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WIRTSCHAFTSPOLITIK IM FOKUS AUF DEM WEG INS GIGABIT-ZEITALTER DAS TELEKOMMUNIKATIONSMODERNISIERUNGSGESETZ SCHAFFT EINEN MODERNEN RECHTSRAHMEN FÜR DEN TELEKOMMUNIKATIONSMARKT IN DEUTSCHLAND 14 S C H L A G L I C H T E R S E P T E M B E R 2 021
IM FOKUS WIRTSCHAFTSPOLITIK 1 MINDESTENS GIGABIT PRO SEKUNDE S chnelle und zuverlässige Internetzugänge sind für unsere heutige Wirtschaft und Ge- sollen die Netze der sellschaft unverzichtbar. Ob auf dem Land Zukunft ermöglichen. oder in der Stadt: Ohne eine leistungsfähige Inter- netverbindung geht es nicht mehr. Das wird gera- de in Zeiten des Homeoffice, täglicher Videokonfe- renzen und des virtuellen Schulunterrichts in der Pandemie deutlicher denn je. Das Telekommuni kationsmodernisierungsgesetz zur Umsetzung des europäischen Kodex und zur Modernisierung des Das TKMoG betrifft zahlreiche Themenbereiche in Telekommunikationsrechts (TKMoG) leistet einen Verantwortung des BMWi wie die Marktregulierung, wichtigen Beitrag für mehr Geschwindigkeit und den Schutz der Endkunden, das institutionelle Ge- Verlässlichkeit im Internet. füge oder auch den Bereich der öffentlichen Sicher- Den Gesetzentwurf hatten Bundeswirtschafts- heit. In den Kompetenzbereich des Ko-Federführers ministerium (BMWi) und Bundesverkehrsminis- BMVI fallen mit der Frequenzpolitik, den Wege- terium (BMVI) gemeinsam vorgelegt. Bundesrat rechten sowie dem Universaldienst bzw. dem Recht und Bundestag haben mit ihrer Zustimmung im auf schnelles Internet ebenso wichtige Themen, die Frühjahr den Weg frei gemacht, den bisherigen für den Ausbau der digitalen Infrastruktur und für nationalen Rechtsrahmen grundlegend neu zu jus- die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse tieren. Dem vorangegangen war ein sehr intensiver von zentraler Bedeutung sind. Im Rahmen dieses Abstimmungsprozess, der mit der Veröffentli- Artikels legen wir den Fokus auf die Kernthemen 15 chung der Eckpunkte zur Novelle des Telekommu- in BMWi-Zuständigkeit in den Bereichen Markt- nikationsgesetzes im Februar 2019 begann und sei- regulierung und Kundenschutz. S C H L A G L I C H T E R S E P T E M B E R 2 021 nen Abschluss in der Zustimmung des Bundesrates am 7. Mai 2021 fand. VOM „HOCHGESCHWINDIGKEITSNETZ“ Ergebnis ist ein umfangreiches Werk von 230 ZUM „GIGABITNETZ“ neugefassten Paragraphen allein im Telekommuni- kationsgesetz (TKG) und von 57 geänderten weiteren Ganz oben auf der politischen Prioritätenliste steht Gesetzen und Verordnungen. Die neuen Regelungen der schnellere und flächendeckende Ausbau von treten am 1. Dezember 2021 in Kraft, damit sich ins- Gigabitnetzen. Vor diesem Hintergrund wird mit besondere die Telekommunikationsunternehmen dem TKMoG ein Ordnungsrahmen geschaffen, der und die Bundesnetzagentur auf die neuen Rege- wichtige Impulse für Investitionen und Innovatio- lungen einstellen und vorbereiten können. nen setzt, um den marktgetriebenen Ausbau der Das TKMoG stellt einen zeitgemäßen und zu- digitalen Infrastruktur voranzubringen. kunftsorientierten Rechtsrahmen für den deut- Ausgerichtet ist die Regulierung künftig auf IN KÜRZE schen Telekommunikationsmarkt und seine End- einen flächendeckenden Ausbau von Telekommu- kunden dar. Das Gesetz dient dabei in erster Linie nikationsnetzen mit besonders hoher Kapazität. Das neue Gesetz gibt wichtige Im- der Umsetzung des Europäischen Kodex für die Hierbei handelt es sich um Telekommunikations- pulse für Investi- elektronische Kommunikation („Kodex“), der 2018 netze, die Geschwindigkeiten von mindesten einem tionen in den in Kraft getreten ist. Dieser spiegelt die Marktent- Gigabit pro Sekunde (Gbit/s) erreichen können. schnelleren und wicklungen seit der letzten großen Überarbeitung Damit wird auch in regulatorischer Hinsicht die flächendecken- des Rechtsrahmens 2009 wider und ist Weichen- Abkehr vom klassischen Kupferkabel vollzogen: Das den Ausbau von steller für den modernisierten nationalen Tele- bisherige Regulierungsziel von mindestens 50 Me- Gigabitnetzen. kommunikationsrechtsrahmen. gabit pro Sekunde (Mbit/s) wird damit weiterent- wickelt. Der marktgetriebene Wechsel von der alten Kupferkabel- auf die neue Glasfaserwelt wird mit rechtlichen Leitplanken abgesichert, um einen ge- ordneten Übergang für Wettbewerb und Endnutzer zu gewährleisten.
WIRTSCHAFTSPOLITIK IM FOKUS ABBILDUNG 1: VERTEILUNG DER VERMARKTETEN BANDBREITEN bei vertraglich gebuchten Festnetz-Breitbandanschlüssen (in Mio.) 14,1 13,4 MODERNISIERUNG – 9,6 9,1 10,6 VOM STANDARD DER 8,1 ALTEN KUPFERKABEL HIN ZUR NEUEN 2,9 GLASFASERWELT. 2,3 1,0 0,2 < 10 Mbit/s 10 bis < 30 Mbit/s 30 bis < 100 Mbit/s 100 Mbit/s bis < 1 Gbit/s > 1 Gbit/s 2019 2020 Quelle: BNetzA Jahresbericht 2020, S. 55 Zugleich muss ein modernisierter Telekommuni- kationsrechtsrahmen auch mit der technischen Entwicklung Schritt halten. Für die Nutzer spielt es eine zunehmend geringere Rolle, ob sie sich zur dass Nutzer – so, wie sie vom Telekom-Netz ins IN KÜRZE Kommunikation eines „klassischen“ Telekommu- Vodafone-Netz telefonieren oder SMS schreiben nikationsdienstes (Telefon, SMS) bedienen oder ob können – auch vom WhatsApp-Messenger-Dienst Die Kommuni- 16 kation zwischen sie hierfür einen sogenannten Over-the-Top-Dienst zum Telegram-Messenger-Dienst kommunizieren verschiedenen (z. B. Messenger-Dienst) nutzen. Entscheidend ist können, ohne dabei den Anbieter zu wechseln. Al- Messenger- S C H L A G L I C H T E R S E P T E M B E R 2 021 die Funktionalität. lerdings hat der europäische Gesetzgeber hier be- Diensten kann wusst hohe Hürden eingezogen, so dass eine solche in bestimmten VON „NETZ ZU NETZ“ – KÜNFTIG AUCH VON Verpflichtung nur in bestimmten Ausnahmesitua- Fällen angeord- „MESSENGER ZU MESSENGER“? tionen, z. B. wenn die Kommunikation zwischen net werden. Endnutzern nicht ausreichend sichergestellt ist, in Um einen wirksamen Schutz der Endkunden si- Betracht kommen kann. cherzustellen, werden im modernisierten Rechts- rahmen die Begriffsbestimmungen stärker an der Funktionsweise und weniger an der spezifischen technischen Umsetzung ausgerichtet. Der vom Ko- ABBILDUNG 2: ENTWICKLUNG VON DATENVOLUMEN dex neu eingeführte, etwas sperrige Begriff des im Mobilfunk und versendeten Kurznachrichten im Vergleich „nummernunabhängigen interpersonellen Tele- kommunikationsdienstes“ führt dazu, dass künftig auch Messenger-Dienste, E-Mail-Dienste oder Voi- ce over IP-Anwendungen zweifelsfrei vom Rechts- rahmen erfasst werden und die Anbieter dieser Dienste bestimmte Verpflichtungen erfüllen müs- sen, insbesondere in den Bereichen Verbraucher- schutz und Sicherheit. Das TKMoG schafft zudem die Voraussetzun- gen dafür, dass die Bundesnetzagentur die Anbieter von Messenger-Diensten verpflichten kann, ihre Dienste interoperabel auszugestalten. Das bedeutet, Quelle: BNetzA Jahresbericht 2020, S. 65 f.
IM FOKUS WIRTSCHAFTSPOLITIK MARKTREGULIERUNG: IM ZEICHEN DES GIGABITNETZAUSBAUS 30 Wie schnell das neue Gigabitziel erreicht wird, KNAPP hängt in erster Linie von den Marktakteuren ab. Aktuell ist die Marktdynamik hoch: Die Investitio- nen der Unternehmen waren dem Wettbewerber- MILLIONEN verband VATM zufolge im letzten Jahr mit fast zehn Mrd. Euro so hoch wie zuletzt vor 20 Jahren; außerdem hat sich laut VATM die Anzahl gigabit- Anschlüsse sind laut VATM fähiger Anschlüsse seit Ende 2018 von rund elf Mio. zurzeit gigabitfähig. auf knapp 30 Mio. deutlich erhöht – Tendenz wei- ter steigend (Abbildung 3). Diesen dynamischen Ausbauprozess unter- stützt der neue Rechtsrahmen ganz konkret: Er nimmt verstärkt den Ausbau neuer Gigabitnetze in bern möglich sind. Voraussetzung ist, dass wett- den Blick, ohne dabei von der bewährten wettbe- bewerbsfördernde – d. h. offene, transparente und werbsorientierten Regulierung Abschied zu neh- nichtdiskriminierende – Bedingungen für alle men. Auch weiterhin geht es darum, Wettbewerbern Marktteilnehmenden vorliegen. Diese werden Zugang zu den Netzen marktmächtiger Unterneh- durch – im Wettbewerbsrecht bereits etablierte – men zu gewähren, um so die besten (Markt-)Er- „Verpflichtungszusagen“ des marktmächtigen gebnisse für die Endnutzer zu erzielen. Gleichzeitig Unternehmens gewährleistet. Die Bundesnetz- werden der Bundesnetzagentur als zuständiger agentur wird im Gegenzug auf weitere Verpflich- Regulierungsbehörde neue Instrumente (bspw. Zu- tungen verzichten beziehungsweise den direkten gangsverpflichtungen auch für nicht marktmäch- Regulierungseingriff reduzieren. tige Unternehmen) an die Hand gegeben und ihr Insgesamt sieht der neue Rechtsrahmen einen bestehendes Instrumentarium wird flexibilisiert. flexibleren Einsatz des Regulierungsinstrumenta- 17 Branchenlösungen, insbesondere solche, die riums vor, eng orientiert an einem konkret vorlie- den Gigabit- und Glasfaserausbau voranbringen, genden Marktversagen. So führt beispielsweise die S C H L A G L I C H T E R S E P T E M B E R 2 021 gewinnen an Gewicht. Hier hat das BMWi im Rah- Feststellung beträchtlicher Marktmacht nicht auto- men der Verhandlungen zum Kodex erreicht, dass matisch zur Auferlegung von Regulierungsver- deutliche Regulierungserleichterungen nicht nur pflichtungen, auch andere Maßnahmen wie für Ko-Investitions-, sondern grundsätzlich für unterschiedliche Kooperationsmodelle zwischen marktmächtigen Unternehmen und Wettbewer- ABBILDUNG 3: INVESTITIONEN IN SACHANLAGEN auf dem Telekommunikationsmarkt (in Mrd. €) und Anzahl gigabitfähiger Festnetzanschlüsse (in Mio.) im Vergleich Quelle: BNetzA Jahresbericht 2020, S. 53; VATM TK-Marktstudie 2019, S. 16; VATM Marktstudie 2020, S. 17; VATM 3. Marktanalyse Gigabit-Anschlüsse 2021, S. 3;
WIRTSCHAFTSPOLITIK IM FOKUS DER MARKTZUGANG WIRD OFFENER G ESTALTET – DIE ENDNUTZER PROFITIEREN. 18 S C H L A G L I C H T E R S E P T E M B E R 2 021 Selbstverpflichtungen von Unternehmen sind mög- lich Hierdurch entstehen größere Spielräume beim Regulierer und den ausbauenden Unternehmen, durch die Investitionsanreize für den Gigabitausbau sächliche oder wirtschaftliche Hindernisse beste- gesetzt werden. hen und Mitnutzungsansprüche für die Versorgung Eine weitere Entwicklung, die der Kodex und der Endkunden durch konkurrierende Unterneh- der neue Regulierungsrahmen aufgreifen, ist die men nicht ausreichen. seit der Liberalisierung der Märkte deutlich ge- stiegene Anzahl ausbauender Player im Markt. Der VERBRAUCHERRECHTE WERDEN GESTÄRKT neue Rechtsrahmen nimmt in den Blick, dass lokale „Bottlenecks“ – gerade im Bereich der leistungsfä- Bereits das geltende TKG sorgt für ein im europäi- IN KÜRZE higen Glasfaser-Infrastrukturen – entstehen kön- schen Vergleich hohes Verbraucherschutzniveau für nen. Geraten Endnutzer in die Abhängigkeit eines die Endkunden. Bei verschiedenen Themen, wie Durch den neuen Kodex entsteht einzelnen lokalen oder regionalen Anbieters, kann beim Anbieterwechsel oder auch hinsichtlich der nun ein EU-weit der Regulierer auch diese Unternehmen verpflich- Transparenz im Endkundenmarkt, hat sich der einheitlich ten, Wettbewerbern Marktzugang zu gewähren. europäische den deutschen Gesetzgeber zum Vor- großer Verbrau- Aufgrund der erheblichen Eingriffsintensität und bild genommen. Der Kodex schafft nun erstmalig cherschutz. einer im Einzelfall investitionshemmenden Wir- ein EU-weit einheitlich hohes Verbraucherschutz- kung ist eine solche Verpflichtung nur dort zulässig, niveau und verfolgt einen sogenannten einge- wo für den Aufbau paralleler Netzstrukturen tat- schränkten Vollharmonisierungsansatz. Nur bei Themen, die nicht vom Kodex adressiert werden, haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, eigene Regelungen einzuführen oder beizubehalten. Von
IM FOKUS WIRTSCHAFTSPOLITIK 50 % NUR des Monatsentgelts muss der Nutzer zahlen, wenn der Anbieter nur 50 % der zugesagten Übertragungs- rate bereitstellt. 3 FR AGEN AN STEFAN SCHNORR LEITER DER ABTEILUNG DIGITAL- UND INNOVATIONSPOLITIK IM BMWI diesem verbleibenden Spielraum hat der deutsche Gesetzgeber bei Themen Gebrauch gemacht, die Verbraucher immer wieder vor Herausforderungen WAS WAR AUS IHRER SICHT DAS DICKSTE stellen. BRETT, DAS IM GESETZGEBUNGSVERFAH- REN GEBOHRT WERDEN MUSSTE? „LAHMES INTERNET“ UND „GEPLATZTER Eindeutig das Thema „Streichung des Neben- TECHNIKERTERMIN“ kostenprivilegs“, weil hier die Interessenlage sehr heterogen war. Der Regierungsentwurf sah noch So sind das Auseinanderfallen der vertraglichen eine Streichung mit einer Übergangsfrist bis zum zur tatsächlichen Datenübertragungsrate und die 1. Dezember 2023 vor. Schnell hat sich jedoch im fehlenden rechtlichen Konsequenzen seit Jahren parlamentarischen Verfahren herausgestellt, Hauptbeschwerdegründe im Telekommunikations- dass die Umlagefähigkeit erhalten bleiben, aber markt und waren bereits mehrfach Gegenstand der „moderner“ werden sollte. Es sollten gezielt Anreize Beratungen im Bundestag. Hier wurde nun erstmals für den Inhouse-Ausbau gesetzt werden. Nach 19 Abhilfe im Sinne von rechtlichen Konsequenzen vielen Runden stand dann ein neuer Kompromiss. geschaffen: Das TKG enthält künftig ein propor- S C H L A G L I C H T E R S E P T E M B E R 2 021 tionales Minderungsrecht für Fälle nicht vertrags- WER HAT SICH WIE IN DIE DISKUSSIONEN konformer Leistung sowie ein Sonderkündigungs- EINGEBRACHT? recht. Kommt es bei Endkunden zu Abweichungen Unsere ersten Ansprechpartner waren die zustän- zwischen der vertraglichen und der tatsächlichen digen Berichterstatter der Fraktionen. Daneben Datenübertragungsrate, werden beispielsweise nur haben sich Mitglieder verschiedenster Arbeits- 50 statt der zugesagten 100 Mbit/s bereitgestellt, gruppen des Parlaments eingebracht. Wir haben können sie das vertraglich vereinbare Entgelt in viele Ideen mit den Ressorts erörtert und Input dem Verhältnis herabsetzen, in dem die tatsächli- der betroffenen Stakeholder und der Wissenschaft che Leistung von der vertraglich vereinbarten Leis- erhalten. Und das alles förmlich auf den letzten tung abweicht. Metern. Das Gesetzgebungsfahren musste ja in die- In dem genannten Beispiel würde dies bedeu- ser Legislaturperiode noch abgeschlossen werden. ten, dass nur 50 % des monatlichen Entgelts bezahlt werden müssten. Alternativ können die Endkunden SIND SIE MIT DEM KOMPROMISS ZUFRIEDEN? den Vertrag außerordentlich ohne Einhaltung einer Sehr, denn die Materie ist komplex. Aufgrund des Kündigungsfrist kündigen. Die Beweislast liegt bestehenden Dreiecksverhältnisses (Netzbetreiber, beim Kunden; die Abweichung der Geschwindigkeit Hauseigentümer, Mieter) sind stets drei Parteien muss durch das „Messtool“ der Bundesnetzagentur und mehrere Vertragsverhältnisse zu betrachten. ( www.breitbandmessung.de) oder durch ein an- Der Kompromiss bringt nun allen Beteiligten deres, von der Bundesnetzagentur zertifiziertes Vorteile: Mieter werden in die Lage versetzt, ihren Messtool nachgewiesen werden. Das Recht des Ver- TV-Anbieter frei auszuwählen; dadurch werden brauchers zur Minderung besteht so lange fort, bis auch die wettbewerbsrechtlichen Probleme auf- der Anbieter den Nachweis erbringt, dass er vertrags- gelöst. Die TK-Branche erhält zudem eine an konform leistet. gemessene Übergangsfrist und es wird ein echter Anreiz für den Ausbau gebäudeinterner Netz- infrastrukturen gesetzt.
WIRTSCHAFTSPOLITIK IM FOKUS 10 % des Monatsentgelts kann der Kunde bei Störungen zurückverlangen – kann der Verbraucher für jeden versäumten Termin eine Entschädigung in Höhe von zehn Euro oder ab dem 5. Tag dann 20 %. 20 % des vertraglich vereinbarten Monatsentgeltes verlangen. Die Regelung berücksichtigt dabei die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten, denn auch der Kunde selbst kann ursächlich für den fehlge- Auch fehlgeschlagene Technikertermine sind häu- schlagenen Termin sein. Gleiches gilt für Störungen figer Anlass zur Beschwerde bei der Bundesnetz- des Telekommunikationsdienstes, deren Ursache agentur oder Verbraucherschutzorganisationen. Bei außerhalb des Einflussbereichs des Anbieters liegt. geplatzten Technikerterminen oder einem Ausfall Auch hier kann sich der Anbieter in bestimmten des Telekommunikationsdienstes können Verbrau- Fällen freimachen. cher künftig eine kurzfristige Entstörung oder in bestimmten Fällen auch eine Entschädigung vom KÜNDIGUNGSRECHT WIRD GESTÄRKT Anbieter verlangen. Bislang verpflichtete das TKG nur das marktmächtige Unternehmen, einer Stö- Auch im Vertragsrecht kommen erfreuliche Neue- rung unverzüglich nachzugehen – die Beseitigung rungen auf die Verbraucher zu: Verbraucher können der Störung selbst war dabei nicht geschuldet. Die- Verträge künftig nach einer automatischen Verlän- se Regelung wurde auf alle Anbieter ausgeweitet. gerung jederzeit mit Monatsfrist kündigen. Sie kön- Zudem werden die Anbieter verpflichtet, die Stö- nen also spätestens nach zwei Jahren und dann rung unverzüglich zu beheben. Kann die Störung monatlich aus einem Vertrag heraus. Anbieter müs- innerhalb von zwei Arbeitstagen nicht beseitigt sen vorher über diese Möglichkeit informieren. Bis- werden, sind Verbraucher zu entschädigen. Die her war die Verlängerung um ein Jahr mit Kündi- 20 Höhe der Entschädigung beträgt – je nachdem, wel- gung zum Ablauf des Jahres der Regelfall. cher Betrag höher ist – am dritten und vierten Tag Insbesondere die Vertragslaufzeit war ein zwi- S C H L A G L I C H T E R S E P T E M B E R 2 021 fünf Euro oder 10 % und ab dem fünften Tag zehn schen den Ressorts sehr intensiv diskutiertes The- Euro oder 20 % des vertraglich vereinbarten Mo- ma. Erst im parlamentarischen Verfahren wurde natsentgelts. Wird ein vereinbarter Kundendienst- entschieden, dass Endkundenverträge mit einer oder Installationstermin vom Anbieter versäumt, anfänglichen Laufzeit von zwei Jahren – ohne „Wenn und Aber“ – möglich bleiben. Die Anbieter müssen künftig aber auch einen Vertrag mit einer WICHTIGE NEUERUNGEN BEIM Laufzeit von höchstens 12 Monaten anbieten, be- VERBRAUCHERSCHUTZ IM TELEKOMMUNIKATIONS- vor es zu einem Vertragsschluss kommt. SEKTOR „AUF EINEN BLICK“ • Anbieter sind vor Vertragsschluss verpflichtet, einem Verbraucher einen Vertrag mit einer anfänglichen Laufzeit von höchstens zwölf Monaten anzubieten. 12 • Nach Ablauf der anfänglichen Mindestvertragslaufzeit kann der Ver- MAXIMAL trag mit einer Kündigungsfrist von einem Monat gekündigt werden (bislang war die Verlängerung um ein Jahr der Regelfall). • Anbieter müssen Störungen nicht nur unverzüglich nachgehen, MONATE: sondern diese binnen festgelegter Fristen beheben. • Wird die Störung nicht binnen zwei Kalendertagen behoben oder wird ein vereinbarter Kundendienst- oder Installationstermin vom Anbieter versäumt, kann der Verbraucher festgelegte Entschädi- Auf Verträge mit einer solchen gungszahlungen verlangen. (kürzeren) Laufzeit haben • Wenn die tatsächliche von der vertraglich vereinbarten Datenüber- Endkunden künftig ein Anrecht. tragungsrate abweicht, hat der Verbraucher ein Minderungsrecht, das so lange fortdauert, bis der Anbieter vertragskonform leistet.
IM FOKUS WIRTSCHAFTSPOLITIK SONDERPROBLEM: CALL ID-SPOOFING Was ist das? Als Call ID-Spoofing wird das Manipulieren der bei einem Anruf auf dem Telefondisplay des Angerufenen angezeigten Rufnummer (Call ID) bezeichnet. Häufig wird die Call ID bewusst verändert, um eine bestimmte Identität vorzutäuschen und die Ermittlung des wahren Anrufers zu erschweren. Was ist erlaubt? Was ist verboten? Anrufer dürfen als Call ID nur bestimmte Rufnummern verwenden: Es muss sich um eine deutsche Rufnummer handeln und der Anrufer muss ein Nutzungsrecht an dieser Rufnummer haben. Sonderruf- nummern und Notrufnummern dürfen nicht verwendet werden. Stellt ein Anbieter von Telekommunikationsdiensten beim Verbindungs- aufbau fest, dass diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, muss er künftig aktiv eingreifen. Was tun bei Call ID-Spoofing? Wenden Sie sich an die Bundesnetzagentur! Die Mitteilung eines Vorfalls FREIE WAHL DES TV-ANBIETERS kann bequem online mittels Beschwerdeformular erfolgen. Durch das FÜR DIE MIETER TKMoG wird die Bundesnetzagentur im Bereich der Verfolgung von Rufnummernmissbrauch mit neuen Befugnissen ausgestattet. Sie kann die tatsächliche Rufnummer, von der der Anruf ausging, und Obwohl die anfängliche Laufzeit bereits aufgrund ihren Inhaber ermitteln und gegen diesen ein Verfahren einleiten. der gegenwärtigen Rechtslage zwei Jahre nicht Dieses kann u. a. zur Abschaltung der Rufnummer oder zur Auferle- überschreiten darf, ist es in Deutschland nach wie gung eines Bußgelds führen. vor verbreitete Praxis, die monatlichen Grundge- bühren für Breitbandanschlüsse (regelmäßig die TV-Kabelanschlussgebühren) dem Mieter dauer- haft über die Umlagefähigkeit der Betriebskosten 21 in Rechnung zu stellen – unabhängig von der tat- sächlichen Nutzung und ohne die Möglichkeit des künftig nicht mehr geben wird. Vielmehr werden S C H L A G L I C H T E R S E P T E M B E R 2 021 Mieters, sich hiervon zu lösen (sogenanntes Neben- die Preise von der Bundesnetzagentur netzüber- kostenprivileg). Diese Vorgehensweise wird nach greifend einheitlich festgelegt. Ablauf einer Übergangsfrist zum 1. Juli 2024 unter- Das Telekommunikationsmodernisierungs- bunden. Für neu errichtete gebäudeinterne Glas- gesetz greift darüber hinaus noch weitere Probleme faser-Infrastrukturen wird zukünftig lediglich eine auf, die regelmäßig Gegenstand von Beschwerden zeitlich und der Höhe nach befristete Umlage der bei der Bundesnetzagentur sind. So wird erstmals Investitionskosten (Glasfaserbereitstellungsent- die Möglichkeit geschaffen, Callcentern Vorgaben gelt) möglich sein. Die Neuregelung sichert die für die von ihnen genutzten Anwählprogramme zu Wahlfreiheit der Verbraucher und stärkt den Wett- machen, um Verbraucher besser vor belästigenden bewerb um die Versorgung von Endnutzern mit Anrufversuchen zu schützen. Zudem werden Preis- Gigabitnetzen. höchstgrenzen gesenkt und Angerufene künftig besser vor Rufnummernmanipulationen (sog. Call ENDE FÜR „MOBIL DEUTLICH TEURER“ ID-Spoofing) geschützt. Angaben wie „Der Mobilfunkpreis weicht ab“ oder „Mobil deutlich teurer“ kennen alle Verbraucherin- KONTAKT nen und Verbraucher. Verständnis für diese intrans- JAN-HENDRIK PIEPER, JASMIN KOBIALKA parente Preisdifferenzierung zwischen Festnetz und DR. PHILIPP GRÜN Mobilfunk haben die Wenigsten. Nun sorgt das Referat: Telekommunikations- und Postrecht TKMoG auch in diesem Bereich für Verbesserungen. Das neue TKG schafft die Voraussetzungen dafür, REBECCA HADER dass es abweichende Mobilfunkpreise für Anrufe zu Referat: Grundsatzfragen sowie regulierungs- und Sonderrufnummern (z. B. Service-Dienste „0180“) wettbewerbspolitische Fragen der TK- und Postpolitik schlaglichter@bmwi.bund.de
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