BAUEN UND LEBEN MIT HOLZ - Holzbau Schweiz
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INHALT / EDITORIAL HOLZ.ART4 Liebe Leserinnen und Leser FOKUS.THEMA6 Auf die Plätze, fertig, los: Höchstleistung auf den Bahnen der Indoor-Sprint- und Die Schweiz ist eine Sport- 6 Sprunganlage in Aarau. nation: 70 Prozent der Be- völkerung im Alter von 15 LEBENS.RAUM14 bis 74 Jahren treiben regel- Sprung ins kühle Nass: Herzog & de Meurons Naturbad Riehen beweist mässig Sport – toppen natürlichen Charme. können das nur noch die Schweden. Das hat das LEBENS.RAUM20 Bundesamt für Sport in sei- 14 Zurückgerudert zum Heimatstil: Das Boots- ner letzten Erhebung ermit- haus des Solothurner Ruderclubs präsen- telt. Ein so gesunder und tiert sich in seiner ursprünglichen Form. bewusster Lebensstil for- AUS.GEZEICHNET28 dert ebenso gesunde Sport- Schule, Käserei oder Chalet: ausgezeich- stätten. Glücklich schätzen neter Holzbau beim Constructive Alps. dürfen sich jene Athleten, 20 die in den hier vorgestellten BAU.WERK30 Anlagen in der Schweiz Anstoss am dicken Stein: Die Raiff- eisen Arena Crap Gries im Bündnerland und im Ausland trainieren. ist ein Symbol enormer Willenskraft. Die Bauten sind modern, werden anspruchsvollen STAND.PUNKT35 Bedürfnissen gerecht Fit für die Zukunft: «Am Ball bleiben» und sind umweltfreundlich. 36 meint Hans Rupli, Zentralpräsident Holz- Wie wäre es mit einer bau Schweiz. Runde Tennis auf dem WELT.WEIT36 Bürgenstock? Oder doch Tee und Spiele: gelebte Tradition im lieber Leichtathletik in der Londoner Lord’s Cricket Ground Stadion. neuen Indoor-Sprint- und Sprunganlage in Aarau? STIL.FORM38 Wer Natur und Teamspirit Abschlag mit Perspektive: In der Golf- arena des Golfpark Holzhäusern sind sucht, dem sei der Solo- 38 Profis wie auch Anfänger gut aufgehoben. thurner Ruderclub empfoh- len. Wie auch immer Sie STIL.FORM42 sich entscheiden, eines Gemischtes Doppel: In den Diamond Domes haben all die vorgestellten wird primär Tennis gespielt. Gleichzeitig Sportbauten gemeinsam: dient die Anlage auch als Eventlocation. Sie zeigen smarte archi- AUS.BLICK46 tektonische Lösungen und Holzbau in Höchstform. 42 IMPRESSUM46 Sandra Depner, MIT CROSSMEDIALEM CONTENT 1:10 i+ Redaktorin, AUF MAGAZIN-FIRST.CH Videos Fotos Pläne Zusatzinfos (Reproduktionsgrösse 15–5%) Projektleiterin «FIRST»
Sourgrassbuilt HOLZ.ART KOMM ZUR RUH «Sunset Modern» hat der Designer von Sourgrassbuilt dieses formschöne Vogelhaus getauft. Die anderen Modelle haben nicht weniger inte- ressante Namen und Formen: Da ist das «Sunnyvale» mit einer ornamentartigen Fassade und orangem Wandhighlight, das nüchtern-minima- listische «Seabright Bauhaus» oder für die ganz bunten Vögel das «Number One» in Knallgrün sowie 70ies-Orange. Für das stilvolles Dach über dem Vogelkopf ist Douglas Bernhard aus dem kalifornischen Santa Cruz verantwortlich. Er bezeichnet den Stil als eine Mischung aus architek- tonischen Einflüssen um die Jahrhundertmitte und der Skate- und Surfkultur von Santa Cruz. «Sunset Modern» ist im Shop für 329,99 US-Dollar erhältlich und gehört somit zu den hochpreisigen Villen unter den Vogelhäusern. Es besteht aus Bambus sowie Teakholz mit edler glänzender Laminierung. Es hat ein raumhohes Fenster, die Pflanzenbox und ein begrüntes Dach. sourgrassbuilt.com 1:10 i+ (Reproduktionsgrösse 15–5%) MACH DICH WARM Körperliches Training, um Strom zu erzeugen, und ein Wellness-Bereich, der mit Solarenergie betrieben wird: Mit der solaren Fitness- und Wellnessanlage zeigt NEST, dass auch diese Bedürfnisse nachhaltig erfüllt werden können – und fördert gleichzeitig Gesundheit und Lebens- qualität. Die Unit ist seit August 2017 auf dem Gelände der Empa, Dübendorf, in Betrieb. Gestaltet hat sie der So- lar-Architekt Peter Dransfeld. Er verortet die Wellnessbe- reiche in drei «schwebenden» Ellipsoiden in Holzbau- weise und schafft damit eine innovative Lösung mit viel Transparenz und einem besonderen Raumerlebnis. So- wohl das Dach wie auch die Fassade sind für die Energie- gewinnung optimiert. Fitness und Wellness gehen norma- lerweise auf Kosten der Umwelt und des Energiever- brauchs. Das Projekt demonstriert, dass Komfort auch ohne Verbrauch von fossilen Energien möglich ist. EMPA dransfeld.ch, empa.ch 4/5
FIRST 01/2018 STEMM DICH HOCH Die neueste Kreation des Designers Stelios Mousarris: Willy Oak. Zu dem Tisch hat ihn die goldene Ära des Cartoons inspiriert. Willys goldene Arme stemmen die Eichenplatte des Tisches empor. Die kopflose Comicfigur bil- Birkhauser det laut Mousarris die ideale Abstellfläche für Getränke, Notizblätter, Visionen und Ideen. «Verleihen Sie Ihrem Wohnzimmer etwas Spass und Nostalgie mit diesem aus den 1930er Jahren inspirierten Klassiker», erklärt der Designer. mousarris.com HÖR AUF DEIN GEFÜHL 25 Gebäudedokumentationen, vier Essays und ein Interview: Das Buch «Bauen mit Feingefühl – Zeitgenössische Baukultur in der Schweiz» vermittelt die Leidenschaft und Integrität als Schlüsselwerte der Schweizer Architektur. Peter Zumthor, Herzog & de Meuron oder Valerio Olgiati geniessen welt- weit hohes Ansehen. Bekannt für ihre Präzi- sion und Sorgfalt sowie ihre Liebe zum De- tail, werden Schweizer gerade in der Archi- tekturszene weit über die Grenzen ihres Landes hinaus geschätzt. Das Buch spürt der Geschichte dieser Entwicklung nach. Es ist 2017 erschienen und kostet 59,95 Euro (ISBN 978-3-0356-1130-4). birkhauser.com Stelios Mopussaris
FOKUS.THEMA ... LOS! 1 Ein 80 Meter langer, heller Tunnel in Holzbauweise, vier Sprintbahnen, neue Garderoben, eine Sandgrube und ein modern ausgestatteter Kraftraum: Die neue Indoor-Sprint- und Sprunganlage in Aarau lässt sportlich keine Wünsche offen. Ein Sportbau für Höchstleistung – vielleicht auch gerade wegen seines berühmten Standorts. Text Sandra Depner | Fotos Hannes Henz In der Zeit, die Sie zum Lesen dieser Sätze Athleten vom Bürgerturnverein BTV Aarau Telliring 1802 die erste öffentliche Turnan- brauchen, könnten anderenorts Spitzen- Athletics ideale Trainingsbedingungen in ei- lage der Schweiz angelegt.» Und an eben die- sportler Rekorde aufstellen. Ein Beispiel: ner Indooranlage zu ermöglichen. Denn zu- ser Stelle im Aargau feierte auch der Eidge- Während Sie das hier lesen, wäre Alex Wil- vor trainierten sie auf der Sprintbahn im nössische Turnverein 1832 seine Gründung. son bereits 50 Meter gesprintet. Und jetzt Freien – ob Sommer oder Winter. So berich- Im Aarauer Quartier Telli treffen mit dem Tel- würde er das Ziel bei 100 Metern erreichen. tet der Trainer dem Lokalmedium, inwieweit liring und der neuen Indooranlage Historizität So schnell vergehen nur wenige Sekunden. sich das Training besonders im Winter ver- und Moderne an einem Ort zusammen und Bei Wilson sind das genauer gesagt 10,11 bessert hat: «Da muss ich keine Starts bei verstärken umso mehr den Eindruck, dass Sekunden. Das ist nämlich der Schweizer fünf Grad üben und dabei ein erhebliches sich die Kantonshauptstadt die Bezeichnung Rekord, den der Basler Athlet im 100-Me- Verletzungsrisiko eingehen.» als Sport-Hochburg verdient hat. ter-Sprint im Sommer 2017 aufgestellt hat. Der Sportler war mit knapp 45 Kilometern Glückliche Athleten, positive Schlagzeilen – DIE AUFGABE: pro Stunde unterwegs. und ein zufriedener Rektor. Die Indoor-Sprint- OPTIMALE TRAININGSBEDINGUNGEN und Sprunganlage steht auf dem Areal der Die Leichtathleten des BTV waren seit Länge- Ob Wilson schon einmal die neue Sprint- und Berufsschule Aarau BSA. Paul Knoblauch rem auf der Suche nach einem geeigneten Sprunganlage in Aarau getestet hat, ist nicht blickt von seinem Büro aus auf die neue Standort für eine Indoor-Sprint- und Sprung- bekannt. Vielleicht trainieren dort auch aktu- Sportstätte, die sich in geschichtsträchtiger anlage mit Kraftraum. Mit der Idee, die beste- ell seine grössten Konkurrenten, die ihm den Gesellschaft wähnen darf: direkt neben dem hende und eher schlecht nutzbare Aus- Rekord streitig machen werden. Denn wie Telliring, einem unscheinbaren Wegring in- sensprintanlage einzuhausen, ergab sich auch die «Aargauer Zeitung» im November 2017 mitten grüner Wiesen. für die Berufsschule die Möglichkeit, mehr titelte, hat sich Aarau mit seiner neuen Infra- Turnunterricht im Warmen abzuhalten. Die struktur zur «Sprint-Hochburg» entwickelt. Knoblauch holt die historische Karte von der Aufgabe bestand also darin, für den BTV und Und das nicht zuletzt wegen der baulichen Wand und zeigt auf die kreisrunde Markie- die BSA optimale Trainingsbedingungen zu Massnahmen, die bei der Modernisierung rung. «Hier an diesem Ort», er fährt mit dem schaffen und dabei dem Aspekt der Wirt- der Anlage vorgenommen wurden, um den Finger die Zeichnung nach, «wurde mit dem schaftlichkeit Rechnung zu tragen. 8/9
FIRST 01/2018 Da die Platzverhältnisse bezüglich Bauplatz- Mitarbeitende der Schäfer Zimmerei AG in tigen Sprintbelag und im Kraftraum das installationen sehr beengt waren und der lau- der Produktion, zur Montage waren an zwei Sportparkett im Dekor «Stadium Eiche». Im fende Schulbetrieb möglichst wenig gestört Wochen vier Mann vor Ort, die Arbeit an der Korridor wurde ein Nadelvliesteppich ver- werden sollte, entschied sich das Team von Fassade dauerte zwei Monate. Und all das legt, die Garderoben verfügen über eine fu- Felber Widmer Schweizer Architekten für mit möglichst geringer Beeinträchtigung des genlose Nassraumbeschichtung. Der bereits eine Holzelement-Konstruktion. Gemeinsam laufenden Schulbetriebs und ohne freien bestehende Bodenaufbau auf den tragenden mit der Schäfer Ingenieur AG unter der Platz für die Baustelleninstallation. Hochleis- Betondecken des beheizten Untergeschos- Projektleitung von Matthias Wipf und der tung ohne Beeinträchtigung war also gefragt. ses setzt sich zusammen aus Gussasphaltbe- ausführenden Schäfer Zimmerei AG reali- lag auf Betondruckverteilplatten. Die bereits sierten sie die neue Anlage im Zeitraum zwi- VOM BODEN BIS ZUM DACH: vorhandene Aussensprintanlage diente als schen Oktober 2016 und August 2017. DIE KONSTRUKTION IM DETAIL ideale Fundation, wobei die in der bestehen- Die Gebäudehülle ist sehr einfach aufgebaut den Decke eingelegten Vorspannkabel bei Die Planer mussten diverse Auflagen und und erfüllt die Bauteile betreffend den Miner- der Verankerung der Holzelemente mittels Vorgaben erfüllen. Zum einen spielte der gie-Standard. Die inneren Oberflächen sind Stahlwinkelelementen einigen Sondageauf- Kostenfaktor eine Rolle: Die Indoor-Sprint- auf die jeweilige Nutzungsanforderung opti- wand verursachten. und Sprunganlage mit Kraftraum sollte zu miert. Akustikdecken aus magnesitgebunde- möglichst tiefen Gesamtkosten realisiert nen Holzwollfaserplatten und weiss gestri- Das Tragsystem besteht aus in die Wände werden. Gleichzeitig drängte die kurze Pla- chene OSB-Wände erfüllen ihren Zweck. Das integrierten Zweigelenkrahmen, die der ver- nungs- und Bauzeit zu einem schnellen Fort- Architekturbüro sparte nicht bei der Investi- tikalen und horizontalen Lastabtragung die- schritt. Zwei Monate lang arbeiteten acht tion in die beiden Kernbauteile: den hochwer- nen. Als Holzverbinder dienen Rahmenecken 1 Auf einer Gesamtlänge von 150 Metern bietet die neue Indoor-Sprint- und Sprunganlage in Aarau auf den 60 Meter langen Bahnen beste Voraussetzungen für Sprints und Hürdenläufe, für das Krafttraining, Speerwerfen sowie … 2 … den Weitsprung in die Sandgrube. Sie ist neun Meter lang und lässt sich bei Nichtbenutzung abdecken. Mit dem Budget von CHF 2,6 Millionen wurde eine kostengünstige und attraktive Anlage für Kanton, Stadt, Berufsschule und Vereine geschaffen. 2
FIRST 01/2018 aus verklebten Kerto-Q-Platten. Die An- von Wand bis zur Decke möglich. Sie gewähr- 3 Rot eingefärbt sind die baulichen Massnah- schlusswinkel in Stahl wurden auf die beste- leisten Lichtverhältnisse, die für TV-Übertra- men. Hier ist die Fassadenansicht zu sehen. 4 Beim Grundriss des Erdgeschosses zeigt henden Betonbodenplatten verschraubt. gungen gefordert sind. Die natürliche Belich- sich, wie sich die 150 Meter lange Anlage Das Flachdach mit Extensivbegrünung zeich- tung über die Fenster ist so gewählt, dass mit Kraftraum an den Bestandsbau von 1988 net sich durch eine Neigung von 1,5 Prozent beim neuen Aufgang von den bestehenden anfügt. Sie ergänzt die bestehenden Turn- aus. Mit Abdichtung, Wärmedämmung, Dampf- Turnhallen zur Sprintanlage eine Verglasung hallen, die durch Schul- und Vereinssport sperre und dem mit Mineralwolle ausge- gegen Norden den Blick auf die Gesamtan- ausgelastet sind. 5 Der neue Kraftraum ist mit seiner Glasfas- dämmten Rippenholz ist der lange Baukörper lage freigibt. So fällt relativ gleichmässiges sade gegen Westen gerichtet, um die Abend- vor Wärmeverlust geschützt. Licht in den Raum, das die Athleten nicht sonne einzufangen. In dem Raum für bis zu stört oder blendet. Der Kraftraum verfügt 25 Personen wurde Sportparkett verlegt. IDEALE VORAUSSETZUNGEN SCHAFFEN: über ein gegen die Abendsonne gerichtetes DAS LICHT LENKEN Aussichtsfenster in den baumbestandenen Ebenso wichtig wie die Bodenbeläge ist im Telliring. Der Zielraum des Sprintkorridors ist Sprintbereich vor allem die optimale Aus- über ein hoch liegendes Nordfenster blend- leuchtung der Bahn. «Damit die Sportler auf frei mit Tageslicht versorgt. ideale Bedingungen treffen, muss der Schat- tenwurf von Hürden möglichst klein sein», Den Schallpegel minimiert eine Lösung erklärt Architekt Niklaus Widmer. Die Bahn aus magnesitgebundenen Holzwollfaser- auf der ganzen Länge von 60 Metern muss platten. Die ganze Anlage ist mechanisch gleichmässig ausgeleuchtet sein. Das ma- belüftet und kann über einen Wärmetau- chen LED-Bandleuchten in den beiden Ecken scher beheizt werden. Die Bauteile erfül- ANZEIGE DIE NEUE LEICHTIGKEIT. FÜR PROFIS. MS 261 C-M Kompakt und 4.9 kg leicht M-Tronic für optimale Motorleistung Top Handling am Stamm Wartungsarm FUEL Exklusiv bei Ihrem POWER Fachhändler Maximale Leistung bei minimalem Gewicht. Handlich und leistungsstark. Dank ihrer Konstruktion ist die MS 261 C-M leicht und kompakt. Die Arbeit mit der Säge wird dadurch bedeutend einfacher und agiler. Sie können sich voll auf Ihre Arbeit konzentrieren und dank M-Tronic sofort mit Bestleistung loslegen. stihl.ch STCH-019954_First_2018-02-15_16_DE_180x129.indd 1 23.01.18 16:17
FOKUS.THEMA len den Minergie-Standard, wobei bei die- reicherung geschaffen. Lehrer und Berufs- der Uhr, ob die Klasse noch im Trainingsplan sem Projekt aktuell keine Zertifizierung maturanden trainieren über den Mittag.» Und liegt. Sie blickt sich um: «Ein Unterschied wie vorliegt. wie sieht es bei den Schülern der Berufs- Tag und Nacht: viel mehr Auswahl, mehr Ge- schule aus, die mehr oder weniger freiwillig räte, mehr Raum für Übungen und endlich DAS ERGEBNIS: ZUFRIEDENE LEHRKRÄFTE im Rahmen des Unterrichts in den Kraftraum Tageslicht. Die Meisten wollen jetzt natürlich UND MOTIVIERTE SCHÜLER gehen? Sie wirken motiviert, bewegen sich lieber in den Kraftraum», sagt sie. «Drei Mi- Die Architekten und Planer sind stolz auf ihr auf den Steppern, lachen, reden. Fragt man nuten noch», ruft Attinger in den Raum zu den Werk. Doch wie gefällt die neue Anlage den Sportlehrerin Lilly Attinger, hat der neue Schülern. Sie bewegen sich mittlerweile mit Nutzern? «Unsere bereits bestehende Sport- Raum für einen grossen Motivationsschub leicht erröteten Köpfen auf den Kardiogerä- anlage stammt aus dem Jahr 1988 und ist gesorgt: «Das verwundert mich auch über- ten und sind sichtlich erleichtert, dass die dementsprechend nicht mehr auf dem neues- haupt nicht, wenn wir uns den alten Kraftraum erste Trainingseinheit gleich geschafft ist. ten Stand. Jetzt können wir die Hallen insge- vor Augen führen: Es war dunkel, verfügte schaefer-holzbautechnik.ch, samt flexibler einsetzen. Für Schulsport und über kein Tageslicht, war viel enger und wir bs-aarau.ch, fws-arch.ch Vereine wurde mit der Indooranlage eine Be- hatten weniger Geräte.» Attinger prüft auf 1:10 i+ (Reproduktionsgrösse 15–5%) 6 Die Garderobe zeichnet sich durch eine fugenlose Nassraumbeschichtung an Wand und Boden aus. 7 Die Gebäudehülle wurde mit einer wärmegedämmten Holzelementbauweise erstellt. 8 Die Idee der Architekten war, die bereits vorhandene Aussenlaufbahn wie in eine Schachtel einzupacken. In der Ansicht zu sehen sind (v. o.): die Sprunganlage, die Sprintbahn und der Kraftraum. 6 12 / 13
FIRST 01/2018 Schnitt Sprunggrube 1:100 Schnitt 60m-Bah 7 Schnitt Sprunggrube 1:200 Schnitt 60m-Bah Das Projekt – die Fakten Objekt: Indoor-Sprint- und Sprunganlage mit Kraftraum, Berufsschule Aarau BSA Schnitt Sprunggrube 1:100 Schnitt 60m-Bahn 1:100 Schnitt Garderoben 1: Standort: Aarau (AG) Fertigstellung: 2017 Bauherrschaft: Einwohnergemeinde der Stadt Aarau; Berufsschule Aarau Architektur: Felber Widmer Schweizer Architekten SIA AG, Aarau Holzbauingenieur: Schäfer Ingenieur AG, Dottikon (AG) Holzbau: Schäfer Zimmerei AG, Dottikon Baukosten: CHF 2,6 Millionen (BKP 2); CHF 705 0 00 (BKP 214) Gebäudevolumen nach SIA 416: 4200 m3 Grundfläche nach SIA 416: 940 m2 Schnitt Sprunggrube 1:200 Schnitt 60m-Bahn 1:200 Schnitt Garderoben 1: Verwendete Materialien: BSH GL24h Fichte: 60 m3; DUO C24: 30 m3; Dreischicht- platten: 26 m3; Rauspundschalung: 850 m2; Fassadenschalung: 900 m2 8 Schnitt Sprunggrube 1:100 Schnitt 60m-Bahn 1:100 Schnitt Garderoben 1:100 ANZEIGE Schmelzpunkt > 1000 °C Schnitt Sprunggrube 1:200 Schnitt 60m-Bahn 1:200 Schnitt Garderoben 1:200 Steinwolle von Flumroc. Brandschutz schafft Sicherheit im Holzbau. 929 ISA Indoor Sprint- und Sprunganlage www.flumroc.ch/1000grad Schnitte 1:100 / 1:200 03 Publikation Vordere Vorstadt 8 - 5000 Aarau
LEBENS.RAUM SPRUNG INS KÜHLE NASS In Riehen ist ein Naturbad entstanden, das trotz klingendem Namen des Architekturbüros ganz schlicht daherkommt. Denn die Frage der Architekten, was man für eine Badi braucht, war einfach zu beantworten: Sonne, Wasser und etwas Schatten. Text Helen Oertli | Fotos Iwan Baan, Pirmin Jung Ingenieure, Herzog & de Meuron 14 / 15
FIRST 01/2018 2 1 Mit Schwung vom Sprungturm: Helles Lärchenholz, Wasserpflanzen und grüner Rasen dominieren das Bild des Naturbads – von buntem Plastik keine Spur. 2 Die trapezförmige Anlage liegt zwischen der Wiese – einem Zufluss des Rheins – und einem Rebberg gleich an der Grenze zu Deutschland. Zur Strasse hin wird das Bad von einer hölzernen Umfassungswand abge- schirmt. Der Blick in die Auenlandschaft ist frei. Die Elbphilharmonie in Hamburg, der Ro- che-Turm in Basel oder das Bird’s Nest in Pe- king: Ist die Rede vom Architekturbüro Her- zog & de Meuron, hat man die grossen Bau- projekte vor Augen. Geradezu unspektakulär ist im Vergleich dazu das Naturbad Riehen. Keine programmatische Idee, sondern eine simple Frage stand zu Beginn des Entwurfs: «Wie will man heute baden?» Gleich viermal haben sich die Architekten mit dieser Frage beschäftigt. Nachdem Jacques Herzog und Pierre de Meuron 1979 – kurz nach der Grün- dung ihres Büros – den Wettbewerb für den Bau des Freibads ins Riehen gewannen, folg- ten verschiedene Entwürfe. Die ersten drei Projekte wurden verworfen. Grund dafür sei hauptsächlich die Lage der Badi im Gebiet der Zollfreien Strasse gewesen, so berichtet das «Jahrbuch z’Rieche». Die Pläne für eine Di- rektverbindung zwischen Lörrach und Weil wurden seit den 1950er Jahren diskutiert und deshalb die Projekte für einen Neubau immer wieder abgeschmettert. Erst als 2007 die alte Badi abgerissen und der Standort für das neue Bad verlegt wurde – direkt an die Wiese, einen Zufluss des Rheins – erhielten die Bas- ler Architekten erneut den Auftrag, ein Frei- bad für Riehen zu bauen. «Im Büro nannten wir das Projekt liebevoll ‹s Bedli›, schliesslich begleiteten uns die Pläne schon 35 Jahre», sagte Pierre de Meuron anlässlich der Eröff- nung des Naturbades. Sechs Jahre dauerte die Projektplanung und Ausführung, 2014 1 wurde das Bad fertiggestellt.
LEBENS.RAUM Mit den ursprünglichen Entwürfen hat die fi- ein naturnahes mit biologischem Filterkreis- sich Pirmin Jung, Geschäftsführer von Pirmin nale Ausführung nicht mehr viel gemein. Die lauf vor. Und lösten damit ein Politikum im Dorf Jung Ingenieure AG, der das Projekt begleitet geometrischen, einzelnen Schwimmbecken aus. Doch nach einigem Hickhack entschieden hat. Detailausbildungen wurden zuerst im aus den früheren Plänen mutierten zu einem die Riehener Bürger bei einer Gemeindeab- CAD konstruiert und dann anhand von Mo- grossen Badesee, der den Nichtschwimmer- stimmung zugunsten des naturnahen Bads. dellen im Originalmassstab überprüft. Kon- bereich, das Schwimmer- und das Sprungbe- struktionen wurden manchmal zwei, drei Mal cken vereint. Keine funktionale Sporteinrich- HANDWERKLICHES GESCHICK GEFORDERT ausprobiert, bis eine Lösung gefunden war, tung: Das Naturbad orientiert sich vielmehr an Eine hölzerne Umfassungswand schirmt die die formal und statisch passte – teils machte den zeitlosen, einfachen Basler Rhein- Badenden von Lärm und Blicken von der an- es nur ein Zentimeter mehr oder weniger aus. schwimmbädern. «Früher stand eher der liegenden Strasse und den benachbarten Pri- «Was für die Statik richtig war, die Dimension sportliche Aspekt im Vordergrund, heute soll vatgrundstücken ab. Von aussen ist es ein oder eine Spreizung, war häufig auch formal Baden auch ein Naturerlebnis sein», begrün- flacher Bau, unauffällig für den vorbeifahren- die richtige Entscheidung.» Dass der Bau nun det der Architekt den Wandel. Deshalb schlu- den Autofahrer. Doch hinter den schlichten so einfach daherkommt, ist für Jung die Kunst gen die Architekten der Gemeinde Riehen Strukturen steckt einiges an Raffinesse. «Die der guten Architektur. Weil einfache Lösun- statt eines konventionellen Bads mit mechani- Architekten haben sich intensiv mit dem Ma- gen, wenn sie denn vorliegen, völlig klar und sierter und chemischer Wasseraufbereitung terial Holz auseinandergesetzt», erinnert richtig erscheinen. 3 16 / 17
FIRST 01/2018 Inmitten der trapezförmigen Anlage mit 6000 Dachs. In drei Ausbuchtungen findet sich Wand hin vereinenden Streben gebildet wird. Quadratmeter Fläche bildet der Badesee den Platz für die Duschen. Zum Eingang hin ent- Die Spreizung der Gabelung wurde mehrfach Mittelpunkt. Ein Oval, von Pflanzen umgeben, wickelt sich die Umfassungswand zum anhand eines Modells überprüft, bis die fi- in das drei hölzerne Stege führen. Wer mit Hauptgebäude mit Kasse, Garderobe und nale Lösung gefunden war. Auf der CNC-Ma- mehr Schwung ins kühle Nass will, nimmt den Café. Über eine Treppe gelangt man aufs schine konnte der schmale Winkel an den Weg über den Sprungturm oder die Rutsch- Dach zur Sonnenterrasse. Im Vorderdachbe- Streben passgenau gefräst werden. bahn. Daneben liegt das Planschbecken für reich des Hauptgebäudes sind wegen den die Kinder unter einem weiten Sonnensegel. grossen Spannweiten Stahlträger in die Holz- Aus einem rohen Holzelement und dem auf- Nirgends ist grellbunter Kunststoff zu sehen, konstruktion integriert. Die Pfosten der Um- liegenden, leicht konisch geformten Latten- sondern helles Lärchenholz, Kies, grüner Ra- fassungswand sind mit Stahlprofilen im Be- rost ist die Umfassungswand gebildet. Die sen und Wasserpflanzen. Zur Wiese hin ist tonfundament eingespannt. Fassade mit Stülpschalung wurde nach dem das Bad nur durch eine niedrige Hecke be- Aufrichten einfach daran eingehängt. Die schränkt, die den Blick auf die Auenland- Das pultartige Dach der Umfassungswand Stülpschalung ist von aussen unsichtbar ver- schaft frei gibt. Die breite Bank entlang der liegt auf schrägen Sparren auf. Auf der Aus- schraubt, was anspruchsvoll war für die Zim- Umfassungswand bietet Liegeflächen unter senseite werden die Sparren mit einem Bug merleute. Ebenso die vielen runden Formen dem Schattenwurf des weit auskragenden versteift, der als Gabelung von zwei sich zur entlang der Holzwand und der Liegeflächen. 3 Schatten finden die Badegäste an heissen Sommertagen unter dem weit auskragenden Dach. 4 Das pultartige Dach der Umfassungswand liegt auf schrägen Sparren auf, die auf der Aussenseite von einer Gabelung gehalten werden. 4
LEBENS.RAUM «Der Anspruch der Architekten an die Quali- tät war hoch und grosses handwerkliches Das Projekt – die Fakten Geschick gefordert», erzählt Eduard Brändli, Objekt: Naturbad Riehen der für PM Mangold das Bauprojekt geleitet Standort: Riehen (BS) hat. Dem Projektleiter und den Zimmerleuten Bauherrschaft: Gemeindeverwaltung Riehen machte es Freude, auf hohem Niveau zu ar- Architektur: Herzog & de Meuron, Basel beiten und zu so einem Resultat beizutragen. Holzbau: PM Mangold Holzbau AG, Ormalingen (BL) Auch bei der Wahl des Holzes wurde Wert Holzbauingenieur: Pirmin Jung Ingenieure AG, Rain (LU) auf die Qualität gelegt. An unterschiedlichen Baukosten: Montagebau in Holz CHF 1 250 000 Objekten wurde die Verwitterung von ver- Auszeichnung: Prix Lignum Region Nord (2015), IOC/IAKS schiedenen Holzarten beobachtet. Das Frei- Award Gold (2015) bad ist mitten in einem Wasserschutzgebiet, Gebäudevolumen: 1127 m3 weshalb das verbaute Holz nicht behandelt Geschossfläche: 324 m2 sein darf. Die Wahl fiel dann auf die Lärche, Bodenbeläge: Lärche 1400 m2 weil die Holzart die Anforderung an die Dau- Wandbeläge: Stülpschalung Lärche 720 m2, Dreischichtplatte Lärche 700 m2 erhaftigkeit erfüllt und schön altert – bis sie Dach: Dreischichtplatte Lärche 1 200 m2 dann silberfarben vergraut. ERSTE-HILFE-SET MIT EXTRA PINZETTEN Sägerau, fast schroff ist die Stülpschalung der Umfassungswand von aussen. Innen, wo man in der Badekleidung mit blossem Rücken an das Holz lehnt, sind die Dreischichtplatten glatt geschliffen. Die Lärche für die Fassade stammt aus dem heimischen Alpenraum, das Konstruktionsholz aus der Schweiz. Für den Boden wählten die Architekten sibirische Lär- che, die wenig haart, damit die nackten Fuss- sohlen unversehrt bleiben. Weder in der gefor- derten Menge noch Qualität wäre das Holz aus dem heimischen Raum verfügbar gewesen. Das Erste-Hilfe-Set der Bademeister mus- ste trotz feinjährigem Holz mit zusätzlichen Pinzetten aufgerüstet werden. «Bei den Fangspielen auf dem Holzboden holen sich seraufbereitung. Im Regenerationsbereich nung geht an Freizeitanlagen, die Nach- die Kinder immer wieder mal einen Splitter», wird «abgebadetes» Wasser durch einen haltigkeit, eine klare Funktionalität und eine erzählt der Chefbademeister Roger Wyden. Bodenkörper mit Wasserpflanzen geleitet aussergewöhnliche Architektur miteinan- Die Gäste stören sich kaum daran. Es gehört und Mikroorganismen eliminieren alle der in Einklang bringen. Und 2015 erhielt das einfach dazu im Riehener Naturbad. Von den Keime. Diese biologischen Wasserklärbe- Naturbad den Prix Lignum für die Region Badegästen hört der Bademeister immer cken sind am Hang auf der anderen Seite der Nord. wieder, er habe den schönsten Arbeitsplatz Strasse als kaskadenartige, bepflanzte Fil- der Schweiz. «Hier drinnen ist man weg von terterrassen eingebettet. Sorgte der Ent- Von Mitte Mai bis Mitte September dauert allem, der Blick verliert sich in der Weite der scheid für ein naturnahes Bad während der jeweils die Badesaison in Riehen. Auf 2000 Auenlandschaft, am Wasser hört man die Projektierung für hitzige Diskussionen, Besucher täglich ist das Bad ausgelegt. Seit Frösche quaken oder sieht Molche vor- schätzen heute die Badegäste das weiche, der Eröffnung haben 220 000 Gäste das Bad beischwimmen.» Die Reinigung des Natur- chemiefreie Wasser. besucht. «Einige Gäste reisen von weit her bades funktioniert komplett anders als bei an, weil sie sich für die Architektur des Bades herkömmlichen Freibädern mit chemischen Das Naturbad Riehen wurde mit gleich zwei interessieren,» erzählt der Bademeister Wy- Zusätzen. Die Wasseraufbereitung erfolgt Preisen ausgezeichnet. Der Gold Award den. Doch die meisten Besucher kommen ins rein ökologisch durch biologisch-mecha- wurde dem Bad vom Internationalen Olym- Freibad, weil es hier Wasser, Sonne, etwas nische Prozesse. Das Schwimmbad ist dazu pischen Komitee IOC und von der Internatio- Schatten und knusprige Pommes gibt – eine in zwei Nutzungsbereiche gegliedert: einen nalen Vereinigung für Sport- und Freizeitein- Oase eben. herzogdemeuron.com, naturbad- Bereich fürs Baden und einen für die Was- richtungen IAKS verliehen. Die Auszeich- riehen.ch, pirminjung.ch, pm-holzbau.ch 18 / 19
FIRST 01/2018 5 5 Schlicht und funktional präsentieren sich die Duschbereiche innerhalb der Umfassungswand. 6 Eingang in die Oase: Handwerkliches Geschick war bei den runden Formen von Wand und Bodenrosten gefordert. 6
LEBENS.RAUM ZURÜCKGERUDERT ZUM HEIMATSTIL Ein Jahrhundert geht an keinem Bauwerk spurlos vorbei. Beim Bootshaus des Solothurner Ruderclubs kamen so manche An- und Umbauten zusammen. Fehlender Komfort und die baufällige Substanz störten die Sportler. Rückbesinnung auf das Original kann da eine Lösung sein. Die Architekten ruderten 20 / 21 mit ihrem Konzept zurück zum ursprünglichen Heimatstil. Auch weil es die Vorgaben verlangten. Text Sandra Depner, Phalt Architekten | Fotos Felix Gerber
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LEBENS.RAUM Eine warme Dusche und ein beheizter Raum so manch fehlenden Komfort.» Von Däniken neue Holzbau mit Betonfundament weist die- – für viele ist das eine Selbstverständlichkeit. erinnert sich gut daran, wie der Zustand des selben Dimensionen auf wie das einst im Hei- Nicht so bei alten Gebäuden, die nicht mehr Bootshaus vor dem Umbau war. Im Sommer matstil erbaute Bootshaus. Den Ersatzneu- dem heutigen Standard entsprechen. Doch beispielsweise, wenn die Ruderer ihre Trai- bau führte das Team von Phalt Architekten für Dinge, die man liebt, nimmt man auch Un- nings auf der Aare absolviert hatten und sich gemeinsam mit Späti Holzbau aus. Die Ingeni- annehmlichkeiten in Kauf. So wie Peter von nach einer erfrischenden Dusche sehnten, eurleistung erbrachte das Büro Makiol Wie- Däniken. Seit mehr als 40 Jahren ist der Solo- erwartete sie eine tropisch-warme Garde- derkehr. thurner ein begeisterter Ruderer. Wenn er robe. Der Dachstock, so erzählt der ehema- nach einer frostigen Ruderfahrt ins Boots- lige Präsident des Solothurner Ruderclub, sei Der Solothurner Ruderclub wurde 1910 ge- haus des Solothurner Ruderclubs zurück- weder beheizt noch isoliert gewesen. gründet. Ein erstes, einfaches Bootshaus kehrte, erwarteten ihn ebenso frostige entstand 1911. Bereits 1919 musste dieses Räumlichkeiten. «In der Garderobe war es im WIE FRÜHER – NUR BESSER wegen Platzmangel einem grösseren Neu- Winter eiskalt», erzählt das Ehrenmitglied All das gehört der Vergangenheit an. Seit bau weichen. Charakteristische Merkmale des Ruderclubs. «Aber da mussten wir dem Frühjahr 2017 bietet das Bootshaus des wie das steile Walmdach sowie die reprä- durch», sagt er und lacht. «Einfach ein Hand- Solothurner Ruderclubs einen Komfort und sentative, über die Aare herausragende Al- tuch um die Hüfte, raus aus der Garderobe, eine entsprechende Infrastruktur, die den tane des Kopfbaus und das schlanke, lang schnell die Treppe hinunter und ab unter die Bedürfnissen der Ruderer gerecht werden – gezogene Volumen des Bootslagers zeichne- Dusche. Der Blick auf die Aare entschuldigte und all das im ursprünglichen Gewand. Der ten diesen im Heimatstil errichteten Holzbau 22 / 23
FIRST 01/2018 aus. Spätere bauliche Veränderungen verun- Deckleisten den langen Baukörper und ver- klärten die ursprünglich ausgewogene Ge- leihen der Aussenhülle eine starke Tiefen- stalt. Infolge des schlechten Bauzustands wirkung. Die für den Heimatstil typische Far- und der gestiegenen Anforderungen des Ru- bigkeit adaptierte das Architekturbüro und derclubs wurden die Phalt Architekten 2015 setzte sie verfeinert um. Die schmalen, hell mit der Erneuerung des Bootshauses beauf- gestrichenen Deckleisten wurden durch tragt. Zusätzliche Nutzflächen konnten auf- breite Holzschalungen im Rhythmus der da- grund der baurechtlichen Vorgaben und der hinterliegenden Holzstützen ergänzt. Sie prä- Lage in der Freihaltezone nur innerhalb des gen im Kontrast zu der dunkleren Holzscha- bestehenden Volumens generiert werden. lung und den neuen Öffnungen die äussere Erscheinung. Um die Wirkung der Räume zu Dank dem Absenken des Bodens der Boots- stärken und um der Anforderung der Bau- halle und der Optimierung der Aufbauhöhen herrschaft nach einer unprätentiösen und der Konstruktion konnte das Dachgeschoss robusten Materialisierung gerecht zu wer- nutzbar gemacht, die geforderten Räume den, wurde der Innenausbau bis auf die konnten innerhalb des bestehenden Volu- Nasszellen und den Bodenbelag der Gardero- mens organisiert und störende Anbauten ben mit einem einzigen Material ausgeführt: entfernt werden. Bis auf die Fundation aus gelaugte und geseifte Dreischichtplatten. Stahlbeton und den bestehenden Stahlbau über der Aare ist das Bootshaus als Holzbau konzipiert. Dieser wurde aufgrund der sehr kurzen Bauzeit zwischen September 2016 und April 2017 von Späti Holzbau teilweise vorfabriziert. Fünf liegende Schleppgauben ergänzen die nordseitige Dachfläche des Bootshallen- Die Fakten trakts. Sie sorgen für die natürliche Belich- Baukosten: CHF 2,1 Millionen tung und Belüftung des Dachraums. Die Gebäudevolumen: 2104 m3 Längsfassaden wurden partiell geöffnet, um Bruttogeschossfläche: 597 m2 Ein- und Ausblicke in die Bootshalle zu ge- Verwendetes Holz: Fichte / Tanne 128 m3 währen. Die Fensterelemente aus Lochblech inklusive Ständerholz der Innenwände; 1 rhythmisieren zusammen mit den breiten 1 Vom Achter bis zum Urgestein: Im Bootslager stapeln sich die Ruderboote. Das älteste ist ein Zweier von 1932, das schwerste ein Achter mit 100 Kilogramm. 2 Das Erdgeschoss im Grundriss: Im Bootslager ist das Betonfundament sichtbar. Die Aussenwände sind als Holzfachwerk mit Stützen, Riegel und Streben konzipiert. Im Kopfbau befinden sich der Gemeinschaftsraum mit Küche sowie der Zugang zur Altane, die mit Grill und Sitzplätzen an warmen Sommertagen zum Verweilen einlädt. 2
LEBENS.RAUM Wenn Peter von Däniken heute zum Rudern antritt, dann mit deutlich mehr Komfort. Auf Erdgeschossebene gelangt er direkt in die lang gezogene Bootshalle. Durch die geloch- ten Fensteröffnungen dringt warmes Licht nach innen, LED-Röhren an der Decke erhel- len den Raum zusätzlich. An den Wänden lie- gen die eleganten schmalen Ruderboote in ausziehbaren Regalen übereinander. Auch an der Decke finden sich entsprechende Hänge- vorrichtungen für kleinere Boote. Je nach dem, was von Däniken vorhat, wählt er sein Ruderboot: in Gesellschaft mehrerer Ruderkameraden lohnt sich der Achter – 17 Meter lang und 100 Kilogramm schwer. Deut- lich kürzer, aber nicht minder beeindruckend ist das älteste Boot, ein Zweier in Klinkerbau- weise von 1932. Hier im Lager ist auch die 3 betonierte Bodenplatte mit Streifenfunda- tion zu sehen, auf der der Holzbau steht. Die Aussenwände sind als Holzfachwerk mit Stützen, Riegel und Streben konzipiert. Die Aussenwände des Clubhauses hingegen sind in Holzrahmenbauweise. Die Decken beste- hen aus Rippenplattenelementen in Rahmen- bau. Bei der Dachkonstruktion handelt es sich um ein Pfettendach mit liegendem Dachstuhl. TROCKENÜBUNGEN UNTER DEM DACH niken liegt bei 10 km/h. Nach jedem Training Sobald das Boot aus dem Regal gehievt ist, versorgt der ehemalige Geometer das Boot, muss Peter von Däniken nur noch wenige die Ruder und das übrige Equipment wieder Meter vor dem Bootshaus überwinden, bis im Lager. Dann führt ihn der Weg direkt ins eine Rampe den Weg auf die Aare ebnet. Dachgeschoss. Hier können Trockenübun- «Wir sind berüchtigt», erzählt der heute gen gemacht werden: Der Mehrzweckraum 70-Jährige und schmunzelt. Berüchtigt für ist mit einigen Ergometern ausgestattet – nächtliche Ausflüge auf der Aare. Früher Trainingsgeräte, die die Bewegung beim Ru- wurde offiziell im Oktober der Winterbetrieb dern simulieren. «Ausdauer ist wichtig. eingestellt. Zum Abrudern ging es dann mit Aber nicht zu vergessen ist die Koordina- den Ruderbooten auf der Aare nach Altreu tion. Rudern ist ein komplizierter Bewe- zum Nachtessen. Zu später Stunde und in gungsablauf, der Beine, Oberkörper und Dunkelheit traten die Solothurner Ruderer Arme braucht», erklärt von Däniken. dann die letzte Fahrt der Saison an. Heute ist das natürlich nicht mehr so, der traditionelle Nach dem Training kann sich Peter von Däni- Schlussabend mit Gnagi, also Schweinefüs- ken heute tatsächlich auf eine warme Du- sen auf dem Teller, findet statt, aber der sche freuen, die direkt mit der Garderobe Winterbetrieb geht weiter. Die Winter sind verbunden ist. Die Garderoben sind ge- milder, das Equipment besser und resisten- schlechtergetrennt organisiert und werden ter – und die Garderoben mittlerweile be- modernen Ansprüchen gerecht. Den Ruderer heizt dank der Erdgasheizung im Unterge- erwartet ein lang gezogener, heller Raum, be- schoss. Auch auf der Aare gilt wie auf allen heizt und mit massgefertigten Einbauschrän- Wasserstrassen ein Tempolimit. Es liegt bei ken aus Holz für die Wertsachen. Lukarnen 15 km/h. Ein gutes Training für Peter von Dä- lassen Tageslicht eindringen. Die Phalt Archi- 24 / 25
FIRST 01/2018 4 3 Das Obergeschoss im Grundriss: Unter dem Pfettendach mit liegendem Dachstuhl befinden sich die beiden Garderoben mit Nasszellen und der Mehrzweckraum. 4 Die neuen Garderoben mit Nasszelle stechen hervor: Der kräftig blaue Kunststoffbelag verbindet die Umkleide mit der Nasszelle. 5 Der Innenausbau aller Räume setzt auf eine natürliche und dezente Materialsprache aus gelaugten und geseiften Dreischichtplatten – wie auch hier im Mehrzweckraum, der zum Training im Trockenen genutzt wird. Das Projekt Objekt: Bootshaus des Solothurner Ruderclubs, Ersatzneubau Standort: Solothurn Fertigstellung: 2017 Bauherrschaft: Solothurner Ruderclub Architektur: Phalt Architekten AG, Solothurn/Zürich Holzbauingenieur: Makiol Wiederkehr AG, Beinwil am See (AG) Holzbau: Späti Holzbau AG, Bellach (SO) 5
LEBENS.RAUM 6 6 Ein Kopfbau mit Ausblick: Wer den Clubraum des Bootshauses betritt, gelangt weiter zur Altane mit Blick auf die Aare. 7 Der Fassadenschnitt im Detail. tekten AG setzte auf eine starke Farbsprache Grillieren ein, zum Entspannen und Abschal- liegt, mussten die Vorgaben gemäss dem Bun- mit dem hellen und warmen Braun des Fich- ten. Dass die Solothurner Ruderer heute nach desgesetz über die Raumplanung (RPG) einge- tenholzes an Wand und Schränken und dem wie vor vom Bootshaus ungestört auf die Aare halten werden. Hier kommt der Artikel 24 be- kräftigen Blau, das sich vom Boden in der blicken dürfen, haben sie den Architekten und treffend Ausnahmen für Bauten und Anlagen Garderobe bis in die Nasszelle zieht – ein fu- Ingenieuren zu verdanken. Denn die mussten ausserhalb der Bauzonen zum Tragen.» Des genloser Polyurethanbelag. Die Toiletten be- sich an strenge Vorschriften halten, um einen Weiteren ist das Bootshaus im Ortsbildschutz- finden sich jetzt neu auch auf der Ebene der Ersatzneubau an dieser Stelle zu realisieren, inventar als erhaltenswert klassiertes Ge- Garderoben im Dachgeschoss. Das war zuvor wie Architekt Mike Mattiello erläutert: «Die bäude eingetragen. Die Bedeutung für das nicht so. Sie lagen wie auch die Gemein- Bauparzelle befindet sich in der Freihaltezone. Ortsbild durfte mit den geplanten baulichen schaftsduschen in dem kleinen Anbau an das Diese dient gemäss § 43 des Bau- und Zonen- Massnahmen nicht wesentlich und insbeson- Bootslager ausserhalb des Clubhauses. reglements (BZR) dem Schutz und Erhalt von dere nicht nachteilig verändert werden. Natur- und Erholungsräumen sowie dem Land- NACH DEM TRAINING KOMMT DAS VERGNÜGEN schaftsschutz.» Gemäss § 44 BZR besteht in Kein Wunder also, dass das Bootshaus heute, Nach einer anstrengenden Ausfahrt auf der der Freihaltezone grundsätzlich ein Bauver- ein Jahrhundert später, in seinem ursprüngli- Aare kann Peter von Däniken zum gemütlichen bot. Mit einer Ausnahme, wie der Architekt chen Heimatstil mit denselben Dimensionen Teil übergehen – im Kopfbau. Denn hier befin- erklärt: «Bestehende Bauten und Anlagen auftritt. Charakteristische Merkmale wie das det sich der Clubraum mit einer grosszügigen können erneuert, teilweise geändert und an- steile Walmdach sowie die repräsentative, Küche. Auch diese ist massgefertigt aus Fichte gemessen erweitert werden. Es darf also ge- über den Fluss herausragende Altane des und passt zur Materialisierung von Wand, De- baut werden – aber unter einer Bedingung: Kopfbaus und das schlanke Volumen des cke und Boden aus Dreischichtholz. Wenn der Der Schutzzweck wird dadurch nicht beein- Bootslagers zeichneten den Bau aus. All diese Ruderer den Clubraum durchquert, kommt er trächtigt (§ 45 Abs. 1 BZR). Damit aber nicht Elemente finden sich in dem Neubau heute zum wohl schönsten Ort des Bootshauses: die genug, sagt Mike Mattiello: «Da der Kopfbau wieder. holzbauing.ch, phalt.ch, Altane, die auf die Aare ragt. Der überdachte, auch noch deutlich in den Gewässerraum der spaeti-holzbau.ch 1:10 i+ vor Wind und Wetter geschützte Ort lädt zum Aare ragt und somit ausserhalb der Bauzone (Reproduktionsgrösse 15–5%) 26 / 27
FIRST 01/2018 ANZEIGE 1 3 2 4 7 sterbox Jetzt Mu llen! b e s t e 031 838 40 30 h | Tel. fisolan.c 1 Dachaufbau Dachgaube 3 Bodenaufbau Garderobe fisolan@ Muldenschiebeziegel MS95 Gasser Ceramic Fugenloser PU-Belag DÄMMEN MIT Ziegellattung, Konterlattung 6 cm / 6 cm Fermacell Powerpanel TE 2,5 cm Unterdachfolie (diff.-offen) Trittschalldämmung 1 cm Weichfaserplatte mit N+K 3,5 cm Rippenplatte 4,5 cm SCHAFWOLLE Dachkonstruktion 20 cm Rippe 26 cm Wärmedämmung zw. Konst. 20 cm Wärmedämmung 26 cm Dampfbremse DSP geschraubt 1,9 cm Lattenrost 3 cm DSP Fichte 1,9 cm Abbau von Formaldehyd Wohngifte wie Formaldehyd werden 2 Wandaufbau Fassade (Bootshalle) 4 Wandaufbau gegen Erdreich (Bootshalle) in der Schafwollfaser abgebaut. Ikonische Holzleisten sägeroh vertikal 2,4 cm Schwarzanstrich Holzschalung sägeroh vertikal 2 cm Filterplatte Einfach einzubauen Horizontallattung 6 cm / 6 cm Beton 35 cm Dämmplatten sind formstabil und Tragstruktur 20 cm (Holzstützen, HEB200) Bodenaufbau: Monobeton 25 cm, erlauben ein effizientes Verlegen. Betonsockel 32 cm Magerbeton 5 cm Dämmvliese eignen sich beim Sanieren von Holzbauten. Einbaumöglichkeiten Dachisolation, Decken, Böden, Holzwände zwischen und auf den Dachsparren. Preis Bestes Preis-/ Leistungs- verhältnis in der Schweiz. FISOLAN AG | fisolan@fisolan.ch Biglenstrasse 505 | CH-3077 Enggistein
AUS.GEZEICHNET NACHHALTIGES SANIEREN UND BAUEN IN DEN ALPEN Die Schweiz und Liechtenstein haben mit «Constructive Alps 2017» den Architekturpreis für nachhaltiges Sanieren und Bauen in den Alpen verliehen. Aus 261 Eingaben kürte eine internationale Jury die Preisträger und vergab vier Hauptpreise und sieben Anerkennungen. Die herausragenden Holzbauten aus Österreich, Italien und der Schweiz stellen wir hier vor. Text Constructive Alps Erster Preis: Volksschule Brand (2015) Standort: Volksschule Brand, Brand (A) Bauherrschaft: Gemeinde Brand Architektur: ARGE Spagolla Zottele Mallin Archi- tekten, Bludenz (A) Holzbau: Zimmerei Müller, Brand Baukosten: € 3,4 Mio. Energiekennzahl: 10 kWh/m2a spagolla.at, zottele-mallin.com Albrecht Schnabel Zweiter Preis: MPreis St. Martin (2016) Standort: St. Martin am Tennengebirge (A) Bauherrschaft: MPreis Warenvertriebs GmbH, Völs (A) Architektur: LP architektur, Altenmarkt im Pongau (A) Holzbau: Holzbau Burgschwaiger, Schwarzsach (A) Baukosten: € 1,4 Mio. Albrecht Schnabel Energiekennzahl: 41,8 kWh/m2a lparchitektur.at Zweiter Preis: Schaukäserei Kaslab’n (2016) Standort: Radenthein (A) Bauherrschaft: Genossenschaft Kaslab’n Nockberge, Radenthein (A) Architektur: Hohengasser Wirnsberger Architekten, Spittal an der Drau (A) Statik und Planung Holzbau: Holzbau Tschabitscher, Steinfeld (A) Baukosten: € 2,1 Mio. Christian Brandstätter Energiekennzahl: 58 kWh/m2a kaslabn.at 28 / 29
FIRST 01/2018 Dritter Preis: Gemeinschaftszentrum Caltron (2015) Standort: Gemeinschaftszentrum, Caltron, Cles (I ) Bauherrschaft: Comune di Cles Architektur: Mirko Franzoso, Cles Holzbau: F.lli Borghesi, Cles Baukosten: € 750 000 Energiekennzahl: 14,8 kWh/m2a Mariano Dallago mirkofranzoso.it Anerkennung: Arena Crap Gries (2015) Standort: Schluein, (CH) Bauherrschaft: US Schluein Ilanz (CH) Architektur: Krähenbühl Architekten, Ilanz (CH) Holzbauingenieur: Walter Bieler, Bonaduz (CH) Baukosten: CHF 1,35 Mio. Ralph Feiner Energiekennzahl: 33 kWh/m2a kraehenbuehlarch.ch Ralph Feiner Ralph Feiner Anerkennung: Cabane Rambert (2015) Anerkennung: Alp Glivers (2012) Standort: Crettaz Morez, Leytron (CH) Standort: Sumvitg (CH) Bauherrschaft: Club Alpin Suisse, Bern (CH) Bauherrschaft: Corporaziun d’alps Sumvitg (CH) Architektur: Bonnard Woeffray, Monthey (CH) Architektur: Gujan + Pally Architekten AG, Curaglia (CH) Holzbau: Berrut Amédée SA, Collombey-Muraz (CH) Holzbau: Bundi Robert, Surrein (CH) Baukosten: CHF 1,82 Mio. Baukosten: CHF 470 000 bwarch.ch gujanpally.ch Wanderausstellung «Constructive Alps» ist noch bis zum 25. Februar 2018 im Alpinen Museum in Bern zu sehen. Die Schau stellt die einzelnen Projekte vor. Weiteren Termine und Standorte sind online auf constructivealps.net/ausstellung/.
BAU.WERK 43 Meter lang ist die Holztribüne der Raiffeisen Arena Crap Gries. 500 Zuschauer finden dort Platz. Das auskragende Dach wird von elf Stützen getragen. ANSTOSS AUF CRAP GRIES Crap Gries, ein markanter dicker Stein, gab dem Fussballplatz in Schluein (GR) seinen Namen. Unumstösslich wie der Stein im Namen ist auch der Erfolgswille der Sportler aus der Surselva. Ihr jüngster Coup ist die Raiffeisen Arena 30 / 31 Crap Gries – ein imposanter Tribünenbau aus Holz. Text Dorothee Bauland | Fotos Ralph Feiner
FIRST 01/2018 Es war keine einfache Zeit, damals im Jahr 1942, als einige junge Burschen aus Schluein die Idee hatten, einen Fussballclub zu grün- den. Doch sie konnten ihre Gemeindeoberen überzeugen und durften eine kleine Lichtung in den Auenwäldern der Val da Schluein für ein Fussballfeld roden und ebnen. Ein mar- Bauprojekt RAIFFEISEN ARENA CRAP GRIES - USSI kanter, dicker Stein, rätoromanisch Crap SCHULEN / ILANZ Gries, gab dem Platz dort seinen Namen. Der 1:200 alte Standort wurde 1969 durch eine Rüfe zerstört – doch der Name blieb. Zunächst für das nahe gelegene neue Fussballfeld in den Rheinauen von Schluein, das 1975 eingeweiht wurde. Jetzt auch für das neue Tribünenbau- werk, direkt am Vorderrhein. Die Raiffeisen Arena Crap Gries trägt den dicken Stein A heute ebenso selbstbewusst im Namen wie einst das historische Fussballfeld. TRIBÜNE FÜR 500 ZUSCHAUER Stets ist der Name Crap Gries auch ein Sym- bol für den unumstösslichen Glauben des B Fussballclubs an seinen Erfolg. 2002 ent- stand aus dem Zusammenschluss des US Schluein und des FC Ilanz die Uniun Sportiva Schluein Ilanz (USSI) – und damit der grösste Sportverein der Surselva mit rund 200 Mit- gliedern. Im Jahr 2013 stieg die erste Mann- schaft der USSI erstmals in die zweite Liga A auf, das ist die höchste Regionalliga. Ein wei- terer Meilenstein in der Vereinsgeschichte A war dann 2015 der Bau des neuen Clubhau- ses mit seiner markanten Holztribüne. Das aussergewöhnliche Bauwerk der Arena Crap Gries wurde 2017 für den renommierten Ar- chitekturpreis «Constructive Alps» nominiert und mit einem Anerkennungspreis ausge- zeichnet. Es lockte auch schon zweimal den B deutschen Bundesligisten Hamburger Sport- 1 Das Dach kragt nach vorne fünf Meter über die Zuschauertribüne aus. Im rückwärtigen Bereich lehnt sich die Konstruktion an eine massive Wand. A 1 0 1 2 5
BAU.WERK verein (HSV) zum Trainingslager nach Schlu- warf er darum einen grosszügigen Tribünen- von Weitem auf. Das massive, nicht verleimte ein. Zudem war die neue Holztribüne schon bau. Im Erdgeschoss des massiven Bauwerks Fichtenholz für das Dach und die Tribünen- Kulisse für ein «Länderspiel»: Das Team Aus- befinden sich vier Umkleidekabinen, zwei konstruktion stammt aus Graubünden. Es tria spielte dort gegen die USSI. Ein sportli- Mannschaftsduschen, die Schiedsrichterka- musste frühzeitig geschlagen werden, damit ches Ereignis, das sogar vom Fernsehsender bine, die sanitären Anlagen sowie das Maga- es bis zum Baubeginn austrocknen konnte. ORF 1 übertragen wurde. 500 Zuschauer zin und eine Garage. Das 43 Meter lange und Mit den Holzbauarbeiten wurde die Coray konnten den Spielern von der überdachten 13 Meter breite Bauwerk ist auf der Längs- Holzbau AG aus Ilanz beauftragt. Das Unter- Tribüne zujubeln. Das sind fast so viele wie seite des Fussballplatzes, entlang der Stras- nehmen mit seinen rund 20 Mitarbeitenden das Dorf Schluein Einwohner hat. se positioniert und parallel zum Rhein ausge- verfügt über eine eigene Abbundanlage und richtet. Durch die mittige Setzung am Fuss- war rund einen Monat mit der Vorfertigung ARCHITEKT UND TORSCHÜTZE ballplatz und das lang gestreckte Gebäude- der Holzbauteile beschäftigt. Die Aufrichte Obwohl in der kleinen Ortschaft am Vorder- volumen wird das Spielfeld von der Strasse nahm dann drei Monate in Anspruch – nicht rhein nur rund 590 Menschen leben, ist das abgeschirmt. So kann sich die ganze Auf- zuletzt weil diese teilweise in Fronarbeit er- Stadion so gross wie jenes in Chur. Zu gross merksamkeit der Zuschauer auf den Sport folgte. Weitere vier Monate dauerten die sei es aber nicht, findet Architekt Jan Berni, und das Gemeinschaftserlebnis richten. Ausbauarbeiten durch die freiwilligen Helfer. der bei der USSI als Torschütze auf dem Platz «Diese Idee wird durch die differenzierte Von Anfang an stand fest, dass für den Bau steht und das Stadion zusammen mit Archi- Materialisierung der Fassaden zusätzlich nicht nur nachhaltige Materialien aus der Re- tekt Georg Krähenbühl projektierte: «Bei ei- verstärkt», erläutert Architekt Georg Krä- gion verwendet werden sollen, sondern dass nem Kinderturnier sind schnell einmal 450 bis henbühl: «Eine archaisch wirkende Hülle ge- auch auf das fachliche Wissen der Ver- 500 Zuschauer dabei.» Und auch wenn die gen die Strasse, den Fluss und das nahe Kies- einsmitglieder, deren Familien und der loka- Mannschaft der zweiten Liga spielt, kämen werk und eine filigran wirkende Holzkon- len Unternehmungen gesetzt wird. Das Ma- zahlreiche Sportfans aus der ganzen Region. struktion zum Fussballplatz hin.» terial für das Betonfundament wie auch für Als Fussballspieler der US Schluein Ilanz den Kalkputz wurde vom angrenzenden Kies- weiss Architekt Jan Berni, was die Aktiven MASSIVE FICHTENHOLZTRÄGER werk bezogen. Ein geschlossenes Einstein- brauchen und die Zuschauer wünschen. Für Das Stadion mit seiner imposanten Holzkons- mauerwerk (U-Wert 0,23 W/m2 K) bildet das den Spielfeldrand der Arena Crap Gries ent- truktion aus einheimischem Holz fällt schon Rückgrat des Bauwerks, an das sich die Tri- 2 32 / 33
A FIRST 01/2018 Bauprojekt RAIFFEISEN ARENA CRAP GRIES - USSI SCHULEN / ILANZ 1:200 B B 3 AA 0 1 2 5 B B 0 1 2 5 4 A 0 1 2 5 2 Der Blick in die Katakomben der Sportanlage bietet einen archaischen Materialmix aus Beton, Kalkputz und Holz. A 3 Im Erdgeschoss teilt sich der 13 Meter breite Sportbau über die gesamte Länge in einen massiven rückwärtigen Teil und die Tribüne im vorderen Teil. Der Massivbau beherbergt Umkleidekabinen, Mannschaftsduschen, Schiedsrichterkabine, sanitäre Anlagen, Magazin und Garage. Jan Berni & Georg Krähenbühl - Dipl. Architekten ETH SIA 4 Im Obergeschoss ist das Vereinslokal mit Aussenbereich untergebracht. Die Tribünenkonstruktion wird von elf Holzstützen getragen. Via Centrala 2 - CH-7130 Ilanz - T +41 (0)79 372 13 32 - janberni@gmx.ch bünenkonstruktion anlehnt. Die elf Stützen lich die Randzeiten mit Hilfe der Haustechnik gewählt, dass möglichst viele Arbeiten B B sind mit einem Abstand von je 3,37 Metern überbrückt werden. Im Winter wird das Ge- durch die Vereinsmitglieder selbst ausge- positioniert, die Abstände der äusseren Stüt- bäude nur temperiert. Im Obergeschoss, in führt werden konnten. Die vielen Stunden, in zen sind mit 4,07 Metern etwas grösser. Bis dem das Vereinslokal zum Verweilen einlädt, denen die Clubmitglieder beim Bau Hand an- unter das Dach beträgt ihre Länge 7,15 Meter, ist der Energieaufwand dank gut isolierender legten, seien unzählbar und wertvoll, so Jan der Fussabdruck misst 52 auf 48 Zentimeter. Materialien und optimaler Verschattung der Berni. Selbstredend packte er bei der Fron- Der Querschnitt der Binder ist mit 36 auf 24 grossen Fensterflächen minimal. Speziell am arbeit auch selbst mit an. So ist die Arena Zentimetern gleichbleibend, die Länge vari- Vereinslokal ist die aussergewöhnliche Crap Gries in vielerlei Hinsicht nachhaltig: iert jedoch; der längste Binder misst 12,73 Akustikdecke aus Tannen-Stirnholz, die mit einerseits durch die Verwendung von regio- Meter. Schafwolle als Akustikabsorber ausgestattet nalen Materialien und die architektonische A ist. Die Decke wurde in vielen Arbeitsstunden Qualität des Gebäudes, andererseits durch 0 1 2 5 Die Innenwände sind teils mit Backsteinmau- durch die Clubmitglieder installiert. Aussen die Vergabe der Arbeiten an lokale Unter- erwerk, teils in Holzständerbauweise reali- ist das Dach mit Blech eingedeckt. nehmungen und nicht zuletzt auch durch die siert. In den Garderoben fallen die eigens für Identifikation einer ganzen Region mit die- das Projekt gefertigten skulpturalen Brun- 6000 STUNDEN FRONDIENST sem Gemeinschaftswerk. «Die Eigenleistun- nen und Lavabos aus Kieseln und Beton auf. Dass Vereinsmitglieder ihren Fussballplatz in gen der Vereinsmitglieder, die finanzielle Die Böden und Wände in den Mannschafts- Fronarbeit ausbauen und pflegen, ist durch- Unterstützung aus den umliegenden Ge- duschen sind mit dem regionalen Valserstein aus üblich. Bei diesem Projekt war das Aus- meinden und die vielen privaten Sponsoren verkleidet. Eine Bodenheizung sorgt für an- mass der Freiwilligenarbeit aber enorm: 6000 spiegeln diesen Gemeinschaftssinn ein- genehme Wärme; die Energieversorgung er- Stunden ehrenamtlichen Arbeitsdienst ha- drücklich wider», so die Architekten. Ent- folgt durch eine Luft-Wasser-Wärmepumpe. ben die Architekten Jan Berni und Georg 0 1 2 5 standen ist ein geschlossenes Ganzes, ro- Ziel war es, mit möglichst wenig Haustechnik Krähenbühl eingeplant, angefangen von der bust, ästhetisch anspruchsvoll und so auszukommen: Da das Gebäude nur vom Konzeption der Zimmermannsarbeiten mit brauchbar, dass auch grosse Mannschaften Frühling bis in den späten Herbst durch den Nagel- statt Leimbindern bis hin zum Innen- wie der HSV hier für ihre Trainingswochen zu Fussballverein genutzt wird, müssen ledig- ausbau. Die Materialien wurden bewusst so Gast sind.
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