Außerordentliche Herausforderungen - Jugend Technik Schule
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I N H A LT DIE POSITIVE KEHRSEITE | ESCAPE GAME ALS ALTERNATIVE | 74 SCHNEEMANN ZAUBERNASE | FASZINATION DER PRAKTISCHEN ARBEIT | WISSEN FAIR:TEILEN 202 0 Außerordentliche Herausforderungen
STANDPUNKT Der Weg zum Gipfel (der Erkenntnis) ist herausfordernd, aber wer ihn erklimmt, sieht weiter. So wird es der Menschheit auch bei der Bekämpfung der Pandemie gehen! Liebe Leser*innen, Die positive Kehrseite dass die Corona-Pandemie auf Grund ihres Gefähr- dungspotenzials weltweit über einen so langen Zeit- raum derart gravierende Einschränkungen des Ge- sellschafts-, Wirtschafts- und Alltagslebens mit sich VON SIEGHARD SCHEFFCZYK bringen würde, wer hätte das vor einem Jahr schon gedacht! Not macht bekanntlich erfinderisch, Gefah- rensituationen lösen Adrenalinstöße aus und können Die Corona-Pandemie verlangt uns allen Der Krankenstand – ansonsten üblicher- den menschlichen Erfindergeist zu Hochtouren auf- so einiges ab. Nicht jeder begegnet den weise insbesondere im Herbst durch Er- laufen lassen. Die in Rekordzeit entwickelten Corona- damit verbundenen Einschränkungen kältungen aller Art geprägt – liegt 2020 Impfstoffe belegen dies ebenso wie zahlreiche andere und Zumutungen mit Verständnis und „unterhalb der Rauschschwelle“. Das Be- innovative Ansätze, die dazu beitragen, das Leben un- Geduld. Indes, dass diese bei aller ver- finden der Kinder ist weder durch Niesen ter den veränderten Bedingungen zu meistern. Das als meintlichen Widersprüchlichkeit und noch Husten beeinträchtigt! ein Signum für diese Entwicklung stehende Substantiv Diskontinuität unumgänglich - ja gera- Homeoffice – 2019 noch kaum erwähnt – hat sich in die dezu lebenswichtig sind – wird von der Zunächst hielt ich dieses Phänomen Schlagzeilen der Medien eingeschrieben und wird sei- überwiegenden Mehrheit der Zeitgenos- für zufällig und kaum nachvollzieh- nen Platz dort wohl noch eine Weile behaupten. Auch sen nicht bestritten. Auch wenn die so- bar. Im Gespräch mit den begleitenden wenn diesem „millionenfachen Arbeitsplatz in der ei- genannten AHAL-Regeln – L steht dabei Pädagog*innen stellte sich jedoch her- genen Wohnung“ nach dem Ende der Pandemie seine für Lüften - sicherlich nicht der Weisheit aus, dass dieser Eindruck durchaus nicht Existenzberechtigung nicht gänzlich abzusprechen letzter Schluss sind, so haben sie ihre trügt. Auch sie haben die Wahrneh- sein wird, sollte man sich keine Illusionen darüber ma- Praxistauglichkeit vielfach unter Beweis mung, dass ihre Schüler*innen gesünder chen, dass Präsenzarbeit in den Unternehmen dadurch gestellt. sind als sonst. Manifestiert sich darin nicht ersetzt werden kann. Autos, Computer, Kühl- etwa die „positive Kehrseite der Medail- schränke, Waschmaschinen und andere Massenpro- Mehr noch, wir tun gut daran, diese Re- le“, winkt hier der (verdiente) Lohn pro- dukte lassen sich nun einmal nicht im stillen Kämmer- geln auch nach Eindämmung der Verbrei- bater (Hygiene)Standards, die – obwohl lein produzieren – ebenso wenig wird Homeschooling tung von Covid 19 durch eine wirksame bei Weitem nicht neu – erst unter dem den Präsenzunterricht auf absehbare Zeit eliminieren. Impfung nicht wieder in Vergessenheit Diktat des Virus konsequent eingeführt Bei beiden gilt es, die Balance zu wahren und Schief- geraten zu lassen. Diese Behauptung worden sind? lagen zu vermeiden. Digitalisierung ist wichtig und un- stützt sich auf eine Beobachtung, die ich verzichtbar, virtuelles Handeln erweitert den Horizont im pädagogischen Wirkungsfeld zu mei- Als medizinischer Laie vermag ich die- – dennoch behält praktisches Handeln in der Realität ner anfänglichen Verblüffung gemacht se Frage nicht mit wissenschaftlicher – z. B. bei der „Ausbildung der Hand“– seinen Stellen- habe: Ich konnte feststellen, dass der Ge- Sicherheit zu beantworten. Der gesunde wert. Denn bis eine neue Robotergeneration uns Men- sundheitszustand der uns besuchenden Menschenverstand sagt mir aber, dass schen sämtliche (Routine)Arbeiten abnehmen wird, Schüler*innen aus allen Bezirken Berlins es zumindest so sein könnte. Haben Sie, dürften wohl noch etliche Jahre vergehen – und ob es – die meisten von ihnen im Grundschul- liebe Leserinnen und Leser, in Ihrem jemals soweit kommt, wer weiß das schon so genau? alter – in diesem Jahr ganz offensicht- beruflichen Umfeld vielleicht ähnliche In den Beiträgen der vorliegenden Ausgabe spiegeln lich besser als in „normalen“ Jahren ist. Erfahrungen gemacht? Auf Ihre Antwor- sich diese Aspekte aus unterschiedlichen Blickwinkeln Die Klassen sind fast immer vollzählig. ten bin ich gespannt!. wider. Damit können Sie, liebe Leser*innen, auch in au- ßergewöhnlichen Zeiten auf eine Informationsquelle zurückgreifen, die in bewährter Weise nützliche Hin- weise und Anregungen „aus der Praxis für die Praxis“ IMPRESSUM für Sie bereithält. Es wäre mir eine Freude, wenn Sie Herausgeber: Technische Jugendfreizeit- und Bildungsgesellschaft (tjfbg) gGmbH diese aufgreifen und in Ihrem Wirkungsfeld umsetzen Geschäftsführer: Thomas Hänsgen, v. i. S. d. P. | Wilhelmstraße 52 · 10117 Berlin | www.tjfbg.de würden, egal ob im Homeoffice oder in der Einrichtung Redaktion: Sieghard Scheffczyk | Grafik: Sascha Bauer | Auflage: 3000 | ISSN 1862-2402 | 20. Jahrgang vor Ort! BILDNACHWEISE: S. 1, 2, 14 Adobe-Stock, S. 6, 7, 10, 11 S. Scheffczyk, S. 12, 13 VDI NP, S. 4, 5 Science on Stage, S. 8, 9 R. Rehmann Sieghard Scheffczyk Redakteur der KON TE XIS-Informationsschrift ZERTIFIZIERT EN ISO 9001 ZERTIFIKAT NR. 2010010187 TÜV AUSTRIA CERT GMBH 2 KON TE XIS #74_2020
NEWS Innovatives Kooperationsnetzwerk Die als Antwort auf die pandemiebedingten Einschränkungen MINT-Unterrichtsreihen im schulischen und außerschulischen Bildungsbereich im März gestartete deutschlandweite Plattform für digitale zum Herunterladen Bildungsangebote www.corona-school.de, die von Bonn aus agiert, kann bereits auf beachtliche Erfolge hinweisen. Wie aus einer Presseinformation der Stiftung Jugend forscht, Um Interesse und Begeisterung für Technik und Naturwissenschaften einem der Kooperationspartner der Initiative, vom 19.11.2020 zu wecken, sollten die MINT-Themen anschaulich, spannend und hervorgeht, nutzten zu diesem Zeitpunkt schon rund 13 000 interaktiv vorgestellt werden. Für Lehrkräfte stellt think ING. daher Schüler*innen deren Angebote von über 10 000 ehrenamtlich eine Sammlung von Unterrichtsreihen für die Grundschule, Gesamtschule engagierten Helfer*innen – Student*innen von Hochschulen und das Gymnasium rund um die Themen Naturwissenschaften, Energie und Universitäten – zur individuellen und kollektiven Lern- und Umwelt zur Verfügung. Die Unterrichtsreihen helfen dabei, die förderung. Maria Matveev, Projektleiterin der Corona School Themen ausführlicher, abwechslungsreicher und praxisnah zu vermitteln. e. V., erklärte hierzu, dass die Plattform in Corona-Zeiten und Zu den Reihen gehören unter anderem Machine Learning in der Schule, darüber hinaus einen essentiellen Beitrag zu mehr Bildungs- Datenverschlüsselung, Die Stromversorgung der ISS und Alles im grünen gerechtigkeit leisten will. Diesem Anliegen dient auch das Bereich – Unterrichtskonzepte zu Fotosynthese und Biogas. Das Material gemeinsame Online-Angebot mit der Stiftung Jugend forscht kann kostenlos heruntergeladen und für den MINT-Unterricht eingesetzt e. V., das junge Talente in Mathematik, Informatik, Naturwis- werden. Neben den Unterrichtsreihen, die als PDF verfügbar sind, bietet senschaften und Technik (MINT) bei der Erarbeitung eigener think ING. außerdem eine Anzahl von Printmaterialien an, die Lehrkräfte Projekte unterstützen wird. Das neue 1:1-Projektcoaching soll ebenfalls kostenlos bestellen können. Kinder und Jugendliche in die Lage versetzen, selbst erfolg- reich zu forschen, ihre Ideen zu verwirklichen und mit einem https://s.think-ing.de/unterrichtsreihen eigenen MINT-Projekt am Wettbewerb Jugend forscht/ Schüler*innen experimentieren teilzunehmen. corona-school.de Neugierig? Die VDI-Gesellschaft Verfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen widmet sich intensiv der Nachwuchsgewinnung. Diesem Anliegen dient auch die jüngst veröffentlichte Broschüre „Neugierig auf …“, die junge Menschen für ein Studium auf dem Gebiet der Verfahrenstechnik und des Chemieingenieurwesens interessieren möchte. Den Herausgebern dieser Publikation – Mitgliedern der VDI-Nachwuchsorganisation der jungen kreativen Verfahrensingenieur*innen (kjVI) – gelingt es, die eigene Begeisterung, die sie während des Studiums sowie in den darauf- folgenden Berufsjahren für ihr jeweiliges Fachgebiet entwickelten, prägnant und überzeugend in der Broschüre zum Ausdruck zu bringen. Kompaktheit und Praxisbezug werden die Zielgruppe überzeugen. Die kostenlose Broschüre kann in einer Anzahl von max. 50 Exemplaren per E-Mail gvc@vdi.de bestellt werden. PDF – Google it: Neugierig auf Verfahrenstechnik Fragen, Anregungen & Kritik: info@kontexis.de | www.kontexis.de 3
SCIENCE ON STAGE Ein Escape- Game als Alternative Deutsch-italienischer Schüler*innen- austausch funktioniert auch virtuell VON LAILA OUDRAY Alles begann damit, dass Gregor von Borstel, Chemielehrer am Ein aufgeklärter Fall Alexander-von-Humboldt-Gymna- sium im nordrhein-westfälischen Chemie in der Praxis „hautnah“ erleben – Dieses rundum gelungene Projekt, bei dem Bornheim, am Europäischen um dieses Anliegen umzusetzen und den nicht nur alle Akteur*innen mit Feuereifer bei Schüler*innen beider Länder einen ultima- der Sache waren, sondern viele neue Erkennt- Science- on-Stage-Festival 2015 in tiven Kick zu bieten, hatte man sich an der nisse gewannen, bildete den Höhepunkt des London teilnahm und den Euro- FOS etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Besuchsprogramms für die deutschen Gäste. pean STEM Teacher Award für sein Die beteiligten Lehrkräfte inszenierten einen innovatives Projekt „Bodyheater“ Mordfall, der innerhalb eines Vormittags ge- Zusätzlich zum Krimi-Tag wurden den Jugend- löst werden musste. Ein Lehrer stellte sich als lichen aus Deutschland weitere Highlights aus gewann. In London stieß dieses fiktives Opfer zur Verfügung. Er wurde um 7.15 Südtirol gezeigt. Neben einer Stadtführung Projekt auf großes Interesse bei Uhr von einer Reinigungskraft im Probenraum durch Meran, organisiert von der touristischen den Festivalbesuchern. So wurde der Schule aufgefunden. Wenig später be- Fachrichtung der FOS, besuchten sie das Skige- v. Borstel von Lehrkräften aus gann das Spurensicherungsteam die Beweise biet Meran 2000 und das Archäologiemuseum am Tatort aufzunehmen und sie den Ermitt- in Bozen. Südtirol eingeladen, sein Projekt in lerteams zu übergeben. Anhand unterschied- Meran vorzustellen. Nach mehre- licher forensischer Labor-Workshops mussten Dem Virus ein Schnippchen schlagen ren erfolgreichen Lehrkräftefort- die Schüler*innen der dritten Klasse der Fach- bildungen in Südtirol schloss sich richtung Biotechnologie und des Alexander- Als es dann nach drei Tagen am Bahnhof ans von-Humboldt-Gymnasiums dem Täter oder Abschiednehmen ging, freuten sich beide Sei- ab 2018 ein Schüleraustausch an. der Täterin auf die Spur kommen. Neben der ten auf das für Mai geplante Wiedersehen in Dann im Januar 2020 trafen sich Untersuchung von Fingerabdrücken, Haarpro- Bornheim. Zu diesem Zeitpunkt ahnt noch kei- in Meran jeweils zehn Jugendliche ben, Blut- und DNA-Spuren wurden auch Ob- ner der Anwesenden, dass deren Kooperation vom Alexander-von-Humboldt duktionen vorgenommen. Darüber hinaus vor schweren Zeiten stehen würde. Knapp zwei sollte der chemische Nachweis von Alkohol Monate später wurden wegen der Corona-Pan- Gymnasium in Bornheim und der und Drogen helfen, den fiktiven Kriminalfall demie zunächst in Italien, kurz darauf aber auch dortigen Mari-Curie-Fachober- zu lösen. Gleichzeitig wurden die verdächtigen in Deutschland, beispiellose Kontaktbeschrän- schule für Tourismus und Biotech- Personen einvernommen und deren Alibis sorg- kungen eingeführt, die einen internationalen nologie (FOS), um gemeinsam an fältig auf Plausibilität überprüft. Bereits gegen Schüleraustausch selbst auf längere Sicht uto- 12 Uhr war der Fall gelöst. Die Täterin konnte pisch erscheinen ließen. einem Workshop teilzunehmen, anhand von Indizienbeweisen zweifelsfrei er- der einem spannenden Krimi glich. mittelt werden. 4 KON TE XIS #74_2020
Autorin: Laila Oudray ist Mitarbeiterin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von Science on Stage Deutschland e. V. presse@science-on-stage.de SCIENCE ON STAGE Jedoch – sollte wirklich eine so fruchtbare Ko- entschlossen sich, neue Wege zu gehen, um den Virtueller Besuch motivierte zu mehr operation pausieren und die Schüler*innen Austausch stattfinden zu lassen, nur eben vir- auf eine so spannende Erfahrung verzichten tuell! In einer ersten Videokonferenz diskutier- Es waren intensive Wochen der Vorbereitung, müssen? ten sie verschiedene Möglichkeiten. Dr. Andrea doch dank der digitalen Möglichkeiten an bei- Schumacher, Biologie- und Chemielehrerin am den Schulen, dem Interesse, etwas Neues aus- Die am MINT-Schüleraustausch beteiligten Alexander-von-Humboldt Gymnasium, brach- zuprobieren und dem exzellenten Engagement Lehrkräfte der Marie-Curie-Fachoberschule te dabei die Idee eines digitalen Escape-Games aller Beteiligten wurde auch der virtuelle Rück- und des Alexander-von-Humboldt-Gymnasi- ins Spiel. Als Mitglied beim Teachers Think Tank besuch zu einem vollen Erfolg, der zum digita- ums hatten sich schnell entschieden: Nein. Sie zur Entwicklung von Escape Games für den len Weitermachen motivierte. MINT-Unterricht hatte sie viel Erfahrung mit dieser Materie und erstellte umgehend eine Gregor von Borstel nimmt aus diesem gelunge- Die Online-Veranstaltungen erste Testversion. Gregor von Borstel war so- nen Format viel mit: „Gerade weil die Südtiro- von Science on Stage fort begeistert: „Schon an diesem ersten Abend ler Kollegen im Frühling schon deutlich weiter war uns allen klar, wie sehr uns dies fesselt und und versierter im Bereich des Distanzunter- Mit unseren Online-Seminaren und Spaß macht. Und dass wir dies mit und für die richts waren, konnte ich sie vieles konkret fra- virtuellen Stammtische können MINT- Schüler*innen unbedingt gestalten wollten.“ gen. Dies war parallel von großem Nutzen für Lehrkräfte sich bequem von Zuhause aus meine Arbeit mit Referendar*innen und den weiterbilden und mit Gleichgesinnten Innerhalb von sechs Wochen wurde das Alexan- Schüler*innen“. austauschen. Die Teilnahme ist kosten- der-von-Humboldt-Gymnasium zu einem digi- frei. Viele unserer Referentinnen und talen Escape-Room. Die Lehrkräfte nutzen dafür Aktuell bereiten die Lehrkräfte ein komplett di- Referenten sind MINT-Lehrkräfte, die unterschiedliche Programme wie Microsoft gitales Format für das kommende Jahr vor, da mit einem Unterrichtsprojekt bei einem Teams, OneNotes und ThinkLink. Schon früh voraussichtlich auch weiterhin keine Besuche unserer Festivals teilgenommen haben wurden die Schüler*innen in den Prozess mit stattfinden werden und sich die Schüler*innen oder an einem unserer internationalen einbezogen, indem sie immer wieder vorläufi- leider (noch) nicht live kennenlernen können. Lehrerprojekte beteiligt waren. Weite- ge Versionen testen konnten, sodass inhaltliche Eine neue Herausforderung, aber keine, die von re Informationen über unser digitales und technische Schwierigkeiten beseitigt wer- Borstel scheut: „Im Gegenteil: ich freue mich Angebot, sowie ein Überblick über die den konnten. Am Ende stand dann ein sechs- schon darauf, wieder in dieser außergewöhnli- kommenden Termine finden Sie hier: stündiges Spiel, bei dem die die Schüler*innen chen Truppe etwas gestalten zu dürfen.“ science-on-stage.de/digitale-angebote als Team zahlreiche Rätsel lösen mussten, um am Ende aus der Schule zu entkommen. 5
JUGENDTECHNIKSCHULE I Lüsterklemmen-Schraubtechnik – Der Siegeszug Gelungene Reaktionen auf veränderte Bedingungen VON SIEGHARD SCHEFFCZYK Die JugendTechnikSchule Berlin befand sich zu Beginn des Jahres 2020 in der gewohnt komfor- tablen Lage: Die Kursangebote waren nicht nur im aktuellen Schuljahr komplett ausgebucht – Anfang Januar standen mehr als 30 Berliner Schulen auf der Warteliste, die auf den Erhalt eines Rückgabetermins hofften. Selbst für die kommenden beiden Schuljahre gab es nur noch wenige freie Termine. Erste Buchungen lagen gar schon für das Schuljahr 2023/2024 vor! Angesichts dieser äußerst soliden Auftrags- situation bestand überhaupt kein Anlass, pessimistisch in die Zukunft zu blicken. Alles bewegte sich zunächst in geordneten Bahnen. Die Mitarbeiter*innen gingen mit Elan und Freude sowie der an ihnen geschätzten Profes- sionalität ihrem pädagogischen Tagwerk nach. Die ersten beiden Monate des neuen Jahres lief es ganz hervorragend. In den Winterferien gab es sogar deutlich mehr Besuche aus Sozialpäd- agogischen Bereichen als im Vorjahreszeitraum, ein erfreuliches Ergebnis, das aus dem erwei- terten Angebot für diese Zielgruppe resultierte. Ungeahnte Herausforderungen Mitte März war jedoch von einem Tag zum an- deren alles ganz anders. Am Montag, 16. März, blieben die Unterrichtsräume und Werkstät- ten der JugendTechnikSchule an allen Standor- ten plötzlich verwaist – und dies sollte bis zum Ende des Schuljahrs so bleiben! Der wegen des signifikanten Anstiegs der Corona-Infektionen beschlossene Lockdown und die über dessen Befristung zeitlich erheblich hinausgehenden Besuchsverbote für Schulklassen hatten zu ei- ner Situation geführt, die wenige Monate zu- vor wohl niemandem auch nur im Traum in den Sinn gekommen wäre! Für die zugegebenerma- ßen ambitionierten wirtschaftlichen Jahreszie- le der JugendTechnikSchule – in der Planung 2020 standen Einnahmen zu Buche, die unter Normalbedingungen bei kontinuierlich guter 6 KON TE XIS #74_2020
JUGENDTECHNIKSCHULE I Arbeit sicherlich erreichbar gewesen wären – JugendTechnikSchule nicht vorhanden ist. Angebotsspektrum für Außeneinsätze in Kitas, war dies ein wahrlich harter Schlag. Außerdem sind Klassenräume aus lufthygie- Grundschulen und Horten ergab. Zur Zauberku- nischen Gründen für die Ausführung von Löt- gel gesellten sich Blinkende Türme, Raumgleiter, Projektleitung und Mitarbeiter*innen benö- arbeiten ungeeignet, da Absaugvorrichtungen Roby Flitze, Wasserwächter, Stromfluss-Tester tigten einige Zeit, um diese neue Lage – ent- für die beim Lötprozess unvermeidlichen Dämp- und noch einige mehr. weder im Homeoffice oder am gewohnten fe fehlen. Arbeitsplatz – zu verdauen. Indes – obwohl Ausgerüstet mit Werkzeugsets, Ersatzteil-Boxen das Team in der mehr als 20jährigen Existenz Schrauben statt Löten! sowie der aktuellen Situation Rechnung tragend noch nie vor auch nur annähernd so gravieren- Mund-Nasen-Schutz und Desinfektionsmittel den Herausforderungen gestanden hatte, blieb Nach reiflicher Überlegung und einem anschlie- wurde das grüne Signal für den Start erwartet eine Schockstarre glücklicherweise aus. Im Ge- ßenden virtuellen Brainstorming kristallisierten – und das kam dann auch seitens der Senatsver- genteil begann die systematische Suche nach sich Lösungsansätze heraus, die davon ausgin- waltung. In den Sommerferien waren Besuche Alternativen, um eine Minimierung der Einnah- gen, dass beim Aufbau elektronischer Schal- in Horten wieder möglich. Standortnahe Grund- meausfälle zu erreichen. Diese beliefen sich bis tungen auch Montageprozesse ohne Lötkolben schulen erhielten prompt das maßgeschneider- zu den Sommerferien bereits auf rund 10.000 möglich sind, die trotzdem zu zuverlässig funk- te Angebot. Das Echo war sehr erfreulich – im Euro. Sie konnten exakt anhand der abgesagten tionierenden Produkten führen können. Resultat wurden bei 12 Außeneinsätzen 234 Kin- Buchungen beziffert werden. Ungefähr 2000 der bedient, die alle stolz auf das mit eigenen Schüler*innen aus 84 Klassen, die sich gemein- Völliges Neuland musste diesbezüglich Händen Geschaffene blickten. 234 leuchtende sam mit ihren Lehrer*innen und Erzieher*innen nicht erschlossen werden, denn seit etli- Augenpaare – was kann es Schöneres geben? schon sehr auf einen Besuch gefreut hatten, chen Jahren erfreuen sich Vorschulkinder und mussten darauf verzichten. Die Enttäuschung Erstklässler*innen an der in allen Regenbo- Da die Erzieher*innen ebenso angetan waren darüber war förmlich greifbar – sie lag definitiv genfarben erstrahlenden Zauberkugel der Ju- wie die Kinder, wurde der Wunsch geäußert, auf beiden Seiten. gendTechnikSchule, für deren Aufbau dank der zu den Herbstferien wiederzukommen. Diesem Lüsterklemmen-Schraubtechnik lediglich un- Wunsch wurde Rechnung getragen. Um Wie- Auf der Suche nach Antworten terschiedliche Schraubendreher benötigt wer- derholungen zu vermeiden, gab es neue Ange- den. Diese für den praktischen Einstieg in die bote. Passend zur Jahreszeit hatte der Drachen Die schülerfreie Zeit nutzte das Team zur Erar- Elektronik geeignete Technik stößt allerdings Sausewind Hochkonjunktur und eroberte sich beitung von Konzepten für Angebote, die den schon bald an ihre Grenzen, nämlich dann, die Herzen seiner Erbauer*innen. Die Herbstfe- veränderten Bedingungen Rechnung tragen wenn die Zahl der zu verbindenden Bauelemen- rienbilanz war übrigens ähnlich gut wie die der sollten. Da anhand etlicher Verlautbarungen te zunimmt. Sommerferien: An sieben der zehn Ferientage der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Ju- trugen Mitarbeiter*innen der JugendTechnik- gend und Familie davon auszugehen war, dass Das Team stand somit vor der Aufgabe, das zur Schule in Berliner Horten zum Gelingen der Fe- Besuche in Schulen eher wieder möglich sein Verfügung stehende umfangreiche Spektrum rienprogramme bei. würden als Schulausflüge, wurden Projekte an Schaltungen auf Reißnagel-Layout – insge- entwickelt, die vor Ort in den Schulen durch- samt ca. 60 –, für deren Montage ein Lötkolben Die Lüsterklemmen-Schraubtechnik befindet geführt werden können. Da dort z. B. in der Re- unumgänglich ist, dahingehend zu analysieren, sich auf einem wahren Siegeszug. Da sich Gu- gel keine Lötwerkzeuge vorhanden sind, eignet ob sich diese auch in Lüsterklemmen-Schraub- tes schnell herumspricht, gibt es zahlreiche An- sich das traditionelle Kursangebot „Mit Lötkol- technik realisieren lassen. Im Ergebnis zeigte es fragen auch aus Kitas, die Zauberkugeln und ben und Seitenschneider die Welt der Elektronik sich, dass dies nur bei einer Minderzahl und un- Co. in ihre Bildungsprogramme mit einbauen entdecken“, das Jahr für Jahr mehrere Tausend ter Inkaufnahme von technologiebedingten Re- möchten. Diesen Wünschen wird sich das Team Schüler*innen in die JugendTechnikSchule lockt, duzierungen von Bauelementen möglich war. der JugendTechnikSchule mit Sicherheit nicht nicht für Außeneinsätze. Ein Mitführen von z. B. Trotzdem konnten etwa 10 Schaltungen von verschließen, auch wenn Außeneinsätze mit ei- 30 Lötstationen samt Zubehör würde ei- Reißnagel-Layout auf Lüsterklemmen-Layout nem gewissen logistischen Mehraufwand ver- nen Kleintransporter erfordern, der in der umgestellt werden, so dass sich ein attraktives bunden sind. 7
JUGENDTECHNIKSCHULE II Schneemann Zaubernase Ein Bastelprojekt für Schule und Freizeit VON SIEGHARD SCHEFFCZYK Dieser optisch äußerst attraktive Schneemann zieht nicht nur die Blicke von Kindern auf sich. Auch „gestandene Leute“ zeigen sich zunächst verblüfft, danach zumeist amüsiert, von der in allen Regenbogen- farben erstrahlenden Nase des für die Winterzeit so charakteristischen Gesellen. „Gewöhnliche“ Schnee- männer haben ja meist eine rote Nase, für die eine Mohrrübe herhalten muss und Augen aus Kohlestückchen. Unser Schneemann jedoch hat leuchtende Augen und wird so manches Kinderzimmer während der langen Winterabende mit seinem Strahlen verschönern. Bevor es aber soweit ist, muss er erst einmal gebaut werden. Das ist keine allzu schwierige Angelegenheit und bereits von Kindern im Grundschulalter zu bewältigen. Diese Bauanleitung wird dabei helfen. MATERIAL • Sperrholzplatte • Rohrschelle EN 20 (180 x 100 x 8 mm) • Schalter • 6 Holzschrauben 2 x 12 mm • Widerstand 330 Ω • 2 Holzschrauben 2 x 10 mm • Widerstand 1,2 kΩ • Holzschraube 3 x 15 mm • 4 Verbindungskabel • Unterlegscheibe M 4 (Litzen), ca. 5 cm lang • Regenbogen-LED, Ø 5 mm • transparente Plastiknase BAUSATZANGEBOT • 2 LED, Ø 3 mm • 9-V-Blockbatterie • Schneemann-Bild + • Schere Den Bausatz inkl. sämtlicher Bauelemente und Montage- Schaltungsschema • Schlitz- und Kreuzschlitz- materialien Schneemann (pdf-Files im Maßstab 1:1 schraubendreher Zaubernase können Sie im per E-Mail bestellbar: • Klebestift Onlineshop zum Selbst- redaktion@kontexis.de) • Bohrmaschine mit kostenpreis von 6,50 Euro bestellen: jugendtechnikschule.de • 6 Lüsterklemmen 2,5 m² Bohrern (3 mm u. 8 mm) (zweipolig) 8 KON TE XIS #74_2020
JUGENDTECHNIKSCHULE II ARBEITSSCHRITTE 1. Das Schneemann-Bild und das Schaltungs- schema werden ausgeschnitten und auf die Vorder- bzw. Rückseite der Sperrholzplatte geklebt. 2. Von der Vorderseite aus werden mit einem 3-mm-Borher die Löcher für die Augen und mit einem 8-mm-Bohrer das Loch für die Nase gebohrt. Danach werden die 6 Lüsterklemmen angeschraubt. 3. Die beiden 3-mm-LED sind von der Rückseite aus durch die 3-mm-Löcher zu stecken und danach mit den entsprechenden Lüsterklemmenanschlüssen zu verschrauben. Dabei ist auf die korrekte Anschluss- belegung (kurzes / langes Anschlussbeinchen) zu achten. Nach den LED werden die Widerstände mit den Lüsterklemmen verbunden. 4. Die Rohrschelle für die Aufnahme der Batterie (Schraube 3 x 15 mm mit Unterlegscheibe benutzen) sowie der Schalter werden nun angeschraubt. Bei letzterem sollten die Schrauben noch nicht ganz festgezogen werden, da noch Verbindungskabel anzuschließen sind. 5. Die Verbindungskabel sowie der Batterieclip (Pluskabel rot) sind gemäß Schaltbild an den Lüster- klemmen und am Schalter anzuschließen. Wenn dies erfolgt ist, können die entsprechenden Schrauben angezogen werden. 6. Die Plastiknase sowie die Regenbogen-LED werden von der Rückseite aus durch das 8-mm-Loch gesteckt. Danach ist die LED mit den entsprechenden Lüsterklemmenanschlüssen (s. Schaltbild) zu verschrauben. Auch hier ist auf die korrekte Lage der Anschlussbeinchen zu achten. Nach abschließender Prüfung aller Verbindungen kann die Batterie angeschlossen werden. Wird der Schalter geschlossen, beginnt das fantastische Farbenspiel des Schneemanns. 9
SAJOECSEG/UNGARN Ein Bericht aus Sajóecseg Die Faszination der praktischen Arbeit VON SIEGHARD SCHEFFCZYK Sicherlich werden nur wenige der Leser*innen der KON TE XIS-Infor- Generationsübergreifende Initiativen stellten Sponsor*innen nagelneue Lötstationen mationsschrift schon einmal etwas zur Verfügung. Seitenschneider und Flachzan- In Sajóecseg funktioniert die Dorfgemein- gen kamen hinzu. Die erforderliche Minimal- von jenem Dorf mit den für fremd- schaft. Solidarisch unterstützen sich deren ausstattung für eine effektive AG-Tätigkeit war ländische Zungen so schwer über Mitglieder – und das nicht nur dann, wenn der somit vorhanden. Für unerlässliche Mess- und die Lippen zu bringenden Namen Fluss Sajó, der den Ostteil der Gemeinde von Prüfprozesse, z. B. bei der Fehlersuche, stand gehört haben: Sajóecseg! Auch Nord nach Süd durchfließt, mal wieder über von Anfang an ein Digitalmultimeter zur Verfü- seine Ufer getreten ist und die Situation das gung. Diese Bedingungen können mit Fug und der Autor dieses Beitrages musste entschlossene, koordinierte Handeln aller erfor- Recht als optimal bezeichnet werden. erst Wikipedia zu Rate ziehen, um dert. Auch im ganz normalen Alltag legt man Näheres zu Lage und Bewohnern darauf Wert! So gibt es etliche ehrenamtlich Erste Schritte in anfängerfreundlicher dieses beschaulichen Fleckchens im organisierte Projekte und Angebote für unter- Reißnagel-Technik schiedliche Interessengruppen, wobei Alt und Komitat Borsod-Abaúj-Zemplén im Jung sich gegenseitig ergänzen und ihre jewei- Für den Einstieg in die Elektronik wurden Bau- Nordosten Ungarns in Erfahrung ligen Stärken einbringen. Erstere die wertvollen sätze der JugendTechnikSchule sowie der Firma zu bringen. Aber gerade die agile Erfahrungen und Fertigkeiten eines langen und Winkler Schulbedarf verwendet, deren Monta- Gemeinschaft in dem etwas mehr erfolgreichen Berufslebens, letztere die alters- ge in anfängerfreundlicher Reißnagel-Technik spezifische Neugier, Innovationsvermögen, Ex- erfolgte. Diese hat den Vorteil, dass beim ob- als 1000 Einwohner zählenden Ort perimentierfreude und Wissensdurst. ligatorischen Verzinnen der als Lötstützpunkte verdient (viel) mehr Aufmerksam- für die Bauelemente dienenden Reißnägel ers- keit, als der etwas dürftige Eintrag Dass diese Mischung genau die richtige ist und te unerlässliche Erfahrungen im Umgang mit in der deutschsprachigen Wikipedia „den Teig aufgehen lässt“, belegt als jüngstes dem Lötkolben gesammelt werden können, erfolgreiches Beispiel die Arbeitsgemeinschaft ohne wärmeempfindliche Komponenten durch zu erwecken vermag. Agnes Mans, „Mit Lötkolben und Seitenschneider die Welt zu langes „Herumlöten“ zu beschädigen. die etliche Jahre in Deutschland der Elektronik erschließen“. Nach sorgfältigen lebte und vor geraumer Zeit wieder Planungs- und Vorbereitungsarbeiten des eh- Die 8 AG-Teilnehmer*innen – angesichts der in ihre Heimat zurückgekehrt ist, renamtlichen Organisationsteams, das auf Tatsache, dass in Sajóecseg etwa 30 Kinder bzw. Vereinsbasis arbeitet und in dem Agnes Mans Jugendliche der Altersgruppe 10 – 14 Jahre le- hat der Redaktion berichtet, wie maßgebliche Funktionen innehat, erfolgte der ben, eine beträchtliche Anzahl – waren von An- viel Begeisterung eine Elektronik- Start dieser Arbeitsgemeinschaft Ende Febru- fang an mit Begeisterung bei der Sache. Das traf Arbeitsgemeinschaft bei den ar 2020. auf Mädchen und Jungen gleichermaßen zu. dortigen Kindern und Jugendlichen Dank der unermüdlichen Werbe- und Überzeu- Leider musste die AG-Tätigkeit, die jeweils gefunden hat. Diesen Report gungstouren der Vereinsmitglieder konnten Sonnabendvormittag stattfand, schon bald möchten wir unseren Leser*innen vorab ideelle und materielle Unterstützer*innen nach dem so optimistischen Beginn für länge- nicht vorenthalten. im örtlichen Umfeld gewonnen werden. So re Zeit unterbrochen werden, was zwar sowohl 10 KON TE XIS #74_2020
SAJOECSEG/UNGARN die Kursanleiter*innen als auch die Kursanten Herz und Hand geschaffen. Im Zeitalter der Di- Fundamente für künftige Erfolge sehr bedauerten, aber aus Gründen des Infek- gitalisierung und Künstlichen Intelligenz wird tions- und Gesundheitsschutzes zwingend not- der Ausbildung der Hand leider mit zunehmen- Die ungarische Nation hat eine bedeuten- wendig geworden war. Die Covid-19-Pandemie der Tendenz die erforderliche Aufmerksamkeit de Zahl von großen Wissenschaftler*innen, hatte im März auch Ungarn erreicht und nach versagt, eine Entwicklung, die es zu stoppen Erfinder*innen und Techniker*innen hervor- oben schießende Ansteckungszahlen geboten gilt! Denn auch in absehbarer Zukunft wird es gebracht. Beispielhaft seien an dieser Stelle einen längeren Lockdown mit allen sich daraus nicht ohne menschliche (Hand-)Arbeit gehen. nur drei Persönlichkeiten erwähnt: Dénes von ergebenden Konsequenzen. Aber – (zwangswei- Die Zeiten, da Computer und Roboter alles ma- Mihály (1894-1953), der 1919 mit dem Telehor ein se) aufgeschoben, bedeutet noch lange nicht chen, liegen wohl noch ein paar Jahrzehnte vo- mechanisches Fernsehsystem auf der Grund- aufgehoben! Und da alle AG-Teilnehmer*innen raus – und auch dann wird wohl das Handwerk lage der Nipkow-Scheibe entwickelte, György nicht nur glücklicherweise gesund geblieben, den „goldenen Boden“, auf dem es seit Jahrhun- Jendrassik (1898-1954), der den Ganz-Jendras- sondern auch weiterhin am praktischen Ein- derten steht, zu wesentlichen Teilen behalten. sik-Motor erfand und 1927 patentieren ließ und dringen in die Elektronik interessiert waren, lief Man denke nur an Unikate und Originale … die erste praktikable 100 PS-Gasturbine baute, die Arbeitsgemeinschaft nach dem Ende des Maria Telkes (1900-1995), die das erste vollstän- Lockdowns unverzüglich wieder an. Die erste Arbeitsgemeinschaft wurde in der dig durch Solarenergie beheizte Haus realisierte letzten Augustwoche beendet. Die Initiative sowie Dennis Gábor (1900-1979), der 1971 den Bauteile-Tester – Linienfolger – Heiße ist im gesamten Dorf sehr gut angekommen Nobelpreis für Physik in Anerkennung seiner Drähte und wurde auch von Lokalpolitikern entspre- Erfindung der Holografie erhielt. chend gewürdigt. Am meisten aber haben sich Ob es in Zukunft wohl auch Erfinder*innen, Die von Agnes Mans in Absprache mit den die Kinder und Jugendlichen über dieses neue Ingenieur*innen und Techniker*innen aus Sa- Mitinitiator*innen der Arbeitsgemeinschaft Angebot gefreut, wie Agnes Mans glaubhaft jóecseg geben wird, deren Namen die Welt vorgenommene Auswahl von Bausätzen er- versicherte. kennt? wies sich als Volltreffer! Die Mädchen und Jungen machten sich mit Feuereifer an die Angesichts so großer Zustimmung ist der für Das lässt sich zwar nicht mit absoluter Sicher- Montage der Schaltungen. Dabei unterstütz- Februar oder März 2021 ins Auge gefasste Be- heit voraussagen, aber angesichts solcher Akti- ten sie die Kursbetreuer*innen mit zahlrei- ginn eines zweiten Kurses eigentlich nur fol- vitäten wie der in diesem Beitrag vorgestellten chen Ratschlägen und Tipps, die in keinem gerichtig. Auf Grund der überschaubaren Zahl Arbeitsgemeinschaft stehen die Chancen dafür Lehrbuch stehen, sondern nur im direkten Di- der vom Alter her in Betracht kommenden wahrlich nicht schlecht. Denn die Fundamente alog mit echten Praktiker*innen zu bekommen Teilnehmer*innen in Sajóecseg bestehen realis- für künftige Spitzenleistungen werden in Kind- sind. Dankbar nahmen die Ingenieur*innen und tische Chancen, dass alle Interessent*innen in heit und Jugend gelegt! Techniker*innen von morgen die Hinweise der den Genuss eines solchen außerschulischen Bil- Best Ager auf und gaben sich alle Mühe, diese in dungsangebotes kommen, das bei dem einen Der Autor dankt Agnes Mans für ihren span- ihrer handwerklichen Arbeit umzusetzen. oder anderen vielleicht auch zur Weichenstel- nenden Bericht und wünscht ihr und ihren lung für den späteren Beruf beiträgt. Mitstreiter*innen weiterhin viel Kraft und über- Damit wurden in der AG beste Voraussetzun- zeugende Erfolge in ihrem beispielgebenden gen für die nachhaltige Motivation von Kopf, Engagement. 11
INTERVIEW Aktuelle Herausforderungen annehmen, die Zukunft im Blick behalten Die Pandemie stellt auch den Verein Deutscher Ingenieure vor Herausfor- Interview mit Alf Ingmar Ludwig, derungen, die es so wohl noch nie in Koordinator Junior-Ingenieur- seiner 175jährigen Geschichte gegeben hat. Ingenieur*innen stehen für Erfin- nachwuchs, VDI dergeist, Kreativität und Innovations- vermögen. Die KON TE XIS-Redaktion wollte wissen, ob jene für diese Berufs- unmöglich ist. Es muss „nur“ etwas Neues er- Kinder von 4 bis 12 Jahren auf unterhaltsame gruppe sprichwörtlichen Eigenschaf- funden werden. Und genau das ist die Strategie und spielerische Weise die Welt der Technik und im Ingenieurberuf: Es immer wieder ein Stück- Naturwissenschaften kennen. Hier werden in ten bei der Bewältigung der aktuellen chen zu verbessern, zu prüfen, zu verbessern, zu Gruppen technische Experimente durchgeführt Probleme relevant und hilfreich sind. prüfen … und sich nur von zwei Gesetzen lei- und Ausflüge mit technischem Hintergrund Sie interviewte hierzu Alf Ingmar ten zu lassen: Dem physikalischen und dem zu unternommen. Die VDI-Zukunftspiloten (bun- Ludwig, der in der VDI-Zentrale in Ethik und Moral. Und die Digitalisierung muss desweit 1.500 Mitglieder in 25 lokalen Clubs) weiter vorangetrieben werden, ganz klar. Vor al- richten sich an Jugendliche im Alter von 13 bis 18 Düsseldorf für die strategische Arbeit lem auch die Digitalisierung von Schulen und Jahren. Die Jugendlichen arbeiten hier gemein- mit Schwerpunkt Förderung des Inge- Klassenräumen. Für den VDI gilt trotzdem: Wir sam an technisch-naturwissenschaftlichen Pro- nieurnachwuchses zuständig ist. können und wollen nicht auf den persönlichen jekten. Kernkompetenz in beiden Clubs ist das Kontakt verzichten. Unsere Community lebt da- gemeinsame Erleben von spannenden Themen von. Und dafür finden wir kreative Lösungen. aus dem MINT-Bereich, und dies generationen- Das Tüfteln, die Suche nach der besten Lösung übergreifend: berufstätige Erwachsene betäti- REDAKTION: Herr Ludwig, das Jahr 2020 ist in je- und das Denken in Alternativen sind Kernkom- gen sich ebenso wie Senior*innen ehrenamtlich der Hinsicht ungewöhnlich und verlangt allen so petenzen von Ingenieurinnen und Ingenieu- als Clubleiter*innen. Sie planen und betreuen einiges ab. Nach unserer Auffassung zählen die ren, von denen viele Mitglied im VDI sind und in unterschiedlichen Intervallen Technik-Ver- pandemiebedingten Einschränkungen im Bil- sich am gesellschaftlich-technischen Diskurs anstaltungen für Kinder und Jugendliche – und dungssektor dabei zu den gravierendsten, de- beteiligen. das bereits seit 2009. Der Planungsaufwand ist ren negative Auswirkungen weit in die Zukunft erheblich, da die Zahl der Teilnehmenden stark reichen können. Geschlossene bzw. nur ein- REDAKTION: Mit den VDIni-Clubs und den VDI- schwankt: zwischen 10 und 50 oder mehr Kin- geschränkt geöffnete Schulen und Freizeitbil- Zukunftspiloten wurden zwei Initiativen für der und Jugendliche melden sich zu derartigen dungseinrichtungen, mangelnde Qualität bzw. Kinder und Jugendliche ins Leben gerufen, die Veranstaltungen an. Die Bewältigung dieser Akzeptanz von „Distance Learning“, Lücken bzw. deutschlandweit in zahlreichen VDI-Bezirksver- Aufgaben ist nur im Team möglich. Teilweise Mängel bei der Digitalisierung – diese Aufzäh- einen mit großem Erfolg arbeiten. Einige davon existieren diese eingespielten Teams bereits lung ließe sich noch weiter fortsetzen. Sie zeigt kamen auch schon in der KON TE XIS-Informati- seit Jahren und geben den Kindern und Jugend- die Dimension des Problems. Welche Strategie onsschrift zu Wort. Das permanente Interesse, lichen eine naturwissenschaftliche und techni- ist aus Ihrer Sicht als Problemlöser geeignet und auf die diese ehrenamtlich arbeitenden Initia- sche Heimat. In einigen Clubs durchlaufen die wie können die spezifischen Tugenden des Inge- tiven stoßen, belegt, dass Technik und Natur- Kinder ihren VDIni-Club, wechseln dann zu den nieurs hierbei helfen? wissenschaft von den Heranwachsenden als VDI-Zukunftspiloten und engagieren sich bei- attraktive Tätigkeitsfelder betrachtet werden. spielsweise während des Studiums oder ihrer ALF INGMAR LUDWIG: Ingenieur*innen wollen Wie reagieren diese Initiativen auf die aktuelle Ausbildung als Mitglied eines Betreuerteams es besser machen. Probleme werden analysiert Situation? oder werden selbst schon Clubleiter*in. Somit und mit Blick auf das Mögliche gelöst. Manch- bieten wir Kindern und Jugendlichen auch eine mal gerät auch Unmögliches in den Blick, das ALF INGMAR LUDWIG: Im VDIni-Club (bundes- Perspektive wie sie sich im Ehrenamt engagie- aber bei genauerem Hinsehen gar nicht so weit 6.000 Mitglieder in 50 lokalen Clubs) lernen ren können. Neben der Gemeinschaft in den 12 KON TE XIS #74_2020
INTERVIEW REDAKTION: Im Juni gab es die Reihe „VDI im Dialog“ erstmals in einer Online-Variante. Das 90-minütige Webseminar beschäftigte sich mit dem Klimawandel und griff damit ein Thema auf, das die Menschheit wohl länger beschäf- tigen wird als das Corona-Virus. Die angeregte Diskussion der 40 Teilnehmer*innen bewies, dass die junge Generation durchaus in Sorge um die Zukunft unseres Planeten ist, aber auch viel Bereitschaft zeigt, aktiv zum Erhalt der Le- bensgrundlagen ihrer und künftiger Generati- onen beizutragen. Im November fand bereits die zweite Runde dieser Reihe statt, wiederum online. Beabsichtigen Sie, dieses Format auch nach dem Ende der Pandemie beizubehalten oder wollen Sie wieder zur Vor-Ort-Veranstal- tung zurückkehren? lokalen Clubs werden den Mitgliedern einwö- Beraterkreis unter Beteiligung von Ehrenamt- ALF INGMAR LUDWIG: Die Idee zu „VDI im Dia- chige – teils internationale Summercamps an- lichen initiiert. Mit diesem haben wir unsere log“ stammt ursprünglich aus dem VDI-Bereich geboten: im Deutschen Museum München, in Strategie für die Zeit der Pandemie festgelegt. Technik und Gesellschaft. Schnell hat sich daraus der Jacobs University Bremen und der VDI-Ga- Es ist unsere Absicht, unsere lokalen Clubs zu eine übergreifende Zusammenarbeit verschie- raGe Leipzig. Der MINT-Nachwuchs teilt sich da- befähigen, ihre digitalen Formate zum Beispiel dener Bereiche im VDI entwickelt. Tatsächlich ist bei selbständig in Gruppen ein und erarbeitet in Form von Lernvideos selbst umzusetzen. Die- es so, dass die VDI-Hauptgeschäftsstelle in Düs- oder forscht an aktuellen Fragestellungen wie se ermöglichen dem Ehrenamt einerseits die seldorf für den Sommer 2020 diese neue Veran- z. B. die Entwicklung einer Smart-City, Program- Gestaltung der technischen Voraussetzungen staltungsreihe geplant hatte. Ziel dieser Reihe mierung künstlicher Intelligenz oder Augmen- für die Durchführung digitaler Veranstaltun- ist, zusammen mit den VDI-Bezirksvereinen in ted Reality. gen und zeigen andererseits, wie Experimente den Regionen, Jugendliche mit Expert*innen zu für Kinder im Alter von 4–12 durchgeführt wer- einem bestimmten Thema zusammenzubrin- Die Corona-Pandemie führt dazu, dass Vor-Ort- den können. Ebenso soll die Projektarbeit der ju- gen und zu diskutieren, durchaus auch kont- Veranstaltungen nicht mehr durchgeführt wer- gendlichen Mitglieder der VDI-Zukunftspiloten rovers – vor allem aber die Jugendlichen mit den. Hohe Sicherheitsauflagen und die Sorge digitalisiert werden. Auch hier werden die eh- Fakten zu versorgen und somit ihr Bewusstsein der Ehrenamtlichen, der Club-Mitglieder und renamtlichen Club-Verantwortlichen in die Lage zu schärfen. Und dann kam Corona und hat die- deren Eltern vor einer Infektion führen zu ei- versetzt, Online-Angebote für ihre Zielgruppe se Pläne auf Eis gelegt. Allerdings nur für sehr nem Absterben des Club-Lebens. Einige Clubs zu schaffen. Digitalisierung ist somit auch eine kurze Zeit. Wir sind davon überzeugt, mit „VDI haben ihre Tätigkeit im Moment eingestellt. Im Chance, neue Mitglieder für die lokalen Clubs im Dialog“ ein sehr cooles Format gefunden zu schlimmsten Fall verlieren Kinder und Jugend- zu generieren, wenn diese Clubs befähigt wer- haben und waren uns schnell einig: das ziehen liche ihr Hobby, ihren sozialen Kontakt und die den, mit moderner Ausstattung aktuelle sowie wir jetzt durch! Wenn nicht vor Ort, dann digital! Chance, in ihrer Freizeit etwas zu lernen und Zukunftsthemen und Inhalte zu transportieren. Aus einer Einzelveranstaltung wird eine Veran- kündigen. Mitgliederschwund ist die Folge. Eh- Die lokalen Clubs gewinnen dadurch an Attrakti- staltungsreihe. Das von Ihnen erwähnte The- renamtlich Tätige, insbesondere Senior*innen, vität und werden somit auch für Ehrenamtliche ma Klimaschutz brachte eine so tolle Resonanz, verlieren ihre Aufgabe und Motivation. Die ge- interessant, die bisher durch hohen Organisati- dass wir es bereits zum zweiten Mal angeboten sellschaftliche Relevanz von MINT-Themen, die onsaufwand von Vor-Ort-Veranstaltungen ab- haben. Am 9.12.2020 gab es – passend zur Lage Leidenschaft unseres Ehrenamts und das Enga- geschreckt wurden. Wir erzeugen somit neue - ein Webseminar zu „Raumluft in Schulklassen“ gement unserer Mitglieder wird durch den VDI Prozesse für digitale Infra- und Informations- und für 2021 wird unsere Reihe fortgesetzt u. a. weiter gefordert und gefördert. Es ist derzeit strukturen zwischen Ehrenamt, VDI-Jungmit- mit Themen wie „Autonomes Fahren“ und „Zu- nicht absehbar, wie lange die Corona-Pande- gliedern und VDI-Hauptgeschäftsstelle. Ein kunft der Luftfahrt“. Dabei wird es aber nicht mie die beschriebenen Tätigkeiten unmöglich großartiges Beispiel wie unsere Ehrenamtlichen bleiben. Die Jugendlichen können sich an der macht. Es findet daher ein Umdenken statt: aktiv werden und den VDI-Jungmitgliedern eine Themenfindung beteiligen und der VDI organi- der VDI beabsichtigt, das Clubleben nachhal- abwechslungsreiche Adventszeit bieten wollen siert die Expert*innen. Wir sind überdies froh, tig zu digitalisieren. Veranstaltungen, die bisher ist der digitale VDIni-Club-Adventskalender. Je- dass wir aus den Reihen der VDI-Studierenden vor Ort stattgefunden haben, werden zukünf- den Tag gibt es ein neues Experiment oder eine Moderator*innen gefunden haben, die diesem tig auch online angeboten. Summercamps, die andere Aktion zum Mit- bzw. Selbermachen. Die Onlineformat einen zeitgemäßen Rahmen ge- sich bisher durch die Gemeinschaft vor Ort Filme zum Kalender sind in den vergangenen ben. Und dennoch: wir sind vorbereitet auf die auszeichneten, werden vielleicht zu Web-Se- Wochen in Eigenregie durch den VDIni-Club Zeit nach Covid 19. Wir werden dann zusammen minaren mit weiterführenden Angeboten, die Bergisches Land und auf der Homepage in ei- mit unseren Bezirksvereinen „VDI im Dialog“ vor noch zu bestimmen sind. Unmittelbar nach Be- nem schönen Layout erstellt worden! Ort anbieten. In Ergänzung dazu aber auch wei- ginn der Pandemie haben wir einen digitalen terhin online. Das Interview führte Sieghard Scheffczyk 13
Autorin & Infos: Svenja Kendik, Öffentlichkeitsarbeit und Community Management HPI Schul-Cloud HPI SCHUL-CLOUD kendik@mint-ec.de | Infos zum Projekt: mint-ec.de/hpi-schul-cloud/hpi-schul-cloud/ Wissen fair:teilen Teilen im digitalen Schulalltag VON SVENJA KENDIK Digitalisierung ist relevanter denn Vom 19.09.-02.10.2020 stellten sich die ihre Ergebnisse am Ende des Pilotschultreffens Besucher*innen und Referent*innen in 23 zu präsentieren. So wurde in allen Formaten viel je. Bei der Gestaltung des digitalen Workshops, Live-Schulungen und Fortbildun- interessanter Input geboten. Arbeitsalltags wurde das Pilot- gen Fragen wie: „Wie kann ich Kolleg*innen projekt HPI Schul-Cloud seit vom Teilen überzeugen?“, „Wie kann ich Inhal- Positives Resümee: „Ein voller Erfolg!“ seinem Start im Jahre 2017 zum te digital und rechtlich sicher teilen?“, „Welche (neuen) in den Schulalltag integrierbaren Open Die Auswertung der Umfragen bestätigte, Anker für viele Schulen. Ein wich- Educational Resources und Entwicklungen gibt dass die Teilnehmer*innen Teilen als motivie- tiger Bestandteil des Projekts es?“ Denn: Teilen ist wichtig! Wissen, Materi- rend und bestärkend empfinden, es jedoch lei- ist der Austausch mit den al, Ideen und nicht zuletzt Sorgen zu teilen, er- der in vielen Fällen an einer institutionalisierten Nutzer*innen der HPI Schul-Cloud; leichtert das Arbeiten und stärkt uns in unseren Teil- und Tauschkultur mangele. Ein Grundtenor Vorgehensweisen. schwang bei allen mit: Schule neu zu denken unter anderem bei regelmäßi- ist spannend, manchmal herausfordernd, aber gen Veranstaltungen, wie dem Vielseitige Tools und inspirierende letztendlich gewinnbringend. Viele äußerten Pilotschultreffen. Dieses Treffen Beispiele den Wunsch, zukünftig noch mehr erprobte fand im Herbst unter dem Motto Tools kennenzulernen. Alles in allem war das Dazu stellten ausgewählte Referent*innen und digitale Pilotschultreffen „wissen fair:teilen“ „wissen fair:teilen“ digital statt und Lehrer*innen eine Vielzahl an Tools und interak- ein voller Erfolg. Wir freuen uns auf die nächste schrieb sich den Aspekt des Teilens tiven Übungen vor oder gaben Praxisbeispiele, Veranstaltung! im Schulalltag auf die Fahnen. die den Teilnehmer*innen eine facettenreiche Gestaltung ihres Unterrichts ermöglichen. In Workshops zu Design Thinking oder agilem Ar- beiten mit eduscrum® wurden dabei auch neue Methoden für die Zusammenarbeit im Team so- wie für effektive Arbeitsabläufe vorgestellt. Zu- sätzlich trafen sich einige Lehrer*innen über die zwei Wochen verteilt regelmäßig in Fachgrup- pen, um spezifische Themen auszuarbeiten und 14 KON TE XIS #74_2020
BUCHTIPPS VON SIEGHARD SCHEFFCZYK Ein spannender Streifzug Diese Zusammenstellung einer Sammlung von Texten und Aufsätzen von Helmut Seel, der über Jahrzehnte die Entwicklung der Schule in Ös- terreich mitprägte und voranbrachte, gewährt aufschlussreiche Einbli- cke in die Komplexität und Vielfalt der Suche nach dem optimalen Weg dieser Institution, von deren Effizienz Prosperität und Wohlstand eines Landes ganz wesentlich abhängen. Als Hochschullehrer und leitender Mitarbeiter im Unterrichtsministerium wurde Seel zum aktiven Mitge- stalter entscheidender Phasen der österreichischen Schulentwicklung, deren Resultate bis in die Gegenwart wirken und wichtige Weichen für die Zukunft stellten. In den Beiträgen dieses anlässlich seines 85.Ge- forscher burtstages herausgegebenen Bandes wird Österreichs Schulgeschichte Das Magazin für Neugierige von den Anfängen in der Habsburgermonarchie bis in die Gegenwart forscher-onlin.de hinein lebendig. Eine Geschichte, die geprägt ist vom tastendem Vor- wärtsschreiten, von Korrekturen und Rückziehern, erfreulichen Erfol- Da kann einem glatt gen, aber auch bitteren Enttäuschungen. Obwohl dieses Phänomen sicherlich keine originär österreichische Erscheinung ist, kann sich der Rezensent bei der Lektüre etlicher Analysen von Helmut Seel des Ein- der Appetit vergehen drucks nicht erwehren, dass dessen Ausprägung in unserem südlichen Nachbarland mitunter doch recht erheblich gewesen sein muss und zu- mindest phasenweise eine Bremsspur in der Schulentwicklung gezogen hat. Seel gehört zu den Pädagogen, die dies zu keinem Zeitpunkt wi- E ntsprechend dem Anliegen aller Wissenschaftsjahre schärft auch das aktuelle den Blick für Themen, vor denen die Menschheit in naher Zukunft stehen wird bzw. bereits heute steht. Dem trägt die im Septem- derspruchslos hingenommen haben, da sie den optimalen Werdegang der Schüler*innen und damit die Interessen Österreichs stets im Blick hatten. Als kritische und kompetente Akteure haben sie das ihre dazu ber erschienene Ausgabe von forscher in altersgruppengerechter Form beigetragen, dass das österreichische Bildungssystem der Gegenwart ebenfalls Rechnung. Beginnend mit „appetitanregenden“ Ausblicken den Anforderungen der modernen Wissensgesellschaft gerecht werden auf unsere künftige Alltagskost aus Insektenpulver, Heuschreckenbra- kann. Zu letzteren sind ausdrücklich auch die beiden Herausgeber dieses ten und Quallenmenü, spannt sich der Bogen faszinierend-verblüffender Bandes zu zählen, die ebenfalls über viele Jahre in verantwortlichen Posi- Wissensvermittlung über das „Super-Klo“, das beinahe alles über seinen tionen des Schulwesens tätig waren und ihre reichen Erfahrungen durch Benutzer ermittelt und per WLAN an den „Onlinedoktor vom Dienst“ wei- zahlreiche Publikationen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht haben terleitet, der im Bedarfsfall sofort eingreifen kann – bis zum Besuch im und dies auch zukünftig tun werden. „Kaufhaus der Zukunft“. Dort befinden sich z. B. Fahrräder aus Bambus, frische Algenwürstchen, Esslöffel aus Kakao oder Klopapier, auf denen sich Bakteriensporen befinden, die nach Betätigen der Klospülung ak- tiviert werden und die Abflussrohre reinigen, im Angebot. Fesselnd am Heft ist aber nicht nur der professionell begleitete Streifzug in zukünftige Gefilde, sondern auch der Weg zurück in die Vergangenheit. Der führt in die einstige Hauptstadt der Wikinger. Diese wurde nicht zuletzt wegen Vermüllung des Hafenbeckens von ihren Bewohnern aufgegeben. Die Brennpunkte der öster- noch heute gut erhaltenen Hinterlassenschaften dieser ungewöhnlichen reichischen Schulentwicklung Müllgrube sind eine wahre Fundgrube für Archäologen wie Volker Hil- Rückblicke und Analysen berg, der über seine Forschungsergebnisse berichtet. Nach dem Ausflug Klaus Satzke, Willi Wolf (Hg.) zu den Wikingern landet der Leser im Wald von heute, dessen Nutzen Taschenbuch, 216 Seiten, Leykam Buchverlag anhand beeindruckender Zahlenreihen belegt wird. Leider fehlt ein Wort 1. Auflage 2019 zum Befinden dieser „grünen Lunge“, um die es aktuell nicht zum Besten Preis: 26,00 € steht. „Knack den Spinnen-Code!“ – dieser Aufforderung wird sich wohl ISBN: 978-3-7011-0425-3 kaum jemand entziehen können, zumal die zu entschlüsselnde Botschaft wichtige Erkenntnisse offenbart. Weitere Themen sind: die Genschere, Experimente mit Pflanzen und der Nacktmull. 15
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