Raumklima Artikel 16 - SECO

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Raumklima Artikel 16 - SECO
Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz
                    2. Kapitel: Besondere Anforderungen des Gesundheitsschutzes                             Art. 16
                     2. Abschnitt: Beleuchtung, Raumklima, Lärm und Vibrationen
                                          Art. 16 Raumklima

Artikel 16

Raumklima
  Sämtliche Räume sind ihrem Verwendungszweck entsprechend ausreichend natürlich oder künstlich
  zu lüften. Raumtemperatur, Luftgeschwindigkeit und relative Luftfeuchtigkeit sind so zu bemessen
  und aufeinander abzustimmen, dass ein der Gesundheit nicht abträgliches und der Art der Arbeit an-
  gemessenes Raumklima gewährleistet ist.

Vorgaben für die Temperatur, Luftgeschwindig-                            der Personen (siehe Erläuterung im techni-
keit, Luftfeuchtigkeit und Kohlendioxid (CO2) ein-                       schen Anhang). Sie setzt sich zusammen aus
zeln und insgesamt werden in diesem Artikel be-                          der Lufttemperatur am betrachteten Ort und
schrieben. Die Parameter müssen aufeinander                              der Strahlungstemperatur der Umgebungsflä-
abgestimmt sein, um ein Klima zu gewährleisten,                          chen (Boden, Wände, Decke, etc.). Die Vor-
das der Gesundheit nicht schadet. Auf Grund der                          gaben in den Normen beziehen sich meistens
technischen Komplexität werden zuerst die wich-                          auf die Raumtemperatur. Bei einer Messung
tigsten Vorgaben für den Gesundheitsschutz, und                          und Bewertung müssen alle genannten phy-
im Anhang vertiefende technische Vorgaben aus                            sikalischen Parameter einzogen werden (vgl.
der Normierung erläutert.                                                technischen Anhang «Raumtemperatur»).

                                                                     Der Zusammenhang zwischen Raum- und Lufttem-
Raumtemperatur                                                       peratur wird im technischen Anhang «Raumtem-
                                                                     peratur» beschrieben. Bestehen grössere Differen-
Eine dem Menschen und seiner Tätigkeit ange-
                                                                     zen zwischen Lufttemperatur und der Temperatur
passte Temperatur ist eines der wichtigsten phy-
                                                                     der Umschliessungsflächen, differieren Luft- und
sikalischen Klimakriterien. Beim physikalischen
                                                                     die Raumtemperatur. Dies ist z. B. der Fall in ei-
Begriff «Temperatur» sind die verschiedenen Defi-
                                                                     nem Gebäude mit ungeschützter Sonneneinstrah-
nitionen zu unterscheiden:
                                                                     lung an eine Wand (v.a. in der warmen Jahreszeit)
 • Lufttemperatur:                                                   oder als Folge schlecht isolierender Wände und bei
   Temperatur der Luft am betrachteten Ort (am                       Anwendungen mit lokalen Klimatisierungsgeräten
   Arbeitsplatz)                                                     (z. B. Kühldecke).
 • Raumlufttemperatur:                                               Abb. 316-1 zeigt arbeitsphysiologisch günstige
   Temperatur der Raumluft in der Raummitte,                         Lufttemperaturen für Sommer und Winter in Büros
   gemessen 1m über Boden                                            und bei Tätigkeiten mit unterschiedlicher körperli-
                                                                     cher Belastung. Während Hitzeperioden müssen in
Luft- und Raumlufttemperatur können mit einem
                                                                     Räumen ohne Kühlung vorübergehend auch hö-
Thermometer erfasst und bewertet werden.
                                                                     here Temperaturen toleriert werden (SN 520 180).
 • Raumtemperatur (operative Temperatur, emp-                        Die Broschüre «Büroarbeit bei Hitze» gibt Hinwei-
   fundene Temperatur): Diese entspricht der                         se zum Umgang mit Hitze in Innenräumen. Die
   vom Menschen empfundenen Temperatur am                            Notwendigkeit einer raumlufttechnischen Küh-
   betrachteten Ort (Arbeitsplatz) und ist ent-                      lung bei saisonal bedingten hohen Aussentempe-
   scheidend für die thermische Behaglichkeit                        raturen wird in SN 546 382/1 beschrieben.

SECO, August 2020                                                                                               316 - 1
Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz
       Art. 16                                   2. Kapitel: Besondere Anforderungen des Gesundheitsschutzes
                                                  2. Abschnitt: Beleuchtung, Raumklima, Lärm und Vibrationen
                                                                       Art. 16 Raumklima

        Arbeitsphysiologisch gute Bereiche für                 peratur des Fussbodens soll mindestens 19°C und
                 Lufttemperaturen                              maximal 28°C betragen. Bei Kaltböden (Beton,
    Lufttemperatur (°C) Arbeitstätigkeit                       Metall) sind isolierende Beläge sowie wärmeisolie-
                                                               rendes Schuhwerk erforderlich. Sie sind vom Ar-
         21 … 23         Büroarbeit                            beitgeber zur Verfügung zu stellen.
                         sitzende Tätigkeit
                         (kalte Jahreszeit, Winter,            Gemäss Mutterschutzverordnung gelten Arbei-
                         «Heizperiode»)                        ten in Innenräumen bei Raumtemperaturen über
         23 … 26         Büroarbeit                            28°C für Schwangere als gefährlich. Für die Beur-
                         sitzende Tätigkeit                    teilung muss eine Fachperson beigezogen werden.
                         (warme Jahreszeit, Sommer,            Dabei ist nicht alleine die Lufttemperatur, sondern
                         «Kühlperiode»)                        ebenfalls die Strahlungstemperatur der Umschlie-
        18 …. 21         stehend und gehend,                   ssungsflächen massgebend (siehe oben und im
                         leichte bis mittelschwere             Anhang: «Raumtemperatur»). Weiter ist für eine
                         Arbeit                                umfassende Bewertung der Situation die thermi-
                         (z. B. Kommissionierung)              sche Behaglichkeit zu berücksichtigen (→ siehe
         16 … 19         mittelschwere körperliche             technischer Anhang: «Thermische Behaglichkeit»).
                         Arbeit (z. B. Montage)
Abb. 316-1: Arbeitsphysiologisch gute Bereiche für Lufttem-
peraturen bei verschiedenen Körperaktivitäten1                 Raumluftfeuchte
Für beheizte, gekühlte oder mechanisch belüftete               Beim gesunden Menschen bilden die Schleimhäu-
Räume gelten die Vorgaben für die Raumtempera-                 te der Luftwege in der Nase und im Rachen ein
tur nach SN 546 382/1: je nach Aussentemperatur                leistungsfähiges Befeuchtungssystem (vgl. Merk-
liegen diese zwischen 20.5°C und 26.5°C. In teil-              blatt Bundesamt für Energie, BFE). Der physiolo-
klimatisierten Räumen darf bei Hitzeperioden der               gisch optimale Bereich für die relative Luftfeuch-
Unterschied zwischen der Aussentemperatur und                  te liegt zwischen 30 bis 60%. Die Abgrenzungen
der Raumtemperatur nicht zu gross sein (bei Kühl-              sind dabei nicht ganz scharf. Eine zu niedrige und
betrieb nicht grösser als 8°C).                                zu hohe Luftfeuchtigkeit ist aus gesundheitlicher
Für eine vertiefende Bewertung einer Arbeitsplatz-             und gebäudetechnischer Sicht ungünstig und zu
situation muss die sog. «thermische Behaglich-                 vermeiden. Bei zu niedriger Feuchte kann es zur
keit» bestimmt werden. Dabei wird – neben der                  Austrocknung der Atemwege kommen, und ab
Luft- und Raumtemperatur - auch die die körperli-              etwa ca. 60% – insbesondere bei höheren Raum-
che Aktivität, die Bekleidung, die Luftfeuchte und             temperaturen – wird die Luft als «schwül» emp-
die Luftgeschwindigkeit einbezogen (siehe An-                  funden. Bei zu hoher Luftfeuchte können Schä-
hang «thermische Behaglichkeit»).                              den am Gebäude entstehen (z.B. Wachstum von
Für die «lokale Behaglichkeit» (d.h. für die Emp-              Schimmel). Zu beachten ist, dass in den Normen
findung der Extremitäten des Körpers) sind auch                die Vorgaben nicht als relative Feuchte, sondern
lokale Temperaturunterschiede zwischen Decke                   als absolute Feuchte geregelt werden (siehe tech-
und Fussboden (respektive zwischen Kopf und                    nischer Anhang «Raumluftfeuchte»).
Knöcheln) zu berücksichtigen: Die Lufttempera-                 Abb. 316-2 zeigt physiologisch angenehme Berei-
tur über dem Fussboden sollte nicht mehr als 3°C               che relativer Luftfeuchte für den Winter (bei Luft-
kühler als auf Kopfhöhe sein. Die Oberflächentem-              temperaturen im Raum zwischen 21 und 23°C)
                                                               und für den Sommer (zwischen 23°C und 26°C).
                                                               Oberhalb einer sog. «Schwülegrenze» wird die
1
 «Während Hitzeperioden müssen auch höhere Temperaturen
toleriert werden, siehe Abschnitt «Technischer Anhang»

316 - 2
Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz
                    2. Kapitel: Besondere Anforderungen des Gesundheitsschutzes                              Art. 16
                     2. Abschnitt: Beleuchtung, Raumklima, Lärm und Vibrationen
                                          Art. 16 Raumklima

Raumluft, vor allem bei erhöhten Innentempera-                       wegungen selber, sondern die auftretenden klei-
turen, als unangenehm empfunden. Physiologisch                       nen Temperaturdifferenzen auf der Haut verspürt.
zuträgliche Bedingungen in Bezug auf die Schwü-                      Die Sensibilität des Menschen ist unterschiedlich
le-Empfindung sind gegeben, wenn die relative                        (Geschlecht, Alter, Gesundheitszustand etc.). Kla-
                                                                     gen über Zugluft sollten ernst genommen und
                      relative Luftfeuchte                           abgeklärt werden, da sie zu gesundheitlichen Be-
                         Winter : 30-50%                             schwerden, Unzufriedenheit und Leistungseinbu-
                                                                     ssen am Arbeitsplatz führen.
                        Sommer : 40-60%

Abb. 316-2: Vorgaben für physiologisch angenehme Berei-
                                                                     Ursachen für Zugluft sind:
che der relativen Luftfeuchtigkeit (Schweizer Mittelland)             • offene bzw. undichte Fenster und Türen
                                                                      • Fenster und Rahmen mit ungenügender Wär-
Luftfeuchte auf folgende gerundeten Werte be-                           meisolierung (hoher U-Wert)
grenzt ist:
                                                                      • Aussenwände mit ungenügender Wärme-
    ab 24°C:           < 60%                                            dämmung, Isolationsfehlstellen
    ab 26°C:           < 55%                                          • grosse Fensterflächen (Fallwinde), ev. zusätz-
    ab 28°C:           < 50%                                            lich fehlende Fensterradiatoren
                                                                      • hohe Räume (Fallwinde)
In Arbeitsräumen mit permanenter Unterschrei-
                                                                      • Umluft-Kühlgeräte (Zugluft im Nahbereich
tung der relativen Feuchte (z.B. in Produktionsräu-
                                                                        vom Arbeitsplatz)
men, die trockene Bedingungen erfordern) muss
die Luft möglichst staubfrei sein. Ebenso ist Trink-                  • Quellauslässe im Nahbereich vom Arbeits-
wasser für die Arbeitenden bereitzustellen.                             platz.
Ohne besondere Anforderungen an das Raum-
                                                                     Abb. 316-3 zeigt die zulässige mittlere lokale Luft-
klima ist eine Befeuchtung der Raumluft insbe-
                                                                     geschwindigkeit bei verschiedenen lokalen Luft-
sondere in Heizperioden nicht erforderlich und
                                                                     temperaturen im Büro mit mechanischer bzw. na-
energetisch ungünstig. Die Zweckmässigkeit der
                                                                     türlicher Lüftung. Physiologisch bedingt sind bei
künstlichen Befeuchtung wird in SN 546 382/1 so-
                                                                     wärmeren Innentemperaturen höhere Luftge-
wie im BFE-Merkblatt Luftbefeuchtung 805.162.1
                                                                     schwindigkeiten tolerierbar. Im Sommer, bei Hitze
beschrieben. Der Umgang mit statischer Entla-
                                                                     in Gebäuden mit natürlicher Lüftung sind als Kühl-
dung als Folge zu trockener Raumluft wird eben-
                                                                     massnahme z. B. Ventilatoren sehr nützlich. Die
falls in dieser Broschüre behandelt.
                                                                     Schweissverdunstung ist jedoch nur wirksam un-
Für weitere technische Vorgaben in Bezug auf die
                                                                     terhalb von ca. 30-32°C. Bei niedrigeren Tempera-
Luftfeuchte wird auf den «technischen Anhang
                                                                     turen ist die Empfindlichkeit gegenüber Zugluft er-
«Luftfeuchte» verwiesen.
                                                                     höht, daher die niedrigeren zulässigen Werte (vgl.
                                                                     techn. Anhang «Zugluftrisiko»).
                                                                     Bei gewerblichen und industriellen Tätigkeiten
Luftgeschwindigkeit,                                                 sind etwas höhere Luftgeschwindigkeiten zumut-
Zugluftrisiko                                                        bar und sogar von Vorteil. So beispielsweise beim
                                                                     Tragen von Schutzkleidung beim Arbeiten an
Zugluft kann das Wohlbefinden am Arbeitsplatz,
                                                                     Spritzständen mit direkter Zu- und Abluft oder all-
besonders bei sitzender Tätigkeit, auch bei eher
                                                                     gemein beschwerlichen Tätigkeiten.
kleinen Luftgeschwindigkeiten, beeinträchtigen.
                                                                     Technisch bedingte, störende Zugluft lässt sich in
Ist Zugluft vorhanden, werden nicht die Luftbe-
                                                                     begrenztem Mass mit einer höheren Lufttempe-

SECO, August 2020                                                                                                316 - 3
Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz
    Art. 16                                     2. Kapitel: Besondere Anforderungen des Gesundheitsschutzes
                                                 2. Abschnitt: Beleuchtung, Raumklima, Lärm und Vibrationen
                                                                      Art. 16 Raumklima

ratur (oder notfalls über eine Feuchteabsenkung)              Schweissverdunstung, Ausatmung und Konduk-
abfedern. Für gefährliche Arbeiten im Sinne der               tion (Kontaktwärme). Die für den Wärmehaus-
EKAS-Richtlinie 6508      sind persönliche Schutz-            halt des Menschen massgebenden Faktoren sind:
ausrüstungen stets vorrangig vor thermischer Be-              Raumtemperatur (Lufttemperatur und Temperatur
haglichkeit.                                                  der Begrenzungsflächen im Raum), Luftgeschwin-
                                                              digkeit/Luftturbulenzen, die relative Luftfeuchte
                                                              sowie die Zusatzgrössen Aktivität und die Beklei-
                                                              dungsisolation.
Raumklima und «thermische                                     Die Norm SN EN ISO 7730 benötigt diese Fakto-
Behaglichkeit»                                                ren, um die thermische Behaglichkeit (Komfort) zu
                                                              berechnen (vgl. technischer Anhang «thermische
Die oben beschriebenen Klimaparameter (Tempe-                 Behaglichkeit»). Im Ergebnis wird ein statistischer
ratur, Luftfeuchte, Luftgeschwindigkeit etc.) müs-            Prozentsatz an unzufriedenen Personen (PPD) vor-
sen aufeinander abgestimmt sein, um ein gesund-               hergesagt. Als Anforderung für Büros soll mindes-
heitlich zuträgliches Klima zu gewährleisten. Das             tens Kategorie B (d.h. bis max. 10% Unzufriedene)
Konzept der «thermischen Behaglichkeit» zieht                 erreicht werden (siehe technischer Anhang: «ther-
daher mehrere Messgrössen und Faktoren in eine                mische Behaglichkeit»).
Gesamtbetrachtung ein und führt rechnerisch zu                Neben der Behaglichkeit insgesamt ist ebenfalls
einem dimensionslosen Behaglichkeitsindex (PMV                die lokale Behaglichkeit zu berücksichtigen. Damit
= Predicted Mean Vote = erwartete, durchschnitt-              sind insbesondere die Empfindlichkeit der Extremi-
liche Bewertung der thermischen Behaglichkeit),               täten (Arme vs. Hände, Beine vs. Füsse, Kopf vs.
sowie zu einer prozentualen Unzufriedenheitsrate              Nacken) gegenüber Zuglufteinflüssen zu verste-
einer statistisch durchschnittlichen Population (PPD          hen (siehe Anhang «thermische Behaglichkeit»).
= Percentage Persons Dissatisfied = erwarteter An-
teil unzufriedener Personen) (siehe Technischen
Anhang «Behaglichkeit»).                                      Luftqualität «Kohlendioxid CO2»
Thermische Behaglichkeit ist dann erreicht, wenn
die Wärmeregulation des Körpers (Wärmeaufnah-                 Allgemeine Qualitätskriterien für die Luft sind in
me und -abgabe) mit den Umgebungsfaktoren                     der Wegleitung zu Artikel 18 ArGV 3 (Luftverun-
im Gleichgewicht steht. Die Wärmeabgabe beim                  reinigung) beschrieben. Kohlendioxid (CO2) wird
Menschen erfolgt grösstenteils über Abstrahlung,              in den Normen meistens dem Kapitel «Raumkli-

          Lokale                                     Maximale Luftgeschwindigkeit
     Lufttemperatur                            per Lüftungsart und Empfindlichkeitsstufe
           [°C]                                                  [m/s]
                                     mechanische              mechanische                natürliche
                                      Lüftung                   Lüftung                   Lüftung
                                    «empfindlich»              «normal»              «beide Gruppen»
              20                         0.10                            0.12                           0.15
              22                         0.11                            0.14                           0.17
              24                         0.12                            0.16                           0.19
              26                         0.14                            0.18                          > 0.20
Abb. 316-3: Maximale Luftgeschwindigkeiten in Abhängigkeit von der lokalen Lufttemperatur und der Art der Lüftung.
Annahmen: mechanische Lüftung DR=15% (DR=Draft Risk = Zugluft Risiko), natürliche Lüftung DR=20% (jeweils mit Turbu-
lenzgrad 50% nach SN EN 520 180, ergänzt durch Berechnung für DR=10%, für Personen mit erhöhter Empfindlichkeit)

316 - 4
Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz
                    2. Kapitel: Besondere Anforderungen des Gesundheitsschutzes                                       Art. 16
                     2. Abschnitt: Beleuchtung, Raumklima, Lärm und Vibrationen
                                          Art. 16 Raumklima

ma» zugeordnet. In Räumen ohne interne Schad-                         ab. Bei hoher Belegung und geringem Luftwech-
stoffquellen ist der Mensch die Hauptquelle von                       sel gibt es einen raschen CO2-Anstieg; bei gutem
CO2, Gerüchen und Keimen. CO2 dient als «Leit-                        Lüftungsverhalten lässt sich dies wirksam verhin-
parameter» für die Luftqualität; die CO2-Konzent-                     dern. Spätestens ab Erreichen von 2’000 ppm CO2
ration hängt ab von der Belegung des Raumes und                       ist ein intensives Lüften angesagt (siehe Anhang
den Lüftungsbedingungen.                                              «Luftqualität, Kohlendioxid»).
Abb. 316-4 zeigt die Klassifizierung der Luftquali-
tät anhand des CO2-Gehalts hinsichtlich dem «Ge-
sundheitsschutz» und SN 546 382/1 für mecha-                          Technischer Anhang
nisch belüftete Räume. Konzentrationen oberhalb
                                                                      Raumtemperatur
1’000 ppm CO2 können vorübergehend Müdig-
keit, Unwohlsein, Konzentrationsstörungen und
                                                                      Vergleich Raumtemperatur mit
Kopfschmerzen auslösen. Über mehrere Stunden
                                                                      Raumlufttemperatur
deutlich erhöhte Werte führen weiter zu spürba-
ren Leistungsbeeinträchtigungen und Müdigkeit                         Die Ermittlung der Raumtemperatur erfolgt (ana-
(→ erhöhtes Risiko bei Überwachungstätigkeiten).                      log der Messung für die thermische Behaglichkeit)
Der Grundpegel für CO2 in der Aussenluft und der                      mit Messsensoren für die Luft- und Strahlungstem-
unbelasteten Raumluft beträgt ca. 380-450 ppm.                        peratur (schwarze Kugel) (siehe Abb. 316-12). Die
Eine Konzentration unterhalb 1’000 ppm CO2                            Raumtemperatur ist ein mit der Luftgeschwindig-
gilt als gute Luftqualität. In mechanisch belüfte-                    keit gewichteter Wert, der sich aus der Luft- und
ten Räumen sind die Aussenluft-Volumenströme                          Strahlungstemperatur der Raumbegrenzungsflä-
so zu regeln, dass die CO2-Konzentration für die                      chen zusammensetzt.
entsprechende Raumnutzung die zugewiesene                             Zusammenhang: Raumtemperatur, Lufttempera-
Raumluftklasse (RAL) erreicht.                                        tur und der Strahlungstemperatur der Umschlie-
In natürlich belüfteten Räumen hängt die CO2-                         ssungsflächen (gültig für mittlere Luftgeschwin-
Konzentration von der Belegungsdichte (Anzahl                         digkeiten < 0.2 m/sec):
Personen im Raum) und dem Lüftungsverhalten

      CO2-Konzentration in der                  Luftqualität Gesundheitsschutz                    Raumluftqualität
             Raumluft                                                                     Klassierung gemäss SN 546 382/1
              [ppm]                                                                        (mechanisch belüftete Räume)

                    < 1‘000*                              gut bis sehr gut                           hoch (RAL 1)
                                                                                                     mittel (RAL 2)
             > 1‘000…1‘400                                      mässig                               mässig (RAL 3)
             > 1‘400...2‘000                                   niedrig                               niedrig (RAL 4)
                    > 2‘000                           hygienisch inakzeptabel                   hygienisch inakzeptabel
                                                     Gesundheitsstörungen möglich               mechanisch belüftete Räume:
                                                                                          → technische Überprüfung der Anlage und
                                                    in natürlich belüfteten Räumen:                    Plandaten etc.
                                                    Handlungsbedarf 2’000 ppm (als
                                                              Spitzenwert):
                                                 → Regelmässiges Stoss- bzw. Querlüften
                                                   → Bessere Raumbelüftung prüfen.

Abb. 316-4: Raumluftklassen nach Terminologie Gesundheitsschutz und nach SN 546 382/1 (für mechanisch belüftete
Räume).
*Pettenkofer-Zahl für gute Luftqualität 1’000 ppm CO2. RAL = Raumluftqualität.

SECO, August 2020                                                                                                        316 - 5
Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz
    Art. 16                                  2. Kapitel: Besondere Anforderungen des Gesundheitsschutzes
                                              2. Abschnitt: Beleuchtung, Raumklima, Lärm und Vibrationen
                                                                   Art. 16 Raumklima

   TRaum = 0.5 x (TLuft + Tm, Strahlung) [°C]               haglichkeit (SN EN ISO 7730). Die Aktivität be-
                                                            stimmt den metabolischen Umsatz des Körpers,
TRaum        = Raumtemperatur in °C                         deren Angabe erfolgt in «met» (= metabolic aci-
TLuft        = Lufttemperatur in °C                         tivity) mit der Einheit: Watt/m2 Körperoberfläche.
                                                            Ein Erwachsener mit 70 kg Gewicht sondert eine
Tm,Strahlung = Mittelwert aus
                                                            Wärmeleistung von ca. 100 Watt ab. Als Mass für
               Strahlungstemperatur der
                                                            die Bekleidungsisolation wird die Einheit «clo»
               umschliessenden Flächen im
                                                            (=clothing, Bekleidung) verwendet, was physika-
               Raum in °C
                                                            lisch als Wärmedurchlasswiderstand zu verstehen
Abb. 316-5: Auslegungskriterien gemäss SNR 592              ist. Je nach Bekleidungsisolation variiert der Wert
024 für mechanisch belüftete Räume in Büros                 zwischen 0 und 3, wobei 0 keiner Bekleidung und
und die Grundlagen (Luftgeschwindigkeit, relative           3 einer hochwinterlichen Bekleidung entspricht.
Luftfeuchte, Bekleidung (clo) und Aktivität (met))          Die Norm macht detailliertere Angaben zur Beklei-
für deren Berechnung.                                       dungsart. Für Büroarbeiten wird im Sommer ein
Die Raumtemperatur (empfundenen Temperatur)                 clo-Wert von 0.5 bis 0.8 und im Winter zwischen
in Büroräumen (beheizt, gekühlt oder mechanisch             1.0 und 1.2 angenommen.
belüftetet) wird – je nach gleitender 48h Aussen-           Abb. 316-6 zeigt lehrbuchmässig verschiedene, als
temperatur – zwischen 20.5 und 26.5°C ausgelegt             optimal empfundene Temperaturen (für beheizte
(SN 546 382/1).                                             oder gekühlte Räume) und Temperaturbereiche für
Für Räume mit natürlicher Lüftung (ausserhalb               unterschiedliche Tätigkeiten (bzw. Wärmeabga-
Heizperiode und ohne Kühlung) soll die empfun-              ben) (y-Achse) und Bekleidungen (x-Achse). (Bei-
dene Temperatur - je nach gleitender 48h Aussen-            spiel: Bürotätigkeit (met =1.2, clo = 1.0) → Raum-
temperatur- zwischen 20.5 bis 25°C (kühle Perio-            temperatur 21.5°C und Streubereich ± 2.5°C ).
de) oder 22°C- 30.5°C (warme Periode) liegen (SN            Je grösser die körperliche Belastung ausfällt, des-
SN 520 180).                                                to tiefer sollte die Raumtemperatur liegen. Wird
                                                            beispielsweise mit einer wärmeren Bekleidung wie
                                                            Langarmhemd/Hose/Pulli eine Raumtemperatur
Behagliche Raumtemperatur als                               von 22°C als angenehm empfunden, so werden
                                                            bei gleicher Bekleidung und mittelschwerer Arbeit
Funktion von Aktivität und Be-                              im Stehen 15°C als behaglich empfunden (z. B.
kleidung                                                    Montagearbeit). Die Bekleidung ist deshalb stets
Die körperliche Aktivität der Person und die Be-            der körperlichen Leistung und den Aussenbedin-
kleidungsisolation bestimmen die thermische Be-             gungen, entsprechend den Jahreszeiten anzupas-
                                                            sen.

                                       Auslegungskriterien
 Aussenbedingungen                                                   Berechnungsgrundlage
                                        nach SNR 592 024
                                      Raumlufttemperatur (°C)
 Winter                                      20 … 24                 Luftgeschwindigkeit max. 0.13 m/s
 (Heizperiode)                                                       Rel. Feuchte 30 %
                                                                     clo-Wert 1.0 / met-Wert 1.2
 Sommer                                     23.5 ... 26.5            Luftgeschwindigkeit max. 0.18 m/s
 (Kühlperiode)                                                       Rel. Feuchte 60 %
                                                                     clo-Wert 0.5 / met-Wert 1.2
                                                                     Gilt nur für maschinell gekühlte Räume!
Abb. 316-5: Auslegegrössen für Raumlufttemperaturen in Büroräumen nach SNR 592024

316 - 6
Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz
                    2. Kapitel: Besondere Anforderungen des Gesundheitsschutzes                           Art. 16
                     2. Abschnitt: Beleuchtung, Raumklima, Lärm und Vibrationen
                                          Art. 16 Raumklima

Raumluftfeuchte                                                      für das Einhalten der unteren und oberen Gren-
                                                                     ze der massenbezogenen Feuchte nach SN 546
Als Einheit der Raumluftfeuchte wird in Normen                       382/1 (4.9 g/kg = untere Grenze, 13.7 g/kg =
die «massenbezogene Feuchte» verwendet. Die                          obere Grenze (Annahme für die Schwülegrenze:
Angabe erfolgt als Mischungsverhältnis g Wasser-                     12.4 g/kg) sind in der Tabelle angegeben. Norm-
dampf pro kg trockene Luft, vgl. SN 546 382/1 für                    vorgaben für die minimale Luftfeuchte sind auch
mechanische Lüftungen. Der Absolutwert ist un-                       in Räumen ohne aktive Befeuchtung einzuhalten.
abhängig vom Luftdruck und somit auch von der                        Zu berücksichtigen sind weitere Vorgaben in SN
Höhe über Meer. Die relative Luftfeuchte ist da-                     530 180 und SN 546 382/1: Grenzwerte dürfen
gegen abhängig vom Luftdruck bzw. der Höhe                           während 10% der Nutzungszeit unter-, respekti-
des Standortes über Meer. Die relative Luftfeuchte                   ve überschritten werden. Für die Vermeidung von
wird üblicherweise auf das Schweizerische Mittel-                    Gebäudeschäden und Schimmelpilzrisiko sind die
land (bis zu einer Höhe bis max. 800 m.ü.M.) bezo-                   oberen Grenzen im Tagesmittel einzuhalten. De-
gen (für Umrechnungen, siehe SN 520 180).                            tails darüber – unter welchen Bedingungen diese
In SN 546 382/1 wird die obere und untere Feuch-                     Anforderungen gelten (mechanisches Lüften, Be-
tegrenze als Mass genommen. Abb. 316-7 zeigt                         feuchten, Entfeuchten, Kühlen, Heizen) – sind in
den physiologisch optimalen Bereich für die re-                      den beiden Normen nachzulesen.
lative Luftfeuchte und die Vorgaben für die Aus-
legung während der Heiz- und Kühlperiode (vgl.
Merkblatt SNR 592024). Die Temperaturgrenzen

Abb. 316-6: Optimal empfundene Temperatur in Abhängigkeit von Tätigkeit und Bekleidung (nach SN EN ISO 7730 und SN
520 180) für beheizte/gekühlte Räume; (Annahmen: Luftfeuchte 50%, Luftgeschwindigkeit < 0.1 m/s, PPD < 10%).
(Quelle: SN EN ISO 7730)

SECO, August 2020                                                                                            316 - 7
Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz
    Art. 16                                       2. Kapitel: Besondere Anforderungen des Gesundheitsschutzes
                                                   2. Abschnitt: Beleuchtung, Raumklima, Lärm und Vibrationen
                                                                        Art. 16 Raumklima

Raumluftgeschwindigkeit und                                     vgl. SN 520 180. Mitabgebildet ist auch die darun-
                                                                terliegende Kurvenlage für empfindliche Personen
Zugluftrisiko                                                   und Arbeitszonen (DR = 10%) (relevant nur unter-
Die Ermittlung des Zugluftrisikos dient der Begren-             halb 24°C).
zung einer zu hohen konvektiven Wärmeabgabe
der zugluftempfindlichen Körperbereiche (Nacken,
Fussbereich).                                                   Thermische Behaglichkeit nach
                                                                SN EN ISO 7730
Das Zugluftrisiko (DR = Draught Rating, Draft Risk)
                                                                Räumlicher Geltungsbereich
errechnet sich aus den Messgrössen:
                                                                Die Vorgaben für die sog. «thermische Behaglich-
 • lokale Temperatur,                                           keit» müssen während der gesamten Nutzungs-
 • Luftgeschwindigkeit,                                         zeit eingehalten werden. Die Normvorgaben gel-
 • Luftturbulenz                                                ten für einen bestimmten Aufenthaltsbereich im
                                                                Raum, d.h. es werden folgende Mindestabstände
sowie den individuellen Faktoren:                               von Umgebungsflächen definiert (Beispiele):
                                                                 • Abstand zu Aussenfenster /
 • Bekleidungsgrad und Aktivität (vgl. SN EN ISO                    Aussentüren: 1.0 m
   7730 und SN 520 180).
                                                                 • Abstand zu Innenwänden /
Der DR-Wert gibt den statistischen Prozentsatz                     Aussenwänden: 0.5 m
von Personen an, die mit der Zugluftlufterschei-                Die beiden Normen SN 520 180 und SN 546 382/1
nung unzufrieden sind.                                          bilden die Basis für die Planung des Raumklimas.
In den Normen sind praktischerweise die zulässige               Für eine Gesamtbetrachtung der thermischen Be-
maximale Luftgeschwindigkeit für definierte Luft-               haglichkeit bzw. des Komforts muss die lokale Un-
temperaturen angegeben; dies unter Annahme ei-                  behaglichkeit im Arbeitsbereich mit einbezogen
nes bestimmten Turbulenzgrades und einer vorge-                 werden.
gebenen Aktivität und Bekleidung.
In Abb. 316-8 ist die zulässige mittlere, lokale Luft-          Behaglichkeitsindex PMV und Unzufrieden-
geschwindigkeit für verschiedene lokale Lufttem-                heitsrate PPD
peraturen am Arbeitsplatz dargestellt. Annahmen:                Aus den nachfolgenden sechs Parametern wird
Turbulenz = 50%, Zugluftrisiko DR = 15% (mecha-                 anhand einer komplexen, empirischen Formel, der
nische Lüftung), DR = 20% (natürliche Lüftung),                 sogenannten «FANGER-Gleichung», der Behag-

 Relative Luftfeuchte
                                                    Untere und obere Feuchtegrenze
 gemäss Auslegungskriterien SNR592024
                                                    SN 546382/1 (massenbezogen, g Wasser pro kg Luft)
 für Büros
 Winter                                             Untere Grenze: 4.9 g/kg: entspricht ≈ mind. 30 %, bei
 (Heizperiode)                                      Temperatur < 21 °C
  ≥ 30 % bis 50%
                                                    obere Grenze: 13.7 g/kg: → entspricht max. ≈ 62 % bei
 Sommer                                             Temperatur > 26 °C
 (Kühlperiode)
 40 bis ≤ 60 %                                      Achtung: Schwülegrenze (12.4 g/kg)
                                                    → siehe Kapitel Raumluftfeuchte: max. 55% bei 26°C
Abb. 316-7: Richtwerte für die relative Luftfeuchtigkeit in Büros (physiologische Basis) und berechnete Temperaturgrenzen auf
Basis der SN 546 382/1) für CH Mittelland: 400 m ü. M. / Absolutdruck p = 966 hPa

316 - 8
Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz
                    2. Kapitel: Besondere Anforderungen des Gesundheitsschutzes                               Art. 16
                     2. Abschnitt: Beleuchtung, Raumklima, Lärm und Vibrationen
                                          Art. 16 Raumklima

lichkeitsindex PMV-Wert (predicted mean vote =                       male thermische Behaglichkeit. Statistisch betrach-
vorausgesagtes mittleres Votum) berechnet:                           tet gibt es selbst bei optimalen Klimabedingungen
 • Globetemperatur, Strahlungstemperatur (°C)                        stets 5% Unzufriedene!
                                                                     Die Berechnungen stützen sich ab auf wissen-
 • Lufttemperatur (°C)
                                                                     schaftliche Erhebungsdaten von Personen aus den
 • Luftfeuchte (%)                                                   Achtzigerjahren, die ihre Behaglichkeit bei unter-
 • Luftgeschwindigkeit (m/s)                                         schiedlichen experimentellen Klimabedingungen
                                                                     subjektiv bewerteten. Diese führten zur späteren
 • Aktivität: met-Wert (-)
                                                                     Norm SN EN ISO 7730 (vgl. SN 520 180).
 • Bekleidung: clo-Wert (-)
Er liegt im Regelfall zwischen -3 bis +3. Der Wert                   Kategorien
0 ist der Neutralwert, er entspricht der optimalen                   Für Büros ist eine Raumkategorie B, mit einer Un-
Behaglichkeit. Der ebenfalls berechnete PPD-Wert                     zufriedenheitsrate von ≤ 10% PPD (Kategorie B)
(percentage persons dissatisfied = vorausgesagter                    bzw. ein PMV-Wert zwischen -0.5 (leicht kühl) und
Prozentsatz an Unzufriedenen) gibt den Prozent-                      +0.5 (leicht warm) erstrebenswert. Die PMV/PPD-
satz an, der mit dem Raumklima unzufriedenen                         Bewertungen gelten für Ganzkörper. Deshalb ist
Personen. Ein PPD-Wert von 5% korrespondiert                         unter Umständen auch noch die lokale Unbehag-
mit dem PMV-Wert 0 und widerspiegelt eine opti-                      lichkeit (z.B. Kopf/Nacken) zu bestimmen. Luftqua-
                                                                     lität «Kohlendioxid CO2»

Abb. 316-8: Zulässige mittlere, lokale Raumluftgeschwindigkeit am Arbeitsplatz, in Abhängigkeit von der lokalen
Lufttemperatur für mechanische, natürliche Lüftung und empfindliche Personen und Arbeitszonen

SECO, August 2020                                                                                                 316 - 9
Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz
    Art. 16                                        2. Kapitel: Besondere Anforderungen des Gesundheitsschutzes
                                                    2. Abschnitt: Beleuchtung, Raumklima, Lärm und Vibrationen
                                                                         Art. 16 Raumklima

Luftqualität «Kohlendioxid CO2»                                     O2 von ca. 180’000 ppm veratmet. Der O2-An-
                                                                    teil in der Luft beträgt 21 % und wird im Regel-
In von Menschen belegten Räumen ohne Schad-                         fall durch den Aufenthalt von Menschen nicht we-
stoffquellen wird Kohlendioxid (CO2) als Indika-
tor für die Luftqualität herangezogen. Die Zu-
sammenstellung (unten) der Luftbeschaffenheit                            PMV                            Behaglichkeit
von CO2 und Sauerstoff (O2) zeigt, dass der Sau-                              -3                            kalt
erstoffverbrauch in einem Raum durch Personen
                                                                              -2                            kühl
auf Grund der hohen Konzentration von O2 nur
unbedeutend abnimmt. (Ausnahmen: Brand, klei-                                 -1                        etwas zu kühl
ner Raum, hohe und sehr lange Belegung ohne                                   0               Neutral (→ 5% Unzufriedene!)
Luftaustausch).                                                           +1                            etwas zu warm
Luftzusammensetzung:                                                      +2                                warm
 Aussenluft / «Grundpegel»            Ausatmungsluft
                                                                              3                             heiss
 Sauerstoff: 21% = 210’000 ppm        18% = 180’000 ppm
                                                                    Abb. 316-9: Predicted mean vote PMV; Vorhersage der Be-
 Kohlendioxid 0.04% = 400 ppm         4% = 40’000 ppm               haglichkeit (gemäss SN EN ISO 7730)
 Luftverbrauch bei der Atmung (ruhig sitzend): ca. 10 Liter
 Luft pro Minute.
                                                                     Raumkategorie                PPD [%]            PMV [ - ]

Der CO2-Grundpegel in der Aussenluft oder in un-                     Kategorie A                    ≤6              -0.2 … +0.2
verbrauchter Raumluft beträgt ca. 0.04 % Volu-                       Kategorie B                   ≤ 10             -0.5 ... +0.5
menprozent (400 ppm CO2) und für Sauerstoff O2                       Kategorie C                   ≤ 15             -0.7 … +0.7
ca. 21 % (ca. 210’000 ppm). Bei normaler Bürotä-
                                                                    Abb. 316-10: Definition von Kategorien für PPD (=Prozent-
tigkeit werden je Person ca. 18-22 l/h CO2 mit ei-                  satz der unzufriedenen Personen) und PMV (Predicted Mean
ner CO2 Konzentration von ca. 35’000 ppm und                        Vote) (gemäss SN EN ISO 7730)

                                                          zulässiger
                                                           Bereich
                           100
                            60
                            40
                    PPD
                    in % 20

                             10
                              8
                              6
                              4
                   - 3,0     - 2,0 - 1,5 -1,0 -0,5              0       0,5        1,0      1,5   2,0      3,0
                    kalt      kühl           leicht           neutral              leicht         warm     heiss
                                              kühl            optimal              warm
                                                               PMV
Abb. 316-11: Zusammenhang PMV und PPD und zulässiger Bereich für Kategorie B mit PPD < 10 %.
(gemäss SN EN ISO 7730)

316 - 10
Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz
                    2. Kapitel: Besondere Anforderungen des Gesundheitsschutzes                                Art. 16
                     2. Abschnitt: Beleuchtung, Raumklima, Lärm und Vibrationen
                                          Art. 16 Raumklima

sentlich reduziert2. 1’000 ppm CO2 reduzieren den                    Hitzebelastung in Gebäuden
O2-Anteil um lediglich 0.1 %.
Die CO2 -Konzentration liegt in mechanisch belüf-
                                                                     während Hitzeperioden
teten Räumen - bei Einhaltung der Luftraten und                      Beim Arbeiten in Räumlichkeiten ohne Kühlungs-
Belegung- innerhalb der Grenzen für die entspre-                     möglichkeiten können während Hitzeperioden ge-
chende Raumluftqualität (RAL) (vgl. Abb. 316-4                       sundheitliche Hitzebeschwerden auftreten. Eini-
und SN 546 302/1).                                                   ge Personengruppen sind besonders empfindlich,
In natürlich belüfteten Räumen kann die CO2-Kon-                     z.B. Schwangere, Untergewichtige, Übergewich-
zentration je nach Belegung und Raumdichtigkeit                      tige und ältere Arbeitnehmende. Bei Raumtem-
rasch ansteigen. Ein geeignetes Lüftungsregime                       peraturen über 30 °C ist eine erhöhte Aufmerk-
ist daher notwendig. Spätestens bei Erreichen von                    samkeit nötig, da Hitzebeschwerden relativ schnell
2’000 ppm ist intensives Lüften angesagt.                            auftreten können. Frisches Wasser sollte immer zur
                                                                     Verfügung stehen. Das Arbeiten in nicht klimati-
2
  Im Vergleich dazu bewegen sich die O2-Konzentrationen in           sierten Fahrerkabinen (z.B. Busse, Nutzfahrzeuge,
industriellen, sauerstoffreduzierten Räumen je nach Anwen-
dung bei 13 bis 17 %.)                                               Trams, Krananlagen, Lokomotiven) gehört zu den

                                         1                                                 4
                                                                         3
                                                      2

Abb. 316-12: Messeinheit für die Messung des Raumklimas: Messsensoren von links nach rechts:
Globe- Thermometer (schwarze Kugel) (1), Sensor für CO2 (2), Sensoren für rel. Feuchte, Lufttemperatur und Luftdruck (3),
Sensor für Luftgeschwindigkeit (4).

SECO, August 2020                                                                                                 316 - 11
Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz
    Art. 16                              2. Kapitel: Besondere Anforderungen des Gesundheitsschutzes
                                          2. Abschnitt: Beleuchtung, Raumklima, Lärm und Vibrationen
                                                               Art. 16 Raumklima

klimatisch beschwerlichen Tätigkeiten und erfor-       eine korrigierte Temperatur (z.B. WBGT) oder ana-
dert besondere Schutzmassnahmen, da die Kabi-          lytisch ein Klimaindex (z.B. Humidex, PMV, PPD) er-
nentemperatur deutlich über der Aussentempera-         mittelt werden. Der korrigierten Temperatur bzw.
tur liegen kann. Der Kreislauf wird dadurch stark      dem Index ist eine spezifische Risikokategorie zu-
belastet und die Aufmerksamkeit beeinträchtigt.        geordnet mit entsprechenden Schutzmassnahmen
Fahrerkabinen sollten deshalb nach Möglichkeit         für den Betrieb.
mit Klimaanlagen ausgerüstet sein oder es sind         Weiterführende Informationen erteilen die Durch-
kompensatorische Massnahmen zu treffen (z.B.           führungsorgane der Kantone und das SECO.
Pausenregelung, Getränke).
                                                       Referenzen
                                                       Normen:
Hitze-Index zur Einschätzung der                        • Norm SN 520 180 «Wärmeschutz, Feuchte-
Hitzebelastung                                            schutz und Raumklima in Gebäuden»
                                                        • Norm SN 546 382/1 «Lüftungs- und Klimaan-
Die Anwendung von Hitzeindices (z.B. HUMIDEX,
                                                          lagen - Allgemeine Grundlagen und Anforde-
WBGT), welche die gefühlte Temperatur auf Ba-
                                                          rungen»
sis der gemessenen Lufttemperatur sowie der re-
lativen Luftfeuchte und anderer Messgrössen (z.B.       • Norm SN EN ISO 7726 «Umgebungsklima - In-
Luftgeschwindigkeit) beschreiben, stellt zur Be-          strumente zur Messung physikalischer Grös-
urteilung der Hitzebelastung ein nützliches Inst-         sen»
rument dar. Diese Faktoren wirken über die kör-         • Norm SN EN ISO 7730 «Ergonomie der thermi-
pereigene Thermoregulation, insbesondere des              schen Umgebung – Analytische Bestimmung
Schwitzens, und haben eine massgebliche Wir-              und Interpretation der thermischen Behaglich-
kung auf das Wohlbefinden. Eine hohe Luftfeuchte          keit durch Berechnung des PMV- und des PPD-
behindert beispielweise die Transpiration über die        Indexes und Kriterien der lokalen thermischen
Haut und wird daher in Kombination mit einer er-          Behaglichkeit»
höhten Lufttemperatur als schwüle Hitze wahrge-         • Norm SN EN ISO 7243 «Ergonomie der ther-
nommen. Diese belastet den Kreislauf wesentlich           mischen Umgebung- Ermittlung der Wärme-
stärker als trockene Hitze, weshalb beispielswei-         belastung durch den WBGT- Index (Wet Bulb
se in Wüstengegenden Temperaturen über 40 °C              Globe Temperature)» (ISO 7243)
wesentlich leichter durch den Organismus verkraf-
tet werden können, als der Aufenthalt in Regen-        Schweizer Regel:
wäldern mit 100 % r.F., trotz «moderateren» Tem-
                                                        • SNR (Schweizer Regel) 592024 SIA «Raum-
peraturen um 30 °C. Das Risiko der Hitzebelastung
                                                          nutzungsdaten für die Energie- und Gebäude-
erhöht sich in dem Masse wie die Lufttemperatur
                                                          technik»
und die Luftfeuchte zunehmen. Ein Hitze-Index ist
Ausdruck dafür, wie diese Faktoren in ihrer Kombi-
nation auf das tatsächliche Temperaturempfinden        Merkblätter, Flyer; Broschüren:
und Wohlbefinden einer Person Einfluss nehmen.          • Merkblatt SECO «Büroarbeit bei Hitze»
Für Hitzeperioden und Tätigkeiten in Gebäuden           • Merkblatt Suva 44 021 «Luftbefeuchtung»
erlauben sogenannte Klimaindices eine verein-
fachte grobe Abschätzung der thermischen Belas-         • Luftbefeuchtung - Merkblatt für Fachleu-
tung unter gewissen Annahmen.                             te der Lüftungsbranche, der Architektur und
Mit solchen Methoden kann entweder empirisch              des Ge-bäudebetriebs, BFE, Nr. 805.162.1D,
                                                          www.bundespublikationen.admin.ch

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