Auf dem Weg zu neuen Horizonten der Astronomie

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Auf dem Weg zu neuen Horizonten der Astronomie
ESO

Europäische
Südsternwarte

Auf dem
Weg zu neuen
Horizonten
der Astronomie
Auf dem Weg zu neuen Horizonten der Astronomie
Die ESO und die Astronomie
                          Astronomie wird oft als die älteste        Betrieb von leistungsfähigen und pro­
                          Naturwissenschaft überhaupt beschrie­      duktiven bodengebundenen astronomi­
                          ben. Der Anblick des Sternenbandes         schen Beobachtungseinrichtungen. Um
                          der Milchstraße, das sich in einer dunk­   diese Ziele zu erreichen, baut die ESO
                          len, klaren Nacht deutlich sichtbar über   auf eine fruchtbare Zusammenarbeit mit
                          den Himmel zieht, hat schon immer          der wissenschaftlichen Gemeinschaft
                          Generationen von Menschen jeden kul­       und der Industrie sowie manchmal mit
                          turellen Hintergrunds fasziniert.          anderen Beteiligten aus der ganzen Welt.

                          Mittlerweile ist die Astronomie eine der   Anträge auf Beobachtungszeit an
                          dynamischsten Wissenschaften über­         ESO-Teleskopen übersteigen die Zahl
                          haupt und nutzt die fortschrittlichsten    der verfügbaren Nächte um einen Fak­
                          Technologien und die raffiniertesten       tor zwischen drei und fünf. Die hohe
                          Methoden, um Objekte am Rande des          Nachfrage ist ein wichtiger Grund dafür,
                          beobachtbaren Universums genauer zu        dass die ESO das wissenschaftlich pro­
                          untersuchen, Planeten nachzuweisen, die    duktivste astronomische Observatorium
                          ferne Sterne umkreisen, und viele andere   weltweit ist. Durchschnittlich erscheinen
                          Himmelskörper bis ins letzte Detail        etwa drei wissenschaftliche Fachartikel
                          zu erforschen. Selbst die Antworten auf    pro Tag, die ESO-Daten verwenden
                          einige der grundlegendsten Fragen          (gezählt werden nur Zeitschriften mit
                          der Menschheit scheinen in Reichweite      Peer-Review). Diese Fachartikel präsen­
                          gerückt: Woher sind wir gekommen?          tieren einige der bemerkenswertesten
                          Sind wir allein im Universum? Wie          Entdeckungen in der Astronomie. Es ist
                          ­entstehen Sterne und Planeten? Wie        die Pflicht der ESO, solche Veröffent­
                           entwickeln sich Galaxien? Woraus          lichungen auch in Zukunft zu ermög­
                           besteht das Universum?                    lichen. Deshalb verfolgt sie das ambitio­
                                                                     nierteste Astronomieprojekt der
                          Die Europäische Südsternwarte (ESO)        Geschichte, den Bau des Extremely
                          ist die weltweit führende zwischen­        Large Telescope.
                          staatliche Organisation im Bereich der
                          Astronomie. Ihr ehrgeiziges Programm       Xavier Barcons
                          konzentriert sich auf Planung, Bau und     Generaldirektor der ESO

Das Paranal-Observatorium der ESO,
die Heimat des Very Large Telescope.

2
Auf dem Weg zu neuen Horizonten der Astronomie
ESO/S. Guisard (www.eso.org/~sguisard)

                                         Das Bild zeigt den Sternhimmel
                                         im Bereich der Sternbilder
                                         Sagittarius (der Schütze) und
                                         Scorpius (der Skorpion).
ESO/B. Tafreshi (twanight.org)

                                         Die Hand nach den Sternen
                                                                          ESO/J. Girard

                                         ausstrecken am Paranal.

                                                                          3
Auf dem Weg zu neuen Horizonten der Astronomie
Höhepunkte aus der Geschichte
                                       der ESO

                             5. Oktober 1962               6. November 1963             30. November 1966
                             Die Gründungsmitglieder       Als Standort für das         Erstes Licht für das
                             Belgien, Deutschland,         ESO-Observatorium wird       1-Meter-Teleskop der
                             Frankreich, die Niederlande   Chile ausgewählt und         ESO, dem ersten
                             und Schweden unter­           das Convenio (auch als       ESO-Teleskop, auf
                             zeichnen das ESO-­            Acuerdo bezeichnet), die     La Silla in Chile.
                             Gründungsdokument.            Vereinbarung zwischen
                                                           Chile und der ESO, wird
                                                           unterschrieben.

                             23. März 1989                 25. Mai 1998                 17. März 2001
                             Erstes Licht für              Erstes Licht für das erste   Erstes Licht für das
                             das New Technology            Hauptteleskop (engl. Unit    Very Large Telescope
                             Telescope.                    Telescope 1, kurz UT1)       Interferometer.
                                                           des VLT, Antu.

                             8. Juni 2011                  30. September 2011           5. Oktober 2012
                             Erste Aufnahmen vom           ALMA beginnt mit den         Die ESO feiert ihr
                             VLT Survey Telescope.         ersten wissenschaft­         50-jähriges Jubiläum.
                                                           lichen Beobachtungen;
Infrarotaufnahme des Carinanebels,                         die erste Aufnahme
aufgenommen mit der HAWK-I-­
Kamera am VLT.
                                                           wird veröffentlicht.

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Auf dem Weg zu neuen Horizonten der Astronomie
7. November 1976            5. Mai 1981                 22. Juni 1983
Erstes Licht für            Einweihung des              Erstes Licht für das
das 3,6-Meter-Teleskop      ESO-Hauptsitzes             MPG/ESO-2,2-Meter-­
der ESO.                    in Garching bei München.    Teleskop.

11. Februar 2003            14. Juli 2005               11. Dezember 2009
Erstes Licht für den High    Erstes Licht für das       VISTA, das bahnbre­
Accuracy Radial velocity    ­Submillimeterteleskop      chende Infrarot-Durch­
Planet Searcher (HARPS)      APEX (Atacama Pathfinder   musterungsteleskop,
am 3,6-Meter-Teleskop        Experiment).               nimmt seinen Betrieb auf.
der ESO am La-Silla-­
Observatorium.

19. Juni 2014               26. Mai 2017                Die Zukunft
Zeremonie zum               Grundsteinlegungszere­      Terabytes astronomischer
ersten Spatenstich für      monie für das ELT mit der   Daten gelangen zu den Astro-
                                                                                        ESO/T. Preibisch

das Extremely Large         chilenischen Präsidentin    nomen in den Mitgliedsländern
Telescope (ELT).            Michelle Bachelet Jeria.    der ESO und neue Entdeckun-
                                                        gen stehen vor der Tür ...

                                                                                        5
Auf dem Weg zu neuen Horizonten der Astronomie
Die ESO-Standorte
Der Nachthimmel im Norden Chiles, wo
sich auch die Atacamawüste erstreckt, ist
außergewöhnlich klar und dunkel und ermög­
licht in 300 Nächten pro Jahr atemberaubende
Ansichten des südlichen Sternhimmels mit
dem aus Wissenschaftlersicht besonders
bedeutsamen Zentrum der Milchstraße und
den beiden Magellanschen Wolken.

Chajnantor-Plateau
Das Chajnantor-Plateau ist mit 5000 Metern Höhe über dem
Meeresspiegel einer der höchstgelegenen astronomischen
Beobachtungsstandorte weltweit. Dort befinden sich das
Atacama Large Millimeter Array (ALMA) — ein Gemein­
schaftsprojekt der ESO, Nordamerikas und Ostasiens in
Zusammenarbeit mit der Republik Chile — und das Atacama
Pathfinder Experiment (APEX), ein 12-Meter-­Teleskop für
­Millimeter- und Submillimeterwellenlängen.

Cerro Paranal
Der Paranal liegt 2600 Meter über dem Meeresspiegel in einer
der t­ rockensten Gegenden der Erde, etwa 130 Kilometer südlich
der c­ hilenischen Stadt Antofagasta und 12 Kilometer von der
Pazifikküste ­entfernt. Dort befinden sich das Very Large Telescope
— eine Anlage aus vier Hauptteleskopen und vier beweglichen
Hilfsteleskopen mit einem Durchmesser von jeweils 1,8 Metern,
die Teil des VLT-­Interferometers sind — und zwei leistungsstarke
Durchmusterungsteleskope: das VST und VISTA.

                                             Cerro Armazones
                                             Hier befindet sich das Extremely Large Telescope mit 39 Metern
                                             Durchmesser im Bau. Der Armazones liegt nur 23 Kilometer
                                             vom Paranal-Observatorium entfernt, das neue Observatorium
                                             wird daher in den Betrieb des Paranal eingegliedert werden.

                                             Vitacura, Santiago de Chile, Chile
                                             Die ESO-Büros in Chiles Hauptstadt Santiago sind ein aktives
                                             Zentrum für die Ausbildung neuer Generationen von Wissen­
                                             schaftlern und fördern den Austausch zwischen europäischen
                                             und chilenischen Forschern durch Kollaborationen.

Die Sternentstehungsregion Gum 15,
­aufgenommen mit dem MPG/ESO-
 2,2-­Meter-Teleskop.

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Auf dem Weg zu neuen Horizonten der Astronomie
Hauptsitz, Garching bei München, Deutschland
                                                          Der Hauptsitz der ESO ist das wissenschaftliche,
                                                          technische und verwaltungstechnische Zentrum
                                                          der O
                                                              ­ rganisation und befindet sich im bayerischen
                                                          Garching in der Nähe von München. Im dortigen
La Silla                                                  Technikgebäude entwickelt, fertigt, montiert, testet
                                                          und verbessert die ESO ihre fortschrittlichsten
Das erste Observatorium der ESO entstand                  Messinstrumente. Der Hauptsitz beherbergt außer­
2400 Meter über dem Meeresspiegel und 600 Kilometer       dem eines der weltweit größten digitalen Archive
nördlich von Santiago in Chile. Hier betreibt die ESO     astronomischer Daten und das ESO Supernova
mehrere Teleskope mit Spiegeldurchmessern von bis         Planetarium & Besucherzentrum.
zu 3,6 Metern. Am 3,6-Meter-Teleskop ist derzeit der
High Accuracy Radial velocity Planet Searcher (HARPS)
montiert, der weltweit erfolgreichste Exoplanetenjäger.

                                                                                                             7
Auf dem Weg zu neuen Horizonten der Astronomie
Wissenschaftliche
    Höhepunkte der ESO
                                                                                                            5|                            Das erste Bild eines
                                                                                                                                          extrasolaren Planeten

                                                                                                            Das VLT hat das erste Bild eines Planeten
                                                                                                            ­außerhalb unseres Sonnensystems aufgenommen.
                                                                                                             Der Planet hat die fünffache Masse des Jupiter
                                                                                                             und umkreist in einem Abstand, der 55 mal
                                                                                                             dem Abstand Erde–Sonne entspricht, einen
                                                                                                             ­s ogenannten Braunen Zwerg — ein Objekt, das
                                                                                                              es nicht geschafft hat, zu einem Stern zu werden.

                                                             Entdeckung eines Planeten in der
                                                    3|       ­h abitablen Zone um den nächstgele-
                                                              genen Stern Proxima Centauri
                                                    Die lang gesuchte Welt mit der Bezeichnung
                                                    ­Proxima b umläuft ihren kühlen, roten Mutterstern
                                                     alle 11 Tage und hat eine Temperatur, die das
                                                     ­Vorhandensein von flüssigem Wasser auf ihrer
                                                      Oberfläche möglich machen könnte. Proxima b ist
                                                      ein Gesteins­planet, der etwas massereicher als die
                                                      Erde ist und der nächstgelegene extrasolare Planet
                                                      — er könnte außerdem der nächstgelegene belebte
                                                      Ort außerhalb des Sonnensystems sein.

         Sterne auf ihrer Umlaufbahn
1|       um das Schwarze Loch
         im Zentrum der Milchstraße

In einer fortlaufenden Langzeitstudie wurden
­mehrere der besten Teleskope der ESO eingesetzt,
 um das bislang detaillierteste Bild der Umgebung
 des Monsters zu gewinnen, das sich im Herzen
 unserer Galaxis verbirgt — ein supermassereiches
 Schwarzes Loch.

                                                                                                                                                                               ESO/M. Kornmesser

                                                                                                                                                      Revolutionäre ALMA-­
                                                                                                                                             4|       Aufnahme enthüllt die
                                                                                                                                                      Entstehung von Planeten

                                                                                                                                             Im Jahr 2014 hat ALMA, das Atacama
                                                                                                                                             Large Millimeter/submillimeter Array,
                                                                                                                                             außerordentlich feine Details der
                                                                                                                                             ­Entstehung eines Planetensystems
                                                                                                                                              sichtbar machen können. Die Bilder
                                                                                                                                              von HL Tauri sind die schärfsten
                                                                                                                                              ­Aufnahmen, die jemals im Submilli­
                                                                                                                                               meterbereich gemacht wurden.
                                                                                                                                               Sie zeigen, wie Planeten Gas und
                                                                                                                                               Staub in protoplanetaren Scheiben
                                                                                                                                               einsaugen.

2|       Die Beschleunigung der
         kosmischen Expansion

Basierend auf Beobachtungsdaten von Supernovae,
                                                                                                                   ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)

die unter anderem mit ESO-Teleskopen auf La Silla
und auf dem Paranal gewonnen wurden, haben zwei
unabhängige Forschergruppen herausgefunden,
dass sich die Ausdehnung des Universums immer
weiter beschleunigt. Für diese Entdeckung wurde
im Jahr 2011 der Nobelpreis für Physik vergeben.

8
Auf dem Weg zu neuen Horizonten der Astronomie
6|               Der älteste bekannte Stern
                                                                           in unserer Milchstraße

                                                          Mit dem VLT der ESO haben Astronomen das
                                                          Alter des ältesten Sterns bestimmt, den man in
                                                          unserer Milchstraße kennt. Dieser Stern hat sich vor
                                                          13,2 Milliarden Jahren während der frühesten Phase
                                                          der Stern­e ntstehung im Universum gebildet. Außerdem
                                                          hat man in einem Stern Uran nachweisen können,
                                                          ­dessen ­Entstehung zeitgleich mit der der Milchstraße
                                                           stattfand, so dass man daraus eine unabhängige
                                                           Abschätzung des Alters unserer Galaxis erhält.

                                                                                                                   7|        Direkte Beobachtungen der
                                                                                                                             ­Atmosphären von Exoplaneten

                                                                                                                   Mit dem VLT hat man die Atmosphäre einer
                                                                                                                   Supererde analysiert, also eines Exoplaneten
                                                                                                                   mit nur wenigen Erdmassen. Der Planet mit
                                                                                                                   der Bezeichnung GJ 1214b zieht auf seiner
                                                                                                                   Umlaufbahn regelmäßig vor seinem Mutterstern
                                                                                                                   vorbei. Dabei durchleuchtet ein kleiner Teil des
                                                                                                                   Sternlichts auf dem Weg zur Erde die Atmo­
                                                                                                                   sphäre des Planeten, die entweder größtenteils
                                                                                                                   aus Wasserdampf besteht oder von dichten
                                                                                                                   Wolken oder Nebel dominiert wird.
                                                          ESO/L. Calçada
SDSS

                                                                                                                   8|        Eine unabhängige Messung
                                                                                                                             der Temperatur des Kosmos

                                                                                                                   Das VLT hat erstmals Kohlenstoffmonoxid-­
                                                                                                                   Moleküle in einer Galaxie nachweisen können,
                                                                                                                   die wir heute so sehen, wie sie vor 11 Milliarden
                                                                                                                   Jahren war — eine Messung, an der sich die
                                                                                                                   Astronomen während der vorangegangenen
                                                                                                                   25 Jahre vergeblich versucht hatten. Mit dieser
                                                                                                                   Beobachtung war es möglich, hochpräzise die
                                                                                                                   Temperatur des Kosmos in so einer frühen
                                                                                                                   Epoche zu bestimmen.

                                                                                                                   9|        Der Rekordhalter unter
                                                                                                                             den Planetensystemen

                                                                                                                   Mit weltraumbasierten und bodengebundenen
                                                                                                                   Teleskopen, darunter das VLT der ESO, haben
                                                                                                                   Astronomen ein System aus sieben erdgroßen
                                                                                                                   Planeten in einer Entfernung von nur 40 Licht­
ESO/N. Bartmann/spaceengine.org

                                                                                                                   jahren um den kühlen Zwergstern TRAPPIST-1
                                                                                                                   entdeckt. Drei der Planeten liegen in der habi­
                                                                                                                   tablen Zone, was zu einer erhöhten Wahr­
                                                                                                                   scheinlichkeit für Leben in diesem Sternsystem
                                                                                                                   führt. Das TRAPPIST-1-System enthält von
                                                                                                                   allen bekannten Planetensystemen sowohl die
                                                                                                                   größte Anzahl erdgroßer Planeten als auch die
                                                                                                                   größte Anzahl von Welten, auf deren Oberfläche
                                                                                                                   Wasser in flüssiger Form vorliegen könnte.

                                  10 |          Der Zusammenhang von Gammastrahlenausbrüchen
                                                mit Supernovae und verschmelzenden Neutronensternen

                                  Teleskope der ESO haben gezeigt, dass Gammastrahlenausbrüche
                                  ­längerer Dauer mit Supernovaexplosionen zusammenhängen, die das
                                   Leben massereicher Sterne beenden. Mit einem der Teleskope auf
                                   La Silla konnte man außerdem erstmals das optische Nachleuchten
                                   eines Gammastrahlenausbruchs kürzerer Dauer beobachten und so
                                   ­zeigen, dass derartige Ereignisse auf die Kollision zweier verschmelzender          Tiefbelichtete Himmelsaufnahme,
                                    Neutronensterne zurückgehen dürften.                                                ­fotografiert mit dem Wide Field Imager
                                                                                                                         (WFI) am MPG/ESO-2,2-Meter-Teleskop
                                                                                                                         am La-Silla-Observatorium.

                                                                                                                                                                  9
Auf dem Weg zu neuen Horizonten der Astronomie
Das VLT
                          Das Very Large Telescope (VLT) ist das        Die 8,2-Meter-Hauptteleskope sind in
                          optische Flaggschiff der europäischen         kompakten Gebäuden untergebracht,
                          Astronomie zu Beginn des dritten Jahr­        die synchron mit dem Teleskop gedreht
                          tausends. Das VLT ist das fortschritt­        werden. Die Gebäude sind so ausgelegt,
                          lichste Observatorium der Welt für            dass lokale Einflüsse auf die Beobach­
                          sichtbares Licht und nahes Infrarot und       tungsbedingungen wie Luftturbulenzen
                          besteht aus vier Hauptteleskopen mit          über den Teleskopspiegeln, wie sie
                          Spiegeldurchmessern von je 8,2 Metern,        durch Temperaturänderungen oder
                          die individuell oder ähnlich wie die vier     Wind entstehen, weitgehend vermieden
                          beweglichen 1,8-Meter-Hilfsteleskope          werden.
                          gemeinsam als sogenanntes Interfero­
                          meter genutzt werden können. Jedes            Das erste der Hauptteleskope nahm am
                          der vier Hauptteleskope kann Bilder von       1. April 1999 den wissenschaftlichen
                          Himmelsobjekten aufnehmen, die vier           Beobachtungsbetrieb auf. Seitdem hat
                          Milliarden mal schwächer leuchten als         das VLT einen immensen Einfluss auf
                          alles, was das menschliche Auge ohne          die beobachtende Astronomie. Das
                          Hilfsmittel gerade noch wahrnehmen            VLT ist die effektivste bodengebundene
                          kann.                                         ­Einzeleinrichtung in der gesamten
                                                                         ­Astronomie: Im Schnitt werden pro Tag
                          Das VLT-Instrumentierungsprogramm ist           mehr als eineinhalb referierte Fachartikel
                          das ehrgeizigste, das je für ein einzelnes      veröffentlicht, die auf Beobachtungser­
                          Observatorium in Angriff genommen               gebnissen des VLT basieren.
                          wurde. Zum Einsatz kommen Kameras
                          und Spektrografen, die den Bereich des        Das Paranal-Observatorium der ESO
                          elektromagnetischen Spektrums vom             beherbergt außerdem die nationalen
                          Ultravioletten (ab einer Wellenlänge von      Teleskopprogramme NGTS (Next-­
                          300 Nanometern) bis in den mittleren          Generation Transit Survey) und
                          Infrarotbereich (bis zu einer Wellenlänge     ­SPECULOOS (Search for habitable
                          von 20 μm) abdecken.                           ­Planets EClipsing ULtra-cOOl Stars).

                          Name                       VLT

                          Standort                   Cerro Paranal

                          Höhe                       2635 Meter

                          Wellenlängenbereich        Ultraviolett/Sichtbares Licht/Nahinfrarot

                          Komponenten/Techniken      Interferometrie mit vier Teleskopen (maximale Basislänge
                                                     130 Meter), von denen drei mit adaptiver Optik ausgestattet sind

                          Optisches Design           Spiegelteleskope vom Typ Ritchey-Chrétien

                          Hauptspiegeldurchmesser    8,2 Meter

                          Montierung                 Alt-Azimutal

                          Erstes Licht               Mai 1998–September 2000

                           UT4 (Yepun)

                                   VST
                                                                                                                VISTA

                          UT3 (Melipal)

                          UT2 (Kueyen)

                             UT1 (Antu)

Dieses beeindruckende Bild der                                                                                  VLTI
­Sternentstehungsregion des Orionnebels
 ist aus mehreren Einzelaufnahmen der
 HAWK-I-Infrarotkamera am Very Large
 Telescope der ESO in Chile entstanden.
 Es handelt sich dabei um die weitrei­
 chendste Aufnahme dieses Himmelsbe­
 reichs, die jemals gewonnen wurde.
 Sie zeigt deutlich mehr lichtschwache
 Objekte mit der Masse von Planeten als
 erwartet.

10
Diese spektakuläre Aufnahme aus
                                                           dem Inneren der Kuppel des vierten
                                                           Hauptteleskops des Very Large
                                                           ­Telescope (VLT) der ESO zeigt, wie
                      Y. Beletsky (LCO)/ESO

                                                            der Laserleitstern (engl. Laser Guide
                                                            Star, kurz LGS) des VLT auf das
                                                            ­Zentrum der Milchstraße e ­ ingerichtet
                                                             wird.
                      ESO/G. Hüdepohl (atacamaphoto.com)

                                                           Auf dieser Luftaufnahme der
ESO/H. Drass et al.

                                                           ­Atacamawüste im Norden Chiles
                                                            streift die untergehende Sonne
                                                            den Horizont über dem Pazifik und
                                                            taucht die Beobachtungsplattform
                                                            des Paranal in Licht.

                                                                                                 11
Adaptive Optik
                                     Turbulenzen in der Erdatmosphäre
                                     ­verzerren vom Erdboden aus aufgenom-
                                      mene Bilder und lassen die Sterne funkeln.
                                      ­Astronomen bei der ESO nutzen eine
                                       Methode namens adaptive Optik, um
                                       diese atmosphärischen Störungen
                                    ­auszugleichen.

                                    Ausgeklügelte verformbare Spiegel
                                    ­können die Verzerrungen, die von der
                                     Luftunruhe hervorgerufen werden,
                                     ­computergesteuert in Echtzeit korrigieren.
                                      Die resultierenden Bilder werden fast
                                      so scharf, als ob sie vom Weltall aus auf-
                                      genommen worden wären.

                                    Adaptive Optik erfordert einen hellen
                                    Referenzstern, der am Himmel in nicht
                                    allzu großer Entfernung von dem ange-
                                    peilten Beobachtungsobjekt steht.
                                    Anhand dieses Referenzsterns lässt sich
                                    die Turbulenz der Erdatmosphäre messen
                                    und anschließend mit dem verformbaren
                                    Spiegel ausgleichen.

                                    Da geeignete Sterne nicht immer verfüg-
                                    bar sind, erzeugen Astronomen mit einem
                                    leistungsstarken Laserstrahl künstliche
                                    Referenzsterne in 90 Kilometern Höhe an
                                    der gewünschten Stelle des Himmels.

                                    Die ESO ist führend bei der Entwicklung
                                    der adaptiven Optik und der Technologie
                                    der Laserleitsterne und arbeitet dabei
                                    mit einer Reihe europäischer Institute und
                                    Industrieunternehmen zusammen. Die
                                    Instrumente mit adaptiver Optik bei der
                                    ESO haben viele bemerkenswerte wissen-
                                    schaftliche Resultate geliefert. Dies
                                    ­beinhaltet die ersten direkten Beobach-
                                     tungen eines Exoplaneten (siehe S. 8)
                                     ebenso wie die detaillierte Untersuchung
                                     der Umgebung des Schwarzen Lochs
                                     im Zentrum der Milchstraße (siehe eben-
                                     falls S. 8).

                                    Die nächste Generation von adaptiver
                                    Optik wird derzeit am VLT installiert.
                                    Diese Technologie setzt gleichzeitig
                                    ­mehrere Laserleitsterne ein und beinhaltet
                                     außerdem hochentwickelte Instrumente
                                     mit ex­tremer adaptiver Optik wie Planeten-
                                     sucher. Noch weiter fortgeschrittene
                                     ­Systeme, die auf die Herausforderungen
                                      zugeschnitten sind, die das ELT stellen
                                      wird, befinden sich zur Zeit in der Entwick-
                                      lung. Die Nutzung mehrerer Laserleit-
                                      sterne ebnet den Weg für die Vergröße-
Gerhard Hüdepohl/atacamaphoto.com

                                      rung des korrigierten Gesichtsfeldes,
                                      was entscheidend für die zukünftig mit
                                      VLT und ELT betriebene Wissenschaft
                                      sein wird.

                                    Das 4-Laser-Guide-Star-System am
                                    Paranal zeigt auf den Carinanebel.

       12
Atmosphärische Turbulenzen
                                         Lichtstrahlen

                      Sekundärspiegel

                         Hauptspiegel

                  Verformbarer Spiegel

                                                                                         Astronomische Kamera

                            Computer                                      Bestimmung der Turbulenz

                                                                                Schematische Darstellung des
                                                                                Funktionsprinzips adaptiver Optik.
ESO/G. Hüdepohl

                                                                                Das 4-Laser-Guide-Star-System
                                                                                an Hauptteleskop 4 des VLT.

                                                                                                                     13
Das VLT-Interferometer
     Die Einzelteleskope des VLT können zu                kope sind zwar als Teil des VLT-Inter­
     dem gigantischen Very-Large-Telescope-               ferometers einsetzbar, werden aber in
     Interferometer (VLTI) zusammenge­                    der Regel als Einzel­teleskope genutzt
     schaltet werden. Das VLTI kann am                    und stehen daher nur eine begrenzte
     Himmel sechzehnmal feinere Details                   Anzahl von Nächten für interferometri­
     erkennen als jedes einzelne der Haupt­               sche Beobachtungen zur Verfügung.
     teleskope. Abbildungen von Strukturen
     auf Sternoberflächen und sogar die                   Dank vier kleinerer Hilfsteleskope (engl.
     Untersuchung der Umgebung eines                      Auxiliary Telescopes, kurz ATs), die
     Schwarzen Loches im Zentrum einer                    ­speziell für den Interferometerbetrieb
     fernen Galaxie werden damit möglich.                  vorgesehen sind, kann das VLTI trotz­
                                                           dem jede Nacht genutzt werden. Die
     Die Lichtstrahlen der Teleskope werden                Hilfsteleskope können auf Schienen an
     im VLTI durch ein komplexes System                    eine Reihe verschiedener, exakt defi­
     von Spiegeln in unterirdischen Tunneln                nierter Positionen verfahren werden,
     zusammengeführt. Dafür muss das                       von denen aus das Licht der Teleskope
     Licht so geleitet werden, dass sich die               im Interferometrielabor miteinander
     Weglängen der einzelnen Strahlen auf                  kombiniert werden kann.
     mehr als 100 Metern um nicht mehr als
     einen Tausendstel Millimeter unterschei­             Die ATs sind recht ungewöhnliche
     den. Als „virtuelles 130-Meter-­Teleskop“            ­Teleskope: Jedes einzelne ist komplett
     kann das VLTI Messungen durchführen,                  autark. Im Inneren der kompakten
     die der Fähigkeit entsprechen, vom                    Schutzbauten befinden sich die nötige
     ­Erdboden aus den Kopf einer Schraube                 Elektronik, das Lüftungssystem, die
      an der Internationalen Raumstation                   benötigte Hydraulik und die Kühlanlagen.
      zu sehen, die sich auf ihrer Umlaufbahn              Zu jedem der Hilfsteleskope gehört ein
      400 Kilometer über der Erdoberfläche                 Transporter, der das Teleskop von einer
      befindet. Die vier 8,2-Meter-Hauptteles­             Position zur anderen fahren kann.

     Name                                Hilfsteleskope

     Standort                            Cerro Paranal

     Höhe                                2635 Meter

     Wellenlängenbereich                 Sichtbares Licht/Nahinfrarot

     Komponenten/Techniken               Interferometrie mit vier kleineren Teleskopen
                                         (maximale Basislänge 200 Meter)

     Optisches Design                     Spiegelteleskope vom Typ Ritchey-Chrétien mit
                                         ­Coudé-Lichtweg

     Hauptspiegeldurchmesser             1,82 Meter

     Montierung                          Alt-Azimutal

     Erstes Licht                        Januar 2004–Dezember 2006

     Panoramaansicht des Very-Large-­
     Telescope-Interferometer-Tunnels.

14
P. Horálek/ESO

                 Sonnenuntergang am Paranal; eines
                 der Hilfsteleskope mit geöffneter
                 Kuppel ist bereit für Beobachtungen.

                                                  15
Teleskope
                                für Himmelsdurchmusterungen
                           Mit dem Visible and Infrared Survey          Mit einem Hauptspiegeldurchmesser
                           Telescope for Astronomy (VISTA)              von 4,1 Metern ist VISTA weltweit
                           und dem VLT Survey Telescope (VST)           das mit Abstand größte Teleskop für
                           befinden sich zwei weitere Teleskope         Himmelsdurchmusterungen im nahen
                           am Paranal-Observatorium der ESO.            Infrarot. Herzstück von VISTA ist eine
                           Sie gehören zu den weltweit leistungs­       drei Tonnen schwere Kamera mit
                           fähigsten Durchmusterungsteleskopen          16 für nahes Infrarotlicht empfindlichen
                           und steigern das wissenschaftliche           Detektoren mit insgesamt 67 Millionen
                           ­Entdeckungspotenzial des Paranal-­          Pixeln — sie hat ein größeres Blickfeld
                            Observatoriums erheblich.                   als alle anderen astronomisch genutzten
                                                                        Nahinfrarotkameras.
                           Viele interessante astronomische
                           Objekte — von lichtschwachen Braunen         Beim VST handelt es sich um ein
                           Zwergen in unserer Milchstraße bis zu        modernes 2,6 Meter-Teleskop, das mit
                           den entferntesten Quasaren — sind            OmegaCAM ausgestattet ist, einer
                           schwer zu entdecken. Große Teleskope         ­riesigen CCD-Kamera mit 268 Mega­
                           haben normalerweise immer nur einen           pixeln und einem Gesichtsfeld, das
                           winzigen Ausschnitt des Nachthimmels          ­viermal so groß ist wie die Fläche des
                           im Blick. VISTA und das VST hingegen           Vollmondes am Himmel. Das VST
                           sind für die schnelle und lichtstarke          führt Durchmusterungen im sichtbaren
                           Beobachtung großer Himmelsareale               Spektralbereich durch und ergänzt so
                           optimiert. Die beiden Teleskope füllen         VISTAs Infrarotbeobachtungen.
                           umfassende Archive von Bildern und
                           Objektkatalogen, deren Auswertung die
                           Astronomen über Jahrzehnte hinweg
                           beschäftigen wird.

                            Name                        VISTA

                            Standort                    In der Nähe des Cerro Paranal

                            Höhe                        2518 Meter

                            Wellenlängenbereich         Infrarot

                            Komponenten                 67-Megapixel-Kamera VIRCAM mit einem Gesichtsfeld
                                                        von 1,65° × 1,65°

                            Optisches Design            Modifiziertes Spiegelteleskop vom Typ Ritchey-Chrétien
                                                        mit Korrektorlinsen in der Kamera

                            Hauptspiegeldurchmesser     4,10 Meter

                            Montierung                  Alt-azimutale Gabel

                            Erstes Licht                11. Dezember 2009

                            Name                        VST

                            Standort                    Cerro Paranal

                            Höhe                        2635 Meter

                            Wellenlängenbereich         Ultraviolett/Sichtbares Licht/Nahinfrarot

                            Komponenten                 268-Megapixel-Kamera OmegaCAM mit einem
                                                        Gesichtsfeld von 1° × 1°

                            Optisches Design            Spiegelteleskop vom Typ Ritchey-Chrétien mit Korrektoren

                            Hauptspiegeldurchmesser     2,61 Meter

                            Montierung                  Alt-azimutale Gabel

                            Erstes Licht                8. Juni 2011
                                                                                                                   ESO/J. Emerson/VISTA

Diese Übersichtsaufnahme des
­O rionnebels (­Messier 42), der sich etwa
 1350 Lichtjahre von der Erde entfernt
 befindet, stammt vom ­VISTA-Teleskop am
 Paranal-­O bservatorium der ESO in Chile.

16
ESO/B. Tafreshi (twanight.org)
Im Inneren der VST-Kuppel mit der
leuchtenden Milchstraße darüber.

                                     ESO/B. Tafreshi (twanight.org)

Der Schutzbau des VISTA-Teleskops
bei Sonnenuntergang.

                                    17
Das ELT
                 Der Bau extrem großer Teleskope hat                  fünfzehnmal schärfere Bilder zu machen
                 in der bodengebundenen Astronomie                    als das Hubble Space Telescope. Sein
                 derzeit mit die höchste Priorität. Die               neuartiges Design sieht fünf Spiegel vor.
                 neuen Teleskopgiganten werden das                    Der Hauptspiegel wird aus 798 sechs­
                 astrophysikalische Wissen enorm                      eckigen Segmenten zusammengesetzt
                 ­voranbringen: Sie erlauben detaillierte             sein, die jeweils einen Durchmesser von
                  Untersuchungen zum Beispiel von                     ca. 1,4 Metern haben und nur 5 Zenti­
                  ­Planeten um andere Sterne, der ersten              meter dick sein werden.
                   Objekte im Universum, supermasse­
                   reichen Schwarzen Löchern oder der                 2024 soll das ELT sein erstes Licht
                   Natur und Verteilung der Dunklen                   sehen und sich dann einigen der größten
                   ­Materie und der Dunklen Energie, die              wissenschaftlichen Herausforderungen
                    unser Universum dominieren.                       unserer Zeit stellen. Dazu gehört die
                                                                      Untersuchung erdähnlicher Planeten in
                 Das revolutionäre Extremely Large                    der bewohnbaren Zone ihrer Muttersterne
                 Telescope (ELT) der ESO wird einen                   — der Nachweis eines solchen Planeten,
                 Hauptspiegel mit 39 Metern Durch­                    auf dem es Leben geben könnte, ist
                 messer und eine lichtsammelnde Fläche                eines der ehrgeizigsten Ziele der beob­
                 von fast 1000 Quadratmetern haben                    achtenden Astronomie. Darüber hinaus
                 und das größte Teleskop der Welt für                 soll das ELT stellare Archäologie in
                 sichtbares Licht und das nahe Infrarot               unseren Nachbargalaxien betreiben und
                 werden: gewissermaßen das größte                     grundlegende Beiträge zur Kosmologie
                 Auge, das die Menschheit auf den                     leisten, indem es die Eigenschaften
                 ­Himmel richtet. Das ELT wird größer sein            der ersten Sterne und Galaxien, der
                  als alle derzeit existierenden optischen            Dunklen Materie und der Dunklen Ener­
                  Teleskope zusammen und fünfzehnmal                  gie erforscht. Die Astronomen gehen
                  so viel Licht sammeln wie die größten               außerdem davon aus, dass sich aus den
                  optischen Teleskope heute. Mithilfe                 mit dem ELT gemachten Entdeckungen
                  adaptiver Optik wird es in der Lage sein,           neue, unvorhergesehene Fragen ergeben.

                 Name                             ELT

                 Standort                         Cerro Armazones

                 Höhe                             3046 Meter

                 Wellenlängenbereich              Sichtbares Licht/Nahinfrarot

                 Technik                          Fest verbaute adaptive Optik mit einem deformierbaren Spiegel
                                                  von 2,6 Metern Durchmesser und bis zu acht Laserleitsterne

                 Optisches Design                 Fünf-Spiegel-Design

                 Hauptspiegeldurchmesser          39 Meter

                 Montierung                       Alt-Azimutal

                 Erstes Licht                     2024

                           Größenvergleich der Hauptspiegel der zur Zeit im Bau befindlichen Riesenteleskope.

                  Large Synoptic         Giant Magellan            Thirty Meter                 Extremely Large
                 Survey Telescope          Telescope                Telescope                      Telescope

                     8,4 Meter              24,5 Meter               30 Meter                      39 Meter
ESO/L. Calçada

                  El Peñón, Chile        Las-Campanas-           Mauna Kea,Hawaii              Cerro Armazones,
                  (voraussichtlich     Observatorium, Chile       (voraussichtlich                   Chile
                       2020)          (voraussichtlich 2021+)          2022+)                (voraussichtlich 2024)

   18
Extremely Large                  Giant Magellan           Thirty Meter       Large Synoptic Survey
                      Telescope                       Telescope               Telescope               Telescope

            Cerro Armazones

          Armazones-Basislager

                                                                                            Straße

                                     23 Kilometer

                                                                       Cerro Paranal
ESO/M. Tarenghi

                              VISTA                   Very Large Telescope                  Paranal-Basislager

                                                                                                           Oben: Diese Grafik vergleicht die
                                                                                                           Kuppel des Extremely Large Tele­s cope
                                                                                                           mit denen bedeutender anderer
                                                                                                           ­b odengebundener Teleskope, die sich
                                                                                                            zur Zeit im Bau befinden.

                                                                                                           Unten: Dieses Luftbild des chilenischen
                                                                                                           Nordens zeigt die ESO-Standorte Paranal
                                                                                                           und Cerro Armazones sowie die Straße,
                                                                                                           die sie verbindet.

                                                                                                           Diese künstlerische Darstellung zeigt
                                                                                                           eine Nachtansicht des Extremely Large
                                                                                                           Telescope während des Betriebs auf dem
                                                                                                           Cerro Armazones im Norden Chiles.

                                                                                                                                                19
ALMA
                         Auf der Hochebene Chajnantor in der           ALMA erforscht die Grundbausteine
                         chilenischen Atacamawüste betreibt die        von Sternen, Planetensystemen, ganzen
                         ESO zusammen mit Partnern aus der             Galaxien und des Lebens selbst. So
                         ganzen Welt das Atacama Large Milli­          können Astronomen einigen der tiefgrei­
                         meter Array (ALMA), das größte astro­         fendsten Fragen zu unseren kosmischen
                         nomische Projekt überhaupt. Der hoch­         Ursprüngen nachgehen.
                         moderne Teleskopverbund untersucht
                         Strahlung von einigen der kältesten           Millimeter- und Submillimeterstrahlung
                         Objekte im Universum.                         wird beim Durchgang durch die Erdat­
                                                                       mosphäre von dem darin enthaltenen
                         ALMA besteht aus 66 Präzisions­               Wasserdampf stark abgeschwächt.
                         antennen: In der Hauptanordnung               Das ist der Grund, warum ALMA auf
                         ­arbeiten fünfzig Antennenschüsseln mit       5000 Metern Höhe über dem Meeres­
                          je 12 Metern Durchmesser wie ein             spiegel im Norden Chiles errichtet
                          ­einziges Teleskop zusammen. Ergänzt         wurde. Der Standort hat mit die
                           werden sie durch ein kompaktes Feld         ­trockenste Luft auf der Erde und es
                           von vier Antennen mit je 12 Metern           ­herrschen unübertroffene Beobach­
                           Durchmesser sowie zwölf Antennen mit          tungsbedingungen.
                           je 7 Metern Durchmesser.

                          ALMA untersucht das Universum mit            ALMA ist ein Gemeinschaftsprojekt der
                          unschlagbarer Empfindlichkeit bei Milli­     ESO, der US-amerikanischen National
                          meter- und Submillimeterwellenlängen         Science Foundation (NSF) der USA und
                          — bis zu zehnmal schärfer als das            den japanischen National Institutes of
                          NASA/ESA Hubble Space Telescope.             Natural Sciences (NINS) in Kooperation
                          Die beobachtete Strahlung liegt im           mit der Republik Chile. Getragen wird
                          Grenzbereich zwischen Infrarot- und          ALMA von der ESO im Namen ihrer
                          Radiostrahlung und stammt von ausge­         ­Mitgliedsländer, von der NSF in Zusam-
                          dehnten, kühlen Wolken im interstellaren      menarbeit mit dem kanadischen
                          Raum oder den ältesten und am weites­         ­National Research Council (NRC), dem
                          ten entfernten Galaxien im Universum.          taiwanesischen National Science Council
                          Diese Bereiche des Universums sind             (NSC) und NINS in Kooperation mit
                          oftmals dunkel und undurchdringlich            der Academia Sinica (AS) in Taiwan
                          für sichtbares Licht. Im Millimeter- und       sowie dem Korea Astronomy and Space
                          Submillimeterbereich leuchten sie              Science Institute (KASI).
                         ­dagegen hell.

                         Name                          ALMA

                         Standort                      Chajnantor

                         Höhe                          4576–5044 Meter

                         Wellenlängenbereich           Submillimeter

                         Technik                       Interferometrie mit Basislängen von 150 Metern
                                                       bis 16 Kilometern

                         Optisches Design              Cassegrain

                         Antennendurchmesser           54 × 12 Meter und 12 × 7 Meter

                         Montierung                    Alt-Azimutal

                         Erstes Licht                  30. September 2011
                                                                                                                   ESO/B. Tafreshi (twanight.org)

Diese Ansicht zeigt mehrere ALMA-­
Antennenschüsseln mit dem zentralen
Bereich der Milchstraße darüber.

20
ALMA (ESO/NAOJ/NRAO), J. Bally/H. Drass et al.

                                                                        Sternexplosionen werden üblicher­
                                                                        weise mit Supernovae in Verbindung
                                                                        gebracht, dem spektakulären Tod
                                                                        von Sternen. Neue ALMA-Beobach­
                                                                        tungen des Orionnebelkomplexes
                                                                        haben dagegen auch Einblicke in
                                                                        Explosionen am anderen Ende
                                                                        des stellaren Lebenszyklus geliefert,
                                                                        wenn Sterne geboren werden.
ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)/M. Kaufman & the NASA/ESA Hubble Space Telescope

                                                                        Dieses Bild, das Beobachtungen des
                                                                        Atacama Large Millimeter/submilli­
                                                                        meter Array (ALMA) und des NASA/
                                                                        ESA Hubble Space Telescope kombi­
                                                                        niert, zeigt einen seltenen kosmi­
                                                                        schen Anblick: ein wechselwirkendes
                                                                        Galaxienpaar, das eine augenförmige
                                                                        Struktur angenommen hat.

                                                                                                          21
APEX
                         Ein weiteres Instrument für Beobach­           der heute massereichsten Galaxien
                         tungen im Millimeter- und Submillimeter-       untersucht, analysiert wie Materie von
                         bereich befindet sich ebenfalls auf            einem supermassereichen Schwarzen
                         ­Chajnantor: das Atacama Pathfinder            Loch auseinandergerissen wird und
                          Experiment (APEX). Dabei handelt es           erstmals Moleküle wie Wasserstoff­
                          sich um ein Teleskop mit 12 Metern            peroxid im interstellaren Raum entdeckt.
                          Durchmesser, das auf einem Prototypen         Mit APEX werden außerdem die Bedin­
                          der ALMA-Antennen basiert und am              gungen innerhalb von Molekülwolken
                          ALMA-Standort betrieben wird. APEX            wie dem Orionnebel oder den „Säulen
                          war bereits mehrere Jahre vor ALMA in         der Schöpfung“ im Adlernebel erforscht
                          Betrieb. Nun da die größere Anlage voll­      und damit unser Verständnis solcher
                          ständig ist, übernimmt es die wichtige        Gaswolken, die Geburtsstätten neuer
                          Rolle eines Durchmusterungsteleskops.         Sterne sind, deutlich verbessert.

                         Wie ALMA ist auch APEX darauf ausge­           APEX ist ein Gemeinschaftsprojekt
                         richtet, bei Submillimeterwellenlängen         des Max-Planck-Instituts für Radio­
                         zu arbeiten, die der Schlüssel zu den          astronomie in Bonn, des Onsala Space
                         kühlsten, staubigsten und am weitesten         Observatory und der ESO, die auch
                         entfernten Objekten im Universum               für den Betrieb von APEX verantwortlich
                         sind. Über die Jahre hinweg hat APEX           zeichnet.
                         beispielsweise das unstete frühe Leben

                         Name                                        APEX

                         Standort                                    Chajnantor

                         Höhe                                        5050 Meter

                         Wellenlängenbereich                         Submillimeter

                         Optisches Design                            Cassegrain

                         Antennendurchmesser                         12 Meter

                         Montierung                                  Alt-Azimutal

                         Erstes Licht                                14. Juli 2005

Die Antennenschüssel des Atacama
Pathfinder Experiment (APEX) schaut
während einer hellen Mondnacht von
der Hochebene Chajnantor aus, einem
der höchstgelegenen und trockensten
Observatoriumsstandorte weltweit,
zum Himmel.

22
ESO/WFI (Optical); MPIfR/ESO/APEX/A. Weiss et al. (Submillimetre); NASA/CXC/CfA/R. Kraft et al. (X-ray)

                                                                                                          Farbkomposit von Centaurus A, das
                                                                                                          die Strahlungskeulen und Jets zeigt,
                                                                                                          die vom zentralen Schwarzen Loch
                                                                                                          dieser aktiven Galaxie ausgehen.
ESO/Digitized Sky Survey 2

                                                                                                                                                    ESO/B. Tafreshi (twanight.org)

                                                                                                          Diese eindrucksvolle neue Aufnahme
                                                                                                          der kosmischen Wolken im Sternbild
                                                                                                          Orion enthüllt eine Struktur, die wie
                                                                                                          eine feurige Schleife am Himmel wirkt.

                                                                                                                                                   23
La Silla
                                 Das La-Silla-Observatorium wurde in        jäger HARPS montiert, ein Spektrograf
                                 den 1960er Jahren als erstes der           mit bislang unerreichter Präzision.
                                 ESO-Observatorien errichtet. Hier
                                 betreibt die ESO nach wie vor zwei der     Die auf La Silla vorhandene Infrastruktur
                                 weltbesten Teleskope der 4-Meter-          wird von einer Reihe von ESO-Mitglieds­
                                 Klasse, so dass La Silla weiterhin eines   ländern für eigene Projekte genutzt, wie
                                 der wissenschaftlich produktivsten         etwa das Schweizer Leonhard-Euler-­
                                 Observatorien weltweit ist.                Teleskop mit einem Spiegeldurchmesser
                                                                            von 1,2 Metern oder das dänische
                                 Das New Technology Telescope (NTT)         1,5-Meter-Teleskop. Die Teleskope
                                 mit einem Spiegeldurchmesser von           REM (Rapid Eye Mount) und TAROT
                                 3,58 Metern leitete einst eine neue Ära    (Télescope à Action Rapide pour les
                                 des Teleskopbaus ein. Es war weltweit      Objets Transitoires) jagen dem Nach­
                                 das erste Teleskop mit aktiver Optik.      leuchten von Gammastrahlenausbrüchen
                                 Die Form seines Hauptspiegels wird         nach. Mit TRAPPIST (TRAnsiting Planets
                                 fortwährend computergestützt kontrol­      and PlanetesImals Small Telescope),
                                 liert und korrigiert. Heute findet diese   ExTrA (Exoplanets in Transits and their
                                 bei der ESO entwickelte Technik beim       Atmospheres) und MASCARA (The
                                 VLT und den meisten anderen Groß­          ­Multi-site All-Sky CameRA) dagegen
                                 teleskopen auf der Welt Anwendung.          wird nach Exoplaneten gesucht. Hinzu
                                                                             kommen BlackGEM, das nach sicht­
                                 Das 3,6-Meter-Teleskop auf La Silla ist     baren Gegenstücken von Gravitations­
                                 seit 1977 in Betrieb. Es wurde seither      wellenereignissen sucht, und das
                                 mehrmals gründlich überholt und zählt       ­Test-Bed Telescope — ein Projekt in
                                 nach wie vor zu den Spitzenteleskopen        Zusammenarbeit mit der europäischen
                                 der 4-Meter-Klasse auf der Südhalb­          Weltraumagentur ESA — das den
                                 kugel der Erde. Am 3,6-Meter-Teleskop        ­Himmel nach künstlichen wie natürlichen
                                 ist der weltweit führende Exoplaneten­        erdnahen Objekten durchmustert.

                                                                                               Dreifarbenkomposit-Mosaikdarstel­
                                                                                               lung des Adlernebels (Messier 16
ESO/B. Tafreshi (twanight.org)

                                                                                               bzw. NGC 6611), basierend auf
                                                                                               ­Einzelaufnahmen, die mit der Wide-
                                                                                                Field-Imager-Kamera am MPG/
                                                                                                ESO-2,2-Meter-Teleskop am La-Silla-
                                                                                                Observatorium entstanden sind.

      24
Nachtansicht des La-Silla-­
Observatoriums mit der
Kuppel des 3,6-Meter-Teleskops
der ESO vor dem Sternhimmel.

                                 25
CTA
       Das Cherenkov Telescope Array (CTA)         Mit seiner riesigen Lichtsammelfläche
       stellt die nächste Generation bodenge­      und der großen Himmelsabdeckung
       bundener Observatorien für hochener­        wird CTA das größte und empfindlichste
       getische Gammastrahlenastronomie            Observatorium der Welt für hochener­
       dar. Es ist vorgesehen, dass das Paranal-   getische Gammastrahlung sein. Es wird
       Observatorium den südlichen Teil der        die Gammastrahlung mit bisher uner­
       Anlage beherbergen wird, die sich damit     reichter Genauigkeit nachweisen können
       die bereits bestehende Infrastruktur der    und zehnmal empfindlicher sein als die
       ESO zunutze machen könnte.                  zur Zeit bestehenden Anlagen.

       Bei CTA sind insgesamt 118 Teleskope        Gammastrahlung wird von den heißesten
       weltweit vorgesehen, von denen 99 am        und energiereichsten Objekten im
       größeren südlichen Standort stationiert     ­Universum ausgesendet, beispielsweise
       sein sollen, der sich etwa 10 Kilometer      von supermassereichen Schwarzen
       südöstlich vom VLT befinden wird. Die        Löchern oder Supernovae. Zwar verhin­
       ESO würde die südliche Anlage betrei­        dert die Erdatmosphäre, dass diese
       ben und erhält im Gegenzug 10 % der          Gammastrahlung die Erdoberfläche
       Beobachtungszeit sowohl am südlichen         erreicht, aber CTAs Teleskopspiegel und
       als auch nördlichen — auf der Kana­          Hochgeschwindigkeitskameras werden
       reninsel La Palma gelegenen — Standort.      die ultrakurzen Lichtblitze aus dem
       Diese Beobachtungszeit würde Wissen­         ­charakteristischen, blauen Cherenkov-
       schaftlern in den ESO-Mitgliedsländern        Licht vermessen, die entstehen, wenn
       zur Verfügung gestellt. Weitere 10 % der      die Gammastrahlung mit der Erdat­
       Beobachtungszeit am südlichen Stand­          mosphäre in Wechselwirkung tritt. Über
       ort werden für chilenische Forschungs­        den Ursprungsort dieses Leuchtens
       institute reserviert sein.                    lässt sich auch die kosmische Quelle
                                                     der Gammastrahlung identifizieren. So
       CTA wird eine offene Einrichtung für          kann man die extremsten und gewal­
       die wissenschaftliche Gemeinschaft            tigsten Ereignisse im Hochenergieuni­
       sein. Mehr als 1350 Forscher und              versum untersuchen.
       ­Ingenieure von fünf Kontinenten, aus
        32 verschiedenen Ländern und über
        210 Forschungsinstituten sind derzeit
        Teil des CTA-Projekts.
CTAO

26
So soll der südliche Teil des
­zukünf­tigen Cherenkov Telescope
 Array einmal aussehen.

                                    27
Die ESO und Chile
                          Am 6. November 1963 wurde die erste         ALMA und CONICYT verwaltet w    ­ erden,
                          Vereinbarung zwischen der chilenischen      zur Entwicklung der Astronomie in
                          Regierung und der ESO unterzeichnet,        Chile bei und unterstützt eine breite
                          die die Grundlage einer nun über mehr       Palette an Aktivitäten in Wissenschaft,
                          als 50 Jahre währenden Erfolgsge­           Technologie und Bildung. Die chileni­
                          schichte darstellt und außerdem eine        sche astronomische Gemeinschaft
                          bedeutende kulturelle Verbindung            hat außerdem bevorzugten Zugang zu
                          ­zwischen Chile und Europa geknüpft hat.    einem Teil der Beobachtungszeit an
                           Die ESO engagiert sich in der engen        ESO-­Teleskopen.
                           und äußerst fruchtbaren Zusammen­
                           arbeit mit Chile in vielen verschiedenen   Zusätzlich führt die ESO mehrere regio­
                           Bereichen: auf Regierungsebene, im         nale und lokale Projekte in den Regionen
                           universitären Bereich, an wissenschaft­    Coquimbo und Antofagasta durch, wo
                           lichen Forschungsinstituten und in der     sich die ESO-Observatorien befinden.
                           Industrie.                                 Die ESO fördert außerdem Naturschutz­
                                                                      programme und das Bewusstsein für
                          Während dieser Kollaboration haben          lokales kulturelles Erbe inklusive des
                          sich die wissenschaftlichen, techno­        dunklen Nachthimmels in diesen Regio­
                          logischen und ingenieurtechnischen          nen.
                          Kompetenzen Chiles Hand in Hand mit
                          den Fortschritten der Astronomie und        Die Kooperation zwischen Chile und
                          den dazugehörigen Technologien in           der ESO hat sich nicht nur als beson­
                          den ESO-Mitgliedsländern entwickelt.        ders eng und langanhaltend erwiesen,
                          Dieser Prozess hat chilenische Wissen­      sondern ist gleichzeitig auch flexibel.
                          schaftler und Ingenieure zu wichtigen       Wichtig ist dabei insbesondere, dass
                          Partnern für die ESO gemacht.               die Zusammenarbeit interessante
                                                                      gemeinsame Wege in die Zukunft ver­
                          Die ESO trägt über Finanzmittel, die von    heißt — zum Wohle Chiles, der ESO-­
                          gemeinsamen Komitees der ESO und            Mitgliedsländer und des Fortschritts
                          der chilenischen Regierung bzw. von         in Wissenschaft und Technologie.

Laguna Miñiques liegt hoch im Altiplano
der Anden nahe der Grenze zu Argentinien,
                                                                                                                 A. Duro/ESO

etwa 80 Kilometer südlich von ALMA.
­Touristen passieren diesen wunderschönen
 See auf der Ruta 23 nach Argentinien.

28
Von der Idee zum publizierten
    Fachartikel: der Fluss der Daten
Der Betrieb der ESO-Teleskope ist ein        wurden. Weiterhin sind auch Daten
nahtloser Prozess, der bereits dann          gespeichert, die mit den Teleskopen auf
beginnt, wenn Astronomen Beobach-            La Silla und mit dem APEX-Submillimeter-
tungsprojekte für bestimmte wissen-          teleskop auf Chajnantor entstanden sind.
schaftliche Fragestellungen vorschlagen.     Üblicherweise werden Beobachtungsda-
Diese Anträge werden von Experten aus        ten ein Jahr nach ihrer Aufnahme öffentlich
der wissenschaftlichen Gemeinschaft          zugänglich gemacht, so dass andere Wis-
begutachtet. Für alle genehmigten Pro-       senschaftler sie ebenfalls nutzen können.
jekte werden detaillierte Anweisungen
erstellt, wie die Beobachtungen durchge-     Die traditionelle Art und Weise Beobach-
führt werden sollen.                         tungen durchzuführen erfordert, dass die
                                             Astronomen zu den Teleskopen reisen
Die Beobachtungen werden dann nach           und die Beobachtungen selbsttätig, wenn
diesen Vorgaben mit den ESO-Teleskopen       auch mit Unterstützung von erfahrenem
durchgeführt, und die Daten sind für         Personal vor Ort vornehmen. Diese Vorge-
die beteiligten Wissenschaftler direkt im    hensweise wird auch als Gastbeobachter-
Anschluss über das ESO-Archiv verfügbar.     Modus (engl. Visitor Mode) bezeichnet.
Anhand der wissenschaftlichen Beobach-       Sie ermöglicht den Wissenschaftlern eine
tungen und den dazugehörigen Kalibra­        Anpassung ihrer Beobachtungs­strategie
tionsdaten beurteilen ESO-Wissenschaftler    insbesondere an die atmosphärischen
außerdem die Qualität der Daten und          Bedingungen, sogar dann, wenn die ers-
überwachen das Verhalten der In­stru-        ten Daten bereits aufgenommen wurden.
mente im Detail, damit sichergestellt ist,   Eine Garantie dafür, dass die notwendi-
dass sie innerhalb ihrer Spezifikationen     gen Grundvoraussetzungen ­hinsichtlich
arbeiten. Dieser Prozess hängt unmittelbar   der Beobachtungsbedingungen tatsäch-
vom kontinuierlichen Transfer gewaltiger     lich gegeben sind, gibt es allerdings nicht.
Datenmengen zwischen den Observa­
torien in Chile und dem ESO-Hauptsitz in     Die ESO hat ein alternatives Schema
Garching ab.                                 ­entwickelt, den sogenannten Service
                                              Mode, bei dem die Grundvoraus­
Sämtliche wissenschaftlichen Daten            setzungen, die zum Erreichen der wissen-
­werden ebenso wie die Kalibrationsinfor-     schaftlichen Ziele notwendig sind, vorab
 mationen im wissenschaftlichen Archiv        spezifiziert werden. Auf der Basis dieser
 der ESO gespeichert. Das Archiv enthält      Vorgaben werden die Beobachtungen
 sämtliche Beobachtungen, die seit dem        am Teleskop zeitlich flexibel geplant und
 Betriebsbeginn auf dem Paranal mit dem       durchgeführt. Aufgrund der vielen Vorteile
 Very Large Telescope, seinem Interfero-      dieser flexi­blen Strategie wählen 60–70%
 meter und mit den Durchmusterungste-         der VLT-Nutzer diesen Modus.
 leskopen VISTA und VST aufgenommen

                                                                 Das Datenzentrum am ESO-Hauptsitz
                                                                 in Garching bei München, wo die
                                                                 Daten der ESO-Teleskope archiviert
                                                                 und weiterverteilt werden.

                                                                                                      29
Partnerschaften
                          Die Förderung der Zusammenarbeit                Die europäische Industrie spielt bei
                          der Astronomen gehört zu den Haupt­             den Projekten der ESO eine entschei­
                          aufgaben der ESO, und die Organisation          dende Rolle. Um den Nutzern immer
                          hat eine entscheidende Rolle bei der            bessere astronomische Teleskope und
                          Schaffung eines europäischen For­               Instrumente zur Verfügung stellen zu
                          schungsumfeldes für Astronomie und              können, arbeitet die ESO eng mit einer
                          Astrophysik gespielt.                           Vielzahl europäischer Hochtechnologie-
                                                                          unternehmen zusammen. Mit ihrer
                          Tausende von Astronomen — nicht nur             ­aktiven und enthusiastischen Beteili­
                          aus den ESO-Mitgliedsländern — nutzen            gung machen Industriepartner aus allen
                          jährlich für ihre Forschung Daten, die           ­Mitgliedsländern sowie aus Chile solche
                          an ESO-Observatorien gewonnen wur­                Projekte erst möglich.
                          den. Dabei finden sich die Astronomen
                          für ihre Forschung oftmals über Landes­         Nicht nur in der astronomischen
                          grenzen hinweg zu Projektgruppen                ­Forschung, sondern auch im Bereich
                          zusammen.                                        Technologieentwicklung unterhält die
                                                                           ESO enge Kontakte zu einer Vielzahl
                          Die ESO bietet ein umfangreiches Pro­            von u
                                                                               ­ niversitären Forschergruppen
                          gramm für Studenten und Fellows.                 innerhalb und außerhalb der Mitglieds­
                          ­Erfahrene Wissenschaftler aus den Mit­          länder. Die Astronomen der Mitglieds­
                           gliedsländern und aus anderen Staaten           länder sind dabei unmittelbar an der
                           arbeiten zeitweise als Gastwissenschaft­        Planung und Verwirklichung der wissen­
                           ler an den verschiedenen ESO-Standor­           schaftlichen Instrumente für die gegen­
                           ten und tragen auf diese Weise zur Mobi­        wärtigen ESO-Teleskope und für andere
                           lität europäischer Wissenschaftler bei.         bereits existierende oder geplante
                           Zusätzlich unterhält die ESO ein vielfälti­     Teleskope beteiligt. Solche Entwick­
                           ges internationales Konferenzprogramm           lungsarbeit ­bietet die Chance, nationale
                           zu Themen aus der astronomischen                Exzellenzzentren aufzubauen, und
                           Spitzenforschung und -technologie; sie          zieht viele junge Wissenschaftler und
                           leistet außerdem logistische Unterstüt­         Ingenieure an.
                           zungsarbeit für die internationale Fach­
                           zeitschrift Astronomy & Astrophysics.

                                                           Arbeiten bei der ESO
                          Sie interessieren sich für eine Tätigkeit in einer anregenden internationalen Umgebung an der
                          Spitze technologischer Innovation? Bei der ESO erleben Sie ein inklusives, internationales
                          und multikulturelles Arbeitsumfeld, in dem Respekt und Zusammenarbeit vorrangig sind und
                          sowohl individuelle wie auch im Team erarbeitete Beiträge gefordert sind. Egal ob Sie Mitglied
                          unserer technischen, wissenschaftlichen oder unterstützenden Bereiche werden, Sie werden
                          Teil eines vielfältigen und talentierten Teams, das direkt zu einigen der herausforderndsten
                          astronomischen Projekte beiträgt. Weitere Informationen finden Sie unter jobs.eso.org und
                          www.linkedin.com/company/european-southern-observatory.

                                                                                                                             ESO/Max Alexander

Flaggen der ESO-Mitgliedsländer auf                                                    Mitarbeiter und Konferenzteilnehmer
der Beobachtungsplattform des Very                                                     bei der ESO.
Large Telescope.

30
Bildungs-
                                                                und Öffentlichkeitsarbeit
                                                 Gezielte Investitionen in Bildungs- und             Das Zentrum bietet mit seinen interaktiven
                                                 Öffentlichkeitsarbeit machen es der ESO            ­as­tronomischen Ausstellungen eine
                                                 möglich, sowohl die Wissenschaft Astro-             immersive Erfahrung, die die faszinierende
                                                 nomie allgemein als auch die neuesten               Welt der Astronomie und der ESO greif-
                                                 Forschungsergebnisse, die mit dem wich-             bar macht und den Besucher in E    ­ hrfurcht
                                                 tigsten bodengebundenen Observatorium               vor dem Universum zurücklassen, in dem
                                                 weltweit entstanden sind, mit der Öffent-           wir leben. An der ESO Supernova finden
                                                 lichkeit und den Medien zu teilen. Die              außerdem lehrplan­orientierte Workshops
                                                 ESO produziert eine Reihe von frei ver-             für Schüler und ­Lehrer statt, die eine
                                                 fügbaren hochwertigen Produkten wie                 unvergessliche ­Lernerfahrung bieten.
                                                 Bilder, Videos und gedruckte Materialien.
                                                                                                    Zusammen mit der ESO Supernova pro-
                                                 Das ESO Supernova Planetarium &                    duziert die ESO kostenfreie Planetariums­
                                                 ­Besucherzentrum am ESO-Hauptsitz in               shows für andere Planetarien, innovative
                                                  Deutschland ist das erste Open-Source-            und authentische Open-Source-Wissen-
                                                  Planetarium der Welt und ein hoch­                schaftsvisualisierungen und das erste
                                                  modernes, öffentliches und für die Besu-          Echtzeit-Datenverteilungssystem für
                                                  cher kostenloses Astronomiezentrum.              ­Planetarien weltweit.

                                                                                   Bleiben Sie in Kontakt
                                                 Die ESO hat eine vielfältige und aktive Präsenz auf einer Vielzahl von Plattformen in den sozialen
                                                 Medien und erreicht über Facebook, Twitter, Instagram, Pinterest, Flickr, YouTube und LinkedIn
                                                 mehrere Hundert Millionen Menschen pro Jahr. Verbinden Sie sich mit uns und bleiben Sie auf
                                                 dem Laufenden hinsichtlich der neuesten Entdeckungen, seien Sie die ersten, die atemberaubende
                                                 Bilder zu sehen bekommen, die mit ESO-Teleskopen aufgenommen wurden, und bekommen Sie
                                                 einen Einblick in das Tagesgeschäft unserer hochmodernen Observatorien. Die ESO versendet
                                                 außerdem wöchentliche Newsletter mit eindrucksvollen Aufnahmen des Universums, den neuesten
                                                 Forschungsergebnissen der ESO-Teleskope und Neuigkeiten über die Organisation selbst.
Architekten Bernhardt + Partner (www.bp-da.de)

                                                                                                                                      Das ESO Supernova Planetarium &
                                                                                                                                      ­Besucherzentrum wird ein Schaufenster
                                                                                                                                       zur Astronomie für die allgemeine
                                                                                                                                       ­Ö ffentlichkeit sein. Möglich gemacht
                                                                                                                                        wird es durch eine Zusammenarbeit des
                                                                                                                                        Heidelberger Instituts für Theoretische
                                                                                                                                        Studien (HITS) mit der ESO.

                                                                                                                                                                             31
www.eso.org

                                                                                ESO/M. Kornmesser

ESO-Hauptsitz
Karl-Schwarzschild-Str. 2, 85748 Garching bei München, Deutschland
Telefon: +49 89 32006 0 | Fax: +49 89 320 23 62 | E-Mail: information@eso.org

        09.2017 — Deutsch
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