AWK FOKUS IOT - DER WEGBEREITER INS ZEITALTER DER VERNETZTEN DINGE - AWK ...
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In dieser Ausgabe 3 Vom IoT zur EoT - der Auftakt in ein neues Zeitalter 4 Vom Sensor zur Economy of Things 8 Ein erfolgreiches IoT-Geschäftsmodell betrifft das gesamte Unternehmen 11 Erkenntnisse statt reiner Daten - IoT Analytics: die Intelligenz des Sensorsystems 13 V-ZUG auf Erfolgskurs mit dem IoT - Ein Interview mit Stephan Keller AWK FOKUS | IoT - der Wegbereiter ins Zeitalter der vernetzten Dinge 2
EDITORIAL Vom IoT zur EoT Der Auftakt in ein neues Zeitalter «Die nächste IoT-Evolutionsstufe führt uns zu den vernetzten und intelligent kommunizierenden Ökosystemen der Economy of Things (EoT).» André Arrigoni Partner Die Entwicklung des Internet of Things (IoT) begann der produzierenden Industrie. Und nicht nur das: Auch bereits vor über 30 Jahren. Zwar war der Begriff für den Vertrieb ergeben sich durch das IoT ganze neue «IoT» damals noch nicht geboren – die Grundideen Herausforderungen und damit auch viele neue Chancen dazu aber schon. Fahrt aufgenommen hat das IoT im Markt. jedoch erst im Kontext der digitalen Transforma- tion und der damit verbundenen Neubeurteilung Hauptziel der verschiedenen IoT-Anwendungen ist es, herkömmlicher Geschäftsmodelle. Von einfachen, Mehrwert zu generieren. Dazu braucht es Daten, die zu isolierten Machine-to-Machine-Anwendungen hat Informationen veredelt werden, um mittels IoT Analy- sich das IoT zu intelligenten und vernetzten «Smart tics daraus Erkenntnisse zu gewinnen und die richtigen Connected Products» in Ökosystemen entwickelt. Schlüsse zu ziehen. André Arrigoni Der vorliegende AWK-Fokus gibt Ihnen einleitend ver- Getrieben durch die fortschreitende Digitalisierung ist tiefte Einblicke in die Begriffswelt und die verschiede- das IoT mittlerweile auf einem unaufhaltsamen Siegeszug, nen Evolutionsstufen des IoT. Zudem beleuchten wir die der sich von Branche zu Branche durchsetzt und wohl Erfolgsfaktoren auf dem Weg zur IoT-Serviceanbieter*in noch lange nicht abgeschlossen ist. Zurzeit sehen wir be- und zeigen auf, warum IoT Analytics unentbehrlich ist, reits die nächste Stufe am Horizont, wo Dinge autonome wenn es darum geht, aus riesigen Mengen von Sensor- Entscheidungen treffen und Transaktionen abwickeln wer- daten geschäftsrelevante Informationen zu extrahieren. den. Willkommen in der Economy of Things (EoT). Das Interview mit Stephan Keller von V-Zug vermittelt spannende Insights über die Herausforderungen und Das IoT ist vereinfacht gesehen das Resultat einer Kom- Ziele der IoT-Einführung im Unternehmen und beleuchtet bination von diversen technologischen Entwicklungen. das Thema aus der praktischen Perspektive. Dazu gehören die Sensorik und die Aktorik ebenso, wie Kommunikations-, Analyse- und Präsentationstechnolo- Nun wünschen wir Ihnen eine inspirierende Lektüre und gien. IoT-Anwendungen beeinflussen beispielweise in zu- viele neue Erkenntnisse zu diesem spannenden Zukunfts- nehmendem Masse die Produkt- und Serviceentwicklung thema.
GRUNDLAGEN Vom Sensor zur Economy of Things In diesem Kapitel zeigen wir auf, was sich hinter den Begriffen IoT und EoT verbirgt, welche Bestandteile dazugehören, wie ein gewöhnliches Produkt evolutionär zu einem vernetzten IoT-Produkt mit digitalen Ser- vices weiterentwickelt wird und was es bei der Umsetzung des IoT allgemein zu beachten gilt. Eines ist klar: Erfolgreiche IoT-Anwendungen setzen weit mehr voraus als eine reine Internetanbindung. Manuel Gantner Was bedeuten IoT und EoT? Das Internet of Things (IoT) ist eine globale Infrastruktur, die des IoT in sogenannten «Smart Connected Products» geht vernetzte Objekte, Systeme und intelligente Services umfasst, sogar noch einen Schritt weiter und eröffnet Möglichkeiten um Informationen aus der physischen Welt zu verarbeiten. für zusätzliche digitale Services und neue Geschäftsmodelle, Die verschiedenen Bestandteile und Technologien werden die sich von smarten Haushaltsgeräten bis hin zu autonomen in den Folgekapiteln näher beschrieben. Neben der techni- Vehikeln wie physisch agierenden Drohnen oder Lieferrobo- schen Betrachtungsweise ist vor allem das IoT-Mindset es- tern erstrecken. senziell, um den erwünschten Kundennutzen zu generieren. Die Economy of Things (EoT) kann in diesem Kontext als Wei- IoT kann in fast jeder Branche und in verschiedenen Ausprä- terentwicklung des heutigen IoT betrachtet werden. So wie gungen eingesetzt werden: Es reicht von einfachen Senso- wir es uns gewohnt sind, im Web nach Produkten zu suchen, ren (z. B. zur Messung der Temperatur, des Herzschlags oder Preise zu vergleichen oder Transaktionen abzuwickeln, wer- der aktuellen Position) bis hin zu Kameras mit optischer Bild- den Dinge in Zukunft in der Lage sein, solche Aufgaben auto- auswertung (z. B. zur Erkennung von strukturellen Schäden nom zu erledigen. Neben dem IoT ist eine eigene Intelligenz an Kunstbauten). Weitere mögliche Einsatzbereiche können für die Abwicklung von Verträgen und Transaktionen ent- visuelle Qualitätskontrollen von Produkten sowie die Klassi- scheidend. Dabei kommen vorwiegend Distributed Ledger fizierung oder Zählung von Fahrzeugen sein. Die Nutzung Technologies (DLT) wie beispielsweise IOTA zum Einsatz. Wie ist das IoT aufgebaut? Als Bindeglieder zwischen der realen und der digitalen Welt kommen im IoT Sensoren und Aktoren zum Einsatz. Ein Teil dieser Datenströme kann sensor-/aktornah am Rande des Netzwerkes verarbeitet werden. Bei dieser dezentralen Form der Datenverarbeitung spricht man von Edge Computing. Die Connectivity im IoT erfolgt überwiegend durch Funk- übertragungstechniken. Insbesondere der neue Mobilfunk- standard 5G bietet zur Verknüpfung von IoT Devices grosses Potenzial. Er kann zukünftig die Kabel in vielen Bereichen er- setzen und wird zu erheblichen Kosteneinsparungen führen. Zudem stehen bereits heute mehrere Low-Power-Übertra- AWK FOKUS | IoT - der Wegbereiter ins Zeitalter der vernetzten Dinge 4
GRUNDLAGEN gungstechniken für grosse und kleine Distanzen zur Verfü- Eine IoT-Plattform stellt in der Regel das Application gung, die problemlos über mehrere Jahre hinweg mit einer Management zur Entwicklung der Applikation sowie das Batterie betrieben werden können. Device Management für die Anbindung, die Identifikation und das Management der Geräte bereit. Da sowohl die Stär- IoT-Plattformen ermöglichen die Vernetzung von verschie- ken und Schwächen als auch die Preise der Plattformen über denen IoT Devices und die Kommunikation über System- die verschiedenen Dimensionen hinweg variieren, können grenzen hinweg. Die IoT-Daten werden in Echtzeit als Digi- auch mehrere Plattformen parallel eingesetzt werden. IoT- tal Twin in der Plattform abgebildet. Der Funktionsumfang Plattformen bilden die Basis für die Bereitstellung von digi- von IoT-Plattformen ist sehr unterschiedlich und der Markt talen Services, die letztendlich den angestrebten Nutzen aufgrund der hohen Anzahl an verschiedenen IoT-Plattfor- darstellen. men unübersichtlich. MENSCH KUNDE DIENSTLEISTER PHYSIKALISCHE OBJEKTE DIGITALE WELT CONNECTIVITY 2 Abbildung 1: Aufbau des Internet of Things (IoT)
GRUNDLAGEN Die Evolution vom Produkt zum EoT-Ökosystem Neben dem Einsatz von eigenständigen Sensoren (z. B. 4. Heute werden in Strassenlaternen beispielsweise zur Messung der Luftqualität) werden vor allem Alltags- Sensoren zur Verkehrszählung, zur Emissionsmes- produkte «smart» und zum «Thing». Das Beispiel «Smart sung, wie Lärm, CO2 oder Temperatur, sowie Buttons Street Lighting» veranschaulicht die Evolution von einem für Notsituationen eingebaut. Der klassische Later- physischen Produkt bis hin zu dessen Integration in ein nenhersteller wird damit zum Anbieter von digitalen EoT-Ökosystem und wird auch im Folgekapitel wieder Services. Dadurch kann er ein umfassendes Produkte- aufgegriffen: Ökosystem aufbauen und in neue Märkte eindringen. 1. Eine Strassenlaterne war früher ein simples physi- 5. Gepaart mit Kollaborationen in partnerschaftlichen sches Produkt, das lediglich ein- und ausgeschaltet und vernetzten Ökosystemen können die Daten über werden konnte. Herstellergrenzen hinweg – beispielsweise mit Fuss- gänger*innen oder Fahrzeugen – ausgetauscht wer- 2. Mit der Umrüstung auf stromsparendere LED und ei- den und so weiterführende digitale Services ermög- ner bedarfsgerechten Ansteuerung ist hierzu der Ein- lichen. satz von Elektronik erforderlich. Durch Elektronik und Embedded Software kann die Laterne beispielswei- 6. In der Economy of Things kann die Strassenlaterne se digitale Services für die Parametrierung oder die (z. B. als Ladestation für Elektrofahrzeuge) weitere Datenanalyse als Value-added Services zur Verfügung Dienstleistungen für andere «Things» anbieten. Das stellen. Dadurch wird sie zum Smart Product. Fahrzeug sucht auf seiner Fahrt nach passenden Lade- stationen und ermittelt im Interesse des Eigentümers 3. Wird das Produkt zusätzlich über das Internet ver- den am besten geeigneten Dienstleistungsanbieter. netzt, spricht man von einem Smart Connected Pro- Der Preis wird verhandelt, der Ladevorgang durch- duct, auf das nun global zugegriffen werden kann. geführt und der Betrag über Distributed Ledgers von Die Konnektivität erschliesst den Zugang zu gänzlich «Thing to Thing» abgewickelt. neuen Services. 1 2 3 4 5 6 PRODUCT SMART SMART CONNECTED PRODUCT CONNECTED ECONOMY OF PRODUCT PRODUCT ECOSYSTEM ECOSYSTEMS THINGS (EOT) + Operator Unterhalt Energie- Smart City- Ökosystem Ökosystem + Emissionsdaten + Mobility-Ökosystem Produktentwicklung Serviceentwicklung Abbildung 2: Die Evolution vom Produkt zum vernetzten Ökosystem AWK FOKUS | IoT - der Wegbereiter ins Zeitalter der vernetzten Dinge 6
GRUNDLAGEN Welche Faktoren führen zu erfolgreichen IoT-Anwendungen? Für die Implementierung von erfolgreichen IoT-Anwen- die Entwicklung der zusätzlichen Infrastruktur und der di- dungen sind verschiedene Faktoren zu berücksichtigen. gitalen Services spezifisches Know-how voraus. Sowohl die Produktehersteller als auch die Endkund*in- nen müssen sich mindestens mit den nachfolgenden Fak- Privacy und Security by Design toren auseinandersetzen. IoT-Anwendungen vermitteln in der Regel direkt oder in- direkt tiefe Einblicke in die Privatsphäre der Anwender*in- Mehrwert statt nutzlose Features nen. Die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorga- Eine IoT-Anwendung kann längerfristig nur erfolgreich ben ist deshalb essenziell, da sonst unter anderem hohe sein, wenn damit durch die Lösung eines Problems ein si- Strafen drohen. Da IoT-Geräte zudem häufig als einfache gnifikanter Mehrwert erzeugt wird. Sich entlang der Cus- Beute gelten und als Einfallstore benutzt werden können, tomer Journey orientieren, iterativ vorgehen und Kolla- stehen sie immer mehr im Fokus von Angreifenden. Ent- borationen in funktionsübergreifenden Teams anstreben sprechend sind solide und professionell gemanagte Si- sind Schlüsselfaktoren für breit akzeptierte Lösungen. cherheitsanforderungen über den gesamten Lebenszyk- lus von IoT-Produkten und IoT-Anwendungen von Anfang Standardisierung anstelle von Lock-in an ein Must-have. In der Vergangenheit stand meistens die Online-Daten- verfügbarkeit durch Connectivity im Fokus von IoT-Pro- dukten. Aufgrund der proprietären Protokolle und ver- schlossenen Schnittstellen konnten Daten jedoch nur mit Detaillierte Ausführungen zu den Sicherheits- grossem Aufwand gemeinsam genutzt werden. Dies führ- anforderungen im IoT-Umfeld finden Sie in te bereits beim technischen «Fundament» zu fast unüber- unserem E-Paper: «Sicherheit im IoT - Ein windbaren Hürden. Der Einsatz von Standardprotokollen Thema in Bewegung» und einer gewissen Semantik erlaubt einen flexibleren und austauschbaren Einsatz. Nachhaltigkeit im Fokus und nicht nur als Nebennutzen AWK unterstützt die Erarbeitung der «Swiss Nachhaltigkeit wird immer wichtiger. Das IoT kann und IoT Guidelines for Smart Buildings» mit soll hier einen grossen Beitrag leisten. Hierzu gilt es, dem Ziel, einheitliche Standards für das IoT Nachhaltigkeitsbetrachtungen von Anfang an einzubezie- im Bereich Smart Buildings zu etablieren und hen und diese nicht nur als Nebennutzen oder passende damit die Interoperabilität voranzutreiben. Verkaufsargumente zu betrachten. Digitale Ökosysteme anstelle von Insellösungen 1+1=3. Der grösste Mehrwert resultiert auch im IoT-Um- feld in der Kollaboration. Partnerschaften in digitalen Ökosystemen führen zu höherwertigen Services, die sich nicht an den Systemgrenzen, sondern als System-of-Sys- tems an der Customer Journey der Kunden orientieren. Gefragt sind neue Skills Um die Evolution des IoT voranzutreiben, werden neben den fachlichen Basisfähigkeiten zusätzliche Skills benö- tigt. Wie am Beispiel der Strassenlaterne dargelegt, setzt
BREAKOUT 1 Ein erfolgreiches IoT-Geschäftsmodell betrifft das gesamte Unternehmen Der Mehrwert des Internet of Things (IoT) ist an die Berücksichtigung eines ganzheitlichen Ansatzes gekop- pelt. Oft neigen Unternehmen dazu, sich auf wenige produktbezogene Anwendungsfälle zu konzentrie- ren. Damit lässt sich das vorhandene Potenzial aber nicht vollständig ausschöpfen. In der Folge stagnieren IoT-Projekte oder sind sogar zum Scheitern verurteilt. Als Trendthema ist das IoT jedoch präsenter denn je: Transforma Insights prognostiziert, dass der globale IoT-Markt bis 2030 einen Umsatz von bis zu 1,5 Billio- nen Dollar erwirtschaften wird. Doch wie sollen Unternehmen IoT-Projekte strategisch angehen? Baton Shala Das IoT beeinflusst verschiedene Aktivitäten eines Unter- nehmens: von der Produkt- und Serviceentwicklung über die Produktion und den Vertrieb bis hin zu den praktizier- ten Arbeits- und Geschäftsmethoden. Damit sich das vol- le Potenzial unternehmensübergreifend entfalten kann, müssen IoT-Themen bereits früh miteinbezogen und bei der Entwicklung einer Digital- oder Innovationsstrategie als strategisches Handlungsfeld aufgenommen werden. Im Zentrum steht dabei stets der Nutzen, den das IoT für das Unternehmen, dessen Mitarbeiter*innen und seine Kund*innen stiften kann. Produkt- und Serviceentwicklung Produktion und Logistik Optimierung und Investition KUNDE Verkauf und Vertrieb Management und Organisation Abbildung 3: Das IoT beeinflusst verschiedene Aktivitäten eines Unternehmens AWK FOKUS | IoT - der Wegbereiter ins Zeitalter der vernetzten Dinge 8
BREAKOUT 1 Produkt- und Serviceentwicklung In der Ära der Economy of Things (EoT) gewinnt die Pro- Technologien rund um das IoT verschieben die unterneh- dukt- und Serviceentwicklung weiter an Bedeutung. Di- merische Wertschöpfung vom Angebot rein physischer gitale Produkte sollen im Interesse des Eigentümers oder Produkte in Richtung datenbasierter Services. Nutzers eigenständig und intelligent handeln und Trans- aktionen abwickeln. Beispielsweise wird die Ladestation Die Transformation zum Serviceanbieter ist für produzie- an der Strassenlaterne dann anhand des Preises, der La- rende Unternehmen ein unerlässlicher Schritt. Der Weg degeschwindigkeit, der Stromherkunft oder der geplan- vom «physischen» Produkt hin zum «smarten» Erlösmo- ten Route ermittelt und die Bezahlung direkt abgewickelt. dell ist dabei durch zahlreiche Herausforderungen ge- kennzeichnet. Abbildung 4 beschreibt typische Barrieren auf dem Weg vom physischen Produkt zum IoT-Profit. Profitabilitätsproblem PROFIT Die Investition rentiert sich Umsatz oder Kosteneinsparung kann Investitionskosten nicht amortisieren PRODUKT & Potenzialproblem Neue Produkte und Services generieren SERVICE Umsatz oder Kosteneinsparungen Das Umsatzpotenzial oder die Kosteneinsparungen werden nicht ausreichend ausgeschöpft Monetarisierungsproblem Services sind so wertstiftend, dass dafür eine Nicht genügend Services, die kostenpflichtig angeboten Nutzungsgebühr verlangt werden kann werden können Nutzungsproblem SERVICE Services werden von Kund*innen genutzt Services werden von Kund*innen zu selten genutzt Wertstiftende Services sind verfügbar Unzureichendes Serviceangebot Produkt hat kein grosses Potenzial für wertvolle Services Smart Connected Product, smarte, mit dem Internet verbundene Strassenlaterne Vernetzungsproblem Produkt ist nicht mit dem Internet verbunden Smartes Product, z. B. smarte Strassenlaterne PRODUKT mit Elektronik und ggf. lokaler Analyse Vernetzbarkeitsproblem Keine Elektronik und Energieversorgung vorhanden Normales Produkt, z. B. normale Strassenlaterne Abbildung 4: Barrieren auf dem Weg zum IoT-Profit (Wortmann et al. 2019)1 Bei der Entwicklung von IoT-Produkten lassen sich Unter- nehmen oft von Anwendungsbeispielen inspirieren und vernachlässigen dabei die eigentlichen Bedürfnisse ihrer Kund*innen. Smarte Produkte und Services beruhen je- doch auf einem tiefen Verständnis der Kundenbedürfnis- se. Entsprechend sollte der Nutzen für die Kund*innen in der Produktentwicklung im Zentrum stehen. Damit die Produkte kontinuierlich verbessert werden können, sind IoT-basierte «Customer Insights» möglich (z. B. durch die Auswertung von Nutzungsdaten). Solche datenbasierten Einblicke befähigen Unternehmen ausserdem, ihr Ange- bot näher an den Markt zu bringen sowie Innovationen und Schnittstellen mit konkretem Nutzen zu entwickeln, um darauf Ökosysteme aufzubauen. 1 Geld verdienen im IoT – aber wie? Wortman et al. (2019)
BREAKOUT 1 Produktion und Logistik Im EoT erschliessen die angebotenen Produkte und/oder In Produktion und Logistik liefert das IoT wichtige Daten Services zudem neue Möglichkeiten, in einem Marktplatz zur Produkt- und Servicequalität, zu den Produktions- zu partizipieren und dadurch von neuen Erlösmodellen zu prozessen, zur Effektivität der Gesamtanlage oder der profitieren. Ein- und Ausgangslogistik. Um diese Daten nutzbar zu machen, müssen Handlungsschritte, Aktivitäten oder ein- Management und Organisation gesetzte Technologien angepasst und neu ausgerichtet Die erfolgreiche Transformation vom Produkt- zum Ser- werden. Ziel ist es, zunächst die Prozesse in der Produk- viceanbieter erfordert ein Umdenken im Unternehmen: tion und der Logistik mithilfe des IoT zu optimieren, um auf dieser Basis die internen Prozesse sowohl miteinander • Die Profitabilität hängt nicht mehr von den verkauften als auch mit externen Logistikprozessen zu vernetzen. Produkten ab, sondern von der Innovationsleistung des Unternehmens, der «Coopetition» mit Mitbewer- Alle Unternehmensprozesse von der Produktion bis zur benden sowie der Art und Laufzeit der digital abge- Optimierung müssen mit den beteiligten Akteuren in den rechneten Services. Ökosystemen abgestimmt werden, um eine optimale Zu- sammenarbeit mit Mehrwert zu gewährleisten. • Es gilt, neue Rollen in den Bereichen Development, Operations, Data Analytics und Business Process Ma- Um auf kurzfristige Veränderungen (z. B. Updates, neue nagement zu schaffen, um Mehrwert aus Daten zu Features oder Schnittstellen) zu reagieren, braucht es dy- gewinnen. namische Strukturen. Im Vergleich zur Produkt- und Ser- • Die Mitarbeiter*innen müssen systematisch weiter- viceentwicklung stehen hier die Bedürfnisse der internen gebildet und mit Blick auf sich verändernde Rollen Anspruchsgruppen im Fokus. und Aufgabenbereiche geschult werden.3 Verkauf und Vertrieb Darüber hinaus erlauben IoT-basierte Daten eine evidenz- Auch die Positionierung des Leistungsangebots verän- basierte Steuerung der Unternehmensaktivitäten. dert sich durch das IoT grundlegend. Im Zentrum stehen die Fragen, was genau monetarisiert oder welche Bezie- Optimierung und Investition hung zu den Kund*innen aufgebaut werden soll und wie Mit der neu gewonnen Transparenz einher gehen neue die Erlöse fliessen. Möglichkeiten zur kontinuierlichen Verbesserung. Dabei muss das Geschäftsmodell der Organisation auch bei Ein einfacher Einstieg in das IoT ist die Erweiterung beste- der Optimierung ganzheitlich betrachtet werden. Bei- hender Produkte durch kostenlose digitale Services mit spielsweise können neue Erkenntnisse von Nutzungs- dem Ziel, Transparenz (z. B. Condition Monitoring), Effi- daten zu neuen Produkten führen, die wieder alle Unter- zienz (z. B. Predictive Maintenance) oder die Integration nehmensaktivitäten betreffen. Ein neues Angebot kann des Produkts in die Arbeits- und Produktionsumgebung auch in Form eines neuen Erlösmodells oder durch die des Kunden zu verbessern.2 Partizipation in einem neuen Markt eingeführt werden. Zentral dabei ist die Einbindung der internen und exter- Im nächsten Schritt können zusätzliche Produkte (z. B. IoT nen Kund*innen in alle Unternehmensaktivitäten. Denn Dashbuttons oder eigenständig bestellende EoT-Produk- schliesslich bestimmt der wahrgenommene Mehrwert te) oder Services in bestehenden Märkten kostenpflichtig eines Angebots darüber, ob dieses tatsächlich «smart» ist angeboten werden (z. B. Lichtmessung-, Verkehrszäh- oder nicht. lung- oder Emissionsmessung-as-a-Service). Hierbei ver- ändert sich das Erlösmodell durch das IoT grundlegend: Grundsätzlich ist es sinnvoll, konkrete IoT-Anwendungs- Digitale Services werden im Gegensatz zum physischen fälle schnell in Pilotprojekten zu testen. Einen sicheren Produkt nicht einmalig verkauft, sondern zeitlich als Rahmen kann die für Innovationsthemen vorhandene Abonnement/Leasing, pro Nutzung in bestimmten Men- Governance bieten. Sobald ein strategischer Mehrwert geneinheiten oder pro Erfolg in vereinbarten Kennzahlen erkennbar ist, kann ein zentrales IoT-Team die Thematik (Outcome-based) abgerechnet. unternehmensübergreifend weiterverfolgen. 2 Erfolgreiche IoT-Geschäftsmodelle, Jan Roding et al. (2017) 3 Geld verdienen im IoT – aber wie? Wortman et al. (2019) AWK FOKUS | IoT - der Wegbereiter ins Zeitalter der vernetzten Dinge 10
BREAKOUT 2 Erkenntnisse statt reiner Daten IoT Analytics – die Intelligenz des Sensorsystems Daten sind allgegenwärtig und nehmen in Bezug auf die Mengengerüste und die Komplexität kontinuierlich zu. IoT Analytics unterstützt als Teilgebiet von Data Analytics die Interpretation von riesigen Datenfluten und -beständen aus vernetzten IoT-Geräten. Wären die Sensoren im Netzwerk die Enden von Nerven, dann wäre IoT Analytics das Gehirn, das die Nervenempfindungen analysiert und interpretiert. Erst die Analyse der Daten macht aus dem IoT ein intelligentes System. Rahel Strässle In der vollen Tiefe ausgeschöpfte IoT Analytics hilft Unter- wo dazwischen, ist eine Architekturentscheidung, die auf nehmen, ein besseres Verständnis verschiedener Inter- Basis der Anforderungen an die Sicherheit, des «Need aktionen zu erhalten, Entscheidungen zu optimieren und for Speed», der verfügbaren Bandbreite und Computing dadurch geschäftlichen Mehrwert zu schaffen. Power sowie der gewünschten Unabhängigkeit erfolgen muss. Die Reise der IoT-Daten Act: Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen las- sen sich mit gezielten Massnahmen die Leistung, Zuver- Doch wie gelangen wir von den Sensoren zum eigent- lässigkeit und Sicherheit sowie das Kundenerlebnis ver- lichen Mehrwert? IoT-Daten durchlaufen auf ihrer Reise bessern. Ob die Massnahmen den gewünschten Erfolg fünf grundlegende Schritte: Create, Communicate, bringen, überwachen die Sensoren wiederum in Echtzeit Aggregate, Analyze und Act [Ref. Deloitte, 2015]. und liefern den Algorithmen in unmittelbarer Zukunft das notwendige Feedback. Damit schliesst sich der Kreis. Create & Communicate: Angetrieben durch die Ver- fügbarkeit von immer zahlreicheren Funktechnologien Der werterzeugende Schritt liegt im Act. Doch es ist die wie 5G, NB-IoT oder LoRa werden die unterschiedlichs- Analyse, die definiert, wohin die Reise geht. ten Objekte mit einer immer grösseren Anzahl von Sen- soren ausgestattet, um riesige Mengen an Echtzeitdaten zu sammeln. Aggregate: Einzelne Datenpunkte liefern selten wertvol- le Erkenntnisse. Erst wenn die Daten über Zeit und Raum angereichert werden, gewinnen sie an Aussagekraft. Und genau wie auch wir alle Sinne und vorhandenen In- formationen nutzen, um uns ein Gesamtbild von unserer komplexen Umwelt zu machen, wird auch der Wert von Sensordaten in vielen Fällen erst erkennbar, wenn sie mit anderen Datenquellen kombiniert und korreliert werden. Analyze: IoT Analytics nutzt modernste Big-Data-Metho- den, um aus der heterogenen, lückenhaften Datenflut die relevanten Informationen herauszufiltern. Ob die Analyse in der Cloud geschieht, auf dem Gerät selbst oder irgend- Abbildung 5: Die Reise der IoT-Daten
BREAKOUT 2 Vertrauen ermöglicht Autonomie Wenn wir auf Daten setzen, um fundierte Geschäftsent- scheidungen zu treffen, müssen wir uns nicht an die Daten selbst, sondern an die daraus extrahierten Erkenntnisse halten. Je mehr wir der Qualität dieser Erkenntnisse ver- trauen, desto autonomer können die Systeme werden. Was wird passieren? Mithilfe von Predictive Analytics erkennen wir, was in vorhandenen Daten durch statistische Methoden nicht direkt ersichtlich ist: Machine-Learning-Modelle werden nur die Intelligenz, um die richtigen Entscheidungen zu mit historischen Daten trainiert, um Trends und Muster zu treffen, sondern erhalten auch Transparenz und Sicherheit eruieren. Angewendet auf die aktuell verfügbaren Daten, für Transaktionen und damit den Zugang zu dezentralen sind wir so in der Lage, die Zukunft mit einer Wahrschein- Marktplätzen. Es hört sich zwar nach ferner Zukunft an, lichkeit vorauszusagen oder Anomalien wahrzunehmen. dass Rolltreppen ihre Wartung mit Wartungsfirmen selbst vereinbaren oder Lampen und Autos ohne unser Eingrei- Wie erreichen wir ein bestimmtes Ziel? fen den Strompreis verhandeln. Die Technologien, die Prescriptive Analytics zeigt uns anhand von probabilisti- dies ermöglichen, sind jedoch bereits heute verfügbar. schen Massnahmen auf, wie wir eine Situation bestmög- lich beheben oder optimieren können. Häufig wird damit nach Handlungsoptionen gesucht, um einen geschäftsre- Das Potenzial von IoT Analytics levanten KPI zu maximieren oder zu minimieren. Wir müssen nicht zum Mars fliegen, um das Potenzial von Durch Prescripitve Analytics (z. B. für Rolltreppen) lassen IoT Analytics auszuschöpfen. Doch es braucht Mut und sich nicht nur hohe Qualitätsstandards einhalten und das Kreativität, um in diese unbekannten Gefilde aufzubre- Ausfallrisiko minimieren, sondern auch Ersatzteilbestel- chen. lungen und Serviceintervalle wesentlich besser und ge- nauer planen (Predictive Maintenance). IoT Analytics bietet in vielen Bereichen überzeugende Vorteile: Sei es in der Optimierung von Bewirtschaftungs- Wollen wir die Entscheidungen den Maschinen strategien, der Überwachung und Verwaltung von Ge- überlassen? bäuden, Rechenzentren und anderen teuren Infrastruktu- Kombinieren wir die Modelle der Prescriptive Analytics ren, im Bereich Asset Management, für Anwendungen im mit der Autonomie der Künstlichen Intelligenz (KI), können Einzelhandel oder im Gesundheitswesen, für die Stadt- wir die Zukunft nicht nur voraussagen, sondern tatsächlich planung oder in der Supply Chain. umsetzen. Oft werden die Modelle in der Anfangsphase mit zusätzlicher menschlicher Kontrolle verwendet. Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, bietet IoT Ana- lytics Potenzial in allen Lebensphasen eines Produktes: Bei gewissen Anwendungsbereichen, wie bei Echtzeit- während der Herstellung, des Transports, der Wartung reaktionen auf Nutzerverhalten oder beim autonomem und Instandhaltung, als Informationslieferantin über die Fahren ist eine menschliche Interaktion nicht machbar. So Nutzung eines Produktes oder als Informationsquelle für konnte beispielsweise der autonome Marsroboter Perse- die Kund*innen. Unternehmen müssen sich über digita- verance dank IoT Analytics und KI 301 Millionen Kilome- le Services und entsprechende Geschäftsmodelle diffe- ter von uns entfernt den optimalen Landeplatz in Echtzeit renzieren, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. aussuchen und sicher landen. Erkenntnisse aus Daten zu gewinnen, ist damit kein Ni- ce-to-have, sondern ein Imperativ. Die Daten sind in den Wenn wir Prescriptive Analytics und KI mit Distributed meisten Fällen bereits vorhanden. Eine explorative Daten- Ledger Technologies ergänzen, ermöglichen wir die Eco- analyse kann ein erster Schritt sein in eine datenbasierte nomy of Things: Wir geben den vernetzten Geräten nicht Zukunft. AWK FOKUS | IoT - der Wegbereiter ins Zeitalter der vernetzten Dinge 12
INTERVIEW V-ZUG auf Erfolgskurs mit dem IoT Ein Interview mit Stephan Keller Welche Aufgaben haben Sie bei V-ZUG? Stephan Keller: Mein Verantwortungsbereich umfasst die Produktentwicklung aller V-ZUG Geräte. Dazu gehö- ren sowohl die physischen Produkte als auch die dazu- gehörenden digitalen Produktanteile. Letztere erstrecken sich von unseren Geräten bis zur Cloud sowie auch auf Smartphone-Apps oder andere IoT-Geräte. Was war die Initialzündung für den Start des IoT? SK: Eine innovative Herangehensweise und die Nut- zung von neuen Technologien hat sich V-ZUG schon früh auf die Fahne geschrieben. Aus diesem Grund hat man bereits 2005 bewusst Geräte mit Modems ausgerüstet, «Das IoT ist für V-ZUG heute nicht über das Internet eingebunden und ihre Integration in mehr eine Frage der Wahl, sondern Gebäude-Bussysteme ermöglicht. Dies war ein bewuss- ter «Tech Push» ohne ausgeprägtes Marktbedürfnis, um eine Selbstverständlichkeit.» potenziellen Kundennutzen zu eruieren, Anwendungsfäl- Stephan Keller le abzubilden und erste Erfahrungen zu sammeln. Für den Senior Vice President, Member of the Executive Board Erfolg unseres Vorstosses fehlte damals jedoch die Nach- frage. Zugleich waren auch die Herstellungskosten noch zu hoch. Als die Bestandteile 2015 massiv günstiger, pro- Prozesskette begleiten und den Kochvorgang perfektio- fessioneller und das Kundenbedürfnis nach digitalen Pro- nieren. Dieser beginnt bereits bei der Inspiration und der dukten grösser wurden, erhielt das Vorhaben aufgrund individuellen Beratung unter Einbezug der persönlichen des verbesserten Kosten-Nutzen-Verhältnisses erneuten Bedürfnisse. Da V-ZUG mit ihren physischen Produkten Schwung. Es erfolgte ein kompletter Relaunch mit neuer in diesem Prozess normalerweise frühestens bei der La- Infrastruktur. Seither ist das IoT ein fester Bestandteil im gerung (Kühlen) und dem Kochvorgang in Erscheinung Sortiment von V-ZUG. tritt, fokussieren wir in den vorangehenden Schritten bei- spielsweise auf die Videoinspiration. Mit der Essenszube- Was bedeutet IoT für V-ZUG und welchen Stellen- reitung beginnt das eigentliche Kerngeschäft von V-ZUG: wert hat es heute bei Ihnen? das Kochen. Hier sind Geräte wie Kochfeld, Töpfe, Herd, Dampfgarer, Dunstabzug oder Geschirrspülautomat mit SK: Das IoT ist für V-ZUG heute nicht mehr eine Frage der der gewünschten Zubereitungs-App vollständig mitein- Wahl, sondern eine Selbstverständlichkeit. Beim Nutzen ander verbunden. Dies ermöglicht eine ideale Vorberei- legen wir den Fokus auf das Zusammenspiel des virtuel- tung der Geräte (z. B. Vorheizen), Unterstützung beim len und des physischen Produktes für eine nahtlose Cus- Umgang mit den Lebensmitteln sowie die Regelung der tomer Journey. Der Stellenwert hat sich in verschiedenen Geräte untereinander (z. B. Information der Pfanne an das Bereichen verändert: Bei der Lebensmittelzubereitung Kochfeld weitergeben). Als letzter Prozessschritt erfolgt geht unsere Betrachtungsweise beispielsweise über das die Reinigung, bei der beispielsweise der Geschirrspül- eigentliche Kochen hinaus in Richtung «Gesamterlebnis automat anhand der Zubereitung das Reinigungspro- «Essen». Wir wollen unsere Kund*innen in der gesamten gramm vorselektieren kann.
INTERVIEW den Geräten. Die App- und Cloudentwicklung kann bei- spielsweise problemlos ausgelagert werden, nicht aber die Embedded Software, die viele Firmengeheimnisse beherbergt. Durch den zunehmenden Funktionsumfang gewinnen auch das systematische Requirements Engi- neering und das professionelle Testen immer mehr an Be- deutung. Diese Bereiche haben wir stark ausgebaut und professionalisiert. Viele IoT-Projekte scheitern – was macht V-ZUG, um dies zu verhindern? SK: Wir versuchen, stark outside-in zu denken und we- niger inside-out. Wir stellen den Kundennutzen und die Customer Journey ins Zentrum und nicht unsere eigenen Ökosysteme spielen eine grosse Rolle im IoT, wie Interessen oder aktuelle Trendthemen ohne jeglichen positionieren Sie sich da? Kundenbezug. SK: Es gibt verschiedene Ökosysteme in unserem Um- Ein «Tech Push» führt in diesem Kontext eher selten zu feld. Im Ökosystem Smart Home sind wir nur mit zweiter einem schnellen Erfolg, kann aber zum Sammeln von Er- Priorität unterwegs. Höchste Priorität für uns hat die Food fahrungen und für den laufenden Ausbau des Angebots Journey, in der sich unser Kernprozess befindet. In diesem nützlich sein. Bereich setzen wir klar auf eine offene Partnerschaft in vie- len Ökosystemen und wollen einen «Lock-in» aus Sicht Wann ist ein Produkt bezüglich des IoT aus Sicht der Kund*innen verhindern. Wir arbeiten diesbezüglich von V-ZUG erfolgreich? aktiv in Normierungs- und Interessensgremien mit, um die technische Basis für eine Einbindung zu schaffen. Auf SK: Da IoT-Bauteile immer günstiger werden (Hardware), dieser normierten technischen Basis können wir Partner- messen wir den Erfolg oder Misserfolg nicht explizit am schaften aufsetzen, indem beispielsweise anhand eines Aufwands-Nutzen-Verhältnis im engeren Sinne. Zudem Rezeptes die dazugehörige Shoppingliste direkt an die gibt es sehr viele Perspektiven, aus denen Erfolg gemes- Food Delivery App eines Partners übermittelt werden sen werden kann. Im heutigen Wettbewerbsumfeld kann kann. Flexibilität und eine unkomplizierte Einbindung in der langfristige Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit mithilfe unterschiedliche Ökosysteme sind uns dabei sehr wich- des IoT bereits einen Erfolg bedeuten. Bei V-ZUG wollen tig. Wir bieten mit unserer App zudem ein eigenes Öko- wir zukünftig mit dem IoT Ideen verwirklichen, die einen system an, in das wir zukünftig gerne weitere Partner inte- zusätzlichen, klar erkennbaren Kundennutzen generieren. grieren. In welchen Bereichen sehen Sie den grössten durch Wie haben sich der Entwicklungsprozess und der das IoT generierten Kundennutzen? Einbezug der Kund*innen durch das IoT verändert? SK: Bezogen auf die Essenszubereitung verfolgen wir die SK: In der Entwicklung rückt die Customer Journey eben- Ziele «Better Tasting Food», «Less Food Waste», «Ease falls weiter in den Fokus. Das Verständnis des gesamten of Life», «Inspiration» und «Gesundheit». Unsere Geräte Kundenprozesses steht im Vordergrund, und in diesen sind zu IoT-Geräten geworden, um unsere Kund*innen Prozess wollen wir uns nahtlos einbringen. Eine solche bei der Essenszubereitung oder der Textilpflege optimal Integration zwingt viele Firmen zu einer «Cross-Indus- zu unterstützen. Mehrwert generieren wir beispielsweise try»-Denkweise, die ein optimales Zusammenspiel der mit unserer Guided-Cooking-App, durch eine treffsiche- beteiligten Partner ermöglicht. Was bei den heutigen re Wartung, die keine Diagnose vor Ort mehr benötigt, Trendthemen oftmals in Vergessenheit gerät, sind der oder durch das Einspielen von Upgrades aus der Cloud, Umfang und die Komplexität der Embedded Software auf die den Funktionsumfang der Geräte laufend verbessern. AWK FOKUS | IoT - der Wegbereiter ins Zeitalter der vernetzten Dinge 14
INTERVIEW Immobilienunternehmen könnten wir in Zukunft die Tex- und Messung der Energieströme wollen wir zukünftig tilpflege, inklusive Gerätereservation, -abrechnung und unter anderem IoT-Potenziale erschliessen, um unsere -unterhalt, als neuen Service für ihre Endkund*innen an- Produkte nachhaltiger herzustellen. Die Einsatzmöglich- bieten. Auch indirekter Zusatznutzen ist denkbar. So lässt keiten des IoT und der Digitalisierung sind in der Produk- sich beispielsweise das Energiemanagement durch eine tion sehr vielfältig. Smart-Grid-Integration potenziell verbessern, indem der Betriebszeitpunkt eines V-ZUG Gerätes – speziell im Tex- Wo sehen Sie die grössten Hürden beim Einsatz des tilpflegebereich – an die Nachfrage im Stromnetz ange- IoT? passt wird. Damit können Leistungsfluktuationen verrin- gert und das Netz optimiert werden. SK: Unsere Produkteverweildauer im Markt ist sehr lan- ge. Geräte in der Consumer-Elektronik werden heute viel Von welchem Nutzen profitiert V-ZUG dank dem häufiger ersetzt als unsere Geräte. Bei Investitionsgütern IoT? können Steuerungsersatzteile durch einen Servicegang vor Ort ausgetauscht werden, was im Gegenzug bei SK: Wenn unsere Kund*innen ihre Daten mit uns teilen, Haushaltsgeräten zu kostspielig wäre. Unser Anspruch ist können wir diese zu Business-Intelligence-Zwecken ver- es, die reibungslose Funktionalität der Geräte während wenden. Dies führt letztendlich zu besseren Endpro- deren Lebensdauer – das bedeutet oft 15 Jahre oder mehr dukten und damit zu einer besseren Kundenbeziehung. – ohne Eingriff sicherzustellen. Über diese lange Dauer Direkte Rückmeldungen zur Zufriedenheit mit unseren ergeben sich beispielsweise komplexe Fragestellungen Produkten sind für uns sehr wertvoll. im Security- und Datenschutzbereich, die es über den gesamten Produktelebenszyklus sicherzustellen gilt. Um Nutzen Sie auch Industrial IoT (IIoT) in der Fertigung dies zu gewährleisten, mussten wir einiges investieren. Ihrer Geräte? Was kann man in naher Zukunft von der Digitalisie- SK: In diesem Bereich spielt die ganze Industrie 4.0 und rung erwarten? damit auch das IIoT eine zentrale Rolle. Wir konnten damit beispielsweise unsere Lagerbestände deutlich optimie- SK: Meine persönliche Prognose ist, dass der Trend zur ren – sowohl in Bezug auf Rohmaterial, Halbfabrikate und digitalen Selbstverständlichkeit weitergehen wird. Allge- Baugruppen als auch bei den Fertigerzeugnissen. Beson- mein wird es in Unternehmen eine Konsolidierung über ders im C-Teile-Bereich messen die IoT-Lösungen unserer alle digitalen Themen hinweg geben. Neue Hypes wer- Lieferanten den lokalen Bestand und liefern Ersatzteile an- den zu Beginn meistens überschätzt und sind durch die hand dieser Daten automatisch nach. Bei der Produktion Technologie getrieben. Dabei werden Möglichkeiten auf- ist alles rückverfolgbar und alle Bestandteile und Abläufe gezeigt und auch neue Bedürfnisse geschaffen. Am Ende sind transparent. Aktuell bauen wir eine vertikale Fabrik, entscheidet jedoch der Markt, ob ein Bedürfnis besteht die sehr viele weitere Digitalisierungsaspekte berücksich- oder durch eine sinnvolle Anwendung ein neues Bedürf- tigt und viel Pionierarbeit beinhaltet. Zur Modellierung nis geweckt wird. Über die V-ZUG Gruppe V-ZUG ist die führende Schweizer Marke für Haushaltapparate. Seit über 100 Jahren entwickelt und produziert V-ZUG im Herzen der Schweiz Apparate für Küche und Waschraum und bietet einen umfassenden Service. Allein in der Schweiz sind über 300 Techniker*innen im Servicebereich im Einsatz. Als Marktführerin in der Schweiz vermarktet die V-ZUG Gruppe ihre Produkte auch in ausgewählten Premiummärkten im Ausland. Die V-ZUG Gruppe beschäftigt zurzeit rund 2000 Mitarbeiter*innen. Die V-ZUG Holding AG ist im Swiss Repor- ting Standard der SIX Swiss Exchange, Zürich, kotiert.
Ihre Kontakte André Arrigoni Manuel Gantner Partner Manager, IoT & Control Systems andre.arrigoni@awk.ch manuel.gantner@awk.ch Rahel Strässle Baton Shala Senior Consultant Consultant rahel.straessle@awk.ch baton.shala@awk.ch Über AWK AWK Group AG AWK Group ist eine unabhängige internationa- Leutschenbachstrasse 45 le Management- und Technologieberatung mit CH-8050 Zürich Standorten in Zürich, Bern, Basel, Lausanne und T +41 58 411 95 00 Luxemburg. Mit über 400 Mitarbeiter*innen be- www.awk.ch gleitet AWK die digitale Transformation von Orga- nisationen aus unterschiedlichsten Branchen von Zürich • Bern • Basel • Lausanne • Luxemburg der Strategie bis zur Umsetzung und ist mit den © Copyright 2021 – AWK Group AG Technologien der Zukunft vertraut. Ihre Dienstleis- tungen erstrecken sich von der Entwicklung digi- taler Geschäftsmodelle über Data Analytics, Cyber Security und IT Advisory bis hin zum Management komplexer Transformationsprojekte.
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