Auswirkungsanalyse zur Verlagerung des Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher
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Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher Auswirkungsanalyse zur Verlagerung des Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher Auftraggeber: Schoofs Immobilien GmbH, Frankfurt Projektleitung: Dipl.‐Geogr. Gerhard Beck M. Sc. Wirtschaftsgeographie Markus Hertner Ludwigsburg, am 28.05.2020 Gesellschaft für Markt‐ und Absatzforschung mbH 1
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher Urheberrecht Das vorliegende Dokument unterliegt dem Urheberrecht gemäß § 2 Abs. 2 sowie § 31 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutze der Urheberrechte. Eine Vervielfältigung, Weitergabe oder (auch auszugs‐ weise) Veröffentlichung ist nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung der GMA und des Auf‐ traggebers unter Angabe der Quelle zulässig. Gesellschaft für Markt‐ und Absatzforschung mbH Ludwigsburg | Dresden, Hamburg, Köln, München Hohenzollernstraße 14 71638 Ludwigsburg Geschäftsführer: Dr. Stefan Holl Telefon: 07141 / 9360‐0 Telefax: 07141 / 9360‐10 E‐Mail: info@gma.biz Internet: www.gma.biz 2
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher Inhaltsverzeichnis Seite I. Grundlagen und Standortrahmenbedingungen 4 1. Aufgabenstellung und Vorhabenbeschreibung 4 2. Bauplanungsrechtliche Vorgaben 5 3. Marktentwicklung im Lebensmitteleinzelhandel 6 3.1 Definition der Betriebstypen im Lebensmitteleinzelhandel 6 3.2 Sortimentsstruktur von Lebensmittelmärkten 7 II. Raumordnerische Kernregelung / Konzentrationsgebot 9 1. Makrostandort Ubstadt‐Weiher 9 2. Konzentrationsgebot – landesplanerische Vorgaben 11 3. Versorgungsstrukturen im Lebensmitteleinzelhandel 12 3.1 Angebotssituation in der Gemeinde Ubstadt‐Weiher 12 3.2 Angebotssituation im Umland 15 III. Integrationsgebot 17 1. Mikrostandort „Ubstadter Straße“ 17 2. Integrationsgebot – landes‐ und regionalplanerische Vorgaben 19 3. Bewertung des Integrationsgebotes 19 IV. Kongruenzgebot 20 1. Einzugsgebiet und Bevölkerung 20 2. Kaufkraft im Einzugsgebiet 21 3. Umsatzprognose für den geplanten Lidl‐Lebensmitteldiscounter 21 4. Rechtliche Vorgaben 23 5. Bewertung des Kongruenzgebotes 23 V. Beeinträchtigungsverbot 25 1. Methodik der Umsatzumverteilungsberechnung 25 2. Umsatzumverteilungen 25 3. Rechtliche Vorgaben und städtebauliche Bewertung 27 VI. Empfehlungen 29 VII. Zusammenfassung 30 3
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher I. Grundlagen und Standortrahmenbedingungen 1. Aufgabenstellung und Vorhabenbeschreibung Im März 2020 erteilte die Schoofs Immobilien GmbH, der GMA, Gesellschaft für Markt‐ und Ab‐ satzforschung mbH, Ludwigsburg, den Auftrag zur Erstellung einer Auswirkungsanalyse für die geplante Verlagerung des Lidl‐Lebensmitteldiscounters in Ubstadt‐Weiher. Geplant ist ein Neu‐ bau angrenzend an den bestehenden Standort. Der derzeitige Standort wird aufgegeben. Die Nachfolgenutzung am bisherigen Standort ist noch nicht abschließend geklärt. Die Ansiedlung ei‐ nes Lebensmittelmarktes soll jedoch (in Abstimmung mit dem Regionalverband Mittlerer Ober‐ rhein) ausgeschlossen werden. Nach der Verlagerung des Marktes wird der Neubau mit rd. 1.250 m² Verkaufsfläche rd. 250 m² größer sein als der bestehende Markt. Die Verlagerung bzw. Erweiterung ist als großflächiges Ein‐ zelhandelsvorhaben nach § 11 Abs. 3 BauNVO zu bewerten und ein Sondergebiet auszuweisen. In diesem Zusammenhang sind die städtebaulichen und raumordnerischen Auswirkungen des Vorhabens im Rahmen einer Auswirkungsanalyse darzustellen und zu bewerten. Dabei sind ins‐ besondere die landesplanerischen Bewertungskriterien gemäß LEP bzw. Einzelhandelserlass Ba‐ den‐Württemberg sowie die Vorgaben des Regionalplans Mittlerer Oberrhein zu berücksichtigen. Vor dem Hintergrund der geschilderten Ausgangslage sind im Rahmen der Auswirkungsanalyse folgende Punkte zu bearbeiten: Darstellung des Rechtsrahmens Darstellung und Bewertung des Makrostandortes Ubstadt‐Weiher sowie städtebauli‐ che Bewertung des Mikrostandortes „Ubstadter Straße“ Abgrenzung des Einzugsgebietes für den Lebensmitteldiscounter und Berechnung der sortimentsspezifischen Kaufkraftpotenziale Beurteilung der gegenwärtigen Versorgungssituation im Lebensmittelbereich in der Gemeinde Ubstadt‐Weiher und im Umland (= Wettbewerbsanalyse) Umsatzprognosen und Umsatzherkunft Ermittlung der Umsatzumverteilungen im Untersuchungsraum raumordnerische Bewertung auf Basis der Prüfkriterien des Regionalplans Mittlerer Oberrhein (Konzentrationsgebot, Integrationsgebot, Kongruenzgebot, Beeinträchti‐ gungsverbot). Zur Erarbeitung der vorliegenden Auswirkungsanalyse wurde auch auf das Nahversorgungskon‐ zept der Gemeinde Ubstadt‐Weiher Bezug genommen. Weiterhin wurde auf Informationen von MB Research (Kaufkraftkennziffer) sowie auf aktuelle Bevölkerungsdaten aus amtlichen Statisti‐ ken und EHI Handelsdaten zurückgegriffen. 4
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher 2. Bauplanungsrechtliche Vorgaben Für die Beurteilung der Zulässigkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben ist § 11 Abs. 3 BauNVO zu beachten. Die Regelung führt in ihrer aktuellen Fassung aus: 1 „1. Einkaufszentren, 2. großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städ‐ tebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können, 3. sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzel‐ handelsbetrieben vergleichbar sind, sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nr. 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes‐Immissionsschutzgesetzes so‐ wie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Be‐ triebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts‐ und Landschaftsbild und auf den Naturhaus‐ halt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nr. 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1.200 m² überschreitet. Die Re‐ gel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkun‐ gen bereits bei weniger als 1.200 m² Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1.200 m² nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Aus‐ wirkungen insbesondere die Gliederung und die Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.“ Ob ein Vorhaben als Einzelhandelsgroßprojekt einzustufen ist, hat in einer zweistufigen Prüfung getrennt voneinander zu erfolgen: 1. Handelt es sich bei dem Vorhaben um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb bzw. wird die Großflächigkeit des Vorhabens erfüllt, was i. d. R. bei einer Überschreitung der Ver‐ kaufsfläche von 800 m² der Fall sein wird.2 2. Die im § 11 Abs. 3 BauNVO beschriebenen Auswirkungen müssen zu erwarten sein, was regelmäßig ab einer Geschossfläche von 1.200 m² anzunehmen ist (= Regelvermutung). 1 Baunutzungsverordnung (BauNVO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. November 2017. 2 Vgl. BVerwG Urteil vom 24. November 2005, 4 C 10.04. In diesem Urteil hat das BVerwG die Grenze der Großflächigkeit von 700 auf 800 m² erhöht. Großflächig im Sinne des § 11 Abs. 3, Satz 1, Nr. 2 BauNVO sind demnach diejenigen Betriebe, die eine Verkaufsfläche von 800 m² überschreiten. Zur Verkaufsfläche zählen, der Kassenvorraum (einschließlich eines Bereichs zum Einpacken der Waren und zur Entsorgung von Verpackungsmaterialien) und ein evtl. vorhandener Windfang. Ebenfalls der Verkaufsfläche zuzurech‐ nen sind die Bedienbereiche (z. B. Fleisch‐ / Wursttheke). 5
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher 3. Marktentwicklung im Lebensmitteleinzelhandel Die Dynamik in der Branche ist nach wie vor ungebrochen. So optimieren derzeit nahezu alle we‐ sentlichen Betreiber des Lebensmitteleinzelhandels ihre Standortnetze. Hiermit verbunden ist häufig auch eine Flächenausweitung der einzelnen Betriebe bzw. Standorte, da aufgrund der stei‐ genden Anforderung an die Warenpräsentation, die interne Logistik sowie den demographischen Wandel die Flächeninanspruchnahme steigt. Die einzelnen Betriebstypen des Lebensmitteleinzelhandels weisen eine unterschiedliche Ent‐ wicklung auf. Während Lebensmitteldiscounter und Große Supermärkte ihre Marktposition aus‐ bauen konnten, waren die Marktanteile der SB‐Warenhäuser und kleinen Lebensmittelgeschäft rückläufig. Abbildung 1: Entwicklung der Marktanteile im deutschen Lebensmitteleinzelhandel 2006 – 2018 Quelle: EHI Europäisches Handelsinstitut Handelsdaten aktuell 2019. 3.1 Definition der Betriebstypen im Lebensmitteleinzelhandel Im Einzelhandel werden verschiedene Betriebstypen unterschieden. Die Ausdifferenzierung ist dabei für den Lebensmitteleinzelhandel verfeinert worden. Als Kriterien für die Differenzierung nach Betriebstypen wird dabei neben der Verkaufsfläche v. a. auch die Sortimentsstruktur und hier insbesondere der Anteil an sog. Nonfood‐Waren herangezogen. 6
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher Die Definitionen für Betriebstypen liegen seitens mehrerer Institutionen und Institute vor. Die Definition, auf die in vorliegender Untersuchung zurückgegriffen wird, ist die des EHI Retail Insti‐ tute, welche im Einzelnen folgende Definitionen beinhaltet:3 „Kleines Lebensmittelgeschäft Ein kleines Lebensmittelgeschäft ist ein Einzelhandelsgeschäft mit weniger als 400 m² Verkaufsfläche, das ein begrenztes Lebensmittel‐ und Nonfood I‐Sortiment4 anbietet. Lebensmitteldiscounter Ein Lebensmitteldiscounter ist ein Einzelhandelsgeschäft mit einer üblichen Verkaufs‐ fläche unter 1.000 m², das ausschließlich in Selbstbedienung ein begrenztes, auf um‐ schlagstarke Artikel konzentriertes Lebensmittelangebot und Nonfood I‐Sortiment so‐ wie ein regelmäßig wechselndes Aktionsangebot mit Schwerpunkt Nonfood II5 führt. Supermarkt/Lebensmittelvollsortimenter Ein Supermarkt ist ein Einzelhandelsgeschäft mit einer Verkaufsfläche zwischen 400 m² und 2.500 m², das ein Lebensmittelvollsortiment und Nonfood I‐Artikel führt und einen geringen Verkaufsflächen‐Anteil an Nonfood II aufweist. Großer Supermarkt Ein großer Supermarkt ist ein Einzelhandelsgeschäft mit einer Verkaufsfläche zwischen 2.500 m² und 5.000 m², das ein Lebensmittelvollsortiment sowie Nonfood I und Non‐ food II‐Artikel führt. SB‐Warenhaus Ein SB‐Warenhaus ist ein Einzelhandelsgeschäft mit einer Verkaufsfläche von mindes‐ tens 5.000 m², das ein Lebensmittelvollsortiment und Nonfood I‐Artikel sowie ein um‐ fangreiches Nonfood II‐Angebot führt.“ Weiterhin kann festgehalten werden, dass Lebensmitteldiscounter die Zielgruppenansprache in erster Linie über das Preisargument vornehmen und über ein eingeschränktes Sortiment verfü‐ gen, aber zunehmend auch der Grundversorgung dienen. Sie weisen im Durchschnitt eine Fläche von etwa 780 m² auf, wobei bei Neuansiedlungen mittlerweile generell Verkaufsflächengrößen über 1.000 m² angestrebt werden. Zudem wird versucht, bestehende kleinflächige Filialen zu er‐ weitern oder auf größere Grundstücke zu verlagern. 3.2 Sortimentsstruktur von Lebensmittelmärkten Die Betriebstypen unterscheiden sich in erster Linie hinsichtlich ihrer Sortimentsstruktur. Dies wird v. a. quantitativ durch die Zahl der geführten Artikel deutlich. Während ein Supermarkt im Mittel ca. 11.800 Artikel offeriert, bieten Große Supermärkte im Durchschnitt gut das Doppelte 3 Vgl. EHI Handelsdaten aktuell 2016, S. 332. 4 Drogerieartikel, Wasch‐, Putz‐ und Reinigungsmittel sowie Tiernahrung. 5 Ge‐ und Verbrauchsgüter des kurz‐, mittel‐ und langfristigen Bedarfs wie Textilien, Schuhe, Gartenbedarf, Unterhaltungselektronik, Elektrogroßgeräte, Bücher und Presseartikel usw. 7
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher an Artikeln an. Lebensmitteldiscounter halten dagegen im Schnitt lediglich ca. 2.300 Artikel vor (vgl. Tabelle 1). Bei allen drei Betriebstypen liegt das Schwergewicht auf Waren des kurzfristigen Bedarfs. Auch wenn beim Lebensmitteldiscounter ca. 24 % der Artikel dem Nonfood‐Bereich zu‐ zuordnen sind (davon ca. 12 % dem Nonfood I bzw. 12 % dem Nonfood II Sortiment), liegt der Umsatzschwerpunkt doch eindeutig im Food‐Bereich (ca. 75 – 80 %).6 Der durchschnittliche Um‐ satzanteil für das Nonfood II‐Sortiment liegt nur bei 7,6 % für den Betriebstyp Lebensmitteldis‐ counter.7 Tabelle 1: Sortimentsangebot im Lebensmitteleinzelhandel Hauptwaren‐ Lebensmitteldiscounter Supermarkt gruppen ( 788 m² VK) ( 1.031 m² VK) Durchschnittliche Artikelzahl absolut in % absolut in % Food 1.755 76 8.995 76 Nonfood I 265 12 2.030 17 Nonfood II 275 12 805 7 Nonfood insgesamt 540 24 2.835 24 Insgesamt 2.295 100 11.830 100 Quelle: EHI Köln, Sortimentsbreitenerhebung. In: EHI Retail Institute: handelsdaten aktuell 2019 Lebensmitteldiscounter heben sich im Vergleich zu Lebensmittelvollsortimentern insbesondere durch ein vergleichsweise schmales Sortiment mit einem hohen Anteil an Eigenmarken und durch eine konsequente Niedrigpreisstrategie ab. Als weitere Besonderheit sind wechselnde Randsor‐ timente, so genannte "Aktionsware", zu nennen, deren Artikel nicht kontinuierlich geführt wer‐ den. Bei der Aktionsware handelt es sich überwiegend um Angebote außerhalb des Lebensmit‐ telbereichs. Hier kommen ganz unterschiedliche Artikel zum Verkauf, wobei ein gewisser Schwer‐ punkt bei Bekleidung, Haushaltswaren und Elektrowaren liegt. 6 Der Umsatzanteil von Lebensmittelvollsortimentern im Lebensmittelbereich liegt je nach Anbieter bei ca. 85 – 90 %. 7 Quelle: EHI Handelsdaten aktuell 2016. 8
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher II. Raumordnerische Kernregelung / Konzentrationsgebot 1. Makrostandort Ubstadt‐Weiher Die ca. 13.316 Einwohner8 zählende Gemeinde Ubstadt‐Weiher (Landkreis Karlsruhe) ist im Regi‐ onalplan für die Region Mittlerer Oberrhein als Kleinzentrum im Mittelbereich Bruchsal ausge‐ wiesen. Unter regionalplanerischen Aspekten kommt der Gemeinde damit die Deckung des Grundbedarfs zu. Ubstadt‐Weiher liegt an der regionalen Entwicklungsachse (Heidelberg) – Bad Schönborn – Ubstadt‐Weiher – Bruchsal – Karlsruhe. Als nächstgelegener zentraler Orte ist im Süden auf das Mittelzentrum Bruchsal sowie in nördlicher Richtung auf das Doppelzentrum Wall‐ dorf‐Wiesloch hinzuweisen. Das Oberzentrum Karlsruhe liegt ca. 30 km südwestlich von Ubstadt‐ Weiher entfernt (vgl. Karte 1). Die Bevölkerungsentwicklung verlief in der zurückliegenden De‐ kade leicht positiv. So ist für den Zeitraum 2008 – 2020 in Ubstadt‐Weiher ein Bevölkerungsan‐ stieg um rd. + 3,2 % zu verzeichnen. Im regionalen Vergleich bewegen sich die Einwohnerent‐ wicklungen leicht über dem Durchschnitt des Landkreis Karlsruhe im gleichen Zeitraum (+ 2,1 %). Die Siedlungsstruktur der Gemeinde Ubstadt‐Weiher ist durch insgesamt vier Ortsteile geprägt. Mit rd. 33 % der Bevölkerung bzw. 4.430 Einwohnern bildet Ubstadt den Einwohnerschwerpunkt, im Ortsteil Weiher leben weitere 27 % der Bevölkerung bzw. ca. 3.630 Einwohner. Etwa 23 % (bzw. rd. 3.035 Einwohner) sind im Stadtteil Zeutern ansässig, Stettfeld bildet mit nur 16 % der Bevölkerung (ca. 2.220 Einwohner) den kleinsten Ortsteil. Die Ortschaften sind überwiegend durch Wohnbebauung geprägt, ein größeres Gewerbegebiet (Zentrales Gewerbegebiet) liegt südlich der K 3575 zwischen Ubstadt und Weiher. Verkehrlich ist Ubstadt‐Weiher über die Bundesstraße B 3 (Darmstadt – Heidelberg – Bruchsal), welche in nordsüdlicher Richtung verläuft und die Ortschaften Stettfeld und Ubstadt durchquert, gut angeschlossen. Die Ortsteile Zeutern und Weiher sowie die benachbarten Kommunen sind über ein dichtes Netz aus Kreis‐ und Landesstraßen eingebunden. Über die Autobahnanschluss‐ stelle Gronau bzw. Bruchsal besteht Anschluss an die westlich verlaufende A 5 (Karlsruhe – Hei‐ delberg). Damit ist Ubstadt‐Weiher eine verkehrsgünstige Lage zwischen den Oberzentren Karls‐ ruhe und Heidelberg zu bescheinigen. Ein Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr erfolgt über die S‐Bahn Rhein‐Neckar bzw. die Stadtbahn Karlsruhe. Der Wirtschaftsstandort Ubstadt‐Weiher wird geprägt von kleinen und mittelständischen Unter‐ nehmen v. a. des „Produzierenden Gewerbes“. Im Jahr 2019 waren in Ubstadt‐Weiher ca. 2.474 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort registriert. Den rd. 1.683 Einpendlern standen 4.811 Auspendler gegenüber, was einem Pendlersaldo von ‐ 3.128 entspricht und die regional untergeordnete Rolle der Gemeinde als Arbeitsort verdeutlicht.9 8 Quelle: Gemeinde Ubstadt‐Weiher, Einwohnermeldestatistik (Stand: 31.01.2020). 9 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Stand: 30.06.2019. 9
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher Karte 1: Lage und zentralörtliche Struktur Legende Oberzentrum Mittelzentrum Unterzentrum Kleinzentrum Quelle: erstellt mit RegioGraph Planung; GMA-Bearbeitung 2020 10
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher Die Einzelhandelsstruktur in Ubstadt‐Weiher ist entsprechend der Siedlungsstruktur auf alle Ort‐ steile verteilt und bildet jeweils in zentralen Lagen kleine Nahversorgungsschwerpunkte. Die Ein‐ zelhandelsstruktur ist vorrangig durch kleinteilige Betriebe im kurz‐ und mittelfristigen Bedarfs‐ bereich geprägt. Wichtige Einzelhandelsschwerpunkte stellen der Bereich Unteröwisheimer Straße im Südosten von Ubstadt (Aldi, dm) sowie der Standort Ubstadter Straße im Süden des Ortsteils Weiher (REWE, Lidl) dar. In Stettfeld ist am östlichen Ortsausgang mit dem Penny‐Markt eine weitere Versorgungslage anzuführen. 2. Konzentrationsgebot – landesplanerische Vorgaben Zunächst ist in einem ersten Schritt zu bewerten, ob der Standort Ubstadt‐Weiher unter landes‐ und regionalplanerischen Gesichtspunkten zur Ansiedlung bzw. Erweiterung großflächiger Einzel‐ handelsbetriebe geeignet ist. Hierfür ist die sog. „raumordnerische Kernregelung/ Konzentrati‐ onsgebot“ zu prüfen. Maßgeblich hierfür ist das Ziel 3.3.7 des LEP 2002 Baden‐Württemberg: 3.3.7 (Z) Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflä‐ chige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) sollen sich in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen; sie dürfen in der Regel nur in Ober‐, Mittel‐ und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemein‐ den ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen be‐ nachbarter Ober‐, Mittel‐ oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Auch im Regionalplan Mittlerer Oberrhein10 und im Einzelhandelserlass Baden‐Württemberg11 wird die o. g. Regelung nachrichtlich aufgegriffen. Die Gemeinde Ubstadt‐Weiher verzeichnet in den vergangenen Jahren eine positive Bevölke‐ rungsentwicklung. Auch wenn einzelne Anbieter ihre Verkaufsfläche angepasst haben, ist die Ver‐ kaufsflächenausstattung im Vergleich zu den umliegenden Gemeinden und v.a. dem Bundes‐ durchschnitt weiterhin unterdurchschnittlich (vgl. Kapitel II.3). 10 Quelle: Regionalplan Mittlerer Oberrhein, Teilfortschreibung Kap. 2.5.3 Regionalbedeutsamer Einzelhan‐ del 2006. 11 Quelle: Einzelhandelserlass Baden‐Württemberg, Kap. 3.2 Raumordnerische Kernregelung. 11
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher 3. Versorgungsstrukturen im Lebensmitteleinzelhandel Zur Bewertung der Angebotssituation im nahversorgungsrelevanten Sortimentsbereich in Ubstadt‐Weiher wurde von der GMA im März 2020 eine Erhebung der nahversorgungsrelevan‐ ten Einzelhandelsbetriebe durchgeführt. Dabei wurden neben den größeren Anbietern ebenfalls Spezialbetriebe sowie Betriebe des Ladenhandwerks (Bäckereien, Metzgereien) erfasst. Diese Daten fließen direkt in die Bewertung der Nahversorgungssituation in der Gemeinde Ubstadt‐ Weiher ein. 3.1 Angebotssituation in der Gemeinde Ubstadt‐Weiher In der Gemeinde Ubstadt‐Weiher sind insgesamt 30 Einzelhandelsbetriebe im Bereich Lebens‐ mittel mit einer Verkaufsfläche von ca. 5.685 m² vorhanden. Die Umsatzleistung der Betriebe beträgt rd. 27 Mio. €. Tabelle 2: Einzelhandelsbestand in der Gemeinde Ubstadt‐Weiher Anzahl der Betriebe Verkaufsfläche in m² Lebensmittel 9 4.355 Bäckereibetriebe 10 310 Metzgereibetriebe 5 150 Getränke 6 870 Lebensmittel insgesamt 26 5.685 GMA‐Erhebung 2020 Zur Bewertung der Angebotssituation im Lebensmittelbereich wird als Vergleichsmaßstab die Verkaufsflächenausstattung pro 1.000 Einwohner herangezogen.12 Abbildung 2 zeigt, dass die Gemeinde Ubstadt‐Weiher im Vergleich zu den Umlandkommunen und dem bundesweiten Durchschnitt noch Entwicklungspotenzial aufweist. Abbildung 2: Verkaufsflächenausstattung in Ubstadt‐Weiher GMA‐Darstellung 2020, nach eigenen Erhebungen und des EuroHandelsInstitutes (EHI) 12 Dabei werden Spezialgeschäfte (z. B. Biomärkte) und nicht organisierter Lebensmitteleinzelhandel sowie Lebensmittelhandwerksbetriebe (Bäckereien, Metzgereien) und Getränkemärkte nicht berücksichtigt. Die Verkaufsfläche der Betriebe wird dabei inkl. Nonfoodverkaufsfläche erfasst. 12
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher Ein deutlicher Schwerpunkt der Lebensmittelversorgung befindet sich in den einwoh‐ nerstärksten Ortsteilen Ubstadt und Weiher. Die beiden anderen Ortsteile Stettfeld und Zeutern sind deutlich schwächer versorgt. Der Ortsteil Ubstadt mit ca. 4.430 Einwohnern stellt den größten Einzelhandelsstand‐ ort in der Gemeinde dar. Hier ist am südöstlichen Ortsausgang ein Aldi‐Lebensmittel‐ discounter ansässig, der nach einer Modernisierung und Erweiterung 1.200 m² VK auf‐ weist. Im Verbund mit dem angrenzenden Drogeriefachmarkt dm handelt es sich um eine für die Gemeinde wichtige Nahversorgungslage. Daneben sind in Ubstadt drei Bä‐ ckereien sowie zwei Metzgereien ansässig. Zwei Tankstellenshops sowie ein Getränke‐ markt (Getränkewelt Bader) ergänzen das Angebot vor Ort. Eine Apotheke in der Orts‐ mitte von Ubstadt ergänzt das Angebot im Gesundheitsbereich. Im Ortsteil Weiher mit ca. 3.630 Einwohnern wird die Angebotssituation insbesondere durch die großflächigen Lebensmittelmärkte REWE und Lidl (Vorhabenmarkt) in der Ubstadter Straße geprägt. Die für die Versorgung wichtigen Lebensmittelmärkte befin‐ den sich am Ortsausgang von Weiher in sog. Scharnierlage zwischen Ubstadt und Wei‐ her. Im Lebensmittelhandwerk sind drei Bäckereien sowie zwei Metzgereien vorhan‐ den. Mit Ausnahme einer Filiale der Bäckerei Thollembeek im Vorkassenbereich des Rewe‐Marktes sind die Betriebe in zentraler Lage im Ortskern von Weiher angesiedelt. Eine Apotheke ergänzt das Angebot. Im Ortsteil Stettfeld mit ca. 2.220 Einwohnern trägt der Lebensmitteldiscounter Penny im Wesentlichen zur Nahversorgung der Wohnbevölkerung bei. Der Markt befindet sich in randlicher Lage am östlichen Ortsausgang in Richtung Zeutern und ist damit für die beiden kleinsten Ortsteile der Gemeinde Ubstadt‐Weiher sehr gut zu erreichen. Das weitere Angebot in Stettfeld beschränkt sich auf zwei Bäckereien. Während sich ein Betrieb in Wohngebietslage befindet und neben dem klassischen Lebensmittel‐ handwerk ebenfalls ein kleines Angebot an sowie Haushalts‐ und Drogerieartikel zum Verkauf anbietet, wurde in der Ortsmitte im Jahr 2019 eine weitere Filiale der Bäckerei Thollembeek samt Café neu errichtet. Darüber hinaus wird in der Stettfelder Mühle ein kleiner Mühlenladen betrieben, der ein Angebot an Naturkostprodukten sowie Obst / Gemüse anbietet. In Zeutern (ca. 3.035 Einwohner) ist kein größerer Lebensmittelmarkt ansässig. Das Angebot vor Ort setzt sich zusammen aus Betrieben des Lebensmittelhandwerks, wel‐ che zur Grundversorgung herangezogen werden. Im Getränkebereich ist auf den Ge‐ tränkemarkt Stadler hinzuweisen. Ebenfalls im Ortskern von Zeutern befindet sich eine Apotheke. Ergänzt wird das Angebot vor Ort durch einen Spezialanbieter im Gewerbe‐ gebiet „Fleisch“. Hier ist auf den Anbieter Fischfeinkost Hirsch hinzuweisen, der neben seiner Produktionsstätte ein Ladengeschäft betreibt. 13
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher Karte 2: Einzelhandelsstrukturen in der Gemeinde Ubstadt-Weiher Legende Projektstandort Getränkemarkt Quelle: ©OpenStreetMap-Mitwirkende GMA-Bearbeitung 2020 14
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher 3.2 Angebotssituation im Umland Die Möglichkeit zur Erschließung eines über die Gemeinde Ubstadt‐Weiher hinausgehenden Ein‐ zugsgebietes wird maßgeblich durch die Wettbewerbsstrukturen im Umland beeinflusst. Als nächstgelegener größerer Handelsstandort, zu dem engere Einkaufsverflechtungen bestehen, ist in Richtung Süden auf das Mittelzentrum Bruchsal hinzuweisen. Aber auch die weiteren umlie‐ genden Kommunen weisen eine sehr gute Versorgungslage auf, so dass insgesamt von einem starken Wettbewerbsumfeld zu sprechen ist. Dabei lassen sich die Angebotsstrukturen im Umland wie folgt charakterisieren: In Richtung Süden ist auf einen umfangreichen Einzelhandelsbesatz im Mittelzentrum Bruchsal hinzuweisen. Dort besteht im Lebensmitteleinzelhandel neben den SB‐Wa‐ renhäusern real und Marktkauf ein ausdifferenziertes und vielfältiges Angebot mit ver‐ schiedenen Betriebskonzepten (u. a. Lidl, Aldi, Penny, Norma, Rewe, Edeka). Im Dro‐ geriewarenbereich sind zwei Filialen des Anbieters dm sowie ein Drogeriemarkt Müller ansässig. Auch das benachbarte Unterzentrum Bad Schönborn weist mit seinen Lebensmittel‐ märkten ein attraktives Lebensmittelangebot auf und übt damit eine gewissen Anzie‐ hungskraft auch für Kunden aus Ubstadt‐Weiher aus. Hinsichtlich der Nahversorgungs‐ strukturen besteht sowohl im nördlich an Stettfeld angrenzenden Bad Langenbrücken (Rewe, Aldi, Netto) als auch in Bad Mingolsheim (Rewe, Penny, Lidl) ein überdurch‐ schnittliches Angebot im Lebensmittelbereich. Darüber hinaus ist auf zwei Drogerie‐ fachmärkte (Rossmann und dm) hinzuweisen. In Richtung Osten grenzt das Unterzentrum Östringen an die Gemeinde an. Im Lebens‐ mitteleinzelhandel sind mit dem Anbieter Kaufland und den Lebensmitteldiscountern Lidl, Penny und Netto verschiedene Betriebskonzepte vorhanden, die in Gewerbege‐ bietslage mit weiteren Fachmarktnutzungen (u. a. dm) angesiedelt sind. Insbesondere für Zeutern bildet dieser Standort eine attraktive Einkaufslage. Darüber hinaus ist auf einen Netto‐Markt am westlichen Ortsrand von Odenheim hinzuweisen. Auch das benachbarte Kleinzentrum Kraichtal verfügt über eigenständige Versor‐ gungsstrukturen. Hier finden sich in den Ortsteilen Münzesheim und Unteröwisheim größere Lebensmittelmärkte. Im östlich an Ubstadt angrenzenden Unteröwisheim ist ein Netto‐Markt ansässig, im weiter östlich gelegenen Münzesheim sind ein Rewe‐ Markt sowie ein Lidl Lebensmitteldiscounter vorhanden. Die Versorgungsstrukturen sind nahezu ausschließlich auf die Sicherung der Nahversorgung innerhalb der Ge‐ meinde ausgerichtet, der Standort stellt keinen unmittelbaren Wettbewerbsstandort zu Ubstadt‐Weiher dar. 15
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher In der südwestlich an Ubstadt‐Weiher angrenzenden Gemeinde Forst ist ebenfalls auf umfassende Versorgungsstrukturen hinzuweisen (Rewe, Edeka, Netto, Penny). Im westlich angrenzenden Hambrücken wird die Grundversorgung durch einen Netto‐ Markt sowie durch den Vollsortimenter Rewe sichergestellt. Ebenfalls ein umfassendes Angebot besteht im westlich gelegenen Unterzentrum Waghäusel. Hier ist auf das überregional bedeutsame SB‐Warenhaus Globus im Ge‐ werbegebiet Wiesental hinzuweisen, welches in Verbindung mit weiteren Fachmarkt‐ angeboten im Umfeld eine große Strahlkraft in das Umland verfügt. Weitere Lebens‐ mittelangebote in den Stadtteilen (Rewe, Lidl, Aldi, Netto, Penny) spielen aufgrund der großen Entfernung als Wettbewerbsstandorte hingegen keine Rolle. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Wettbewerbsstrukturen im Umland die Möglichkeit zur Generierung von Kundenzuströmen nach Ubstadt‐Weiher deutlich begren‐ zen. Es ist davon auszugehen, dass die Anbieter in den Ortsteilen von Ubstadt‐Weiher kein wesentliches überörtliches Einzugsgebiet erschließen (vgl. Kapitel IV.1). Hier ist nahezu flä‐ chendeckend auf überwiegend zeitgemäße Versorgungsstrukturen im Lebensmitteleinzel‐ handel hinzuweisen. 16
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher III. Integrationsgebot Zur Prüfung des Integrationsgebotes ist der Untersuchungsstandort unter Berücksichtigung rele‐ vanter Kriterien wie Lage zum zentralen Versorgungsbereich, Lage zu den Wohngebieten (= Nah‐ versorgungfunktion) sowie verkehrliche Erreichbarkeit einzuordnen und hinsichtlich seiner städ‐ tebaulichen Integrationsfähigkeit und seiner Nahversorgungsfunktion zu beurteilen. 1. Mikrostandort „Ubstadter Straße“ Der Standort des geplanten Lidl‐Marktes befindet sich am südlichen Rand des Ortsteils Weiher direkt an der Ubstadter Straße über die auch die Zu‐ und Abfahrt erfolgt. Es handelt sich dabei um eine langjährig gewachsene Versorgungslage, die neben dem Anbieter Lidl einen Rewe‐Markt umfasst. Beide Anbieter teilen sich derzeit eine Immobilie, die südlich des Plangrundstücks liegt. Bei dem Neubau handelt es sich um die Inwertsetzung bzw. Nachnutzung eines ehemals durch einen Lebensmittelmarkt genutzten Standortes. Das Standortumfeld wird durch diverse Einzelhandels‐ und Gewerbebetriebe (u.a. Bekleidungs‐ geschäft im Süden) geprägt. Südlich des derzeitigen Standorts von Lidl und Rewe schließt sich eine Freizeitanlage (Hardtsee) und in östliche Richtung landwirtschaftlich genutzte Freiflächen an. Ein unmittelbarer Anschluss an die Wohnbebauung besteht nicht. Aus den nördlich gelegenen Wohngebieten des Ortsteils Weiher ist der Standort jedoch fußläufig zu erreichen. Die verkehrliche Erreichbarkeit des Standortes wird – wie oben erwähnt – über die Ubstadter Straße gewährleistet. Diese ist die Hauptverkehrsverbindung zwischen den beiden größten Orts‐ teilen Weiher und Ubstadt. Zusammen mit dem Rewe‐Markt ist der Anbieter Lidl damit auch nach der Standortverlagerung innerörtlich sehr gut erreichbar. Der Standort befindet sich in einer Art „Scharnierlage“ zwischen den beiden Ortsteilen. An den öffentlichen Nahverkehr ist der Standort über den Haltpunkt „Weiher Hardtsee“ angebunden. Die Bushaltestelle befindet sich rd. 100 m entfernt und wird regelmäßig bedient. Darüber hinaus besteht ein straßenbegleitender Radweg, so dass der Standort auch mit dem Fahrrad sicher zu erreichen ist. Zusammenfassend nimmt der Standort an der Ubstadter Straße eine wichtige Rolle in der in‐ nerörtlichen Versorgungsstruktur der Gemeinde Ubstadt‐Weiher ein. Durch die Lage genau zwi‐ schen Ubstadt und Weiher und der guten verkehrlichen Erreichbarkeit wird er aus dem gesamten Gemeindegebiet angefahren. 17
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher Karte 3: Mikrostandort Unteröwisheimer Straße Legende Planstandort überw. Wohnen überw. Gewerbe Frei-, Landwirtschaftliche Flächen Haltstelle ÖPNV Quelle: ©OpenStreetMap-Mitwirkende GMA-Bearbeitung 2020 18
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher 2. Integrationsgebot – landes‐ und regionalplanerische Vorgaben Das Integrationsgebot gemäß Einzelhandelserlass Baden‐Württemberg ist auf Ziel 3.3.7.1 LEP Baden‐Württemberg zurückzuführen. „[...] Einzelhandelsgroßprojekte sollen vorrangig an städtebaulich integrierten Stand‐ orten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Für nicht zentrenrelevante Wa‐ rensortimente kommen auch städtebauliche Randlagen in Frage.“ Der Einzelhandelserlass Baden‐Württemberg führt unter 3.2.2.3 weiter aus, dass ein Einzelhan‐ delsgroßprojekt im zentralörtlichen Versorgungskern (Stadt‐ und Ortskern) errichtet oder erwei‐ tert oder diesem in unmittelbarer Nähe zugeordnet werden soll, sodass in der Regel keine Beein‐ trächtigung der Funktionsfähigkeit dieses Versorgungskerns der Standortgemeinde gegeben ist. „[...] Solche Standorte haben deshalb Vorrang vor städtebaulichen Randlagen [...].“ 3. Bewertung des Integrationsgebotes Zur Bewertung des Integrationsgebotes sind folgende Aspekte hervorzuheben: Der Standort des geplanten Lidl‐Marktes befindet sich in einer Scharnierlage zwischen Ubstadt und Weiher. Der Standort liegt in fußläufiger Entfernung zu der bestehenden Wohnbebauung im Norden. Dennoch ist der Markt aufgrund seiner Lage grundsätzlich als autokundenorientiert einzustufen. Aufgrund seiner Lage an der Ubstadter Straße ist der Vorhabenstandort insbesondere für den motorisierten Individualverkehr sehr gut zu erreichen, was wegen der Sied‐ lungsstruktur der Gemeinde von Bedeutung ist. Der Standort liegt mit Blick auf die Ge‐ samtgemeinde in siedlungsstrukturell integrierter Lage. Auch mit dem öffentlichen Nahverkehr ist der Standort vergleichsweise einfach zu erreichen. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass es sich durch den bisherigen Doppelstand‐ ort mit Rewe unmittelbar südlich des geplanten Verlagerungsstandortes um eine lang‐ jährig eingeführte Versorgungslage handelt, der eine wichtige Rolle in der Grundver‐ sorgung der Gemeinde einnimmt.13 13 GMA, Nahversorgungskonzept für Ubstadt Weiher 2017 19
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher IV. Kongruenzgebot Für die Prüfung des Kongruenzgebotes sind zunächst eine Abgrenzung und Zonierung des er‐ schließbaren Einzugsgebietes und die Ermittlung des in diesem Gebiet vorhandenen Bevölke‐ rungs‐ und Kaufkraftpotenzials vorzunehmen. Basierend darauf erfolgt eine Umsatzprognose, die in der Folge eine Abschätzung der Herkunft des Umsatzes und damit eine Bewertung des Kon‐ gruenzgebotes ermöglicht. 1. Einzugsgebiet und Bevölkerung Als Einzugsgebiet wird in dieser Untersuchung ein Bereich verstanden, innerhalb dessen mit re‐ gelmäßigen, dauerhaften und ausgeprägten Einkaufsbeziehungen an den Standort gerechnet werden kann. Das Einzugsgebiet lässt sich darüber hinaus weiterhin nach Zonen untergliedern und strukturieren, aus denen eine gleichmäßige Kundeneinkaufsorientierung an den Planstand‐ ort zu erwarten ist. Mit zunehmender Entfernung bzw. schlechterer Erreichbarkeit des Standor‐ tes ist dabei i. d. R. von einer Abnahme der Kundenbindung an den Standort auszugehen. Durch die Zonierung des Einzugsgebietes wird diesem Umstand Rechnung getragen. Zur Abgrenzung und Zonierung des Einzugsgebietes werden in vorliegender Untersuchung fol‐ gende Kriterien herangezogen: wesentliche Strukturdaten und Rahmenbedingungen im Untersuchungsraum (z. B. To‐ pografie, Siedlungsstruktur, Pendlerbeziehungen, Wirtschaftsstruktur) verkehrliche Erreichbarkeit des Standortes auf Basis von Fahrzeitisochronen Betreiber, Dimensionierung und Sortimentsstruktur des Vorhabens Wettbewerbssituation und Einkaufsalternativen in Ubstadt‐Weiher und den umliegen‐ den Städten und Gemeinden Ergebnisse aus anderen GMA‐Untersuchungen in Ubstadt‐Weiher und der Region. Demnach kann unter Berücksichtigung der o. g. Faktoren im vorliegenden Fall das Einzugsgebiet für den Lidl‐Lebensmitteldiscounter in Ubstadt‐Weiher auf die Gemeinde selbst eingegrenzt wer‐ den. Damit ergibt sich ein Bevölkerungspotenzial von rd. 13.316 Einwohnern. 14 Eine überörtliche Bedeutung hat der Standort nicht. Südlich grenzt das Mittelzentrum Bruchsal mit seiner dominierenden Marktposition an. Von Bruchsal ist mit keiner Orientierung auf den vergleichsweise kleinen Standort in Ubstadt‐Weiher zu rechnen. Nördlich grenzt mit Bad Schön‐ born ein Unterzentrum an, in dem ebenfalls alle Betriebsformen des Lebensmittelhandels vertre‐ ten sind (wobei der größte Markt (REWE) am südlichen Ortsrand in Richtung Ubstadt‐Weiher liegt). Außerdem liegt der Standort deutlich von der B 3 entfernt, was ebenfalls gegen ein überört‐ liches Einzugsgebiet spricht. 14 Quelle: Gemeinde Ubstadt‐Weiher (Stand: 31.12.2019) 20
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher 2. Kaufkraft im Einzugsgebiet Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes sowie eigenen Berechnungen beträgt die la‐ deneinzelhandelsrelevante Kaufkraft einschließlich der Ausgaben im Lebensmittelhandwerk in Deutschland pro Kopf der Wohnbevölkerung ca. 6.035 €.15 Bezogen auf den Lidl‐Markt, dessen Schwerpunkt im Nahrungs‐ und Genussmittelbereich (ohne Nearfood), betragen die Pro‐Kopf‐Ausgaben ca. 2.210 €.16 Bei der Kaufkraftberechnung für das Einzugsgebiet ist darüber hinaus das lokale Kaufkraftni‐ veau17 zu beachten. Gemäß aktueller Kennziffer von MB Research liegt das Kaufkraftniveau in Ubstadt‐Weiher bei 103,2 und damit über dem bundesdeutschen Durchschnitt (=100,0). Für das Einzugsgebiet ergibt sich somit ein Kaufkraftpotenzial im Nahrungs‐ und Genussmittelbereich von ca. 30,4 Mio. €. 3. Umsatzprognose für den geplanten Lidl‐Lebensmitteldiscounter Zur Berechnung der voraussichtlichen Umsatzerwartung des Vorhabens wird das Marktanteil‐ konzept verwendet. Dieses in der Handelswissenschaft weit verbreitete und anerkannte Modell bestimmt das zu erwartende Umsatzvolumen eines Einzelhandelsbetriebes anhand der erzielba‐ ren Marktanteile mit Kunden im Einzugsgebiet. Das Modell beschreibt, in welchem Ausmaß das Vorhaben in der Lage ist, Teile des vorhandenen Kaufkraftvolumens im projektrelevanten Sorti‐ mentsbereich zu binden. Neben der Berechnung der zu erwartenden Gesamtumsatzleistung eines Vorhabens lässt sich anhand des Marktanteilkonzepts ebenfalls die perspektivische Umsatzherkunft des Vorhabens ableiten. Das Marktanteilkonzept lässt jedoch keine direkten Rückschlüsse auf die durch das Vor‐ haben ausgelösten Umsatzumlenkungen zu. So gibt das Marktanteilkonzept keine Auskunft dar‐ über, wo die durch das Vorhaben generierten Umsätze bisher gebunden sind und wie sich diese nach der Ansiedlung des Marktes neu verteilen werden. Die Ermittlung der Umsatzumlenkungen nachfolgend ausführlich behandelt (vgl. Kapitel V.2). 15 Ohne Kaufkraftanteil verschreibungspflichtiger Medikamente bei Apotheken. 16 Ohne Randsortimente (Nonfood I = Nearfood wie z. B. Drogeriewaren und Nonfood II); vgl. hierzu v. a. auch Angaben des Statistischen Bundesamts, Fachserie 15, Reihe 1, laufende Wirtschaftsberechnungen. 17 Quelle: MB Research 2018. Das Kaufkraftniveau wird auf Basis der amtlichen Steuerstatistik berechnet. 21
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher Karte 4: Einzugsgebiet des geplanten Netto-Lebensmitteldiscounters und Wettbewerbsstandorte im Umfeld Legende Einzugsgebiet S Standort S Quelle: erstellt mit RegioGraph Planung; GMA-Bearbeitung 2020 22
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher Folgende Umsatzprognose lässt sich für den geplanten Lidl‐Lebensmitteldiscounter mit rd. 1.250 m² VK anhand des Marktanteilkonzepts ermitteln: Tabelle 3: Umsatzprognose anhand des Marktanteilskonzepts Kaufkraft Markt‐ Umsatz Umsatz Umsatz Umsatz‐ Einzugsgebiet Food anteil Food Nonfood gesamt herkunft in Mio. € Food in % in Mio. € in Mio. €* in Mio. € in % Ubstadt‐Weiher 30,4 20 6,1 1,5 7,6 90 Streuumsätze 0,7 0,2 0,9 10 Insgesamt 6,8 1,7 8,5 100 * Der Umsatzanteil im Nonfoodbereich (Nonfood I und II) beträgt beim Anbieter Lidl ca. 20 %. GMA‐Berechnungen 2020 (ca.‐Werte, Rundungsdifferenzen möglich) Die Betrachtung der Umsatzherkunft zeigt, dass mit rd. 90 % der Großteil der Kunden aus der Gemeinde Ubstadt‐Weiher selbst generiert wird. Weitere rd. 10 % des Umsatzes werden über Streuumsätze z. B. durch Pendler‐ und Durchgangsverkehre erzielt (z.B. in Richtung Forst). 4. Rechtliche Vorgaben Das Kongruenzgebot bedeutet zunächst, dass Einzelhandelsgroßprojekte sich in das zentralörtli‐ che System einfügen müssen. Dabei ist die raumordnerische Kernregelung (vgl. Kapitel II) zu be‐ achten. Darüber hinaus soll die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojektes so bemessen sein, dass deren Einzugsgebiet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschrei‐ tet (vgl. LEP BW Ziel 3.3.7 und 3.3.7.1). Konkretisiert wurden diese Vorgaben durch die Regelung im Einzelhandelserlass Baden‐Würt‐ temberg (vgl. Pkt. 3.2.1.4): „Eine Verletzung des Kongruenzgebots liegt vor, wenn der betriebswirtschaftlich an‐ gestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist i.d.R. gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflech‐ tungsbereiches erzielt werden soll.“ 5. Bewertung des Kongruenzgebotes Basierend auf der aus der Umsatzprognose ableitbaren Umsatzherkunft sowie den landes‐ und regionalplanerischen Vorgaben lässt sich das Kongruenzgebot gemäß Einzelhandelserlass Baden‐ Württemberg wie folgt bewerten: Das Einzugsgebiet des geplanten Lidl‐Lebensmitteldiscounters begrenzt sich auch nach der Standortverlagerung und Verkaufsflächenerweiterung im Wesentlichen auf das Gemeindegebiet von Ubstadt‐Weiher. Ein überörtliches Einzugsgebiet wird aufgrund 23
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher der verkehrlichen Situation vor Ort, v.a. aber der Wettbewerbssituation in den Um‐ landkommunen nicht erschlossen. Basierend auf der aus der Umsatzprognose bzw. der Umsatzherkunft sowie den lan‐ desplanerischen Vorgaben ist festzustellen, dass rd. 90 % des durch das Vorhaben ge‐ nerierten Umsatzes aus Ubstadt‐Weiher stammen. Lediglich rd. 10 % des Umsatzes werden zusätzlich durch Streukundenumsätze von außerhalb des Gemeindegebietes generiert. 24
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher V. Beeinträchtigungsverbot Zur Bewertung des Beeinträchtigungsverbotes sind die durch das Vorhaben zu erwartenden wettbewerblichen bzw. prüfungsrelevanten städtebaulichen und versorgungsstrukturellen Aus‐ wirkungen ermitteln. Die Wettbewerbssituation wurde bereits in Kapitel II umfassend dargestellt. 1. Methodik der Umsatzumverteilungsberechnung Zur Ermittlung der durch das Vorhaben ausgelösten Umsatzumlenkungen bzw. Wettbewerbswir‐ kungen kommt ein Rechenmodell zum Einsatz, welches auf dem Prinzip des Huff’schen Gravita‐ tionsmodells18 basiert. Im Wesentlichen fließen dabei zwei Parameter ein, welche durch weitere Kriterien ergänzt und kalibriert werden. Als Berechnungsfaktoren sind hierbei zu nennen: die Attraktivität der jeweiligen Wettbewerbsstandorte, die durch den jeweiligen Be‐ triebsbesatz (Betriebsform, Betreiber, Erscheinungsbild etc.), die Verkaufsflächen‐ größe bzw. den darauf erzielbaren Umsatz beschrieben wird und der Distanzwiderstand, der sich aus der Entfernung (Distanz) zwischen den einzelnen Standorten ergibt. 2. Umsatzumverteilungen Für die Bewertung des geplanten Lidl‐Marktes am Standort „Ubstadter Straße“ werden hinsicht‐ lich der zu erwartenden Umsatzumverteilungen folgende Annahmen getroffen: Der Lidl‐Markt wird an seinem Standort auf einer zukünftigen Verkaufsfläche von ca. 1.250 m² eine Umsatzleistung von ca. 8,5 Mio. € erzielen. Davon entfallen ca. 6,8 Mio. € auf den Lebensmittel‐ und ca. 1,7 Mio. € auf den Nichtlebensmittelbereich. Zu berücksichtigen ist des Weiteren, dass die Lidl‐Filiale in Ubstadt‐Weiher bereits langjährig am Standort etabliert. Dieser Markt erwirtschaftet derzeit eine Umsatzleis‐ tung von insgesamt ca. 6,9 Mio. €. Davon entfallen ca. 5,5 Mio. € auf den Lebensmit‐ telbereich und ca. 1,4 Mio. € auf Nichtlebensmittel. Diese Umsätze werden bereits heute am Standort generiert und auch weiterhin gebunden werden, da sich an den generellen Standortrahmenbedingungen und dem Kundeneinzugsgebiet keine Verän‐ derungen ergeben werden. 18 Vgl. Huff, David: Defining and estimating a trading area: Journal of Marketing; Vol. 28, 1964 oder Heinritz, G.: Die Analyse von Standorten und Einzugsbereichen, 1999. 25
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher Da es sich beim Anbieter Lidl um einen Discounter handelt, werden Betriebe des glei‐ chen Betriebstyps überproportional vom Vorhaben betroffen sind (hier: Aldi und Penny). Lebensmittelvollsortimenter sind aufgrund ihres abweichenden Betriebstyps weniger stark von Umverteilungseffekten betroffen. Im Detail sind im Untersuchungsraum folgende Umsatzumverteilungen durch das Vorhaben zu erwarten: Tabelle 4: Prognose der Umsatzumverteilungen durch das Vorhaben in Mio. € Kaufkraftbindung des bestehenden Marktes 5,5 Umsatzumverteilungen ggü. Anbietern in Ubstadt‐Weiher 1,1 bereich Food‐ Umsatzumverteilung ggü. Anbietern außerhalb des Einzugsgebietes 0,2 Umsatz verlagerter und erweiterter Markt 6,8 Kaufkraftbindung des bestehenden Marktes 1,4 Nonfood‐ bereich Umsatzumverteilungen ggü. Anbietern außerhalb des Einzugsgebietes 0,3 Umsatz verlagerter und erweiterter Markt 1,7 Umsatz verlagerter und erweiterter Markt insgesamt 8,5 GMA‐Berechnungen 2020 (ca.‐Werte, Rundungsdifferenzen möglich) Auf der Basis der zuvor getätigten Annahmen zu möglichen Umsatzumverteilungen, sind fol‐ gende wettbewerblicher Auswirkungen durch die Verlagerung von Lidl zu erwarten: Die höchsten absoluten Umverteilungseffekte im Lebensmittelbereich werden in Ubstadt‐Weiher selbst wirksam. Am stärksten betroffen sein werden, wie zuvor bereits beschrieben, die weiteren Lebensmitteldiscounter in der Gemeinde sein. Diese sind leistungsfähig und modern aufgestellt (Aldi wurde erweitert, Penny wurde moderni‐ siert). Die Umverteilungsquote liegt für den Standort Ubstadt‐Weiher bei rd. 6 %. Auf‐ grund der Leitungsfähigkeit der Wettbewerber ist aber nicht davon auszugehen, dass diese in ihrem Bestand gefährdet sind und sich damit negative Auswirkungen auf die Grundversorgung der Gemeinde ergeben. Die übrigen Umsatzumverteilungen betreffen die umliegenden Gemeinden und Städte (v.a. Bruchsal). Die überörtlichen Umverteilungseffekte halt sich jedoch in Grenzen und sind aufgrund der Vielzahl an leistungsfähigen Anbietern auf einzelbetrieblicher Ebene nicht nachweisbar. 26
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher Im Nichtlebensmittelbereich werden die durch das Vorhaben ausgelösten Umsatzum‐ verteilungen in Höhe von max. 0,3 Mio. € v. a. gegenüber den anderen Lebensmittel‐ märkten und in untergeordneter Form ebenfalls gegenüber den sonstigen Anbietern im Untersuchungsraum wirksam werden. Diese sind jedoch bei einer Einzelbetrach‐ tung als minimal einzustufen und verteilen sich zudem auf eine Vielzahl von Betrieben unterschiedlichster Sortimente. Nennenswerte Umsatzverluste bei bestehenden An‐ bietern sind im Einzelfall nicht zu erwarten. 3. Rechtliche Vorgaben und städtebauliche Bewertung Das Beeinträchtigungsverbot geht aus § 11 Abs. 3 BauNVO hervor und besagt, dass das Vorhaben das städtebauliche Gefüge und die Funktionsfähigkeit des zentralen Versorgungsker‐ nes (Stadt‐ und Ortskernes) sowie die verbrauchernahe Versorgung im Einzugsbereich des Vorhabens nicht beeinträchtigen darf. Diese Vorgaben werden von der Landes‐ und Regionalplanung unter Ziel 3.3.7.1 und 3.3.7.2 LEP Baden‐Württemberg aufgegriffen. Die konkreten Prüfkriterien des Beeinträchtigungsverbotes er‐ geben sich aus dem Einzelhandelserlass Baden‐Württemberg: „[...] Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung können sich dadurch ergeben, dass durch die zu erwartende Kaufkraftbindung an einem Standort und dadurch ver‐ ursachter Geschäftsaufgaben im Wohnbereich die ausreichende Nahversorgung, vor allem für nicht motorisierte Bevölkerungsgruppen, beeinträchtigt ist. Auswirkungen auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden sind insbesondere Auswirkungen auf das Stadtzentrum oder die Nebenzentren in den Stadtteilen oder das Ortszentrum einer Gemeinde. Sol‐ che Auswirkungen können sich beispielsweise ergeben, wenn durch Einzelhandels‐ großprojekte außerhalb dieser Zentren eine in der Innenstadt oder im Ortskern einge‐ leitete, mit öffentlichen Mitteln geförderte städtebauliche Sanierungsmaßnahme nicht planmäßig fortgeführt werden kann oder wenn durch starke Kaufkraftbindung außerhalb der Zentren das Niveau und die Vielfalt der Einzelhandelsgeschäfte in der Innenstadt oder im Ortskern abzusinken drohen. Auswirkungen auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in anderen Gemeinden können sich ergeben, wenn der Einzugsbereich eines Einzelhandelsgroßprojekts den zentralörtlichen Versorgungsbe‐ reich der Ansiedlungsgemeinde wesentlich überschreitet und die Entwicklung und Ver‐ sorgungsfunktion von Nachbargemeinden beeinträchtigt. [...] Wird ein Einzelhandelsgroßprojekt im zentralörtlichen Versorgungskern (Stadt‐ und Ortskern) errichtet oder erweitert oder diesem in unmittelbarer Nähe zugeordnet, ist in der Regel keine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit dieses Versorgungskerns der Standortgemeinde gegeben. Solche Standorte haben deshalb Vorrang vor städte‐ baulichen Randlagen. [...] 27
Auswirkungsanalyse zur Verlagerung eines Lidl-Lebensmitteldiscounters in Ubstadt-Weiher Die Funktionsfähigkeit des zentralörtlichen Versorgungskerns (Stadt‐ und Ortskern) der Standortgemeinde oder die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte sowie die verbrauchernahe Versorgung im Einzugsbereich sind in der Regel wesentlich beein‐ trächtigt, wenn dort aufgrund des Vorhabens und des zu erwartenden Kaufkraftabflus‐ ses Geschäftsaufgaben drohen. Anhaltswert für eine derartige Annahme ist ein Um‐ satzverlust bei zentren‐ oder nahversorgungsrelevanten Sortimenten von ca. 10 % und bei nicht zentrenrelevanten und nicht nahversorgungsrelevanten Sortimenten von ca. 20 % im vorhabenspezifischen Sortiment.“ Basierend auf der wettbewerblichen Situation im Einzugsgebiet und den dargestellten Um‐ satzumverteilungen bzw. wettbewerblichen Wirkungen lässt sich die geplante Verlagerung und Verkaufsflächenerweiterung des Lidl‐Marktes hinsichtlich des Beeinträchtigungsverbotes wie folgt bewerten: Das Beeinträchtigungsverbot wird im vorliegenden Fall eingehalten. Auswirkungen auf das städtebauliche Gefüge und die Funktionsfähigkeit der Versorgungslagen im Unter‐ suchungsraum sind infolge der Verlagerung von Lidl auszuschließen. Die Umvertei‐ lungsquote im Einzugsgebiet liegt bei rd. 6 % und sämtliche relevanten Wettbewerber sind als leistungsfähig einzustufen und in ihrem Bestand nicht gefährdet. Konkrete städtebauliche Auswirkungen, wie die Schwächung von zentralen Versorgungsberei‐ chen können ausgeschlossen werden, da sich die großflächigen Lebensmittelmärkte in Ubstadt‐Weiher außerhalb der alten Ortsmitten befinden. Ein zentraler Versorgungs‐ bereich wird in keinem der vier Ortsteile der Gemeinde ausgebildet. In den benachbarten Kommunen (v.a. Bruchsal und Bad Schönborn) fallen die Umver‐ teilungseffekte mit max. 2 % äußerst moderat aus. Zudem verteilen sich die Effekte wegen der hohen Anzahl potenziell betroffener Anbieter in den Städten und Gemein‐ den auf eine Vielzahl von Wettbewerbern. Einzelbetriebliche Auswirkungen sind ent‐ sprechend nicht nachweisbar. Marktaustritte oder schädliche städtebauliche Rückwir‐ kungen können ausgeschlossen werden. 28
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