COVID-19: Auf dem Weg zum "Next Normal" - Strategien für Händler und Hersteller der Kategorien Konsumgüter, Lebensmittel, Nonfood, Mode und ...
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Akzente Sonderedition Mai 2020 COVID-19: Auf dem Weg zum „Next Normal“ Strategien für Händler und Hersteller der Kategorien Konsumgüter, Lebensmittel, Nonfood, Mode und Consumer Healthcare Consumer Industries & Retail Group
Akzente Sonderedition Mai 2020 Inhalt 04 Intro Akzente COVID-19: Auf dem Weg zum „Next Normal“ Sonderedition Die Erholung nach der Krise kann bis 2022 dauern – wie sich das 1/2020 Geschäft von Konsumgüterherstellern und Handel verändert 09 Akzente 1’20 Sonderedition Konsumgüter Perspektive Heute die Pole Position für morgen sichern COVID-19 Erfahrungen – Handlungsempfehlungen – Szenarien Die Zeit der Krise nutzen: Ein Fünf-Stufen-Plan für die Märkte nach Corona 1'20 Consumer Industries & Retail Group 13 Lebensmittelhandel Die erste Ausgabe zur Vom Verbrauchertrend zum Game Changer COVID-19-Krise vom März In der Lockdown-Phase lief das Geschäft – aber jetzt verschieben sich die Präferenzen der Kunden Alle Beiträge zum Download unter www.mckinsey.de/akzente 17 Nonfood-Handel Corona als Katalysator der Veränderung Stagnierende Umsätze gab es schon vor der Krise – der Weg zurück zum Wachstum führt über den E-Commerce 21 Bekleidungs- und Modesektor Weckruf zum Wandel Corona bringt es an den Tag: Die Branche hat strukturelle Probleme – was die Kunden künftig erwarten 25 Consumer Healthcare Neue Trends, neue Spielregeln Digitalisierungsschub, mehr Selbstversorgung, sparsamere Ver- braucher – neue Regeln für die wachstumsverwöhnte Branche 29 Autoren und Ansprechpartner 30 Impressum 3
Akzente Sonderedition Mai 2020 COVID-19: Auf dem Weg zum „Next Normal“ Die Erholung des Konsumgüter- und Handelssektors kann noch bis Ende 2022 dauern. Und auch danach wird das Geschäft ein anderes sein. Was sich für die Branche ändert. Von Frank Sänger und René Schmutzler Deutschland ist bislang vergleichswei- gefolgt vom optimistischeren Szenario überstehen, sondern vielleicht sogar se gut durch die Coronakrise gekom- einer raschen Kontrolle der Pandemie gestärkt aus ihr hervorzugehen? Diesen men – gemessen an vielen anderen und langsamer, aber stetiger wirt und weiteren Fragen gehen wir in unse- Ländern Europas und der Welt. Den- schaftlicher Erholung (Grafik 1). Beide rer zweiten Akzente Sonderedition auf noch stehen der deutschen Wirtschaft Szenarien – in der Analyse als A1 und den Grund. im Allgemeinen und dem Konsum- A3 bezeichnet – haben wir in der ers- güter- und H andelssektor im Beson ten Akzente Sonderedition vom März deren noch herausfordernde Zeiten 2020 bereits im Einzelnen vorgestellt Entwicklung der Sektoren: bevor. Die Ausbreitung des Virus zu („Perspektive COVID-19“, abrufbar Erholung erst in zwei Jahren Beginn dieses Jahres und die darauf- auf www.mckinsey.de). hin ergriffenen einschneidenden Maß- Die Prognosen geben selbst Optimisten nahmen zu seiner Bekämpfung haben Deutschland tritt nun in die nächste wenig Hoffnung: Eine rasche Rückkehr der Gesellschaft und mit ihr auch der Phase der Coronakrise ein. Wech- zur „alten“ Normalität innerhalb weni- Wirtschaft einen Schock versetzt. Die selnde Lockerungen und Lockdowns, ger Monate oder auch binnen Jahres- Mehrzahl der Ö konomen, Unternehmer neue Arbeits-, Alltags- und Konsum frist wird es aller Voraussicht nach nicht und Topmanager hierzulande rechnet bedingungen sowie nie gekannte öko geben. Nach derzeitigen McKinsey- für die kommenden Monate mit einem nomische Herausforderungen werden Analysen entwickelt sich der private wiederholten Auf und Ab von Locke zum „Next Normal“ im gesellschaft Haushaltskonsum weit über 2020 hin- rungen und Lockdowns. lichen und wirtschaftlichen Miteinan- aus in allen untersuchten Kategorien der. Nach dem akuten Krisenmanage- rückläufig; eine Erholung ist nicht vor ment der ersten Monate geht es nun dem vierten Quartal 2021 zu erwarten – Wirtschaften unter neuen darum, Wege zu finden, mit den neuen im realistischsten Szenario A1 sogar Bedingungen Realitäten als Unternehmen konstruk- erst Ende 2022 (Grafik 2). tiv umzugehen. Diese mittelfristige Perspektive geht Der Blick auf die Analyse der einzelnen von einer Ausbreitung und Wieder Wichtige Fragen gilt es dabei zu klä- Sektoren offenbart jedoch charakte eindämmung des Virus in mehreren ren: Was bedeutet das „Next Normal“ ristische Unterschiede in der Nachfrage Wellen aus. Auch McKinsey nimmt sie für die Entwicklung der Konsumgüter- entwicklung. Während Lebensmittel in seinen makroökonomischen Szena und Handelssektoren in Deutsch- und Güter des täglichen Bedarfs von rien, die es gemeinsam mit dem Analyse land? Wie ändert sich das Konsum den Lockdown-Maßnahmen verschont institut Oxford Economics laufend verhalten der Verbraucher über die geblieben sind und deshalb nur mode- weiterentwickelt, aktuell als die wahr- Krise hinaus? Und vor allem: Welche rate Rückgänge verzeichnen, erfahren scheinlichste an. Ein Großteil der im Chancen haben Hersteller und Händ- langlebige Konsumgüter und Beklei- April weltweit befragten Führungskräfte ler von Lebensmitteln, Nonfood-Pro- dung einen vergleichsweise herben Ein- betrachtet das Wellenszenario eben- dukten, Bekleidung und Consumer bruch, von dem sie sich nicht so rasch falls als das realistischste (31 Prozent), Healthcare, die Krise nicht nur zu wieder erholen: 4
Intro 1. Die meisten Führungskräfte rechnen mit Szenario A1 – einer nur langsamen Erholung der Weltwirtschaft in mehreren Wellen Anteil der Befragten weltweit/in Europa1 Wahrscheinlichstes Szenario Zweitwahrscheinlichstes Szenario in Prozent Schnelle und B1 A3 A4 effektive Kontrolle der Virusaus- breitung 15/14 16/15 6/4 Virus- Effektive Reak tion, B2 A1 A2 ausbreitung aber (regionales) und Reaktion Wiederaufleben des Gesund- des Virus heitswesens 11/13 31/37 6/6 Weitgehendes B3 B4 B5 Scheitern der Inter- ventionen des Gesundheitswesens 3/2 9/8 2/2 Ineffektive Teilweise effektive Hocheffektive Interventionen Interventionen Interventionen Ökonomische Auswirkungen und wirtschaftspolitische Reaktion 1 Befragung von 2.079 Führungskräften weltweit, davon 769 in Europa, 2.4. - 20.4.2020, letzte Aktualisierung 20.4.2020 Quelle: „In the tunnel: Executive expectations about the shape of the coronavirus crisis“, abrufbar auf www.mckinsey.com Lebensmittel. Erwartungsgemäß kom- Haushaltsgeräte. Langlebige Konsum Die Stimmung: Besser men Nahrungsmittel von allen Konsum- güter wie Haushaltswaren und -elektro- als anderswo, doch Skepsis güterkategorien am besten durch die nik erleiden den stärksten Nachfrage dominiert Coronakrise. Nach einer anfänglichen einbruch im Zuge der Corona-Pande- Umsatzdelle von 14 Prozent stabilisieren mie: Ihre Umsätze gehen bis Anfang Maßgeblich für die weitere Entwicklung sich die Umsätze von Lebensmitteln (und nächsten Jahres um bis zu 22 Prozent des deutschen Konsumgütermarkts sind teilweise auch Getränken) relativ rasch zurück. Allerdings erholt sich die Kate- die Konsumenten selbst – ihre Kauf und erreichen spätestens im zweiten gorie bis Ende 2022 wieder auf 95 Pro- laune, ihre Wünsche und Präferenzen Quartal 2022 wieder Vorkrisenniveau. zent ihres Vorkrisenniveaus. unter dem Eindruck von COVID-19 und darüber hinaus. Bereits jetzt zeichnet Wasch- und Reinigungsmittel. Eben- Textilien, Lederwaren und Beklei- sich ab: Die Deutschen bekommen die falls relativ mild verläuft die Entwick- dung. Am längsten mit den Krisenfol- Krisenfolgen im internationalen Ver- lung bei Seifen, Wasch- und Reini- gen zu kämpfen hat aus heutiger Sicht gleich bislang am wenigsten hart zu gungsprodukten. Auch sie konnten der Modesektor. Zwar schrumpft das spüren; das spiegelt sich in ihrer Ein- während des Lockdowns weiter gekauft Geschäft mit Bekleidung, Schuhen schätzung der nationalen Wirtschafts- werden, erfuhren in dieser Zeit sogar und sonstigen Textilien nicht so stark lage wider. einen Nachfrageschub und erleben nun wie das von Haushaltsgeräten. Doch bis zum Jahresende einen moderaten der Sektor wird sich mittelfristig weni- Jeder vierte Befragte hierzulande ist Rückgang um etwa 15 Prozent. Ihre ger gut von der Krise erholen – die optimistisch, dass sich die heimische Erholungskurve zeigt einen ähnlichen Umsatzprognosen für Ende 2022 Wirtschaft nach der Krise wieder er- Verlauf wie die der Lebensmittelkate- liegen bei lediglich 90 Prozent des holt – deutlich mehr als in allen ande- gorie, allerdings weniger steil. Niveaus von 2019. ren untersuchten Ländern Europas. 5
Akzente Sonderedition Mai 2020 2. Im wahrscheinlichsten „Wellenszenario“ A1 erholt sich der private Konsum in Deutschland nicht vor Ende 2022 Entwicklung des Konsums in Deutschland nach Kategorien Wertbeitrag zum BIP, indiziert, Q4 2019 = 100 Szenario A1: Wiederkehrende Ausbreitung des Virus in mehreren Wellen 105 – Privatkonsum gesamt Lebensmittel und Getränke 100 – Seifen, Wasch- und Reinigungsmittel 95 – Haushaltsgeräte Textilien, Lederwaren und Bekleidung 90 – 85 – 80 – 75 – 2019 2020 2021 2022 Quelle: McKinsey Andererseits dominiert auch bei den über die aktuelle Krise hinaus zum nur weniger kauften, sondern auch Deutschen das Gefühl der Unsicherheit: „Next Normal“ werden; bei zwei Trends preisbewusster. Mehr als jeder Fünfte Fast zwei Drittel rechnen nicht vor ist noch offen, ob und wie stark sie sich (22 Prozent) wechselte zum Discoun- kommendem Jahr mit einer wirtschaft- mittelfristig manifestieren. ter – eine Gewohnheit, an der die Ver- lichen Erholung und auch danach nur braucher voraussichtlich auch nach der mit allenfalls schleppendem Wachstum. Bei der bereits erwähnten Suche nach Krise weiter festhalten werden. Doch nur 14 Prozent der Bundesbürger Sicherheit sowie drei weiteren Trends erwarten eine länger anhaltende Re- handelt es sich um neue Phänomene, Stärkere Häuslichkeit. Konsumenten zession über die Krise hinaus – europa- die im Zuge der COVID-19-Krise erst- werden trotz der sukzessiven Locke- weit der niedrigste Wert (Grafik 3). mals aufkamen. Im Wesentlichen sind rung von Ausgangsbeschränkungen sie ein Effekt der erlebten Einschrän- auch künftig mehr Zeit zu Hause ver- kungen und der daraus resultierenden bringen als vor Ausbruch der Pandemie. Die Konsumenten: Neues Verunsicherung. Die neu entstandenen Mehr als jeder Zweite (56 Prozent) will Verhalten im „Next Normal“ Trends betreffen das Preisbewusstsein, seine neuen Routinen noch mindes- die Mobilität am Heimatort und die tens vier Monate beibehalten. Entspre- In Zeiten der allgemeinen Verunsiche- Reisetätigkeit. chend stark wächst die Nachfrage rung aber suchen auch die Deutschen nach Produkten „für zuhause“: So stieg mehr denn je nach Sicherheit und Sta- Erhöhte Preissensibilität. Die ökono beim Versandhändler Otto der Umsatz bilität – nicht zuletzt in Bezug auf die mischen Auswirkungen des Lockdown mit Haar- und Bartschneidegeräten Produkte und Marken, die sie kaufen. haben viele Verbraucher beim Thema zwischenzeitlich um das Zehnfache. Und dies wird nicht die einzige Ände- Finanzen vorsichtig werden lassen. rung im Verbraucherverhalten bleiben. Zwar registrierten bislang nur 27 Pro- Reduzierte Reisetätigkeit. Die Investi McKinsey hat in Analysen zur Konsu- zent einen Rückgang ihres Haushalts- tionen der Konsumenten in Reisen mentenstimmung in Europa insgesamt einkommens; trotzdem drosselten sind wegen der anhaltenden Restriktio- neun Verhaltenstrends ausgemacht – 30 Prozent in den vergangenen sechs nen massiv zurückgegangen – 70 Pro- einige davon werden voraussichtlich Wochen ihre Ausgaben, indem sie nicht zent bestätigen, geplante Trips wegen 6
Intro 3. Deutschland hat den größten Anteil an Optimisten und den kleinsten an Pessimisten, doch die Unsicherheit überwiegt Vertrauen in die nationale wirtschaftliche Erholung nach COVID-191 Anteil der Befragten in Prozent Deutsch- Groß- Frank- land britannien Spanien reich Italien Portugal Optimistisch Die Wirtschaft wird sich binnen 16 14 12 10 18 25 2 - 3 Monaten erholen und ebenso stark oder stärker wachsen als vor COVID-19 45 49 53 56 Unsicher Die Wirtschaft bleibt für 6 - 12 56 Monate oder länger beeinträchtigt und wird 61 danach stagnieren oder nur langsam wachsen Pessimistisch COVID-19 wird die Wirtschaft 39 37 35 34 lange beeinträchtigen und zu anhaltender 26 14 Regression oder Rezession führen 1 Frage: „Wie ist Ihr allgemeines Vertrauen in die ökonomische Lage nach der COVID-19-Krise?“ Antwortskala von 1 „sehr optimistisch“ bis 6 „sehr pessimistisch“ Quelle: McKinsey COVID-19 Europe Consumer Pulse Survey, 24.3. - 19.4.2020 (n = 5.623) der veränderten Rahmenbedingungen sich alle Prognosen einig. Bereits heute Bedeutung erlangt haben: In der Abwe- nicht angetreten zu haben. Zwar wird planen 15 Prozent der Deutschen, in der senheit von Events und gemeinschaft sich dies mit Aufhebung der Reisebe- Zeit „danach“ mehr Produkte online zu lichen Aktivitäten rücken Gesundheit schränkungen wieder ändern, doch ein kaufen als zuvor. Dies gilt jedoch nicht und Wohlbefinden wieder in den Mittel- vollständiges Wiederaufleben der alten für Lebensmittel: Hier sind die Konsu- punkt des alltäglichen Lebens. Allein Mobilität ist eher unwahrscheinlich. menten geteilter Meinung. Während beim Internethändler Amazon stieg Denn die Gewöhnung an Erholungsziele ca. 15 Prozent der Befragten vorhaben, der Verkauf von Sport-Equipment in in Wohnortnähe und die vermehrte zukünftig öfter Lebensmittel online zu Deutschland während des Lockdown Interaktion über digitale Kanäle vor allem bestellen, will ein Viertel seine Netzein- im März um fast 60 Prozent. im beruflichen Umfeld lassen erwarten, käufe nach der Krise wieder zurückfah- dass die Reiseaktivität der Deutschen ren. Ein Grund hierfür könnte sein, dass Einfordern von Nachhaltigkeit. Schon insgesamt langfristig geringer wird. das Online-Angebot der Lebensmittel- vor Corona forderten Konsumenten von lieferanten den Erwartungen der Ver- den Unternehmen zunehmend nach Andere Verbrauchertrends wiederum braucher nicht gerecht werden konnte, haltiges und verantwortliches Handeln existierten schon vor COVID-19 und was Produktverfügbarkeit, Qualität und sowie sinnvolle und nützliche Produkte haben sich durch die Krise weiter Service betrifft. ein. Die Ausnahmesituation von Corona beschleunigt: die Nutzung digitaler hat den Anspruch an den „Purpose“ Kanäle, der Fokus auf Wellness und Fokus auf Wellness und Hygiene. noch weiter gesteigert. Einer globalen Hygiene sowie das Einfordern von Die akute Ansteckungsgefahr, die Umfrage des Marktforschers Kantar Nachhaltigkeit und verantwortlichem vom COVID-19-Virus ausgeht, hat das zufolge schätzen es 77 Prozent der Ver- Handeln in Unternehmen. Hygienebewusstsein der Menschen braucher, wenn Konsumgütermarken erheblich geschärft. Damit einher geht den Wert und Nutzen ihrer Produkte für Nutzung digitaler Kanäle. Die allgemein ein generell stärkerer Trend zu Fitness- den Alltag klar kommunizieren. Aller- gestiegene Nutzung des Internets für und Wellness-Produkten, die durch dings sind ebenso viele der Meinung, Einkäufe und soziale Interaktion wird die erzwungenen längeren Aufenthalte dass Unternehmen die Coronakrise über die Krise hinaus anhalten – da sind in den eigenen vier Wänden ganz neue nicht für ihr Geschäft ausnutzen sollten. 7
Akzente Sonderedition Mai 2020 4. Die Mehrzahl der Konsumenten fürchtet langfristige finanzielle Folgen – trotzdem gibt fast jeder Fünfte wieder mehr aus Durchschnittliche Veränderung gegenüber 6 Wochen Einschätzung des zeitlichen Horizonts zuvor in Prozent in Prozent Auswirkungen Haushalts- Haushalts- auf Haushalts einkommen ausgaben finanzen ~ 60% Gesteigert 3 Mehr als ein Jahr 10 18 7 - 12 Monate 10 der Befragten Ungefähr 4 - 6 Monate 20 rechnen für gleich 70 mindestens 52 2 Monate mit 2 - 3 Monate 20 finanziellen Belastungen 0 - 1 Monate 6 durch die Coronakrise 30 Keine Auswirkung 34 Reduziert 27 Quelle: McKinsey COVID-19 German Consumer Pulse Survey, 28. - 29.3.2020 (n = 1.002) und 2. - 5.4.2020 (n = 1.010), Umfrageergebnisse bezogen auf die deutsche Bevölkerung über 18 Jahre Neben den bereits bestehenden und lich wahrgenommen wurden. Vor allem Krise auf ihre Haushaltssituation noch in der Krise neu entstandenen Trends bekannte und starke Marken dürften eine ganze Weile spüren werden – jeder gibt es schließlich auch solche, die sich von diesem Trend profitieren. Fünfte sogar über ein halbes Jahr und gerade erst abzuzeichnen beginnen länger. Trotzdem planen 18 Prozent, ihre und deren Langlebigkeit noch nicht De-Urbanisierung. War die jüngere Konsumausgaben wieder zu steigern – absehbar ist. Dazu zählt zum einen die Vergangenheit hierzulande von einem sechs Wochen vor der Befragung waren Hinwendung zu neuen Marken und immer stärkeren Zuzug in Großstädte es gerade einmal 3 Prozent (Grafik 4). Produkten, zum anderen De-Urbani geprägt, könnte der Trend sich jetzt – sierung – eine zumindest teilweise unter dem Eindruck der Pandemie – Wie wirken sich die hier beschriebenen Abwendung vom urbanen Leben unter möglicherweise umkehren. Ausgangs- Ausgaben- und Verhaltensänderungen dem Eindruck der Krisenerfahrung. beschränkungen, das Zurückgeworfen- der Konsumenten auf die Entwicklung sein auf beengte Stadtwohnungen und der einzelnen Geschäftsfelder aus? Neue Markenpräferenzen. Corona die Meidung von Menschenansamm- Und welche Handlungsstrategien erge- hat die Verbraucher nicht nur mit Situa- lungen können mittelfristig in eine ben sich daraus für die Unternehmen? tionen plötzlicher Nichtverfügbarkeit Art „Stadtflucht“ münden. Menschen Dies und mehr erläutern die nachfolgen konfrontiert (Stichwort Klopapier), son- ziehen dann aufs dünner besiedelte den Sektorenberichte aus den Berei- dern auch die Wertschätzung bestimm- Land, um den Freiraum zu genießen, chen Konsumgüter, Lebensmittel- und ter Produkte und Marken gefördert. der in den Krisenzeiten zum begehrten Nonfood-Handel, Bekleidung und Con- Als Folge dieser Erfahrungen könnten Gut geworden ist. sumer Healthcare. sich die Präferenzen für bestimmte Pro- duktkategorien verschieben, die den Ein Kriseneffekt, der bereits heute Warenkorb der Verbraucher dauerhaft klar hervortritt, wird sich auf jeden Fall Die Autoren danken Paula Hübner, verändern. Ebenso denkbar ist eine weiter manifestieren: Rund zwei Drittel Beraterin aus dem Berliner Büro von verstärkte Hinwendung zu Marken, der Konsumenten sind überzeugt, dass McKinsey, für ihre Mitarbeit an diesem die in der Krise als besonders verläss- sie die finanziellen Auswirkungen der Beitrag. 8
Konsumgüterindustrie Heute die Pole Position für morgen sichern Durchstarten statt abwarten: Wie Konsumgüterunternehmen die Krise nutzen können, um sich für die Zeit danach optimal aufzustellen. Von Marcus Jacob, Markus Schmid und René Schmutzler Im Kampf gegen das Coronavirus hat Die wichtigsten Verbraucher- den Händlern verschärft sich, die die Konsumgüterindustrie bislang eine trends aus Herstellersicht Handelsmargen sinken, der Verhand- tragende Rolle gespielt – als Grundver- lungsdruck nimmt weiter zu. sorger der Bevölkerung mit Lebensmit- Dafür werden andere Verhaltenstrends, tel- und Hygieneprodukten. Gerade diese die im Zeichen von Corona entstanden Vermehrte Häuslichkeit. Zu Hause Kategorien und weitere Güter des tägli- oder beschleunigt worden sind, das bleiben ist das neue Ausgehen. Auch chen Bedarfs verzeichneten in der Krise Konsumgütergeschäft noch weit über nach der Lockerung von Ausgangsbe- sprunghafte Wachstumsraten, zumal die Krise hinaus prägen. Dazu zählen schränkungen und Kontaktverboten sie vom Lockdown auch nicht betroffen Veränderungen im Preis- und Kanal werden die Menschen mehr Zeit daheim waren. Andere Sparten wiederum er- verhalten, der Trend zur Häuslichkeit, verbringen als früher – aus vielfältigen fuhren teils herbe Umsatzeinbrüche. das gestiegene Gesundheitsbewusst- Gründen. Anhaltende Sicherheitsbe- Die gesamte Branche aber wird mit den sein sowie nicht zuletzt der stärker wer- denken spielen ebenso eine Rolle wie Krisenfolgen konfrontiert – mit zuneh- dende Ruf nach mehr Nachhaltigkeit. der Wunsch, Geld zu sparen, oder das mender Volatilität und drohender Rezes- Bedürfnis, die gerade getätigten In sion. Nach dem von McKinsey entworfe- Erhöhte Preissensibilität. Wie Konsu- vestitionen in Haus und Garten voll aus- nen „Wellenszenario“ (siehe auch S. 4ff.) menten in Krisenzeiten reagieren, hat zukosten. Für Konsumgüterunterneh- fällt der Haushaltskonsum der Deutschen die Finanzkrise von 2008/09 schon men heißt das: Der At-Home-Konsum bis zum Ende dieses Jahres auf 85 Pro- einmal ans Licht gebracht. Damals dau- wird weiter zunehmen – und damit der zent seines Niveaus von 2019 zurück. erte es rund zwei Jahre, bis die Kon- Bedarf an entsprechenden Produkten. sumfreude der Deutschen zurückkehr- Die jüngsten Lockerungen dürften te. Der Preis wurde zum wichtigsten Nutzung digitaler Kanäle. Die wochen- nur bedingt helfen, die Lücke wieder Einkaufskriterium: Verbraucher suchten langen Lockdowns verliehen dem zu schließen. Denn die Kauflaune gezielt nach Sonderangeboten, wählten E-Commerce zunächst einen gewalti- der Konsumenten bleibt weiterhin billigere Marken (ein Drittel der Konsu- gen Schub. Allein bei Lebensmitteln gebremst, wie eine McKinsey-Umfrage menten griff 2009 vermehrt zu Han- stiegen die Online-Ausgaben der Ver- von Anfang Mai zeigt: Während die delsmarken) und kauften bei preisgüns- braucher nach Nielsen-Erhebungen Nachfrage nach Lebensmitteln, Reini- tigen Händlern. Damals überwog der zwischenzeitlich um 81 Prozent gegen- gungs- und Pflegeprodukten noch Anteil derer, die verstärkt bei Discoun- über 2019. Auch wenn die erste Um weitgehend stabil bleibt, fahren Ver- tern einkauften, gegenüber jenen, die satzwelle schon wieder abgeflaut ist: braucher ihre Ausgaben in allen ande- es weniger taten, um 41 Prozent. Die Dauerhaft werden mehr Menschen die ren Kategorien zurück. Am stärksten aktuelle Coronasituation zeigt ganz digitalen Kanäle nutzen, weil sie sich an betroffen sind Möbel und Haushaltsge- ähnliche Reaktionen: 22 Prozent der den Komfort von Internetbestellungen räte, gefolgt von Unterhaltungselektro- von McKinsey befragten Konsumenten gewöhnt haben. Allerdings hat die Krise nik und alkoholischen Getränken (Grafik geben an, seit Beginn der Krise zum auch deren Mängel zutage treten las- 1). Wie lange die Kaufzurückhaltung Discounter gewechselt zu sein. Mögli- sen: Fehlende Verfügbarkeit, unzurei- anhält, lässt sich noch nicht absehen. che Folge: Der Wettbewerb zwischen chender Service und Lieferprobleme 9
Akzente Sonderedition Mai 2020 1. Konsumenten reduzieren kategorieübergreifend ihre Ausgaben – außer bei Lebensmitteln, Hygiene- und Pflegeprodukten Geplante Ausgaben pro Kategorie in den nächsten 2 Wochen1 Mehr Gleich viel Weniger Anteil der Befragten in Prozent 10 9 7 6 5 5 3 8 7 17 50 37 19 24 17 15 15 5 8 7 Lebens- Snacks Tabak Alkoholi- Produkte Haushalts- Körper- Haut Möbel und Unter mittel waren sche für Kinder waren (z.B. pflege pflege Haushalts- haltungs- Getränke (Nonfood, Wasch- (z.B. Seife, und geräte elektronik z.B. Win- und Putz- Shampoo, Makeup deln) mittel) Deodorant) Differenz Mehrausgaben/Reduktion2 +12 -9 -6 -17 -9 -3 -2 -14 -42 -30 1 Frage: „Planen Sie innerhalb der nächsten 2 Wochen in den folgenden Kategorien mehr, gleich viel oder weniger auszugeben?“ Werte summieren sich rundungsbedingt nicht immer auf 100% 2 Net Intent = Differenz zwischen „plane mehr/weniger auszugeben“, in Prozent der Befragten Quelle: McKinsey COVID-19 German Consumer Pulse Survey vom 30.4. - 3.5.2020 (n = 1.002), repräsentative Stichprobe (entspricht der Bevölkerungsverteilung über 18 Jahre) haben viele Käufer von weiteren Online- Zweck unternehmerischen Handelns, Zeithorizonte hinweg. Für diese strate- Einkäufen abgeschreckt. Sie wieder wird lauter unter den Konsumenten. gische Aufgabe sollte ein eigenes Pla- zugewinnen, erfordert ein rasches Auf- Vor allem Nachhaltigkeit wird immer nungsteam geschaffen werden. Bei der rüsten von digitaler Kompetenz und häufiger eingefordert. Die Herausfor- Umsetzung hilft eine Systematik, die Infrastruktur (siehe auch S. 15f.). derung für die Industrie wird hierbei McKinsey speziell für die Coronasitua sein, das Nachhaltigkeitspostulat mit tion entwickelt hat: Der nachfolgend Stärkeres Gesundheits- und Hygiene- dem erhöhten Preisbewusstsein und vorgestellte Fünf-Stufen-Plan liefert bewusstsein. Der schon vor Corona den steigenden Hygieneanforderungen das methodische Rüstzeug, um gut existierende Gesundheits- und Well- in Einklang zu bringen. vorbereitet in die nächste Phase der nesstrend wurde durch die Krise massiv COVID-19-Ära einzutreten (Grafik 2). verstärkt. Hygiene ist zum Kernelement und Treiber dieses Trends geworden. Mit System und Stufenplan Wie bei jeder strategischen Neuauf Markenhersteller können das neue Kon- in die nächste Phase stellung steht auch hier am Anfang die sumentenbedürfnis bedienen, indem sie Prüfung der Ausgangslage: Wo stehen alternative Formen der Herstellung oder Fast alle Unternehmen verfügen mitt- wir? Parameter wie Kosten- und Wachs- Verpackung wählen und die Themen lerweile über Krisenstäbe, die den Ver- tumstreiber, aber auch Strategien aus Hygiene und Wohlbefinden ins Zentrum lauf der Coronasituation überwachen der Zeit vor Corona sollten als „weiterhin ihrer Werbebotschaften stellen. und auf neue Entwicklungen reagieren. gültig“, „unklar“ oder „obsolet“ einge- Die Vorbereitung auf das „Next Normal“ stuft werden. Auch geplante Produkt- Einfordern von Nachhaltigkeit. Die erfordert jedoch noch mehr, nämlich einführungen oder Kampagnen gehören Frage nach dem Purpose, dem Sinn und eine weitsichtige Planung über mehrere auf den Prüfstand. Zuletzt gilt es, die 10
Konsumgüterindustrie 2. Ein 5-Stufen-Plan bringt Konsumgüterunternehmen bereits heute in die Pole Position für die Phase nach Corona 1. Ausgangslage 2. Szenarien 3. Zielrichtung 4. Maßnahmen 5. Startpunkte prüfen entwickeln festlegen beschließen setzen Bilanz ziehen über Szenarien entwickeln Übergeordnete Leit- Für jedes Szenario Maßnahmen dyna- Kapazitäten, Kosten- unter Einbeziehung linien für einzelne Maßnahmenpakete misch managen und Wachstumstrei- von Ländern, Kate- strategische Schritte ausarbeiten (z.B. durch das Setzen ber (z.B. Märkte, gorien und Kanälen entwickeln (z.B. Wahl E-Commerce stär- individueller Start- Kunden, Kategorien) des Preissegments, ken, Vertriebskunden und Zielpunkte für die In jedem Szenario bevorzugte Wachs- neu segmentieren, einzelnen Aktionen Prämissen bisheriger Stresstests von tumsmärkte, Marke- Supply Chain resi Strategieentschei- Geschäftsmodell ting- und Promotion- lienter gestalten) Schlüsselindikatoren dungen auf den und -strategie pläne) ausmachen für das Prüfstand stellen durchführen richtige Timing Iteration in kurzen Zyklen Pro Tag 1 Ergebnis und zügige Umsetzung Quelle: McKinsey Wachstumserwartungen für 2020 und Richtungsentscheidungen empfiehlt es sich, den weiteren Verlauf 2021 neu zu bewerten und die Ressour- und Maßnahmenpakete der Pandemie und mögliche Reaktionen cen entsprechend umzuverteilen. ständig im Blick zu behalten – auch auf Nach der Szenarienplanung geht es an lokaler Ebene, da politische Entschei- Schritt zwei widmet sich dem Entwerfen die Festlegung der strategischen Ziele: dungen zur Eindämmung des Virus von Szenarien: Welchen Verlauf könnte Wohin wollen wir steuern? Richtungs- in Deutschland zunehmend dezentral die Pandemie und deren Bekämpfung entscheidungen stehen vor allem in vier fallen. Das Monitoring sollte ein Team noch nehmen und welche Folgen hätte Bereichen an. Erstens beim Portfolio: übernehmen, das über neue Ereignisse dies für das eigene Geschäft? Die Ent- Lieber in den At-Home-Konsum investie- laufend informiert. wicklung solcher Szenarien ist alles ren oder die Nachfrage von Produkten andere als trivial: Makroökonomische ankurbeln, die in der Krise kaum Absatz Die Maßnahmenpakete selbst sollten Dynamiken, regionale Unterschiede fanden? Zweitens bei der Preisgestal- dann möglichst detailliert ausgearbeitet und ein nur schwer abschätzbares Kon- tung: Eher auf günstige Marken setzen werden und alle Themenfelder abde- sumentenverhalten machen die Auf oder Premiumangebote an die neuen cken, die für das Geschäft relevant sind, gabe hochkomplex. Als Ausgangsbasis Verbrauchertrends anpassen? Drittens in von der Formulierung des Purpose bis könnten die globalen Szenarien dienen, der Markenführung: Lohnt es sich, Mar- zur Planung von Zukäufen. die das McKinsey Global Institute ent ken neu zu positionieren, etwa in Bezug wickelt hat („Safeguarding our lives and auf Hygiene, Regionalität und Nachhal- Purpose. Das Handeln eines Unterneh- our livelihoods“, www.mckinsey.com). tigkeit? Viertens schließlich im Kanal- mens in Krisenzeiten prägt sein Image Für die Zukunftsplanung empfiehlt sich und Key-Account-Management: Weiter bei den Konsumenten. Es lohnt sich die Erarbeitung von mindestens vier auf den stationären Handel setzen oder daher, darüber nachzudenken, welches Szenarien, die mögliche Auswirkungen besser auf die digitalen Kanäle? Die die eigenen Handlungsmaximen sind, der jeweiligen Entwicklungen auf Kate- Antworten auf diese Fragen legen den diese ins Zentrum der Kommunikation gorien, Kanäle und Länder durchspie- Grundstein für die nächsten Schritte. zu stellen und alle künftigen Maßnah- len und dabei staatliche Interventionen men daran auszurichten. in verschiedenen Varianten (Eindäm- Das Herzstück des Fünf-Stufen-Plans mungs- und Lockerungsmaßnahmen, bildet die Erarbeitung konkreter Maß- Portfolio. Den heimischen Konsum för- Finanzhilfen) berücksichtigen. nahmen für die Zeit nach Corona. D abei dern oder Marken wiederbeleben, die in 11
Akzente Sonderedition Mai 2020 der Krise zum Ladenhüter wurden? Supply Chain. Corona hat einmal mehr Zukäufe. Krisenzeiten eignen sich, Strategische Fragen wie diese gilt es zu bewiesen: Ökonomischer Erfolg steht um nach attraktiven Zielen im Bereich beantworten, wenn es darum geht, das und fällt mit der Funktionsfähigkeit von Mergers and Acquisitions (M&A) Aus- Produktportfolio an das „Next Normal“ Lieferketten. Nächstes Ziel muss des- schau zu halten. Allerdings sollte der- anzupassen. Zu berücksichtigen sind halb eine intelligent aufgestellte und zeit weniger die Effizienzsteigerung außerdem die veränderten Bedingun- flexible Supply Chain sein, die künftigen als der strategische Aufbau von Wider- gen in Beschaffung und Lieferkette. Krisen sicher standhält. Standorte, Pro- standskraft im Vordergrund stehen. Dabei zahlt sich Differenzierung aus, zesse und Tools gilt es auf diese Resili- Lohnende Übernahmeziele wären zum denn jede Käufergruppe und jeder enz hin zu durchleuchten, notwendige Beispiel Marken, die das Portfolio Kaufanlass, jeder Kanal und Handels- Flexibilitäten gegen die Effizienz bishe- ergänzen, Herausforderer innerhalb kunde erfordert maßgeschneiderte riger Zentrallösungen abzuwägen. In der eigenen Kategorie oder starke Angebote. diesem Zusammenhang sollte auch Spieler aus benachbarten Sparten. Um erwogen werden, ältere Infrastrukturen die Liquidität für derartige Zukäufe zu Kanäle und Kunden. Corona hat die Art, zu ersetzen durch autonome End-to- schaffen, sollte parallel der Verkauf wie Menschen einkaufen, verändert: End-Planungssysteme auf der Basis weniger strategischer oder leistungs- One-Stop-Shopping statt Einkaufs- von Advanced Analytics. schwacher Segmente erwogen werden. bummel, Click-and-Collect statt Laden besuche. Damit verschieben sich für Produktivität. In der Finanzkrise von Hersteller die Prioritäten von Kanälen 2008/09 senkten die 20 Topunterneh- Wissen, wann Zeit ist zu und Handelskunden. Sicher ist: Der men der Welt ihre Kosten und starteten starten Druck auf den Handel ist gestiegen, die ihre Investitionen, noch bevor sich die kommenden Jahresverhandlungen wer- Wirtschaft insgesamt wieder erholte. Timing ist alles – auch beim Übergang den härter sein. Für die Hersteller ist Wie haben sie das geschafft? Indem sie zum „Next Normal“. Der fünfte und jetzt der Zeitpunkt, neue Verhandlungs- gezielt auf Aktivitäten setzten, die ihre letzte Schritt im Stufenplan ist deshalb strategien zu erarbeiten, um optimal Produktivität steigerten. Das gelingt dem Setzen von Startpunkten für jede vorbereitet in die Gespräche zu gehen. nur mit einem Zero-based-Ansatz bei einzelne Maßnahme vorbehalten. Im Bereich Food Service etwa können der Festlegung der neuen Budgets. Dabei besteht die Kunst darin, frühzei- produzierende Unternehmen mit inno- Im aktuellen Fall wird die massive Kon- tig die Schlüsselindikatoren zu erken- vativen Business-Modellen dazu beitra- sumveränderung während der Krise nen, die anzeigen, wann die Zeit reif ist gen, das Geschäft wieder zum Laufen als Basis genommen und ein Fahrplan für konkrete Schritte. Datenanalysen zu bringen. Für manche könnte sogar für die gezielte Wiederaufnahme von helfen, diese „Trigger“ rechtzeitig aus- eine höhere Vertikalisierung in diesem Investitionen aufgestellt. Produktivi- zumachen. Schließlich ist es am Top Bereich die richtige Option sein. tätssteigernd wirken vor allem Projekte management, zügig grünes Licht zu zur Digitalisierung – von der Beschaf- erteilen, damit die geplanten Maßnah- E-Commerce. Den Partnern im Online- fung bis zum Backoffice. men ebenso zügig umgesetzt werden. Handel kommt eine Schlüsselstellung zu, wenn es darum geht, digitale Ver- Planung. Corona hat gezeigt, dass Konsumgüterunternehmen, die dem triebskanäle gezielt auszubauen. Das bereichsübergreifende Planung bei Fünf-Stufen-Plan konsequent folgen, Benennen von „Category Captains“, der Bewältigung akuter Krisensituatio- gehen nicht nur gestärkt aus der Coro- stärkerer Datenaustausch und gemein- nen enorm helfen kann. Vertrieb und nakrise hervor. Sie verschaffen sich same Lagernutzung können helfen, Operations sollten ihre Planungen zugleich die beste Ausgangsposition, diese Partnerschaften zu vertiefen. Um daher gemeinsam vornehmen, um bes- um in der Phase danach wieder durch- sich zukünftig nicht zu abhängig von ser abschätzen zu können, ob etwa ein zustarten – vor allen anderen. den E-Marktplätzen der Internetgigan- plötzlicher Nachfrageanstieg nur der ten zu machen, sollten die Beziehungen Einmaleffekt aus einer Aktion oder zu spezialisierten Online-Händlern aus- dauerhafter angelegt ist. Auch bietet gebaut und eigene E-Commerce-Platt- es sich an, die Monatsplanungen um Die Autoren danken Raphael Buck, formen für den Direktvertrieb geschaf- wöchentliche Kontrollzyklen zu ergän- Senior Partner bei McKinsey und Leiter fen werden. Denn diese erlauben eine zen, um Kosten und Service im Gleich- des europäischen Konsumgüter- und stärkere Personalisierung von Produkt- gewicht zu halten. Für Key Accounts Handelssektors, sowie Tracy Francis, angeboten und den Zugriff auf wert im Handel empfiehlt sich nicht zuletzt Paula Hübner, Eldon Little, Jessica volle Daten zur Customer Journey der ein vernetztes Bestandsmanagement, Moulton und Samantha Phillips für ihre Konsumenten. um ihre Flexibilität zu steigern. Mitarbeit an diesem Beitrag. 12
Lebensmittelhandel Vom Verbrauchertrend zum Game Changer Der Lebensmittelhandel hat von der Krise bisher stärker profitiert als andere. Aber auch er wird sich neu erfinden müssen, denn das Verhalten der Konsumenten verändert sich. Von Sebastian Gatzer, Daniel Läubli, Julia Spielvogel und Tobias Wachinger Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) hat Facetten neu erfinden müssen. Die als auch die aktuelle Prognose von turbulente Wochen hinter sich. Zwar Pandemie führt zu einer neuen Lebens- McKinsey („Safeguarding our lives and konnten die meisten Unternehmen von und Alltagsrealität, die den Konsumen- our livelihoods“, www.mckinsey.com). der Situation profitieren und sind somit ten und sein Einkaufsverhalten wohl Die ökonomischen Folgen der aktuellen privilegiert gegenüber den Fach- oder für die nächsten Monate und Jahre ver- Krise werden für viele Konsumenten Bekleidungshändlern, deren Türen ändern wird. Noch ist unklar, wie sich Auswirkungen auf das verfügbare Ein- während der Lockdowns größtenteils die Lage weiterentwickeln wird (z.B. kommen und somit auf ihr Einkaufs geschlossen blieben. Jedoch musste ob etwa eine zweite Infektionswelle ent- verhalten haben. Vom Abschwung sich auch der LEH an ein neues Konsu- steht) und welche Implikationen damit profitieren werden (wie bereits in der mentenverhalten anpassen, das sich im verbunden sind. Etwa in Bezug auf Finanzkrise von 2008/09) vor allem Zuge der Krise rasch ausgebildet hat den Online-Einkauf von Lebensmitteln: Preiseinstiegsprodukte und Handels- und nun laufend verändert. Wie nachhaltig der aktuelle Zuwachs marken. Auch diesmal zeigt sich wieder, bleibt, wird stark davon abhängen, wie dass die deutschen Konsumenten ihre Die anfängliche Phase der Bevorratung lange die Krise noch andauert. Diese Einkaufsstätten wechseln – auf Grund insbesondere mit haltbaren Lebensmit- Entwicklungen laufend zu beobachten von Sicherheitsbedenken und einge- teln und die geschlossenen Restaurants und schnell zu reagieren, wird die Her- schränkter Mobilität, aber auch wegen haben kurzfristig zu einem enormen ausforderung für den LEH werden – günstigerer Preise und Sonderange Umsatzanstieg geführt. Und weiterhin und seine Chance. bote (Grafik 1). wird viel zu Hause gekocht und geges- sen: Zutaten, Frischeprodukte und Das Category Management im LEH gesunde Lebensmittel verzeichnen seit Höhere Preissensibilität … wird seine Strategie auf diesen neuen dem Lockdown deutliche Zuwächse. Trend einstellen müssen. Handelsmar- Aber auch andere Kategorien wie etwa Reagieren müssen Händler vor allem ken, Einstiegspreise und zielgerichtete Snacks und Bier werden wieder ver- auf zwei Veränderungen: die neuen Aktionen werden zum zentralen Instru- stärkt gekauft. Doch es geraten inzwi- Verhaltenstrends bei den Konsumenten ment, um Kunden, die ihre Einkäufe schen auch andere Faktoren zurück in und die Verlagerung des Geschäfts in sonst auf mehrere Händler verteilen den Fokus – beispielsweise Preise, die neue Kanäle. würden, im jeweiligen Kanal zu halten. zeitweise zu Gunsten von Verfügbarkeit In den USA verzeichnen Handelsmar- an Bedeutung verloren hatten. Der wahrscheinlich dominanteste ken nach McKinsey-Analysen bereits Effekt im „Next Normal“ ist die Preis- einen um 4 Prozentpunkte höheren sensibilität der Konsumenten – eine Marktanteil als noch 2019. Der attrakti- Die größten Veränderungen – Situation, die Händler aus vergangenen ve Produktpreis, so scheint es, gewinnt und erste Antworten darauf Rezessionen nur zu gut kennen. Die gegenüber der Preis-Leistungs-Wahr- jetzige wird wohl die gravierendste seit nehmung des gesamten Warenkorbs an Die Zukunft wird nicht weniger turbu- Jahrzehnten sein, sagen sowohl füh Bedeutung. In Reaktion darauf kann lent und der LEH wird sich in vielen rende Wirtschaftsforschungsinstitute zum Beispiel mit Lieferanten an neuen, 13
Akzente Sonderedition Mai 2020 1. Deutsche Konsumenten achten wieder stärker auf den Preis – und wechseln zu günstigeren Einkaufsstätten „Haben Sie seit dem COVID-19-Ausbruch Hauptgründe für den Ladenwechsel eines der folgenden Dinge getan?“ Anteil der Befragten, die einen Wechsel Anteil der Befragten in Prozent vorgenommen haben, in Prozent Absicht, es fortzuführen 42 Das Geschäft ist weniger überfüllt Einkauf in einem neuen Lebensmittel- 9 63 36 Das Geschäft ist näher/leichter zu erreichen geschäft 29 Die Preise sind günstiger Wechsel meines Geschäfts erster Wahl 6 48 25 Das Geschäft hat ein größeres Sortiment 17 Das Geschäft bietet Aktionen auf Marken und Produkte an, die für mich relevant sind Quelle: McKinsey COVID-19 Consumer Pulse Survey Germany, 30.4. - 5.5.2020 (n = 1.002), repräsentative Stichprobe (entspricht der Bevölkerungsverteilung über 18 Jahre) preiswerten Produktvarianten gearbei- Lust auf den „kleinen“ Luxus. Auch in Fokus auf Gesundheit und Nachhal tet werden. Zukunft werden Kunden sich etwas tigkeit. Corona hat bei den Konsu gönnen wollen – auch und gerade menten ein noch nie dagewesenes Die Folge für die Händler wird – selbst wegen Corona. Durch den Wegfall des Bewusstsein für Gesundheit geschaf- bei steigenden Umsätzen – zusätzlicher Urlaubs oder die Einschränkung von fen, das sich bei vielen unmittelbar Margendruck sein, der kostenseitig Restaurantbesuchen gewinnt der klei- im Einkaufsverhalten niederschlägt. durch Investitionen in die Einhaltung ne Luxus am heimischen Esstisch an McKinsey-Umfragen zufolge sind für von Hygienestandards noch verstärkt Wert. Das Phänomen des „Cocooning“ gut jeden zweiten Kunden in Deutsch- wird. Die Verbesserung der Profitabili- (sich es im eigenen Zuhause gemütlich land gesunde Produkte sehr bis extrem tät ist daher erfolgsentscheidend und einrichten), von dem schon in der wichtig geworden, für jeden Dritten sollte nicht nur intern, sondern auch Finanzkrise Baumärkte und Möbel auch ökologisch nachhaltige. Schon gemeinsam mit den Lieferanten ange- häuser profitiert hatten, zeigt sich nun vor der Krise spielten diese Attribute gangen werden. auch in der Coronakrise und kann eine starke Rolle. So gaben 2019 acht trotz höherer Preissensibilität zu einer von zehn Österreichern an, dass ihnen Steigerung der Lebensmittelausgaben die regionale Herkunft von Produkten … und komplementäre führen: Der Restaurantbesuch an wichtig bis sehr wichtig sei, da sie Effekte lässlich einer Familienfeier etwa wird diesen eine höhere Nachhaltigkeit durch ein schönes Essen daheim und bessere Qualität zusprachen. Ins- Die höhere Preissensibilität ist eine ersetzt. Händler sollten dieses Be gesamt wird der Trend weiter an Rele- zentrale Veränderung im Verhalten der dürfnis bedienen und gezielt Möglich- vanz gewinnen, nicht zuletzt auch weil Verbraucher, aber nicht die einzige. keiten zum kleinen Luxus bieten (der die Politik ihn mit stützt. Zudem zwin- Weitere komplementäre Effekte kom- allerdings immer noch erschwinglich gen Lieferengpässe Händler inzwischen men hinzu, auf die der LEH reagieren sein sollte), am besten unterstützt häufiger dazu, ihr Sortiment aus der und die er mit dem Trend zum günstigen durch zielgruppengerechte Kommuni- Region zu beschaffen. Allerdings: Preis in Einklang bringen muss. kation. Selbst wenn Kunden für Qualitätspro- 14
Lebensmittelhandel 2. Der Verbrauchertrend zu mehr Gesundheit und Nachhaltigkeit hat durch Corona deutlich zugenommen „Wie wichtig waren Ihnen folgende Produktattribute in Ihrer letzten Einkaufswoche?“ Unwichtig Anteil der Befragten in Prozent Sehr oder extrem wichtig Veränderung gegen- über Vorkrisenzeit Gesund 6 56 +50% Umweltfreundlich 12 34 +22% Tierversuchsfrei 27 31 +4% Biolebensmittel 37 24 -13% Pflanzenbasiert 72 9 -63% -2% Marken mit über- 30 28 geordneten Werten Quelle: McKinsey COVID-19 Consumer Pulse Survey Europe, 16. - 19.4.2020 (n = 5.623); repräsentative Stichprobe für Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien und Portugal (entspricht der Bevölkerungsverteilung über 18 Jahre) – Auszug für Deutschland dukte aus der Region oftmals eine Online als „sichere“ Alterna deutlich über dem Vorkrisenniveau liegt, höhere Zahlungsbereitschaft zeigen, tive – aber ausbaubedürftig legen nahe, dass es auch hierzulande zu müssen die Preise attraktiv bleiben. einer nachhaltigen Kanalverschiebung „Günstig und gesund“ lautet das Zusätzlich könnte die aktuelle Situa- kommen könnte. Bereits eine EU-weite Erfolgsrezept der Zukunft (Grafik 2). tion zu einer dauerhaften Umsatz Befragung von Anfang April zeigt, dass verschiebung in digitale Kanäle führen. knapp 60 Prozent eine Online-Lebens- Einfordern von Werten. Neben einem In welcher Größenordnung, wird vom mittellieferung nach Hause ausprobiert Sortiment, das ihren Bedürfnissen ent- weiteren Verlauf der Coronakrise haben und 46 Prozent derjenigen, die spricht, erwarten Konsumenten von abhängen – sowohl auf der Nachfrage- sehr zufrieden waren, diesen Service den Unternehmen, bei denen sie ein- als auch auf der Angebotsseite, etwa weiter nutzen wollen (Grafik 3). Weitere kaufen, ein klares Bekenntnis zu über- durch die Vielfalt und Qualität der Befragungen zeigen ähnliche Resultate: geordneten Werten. Lebensmittel- Angebote, die entstehen. Fast jeder Zweite will auch weiterhin händler sollten ihre Positionierung in online bestellen – über alle Zufrieden Bezug auf Hygiene, Sicherheit, Nach- Gesundheitliche Bedenken und gerin- heitsstufen hinweg. haltigkeit, Regionalität und Transparenz gere Mobilität haben zu einem Anstieg klar bestimmen und kommunizieren. des E-Commerce geführt: Eine Vielzahl Die Umfrageergebnisse zeigen: Wie Auch die angebotenen Produkte sollten von Verbrauchern hat während des sehr sich der Lebensmitteleinkauf tat- in ihren Attributen diese Wertverspre- Lockdown zum ersten Mal Lebensmittel sächlich in den Online-Kanal verlagern chen spiegeln. Dabei wird sich zeigen, online bestellt. Nach den jüngsten wird, hängt stark von der Fähigkeit der ob große, bekannte Marken die derzeit McKinsey-Konsumentenanalysen von Händler ab, gute Einkaufserlebnisse zu gefragte Stabilität stärker ausstrahlen Anfang Mai liegt der Kundenzuwachs bieten. Kaum ein Kunde wird in Zukunft oder ob kleinere Marken mit ihrem EU-weit bei 44 Prozent, in Deutschland mehr bereit sein, limitierte Sortimente lokalen oder spezialisierten Charakter etwas verhaltener bei 31 Prozent. Beob- oder schwachen Service wie zu Beginn eher punkten können, wie dies in der achtungen aus China, wo der Online- der Krise in Kauf zu nehmen. Der Auf- Vergangenheit mitunter der Fall war. Anteil im Lebensmittelhandel weiterhin bau eines attraktiven Angebots, einer 15
Akzente Sonderedition Mai 2020 3. Die Online-Bestellung von Lebensmitteln polarisiert – bessere Einkaufserlebnisse sind nötig, um Kunden langfristig zu überzeugen Gewählter Kanal für den Kauf von Zufriedenheit mit dem Sehr oder eher unzufrieden Lebensmitteln, Getränken und gewählten Kanal Leicht zufrieden oder zufrieden Sehr zufrieden Produkten des täglichen Bedarfs Anteil der Befragten in Prozent Anteil der Befragten in Prozent Anteil der sehr zufrie- 38% Online-Bestellung und 49 17 60 23 denen Kunden, die Abholung im Geschäft den Online-Kanal auch nach der Krise 46% Online-Bestellung und 59 14 55 32 weiter nutzen wollen Lieferung nach Hause Besuch eines großen 92 12 62 26 Supermarkts Besuch eines kleineren 79 9 64 27 Lebensmittelgeschäfts Quelle: McKinsey COVID-19 Consumer Pulse Survey Europe, 30.3. - 3.4.2020 (n = 5.614), repräsentative Stichprobe für Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien und Portugal (entspricht der Bevölkerungsverteilung über 18 Jahre) stabilen Infrastruktur und verlässlichen auch aus Geldmangel längerfristig übernehmen, eine attraktive, neue Auslieferungskette wird daher von zen- weniger besucht werden. Wachstumsopportunität. traler Bedeutung sein, wenn es darum geht, eine echte Alternative zum statio- Außer-Haus-Lieferungen von Restau- Die Zeit nach Corona wird eine andere nären Handel zu bieten. Die Einlösung rants erfuhren während des Lockdown sein, auch und im Besonderen für den von Kundenwertversprechen ist dabei zwar einen Boom (24 Prozent Kunden- LEH. Die Unsicherheit über die Versor- ebenso sicherzustellen wie eine effizi- wachstum allein in Deutschland). Aller- gung mit Gütern des täglichen Bedarfs ente Logistik; stellt doch die Profitabili- dings ist fraglich, ob dieser vergleichs- wird nicht gänzlich verschwinden, Kun- tät des Online-Kanals nach wie vor eine weise teure Kanal seine Beliebtheit den werden ihr Verhalten weiter anpas- der größten Herausforderungen für den bei den Konsumenten behalten wird. sen. Das erfordert von den Händlern Lebensmittelhandel dar. Supermärkte könnten jetzt mit Ready digitale Kompetenzen und preisgüns Meals in diese Lücke stoßen – als dau- tige Produktalternativen sowie Investi- erhaft günstigere Alternative bei gleich- tionen in neue Segmente. Was vor Ready Meals als neues zeitig hoher Convenience. Mit gesünde- Corona „nur“ Trends waren, wird durch Wachstumssegment ren Produkten, als klassische Fertigge- die Krise zum echten Game Changer. richte sie bieten, treffen Lebensmittel- Gewinner werden die sein, die sich ent- Neben dem Ausbau des Online-Ver- händler das neue Kundenbedürfnis schlossen auf die neue Realität einstel- triebs lohnt sich auch der Blick auf vielleicht sogar besser. Dabei kann len und das „Next Normal“ mit all seinen andere Verkaufskanäle. So könnten sowohl über Sortimentserweiterungen Unwägbarkeiten kreativ gestalten. Lebensmittelhändler unter anderem als auch über Lieferdienste (eventuell in nach Wegen suchen, wie sie die Nach- Kooperation) oder Mitnahmemöglich- frage nach Speisen zum Sofortverzehr keiten aus den Filialen nachgedacht Die Autoren danken Katharina Buhtz, oder für die einfache Zubereitung zu werden. Die genaue Ausgestaltung ist Projektleiterin im Berliner Büro von Hause bedienen können, wenn Restau- noch offen und bietet Händlern, die McKinsey, für ihre Mitarbeit an diesem rants aus Sicherheitsbedenken oder bereit sind, hier die Vorreiterrolle zu Beitrag. 16
Nonfood-Handel Corona als Katalysator der Veränderung Für Nonfood-Händler war die Welt schon vor Corona in Unordnung – nun müssen sie sich auch noch auf die Kaufzurückhaltung der Konsumenten und einen beschleunigten Wechsel zu Online-Kanälen einstellen. Von Thomas Eder, Karsten Lafrenz, Fabio Mann und Daniel Rexhausen Das Umfeld war für viele Nonfood- flächen vieler Filialen über der Grenze Konsumenten im Sparmodus Händler schon vor Corona hart. In den von 800 Quadratmetern liegen, konnten und auf Online-Kurs meisten Subsektoren stagniert der viele Geschäfte erst spät oder nur ein Umsatz seit Jahren, Online-Anbieter geschränkt öffnen. Auch nach den Ladenöffnungen halten jagen den stationären Geschäften sich Konsumenten mit nicht dringend immer mehr Kunden ab. Für die kom- Drogerieartikel und Kosmetik. Droge- notwendigen Ausgaben zurück. Stark menden fünf Jahre prophezeiten Markt- riemärkte waren je nach ihrer Sorti- betroffen sind Möbelunternehmen. In forscher bereits vor Corona anhaltende mentszusammenstellung unterschied- einer McKinsey-Umfrage geben 49 Pro- Stagnation im Offline-Geschäft, online lich betroffen und verschiedenen Dyna- zent der Konsumenten an, hier in nächs- hingegen ein durchschnittliches Wachs- miken ausgesetzt: Sie profitierten ter Zeit sparen zu wollen, 37 Prozent tum von rund 9 Prozent pro Jahr, ver- einerseits von der gestiegenen Nach- wollen weniger für Unterhaltungselek gleichbar mit den fünf Vorjahren. Die frage nach Hygieneartikeln und der tronik ausgeben. Zahl der Filialen sollte im gleichen Zeit- stabilen Nachfrage nach Grundbedarfs- raum um 3 Prozent sinken. artikeln des täglichen Lebens, sahen Wichtiger noch als eine zeitweilige jedoch eine sinkende Nachfrage nach Kaufzurückhaltung könnte sich für Nun kommt es zumindest 2020 noch erweiterten Sortimenten wie Kosmetik stationäre Nonfood-Händler auf Dauer schlimmer: Eine McKinsey-Analyse und Düfte. eine andere Zahl aus der Umfrage zeigt, dass 87 Prozent der Nonfood- erweisen: 15 Prozent der Befragten Handelsunternehmen schon nach einem Heimwerker- und Gartenbedarf. geben an, im Lockdown zum ersten Mal Monat Zwangsschließung durch Corona Geschäften in diesem Subsektor half online eingekauft zu haben. In Sub in finanziellen Schwierigkeiten steckten. der so genannte „Cocooning-Effekt“, sektoren, deren stationäre Geschäfte Nach fast zweimonatigem Umsatzaus- die Neigung der Deutschen, sich in geschlossen waren, haben sich die fall erwarten die Händler in den meisten Krisenzeiten das heimische Umfeld zu Umsätze der Online-Händler zum Teil Subsektoren sinkende Umsätze für das verschönern. Die Branche verzeichnet verfünffacht. Sie profitierten von der Geschäftsjahr – das Online-Wachstum nur einen geringen Umsatzrückgang, Schließung der stationären Konkurrenz gleicht die stationären Verluste bei allerdings ebbt der Effekt schon ab. mit Umsatzsteigerungen zwischen 10 Weitem nicht aus. Doch es trifft nicht und 40 Prozent im Schnitt. Insgesamt alle mit der gleichen Vehemenz: Elektro und Elektronik. Die Händler stieg die Wachstumsrate des Online- steigerten in der akuten Krise ihren Geschäfts in den ersten vier Monaten Haushaltswaren, Möbel, Sportartikel. Online-Umsatz um bis zu 30 Prozent, um 6 Prozentpunkte gegenüber dem Dieser Subsektor ist mit Umsatzrück- auch getrieben durch vereinzelte gleichen Zeitraum 2019. gängen von 90 Prozent im stationären Nachfragespitzen, etwa nach Home Handel sehr stark betroffen, mit Entertainment und Gaming-Zubehör. Eine zweite Umfrage zeigt zwar, dass Ausnahme kurzfristiger Nachfrage Doch schwerer wiegt für die meisten, sich die Konsumenten freuen, wieder in spitzen nach Sportartikeln für den dass ihre stationären Geschäfte lange Geschäfte zu gehen, doch 64 Prozent Heimgebrauch. Weil die Verkaufs geschlossen waren. wollen ihre Einkaufsgewohnheiten 17
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