmen ist. Einseitig verordneter Ferienbezug muss rechtzeitig (+/- 3 Monate vorher) mitgeteilt und (wenn er nicht mit Wünschen des Arbeitnehmenden übereinstimmt) mit betrieblich dringenden Gründen begründet werden. Ankündigungsfrist aktuell deutlich reduziert (1-3 Tage) Verschiebung Ferienzeitpunkt muss unter Umständen hingenommen werden. Entschädigung von Kosten durch Arbeitgeber Tagung Neuerungen 2021 51 Pflichten Arbeitnehmende Einschränkungen bezüglich des Privatlebens Reiseeinschränkungen Verbot von Reisen in Risikoländer nicht möglich, nur Empfehlung Kein Lohnanspruch während Quarantäne nach Reise in ein Risikoland Auskunftspflicht des Arbeitnehmenden über getätigte Reisen in Risikogebiete Arbeitsplanung Einschränkungen von Freizeittätigkeiten Grundsätzlich nicht zulässig Ausnahmen, falls verhältnismässig besondere, dringliche betriebliche Bedürfnisse Treuepflicht Arbeitnehmender (OR 321a I) Tagung Neuerungen 2021 52 © Arbeitsrecht unter Covid-19 26
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Pflichten Arbeitnehmende Mehrfachbeschäftigung Probleme möglich, wenn Arbeitnehmende bei ihrer anderen Beschäftigung einem erhöhten Risiko einer Ansteckung ausgesetzt sind. Zulässigkeit und Zumutbarkeit des Einsatzes des Arbeitnehmenden im eigenen Betrieb ist im Einzelfall zu prüfen. Haftungsrisiko des Arbeitgebers falls Zumutbarkeit grundsätzlich bejaht wird (gegebenenfalls nach Rücksprache mit dem Kantonsarzt)? für gänzliche Vermeidung: Einstellung (mit Lohnzahlungspflicht) oder allenfalls Kündigung für Verminderung: Prüfung des Schutzkonzeptes des anderen Arbeitgebers sowie Verlangen einer Bestätigung, dass das Konzept eingehalten wird Informationspflicht des Arbeitnehmenden Tagung Neuerungen 2021 53 Ich hoffe, es hat Ihnen gefallen! https://www.exoplatform.com/blog/2020/03/19/working-remotely-with-kids-during-the-coronavirus-outbreak- exo/ Tagung Neuerungen 2021 54 © Arbeitsrecht unter Covid-19 27
Dr. Nicole Vögeli Arbeitsrecht unter Covid-19 Koordinaten Dr. Nicole Vögeli Galli Fachanwältin SAV Arbeitsrecht Küng & Vögeli Rechtsanwälte Schaffhauserstrasse 135, CH-8302 Kloten T +41 44 804 40 10, E voegeli@kueng-voegeli.ch www.kueng-voegeli.ch Tagung Neuerungen 2021 55 © Arbeitsrecht unter Covid-19 28
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