Assistierte Ausbildung - Ein erfolgreiches Praxismodell zur intensiven Ausbildungsvorbereitung und -begleitung
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GESAMTVERBAND Bundeskoordination Jugendsozialarbeit Assistierte Ausbildung Ein erfolgreiches Praxismodell zur intensiven Ausbildungsvorbereitung und -begleitung Hrsg. Der Paritätische Gesamtverband Fachveröffentlichung 3 / 2013
GESAMTVERBAND Bundeskoordination Jugendsozialarbeit Inhalt Wir möchten Anregungen geben ........................................................................................................................................ 2 Birgit Beierling, Fachreferentin Jugendsozialarbeit im Paritätischen Gesamtverband Assistierte Ausbildung: Ideen, Chancen und Erfahrungen ............................................................................................. 4 Berndt Korten & Ralf Nuglisch, Der Paritätische Baden-Württemberg, Stuttgart 1. Idee ......................................................................................................................................................................................... 4 1.1 Leitgedanken der Assistierten Ausbildung .................................................................................................................................. 4 1.2 Modell Assistierte Ausbildung .......................................................................................................................................................... 6 1.3 Assistierte Ausbildung – ein Angebot der Jugendsozialarbeit – Grundlegende pädagogische Haltungen und Schlüsselprozesse .................................................................................................................................................................................. 8 1.4 Kooperation mit Betrieben .............................................................................................................................................................. 10 2. Chancen ............................................................................................................................................................................... 12 2.1 Innovationspotenzial der Assistierten Ausbildung ................................................................................................................. 12 2.2 Effizienzgewinne in der Ausbildungsförderung ....................................................................................................................... 12 2.3 Anschlussfähigkeit im System der Ausbildungsförderung .................................................................................................. 13 Praxiserfahrung carpo – Transferprojekt für assistierte Ausbildung in Baden-Württemberg (2008 bis 2011) ... 14 Berndt Korten & Ralf Nuglisch, Der Paritätische Baden-Württemberg, Stuttgart Mehr Jugendlichen das Angebot der Assistierten Ausbildung unterbreiten! ........................................................... 16 Birgit Beierling, Fachreferentin Jugendsozialarbeit im Paritätischen Gesamtverband Impressum ........................................................................................................................................................................................................ 17 Wir möchten Anregungen geben... Seit vielen Jahren begleitet der Paritätische Gesamtver- zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze. Der be- band die Praxiserfahrungen der Assistierten Ausbildung vorstehende Fachkräftemangel ist in aller Munde. Aber in Baden-Württemberg mit den Projekten DIANA und profitieren von dieser – regional und branchenspezifisch carpo und versucht auf Bundesebene und in weiteren sehr unterschiedlichen – Situation junge Menschen mit Bundesländern eine Verbreiterung des Angebotes einer erhöhtem Förderbedarf? Im Wesentlichen sind es eher individuell und intensiv begleiteten, flexibel gestaltbaren die Schülerinnen und Schüler mit guten Noten, deren dualen Ausbildung von jungen benachteiligten Men- Auswahl an Ausbildungsplatzmöglichkeiten sich nun ver- schen zu unterstützen. größert hat. Wie kann es dennoch gelingen die Jugend- lichen mit schlechtem oder gar keinem Schulabschluss, Zwei aktuelle Fragestellungen in der Jugendsozialarbeit Migrant/-innen und/oder Schulabgänger/-innen mit per- sind es nun, die uns veranlassen, eine Fachveröffentli- sönlichem Entwicklungsbedarf einer Regelausbildung chung zu diesem Thema zu erstellen: näher zu bringen? Wie ist es möglich, ihnen ergänzende Hilfsangebote an die Seite zu stellen, so dass ihnen erneu- te Erlebnisse des Scheiterns erspart bleiben? Richtig ist es, Demographiewandel, Fachkräftemangel – dass es gelingen wird, mehr sozial benachteiligten und wie können die Jugendlichen mit individuell beeinträchtigten Jugendlichen Zugang zur du- alen Ausbildung zu ermöglichen als es in den vergange- Förderbedarf profitieren? nen Jahren der Fall war. Aber es ist doch abzusehen, dass 2 diese Jugendlichen Hilfe benötigen, um die heute nicht Die Anzahl der Schulabgängerinnen und Schulabgänger minder hohen Anforderungen an eine betriebliche Aus- sinkt stetig und nähert sich immer mehr der Anzahl der bildung erfüllen zu können. Zurzeit werden 24,4 Prozent
GESAMTVERBAND Bundeskoordination Jugendsozialarbeit der Ausbildungsverträge vorzeitig aufgelöst. Das betrifft ebene, aber auch auf regionaler Ebene geben, das Modell ca. 150.000 junge Leute1, von denen schätzungsweise die der Assistierten Ausbildung allen jungen Menschen mit Hälfte erfolgreich in der dualen Ausbildung verbleibt und Förderbedarf in Deutschland zur Verfügung zu stellen. als sogenannte Umsteiger eine bessere Ausbildungsalter- native gefunden hat. Bei den anderen Jugendlichen / jun- In dieser Fachveröffentlichung soll das Konzept der As- gen Erwachsenen handelt es sich häufig um junge Men- sistierten Ausbildung als Angebot der Jugendsozial- schen mit niedrigen Schulabschlüssen und Jugendliche arbeit beschrieben und im Kontext der bestehenden mit Migrationshintergrund, die oder deren Ausbildungs- Unterstützungsangebote in der Ausbildungsphase betrieb aus unterschiedlichen Gründen eine Ausbildung von jungen Menschen eingeordnet werden. Es werden ohne Alternative vorzeitig beenden. 2 Leitgedanken benannt, das Modell skizziert, sowie die grundlegenden pädagogischen Haltungen und Schlüs- selprozesse beschrieben. Ein weiteres Kapitel widmet Nachqualifizierungsbedarfe sich intensiv der Kooperation mit Betrieben. Die Fach- veröffentlichung schließt mit den Praxiserfahrungen aus Nach wie vor gibt es ca. 1,5 Millionen junge Menschen dem „Carpo-Transferprojekt für Assistierte Ausbildung in zwischen 20 und 29 Jahren (ca. 2,2 Millionen der 20-34 Baden-Württemberg“ (2008-2011). Hier wird der Erfolg Jährigen) ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Hier der Assistierten Ausbildung noch einmal anschaulich mit sind erhöhte Anstrengungen notwendig, um die „abge- Zahlen unterlegt. hängte Generation“ wieder einzugliedern. Da sogar ca. 80 Prozent dieser Ungelernten über einen Schulabschluss Wir wünschen eine anregende Lektüre! verfügen, steht einer nachträglichen Berufsausbildung von den Voraussetzungen her häufig nichts im Wege.3 Berlin, Juli 2013 Es werden unterschiedliche Modelle der Nachqualifizie- rung für eine inzwischen eher lernentwöhnte Gruppe von jungen Erwachsenen benötigt, die mehrheitlich in eigenen Wohnungen leben und zum Teil schon eigene Familien haben. Wenn es gelingt, diese jungen Erwach- senen in einem „normalen“ Ausbildungsbetrieb mit ent- sprechender Vorbereitung und Unterstützung zu einem Berufsabschluss zu bringen, so wäre das sicher – bei ei- ner entsprechenden Absicherung des Unterhalts – sehr Birgit Beierling Fachreferentin Jugendsozialarbeit begrüßenswert. Dass sich auch eine solche nachträgliche Der Paritätische Gesamtverband Anstrengung zum Berufsabschluss lohnt, sagt uns schon die Erkenntnis, dass ca. 60 Prozent der arbeitslosen Ju- gendlichen im SGB II-Bereich keinen Berufsabschluss haben und die Wahrscheinlichkeit zu längeren Arbeits- loszeiten wächst, wenn kein Berufsabschluss erworben wurde. Beide Ausgangssituationen lassen mehr denn je zuvor über eine das Land Baden-Württemberg überschreitende Praxis der Assistierten Ausbildung nachdenken.4 Mit die- ser Fachveröffentlichung wollen wir eine Anregung für Gespräche und Verhandlungen auf Länder- und Bundes- 1 BIBB Datenreport 2013 (Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2013), S. 183ff 2 BiBB Report 21/2013 S. 13 3 Bundestagsdrucksache 17/12967 „Junge Menschen ohne Berufsabschluss“, S. 21 4 Einige kleinere Projekte auf Basis des Modells der Assistierten Ausbildung sind bereits in anderen Bundesländern auf den Weg gebracht. Das BiBB arbeitet mit einem Modellversuch an Rahmenbedingungen und der Katholische Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit - Deutschland – IN VIA hat mit einem Modellprojekt 3 an mehreren Standorten, aber mit relativ kleiner Teilnehmerzahl ein Modellprojekt der Assistierten Ausbildung in 2012 begonnen und die Teilnehmerzahl wächst kontinuierlich..
GESAMTVERBAND Bundeskoordination Jugendsozialarbeit Assistierte Ausbildung: Ideen, Chancen und Erfahrungen5 Die vorliegende Fachveröffentlichung zeigt die Ideen und Leitgedanken der Assistierten Ausbildung auf. Die Chancen, die die Assistierte Ausbildung mit den ihr inne liegenden Innovationspotenzialen für die Weiterentwicklung der Ausbildungsför- derung bietet, bilden den Abschluss des Beitrags. Auf die Erfahrungen und die Ergebnisse aus dem Projekt carpo in Baden- Württemberg wird in der Bewertung und mit konkreten Zahlen im Kapitel Praxiserfahrungen Bezug genommen. 1. Ideen 1.1 Leitgedanken der Assistierten Ausbildung Die Assistierte Ausbildung steht für einen Ansatz in der persönlichen Berufswünsche und die verlässliche Unter- Ausbildungsförderung, der eine reguläre betriebliche stützung in ihrer individuellen Lebenssituation bewegt Berufsausbildung auf dem allgemeinen Ausbildungs- junge Menschen dazu, sich doch noch für eine Berufsaus- markt mit umfassenden Vorbereitungs- und Unterstüt- bildung zu entscheiden und diese zu einem erfolgreichen zungsangeboten seitens der Jugendberufshilfe flankiert. Abschluss zu führen. Durch diese Angebote gelingt es, auch chancenarmen jungen Menschen, die aufgrund gravierender Ausbil- dungshemmnisse keinen Zugang in den allgemeinen 1.1.2 Ausbildungspotenziale der Wirtschaft nutzen Ausbildungsmarkt finden konnten, eine normale betrieb- und fördern liche Berufsausbildung zu ermöglichen. Die gleichzeitige Beratung und Unterstützung für die Betriebe bei der An- Nach Einschätzung von Fachleuten besetzen fast ein bahnung und Durchführung der Ausbildung ist zentraler Viertel der Betriebe Ausbildungsstellen nicht, weil sie Bestandteil des Konzepts.5 vor allem aufgrund der aus ihrer Erfahrung mangelnden Ausbildungsreife der Bewerberinnen und Bewerber das zu hohe Ausbildungsrisiko scheuen. In der Realität ver- 1.1.1 Betriebliche Ausbildung statt Parallelsystem bergen sich hinter den Gründen, die eine Ausbildung im konkreten Fall verhindern, neben bildungsspezifischen Assistierte Ausbildung rückt die Ausbildungsförderung Problemstellungen vor allem auch soziale Vorbehalte und bewusst ins Zentrum der Erwerbsarbeitsgesellschaft, in Hürden bei jungen Menschen und Betrieben. die Betriebe des allgemeinen Arbeitsmarktes. Statt einer Kompensation fehlender Ausbildungsplätze im Parallel- Die Bewältigung des demografischen Wandels zur Siche- system wird mit der Assistierten Ausbildung das mög- rung des Fachkräftepotenzials für die Wirtschaft und zum liche Höchstmaß an beruflicher und gesellschaftlicher Erhalt unserer sozialen Sicherungssysteme erfordert es Teilhabe erreicht. Junge Menschen, die bislang keinen aber immer dringender, dass auch junge Menschen mit Zugang zur Berufsausbildung finden konnten, werden schlechteren Ausgangsbedingungen und Vermittlungs- vom ersten Tag ihrer Ausbildung an in die Mitte der Er- hemmnissen die Möglichkeit auf eine qualifizierte Berufs- werbsarbeitsgesellschaft geführt und erleben sich als ausbildung im Betrieb erhalten. deren vollwertige und leistungsfähige Mitglieder. Assi- stierte Ausbildung zeigt, dass auch junge Menschen mit Assistierte Ausbildung bietet den Ausbildungsverant- schlechteren Ausgangsvoraussetzungen erfolgreich in wortlichen in den Betrieben und den Berufsschulen einen den betrieblichen Ausbildungsprozess auf dem allgemei- verlässlichen und kompetenten Ansprechpartner für die nen Arbeitsmarkt integriert werden können. individuellen Problemstellungen, die während einer Aus- bildung auftreten. Die Betriebe können sich weitgehend Durch die Option auf echte berufliche Teilhabe ent- auf das Kerngeschäft der fachlichen Ausbildung konzen- wickeln auch junge Menschen mit geringen Chancen trieren und profitieren von motivierten Auszubildenden. auf dem Ausbildungsmarkt eine starke Motivation und So schafft Assistierte Ausbildung durch ihre umfassende Lernbereitschaft. Die Anerkennung und Förderung ihrer und bedarfsgerechte Dienstleistung eine Win-win-Situ- 4 ation für Betriebe, Berufsschulen und Jugendliche und 5 Ein ähnlicher Beitrag von Berndt Korten und Ralf Nuglisch wurde anlässlich der Hochschultage 2013 erarbeitet und wird im bwp@ Spezial 7 unter folgendem Link setzt gleichzeitig Wachstumsimpulse für den betrieb- veröffentlicht werden: http://www.bwpat.de/ht2013/ws12/nuglisch_ws12-ht2013.pdf lichen Ausbildungsmarkt.
GESAMTVERBAND Bundeskoordination Jugendsozialarbeit 1.1.3 Chancengleichheit – Wahlmöglichkeiten schaffen 1.1.4 Normalitäts- und Dienstleistungscharakter Die Durchsetzung von Chancengleichheit braucht Enga- Zwei Prinzipien leiten den konzeptionellen Ansatz der As- gement in jedem Einzelfall. Junge Menschen mit Migra- sistierten Ausbildung: Das Normalitäts- und das Dienst- tionshintergrund, junge Eltern und Alleinerziehende und leistungsprinzip. Die Assistierte Ausbildung versteht sich junge Menschen mit geschlechteruntypischen Berufs- ganz bewusst nicht als Alternative zur Ausbildung auf wünschen brauchen einen besonderen Rückhalt, um ih- dem ersten Arbeitsmarkt. Die Ausbildungsverantwortung ren Weg in eine betriebliche Ausbildung finden zu können. verbleibt – anders als bei außerbetrieblichen Berufsaus- Durch subjektorientierte Förderung kann es gelingen, das bildungen – bei den Betrieben. Der Ausbildungsvertrag Potenzial dieser jungen Menschen für unsere Gesellschaft wird zwischen Betrieb und Auszubildenden geschlossen zu nutzen und gleichzeitig ihren Ressourcen und Unter- und die Betriebe bezahlen die tariflichen oder ander- stützungsbedarfen, die nicht den gängigen Normalitäts- weitig festgesetzten Ausbildungsvergütungen. Unter vorstellungen entsprechen, gerecht zu werden. dem Aspekt des Normalitätsprinzip spielt es eine weitere zentrale Rolle, dass Berufsausbildungen grundsätzlich in Assistierte Ausbildung schafft das hierzu notwendige allen anerkannten dualen Ausbildungsberufen sowie – Vertrauen. Sie orientiert sich dabei an dem modernen so- dem SGB III folgend – in Berufen der Altenpflege absol- zialstaatlichen Prinzip der Inklusion. Passende Rahmen- viert werden können. bedingungen, wie z.B. die Möglichkeit zu Ausbildungen in Teilzeit, verlässliche Begleitpersonen und -strukturen Mit dem Modell der Assistierten Ausbildung setzen wir der Jugendsozialarbeit, die die gesamte Lebenssituation an der Erfahrung an, dass die Ausbildung benachteilig- der jungen Menschen zum Gegenstand haben, sind ein ter Jugendlicher einerseits professionelle Unterstützung starkes Signal und ein tragfähiges Angebot an diese jun- braucht, andererseits aber die beteiligten Betriebe und gen Frauen und Männer. Jugendlichen nicht zu einem Objekt der Hilfeleistung werden dürfen. Die Akteure der Ausbildung – Jugend- liche und Betriebe – müssen sich sicher sein können, dass sie im Rahmen einer „ganz normalen“ Ausbildung selbst das Heft des Handelns in den Händen halten. Die Jugend- berufshilfe übernimmt so die Rolle eines Dienstleisters, der mit einem gleichermaßen an den Bedarfen der jun- gen Menschen und der Betriebe orientierten Unterstüt- zungsangebot dafür sorgt, dass Ausbildungsverhältnisse zustande kommen und erfolgreich verlaufen. 5
GESAMTVERBAND Bundeskoordination Jugendsozialarbeit 1.2 Modell Assistierte Ausbildung 1.2.1 Das kooperative Dreieck Betrieb und Jugendliche/-r schließen einen regulären Ausbildungsvertrag mit allen Rechten und Pflichten. In der Assistierten Ausbildung bilden Jugendliche/-r, Be- Zusätzlich werden Kooperationsvereinbarungen zwi- trieb und Projektträger ein Dreieck, in dem die Aufgaben schen Projektträger und Betrieb bzw. Projektträger und und Verantwortlichkeiten durch Kooperationsverein- Jugendlichem/-er geschlossen, die die wichtigsten Ver- barungen verteilt sind. bindlichkeiten und Aufgaben regeln. Abb. 1: Basis und Eckpfeiler der Assistierten Ausbildung 1.2.2 Varianten der Ausbildung Um auf die unterschiedlichen Lebenssituationen und Le- Besondere Unterstützung erfahren Jugendliche, die sich bensentwürfe angemessen reagieren zu können, bietet für einen geschlechteruntypischen Beruf entscheiden. die Assistierte Ausbildung verschiedene Ausbildungs- Diese Entscheidung erfordert oft Mut, und da ist Rücken- varianten an: Vollzeitausbildung und Teilzeitausbildung, deckung durch eine vertraute Ansprechperson hilfreich. konventionell und geschlechteruntypisch. Sowohl in der Vorbereitungsphase wie auch in der Aus- bildungszeit können junge Menschen vor allem durch Auch junge Mütter und Väter sollen die Chance haben, ei- Reflexionen über die Geschlechterrollen als auch durch nen Beruf zu erlernen. Damit sie Familie und Ausbildung praktische Hilfen unterstützt werden. besser miteinander vereinbaren können, wird Assistierte Ausbildung als Vollzeit- und Teilzeitausbildung angeboten. 6 Abb. 2: Rahmen und Varianten der Assistierten Ausbildung
GESAMTVERBAND Bundeskoordination Jugendsozialarbeit 1.2.3 Flexible und passgenaue Dienstleistungen – 1.2.5 Phasen: Vorbereitung und Ausbildungs- aus einer Hand begleitung Dem Assistenzbegriff und Dienstleistungsgedanken fol- Das Gesamtangebot der Assistierten Ausbildung besteht gend, ist es für den Erfolg des Ausbildungsprozesses der aus der Kombination einer intensiven, bis zu neun Mo- jungen Menschen maßgeblich, dass sie als eigenständige naten dauernden Vorbereitungsphase und der anschlie- und verantwortungsfähige Akteure ernstgenommen ßenden Ausbildungsbegleitung über den gesamten Zeit- werden und ihnen gegenüber dieses Unterstützungsver- raum bis zum Abschluss der Ausbildung. ständnis ebenso konsequent widergespiegelt wie auch eingefordert wird. Damit dies gelingen kann, ist aller Er- Die Vorbereitungsphase zielt darauf, die Jugendlichen in fahrung nach eine vertrauensvolle und dauerhafte Bezie- eine Ausbildung zu vermitteln. Die Jugendlichen sollen hung zwischen Jugendlichen und Mitarbeiter/-innen der durch das Reflektieren der eigenen Stärken und Schwä- Jugendberufshilfe unabdingbar. Gegenüber den Betrie- chen und der eigenen Lebenssituation sowie durch das ben gilt dies analog. Kennenlernen verschiedener beruflicher Optionen eine bewusste Wahl für „ihren“ Beruf treffen können. Dazu Das Dienstleistungsverständnis in der Assistierten Ausbil- durchlaufen sie verschiedene Schritte, mit denen sie ihre dung ist also im Wesentlichen durch folgende Charakteris- individuellen Potenziale und Ressourcen sowie die beruf- tika gekennzeichnet: lichen und sozialen Kompetenzen feststellen und analy- sieren können. Dazu werden die gängigen Verfahren und Verlässlichkeit und Kontinuität des Dienstleistungsan- Analyseinstrumente eingesetzt bzw. berücksichtigt. Mit- gebotes für Jugendliche und Betriebe mit einer festen tels Gruppenarbeit und individueller Beratung sowie Be- Ansprechperson; gleitung geht es darum, die allgemeinen beruflichen und sozialen Kompetenzen optimal zu fördern und die Schwä- bedarfsgerechte und umfassende Dienstleistungen, chen zu minimieren. Mit dem Instrument der Förderpla- die individuell auf die Betriebe und Jugendlichen ab- nung werden die individuellen Ziele sowie Maßnahmen gestimmt werden; der Beratung und Begleitung vereinbart, dokumentiert und regelmäßig überprüft. hohe Flexibilität, um auf wechselnde Anforderungen situationsgerecht reagieren zu können; Einen hohen Stellenwert nimmt das Praktikum ein. Es dient zum einen der Orientierung in der Berufswahl. individuelle Orientierung, die Jugendliche und Be- Zum anderen bietet es die Chance, konkrete berufsprak- triebe als zentrale Akteure der Berufsausbildung ernst tische Erfahrungen zu sammeln. Besondere Bedeutung nimmt und fordert. bekommt es als gezieltes Betriebspraktikum in einem passgenau ausgesuchten Betrieb mit dem Ziel, einen „Klebeeffekt“ für den Jugendlichen und den Betrieb her- 1.2.4 Zielgruppen beizuführen. Zielgruppe der Assistierten Ausbildung sind junge Men- Zu Beginn der Ausbildung wird der Betrieb ausführlich schen mit besonderem Förderbedarf, die noch keine über die Assistierte Ausbildung informiert. Während der Erstausbildung abgeschlossen haben. Zur Zielgruppe Ausbildung finden regelmäßig Reflexionsgespräche mit gehören insbesondere Altbewerber/-innen, d.h. Jugend- den relevanten Akteuren in den Betrieben statt. Regelmä- liche, die mindestens ein Jahr nach Ende der allgemei- ßige Kontakte der Jugendberufshilfe zum Betrieb und zur nen Schulzeit keine Ausbildung begonnen haben, junge Berufsschule gewährleisten den erfolgreichen Verlauf der Mütter und Väter, junge Menschen mit Migrationshinter- Ausbildung. Auftauchende Schwierigkeiten im Betrieb, in grund und mit geschlechteruntypischer Berufswahl. der Berufsschule oder im persönlichen Bereich werden möglichst frühzeitig erkannt und bearbeitet, erforder- Die Teilnahme an der Assistierten Ausbildung erfordert liche Unterstützungen werden organisiert. Bei Bedarf von den Teilnehmer/-innen eine zumindest grundle- übernimmt der Jugendberufshilfeträger auch Teile des gende Motivation zur Ausbildung. Auf dieser Grundlage Ausbildungsmanagements. können dann im Laufe der Vorbereitungsphase Basiskom- petenzen und fachlich-berufliche Kompetenzen trainiert 7 werden. Akute Suchtproblematiken und diagnostizierte psychische Störungsbilder schließen eine Teilnahme aus.
GESAMTVERBAND Bundeskoordination Jugendsozialarbeit 1.3 Assistierte Ausbildung – ein Angebot der Jugendsozialarbeit – Grundlegende pädagogische Haltungen und Schlüsselprozesse Die Erfahrung zeigt, dass junge Menschen mit Förder- Wertschätzung und das Gefühl, als Person mit den eige- bedarf Abwertungserfahrungen aus der Schule und ih- nen Wünschen und Bedürfnissen ernst genommen zu rem problematischen Übergang von Schule in den Beruf werden. Sie brauchen das Vertrauen Dritter, dass sie „es mitbringen. Diese Enttäuschungen schlagen sich zumeist schaffen können“. Ohne Beziehung bleiben die Jugend- im Selbstbild nieder und führen zur Reduzierung des lichen nur auf sich angewiesen. Für all die Herausforde- Selbstvertrauens bis hin zur Verweigerung, eine qualifi- rungen, die auf die Jugendlichen im Verlauf der Ausbil- zierte Berufslaufbahn einzuschlagen. dungsfindung und Ausbildung zukommen, brauchen sie jemanden, der ihnen zur Seite steht und eine belastbare Zentrale Funktionselemente in der Assistierten Ausbil- Beziehung bietet. dung sind die im Folgenden beschriebenen pädago- gischen Schlüsselprozesse, sie fußen auf pädagogischen uthentizität und Standhaftigkeit – A Grundhaltungen, die für die Assistierte Ausbildung kenn- „Den Jugendlichen ein Gegenüber bieten“ zeichnend sind. Die Mitarbeiter/-innen in der Assistierten Ausbildung sind herausgefordert, den Jugendlichen ein Gegenüber 1.3.1 Pädagogische Grundhaltungen zu bieten. Ein Gegenüber, mit dem sie ihre Erfahrungen verarbeiten und eigene Standpunkte und Haltungen ent- igenverantwortung und Selbstbestimmung – E wickeln können. An dem sie sich abarbeiten und mit dem „Jugendliche als Akteure ihres Lebensentwurfs“ sie Auseinandersetzungen führen können. Ein Gegen- über, bei dem sie wissen, woran sie sind und der Sicher- Die Ausübung von Eigenverantwortlichkeit und Selbst- heit bietet. Dazu gehört die Fähigkeit, die Auseinander- bestimmung muss wie jede andere Fähigkeit auch er- setzung um Ansichten und Verhaltensweisen, um Werte lernt und im alltäglichen Leben immer wieder geübt und Kommunikationsformen, um Anforderungen und werden. Während der Berufsvorbereitung und der Aus- Zumutungen konstruktiv zu führen. Beziehung in diesem bildungsbegleitung in der Assistierten Ausbildung sind Sinne ist nicht nur Basis für die Assistierte Ausbildung, die Jugendlichen Subjekte des eigenen Orientierungs- sondern ein kontinuierlicher Entwicklungsprozess über und Integrationsprozesses. Sie werden als Experten ihres den gesamten Zeitraum der Beratung und Begleitung. Lebens betrachtet, die in dieser Lebensphase professio- neller Assistenz bedürfen. Im Prozess der Berufsfindung orbild und Verlässlichkeit – V werden neue Räume geöffnet, indem die Interessen und „Mut machen und Rücken stärken“ Fähigkeiten der Jugendlichen in den Mittelpunkt gestellt werden. Die Jugendlichen können in diesem Prozess be- Benachteiligte Jugendliche bringen zumeist Abwer- rufsbiografisch tragfähige Optionen entwickeln, die sich tungserfahrungen aus der Schule mit und haben oftmals nicht nur auf die tradierten Berufsbilder beschränken. Da- auch keine positiven beruflichen Vorbilder. Positive Ler- durch entsteht eine hohe Identifizierung mit dem Ausbil- nerfahrungen und -strategien sowie positive berufliche dungsberuf und die Gewissheit, selbst über den Berufs- Vorbilder haben aber eine hohe Bedeutung für die Moti- weg entschieden zu haben. vation und das Bestehen einer Berufsausbildung. ertschätzung und Beziehung – W Wo Vorbilder für Basiskompetenzen fehlen oder Schlüs- „Ohne Beziehung geht gar nichts“ selkompetenzen nicht ausreichend gelernt worden sind, müssen die assistierenden Fachkräfte im Sinne der Nach- Die Jugendlichen als Experten ihres Lebens zu begreifen sozialisation mit der eigenen Person als erwachsenes Vor- bedeutet für das pädagogische Handeln, sie im individu- bild für die Jugendlichen fungieren. Diese Aufgabe erfor- ell möglichen Höchstmaß in ihrer Eigenmotivation und dert eine hohe Bereitschaft zum persönlichen Einlassen Eigenverantwortlichkeit herauszufordern. Voraussetzung auf die Jugendlichen sowie die Fähigkeit zur professio- dafür ist der Aufbau einer tragfähigen Beziehung zwi- nellen Reflexion. Gelingt dies, dann spüren die Jugend- 8 schen Sozialpädagogen und Jugendlichen. Die Jugend- lichen handfeste Unterstützung von Menschen, die sie lichen brauchen das Interesse anderer Menschen an ihrer auf ihrem Lebensweg unterstützen. Person und ihrem Lebensweg. Sie brauchen die spürbare
GESAMTVERBAND Bundeskoordination Jugendsozialarbeit 1.3.2 Pädagogische Schlüsselprozesse Diese Grundhaltungen spiegeln sich in den Schlüsselpro- zessen der alltäglichen Arbeit mit den Jugendlichen und Betrieben wider. Motivieren und Interessieren Ausprobieren und überprüfen Eigenmotivation ist eine der zentralen Voraussetzungen, Träume, Wünsche und Visionen brauchen zu ihrer Reali- um sich auf den Weg zu machen, eine Ausbildung mit sierung ihren Gegenpol, mit dem sie auf Realisierbarkeit Erfolg zu beginnen und später erfolgreich durchstehen geprüft werden können. Bringen die Jugendlichen genü- zu können. Bei den Jugendlichen, die nur eine schwache gend Kompetenzen mit, um diese Ausbildung bestehen Motivation für das Erlernen eines Berufes mitbringen, zu können? Welche Fähigkeiten und Kenntnisse müssen geht es darum, das Interesse zu wecken, möglichst sogar sie sich möglichst noch vor der Ausbildung aneignen, Begeisterung zu entfachen. Die Kunst der Mitarbeiter/-in- um eine Chance zu haben? Sind die Bedingungen gege- nen besteht darin, die Momente der auftauchenden Neu- ben (z.B. gesicherte Kinderbetreuung bei jungen Eltern), gierde und Begeisterung aufzuspüren; sensibel wahrzu- um den Ausbildungsalltag mit all seinen Anforderungen nehmen, woran Interesse aufflackert. Wenn das Interesse durchzuhalten? Können sie einen Betrieb für ihren beson- der Jugendlichen an einer Ausbildung fehlt oder nur sehr deren Berufswunsch in ihrer Wohnortregion finden oder gering ist, besteht die Gefahr, dass sie bei auftauchenden müssen sie dazu den Wohnort wechseln? Schwierigkeiten lieber den bequemer scheinenden Weg wählen und sich zurückziehen. Die Energie der Eigenmo- Auch wenn nicht alles im Vorhinein abgeklärt werden tivation ist eine der Grundvoraussetzungen, um die Aus- kann, es ist doch notwendig, zumindest die elementaren bildung zu schaffen. Voraussetzungen und Bedingungen für das Gelingen ei- ner Ausbildung zu prüfen. Die Vorbereitung auf betrieb- Analysieren und bewusst werden liche Erwartungen, Abläufe und Strukturen ist hier ein wichtiger Bestandteil, die u.a. über intensiv vorbereitete, Es geht darum, dass sich die Jugendlichen ein bewusstes begleitete und später ausgewertete Betriebspraktika rea- Bild über ihre Lebenssituation, ihre beruflichen Kompe- lisiert wird. tenzen und Vorstellungen verschaffen und sie mit den Bedingungen des lokalen Marktes abgleichen. Die erfolg- Verwirklichen und stabilisieren reiche Suche nach einem geeigneten Ausbildungsplatz ist in hohem Maße von dem erarbeiteten Wissen abhän- Im letzten Schritt geht es nun um die Verwirklichung des gig, welcher Ausbildungsplatz zu den eigenen Kompe- Berufswunsches. Vielleicht stellt sich heraus, dass nicht tenzen und Vorstellungen passen könnte. der vorrangige, aber immerhin doch der zweite Berufs- wunsch verwirklicht werden kann. Vielleicht muss auch Aufgabe der Sozialpädagog/-innen ist es dabei vor allem, noch eine Runde länger gedreht werden, wenn der Be- die Potenziale der Jugendlichen auszuloten und zu för- trieb doch nicht gepasst hat oder das Praktikum gezeigt dern. Der Fokus wird nicht nur darauf gerichtet, was ist, hat, dass besser andere Berufsalternativen erprobt wer- sondern auch, was werden könnte. Es ist aus unserer den sollten. In jedem Fall beginnt die nächste Phase, in Sicht überprüfenswert, ob es sich bei den Berufswün- der die ersten Erfahrungen mit dem Ausbildungs- und schen eher um vorgegebene Berufsmuster handelt, die Berufsleben gemacht werden. Mit der Ausbildungsbe- Ausdruck einer gewissen Ratlosigkeit sind oder ob sie mit gleitung bietet die Assistierte Ausbildung ein Angebot, Energie und Freude gefüllt sind. Ein Beruf, mit dem sich das in gleichem Maße den Auszubildenden, den Ausbil- die Jugendlichen identifizieren und den sie sich aus ihren dungsbetrieb sowie alle zum Gelingen der Ausbildung Wünschen und Träumen heraus „erarbeitet“ haben, bie- gehörigen Akteure wie Berufsschule, Soziale Dienste, Fa- tet die besten Grundlagen, um auch schwierige Phasen milienangehörige einbezieht. zu bewältigen. 9
GESAMTVERBAND Bundeskoordination Jugendsozialarbeit 1.4 Kooperation mit Betrieben Vor allem kleine und mittlere Unternehmen sehen Vorteile Einen hohen Stellenwert nimmt das Betriebspraktikum in der Kooperation mit der Assistierten Ausbildung. Attrak- ein. Es eignet sich in besonderer Weise dazu, dass der tiv ist für sie, dass sie auf eine ihre Bedarfe zugeschnittene Betrieb prüfen kann, ob er den Jugendlichen für die Dienstleistung zurückgreifen können. Sie wissen, dass sie Ausbildung im eigenen Betrieb für geeignet hält und ob bei allen Fragen und Problemen rund um die Ausbildung der/die Jugendliche zum Betrieb passt. Dass die Motiva- kompetente Partner an ihrer Seite haben, auf die sich ver- tion und die „Chemie stimmt“ sind für viele Betriebe die lassen können. Betriebe schätzen insbesondere folgende entscheidenden Kriterien für die Auswahl der Auszubil- Aspekte im Zusammenhang mit der Assistierten Ausbil- denden. dung: Wie funktioniert die Kooperation? Betriebe bekommen motivierte Auszubildende, die sie im Verlauf der Vorbereitungsphase gut kennen ler- Kern der Kooperation ist der funktionierende Informati- nen konnten. onsaustausch zwischen Jugendberufshilfeträger, Betrieb und Auszubildendem. Was einfach klingt, erweist sich in Das Risiko eines Ausbildungsabbruchs wird durch As- der Praxis oft als schwierig. Die unterschiedlichen Kom- sistierte Ausbildung und die Kooperation mit kompe- munikations- und Sprachstile der Jugendlichen auf der tenten Jugendberufshilfeträgern minimiert. einen und der Ausbildungsverantwortlichen auf der an- deren Seite stehen einer Verständigung oft im Wege. Hier Die Betriebe können sich auf ihr Kerngeschäft Aus- kommt den Mitarbeiter/-innen gleichsam eine Überset- bildung konzentrieren, da sie den Jugendlichen gut zungsaufgabe zu, um eine konstruktive Verständigung begleitet wissen. möglich zu machen. Diese Tätigkeit setzt nicht nur eine gute Intuition und Menschenkenntnis, sondern auch ein Betriebe haben für alle auftretenden Fragen und hohes Maß an Milieu- und Sprachkompetenz voraus. Schwierigkeiten in der Ausbildung einen erfahrenen, engagierten und kompetenten Ansprechpartner zur Anhand des Modells von Dr. Thomas Gericke6 mit der Seite. Unterscheidung in vier Betriebstypen lassen sich die re- levanten Faktoren für die Kooperation mit Jugendberufs- ie Betriebsakquise – Jugendliche und Betriebe D hilfeträgern erläutern. passgenau zusammenbringen Die Erwartungen und Anforderungen an die Auszubil- Grundlagen für eine erfolgreiche Betriebsakquise sind, denden sowie an die Dienstleister der Assistierten Aus- dass die pädagogischen Fachkräfte bildung differieren zwischen den unterschiedlichen Be- trieben teilweise erheblich. Das Dienstleistungsangebot die Jugendlichen während der Vorbereitungsphase muss immer individuell auf den jeweiligen Betrieb und gut kennengelernt haben und so deren Stärken und dessen aktuelle Situation zugeschnitten werden. Schwächen kompetent einschätzen können; Vor dem Hintergrund der Praxiserfahrungen in der As- dabei nicht nur die schulischen und fachlichen Inte- sistierten Ausbildung sind anhand dieser Typisierungen ressen und Fähigkeiten, sondern vor allem auch die Verhaltensleitsätze für den Umgang mit dem jeweiligen sozialen und psychischen Kompetenzen der Jugend- Betriebstyp entstanden: lichen kennen und bewerten können; die Erwartungen, Anforderungen und Vorausset- zungen der Betriebe möglichst genau in Erfahrung bringen und mit den Erwartungen, Kompetenzen und Potenzialen des Jugendlichen abgleichen; eine gute Intuition haben und einschätzen können, 6 Zur näheren Beschreibung verweisen wir auf Dr. Thomas Gericke:“ Duale 10 ob „die Chemie“ zwischen Betrieb, speziell den Aus- Ausbildung für Benachteiligte – eine Untersuchung zur Kooperation von Jugendsozialarbeit und Betrieben“, Übergänge in Arbeit, Band 3, Verlag Deutsches bildungsverantwortlichen und den Jugendlichen Jugendinstitut 2003 stimmt.
GESAMTVERBAND Bundeskoordination Jugendsozialarbeit Leitsätze und Tipps für den jeweiligen Betriebstyp Typ 1: Kleine, traditionelle Handwerks- und Dienst- Typ 3: S elbständige / freie Berufe leistungsbetriebe (z.B. Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerbüro) Es ist wichtig, die Leistung und Position des Chefs im „Wir bieten Ihnen den / die passgenaue Auszubildende/-n“ Betrieb zu würdigen „Ausbildungsferne Probleme bearbeiten wir mit dem / Beratungsangebote und Unterstützungsangebote der Auszubildenden“ sind wichtig, denn ein Kleinbetrieb kann sich nicht um „Wir nehmen ihnen die Berichtsheftpflege und schu- alles kümmern lische Begleitung ab“ Bedenken immer ernst nehmen Der Chef ist wichtig; Wertschätzung, dass er die Anspruch auf „ideale“ Ausbildungsbedingungen ab- Mühen als Ausbilder auf sich nimmt haken Auf die Individualität des Betriebes eingehen; Be- Zeit nehmen für die Betriebskontakte triebsabläufe dürfen durch den Kontakt nicht gestört werden (Pausenzeiten nutzen) Nähe zulassen Kontakte mit der Berufsschule pflegen Wertschätzung für die Produkte des Betriebs zeigen Abgrenzung ist für einen Auszubildenden gegenüber seinem Chef oft schwieriger Typ 4: Mittelständische Traditionsunternehmen Im Kleinbetrieb können vielleicht nicht alle Ausbil- dungsinhalte vermittelt und nicht alle Rechte des Diese Unternehmen mit zumeist hoher unterneh- Azubis durchgesetzt werden merischer sozialer Verantwortlichkeit für die Region nehmen einzelne benachteiligte Jugendliche in ihre Ausbildung auf. Typ 2: Marktorientierte Handwerks- und Dienst- leistungsbetriebe mit einer ausgeprägten Da diese Firmen zumeist eigene hochprofessionali- Betriebs- und Produktphilosophie sierte Ausbildungsabteilungen haben, muss genau- estens geklärt werden, welche Schnittstellen zwi- Betriebe wünschen eine passgenaue Vermittlung, stel- schen Azubi und Betrieb überhaupt offen sind und len hohe Anforderungen an alle Jugendlichen und er- welche Aufgaben dabei dem / der Jugendberufshilfe- warten deren Erfüllung auch von unseren Jugendlichen Mitarbeiter/-in zugeordnet werden. Erst auf Betriebe zugehen, wenn ein klares Profiling des Jugendlichen vorliegt und Stärken und mögliche Die Jugendlichen, die in die Ausbildung aufgenom- Schwächen klar benannt werden können men werden, müssen wie alle anderen Auszubilden- den den hohen Ansprüchen gerecht werden und sich Anforderungsprofil des Betriebes genau erfragen in die Firmenkultur einpassen. Teilnehmer/-innenorientiert arbeiten; nicht der Be- trieb wird unterstützt, sondern dem Jugendlichen Die Kooperation in der Assistierten Ausbildung bietet wird geholfen, ausbildungsferne Probleme vom Be- für diese Betriebe den Vorteil, dass sie die Jugend- trieb fernhalten. Unterstützung, damit er den hohen lichen von einem kompetenten Partner unterstützt Anforderungen gerecht werden kann wissen. Hierarchien im Unternehmen erfragen und beachten Der Jugendliche hat in der Assistierten Ausbildung Klare Rollenabsprachen mit Ausbildern einen externen vertrauten Ansprechpartner für seine Klare Absprache über Kontakthäufigkeit persönlichen Probleme, die damit vom Betrieb fern- gehalten, aber fachkompetent bearbeitet werden. Keine Belehrungen des Betriebes, Ausbildung hat meist ein Konzept auf das man stolz ist 11 Auf ein Praktikum lieber verzichten, wenn das Profil nicht passt; missglückte Praktika schließen oft Türen für länger
GESAMTVERBAND Bundeskoordination Jugendsozialarbeit 2. Chancen 2.1 Innovationspotenzial der Assistierten Ausbildung Für die überwiegende Zahl der jungen Menschen in Fachkräftemangels Ausbildungsplätze nicht, weil die pas- Deutschland ist eine duale Ausbildung der erhoffte und senden Bewerberinnen und Bewerber fehlen und weil meist auch erfolgreiche Einstieg in das Berufsleben. Von ihnen der Aufwand für eine erfolgreiche Ausbildung zu der Aufgaben- und Lastenteilung in der Berufsausbildung hoch oder die erfolgreiche Ausbildung nicht möglich er- zwischen Privatwirtschaft und öffentlicher Hand profi- scheint. Wenn die bewährte Säule der betrieblichen du- tieren beide Seiten immens. Doch auch die Erosionser- alen Ausbildung auch zukünftig das tragende Element scheinungen des dualen Systems sind mittlerweile nicht der Berufsbildung bleiben und ihre hohe gesellschaft- mehr zu übersehen. So finden leider nach wie vor zu viele liche Integrationskraft behalten soll, müssen Problemstel- junge Menschen nur schwer oder gar keinen Zugang zur lungen vorrangig innerhalb des Systems der dualen be- dualen Berufsausbildung. Dies trifft in besonders hohem trieblichen Berufsausbildung gelöst werden. Mehr junge Ausmaß auf junge Migrantinnen und Migranten zu. Die Menschen mit schlechteren Ausgangsbedingungen müs- geschlechtertypische Festlegung der Berufswahl ist ein sen zukünftig die Möglichkeit auf eine Berufsausbildung seit Jahrzehnten bekanntes und immer drängenderes im Betrieb erhalten. Hierzu bietet die Assistierte Ausbil- Problem. Viele Betriebe besetzen trotz des drohenden dung einen in der Praxis erprobten und bewährten Weg. 2.2 Effizienzgewinne in der Ausbildungsförderung Die Berufsausbildungsförderung nimmt einen hohen dungsförderung bei. Durch die reguläre betriebliche Aus- Stellenwert in der Arbeitsmarktpolitik ein. Dies zeigt sich bildungsvergütung entstehen teils erhebliche Einspar- nicht zuletzt in ihren, ohne jeden Zweifel gerechtfertig- möglichkeiten innerhalb der Grundsicherung nach SGB II ten, hohen finanziellen Anteilen in der aktiven Arbeits- sowie der finanziellen Absicherung von Auszubildenden marktförderung. Durch die konsequente Ausrichtung der nach dem SGB III. Auf Maßnahmeebene können durch das Ausbildungsförderung innerhalb des allgemeinen Ausbil- kongruente Förderangebot Warteschleifen und Brüche dungsmarkts, ihr gekoppeltes Angebot der Vorbereitung in der Ausbildungsförderung vermieden werden. Im und der Begleitung einer Berufsausbildung, das Prinzip Sinne einer präventiv ausgerichteten Arbeitsmarkpolitik der passgenauen Dienstleistung für junge Menschen verringert eine erfolgreiche betriebliche Berufsausbildung und Betriebe aus einer Hand und ihre nachhaltigen Inte- auf dem allgemeinen Ausbildungsmarkt die Gefahr grationswirkungen trägt Assistierte Ausbildung zu einem einer längerfristigen oder immer wieder kehrenden besonders effizienten Mitteleinsatz innerhalb der Ausbil- Alimentierung durch sozialstaatliche Leistungen deutlich. 12
GESAMTVERBAND Bundeskoordination Jugendsozialarbeit 2.3. Anschlussfähigkeit im System der Ausbildungsförderung Assistierte Ausbildung passt sich als zeitgemäße Innova- tion in das System der Ausbildungsförderung ein. Dies zeigt die hohe Akzeptanz und die aktive Haltung der jungen Menschen und der Betriebe gegenüber dem An- gebot. Dabei füllt Assistierte Ausbildung gleichsam eine Lücke im vorhandenen Fördersystem und ergänzt die Fördersystematik um eine bislang fehlende Interventi- onsstufe. Abb. 3: Einordnung in das System der Ausbil- dungsförderung Es darf nicht in Zweifel gezogen werden, dass es nach wie In jedem Fall aber muss weiter daran gearbeitet werden, vor viele junge Menschen gibt und geben wird, die für die Förderregularien so durchgängig und flexibel zu ge- ihre Berufsausbildung die intensivere Betreuung und den stalten, wie es das Förderkonzept der assistierten Ausbil- stärker geschützten Rahmen von außerbetrieblichen Be- dung verlangt. rufsausbildungen brauchen. In dem Berufsbildungsseg- ment zwischen ungeförderter Ausbildung und außerbe- trieblicher Ausbildung liegt aber ein bisher ungenutztes Die Autoren: und erhebliches Potenzial für die zukunftsorientierte Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung. Die gesellschaftlichen Herausforderungen und die Aus- differenzierung der Lebenslagen und Teilhabechancen junger Menschen, auf die das Modell eine konstruktive Antwort geben kann, werden in den kommenden Jahren eher zunehmen. Gemessen an den vielfältigen Unterstüt- Dipl. Päd. Berndt Korten Projektkoordination carpo zungsbedarfen junger Menschen und den wachsenden Werkstatt PARITÄT gGmbH Ausbildungserfordernissen in der Wirtschaft bietet sich das Modell für ein übergreifendes Engagement aller Ak- teure an, die für die gesellschaftliche und berufliche In- tegration junger Menschen Verantwortung tragen. Bei der Finanzierung könnten auch weitere Leistungsträger und Förderer einbezogen werden, insbesondere um das breite und flexible Förderspektrum des Angebots zu ge- währleisten. Ob des bevorstehenden Mangels an Auszu- Dipl. Päd. Ralf Nuglisch 13 bildenden und Fachkräften kommen perspektivisch auch Leitung Bereich Arbeit und Qualifizierung Der Paritätische Baden-Württemberg e.V. Mittel aus der Wirtschaft zur Mitfinanzierung in Betracht.
GESAMTVERBAND Bundeskoordination Jugendsozialarbeit Praxiserfahrung: „carpo – Transferprojekt für Assistierte Ausbil- dung in Baden-Württemberg“ (2008 bis 2011) Nach Pilotvorhaben im Verbandsbereich des Diakonischen Vermittlungserfolge – 600 junge Menschen Werks Württemberg wird Assistierte Ausbildung seit 2004 in Ausbildung gebracht in gemeinsamer Verantwortung des Diakonischen Werks Württemberg, des Paritätischen Baden-Württemberg und Seit Beginn des Projektes carpo im Herbst 2008 haben bis der Werkstatt PARITÄT gGmbH in landesweiten Model- zum 31.12.2012 insgesamt 1039 junge Menschen teilge- len an mittlerweile 20 Stadt- und Landkreisen in Baden- nommen, davon waren deutlich über die Hälfte (57,0 %) Württemberg umgesetzt. Auf das vor allem genderorien- junge Frauen. 602 Jugendliche (67,4 % der Frauen) haben tierte Ausbildungsprojekt DIANA (2004 bis 2008) folgte seitdem eine reguläre betriebliche Ausbildung aufge- das umfassendere Projekt „carpo – Transferprojekt für nommen. Assistierte Ausbildung in Baden-Württemberg“ (2008 bis 2011), das nun bis Ende 2014 weiterarbeiten kann. Stand Dezember 2012 wurden rund 1.200 chancenarme junge Frauen und Männer in die Projekte aufgenommen, 750 von ihnen konnten eine assistierte Ausbildung beginnen. Die Projekte werden vom Ministerium für Arbeit und Sozi- alordnung, Familie, Frauen und Senioren Baden-Württem- berg aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds, aus Mit- teln des Landes Baden-Württemberg sowie seit März 2010 von der Bundesagentur für Arbeit und örtlichen Trä- gern der Grundsicherung gefördert. Ergebnisse des Projekts carpo 2008 bis 2012 Die Analyse der Evaluationsdaten zum 31.12.2012 zeigt, dass die Zielgruppen vollständig erreicht wurden. Fast alle Teilnehmenden (92 %) sind Altbewerber/-innen, d.h. sie haben mindestens ein Jahr nach Abschluss der allge- meinbildenden Schule keine Berufsausbildung begon- nen; über die Hälfte (54,1 %) dieser Gruppe war vorher 2 bis 5 Jahre und ein Fünftel (20,2 %) sogar über 5 Jah- Von allen jungen Menschen, die an dem Vorbereitungs- re ohne begonnene Ausbildung. Fast zwei Drittel der angebot zur assistierten Ausbildung seit Herbst 2008 Teilnehmer/-innen (62,3 %) waren direkt vorher arbeitslos teilgenommen haben, begannen bis Ende Dezember gemeldet, davon annähernd ein Drittel (31,2 %) bereits 2012 fast zwei Drittel (63,9 %) eine reguläre betriebliche langzeitarbeitslos. Ausbildung. Von diesen Jugendlichen entschieden sich 90 Prozent für die Assistierte Ausbildung und 10 Prozent Mehr als die Hälfte (55,1 %) der Jugendlichen hat einen Mi- für eine betriebliche Ausbildung ohne Assistenz. Weitere grationshintergrund. Eine Detailanalyse zeigt, dass sie im 5,5 Prozent der Teilnehmenden mündeten in eine au- Verlauf von carpo bei der Vermittlung in Ausbildung und im ßerbetriebliche Berufsausbildung ein, so dass insgesamt Erfolg bei der Abschlussprüfung praktisch ebenso gute Wer- fast 70 Prozent der carpo-Teilnehmer/-innen eine Aus- te erzielen, wie Jugendliche ohne Migrationshintergrund. bildung aufnahmen. 17,6 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer besuchten im Anschluss eine Schule, Junge Frauen und Männer mit Kindern stellen fast ein absolvierten eine Qualifizierungsmaßnahme oder nah- Fünftel (24,2 %) aller Teilnehmenden, fast die Hälfte von men eine Beschäftigung auf. Ohne eine schulische oder 14 ihnen (46,6 %) macht eine Teilzeitausbildung. Genderun- berufliche Perspektive blieben zunächst 13,0 Prozent der typische Berufe haben ein Drittel (33,8 %) aller carpo-Teil- Teilnehmenden. nehmenden gewählt.
GESAMTVERBAND Bundeskoordination Jugendsozialarbeit Erweiterung der beruflichen Möglichkeiten Zusätzliche Ausbildungsplätze in kleinen durch genderorientierte Förderung und mittleren Unternehmen Rund ein Drittel der jungen Frauen und Männer (32,7 %) Seit Herbst 2008 wurden fast ein Fünftel (19,1 %) der as- absolvieren ihre Ausbildung in einem für ihr Geschlecht sistierten Ausbildungsplätze zusätzlich von den Betrie- untypischen Beruf. Die Konzentration der geschlechterty- ben eingerichtet. Dies zeigt das vorhandene Potenzial pischen Berufswahl konnte damit im Zuge der Assistier- der Betriebe für die Ausbildung von jungen Menschen ten Ausbildung ein gutes Stück weit verringert werden, mit schlechteren beruflichen Startchancen. vor allem wenn man die enorme Palette von 91 Berufsbil- dern berücksichtigt, in denen die carpo-Teilnehmenden Das Angebot der Assistierten Ausbildung nehmen in ihre Ausbildung realisieren. Fast jedes zweite Elternpaar besonderem Maße kleine und mittlere Unternehmen in bzw. fast jede zweite Alleinerziehende (46,6 %) entschied Anspruch. 52 Prozent der Unternehmen haben bis zu 20 sich für eine Assistierte Ausbildung in Teilzeit und ermög- Beschäftigte, weitere 22 Prozent zwischen 21 und 100 Be- licht so die bessere Vereinbarkeit von Berufsausbildung schäftigte, d.h. fast Dreiviertel der an Assistierter Ausbil- und Familie. dung beteiligten Unternehmen sind kleine und mittlere Unternehmen. Stabile Ausbildungsverhältnisse Rund ein Drittel der Ausbildungen werden im Handwerk und rund ein Fünftel im Handel absolviert. Im kaufmän- Rund 80 Prozent der Ausbildungsverhältnisse in Assistier- nischen und im Gesundheitsbereich finden je rund 10 ter Ausbildung sind stabil, die Quote der vorzeitig ohne Prozent der Ausbildungen statt. Industrie und Dienst- Abschluss beendeten Ausbildungsverhältnisse liegt der- leistungsberufe sind zu jeweils rund 7 Prozent beteiligt. zeit bei rund 20 Prozent. Gegenüber den Vorjahren (2010: Die restlichen Ausbildungsverhältnisse verteilen sich mit 12 %) verschlechterte sich die Lösungsquote deutlich, je- Anteilen von jeweils weniger als 5 Prozent auf die Wirt- doch konnte immerhin für sechs von zehn dieser jungen schaftsbereiche Gastronomie, Agrar und Verwaltung. Menschen mit vorzeitiger Beendigung mithilfe der Assi- stenz eine schulische oder berufliche Anschlussperspek- tive erarbeitet werden. Im Vergleich zum bundesweiten Durchschnitt der vorzeitigen Vertragsauflösungen in der beruflichen Ausbildung aller Berufe steht die Assistierte Ausbildung mit diesen Zahlen vergleichsweise gut da. Die Autoren: Vor allem, wenn man berücksichtigt, dass in carpo Ju- gendliche mit besonders schwierigen Ausgangslagen Dipl. Päd. Berndt Korten oftmals Ausbildungsverhältnisse in Berufen mit üblicher- Projektkoordination carpo weise überdurchschnittlich hohen Vertragslösungsquo- Werkstatt PARITÄT gGmbH ten eingehen. Dipl. Päd. Ralf Nuglisch Leitung Bereich Arbeit und Qualifizierung Verbleib nach Ausbildungsabschluss Der Paritätische Baden-Württemberg e.V. Mit Stand Ende Dezember 2012 haben von 106 zur Prü- fung zugelassenen Auszubildenden 92,5 Prozent ihre Ausbildung mit Erfolg abgeschlossen. Von ihnen konnten 78 Prozent direkt nach Ablegen der Abschlussprüfung eine Beschäftigung aufnehmen, 53 Prozent im Ausbil- dungsbetrieb und 25 Prozent in einem anderen Betrieb. Eine weitere Ausbildung begannen 7 Prozent, ohne Be- schäftigung blieben 15 Prozent. Diese Werte sehen wir angesichts der teils massiven Problemlagen und Aus- grenzungserfahrungen der Auszubildenden als beson- deren Erfolg für die jungen Menschen an. 15
GESAMTVERBAND Bundeskoordination Jugendsozialarbeit Mehr Jugendlichen das Angebot der Assistierten Ausbildung unterbreiten Anliegen der Bundeskoordination Jugendsozialarbeit ist es, das Modell der Assistierten Ausbildung nicht nur für junge Menschen mit Förderbedarf in Baden-Württemberg anzubieten, sondern auch in andere Bundesländer zu transferieren. Wir hoffen, mit dieser Fachveröffentlichung eine interessante Lektüre über die Grundlagen des Modells der Assistierten Ausbildung erstellt zu haben. Wir wollen Ihnen Mut machen, sich auf den Weg zu begeben, für die jungen Menschen in Ihrem Einzugsgebiet auch ein solches Angebot zu schaffen. Jedoch empfehlen wir bei der Übertragung der Praxiserfah- rungen und Rahmenbedingungen aus Baden-Württemberg auf Folgendes besonders zu achten: Die Assistierte Ausbildung ist ein Förderangebot für Aufgrund der aktuellen Herausforderungen sei aber noch junge Menschen mit Unterstützungsbedarf, in dem auf einige mögliche Anpassungsbedarfe (Personalaus- neben Betrieb und Schule die Jugendsozialarbeit – stattung, Kompetenzen, Finanzierungshöhen…) im Mo- als 3. Akteur – eine tragende Rolle in der dualen / tri- dell hingewiesen: alen Ausbildung spielt. Die Förderung orientiert sich am Bedarf der jungen Menschen, die Jugendsozial- Immer mehr – gerade weibliche – junge Menschen arbeit unterstützt Betriebe, um Ausbildungsverläufe entscheiden sich für eine vollzeitschulische Ausbil- positiv zu beeinflussen. (Sie stellt keine Personalbe- dung. Zudem gehen manche handwerklichen Berufs- schaffungsagentur für Betriebe dar.) ausbildungen dazu über, das erste Ausbildungsjahr in der Berufsschule zu zentrieren und für diesen Zeit- Das Erfolgsrezept der Assistierten Ausbildung be- raum existieren zunehmend noch keine betrieblichen steht aus einer flexiblen, passgenauen und immer Ausbildungsverträge. In beiden Ausgangssituationen wieder neu justierbaren Hilfeleistung für jede/n sollte überlegt werden, ob die jungen Erwachsenen einzelne/n Jugendliche/n. Die Förderstruktur muss dennoch über das Modell der Assistierten Ausbildung so angelegt sein, dass diese Freiheit (Schnelligkeit begleitet und gefördert werden können und hier eher der Entscheidung, unterschiedliche Intensitäten, eine Triade „Schule, Praktikumsbetrieb und Jugend- neue Unterstützungsformen, Teilzeit- und Vollzeit- sozialarbeitsträger“ gebildet werden könnte. ausbildungen etc.) erhalten bleibt. Junge Erwachsene, die längere Zeit ohne Berufsab- Das Modell besteht nicht nur aus der individuellen schluss geblieben sind und sich eine verkürzte Aus- und intensiven Begleitung der Jugendlichen und bildungszeit zutrauen, könnten im Rahmen einer der Betriebe während der betrieblichen Ausbildung, Assistierten Umschulung begleitet werden. Sollten sondern auch aus einer intensiven Vorbereitungs- für diese Personengruppe die Ausbildungszeiten phase, in der die Entwicklung und Überprüfung flexibel gestaltbar sein? Inwieweit können lernent- eines Berufswunsches sowie das Finden und Über- wöhnte Personengruppen mit verkürzten Ausbil- prüfen des geeigneten Betriebes erfolgt. Diese Hil- dungszeiten auskommen und welche spezifischen fen (Berufswahlunterstützung, Matching, Begleitung Unterstützungen brauchen sie dafür? etc.) müssen aus einer Hand erfolgen. Sowohl auf Seiten der Jugendlichen / jungen Erwachsenen als uch die Modelle der Jugendsozialarbeit müssen A auch auf Seiten der Betriebe wachsen hier Vertrau- sich der Prüfung unterziehen, ob sie inklusiv arbei- ensverhältnisse mit den Mitarbeitenden in der Ju- ten. Das Modell der Assistierten Ausbildung eignet gendsozialarbeit, die wesentlich für den Erfolg der sich für einen inklusiven Ansatz besonders, da es eine Arbeit mit verantwortlich sind. individuell angepasste Hilfestellung in einem Regel- system vorsieht. Jedoch können wir auf Erfahrungen Da es sich bei der Assistierten Ausbildung um eine in der erfolgreichen Ausbildungsvorbereitung und gemeinsame Anstrengung von Betrieben, Berufs- -begleitung von jungen Menschen mit Behinderung schulen und Jugendsozialarbeit handelt, liegt hier nicht zurückgreifen. auch eine Herausforderung für eine gemeinsame Finanzierung von der Landesebene und der kom- In allen angerissenen Bereichen gilt es zu prüfen, ob munalen Ebene (Jugendhilfe / Jugendsozialarbeit das Leistungsprofil der Assistierten Ausbildung ange- 16 und Bildungsbereich), ggf. von der Bundesebene passt bzw. erweitert werden muss. Wie kann gewähr- (Arbeitsförderung) sowie von der Privatwirtschaft leistet werden, dass die Förderstruktur (insbesondere und eventuell unter temporärer Zuhilfenahme des Kompetenzen des Personals, Personalausstattung, ESF für die Aufbauzeit. Förderhöhen) so ausgestaltet ist, dass z.B. inklusives Arbeiten qualitativ hochwertig möglich ist?
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