BERLINER RISIKO-ANALYSE - Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung Kurzfassung Nicht-Finanzsektor - Berlin.de

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BERLINER RISIKO-ANALYSE - Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung Kurzfassung Nicht-Finanzsektor - Berlin.de
BERLINER RISIKOANALYSE

BERLINER
RISIKO-
ANALYSE

Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
Kurzfassung Nicht-Finanzsektor
BERLINER RISIKO-ANALYSE - Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung Kurzfassung Nicht-Finanzsektor - Berlin.de
BERLINER RISIKOANALYSE

               Erstellt durch

      Senatsverwaltung für Wirtschaft,
            Energie und Betriebe
II E 3 – Geldwäscheaufsicht und -prävention
           Martin-Luther-Str. 105
               10825 Berlin

              Stand Juli 2020

                 Titelbild

  © Sean Pavone 2013 / depositfotos.com
BERLINER RISIKO-ANALYSE - Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung Kurzfassung Nicht-Finanzsektor - Berlin.de
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Inhaltsverzeichnis
Executive Summary ............................................................................................................................ 1
Einleitung: Die Bedeutung der Risikoanalyse für die Arbeit der Geldwäsche-aufsicht ..................... 3
1.     Zur Ausgangslage ....................................................................................................................... 3
2.     Aussagen zu einzelnen Sektoren ................................................................................................. 4
     2.1      Finanzunternehmen ............................................................................................................. 4
     2.2      Versicherungsvermittler:innen ............................................................................................ 6
     2.3      Notar:innen ......................................................................................................................... 8
     2.4      Dienstleistende für Gesellschaften und Treuhandvermögen (TCSP) ............................... 11
     2.5      Immobilienmakler:innen ................................................................................................... 13
     2.6      Veranstaltende und Vermittelnde von Glücksspielen ....................................................... 17
       2.6.1         Spielbank.................................................................................................................... 17
       2.6.2         Wettvermittlungsstellen für Sportwetten ................................................................... 18
       2.6.3          Buchmacher:innen nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz .................................... 19
     2.7      Güterhandel und Kunstvermittlung ................................................................................... 21
       2.7.1          Einzelhandel mit Kfz und Krafträdern ...................................................................... 22
       2.7.2          Juwelier:innen ........................................................................................................... 24
       2.7.3          Edelmetallhändler:innen und Edelsteinhändler:innen............................................... 25
       2.7.4          Großhandel ................................................................................................................ 26
       2.7.5          Kunstvermittler:innen ............................................................................................... 27
3.     Unmittelbare Auswirkungen der COVID-19-Pandemie ........................................................... 29
4.     Konklusion ................................................................................................................................ 31
BERLINER RISIKO-ANALYSE - Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung Kurzfassung Nicht-Finanzsektor - Berlin.de
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Abbildungen
Abbildung 1: Unternehmensgründungen in der Bundesrepublik .................................................................... 5
Abbildung 2: Werteskala bezüglich des GW/TF-Risikos von Versicherungsprodukten ................................ 7
Abbildung 3: Geldumsatz pro Einwohner ....................................................................................................... 9
Abbildung 4: Anzahl der Verdachtsmeldungen freie Berufe ........................................................................ 10
Abbildung 5: Kaufpreisentwicklung 1990 - 2017 ......................................................................................... 13
Abbildung 6: Immobilienverkäufe nach Bezirken im Jahr 2018 ................................................................... 14
Abbildung 7: Konzertierte Erhebung Wettvermittlungsstellen 2013, 2018 und 2019 .................................. 18
Abbildung 8: Relation zwischen Arbeitslosigkeit und Kriminalität .............................................................. 29
Abbildung 9: BIP ab Beginn der Corona- und der Finanzmarktkrise ........................................................... 30
Abbildung 10: Einzelhandelsumsatz Beginn der Coronakrise und Finanzmarktkrise .................................. 30
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    Executive Summary
    Im Jahr 2020 erstellte die Senatsverwaltung für Wirtschaft,
    Energie und Betriebe federführend eine 200 Seiten umfassende
    Analyse des Geldwäscherisikos im sog. Nicht-Finanzsektor in Berlin. Mit dieser soll einerseits eine effektive
    Aufsichtstätigkeit nach dem risikobasierten Ansatz gewährleistet werden. Anderseits soll diese als zusätzliche
    Hilfestellung bei der individuellen Bewertung von Verpflichteten im Land Berlin fungieren. Im Rahmen der
    ersten Berliner Risikoanalyse wurden die folgenden - keinesfalls abschließenden - Risikofaktoren erfasst sowie
    Gesamtrisiken (Risiko-Skalenwert 0-10) ermittelt.

    Aborias ped et quisi cus repele
Finanzunternehmen                                        Versicherungsvermittler:innen
     Einzelne Produkte, wie Crowdfunding,                    Aus           Lebensversicherungsverträgen
        spielen in Berlin als attraktivem Standort für           abgezogene Gelder können für die
        Gründer:innen und als Start-Up-Szene eine                Terrorismusfinanzierung       verwendet
        maßgebliche Rolle.                                       werden.
     Crowdfunding-Plattformen          können     für        Dennoch sinkt durch die aktuelle
        illegale Zwecke, insbesondere im Bereich der             Geldpolitik nicht nur das Zinsniveau,
        Terrorismusfinanzierung, genutzt warden.                 sondern auch die Nachfrage nach
     Das Gesamtrisiko wird als niedrig bis mittel               Versicherungsprodukten.
        mit dem Skalenwert 3 eingestuft.                      Das Gesamtrisiko wird als gering und mit
                                                                 dem Skalenwert 2 bewertet.

Dienstleistende für Gesellschaften und                   Notar:innen
Treuhandvermögen (TCSP)                                       Illegale Akteure können Notar:innen für die
     Oftmals als Instrument zur Verschleierung                  missbräuchliche    Verwendungen      von
         genutzt.                                                Kundenkonten, Immobilienkäufen und zur
     Vermehrt anonyme Geschäfts-beziehungen                     Gründung von Trusts und Gesellschaften
         ohne jeglichen persönlichen Kontakt.                    sowie deren Verwaltung nutzen.
     TCSP können zudem als bestellte                         Die Risikobewertung ist von der Art der
         Geschäftsführer,     Anteilseigner   oder               Kataloggeschäfte und der Kundenstruktur
         Treuhänder missbraucht werden, um den                   abhängig.
         wahren wirtschaftlich Berechtigten nicht             Als Risikoschwerpunkte wurden die
         offenzulegen.                                           Beurkundung        von       Immobilien-
     Das Gesamtrisiko wird mit 6 bewertet.                      transaktionen („asset- /share deal“) und
                                                                 Unternehmensgründungen        sowie     -
                                                                 übergängen ermittelt.
                                                              Das Gesamtrisiko wird mit dem Skalenwert
                                                                 5 bewertet.
 Buchmacher:innen
     In diesem Sektor wurden Typologien, wie
        der Wettscheinhandel, beobachtet.
     Geringer Anteil am regulierten Markt.
     Das Gesamtrisiko wird mit dem Skalenwert
        4 bewertet.

                                                                                                                1
BERLINER RISIKOANALYSE

Wettvermittlungsstellen für Sportwetten                 Immobilienmakler:innen
    Als Risikofaktoren wurden u.a. eine hohe               Im Sektor konnte die Zunahme von
       Bargeldaffinität, die Nutzung von                       Geldwäschetypologien,        wie        der
       Strohmännern als Spielerin bzw. Spieler,                Unterbewertungen         von    Immobilien,
       Hedging-Bets sowie das zeitgleiche                      undurchsichtigen Eigentumsverhältnissen und
       Führen mehrerer Spielerkonten ermittelt.                Finanzierungsmethoden, beobachtet werden.
    Das Gesamtrisiko wird mit dem                          Ein besonderes Risiko wird bei sog. „share
       Skalenwert 8 als hoch eingestuft.                       deals“ gesehen.
                                                            Zum Teil ist die geringe Anzahl an
                                                               Verdachtsmeldungen bedingt durch die
                                                               Unkenntnis über das Konstrukt des
                                                               wirtschaftlich Berechtigten.
Spielbank                                                   Das Gesamtrisiko wird mit dem Skalenwert 8
     Die Geldwäschebedrohung liegt                            als hoch eingestuft.
        insbesondere in der hohen Bargeldaffinität.
     Es wurden für viele Typologien angemessene
        interne Sicherungs-maßnahmen ergriffen.
     Das Gesamtrisiko bleibt auf einem mittleren
        Niveau und wird mit dem Skalenwert 5
        bewertet.                                      Juwelier:innen
                                                           Einzelne Stücke können den Wert einer
                                                               Immobilie aufweisen und sind zugleich
                                                               transportabel.
                                                           Bei geldwäscherechtlichen Kontrollen im
 Einzelhandel mit Kfz/ Krafträder                              KMU-Bereich konnten vermehrt auffällige
      Aufgrund der Mobilität und Bargeldaffinität ist         Sachverhalte festgestellt werden, die zur
         der Sektor insbesondere anfällig für                  Abgabe von Verdachtsmeldungen führten.
         handelsbasierte Geldwäsche.                       Das Risiko wird mit dem Skalenwert 6
      Das Risiko wird mit dem Skalenwert 8 als hoch           bewertet.
         eingestuft.

Edelmetallhändler:innen/Edelsteinhändler:innen            Großhandel
     In der Vergangenheit wurde vermehrt                     Es wurde eine hohe Bargeldaffinität im
        festgestellt,    dass      die      frühere              Sektor festgestellt.
        Transaktionsgrenze bei Bargeldge-schäften             Ein hohes Schwellenwertaufkommen ist
        bewusst unterschritten worden ist.                       einerseits auf hohe Rechnungsbeträge,
     Da Edelmetalle weltweit als Vermögens-                     anderseits      auf       den  einmaligen
        sowie Anlagewerte fungieren, erhöht sich die             Zahlungsabgleich mehrerer Rechnungen, die
        Nachfrage vor allem in Krisenzeiten und                  zusammen über dem Schwellenwert liegen,
        damit einhergehend das Risiko.                           zurückzuführen.
     Das Gesamtrisiko wird mit dem Skalenwert 7              Das Risiko wird mit dem Skalenwert 3 als
        bewertet.                                                niedrig bis mittel eingestuft.

 Kunstvermittler:innen
     Typologien, wie der anonyme Ankauf von
         Kunstgegenständen       durch      Offshore-
         Gesellschaften, konnten ermittelt werden.
     Durch die kürzliche Erweiterung des
         Verpflichtetenkreises      liegt       keine
         abschließende Risikobewertung für diesen
         Sektor vor.

                                                                                                             2
BERLINER RISIKOANALYSE

Einleitung: Die Bedeutung der Risiko-
analyse für die Arbeit der Geldwäsche-
aufsicht
Geldwäsche ist geeignet, Staaten und Gesellschaften zu destabilisieren. Um dem entgegenzuwirken, dient der
Geldwäschebekämpfung nicht nur das Strafgesetzbuch, sondern auch das „Gesetz über das Aufspüren von
Gewinnen aus schweren Straftaten“, kurz Geldwäschegesetz (GwG). Ziel ist es zu verhindern, dass die
Wirtschaft zum Zweck der Geldwäsche sowie der Terrorismusfinanzierung missbraucht werden kann. Um
dieses Ziel zu erreichen, müssen sowohl Wirtschaftsteilnehmer:innen als auch die jeweiligen
Aufsichtsbehörden konkrete Risiken des Geldwäschemissbrauchs ermitteln und geeignete Gegenmaßnahmen
ergreifen. Das Instrument dafür ist eine Risikoanalyse. Im Jahr 2020 erstellte die Senatsverwaltung für
Wirtschaft, Energie und Betriebe federführend eine 200 Seiten umfassende Analyse des sog. Nicht-
Finanzsektors in Berlin, also der unter Aufsicht stehenden Gewerbe und freien Berufe, die nicht zum
Bankenbereich oder anderen Akteuren des Finanzmarktes gezählt werden. Dabei wird eine dreiteilige
Methodik angewandt. Zunächst wird aus geographischen, gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Daten
die Ausgangssituation des Landes Berlin dargestellt. Darauf aufbauend wird aus Quellen wie der polizeilichen
Kriminalstatistik, dem Jahresbericht der Financial Intelligence Unit (FIU) und internationalen Risikoanalysen
das jeweilige branchenspezifische Risiko für alle unter Aufsicht stehende Verpflichtete bewertet. Ergänzt durch
konkrete Erfahrungen aus vorangegangenen Prüfungen und der kritischen Betrachtung der bisherigen
Schwerpunktsetzung, wird schließlich die zukünftige Aufsichtsstrategie abgeleitet.
Mit dieser Kurzfassung zeigt die Aufsichtsbehörde gebündelt die Erwägungen auf, die zur Bewertung der
sektorspezifischen Geldwäschegefährdung geführt haben. Sie soll den verpflichteten Unternehmen und
Berufsträgern einen zusätzlichen Anhalt für die Erstellung einer individuellen Bewertung bieten.

1. Zur Ausgangslage
Als das drittkleinste Bundesland und zugleich größter Stadtstadt ist Berlin im Bundesvergleich in vielerlei
Hinsicht außergewöhnlich - nicht nur durch den Status als Bundeshauptstadt, sondern vielmehr durch die
Geschichte und Vielfalt dieser Stadt. So hat Berlin die höchste Bevölkerungsdichte bundesweit, in der 180
Nationen1 stark miteinander verflochten sind und dass, obwohl Berlin als Bundesland über keine direkte
Außengrenze verfügt. Die internationale Verflechtung spiegelt sich nicht nur bei der
Bevölkerungszusammensetzung, sondern auch in Berlins Wirtschaft wider. Einzelhandel und
Dienstleistungssektor sind nicht zuletzt auch durch die touristische Bedeutung geprägt.
Berlin ist aber auch ein Industriestandort, auch wenn er vom Import-/ Exportvolumen nicht direkt mit den
großen Flächenländern zu vergleichen ist. Dennoch nimmt der Außenhandel für die Industrie eine wichtige
Stellung ein2. Als Start-Up-Metropole rangiert Berlin, auch im europäischen Vergleich, in den vorderen
Rängen in der Kreativwirtschaft. Eine Folge: Die große Zahl an Unternehmensgründungen 3 macht den
Aufsichtsbereich für die Behörden sehr dynamisch und verlangt der Verwaltung einiges an Flexibilität ab. Auch
die nach dem GwG verpflichteten Unternehmen sind durch die besondere Stellung Berlins gefordert. So haben
über 150 Botschaften innerhalb der Landesgrenze ihren Sitz 4. Für Unternehmen bedeutet dies, erhöhte Sorgfalt
im Umgang mit politisch exponierten Personen walten zu lassen.
Aufgrund der internationalen Vernetzung, steigenden Investitionen sowie der Rolle als das politische Zentrum,
ist Berlin auch für viele illegale Akteure ein attraktiver Standort. Für die Ermittlung der Geldwäschegefährdung
ist deshalb in erster Linie die polizeiliche Kriminalstatistik relevant.

1 Vgl. Amt für Statistik Berlin-Brandenburg: Statistisches Jahrbuch 2019, S. 47.
2 Vgl. Amt für Statistik Berlin-Brandenburg unter https://www.statistik-berlin-brandenburg.de/BasisZeitreiheGrafik/Zeit-
      Aussenhandel.asp?Ptyp=400&Sageb=51000&creg=BBB&anzwer=5 (Abruf 03.12.20).
3 Vgl. SenWiEnBe unter https://www.berlin.de/sen/ wirtschaft/wirtschaft/konjunktur-und-statistik/wirtschaftsdaten/gruendungen/ zitiert nach Amt
      für Statistik Berlin-Brandenburg (Abruf 05.05.20).
4 Vgl. Auswärtiges Amt: Liste der diplomatischen Vertretungen und anderer Vertretungen in der Bundesrepublik Deutschland (Stand: 08. Juni
      2020) unter https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/ diplomatische-vertretungen-in-
      deutschland/199678?openAccordionId=item-199682-0-panel (Abruf 10.07.20).
                                                                                                                                                  3
BERLINER RISIKOANALYSE

Insgesamt ist diese zwar zuletzt rückläufig gewesen, einzelne Vortaten 5 der Geldwäsche, wie Betrugsdelikte,
sind jedoch angestiegen.6 Gruppierungen der Organisierten Kriminalität sind dabei genauso international
vernetzt, wie Berlin in seiner Gesamtheit und zugleich spezialisiert auf Vortaten, wie Betäubungsmittelhandel
oder Betrug. 7

2. Aussagen zu einzelnen Sektoren
Im Hauptteil der Kurzfassung wird die Risikobewertung für die einzelnen Sektoren vorgenommen. Bewertet
wird das branchenspezifische Risiko, dass Unternehmen durch Dritte zum Zweck der Geldwäsche oder
Terrorismusfinanzierung missbraucht werden können. Betrachtet wird ebenfalls die Gefahr, dass Kriminelle
selbst aktiv innerhalb der Branche agieren (Unterwanderungsrisiko).

Die Aufsichtsbehörde nutzt zur Bewertung zusätzliche Indikatoren. Herangezogen werden die Anzahl der
Verdachtsmeldungen in Relation zur Anzahl der Verpflichteten (Verdachtsmeldungsindikator), die Anzahl an
erhaltenen Hinweisen von Bürger:innen und Behörden (Hinweisindikator) sowie die relative Häufigkeit nach
Kontrollen festgestellter Verstöße, die der weiteren Überwachung unterliegen (Monitoringindikator).

2.1      Finanzunternehmen
Der Verpflichtetenkreis der Finanzunternehmen hat mit Inkrafttreten der Novelle des GwG 2020 erstmalig eine
eigene Definition erhalten. Der Begriff Finanzunternehmen ist als Sammelbegriff für Unternehmen zu
verstehen, die Tätigkeiten ausüben, die dem Finanzsektor entstammen oder diesem nahestehen, jedoch keine
Erlaubnis der BaFin benötigen.
Haupttätigkeiten von Finanzunternehmen bestehen darin:
             Beteiligungen zu erwerben, zu halten oder zu veräußern;
             Geldforderungen mit Finanzierungsfunktion entgeltlich zu erwerben;
             mit Finanzinstrumenten auf eigene Rechnung zu handeln;
             Darlehen zwischen Kreditinstituten zu vermitteln (Geldmaklergeschäfte),
                 aber auch bestimmte Beratungs- und Vermittlerdienstleistungen wie
                 Finanzanlagenvermittlung und Finanzanlagenberatung auf Honorarbasis im Sinne der
                 Gewerbeordnung (GewO);
             sogenannten Mergers & Acquisitions-Unternehmen, die außerhalb großer Rechtsanwalts-
                 bzw. Wirtschaftskanzleien tätig werden und bei Unternehmensverkäufen,
                 Unternehmenskäufen oder auch bei der Kapitalbeschaffung beratend tätig werden.

Die zu beaufsichtigenden Unternehmen zu bestimmen, ist für Aufsichtsbehörden des Nicht-Finanzsektors
komplex, da es sich um Akteure des Finanzsektors handelt, die aber erlaubnisrechtlich nicht so behandelt
werden. Dies gelingt nur unter der Prämisse, dass genügend Informationen bezüglich des Inhaltes und Umfangs
der Unternehmenstätigkeit vorliegen. 8 Eine statistische Erhebung wurde anhand bestimmter
Wirtschaftszweigqualifikationsnummern innerhalb des Gewerberegisters und mit Hilfe des Vermittlerregisters
durchgeführt. So schätzt die Aufsichtsbehörde den potenziellen Verpflichtetenkreis auf bis zu 2.500
Unternehmen im Land Berlin. Einzelne Produkte wie Crowdfunding spielen eine besondere Rolle in der Start-
Up-Szene. Sowohl was die Gründung von Plattformen als auch die Finanzierung von Unternehmensgründung
betrifft, ist Berlin im bundesweiten Vergleich9 ein besonderer Gründungshotspot, weshalb diese Produkte eine
besondere regionale Relevanz haben.

5   Vgl. Bundesministerium der Finanzen: Erste Nationale Risikoanalyse, 2018/2019, S.27.
6   Vgl. Der Polizeipräsident in Berlin, LKA St 14 Kriminalitätsanalyse: Polizeiliche Kriminalstatistik Berlin 2018, S. 12.
7   Vgl. Bundeskriminalamt: Organisierte Kriminalität - Bundeslagebild, 2018, S. 35
8   Vgl. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie: Länderbezogene Risikoanalyse-Land Brandenburg, 2019.
9   Vgl. Bundesverband Deutsche Startups e.V.; PwC Deutschland: Deutscher Startup Monitor, 7. Auflage, 2019, S 26.
                                                                                                                                    4
BERLINER RISIKOANALYSE

                 Abbildung 1: Unternehmensgründungen in der Bundesrepublik
Ergebnisse                                                                                                           Auch im
überregionaler   Rahmen der Supranationalen Risikoanalyse (SNRA) im Jahr 2017 wurde das Produkt Crowdfunding näher
Analysen         untersucht. Die Kommission sieht in der Unterwanderung einer solchen Plattform ein Risiko, gerade im Bereich
                 der Terrorismusfinanzierung. Eine Nutzung oder Missbrauch einer Plattform zum Zweck der Geldwäsche
                 konnte nicht belegt werden. Gleichwohl wird dieser Bereich als verwundbar eingestuft. 10 Die Nationale
                 Risikoanalyse (NRA) nahm die bislang bestehende geringe Rechtssicherheit bzgl. der Ermittlung der
                 Verpflichteteneigenschaft für die gesamten Gruppe und die föderale Aufsichtsstruktur in den Fokus. 11

immanente        Finanzunternehmen, deren Geschäftszweck im Erwerb, Halten oder dem Verkauf von Geschäftsanteilen
Risiken          besteht, sind direkt in das Risikoszenario des „Share-Deals“ (siehe auch Abschnitt Immobilienmakler:innen)
                 involviert. Sie sind demnach aber mehr das Vehikel als Beteiligte der Transaktion. Eine Kontrolle nach dem
                 GwG setzt eine eigene Geschäftstätigkeit voraus. Die von Finanzanlagenvermittler:innen vermittelten Produkte
                 haben grundsätzlich ähnliche Risikoszenarien wie die von Instituten vermittelten Produkte.

                 10 Vgl. European Commission: Report from the Commission to the European Parliament and to the Council on the assessment of the risks of money
                      laundeirng and terrorist financing affecting the internal market and relating to cross-border situations - COM(2017) 340 final, S 52 ff.
                 11 Vgl. Bundesministerium der Finanzen,“ Erste Nationale Risikoanalyse 2018/2019, S. 111 f.
                                                                                                                                                            5
BERLINER RISIKOANALYSE

Eigene Risikobewertung und Schlussfolgerungen der Aufsichtsbehörde

Die Abgrenzung von Finanzunternehmen gegenüber erlaubnispflichtigen Instituten ist auch mit der neuen
Definition im GwG weiterhin schwierig. Im Rahmen des risikobasierten Ansatzes erfolgt die Aufsicht primär
anlassbezogen, basierend auf Erkenntnissen anderer Behörden. Bei Konzernstrukturen, in denen die Aufsicht
auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und Länder verteilt ist, muss die behördliche
Kooperation verbessert werden. Zudem wird aufgrund der vorrangegangenen Argumente auch weiterhin eine
komplette Übertragung des gesamten Verpflichtetenkreises nach § 2 Nr. 6 GwG, nicht nur der
Finanzanlagenvermittelnden und Honorar-Finanzanlagenberatenden, an die BaFin angeregt. 12 Das Risiko zum
Zweck der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden, wird als niedrig bis mittel mit
dem Skalenwert 3 eingestuft.

2.2        Versicherungsvermittler:innen
Verpflichtet sind Versicherungsvermittler:innen im Sinne des § 59 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Dies
sind in erster Linie Versicherungsmakler:innen, welche im Auftrag der Versicherungsnehmer:innen tätig
werden und nicht an ein Versicherungsunternehmen gebunden sind.13

Eine Verpflichteteneigenschaft im Sinne des GwG wird jedoch erst bei der Vermittlung von bestimmten
Produkten ausgelöst. So sind alle Arten von Lebensversicherungen, andere kapitalbildende Versicherungsarten
wie Unfallversicherungen mit Prämienrückgewähr sowie andere dem Finanzsektor nahestehende Produkte wie
Hypothekardarlehen oder private Rentenversicherungen, relevant.

Nach Auswertung verschiedener Quellen, wie dem Vermittlerregister des Deutschen Industrie und
Handelskammertages e.V. (DIHK), dem Gewerberegister und dem Erlaubnisregister, geht die Aufsichtsbehörde
von einer Größenordnung von circa 600 Verpflichteten im Land Berlin aus. Regionale Besonderheiten im
Vergleich mit anderen Bundesländern konnten nicht festgestellt werden.

12 Vgl. Deutscher Bundestag: Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Richtlinie, Drucksache 19/13827 vom
     09.10.2019, Anlage 4 Gegenäußerung der Bundesregierung, S. 151.
13 Vgl. Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unter https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/Versicherer
     Pensionsfonds/Aufsichtsregime/Vermittlerwesen/vermittlerwesen_node.html (Abruf 14.05.20).
                                                                                                                                          6
BERLINER RISIKOANALYSE

Ergebnisse        Im Rahmen von internationalen Risikobewertungen bezüglich Geldwäsche und/ oder Terrorismusfinanzierung,
überregionaler    identifizierte die Financial Action Task Force (FATF) für Versicherungsprodukte folgende
Analysen          Risikoschwerpunkte:14
                                 Die Begünstigung nicht identifizierter Dritte;
                                 Die Gestaltungsmöglichkeiten bei der Höhe der Prämien;
                                 Die Verwendung von Barmitteln und mögliche Überzahlungen bei der Zahlung von
                                    Prämien;
                                 Die Möglichkeit zur Teilauszahlungen des Produktes oder vorzeitige Beendigung der
                                    Versicherung mit begrenzten Gebühren;
                                 Die Verkäuflichkeit bspw. kann das Produkt auf einem Sekundärmarkt gehandelt werden
                                    oder als Sicherheit für ein Darlehen verwendet werden.

                  Insgesamt werden Lebensversicherungsprodukte durch die FATF als nicht ausreichend flexibel gewertet, um
                  als favorisierte Methode von Geldwäschern Anwendung zu finden. Dennoch ist ein gewisses Risiko gegeben,
                  dass im Rahmen des Erwerbs von Lebensversicherungen, aus Straftaten generierte Gewinne verwendet werden
                  können. Auch besteht die Gefahr, dass aus Lebensversicherungsverträgen abgezogene Gelder für die
                  Terrorismusfinanzierung verwendet werden.15
                  Im Rahmen der SNRA wurde festgestellt, dass Vereinigungen der Organisierten Kriminalität vereinzelt
                  Lebensversicherungen zu Geldwäschezwecken nutzen. Jedoch ergab die Bewertung ebenfalls, dass der
                  Aufwand sehr hoch ist, eine genaue Planung und Fachwissen benötigt werden und auch das Entdeckungsrisiko
                  höher als bei anderen Produkten eingeschätzt wird.16

                  Im Zuge der Nationalen Risikoanalyse erfolgte eine Risikobewertung von einzelnen Versicherungsprodukten
                  hinsichtlich der Gefahr zum Zweck der Geldwäsche und / oder Terrorismusfinanzierung missbraucht zu
                  werden. Das risikoreichste Produkt wurde jeweils mit dem Faktor 1 bewertet:

                 Abbildung 2: Werteskala bezüglich des GW/TF-Risikos von Versicherungsprodukten

Sichtweise        Der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler e.V. (BDVM) bewertet das inhärente Geldwäscherisiko
Branche           als grundsätzlich gering. Dieser verwies unter anderem darauf, dass Versicherungsprodukte aufgrund der
                  Produktstruktur für kurzfristig angelegte Geldwäscheaktivitäten ungeeignet sind.17

                  14 Vgl. FATF: Guidance for a risk-based approach-life insurance sector, Oktober 2018,S. 47.
                  15 Vgl. FATF: Guidance for a risk-based approach-life insurance sector, Oktober 2018, S. 9.
                  16 Vgl. European Commission: Report from the Commission to the European Parliament and to the Council on the assessment of the risks of money
                       laundeirng and terrorist financing affecting the internal market and relating to cross-border situations - COM(2017), S. 97 ff.
                  17 Vgl. Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler e.V. (BDVM): Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der
                       Finanzen: Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie [Richtlinie (EU) 2018/843]
                                                                                                                                                             7
BERLINER RISIKOANALYSE

Eigene Risikobewertung und Schlussfolgerungen der Aufsichtsbehörde

Der Bereich der Versicherungsvermittler:innen stand bislang nicht im Fokus der Berliner Geldwäscheaufsicht.
Hierfür gibt es mehrere Gründe. Zum einen handelt es sich bei den ungebundenen
Versicherungsvermittler:innen um eine vergleichsweise kleine Verpflichtetengruppe. Zum anderen bestehen
Sorgfaltspflichten nach dem GwG nur bei Vermittlung bestimmter Produkte. Diese selektive
Verpflichteteneigenschaft ist einerseits wirtschaftsfreundlich. Sie beschränkt die Pflichten auf diejenigen, die
besonders risikobehaftete Geschäfte tätigen. Dies muss aber zuvor durch die Aufsichtsbehörde nach
eingehender Prüfung ermittelt werden. Ferner führt die expansive Geldpolitik der EZB zu einem Abfall des
allgemeinen Zinsniveaus und damit einhergehend zu einer sinkenden Nachfrage nach Versicherungsprodukten.
Aus den vorangegangenen Gründen kann im Versicherungssektor das gegenwärtige Risiko für Geldwäsche
oder Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden als gering und im Hinblick auf die Aufsichtstätigkeit
nach dem risikobasierten Ansatz mit dem Skalenwert 2 bewertet werden. Im Fokus der Aufsichtstätigkeit
stehen daher anlassbezogene Prüfungen, beispielsweise auf Grund von Meldungen der Finanzbehörden.

2.3         Notar:innen
Freie Berufsträger können ebenfalls Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz sein, beispielsweise wenn sie
am Verkauf von Immobilien oder Gewerbebetrieben beteiligt sind, Vermögenswerte verwalten oder an der
Gründung von Gesellschaften mitwirken bzw. bei deren Übernahme beraten. Dazu zählen auch Notar:innen
als unabhängige Träger eines öffentlichen Amtes. Ihnen sind hoheitliche Befugnisse zur vorsorgenden
Rechtspflege in Deutschland übertragen, wie die Beurkundung von Willenserklärungen beim
Immobilienerwerb oder der Gesellschaftsgründung.18 Notar:innen müssen unabhängig und unparteiisch sein
und unterliegen einer strafbewehrten Verschwiegenheitspflicht, welche auch bei der Erfüllung
geldwäscherechtlicher Sorgfaltspflichten beachtet werden muss.

Im gesamten Bundesgebiet sind ca. 7.000 Notar:innen tätig. Im Land Berlin waren es im Jahr 2020 insgesamt
671 Berufsträger im Anwaltsnotariat. Die Anzahl der in Berlin bestellten Notar:innen19 ist seit dem Jahr 2015
rückläufig. Dennoch sind im Land Berlin Notar:innen überdurchschnittlich vertreten (Bundesdurchschnitt
2020: 432).20

     vom 29.05.2019, S.2 f.
18 Vgl. Notarkammer Berlin unter http://www.notarkammer-berlin.de/notariat/index.html (Abruf 06.07.20).
19 Vgl. Bundesnotarkammer unter https://www.notar.de/der-notar/statistik (Abruf 06.07.20).
20 Vgl. ebd.
                                                                                                                              8
BERLINER RISIKOANALYSE

                 Im Jahr 2018 wurden deutschlandweit fast eine Million Immobilientransaktionen durchgeführt, davon 27.400
                 Transaktionen im Land Berlin. 21 Höher ist der Geldumsatz, der mit 19,2 Milliarden einem Anteil von 7,1 % an
                 den insgesamt 269 Milliarden bundesweit entspricht.22 Die absoluten Zahlen wirken zunächst eher gering.
                 Bezogen auf die Einwohnerzahl belegt das Land Berlin nach der Hansestadt Hamburg jedoch den zweiten Platz
                 beim Geldumsatz pro Kopf im Immobiliensektor.

Immobilien-
transaktionen
und
Geldumsatz pro
Kopf

                 Abbildung 3: Geldumsatz pro Einwohner im Immobiliensektor

Gründung von     Auch bei der Zahl der Unternehmensneugründungen schneidet Berlin nicht nur überdurchschnittlich ab,
Unternehmen      sondern ist Spitzenreiter. Im Jahr 2018 wurden insgesamt 40.000 Gewerbe neu gegründet.23

Ergebnisse       Die FATF sieht vor allem ein Risiko in der Erbringung von Dienstleistungen für Mandanten, bei denen es
überregionaler   aufgrund von komplexen Geschäftsstrukturen schwierig ist, den wahren wirtschaftlichen Eigentümer oder den
Analysen         kontrollierenden Eigentümer zu ermitteln. Der Mandant nutzt die Glaubwürdigkeit des Amtsträgers, um
                 gegenüber Dritten agieren zu können. Als Risikoindikatoren nennt die FATF u.a.:

                                      Mandant:innen, die in bargeldintensiven Sektoren tätig sind, sowie Unternehmen, die stark
                                       auf neue Technologien angewiesen sind (z.B. Online-Handelsplattformen);
                                      Mandant:innen die bereit sind, geschäftsunüblich hohe Gebühren für Dienstleistungen zu
                                       zahlen;
                                      Häufiger oder unerklärlicher Wechsel des/ der professionellen Berater(s) der Mandant:innen
                                       oder von Mitgliedern der Geschäftsleitung;
                                      Mandant:innen, die als Gegenleistung für Kapitaltransfers u.ä. Aufenthaltsrechte oder die
                                       Staatsbürgerschaft in einem Drittland erlangen wollen;
                                      Vertretungsbefugnisse, die unter ungewöhnlichen Bedingungen erteilt werden (z.B. wenn
                                       diese unwiderruflich oder in Bezug auf bestimmte Vermögenswerte erfolgen) und die dafür
                                       angegebenen Gründe unklar oder unlogisch sind.

                 Die EU-Kommission hat ihrerseits ermittelt, dass illegale Akteure Notar:innen oder andere unabhängig
                 juristisch Beratende für die missbräuchliche Verwendungen von Kundenkonten, Immobilienkäufen und zur
                 Gründung von Trusts und Gesellschaften und deren Verwaltung nutzen. Im Rahmen der Nationalen
                 Risikoanalyse wurde das Geldwäscherisiko für Notar:innen sowie Rechtsanwält:innen als hoch bewertet.

                 21 Vgl. Arbeitskreis der Oberen Gutachterausschüsse, Zentralen Geschäftsstellen und Gutachterausschüsse in der Bundesrepublik Deutschland:
                      Immobilienmarktbericht Deutschland 2019, S 22.
                 22 Vgl. ebd.
                 23 Vgl. Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe unter https://www.berlin.de/sen/ wirtschaft/wirtschaft/konjunktur-und-
                      statistik/wirtschaftsdaten/gruendungen/ zitiert nach Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (Abruf 05.05.20).
                                                                                                                                                              9
BERLINER RISIKOANALYSE

              Insbesondere im Zuge von Geschäftstätigkeiten mit Treuhand- und Anderkonten, teils mit Barzahlungen oder
              Zahlungen aus Drittstaaten/ Risikoländern, konnten verdächtige Sachverhalte ermittelt werden. Angesichts des
              immanenten Risikos wurde die Anzahl der übermittelten Verdachtsmeldungen als zu gering bewertet.

              Abbildung 4: Anzahl der Verdachtsmeldungen freie Berufe

              Praxiserfahrungen zeigten, dass sich bei den Notar:innen die Beachtung der rechtlichen Vorgaben der
              Bundesnotarordnung (BNotO) bislang nachteilig auf die Umsetzung der geldwäscherechtlichen Pflichten
              auswirkte. Die geringe Anzahl an Verdachtsmeldungen beruhte zum Teil auf den geldwäscherechtlichen
              Regularien. So wurde die Schweigepflicht nur aufgehoben, wenn der Verpflichtete positiv Kenntnis hatte, dass
              der/die Mandant:in die rechtliche Dienstleistung zum Zweck von Geldwäsche oder Terrorismusaktivitäten
              nutzte. Dies war eine hohe Hürde, welche auch die sehr niedrigen Zahlen bei Verdachtsmeldungen erklärte. Da
              im Zusammenhang mit rechtlichen Dienstleistungen im Immobiliensektor ein hohes Risiko gegeben ist,
              bestimmt eine am 01.10.2020 in Kraft tretende Rechtsverordnung bestimmte Konstellationen, die per se
              meldepflichtig sind.

Sichtweise    Durch die Führung der Urkundenrolle, die Dokumentation der Identität der Beteiligten sowie die langjährige
Interessen-   Aufbewahrung notarieller Urkunden, legen Notar:innen unabhängig von den Pflichten nach dem GwG bereits
vertretung    eine Papierspur an. Auch die Verpflichtung zu steuerlichen Meldungen an die Finanzämter wird als wichtiger
              Beitrag zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung gesehen. In der
              Verordnungsermächtigung im Rahmen der Novellierung 2019 zur Erstellung einer Auflistung meldepflichtiger
              Sachverhalte, bei denen eine Notarin oder ein Notar auch ohne positive Kenntnis anzeigen muss (erweiterte
              Meldepflicht), , sieht die Bundesnotarkammer einen rechtssicheren Weg für ihre Mitglieder, das
              Spannungsverhältnis zur Verschwiegenheitspflicht zu durchbrechen und mehr Meldungen abzugeben.24
              „Deutlich unattraktiver“ für Geldwäsche soll der deutsche Immobilienmarkt nach Ansicht der Notarkammer
              Berlin u.a. auch durch das Beurkundungsverbot von Immobilientransaktionen ausländischer Gesellschaften
              werden, die nicht im Transparenzregister eingetragen wurden.25

              24 Vgl. Bundesnotarkammer: Pressemitteilung vom 31.07.2019 unter https://www.bnotk.de/aktuelles/details/ bundesnotarkammer-begruesst-
              erweiterung-der-geldwaesche-meldepflicht-fuer-notare-im-immobilienbereich-praesident-bormann-erwartet-kuenftig-deutlich-mehr-meldungen-als-
              bisher (Abruf 16.07.2020).
              25 Vgl. Notarkammer Berlin: Pressemitteilung Januar 2020 unter http://www.notarkammer-
              berlin.de/aktuelles/index.html?view=detail&id=cd768993-3b76-478e-8ae5-08cd6d9e0d27 (Abruf 16.07.2020).
                                                                                                                                                      10
BERLINER RISIKOANALYSE

                Eigene Risikobewertung und Schlussfolgerungen der Aufsichtsbehörde

                Aufgrund des beschränkten Zugangs wird das Unterwanderungsrisiko im Vergleich zu anderen
                Verpflichtetengruppen als deutlich geringer angesehen. Die Anforderungen an die Bestellung (§§ 5, 6 BNotO)
                sowohl im Anwalts-, wie auch im Berufsnotariat und die Fortbildungsverpflichtungen führen ebenfalls zu
                einem sehr hohen rechtlichen Qualifikationsniveau im Vergleich zu anderen Verpflichtetengruppen. Die
                Gesamteinschätzung des Risikos ist sehr von der Art der Kataloggeschäfte und der Kundenstruktur abhängig.
                Die Beurkundung von Immobilientransaktionen, egal ob als „asset- oder share deal“, wird als
                Risikoschwerpunkt        gewertet.      Unternehmensgründungen         sowie      Unternehmensübergänge
                (Vorratsgesellschaften siehe Punkt 2.4) bergen zusätzliche Gefahren zur Verschleierung wirtschaftlich
                Berechtigter. Das Risiko zum Zweck der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden,
                wird mit dem Skalenwert 5 bewertet.

                2.4 Dienstleistende für Gesellschaften und Treuhandvermögen
                (TCSP)
                Nicht nur Träger freier Berufe bieten beratende oder verwaltende Dienstleistungen für Gesellschaften an. Diese
                Gewerbetreibenden, die nicht bereits auf Grund einer Stellung als Rechtsanwalt o.ä. verpflichtet sind, werden
                unter dem Sammelbegriff der Trust and Company Service Provider (TCSP) geführt. Eine Verpflichtung nach
                dem Geldwäschegesetz besteht beispielsweise, wenn für einen Dritten eine Gesellschaft gegründet wird oder
                Vorratsgesellschaften an einen Dritten veräußert werden, wenn bestimmte Funktionen innerhalb einer
                Gesellschaft durch einen Externen wahrgenommen werden (z.B. Interimsmanager) oder wenn ein Geschäftssitz
                und / oder eine Postadresse für Gesellschaften zur Verfügung gestellt wird. Ebenso begründen treuhänderische
                Dienstleistungen eine Verpflichtung nach dem Geldwäschegesetz.
Heterogenität
                Bei der statistischen Erfassung des Verpflichtetenkreises ergeben sich für die Aufsichtsbehörden praktische
                Probleme. TCSP können in unterschiedlichen Formen auftreten. Aufgrund der heterogenen Tätigkeitsfelder ist
                die Auswertung des Gewerberegisters komplex. Bei der Erfassung der Stammdaten eines Unternehmens liegt
                es im Ermessen der Sachbearbeitenden in den Gewerbeämtern, in welche Wirtschaftszweiggruppe ein
                Unternehmen anhand der freien Tätigkeitsbeschreibung eingruppiert wird. Im Ergebnis ließ sich meist eine
                konkrete Verpflichteteneigenschaft nicht a priori bestimmen, sondern erstmals in Rahmen von
                Kontrolltätigkeiten.
                Nach Auswertung der einschlägigen Wirtschaftsunterklassen schätzt die Aufsichtsbehörde die Zahl der
                Verpflichteten in dieser Gruppe auf 250 bis 750 Gewerbetreibende. Regionale Besonderheiten bestehen gerade
                bei Dienstleistungen, wie der Bereitstellung eines Geschäftssitzes. So ist im Vergleich zu anderen Ländern ein
                erhöhtes Aufkommen von Büroservicedienstleistenden zu verzeichnen. Ein ausschlaggebendes Kriterium sind
                beispielsweise bekannte Berliner Adressen wie der Kurfürstendamm.

                                                                                                                          11
BERLINER RISIKOANALYSE

                 Die FATF zählt die Berufsgruppen der TCSP seit dem Jahr 2003 zu den Risikogruppen. 26 Als Risiko wird die
                 Präsenz von Personen (z.B. Firmenbestatter) im Bereich von TCSP genannt, die bereit sind sich an illegalen
Ergebnisse       Aktivitäten zu beteiligen. Auch die generelle Zunahme an Unternehmen im TCSP-Sektor, die keine oder nur
überregionaler   unzureichende Kenntnisse bezüglich der Schlüsselfaktoren ihres Bereichs aufweisen, was wiederum illegale
Analysen         Aktivitäten begünstigen kann, wird kritisch gesehen.27 Im Zuge eines Erfahrungsaustausches der FATF-
                 Mitglieder wurden zusätzlich folgende Warnindikatoren identifiziert:

                                       Transaktionen, bei denen komplexe und undurchsichtige, juristische Personen sowie
                                        Vereinbarungen verwendet werden;
                                       Verwendung ausländischer Privatstiftungen, die in Rechtssystemen mit extensiven
                                        Geheimhaltungspflichten tätig sind;28
                                       Missbrauch von nominellen Anteilseignern, um die wahre Identität des wirtschaftlich
                                        Berechtigten zu verbergen;
                                       Kunden, die TCSP dazu berechtigen, mit vollen Ermessensbefugnissen Konten zu verwalten,
                                        können Geschäftsführer und Mitarbeiter von TCSP dazu verleiten, unautorisierte bzw. illegale
                                        Transaktionen durchzuführen;
                                       Vergabe von konzerninternen Darlehen sowie multinationalen Überweisungen;
                                       Betrieb von Büroserviceunternehmen im Ausland, welche wiederum TCSP-Dienstleistungen
                                        anbieten.29

                 Nach Feststellungen der EU-Kommission wird die Gründung von juristischen Personen im Bereich der TCSPs
                 oft als Instrument der Verschleierung genutzt. Bedingt ist dies vor allem durch die teils anonymen
                 Geschäftsbeziehungen ohne jeglichen persönlichen Kontakt. 30 Zudem können TCSP auch als bestellte
                 Geschäftsführer, Anteilseigner oder Treuhänder missbraucht werden, um sicherzustellen, dass der wahre
                 wirtschaftlich Berechtigte nicht oder nur schwer erfasst werden kann.31 Im Rahmen der Nationalen
                 Risikoanalyse konnten keine weiterführenden Erkenntnisse gewonnen werden.

                 Eigene Risikobewertung und Schlussfolgerungen der Aufsichtsbehörde

                 TCSP können von kriminell Agierenden dazu genutzt werden, die wahre Identität des wirtschaftlich
                 Berechtigten zu verschleiern und den Anschein eines physischen Geschäftssitzes sowie einer tatsächlichen
                 betrieblichen Tätigkeit zu erwecken. So haben im Jahr 2019 durchgeführte aufsichtsrechtliche Maßnahmen
                 ergeben, dass diese Art der Dienstleistungen ferner von Unternehmen, deren grenzüberschreitende Tätigkeiten
                 im Verborgenen bleiben sollen, genutzt werden, um Geschäftssitze zu fingieren.

                 26 Vgl. FATF: The forty recommendations, 2003, S. 12.
                 27 Vgl. FATF: Money Laundering using Trust and Service Company Providers, 2010, S. 4.
                 28 Anmerkung: Bspw. die Britischen Kanalinseln oder der US Bundestaat Delaware.
                 29 Vgl. FATF: Money Laundering Using Trust and Company Service Providers, S. 24 f.
                 30 Vgl European Commission: Report from the Commission to the European Parliament and to the Council on the assessment of the risks of money
                 laundeirng and terrorist financing affecting the internal market and relating to cross-border situations - COM(2017), S. 130 ff
                 31 Vgl Van der Does de Willebois, E. et al.; The World Bank (Hrsg.); UNODC (Hrsg.); Stolen Asset Recovery Initiative: The Puppet Masters - How
                 the Corrupt Use Legal Structures to Hide Stolen Assets and What to Do About It, S. 60.
                                                                                                                                                          12
BERLINER RISIKOANALYSE

                 Auch hat die Zusammenarbeit mit den Berliner Finanzämtern gezeigt, dass TCSP für andere Vortaten,
                 insbesondere im Bereich von Steuerdelikten, missbraucht werden können. Die Verpflichteten müssen daher
                 hinsichtlich des Graubereichs, in welchem sie sich durch das Angebot ihrer Dienstleistungen bewegen und der
                 Anreiz für kriminell Agierende schafft, verstärkt für die Einhaltung ihrer gesetzlichen Pflichten sensibilisiert
                 werden. Bei isolierter Betrachtung ist das Kundenrisiko generell als hoch zu bewerten. Teils handelt es sich um
                 Kundschaft mit internationalen Bezügen oder Vertragsabschlüsse sind ohne jeglichen, persönlichen Kontakt
                 erfolgt. Insbesondere im Rahmen von Online-Geschäften bedarf es der Implementierung von strengeren
                 Maßnahmen zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten. Das Bewusstsein, dass Vertriebskanäle im Internet
                 grundsätzlich ein höheres Risiko bergen, ist nicht ausreichend vorhanden. Die Produktrisiken werden je nach
                 Anteil am Dienstleistungsportfolio überwiegend mit einem niedrigen bis mittleren Risiko bewertet. Werden
                 Vorratsgesellschaften angeboten, so ist von einem hohen Produktrisiko auszugehen. Insgesamt wird daher das
                 Risiko zum Zweck der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden mit 6 bewertet.

                 2.5         Immobilienmakler:innen
                 Eine Analyse des Gewerberegisters im Jahr 2017 ergab insgesamt 4.992 angemeldete Betriebe im Land Berlin,
                 deren Geschäftszweck die Vermittlung von Grundstücken, Gebäuden und Wohnungen für Dritte war. Durch
                 Courtagezahlungen erzielten diese Betriebe im Jahr 2019 einen Gesamtumsatz von 2,54 Milliarden Euro. 32
                 Wie bei den freien Berufen (siehe Abschnitt Notarinnen und Notare), die bei Immobiliengeschäften beraten
                 oder diese beurkunden, sind die Entwicklungen des Berliner Immobilienmarktes für die Bewertung
                 heranzuziehen. Berlin ist ein äußerst attraktiver Standort. Es konnte in den vergangenen Jahren ein rasanter
                 Anstieg der Mieten- und Kaufpreise verzeichnet werden.
Marktsituation   Bedingt ist dies einerseits durch den Zuzug an Einwohnern33, andererseits ist durch die anhaltende quantitative
                 Lockerung der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) die Nachfrage nach Investitionen auf dem
                 Immobilienmarkt deutlich gestiegen. Zudem übersteigt trotz der dynamischen Entwicklung von Neubauten im
                 Land Berlin, die Nachfrage nach Wohnraum deutlich das Angebot. Diese Situation wird auch dadurch
                 verstärkt, dass sich der Immobiliensektor durch den anhaltenden Mehrbedarf als Spekulationsmarkt eignet.
                 Dabei ist Berlin wegen der Renditeaussicht und der Wertstabilität auch für ausländische Investoren attraktiv
                 u.a. aus den USA, Großbritannien, China, Russland oder Israel.
 Tendenz         Seit 2004 ist ein steter Anstieg von Kaufpreisen in Berlin zu verzeichnen. Insbesondere haben sich die Preise
                 von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie von Wohn- und Geschäftshäusern im letzten Jahrzehnt vervierfacht
                 (s. Abb.)

                 Abbildung 5: Kaufpreisentwicklung 1990 - 2017

                 32 Vgl. Amt für Statistik Berlin-Brandenburg: Statistischer Bericht J I 2 - j / 17, August 2019.
                 33 Vgl. Amt für Statistik Berlin-Brandenburg : Wanderungen im Land Berlin, 2018.
                                                                                                                                       13
BERLINER RISIKOANALYSE

                 Insgesamt gab es im Jahr 2018 mehr als 27.000 Verkaufsfälle mit einem Geldumsatz von fast 20 Milliarden €
                 (siehe Notarinnen und Notare).
                 Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte schlüsselt diese auch auf die einzelnen Bezirke auf:

                   Abbildung 6: Immobilienverkäufe nach Bezirken im Jahr 2018

                 Die meisten Verkaufsfälle von Eigentumswohnungen fanden im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf statt.
                 Insgesamt waren es fast 3.200 Fälle mit einem Geldumsatz von ca. 2.6 Milliarden €, was einem Anteil von 13,4
                 % der Gesamtverkäufe und einem Anteil am Gesamtumsatz von 14,6 % im Land Berlin entspricht.34

Ergebnisse       Die FATF hat für den Immobiliensektor u.a. folgende Risikobereiche 35 identifizieren können:36
überregionaler
Analysen                                  Abweichungen bzgl. der Lage der Immobilie und dem / der Wohnsitz / Nationalität der
                                           Käuferin bzw. des Käufers.
                                          Bargeldintensive Geschäftstätigkeiten trotz hoher Wertigkeit von Immobilien;
                                          Geschäftsabwicklungen mit Wohlfahrtsverbänden und anderen gemeinnützigen
                                           Organisationen, die nicht der Überwachung oder Aufsicht unterliegen;
                                          Der Einsatz von Zwischenhändlerinnen bzw. -händlern, die keinen angemessenen Gesetzen
                                           und Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
                                           unterliegen und nicht angemessen beaufsichtigt werden;
                                          Immobilien die in kürzester Zeit wieder weiterveräußert werden, ggf. mit unerklärlichen
                                           Wertveränderungen;
                                          Umwandlung von Immobilien in kleinere Einheiten;
                                          Verkauf von Immobilien unmittelbar vor einer Insolvenz.

                 Zudem wird zunehmend von europäischen Mitgliedsstaaten der FATF auf das erhebliche Geldwäsche- /
                 Terrorismusfinanzierungs-Risiko im Immobiliensektor hingewiesen. So wurden Berichte aus Tschechien
                 sowie Frankreich übermittelt, die von einer Zunahme von potenziellen Geldwäschetypologien, wie bspw. der
                 Unterbewertungen von Immobilien, undurchsichtigen Eigentumsverhältnissen sowie undurchsichtigen
                 Finanzierungsmethoden berichten. Im Zuge einer Untersuchung von Eurojust, Europol sowie der französischen
                 Staatsanwaltschaft konnte darüber hinaus ein komplexes Geldwäsche-Netzwerk, agierend in Dänemark,
                 Deutschland, Estland, Spanien, Lettland, Litauen und in Offshore-Finanzzentren (Hongkong / Singapur),
                 erfasst werden, welches mit illegalen Erlösen eine Vielzahl an Immobilien erwarb. 37

                 34 Vgl. ebd. S. 76.
                 35 Vgl. FATF: RBA Guidance for Real Estate Agents, S.20 ff. (Abruf 02.06.20).
                 36 Anmerkung: Bei der folgenden Aufzählung handelt es sich um Typologien, die dem Immobiliensektor zuzurechnen sind. Einzelne,
                 verpflichtetenkreisübergreifende Faktoren fanden keine explizite Berücksichtigung. Es handelt sich demnach nicht um eine abschließende
                 Auflistung von ML/TF-Faktoren.
                 37 Vgl. European Parliament: Understanding money laundering through real estate transactions, S. 7 f. (Abruf 02.06.20).
                                                                                                                                                          14
BERLINER RISIKOANALYSE

                 Wachsende Besorgnis trat auch in Deutschland auf, insbesondere in Städten mit rasant steigenden Mieten, wie
                 beispielsweise in Berlin. Ein Risiko wird insoweit auch in der Vergabe von „golden visas“ durch einzelne EU-
                 Mitgliedstaaten (Malta, Zypern) gesehen.38 Diese Programme ermöglichen es ausländischen Investoren durch
                 den Ankauf von Staatsanleihen oder anderen Investitionen einen Aufenthaltstitel oder sogar die
                 Staatsbürgerschaft zu erhalten. Diese Praxis birgt beachtliche Geldwäsche-, Sicherheits- und steuerliche
                 Risiken, insbesondere für Immobilienbereiche mit hohen Renditen.

                 Im Ergebnis der Betrachtung des Sektors im Rahmen der Supranationalen Risikoanalyse steigt das Risiko für
                 Geldwäsche im Immobiliensektor weltweit. Schätzungen zu Folge werden durch den Ankauf von Immobilien
                 bis zu 1.6 Billionen Dollar im Jahr gewaschen. So hat die Antigeldwäschebehörde des französischen
                 Finanzministeriums (TRACFIN) den Immobiliensektor als „führenden Vertriebsweg“ für Geldwäsche
                 identifiziert. Von insgesamt 62.000 Verdachtsmeldungen an die TRACFIN aus dem Jahr 2016 stammen
                 lediglich 84 von Immobilienmakler:innen - trotz einer Million Transaktionen in diesem Jahr.39

                 Ein besonderes Risiko wurde bei der Erstellung der Nationalen Risikoanalyse in der Vertragsgestaltung eines
                 sog. „share deals“ gesehen, bei der die Immobilie nicht unmittelbar der Gegenstand der Transaktion ist, sondern
                 mittelbar als Betriebsvermögen zu einer zu veräußernden Gesellschaft gehört.

                 Im Herbst 2018 wurde im Rahmen einer risikoorientierten Aufsicht die Einhaltung der mit der Novellierung
                 des GwG neu hinzugekommenen Pflichten kontrolliert. Als Kernstück des neuen risikobasierten Ansatzes der
                 4. EU-Geldwäscherichtlinie lag der Fokus hierbei auf der Ermittlung und Bewertung individueller
                 Verpflichtetenrisiken, weshalb Verpflichtete zur Vorlage ihrer Risikoanalyse aufgefordert wurden. Dazu wurde
                 eine Stichprobe von 51 Immobilienmakler:innen ausgewählt, welche ein möglichst breites Spektrum dieser
                 Branche repräsentieren (Großkonzerne und Franchise-Unternehmen, kleinere und mittlere Unternehmen
                 (KMU), Einzelunternehmen, kommunale Wohnungsbaugesellschaften mit Maklererlaubnis, unterschiedliche
                 inländische und ausländische Rechtsformen).

Auswertung       Die Auswertung der Risikoanalysen ergab, dass es sich nach Aussage der Makler:innen beim Großteil der
betrieblicher    Vermittlungsfälle um Objekte zur Selbstnutzung handle und Anlageimmobilien in weitaus geringerem Umfang
Risikoanalysen   vermittelt würden. 36 % der geprüften Makler:innen gaben an, dass überwiegend natürliche Personen als
                 Kunden aufträten. Bei 24 % seien primär juristische Personen als Vertragspartner zu verzeichnen. In Bezug auf
                 die geografischen und kundenbezogenen Risiken gaben 88% der Befragten an, für inländische Kunden zu
                 vermitteln, 56% ganz oder teilweise für Kunden aus EU-Staaten und 32 % wären ganz oder teilweise für
                 Kunden aus Drittstaaten tätig.
                 Fast alle Verpflichteten bewerteten im Rahmen ihrer Risikoanalyse die einzelnen betriebsinternen Risiken
                 (Kunden-, Transaktionen-, Produkte-, Vertriebskanal-, geografisches Risiko) als gering. Lediglich 8 % der
                 Kontrollierten gaben an, die Kundenrisiken mit einem mittleren Risiko zu bewerten. 20 % der Kontrollierten
                 bewerteten die Produktrisiken mit einem mittleren Risiko.

 Prüfungs-       Bei Vor-Ort-Kontrollen und schriftlichen Kontrollen im Jahr 2019 konnte wiederholt festgestellt werden, dass
 erfahrungen     Immobilienmakler:innen in der Regel bemüht gewesen sind, die allgemeinen Sorgfaltspflichten zu erfüllen.
                 Oftmals hat es aber gerade in kleineren und mittelständischen Unternehmen an ausreichendem Fachwissen
                 gefehlt, um die Erfüllung konsequent zu gewährleisten. Fernidentifizierungen wurden nicht gesetzeskonform
                 durchgeführt und das Konstrukt des wirtschaftlich Berechtigten ist teilweise nicht verstanden worden. Als
                 Folge der fehlenden Abklärung vor allem von wirtschaftlich Berechtigten treten auch nur selten wahrnehmbare
                 Verdachtsmomente auf und werden noch seltener den Aufsichts-behörden gemeldet.

                 38 Vgl. ebd., S. 8 (Abruf am 02.06.20).
                 39 Vgl. Le Monde: Blanchiment d’ Argent - les agents immobiliers font-ils preuve de complaisance? unter
                 http://www.lemonde.fr/societe/article/2017/12/29/blanchiment-d-argent-les-agents-immobiliers-en-premiereligne_5235527_3224.html (Abruf
                 03.01.20).
                                                                                                                                                          15
BERLINER RISIKOANALYSE

Eigene Risikobewertung und Schlussfolgerungen der Aufsichtsbehörde

Bei der Bewertung des Risikos bleibt festzuhalten, dass sich die Verpflichtetengruppe der
Immobilienmakler:innen weniger zur Unterwanderung durch Kriminelle eignet. Ein Risiko für aktive
Geldwäsche i.S.d. StGB wird im Regelfall nicht gesehen. Die Eignung ist jedoch gegeben, von Dritten zum
Zweck der Geldwäsche missbraucht zu werden. Bei der Aufklärung von verdächtigen Immobilientransaktionen
ist es unabdingbar, alle Schritte des Erwerbs / der Veräußerung zu betrachten; von den auftretenden Personen
bei der Besichtigung, über die Vertragsparteien bei der notariellen Beurkundung bis hin zur Transaktion /
Finanzierung über den Bankenbereich.
Immobilien als Produkt bieten über den Erwerb mit inkriminierten Geldern hinaus die Möglichkeit,
Geldwäsche weiter zu betreiben. Hierzu bot eine vom BKA 2012 in Auftrag gegebene Studie einige Typologien
an (Phantommieter; Sanierung etc.).
Im Ergebnis der Sichtung aller Risikoanalysen für das Jahr 2018 konnte festgestellt werden, dass viele
Risikofaktoren nicht ausreichend durch die Verpflichteten ermittelt und / oder bewertet wurden. Darauf
reagierte die Aufsichtsbehörde durch Aufzeigen der Mängel und der Durchführung von Vor-Ort-Kontrollen
und Prüfungen im schriftlichen Verfahren. Auch wenn die Risikobewertung der Verpflichteten unzutreffend
war, so waren bei vielen Unternehmen interne Sicherungsmaßnahmen etabliert worden, die auch einer höheren
Bewertung angemessen begegneten. Die Prüfungen ergaben jedoch häufig eine Abweichung bezüglich des in
der Praxis deutlich höheren Anteils von juristischen Personen als Vertragspartner.
Nach Ansicht der Aufsichtsbehörde ist ein höheres Risikopotential, für Geldwäsche oder
Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden, aufgrund der hohen Wertigkeit bei sämtlichen
Maklertätigkeiten gegeben. Es besteht somit die Notwendigkeit, unabhängig von der Unternehmensgröße,
Immobilienmakler:innen berlinweit zu sensibilisieren und zu prüfen.

Ein großer Teil der Verpflichteten nutzt ein vom jeweiligen Immobilienverband erstelltes Muster zur Erstellung
der Risikoanalyse. Die Verwendung solcher Muster kann sinnvoll sein und bietet der Aufsichtsbehörde ein
einheitliches Bild. Sie birgt aber das Risiko, dass die jeweils tatsächlichen betriebseigenen Kunden-, Produkt-
und Transaktionsrisiken nur formelhaft, aber nicht risikoentsprechend berücksichtigt werden. Somit sieht die
Aufsichtsbehörde weiterhin einen erheblichen Handlungsbedarf im Bereich der präventiven Arbeit, um
gewährleisten zu können, dass Verpflichtete risikoangemessene Handlungsoptionen aus der jeweiligen
Risikobewertung herleiten können.
Die teilweise festgestellte Unkenntnis über das Konstrukt des wirtschaftlich Berechtigten führt, trotz des
erhöhten Risikos, zu einer geringen Anzahl an übermittelten Verdachtsmeldungen.
Ein weiteres Problem bei der Abklärung des wirtschaftlich Berechtigten ist auch, dass vielfach sofort der/die
Geschäftsführer/in als fiktive/r wirtschaftlich Berechtigte/r eingetragen wird, statt den eigentlichen
wirtschaftlich Berechtigten zu ermitteln. Das Risiko zum Zweck der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung
missbraucht zu werden, wird mit dem Skalenwert 8 als hoch eingestuft.

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