Baukulturelle Bildung - Next Level - Labor Austauschen Vernetzen 2.9.2020

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Baukulturelle Bildung - Next Level - Labor Austauschen Vernetzen 2.9.2020
DOKUMENTATION
Dr. Kawthar El-Qasem		   Fachbereich Baukultur		   Akademie der Kulturrellen Bildung des Bundes und des Landes NRW

                             Labor

Stärken
Vernetzen
Austauschen
                                                                                                     Baukulturelle

        2.9.2020
                                                                                                     Bildung - Next Level
Baukulturelle Bildung - Next Level - Labor Austauschen Vernetzen 2.9.2020
Inhalt
Labor und Dokumentation                         3

Das erste Labor Baukulturelle Bildung –
trotz Pandemie                                  3

Expert*innen im Labor                           4

Eröffnung und Begrüßung –
Der Fachbereich stellt sich vor                 4

Baukulturelle Bildung – Next Level
Impulsvortrag von Dr. Kawthar El-Qasem          5

Baukulturelle Bildung braucht Partizipation -
und umgekehrt
Impulsvortrag von Anke M. Leitzgen und
Heike Schwalm                                   10

1. Workshop-Phase: Bestandsaufnahme
Was fördert Baukulturelle Bildung?
Was behindert Baukulturelle Bildung?            13

2. Workshop-Phase: Sammeln – Clustern –
Gewichten: von beeinträchtigenden Faktoren
zu Lösungswegen und Handlungsempfehl-
ungen                                           18

Inspirationen                                   22

Wertvolle Hinweise                              23

Feedback & Abschlussrunde                       26

Impressum                                       28

                                                     2
Baukulturelle Bildung - Next Level - Labor Austauschen Vernetzen 2.9.2020
Labor und     Das erste Labor
Dokumentation Baukulturelle
              Bildung –
Ein Labor an der Akademie bedeutet Raum
zum Experimentieren, Neudenken und Aus-

              trotz Pandemie
probieren, Austauschen und Diskutieren. Es
bedeutet auch eine Versuchsanordnung, die
nicht wiederholbar ist, und eine explizite Er-
gebnisoffenheit. Im Mittelpunkt steht der Pro-
zess – dazu gehört auch ein So-tun-als-ob, ein    Das erste Labor Baukulturelle Bildung – Next
Perspektivwechsel, eine Positionierung.           Level fand auf Einladung des neuen Fach-
                                                  bereichs Baukultur an der Akademie der Kul-
Am Ende steht vielleicht eine Konstruktion,       turellen Bildung in Remscheid statt. Akteure
aber kein fertiges Produkt. Die Dokumentation     verschiedener Handlungsfelder waren eingela-
dieses Prozesses ist daher nicht im Sinne einer   den, sich auszutauschen, ihr Erfahrungswissen
Ergebnisdokumentation oder eines fertigen         zu teilen, Verbesserungsmöglichkeiten zu dis-
Produktes zu verstehen. Sie ist vielmehr ein      kutieren und gemeinsam Handlungsempfeh-
Angebot, das eine Gesprächsgrundlage und          lungen zu erarbeiten.
ein Ausgangspunkt für weitere Prozesse sein
kann. In diesem Sinne ist ein weiteres Experi-    Viele Interessent*innen konnten aufgrund des
mentieren erwünscht.                              aktuellen Pandemie-Geschehens nicht dabei
                                                  sein, haben aber schon vorab Interesse an der
                                                  Dokumentation bekundet. Im ersten Jahr der
                                                  COVID-Pandemie war die Entscheidung, zu
                                                  einer Präsenzveranstaltung einzuladen, mit
        »Das Feld der                             vielen Fragezeichen versehen. Ein besonderer
                                                  Dank gilt daher den Kolleg*innen der Akade-
  Baukulturellen Bildung ist                      mie der Kulturellen Bildung für ihre Unterstüt-
 im Aufbruch. Wir hoffen auf                      zung bei der Umsetzung des Labors in diesen
                                                  schwierigen Zeiten. Das ausgefeilte Hygiene-
 starke Partnerschaften und                       Konzept der Akademie und das Verständnis
   solide Allianzen für eine                      der Teilnehmer*innen haben dabei wesentlich
                                                  zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen.
  Baukulturelle Bildung, die
                                                  Weiterhin sei an dieser Stelle den beiden Co-
  einen wichtigen Beitrag zu                      Moderator*innen Anke Leitzgen und Heike
    einer demokratischen                          Schwalm gedankt, die die erste und zweite
                                                  Workshop-Phase methodisch gestaltet und
  und offenen Gesellschaft                        moderiert haben. Besonders wertvoll war auch
           leistet.«                              der Austausch mit Heike Schwalm und die
                                                  kollegiale Beratung in der Planungsphase des
             Dr. Kawthar El-Qasem                 Labors. Schließlich hat sich ein Kreis von 18
                                                  Expert*innen in Remscheid eingefunden und
                                                  einen intensiven Labor-Tag mit vielen Impulsen,
                                                  Diskussionen und Ideen erlebt.

                                                                                            3
Expert*innen
                                                           dem Institut für Bildungsinitiativen, und Heike
                                                           Schwalm vom (LWL).2

im Labor                                                   Alle Gäste waren zudem eingeladen, eigene
                                                           Literatur, Publikationen und Flyer mitzubringen
                                                           und auf einem Büchertisch zur Ansicht oder
Bevor die Beteiligten in die erste Workshop-               zum Mitnehmen auszulegen. Anja Weigerding,
Phase einsteigen konnten, gab es eine aus-                 die Bibliothekarin der Akademie, bestückte
führliche Vorstellungsrunde. In diesem Rah-                weitere Tische und Regale mit dem Biblio-
men konnten sie sich und ihre Institution bzw.             theksbestand des Fachbereichs Baukultur und
ihren Arbeitskontext in der Baukulturellen                 gab so einen guten Überblick auch über den
Bildung vorstellen. Sie konnten sich zur Frage             internationalen Diskurs.
der Relevanz Baukultureller Bildung äußern
und ihre Erwartungen an den Tag formulieren.               Mit einer Führung durch die Akademie der
Schließlich konnten sie aktuelle oder anste-               Kulturellen Bildung stellte Patricia Gläfcke den
hende Projekte kurz vorstellen. Zu den jeweili-            Teilnehmer*innen das Haus vor und gab Einbli-
gen Institutionen/Projekten wurden hier Links              cke in Geschichte und Arbeitsweise von Aka-
eingebettet, sodass Sie sich bequem ausführ-               demie und Tagungshaus.
licher informieren können.

Neben Einzelpersonen aus Verwaltung, Kunst

                                                           Eröffnung und
und Wissenschaft waren auch Vertreter*innen
aus diversen Handlungsfeldern und unter-
schiedlichen Handlungsebenen vor Ort.1

Hierzu gehörten Verantwortungsträger*innen
verschiedener Stiftungen, darunter die Mon-
                                                           Begrüßung –
                                                           Der Fachbereich
tag-Stiftung – Urbane Räume, die Deutsche
Stiftung Denkmalschutz mit denkmal aktiv, die
Bundesstiftung Baukultur. Außerdem waren

                                                           stellt sich vor
Vertreter*innen und Mitglieder mehrerer Ver-
bände und Vereine aus Bundes- und Landes-
ebene mit dabei, darunter Baukultur NRW, der
Landschaftsverband Westfalen Lippe (LWL),                  Die Direktorin der Akademie Prof. Dr. Susanne
der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten,                 Keuchel eröffnete die Veranstaltung und be-
das Netzwerk Immovielien e.V., Utopiastadt mit             grüßte alle Teilnehmenden ganz herzlich zum
DigIT_Campus, der Verein Jugend Architektur                Labor Baukulturelle Bildung – Next Level. Sie
Stadt (JAS e.V.) und der Volksbund Deutsche                verwies in ihrer Begrüßungsrede auf die Wich-
Kriegsgräberfürsorge.                                      tigkeit der gegenseitigen Unterstützung und
                                                           gemeinsamen Anstrengung, um Baukulturelle
Mit der StadtbauAkademie Stuttgart war ein                 Bildung voranzubringen. Der neue Fachbereich
Museum und mit dem Zentrum für Peripherie                  sei auf die Erfahrungen der Akteure aus dem
auch der künstlerische Ansatz in der Baukul-               Feld angewiesen und brauche das Netzwerk,
turellen Bildung vertreten. Für die Akademie               um zu wachsen und seine wichtige Rolle in
nahm neben Kawthar El-Qasem (Fachbereich                   diesem Prozess wahrzunehmen. Sie wünschte
Baukultur) auch die Studienleitung der Aka-                den Anwesenden viel Erfolg und bedankte sich
demie Patricia Gläfcke teil. Die Ko-Moderation             für das Kommen, trotz des aktuellen Pande-
übernahmen Anke Leitzgen von tinkerbrain,                  mie-Geschehens.
1       Es galt abzuwägen zwischen einer namentlichen Nennung der Beteiligten und der Kenntlichmachung ihrer
Beiträge einerseits und dem Datenschutz andererseits. Die Entscheidung ist zugunsten des Datenschutzes ausge-
fallen.
2       Eine Teilnehmerin aus dem Bereich der Wissenschaft war leider kurzfristig verhindert. Sie hat ihre Anliegen
aber in einem Telefonat mit Heike Schwalm übermittelt. Die von Heike Schwalm dankenswerterweise niederge-
schriebene Zusammenfassung des Gesprächs ist in diese Dokumentation eingegangen.
                                                                                                             4
Anschließend begrüßte die Leiterin des neuen       Um eine solche Situation herzustellen, seien
Fachbereichs und Initiatorin des Labors, Dr.       in den letzten Jahren zentrale Fragestellungen
Kawthar El-Qasem, die Anwesenden. In einem         und Forderungen durch die Akteure Baukul-
kurzen Vortrag stellte sich und den neuen          tureller Bildung selbst formuliert worden. Zu
Fachbereich vor. Sie gab auch einen Einblick       diesen diesen zählten vor allem die Forderung
in Ziele und Anliegen des Labors, ebenso wie       nach Professionalisierung, nach einer gere-
in Anliegen, Ziele und Haltung ihrer Arbeit im     gelten Förderstruktur, und schließlich nach
Fachbereich und des gerade neu erschienenen        Verstetigung und Verankerung Baukultureller
Programms für 2021. In ihrem Fazit verwies         Bildung in der Bildungslandschaft. Diese Forde-
auch sie auf die Wichtigkeit guter Kooperation     rungen hingen nicht nur zusammen, sondern
und strategischen Handelns:                        bedingten sich gegenseitig.

„Das Feld der Baukulturellen Bildung ist im Auf-
bruch. Unser heutiges Labor ist ein erster Auf-     »Um Baukulturelle Bildung
takt, gemeinsames und strategisches Handeln           auf das ‚Next Level‘ zu
auf den Weg zu bringen. Wir hoffen auf starke
Partnerschaften und solide Allianzen für eine      heben, ist es besonders wich-
Baukulturelle Bildung, die einen wichtigen Bei-
trag zu einer demokratischen und offenen Ge-
                                                        tig, das komplexe
sellschaft leistet. Und hierfür danke ich Ihnen       Beziehungsgeflecht, in
schon jetzt.“
                                                    dem Baukulturelle Bildung
                                                      steht, strategisch und
                                                       gewinnbringend zu
Baukulturelle                                               gestalten.«
Bildung –                                                       Dr. Kawthar El-Qasem

Next Level                                         Gleichzeitig gab Kawthar El-Qasem zu beden-
                                                   ken, dass ein Mehr an qualitativ hochwertiger
                                                   Baukultureller Bildung in der Praxis auf ein
Perspektiven des Fachbereichs Baukultur an         Mehr an Partizipation hinausläuft. Die Einbe-
der Akademie - Dr. Kawthar El-Qasem                ziehung aller an Baukultur Beteiligten – oder
                                                   von Baukultur Betroffenen – und das seien
In ihrem Vortrag betonte Dr. Kawthar El-Qasem      summa summarum schließlich alle Menschen
das Anliegen der Akademie und des Fachbe-          und auch die gesamte Umwelt, sei eine umfas-
reichs, sich im Gesamtkontext Baukultureller       sende Aufgabe. Die Erfüllung dieser Aufgabe
Bildung zu verorten und die Arbeit im gemein-      verlange nach Kommunikations- und Über-
samen Dialog mit den Akteuren in diesem Feld       setzungskompetenzen. Auch das müsse gute
zu entwickeln. Um Baukulturelle Bildung auf        Baukulturelle Bildung leisten.
das „Next Level“ zu heben, sei es besonders
wichtig, das komplexe Beziehungsgeflecht, in
dem Baukulturelle Bildung steht, strategisch
und gewinnbringend zu gestalten. Hierzu sei
ein effektiver Austausch und ein gemeinsames,
                                                   Baukulturelle Bildung –
zielgerichtetes Handeln der beteiligten Akteu-
re von zentraler Bedeutung. Als Mitstreitende
                                                   zutiefst politisch
möchten Akademie und Fachbereich daran         Darüber hinaus wies Kawthar El-Qasem da-
mitarbeiten – auch um Absolvent*innen klare    rauf hin, dass Baukulturelle Bildung zutiefst
und gute Perspektiven und optimale Bedingun- politisch sei. Fragen danach, wer berechtigt
gen für ihre wichtige Arbeit zu bieten.
                                                                                            5
sei, wer mitreden dürfe, wessen Perspektiven     könne und welche Rollen und Allianzen im
mitgedacht, wessen Geschichten erzählt oder      Netzwerk und darüber hinaus sinnvoll und
verschwiegen würden, oder wessen Stimmen         möglich seien. Auch könne gemeinsam dis-
gehört würden und wessen nicht, wer unsicht-     kutiert werden, welche Vorgehensweise ziel-
bar bleibe und wer fehle, zeigten das Spekt-     führend sei, um Baukulturelle Bildung auf die
rum politischer Fragen auf, die Baukultureller   nächste Ebene, auf das Next Level zu heben.
Bildung innewohnten. Dies seien vor allem        Für den Fachbereich wolle sie insbesondere
Fragen nach Repräsentation und politischer       ausloten, welche Rolle die Akademie und der
Willensbildung auf unterschiedlichen Ebenen.     Fachbereich dabei einnehmen könnten, um
                                                 möglichst effektiv an dieser Zielsetzung mitzu-
Auch deshalb seien die Teilnehmenden als         wirken.
Expert*innen eingeladen, sich mit ihrem Er-
fahrungswissen aus den unterschiedlichen
Handlungsfeldern auszutauschen. Ziel sei es
außerdem zu überlegen, wie die gemeinsame
Zusammenarbeit effektiv koordiniert werden

                  »Fragen danach, wer
             berechtigt ist, wer mitreden darf,
             wessen Perspektiven mitgedacht,
               wessen Geschichten erzählt
                oder verschwiegen werden,
              oder wessen Stimmen gehört
                 werden und wessen nicht,
            wer unsichtbar bleibt und wer fehlt,
             zeigen das Spektrum politischer
              Fragen auf, die Baukultureller
                  Bildung innewohnen.«
                                     Dr. Kawthar El-Qasem

                                                                                           6
Diese drei Qualifizierungsreihen des Fachbereichs starten 2021

Einblicke in das
Programm 2021
Um einen Einblick in ihre Arbeit und ihr Vor-     Die dritte Reihe Baukultur intuitiv [Beginn: April
haben zu geben, stellte Kawthar El-Qasem das      2021] sensibilisiert für Raumwirkungen und
Programm des Fachbereichs für 2021 kurz vor.      Wirkungsräume, Teilnehmer*innen realisieren
Es starten insgesamt vier Qualifizierungsrei-     Interventionen im Raum und arbeiten mit Mo-
hen. Die Reihe Baukultur emanzipatorisch [Be-     dellen und Simulationen.
ginn: Juni 2021] beinhaltet die Beschäftigung
mit den Zusammenhängen zwischen Raum,             Eine vierte Qualifizierung zum Thema Nachhal-
Ort und Biografie, das Kennenlernen partizi-      tigkeit [Beginn: Oktober 2021] ist interdiszipli-
pativer Verfahren und gemeinwohlorientierter      när ausgerichtet und wird gemeinsam mit dem
Projekte, und das Erlernen der Werkzeuge          Fachbereich Bildende Kunst durchgeführt. Da-
Baukultureller Kommunikation, die die Analyse,    neben bietet der Fachbereich Baukultur Kurse
Darstellung und Vermittlung eigener Ideen er-     an, die als Wahlkurse für die Qualifizierungen
möglichen.                                        angerechnet werden können. Auch besteht
                                                  die Möglichkeit, Kurse aus anderen Fachbe-
Die zweite Reihe Baukultur inklusiv [Beginn:      reichen anrechnen zu lassen, die thematisch
September 2021] beschäftigt sich kritisch mit     passen. So können die Vielfalt der Angebote
Raumbegriffen und Raumverständnis, postko-        an der Akademie genutzt und Synergieeffekte
lonialen, rassismuskritischen und postmigranti-   erzeugt werden.
schen Perspektiven und Inklusion.

                                                                                                   7
Wahlkurse und Interdisziplinäres

Kawthar El-Qasem erläuterte die Zielgruppen       deren zu sehen und ihnen Raum zu geben,
der angebotenen Kurse und Qualifizierungen.       ihnen zuzuhören und sie als Expert*innen ihrer
Für den Fachbereich Baukultur seien das Men-      eigenen Lebenswelt zu adressieren. Demo-
schen aus unterschiedlichen Berufsgruppen,        kratie-Lernen könne nur gelingen, wenn An-
die in der kulturellen Bildung, in der Kinder-    erkennung, Teilhabe und Zugehörigkeit gelebt
und Jugendarbeit, in der Stadtteil- und Com-      würden, und zwar möglichst früh. Baukultu-
munity-Arbeit oder in partizipativen Verfahren    relle Bildung sei in besonderem Maße dazu
mit Kindern und Jugendlichen tätig sind oder      geeignet, weil Baukultur uns in jedem Lebens-
werden möchten.                                   abschnitt und in jeder Lebenslage unmittelbar
                                                  betrifft.

Haltung und
                                                  Das Netzwerk
Positionierung
                                                  erweitern – auf der
                                                  Ebene der Praxis
Außerdem erläuterte sie ihre pädagogische
Haltung: Ihr sei es wichtig zu vermitteln, dass
Kinder und Jugendliche als gleichwertige und
berechtigte Produzent*innen, Nutzer*innen         Die spannende Aufgabe, einen neuen Fach-
und Gestalter*innen von Raum adressiert           bereich aufzubauen, bedeute Gestaltungs-
werden. Dazu gehöre nicht nur, Kindern und        freiräume. Doch sie vollziehe sich nicht im
Jugendlichen Respekt und Wertschätzung ent-       luftleeren Raum. Kawthar El-Qasem versteht
gegen zu bringen, sondern auch, offen dafür       den Fachbereich als lernendes System: Mit den
zu sein, von Kindern und Jugendlichen zu ler-     Absolvent*innen der Qualifizierungen und Kur-
nen, ihre Perspektiven zu würdigen und ihrer      se werde das Netzwerk Baukulturelle Bildung
Herangehensweise Raum zu geben.                   stetig erweitert, vor allem auf der Ebene der
                                                  Praxis.
Baukulturelle Bildung sei zudem Demokratie-
Lernen. Eine inklusive Demokratie bedeute         Mit den Rückmeldungen der Absolvent*innen
auch, die Spuren und Geschichten des An-          über ihre Erfahrungen in der Arbeit mit

                                                                                               8
Der Fachbereich Baukultur als lernendes System

Kindern und Jugendlichen, könne eine Rück-
kopplung gewährleistet und so das Angebot
des Fachbereichs weiterentwickelt werden.
Auf diese Weise erhalte das Netzwerk auch
einen Einblick in Gelingensbedingungen Bau-            »Eine inklusive
kultureller Bildung und könne auf die Rahmen-
bedingungen reagieren. Das Teilen dieser Er-
                                                   Demokratie bedeutet
fahrungen im Netzwerk eröffne Möglichkeiten,       auch, die Spuren und
gemeinsam und gezielt auf eine Verbesserung
hinzuwirken.
                                                 Geschichten des Anderen
                                                 zu sehen und ihnen Raum
                                                zu geben, ihnen zuzuhören
                                                  und sie als Expert*innen
                                                 ihrer eigenen Lebenswelt
                                                      zu adressieren.«
                                                         Dr. Kawthar El-Qasem

                                                                                          9
Baukulturelle                                      Kindergerechtes
                                                   Deutschland und
Bildung braucht                                    Social Impact
Partizipation -                                    Anke M. Leitzgen stellte dieser offensichtlichen
                                                   Nicht-Beteiligung gegenüber, dass die Beteili-

und umgekehrt                                      gung von Kindern und Jugendlichen an Fragen
                                                   zur Stadtentwicklung, Bauleitplanung, Ver-
                                                   kehrsgestaltung und zur Umwelt bereits der
Impulsvortrag von Anke M. Leitzgen (tinker-        „Nationale Aktionsplan für ein kindergerechtes
brain – Agentur für Bildungsinitiativen) und       Deutschland, 2005-2010“ als Handlungsfeld
Heike Schwalm (LWL-Denkmalpflege, Land-            ausgewiesen hatte. Trotzdem passiere noch
schafts- und Baukultur in Westfalen)               viel zu wenig. Dies begründe sich ihrer Er-
                                                   fahrung nach in zahlreichen Vorurteilen. Dazu
Anke M. Leitzgen und Heike Schwalm gaben           gehöre die Sorge, dass Kinder und Jugendliche
in ihrem Impulsvortrag vielfältige Einblicke in    zu anspruchsvolle Wünsche formulieren könn-
ihre Erfahrungen aus zahlreichen Beteiligungs- ten, die sich nicht erfüllen lassen würden und
projekten mit Kindern und Jugendlichen, die im damit Enttäuschung vorprogrammiert sei.
Kontext von Stadtentwicklung oder kultureller,
digitaler sowie demokratischer Bildung statt-      Tatsächlich erleben beide Referentinnen je-
gefunden haben.                                    doch, dass junge Menschen ihre Wünsche mit
                                                   viel Umsicht und Weitsicht formulieren, sowie
Anke M. Leitzgen hat mit ihrem Projekt #stadt- gemeinwohlorientierte Ideen einbringen wür-
sache und der gleichnamigen App mehr als           den, die sich positiv auf das Klima baukultu-
3.000 Kinder und Jugendliche mit über 50.000 reller und planerischer Debatten Erwachsener
Ergebnissen in Deutschland und der Schweiz         auswirke. Sie wiesen darauf hin, dass in baukul-
beteiligt. Sie vertritt die Position, dass Baukul- turellen Beteiligungsprojekten mit Kindern und
turelle Bildung und Teilhabe zusammen ge-          Jugendlichen besonders auffalle, dass diese
dacht werden müssen. Der Schwerpunkt der           nicht nur sich selbst, die eigene Peergroup
Arbeit von Heike Schwalm liegt in der Konzep- oder Altersgruppe mitdenken, sondern alle
tion und Realisierung von partizipativen Kom-      Generationen, vom kleinen Geschwisterkind
munikationsprojekten sowohl im institutionel-      über die Eltern bis hin zu den Großeltern. In-
len, freiberuflichen als auch im ehrenamtlichen sofern könne von einem großen Social Impact
Rahmen. Ihr Anliegen ist, Baukulturelle Bildung Baukultureller Bildung und Teilhabe die Rede
zu professionalisieren.                            sein.

Den Auftakt des Vortrags machte das Ergebnis

                                                   Baukulturelle
einer kleinen Umfrage. Rund 150 Schüler-
innen und Schüler der 5. und 8. Klasse waren

                                                   Beteiligung und
innerhalb eines Beteiligungsprojekts an einem
Gymnasium in Münster zu folgender Aussage

                                                   Demokratiebildung
befragt worden: «Ich werde nach meiner Mei-
nung gefragt, wenn mich eine Entscheidung
etwas angeht. Etwa bei Sportplätzen, Pausen-
höfen, Schulbau oder dem öffentlichen Nah-         Leitzgen stellte die Frage in den Raum, was
verkehr.» 92 Prozent der Befragten antworten       passiere, wenn es für Kinder nicht länger nur
mit „Nein“ und 8 Prozent mit „eher Nein“. Leitz-   Glückssache sei, zu erleben, dass ihre Meinung
gen sagte, dass diese Werte typisch seien,         zähle. Die Antwort darauf gab sie mit dem zen-
wann immer sie in ihren #stadtsache-Projekten      tralen Ergebnis der Studie „Vita gesellschaft-
den „Spielplatz“ in der Aufzählung weglasse.       lichen Engagements“ des Deutschen Kinder-
                                                   hilfswerks.
                                                                                             10
Laut Studie würde Teilhabe mit echter Mitbe-
stimmung und dem Erleben von Selbstwirk-           Zeitgemäße Teilhabe
samkeit dazu führen, dass die Bereitschaft
wächst, Verantwortung zu übernehmen. Sie           und baukulturelle Bil-
fördere die soziale Kompetenz von Kindern
und unterstütze damit eine stabile Persönlich-     dung ist crossmedial
keitsentwicklung. Die die Studie belege ferner,
dass engagierte Erwachsene in der Regel be-        An diesem Punkt bedankte sich Anke M. Leitz-
reits als Kind positive Erfahrungen mit Mitspra-   gen bei der Baukultur NRW, die sowohl ihr
che und Selbstwirksamkeit gemacht hätten           Buch „Entdecke deine Stadt“1 wie auch die
– was im Umkehrschluss bedeute, dass eine          App #stadtsache und ein zugehöriges Work-
Gesellschaft, die sich engagierte Erwachsene       book finanziell, mit Fachwissen und der eben-
wünsche, ihren Kindern ein reiches Angebot         so wichtigen Pressearbeit gefördert habe. Das
zur Teilhabe bieten müsse.                         Besondere an der Förderung war, dass sich
                                                   daraus ein eigenständiges crossmediales Be-
Heike Schwalm erklärte, wie wichtig dies ge-       teiligungsinstrument, mit eigenem Vertriebs-
rade auch vor dem Hintergrund einer starken        konzept entwickeln konnte. #stadtsache sei
Demokratie sei, da ein weiteres Ergebnis der       inzwischen für die baukulturelle Bildung und
Studie zum Schluss komme, dass „Sich-betei-        Teilhabe von Kindern ab 4 Jahren angelegt.
ligen-wollen“ stark vom „Sich-beteiligen-kön-
nen“ abhänge. Das wiederum hieße, dass hohe        Leitzgen stellte die App anhand von Bildern
Zugangshürden automatisch viele Kinder und         aus verschiedenen Projekten vor. Sie zeigte,
Jugendliche ausschließe und – was gar nicht        dass sich die notwendigen Planerwerkzeuge
stark genug betont werden könne – sie damit        wie Stadtplan, Forscherfragen, Stift, Zettel
gleichzeitig von echten Demokratieerfahrun-        und Kamera alle in digitaler Form in der App
gen ausgeschlossen würden.                         befinden, und wie jeder die 60 vorinstallierten
                                                   Fragen für eigene baukulturelle und inklusive
                                                   Bildungsprojekte nutzen könne. Die zweite
                                                   Nutzungsart der App ermöglicht eigene und
                                                   nur für die Teilnehmenden sichtbare Samm-
                                                   lungen. Mit dieser Funktion werde vor allem in
                                                   planerischen Projekten gearbeitet.
1     Leitzgen/Rienermann, Beltz & Gelberg, 2009
                                                                                             11
Förderprojekte brau-
chen Kommunikations-
arbeit
Heike Schwalm stellte abschließend das Pro-
jekt Denkmal Europa vor, das online zugäng-
lich ist und zu dem demnächst ein Workbook
erscheint2. Schwalm stellte mit diesem Beispiel
heraus, dass geförderte Projekte in der bau-
kulturellen Bildung oftmals nicht die Aufmerk-
samkeit der Öffentlichkeit erhalten, weil ihre
Kommunikation nicht mitgedacht würde.

Doch ohne Pressearbeit und einen guten
Vertrieb, verschwänden diese Produkte dann
ungesehen wieder in der Schublade. So kön-
ne nicht mit Folgeprojekten darauf aufgebaut
werden. Das Rad würde immer wieder neu er-
funden, eine echte Evaluierung fehle, was wie-
derum eine Weiterentwicklung und Bündelung
von Ressourcen erschwere. Hinzu käme, dass
Baukulturelle Bildung über kein eigenständiges
auf Nachhaltigkeit ausgelegtes Fördersystem
verfüge.

 »In baukulturellen Beteiligungsprojekten den-
ken Kinder und Jugendliche nicht nur sich selbst,
  die eigene Peergroup oder Altersgruppe mit,
    sondern alle Generationen, vom kleinen
 Geschwisterkind über die Eltern bis hin zu den
  Großeltern. Insofern kann von einem großen
    Social Impact Baukultureller Bildung und
             Teilhabe die Rede sein.«
                                 Anke M. Leitzgen und Heike Schwalm

2     „Denkmal Europa – Das Workbook für Zeitreisende“ ist im Oktober 2020 erschienen.
                                                                                         12
1. Workshop-
                                                       Abstimmung durch die Teilnehmenden be-
                                                       stimmt und anschließend mit ähnlichen The-
                                                       men geclustert. Diese priorisierten Themenfel-

Phase:                                                 der boten die Grundlage für die gemeinsame
                                                       Arbeit an möglichen Lösungswegen und Hand-
                                                       lungsempfehlungen in der zweiten Workshop-

Bestands-                                              Phase.

aufnahme                                               Was fördert
In ihrer Arbeit im Bereich Baukultureller Bil-         Baukulturelle Bildung?
dung machen Akteure auf den unterschied-
lichen Handlungsebenen vielfältige Erfahrun-           Mit dieser Frage wurden Faktoren gesammelt,
gen. In der ersten Workshop-Phase des Labors           die Baukulturelle Bildung erleichtern, ermög-
ging es darum, diese Erfahrungen bezüglich             lichen und weiterbringen. Hier gab es eine
derjenigen Faktoren zu befragen, die Baukultu-         Reihe von Antworten, die offenbar nicht die Ist-
relle Bildung fördern oder ausbremsen.                 Situation beschreiben, sondern einen Wunsch
                                                       äußern und damit auf ein Defizit verweisen.
Nach einer ersten Bestandsaufnahme wurden              Insgesamt können die Antworten wie folgt
die wichtigsten Einflussfaktoren mithilfe einer        gruppiert werden:

                                            Crossmediales
                                              Arbeiten            Evaluation
                                         Hochwertige             Fachwissen
                                          Materialein         Baukultur & Bildung
          Neue Perspektiven               Experimentelle         Persönliche
         z.B. von Lehrer*innen auf           Ansätze            Begeisterung
               Schüler*innen

                      Gemeinschaft                                             Entscheidungs-
          Selbstwirksamkeit                                                     macht ändern
                                                                           Zukunftsorientierung
                             Wertschätzung                                   Kultureller Zuwachs
                        Gleichheit   Kontinuität
                      Mut                  Offenheit
                             Tugenden                         Nachhaltigkeit
                     Verlässlichkeit       Vertrauen
                         Neugier     Gerechtigkeit
                                                                                 Kooperation,
                             Verantwortung                                     gute Partnerschaft
                                                                              Netzwerk
                        Klare und                                                    Austausch
                      angemessene
        Offene       Förderstrukturen                  Zeit
      Haltung von                                                  Klare
     Institutionen                                             Zielgruppen
                      Öffentlichkeits-            Raum
                          arbeit                              Bestehende
           Rückhalt von oben                                   Gruppen

                                                                                                    13
Tugenden auf dem Weg                              „Kooperation“ und „verlässliche Partner“, an-
Um eine Verankerung und Verstetigung Bau-         dererseits baut sie auf die „Neugier der Be-
kultureller Bildung zu erreichen, also das Feld   teiligten (Kinder, Lehrer*innen, Eltern etc.)“,
zu seiner Anerkennung und Etablierung zu füh-     den intensiven „Austausch (auch und vor allem
ren, sind offenbar einige Tugenden und Eigen-     mit Teilnehmenden)“, die „Entwicklungs- und
schaften notwendig. Allen voran eine „persön-     Veränderungsbereitschaft aller Akteure“ und
liche Begeisterung für Baukulturelle Themen“      die Erfahrung von „Selbstwirksamkeit“. Pers-
auf allen Handlungsebenen. Baukulturelle          pektivisch wirken dabei ein erwarteter „kultu-
Bildung muss also eine „Herzensangelegen-         reller Zuwachs“ und die „Zukunftsorientierung“
heit“ sein oder werden. Nur so kann gewähr-       motivierend.
leistet werden, dass die Beteiligten „dranblei-
ben“ und die nötige „Kontinuität“ entsteht, um    Mehr Zeit und Geld
trotz schwieriger Rahmenbedingungen, gute         Dem Mangel an Zeit und Geld steht hier der
Projekte umzusetzen.                              Wunsch nach „Zeit und Finanzierung gegen-
                                                  über, um nutzerorientiert zu arbeiten“. Kla-
»‚Nachhaltigkeit‘ ist vor dem                     rere und der Relevanz und kulturellen und
                                                  politischen Bedeutung angemessene För-
   Hintergrund politischer,                       derstrukturen und zu gestaltende passende
      ökologischer und                            „Rahmenbedingungen“ können eine Sicherung
                                                  Baukultureller Bildung gewährleisten. Diese be-
 wirtschaftlicher Krisen zu                       deuten mehr „Zeit“ und „Raum“ für die „Kon-
 einem wichtigen Stichwort                        zeption“ und Durchführung der Bildungs- und
                                                  Vermittlungsarbeit und machen Baukulturelle
     geworden, zu dem                             Bildung unabhängig von Konjunkturen, per-
                                                  sönlichem, ehrenamtlichem Engagement und
    Baukulturelle Bildung                         anderen Faktoren.
     zahlreiche Bezüge
                                                  Partnerschaften
       herstellen und                             Für eine gelingende Baukulturelle Bildung sind
   ganzheitliche Ansätze                          „gute“ und „verlässliche Partnerschaften“ un-
                                                  erlässlich. Hierbei werden verschiedene Ebe-
        liefern kann.«                            nen benannt: Auf der Ebene der Planung und
                                                  Durchführung werden „Kooperationspartner“,
             Dr. Kawthar El-Qasem                 „Beteiligte“, „Mitstreiter“ und „interessierte und
                                                  engagierte Lehrkräfte“ genannt. Aber auch
Gleichzeitig muss die „Nachhaltigkeit“ Bau-       ein „großes Netzwerk“, das „Austausch“, „Anre-
kultureller Bildung mitgedacht werden, damit      gungen“ und „Kooperationen“ möglich macht,
möglichst langanhaltende und beeindrucken-        sowie „interdisziplinäre Teams“ werden als för-
de Effekte erzielt werden. Diese können die       derliche Faktoren angeführt, die Baukulturelle
Notwendigkeit und das Potential Baukultureller    Bildung voranbringen. Allgemein wurde das
Bildung am besten transportieren. „Nachhaltig-    Stichwort Offenheit in Bezug zu verschiedenen
keit“ ist vor dem Hintergrund politischer, öko-   Ebenen benannt.
logischer und wirtschaftlicher Krisen zu einem
wichtigen Stichwort geworden, zu dem Bau-         Auch „Institutionen“ (z.B. Museen) und die
kulturelle Bildung zahlreiche Bezüge herstellen   „Offenheit der beteiligten Institutionen“ für das
und ganzheitliche Ansätze liefern kann. Hierzu    Thema sind wichtig, um Möglichkeitsräume
gehört auch, eine „Auseinandersetzung auf         Baukultureller Bildung zu generieren. Hierbei
Augenhöhe“, die Grundsätze wie „Vertrauen“,       wird explizit der „Rückhalt von oben“ erwähnt,
„Verantwortung“, „Gleichheit“, „Gerechtigkeit“    der natürlich nicht fehlen darf. Hilfreich seien
und „Wertschätzung“ in konkrete Handlungs-        zudem „klare Zielgruppen“, sodass ein Gegen-
räume übersetzt.                                  über antizipiert werden kann und Prozesse und
                                                  Ziele gemeinsam gesetzt und kommuniziert
Diese Übersetzung bedarf einerseits „Mut“,        werden können.
                                                                                              14
Qualität                                          Gelingensbedingungen und
Einige Antworten griffen das Thema Qualität       Erfahrungen
auf. Das Merkmal Qualität bezieht sich da-        In der praktischen Arbeit mit Kindern und Ju-
bei auf den gesamten Prozess Baukultureller       gendlichen ergeben sich weitere Faktoren, die
Bildung, explizit benannt wurden dabei „Zu-       zu einem Gelingen beitragen. „Eine Gruppe,
sammenarbeit, Zeit, Ausführung“. Baukulturelle    die sich bereits kennt“, erleichtert den Erfolg
Bildung wird gefördert durch gute „Materialien,   der Zusammenarbeit, ebenso wie „der Wunsch
die inspirieren und informieren“, und durch       zu lernen“ oder ein „konkreter Anlass“, der die
„Fachwissen“, sowohl im Bereich „Baukultur“       Motivation steigert. Ein „experimenteller An-
als auch im Bereich „Bildung“.                    satz“ und „eine gemeinschaftliche Atmosphä-
                                                  re“, „die Kreativität der Teilnehmenden“, „das
Hier bietet der Fachbereich Baukultur an der      Erleben von Partizipation“ und das „Aktiv-Mit-
Akademie neue Perspektiven für Qualifizie-        helfen-Dürfen“ lassen das Projekt für alle zu
rung, Fort- und Weiterbildung. Ebenso wichtig     einer nachhaltigen Erfahrung werden.
erscheint es, über gute „Möglichkeiten der Öf-
fentlichkeitsarbeit“ zu verfügen, um Vorhaben     In diesem Prozess werden, wenn auch nur im
und Ergebnisse zu kommunizieren und weitere       So-tun-als-ob-Modus, „Wirkmechanismen neu
Zielgruppen zu erreichen. Ferner wird eine        geknüpft“ und eine „Änderung von Entschei-
„Evaluation“ baukultureller Bildung für wichtig   dungsmacht“ erprobt. Dabei, so die Erfahrun-
erachtet, um die Qualität zu verbessern und zu    gen, erleben insbesondere Lehrer*innen ihre
sichern.                                          Schüler*innen aus einer neuen Perspektive
                                                  und kommen nicht selten zu dem Schluss, ihre
Digitalisierung                                   Einschätzung der betreffenden Schüler*innen
Die Kommunikation innerhalb von Projekten,        überdenken zu müssen.
aber auch an Außenstehende ist für eine
erfolgreiche Arbeit unerlässlich. „Die sozialen   Insgesamt können alle diese Faktoren zu einer
Medien und ihre Verbreitungsmöglichkeiten“        höheren „Akzeptanz“ Baukultureller Bildung
zu nutzen bietet auch hier viele Chancen. Vor     beitragen, die unbedingt notwendig ist, um
allem „crossmediales Arbeiten“ bietet zahlrei-    das „Next Level“ zu erreichen.
che Möglichkeiten, die Zielgruppe(n) besser zu
erreichen und Teilhabemöglichkeiten zu er-
höhen, Prozesse abzubilden und Ergebnisse zu
sichern.

    »Baukulturelle Bildung wird gefördert durch
       gute ‚Materialien, die inspirieren und
       informieren‘, und durch ‚Fachwissen‘,
           sowohl im Bereich ‚Baukultur‘
           als auch im Bereich ‚Bildung‘.«
                                   Teilnehmer*innen des Labors

                                                                                           15
Was behindert Baukul-                              einen Anteil an den folgenden Faktoren haben,
                                                   die Baukulturelle Bildung mit dieser Zielgruppe

turelle Bildung?                                   erschweren.

                                                   Zu wenig Fantasie
Die zweite Frage, die es zu beantworten galt,
                                                   Als besonders hinderlich wurden „festgefahre-
richtete die Aufmerksamkeit auf die ‚Problem-
                                                   ne Denkweisen“ benannt. Dies schlägt sich in
zonen‘ im sehr vielfältigen Feld Baukultureller
                                                   verschiedenen Bereichen Baukultureller Bil-
Bildung. Hier gibt es zwar ein breit gefächertes
                                                   dung nieder. Während die „Rahmenbedingun-
Angebot, es bleibt dennoch im Verhältnis zur
                                                   gen Schule“ „Schüler*innen und Teilnehmende
Relevanz von Baukultur für den*die Einzelne*n
                                                   mit schulischer Herangehensweise“ und dem
und die Gesellschaft weit zurück. Vor allem
                                                   Schema „Was ist richtig/falsch“ hervorbringen,
aber befindet es sich in einer eher prekären
                                                   werden die gleichzeitige „Ergebnisfokussie-
Situation, die einhergeht mit einer unzurei-
                                                   rung“ und „erwartete Ziel- und Effektvorstel-
chenden Finanzierung, unklaren Perspektiven,
                                                   lungen“ als hinderlich für notwendige offene
einer „fehlenden Akzeptanz“ und einem „gerin-
                                                   und kreative Prozesse wahrgenommen.
gen Bekanntheitsgrad“. Insgesamt können die
Erfahrungen der Anwesenden wie folgt
                                                   Hinzu kommen häufig eine „fehlende Vor-
gruppiert werden:
                                                   stellungskraft z.B. bei Lehrer*innen“ und „feh-
                                                   lendes Wissen“, die eine Öffnung für solche
Zu viel Macht –                                    Prozesse erschwerten. „Dogmen und tradierte
und starre Strukturen                              Vermittlungsansätze“ oder auch ein „rituali-
Ein grundlegendes Hindernis auf dem Weg zur        siertes Gedenken/Umgang mit Denkmälern“
Verankerung und Verstetigung Baukultureller        und insgesamt „experimentier-unfreudige
Bildungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen        Kooperationspartner*innen“ bis hin zur „Angst
wird in gesellschaftlichen Machtstrukturen         der Verwaltung“ vor offenen Prozessen deuten
ausgemacht, ganz konkret in der „Sicht von         ihrerseits auf starre Strukturen in Institutionen
Erwachsenen auf Kinder“. Nicht nur, dass „Er-      und Verwaltung.
wachsene glauben, es besser zu wissen“: Sie
hätten insgesamt ein deutlich „eingeschränk-
tes Bild von Kindheit“. Es kann sogar eine           »‚Dogmen und tradierte
„Segregation von Kindern und Jugendlichen in
‚Kinderwelten‘“ beobachtet werden. Die Hal-         Vermittlungsansätze‘ oder
tung hinter diesen Strukturen führe insgesamt
zu einer „halbherzigen Umsetzung von (Kinder)
                                                       auch ein ‚ritualisiertes
Rechten“.                                             Gedenken/Umgang mit
Unter diesen Bedingungen geht der Umset-           Denkmälern‘ und insgesamt
zung Baukultureller Bildungsvorhaben mit            ‚experimentier-unfreudige
Kindern und Jugendlichen nicht selten eine
„Überzeugungsarbeit für die Relevanz der Ziel-     Kooperationspartner*innen‘,
gruppe“ voraus. Die sich auf diese Weise mani-
festierenden Machtstrukturen, die Kinder und
                                                       bis hin zur ‚Angst der
Jugendliche nicht selbstverständlich als Zur-        Verwaltung‘ vor offenen
Teilhabe-Berechtigte annehmen, erschwert
und behindert die Arbeit Baukulturelller Bil-
                                                    Prozessen deuten ihrerseits
dungsvermittler*innen.                                auf starre Strukturen in
Dieses mangelnde Bewusstsein und der man-                Institutionen und
gelnde politische Wille, Kindern und Jugend-
lichen den Platz zuzugestehen, der ihnen als
                                                           Verwaltung.«
Bürger*innen zusteht und entsprechende                       Teilnehmer*innen des Labors
Beteiligungsstrukturen zu schaffen, mag dabei

                                                                                              16
Zu wenig Zeit                                       institutionelle Unterstützung“ werden auch in
Zeitmangel ist sicherlich kein Phänomen, das        den Genehmigungsverfahren ausgemacht:
sich nur auf die Baukulturelle Bildungsarbeit      „zu große Teams und Abstimmungsschleifen“
mit Kindern und Jugendlichen beschränkt.           und ein „langer Vorlauf“ verlangen viel Ausdau-
Letztlich aber ist das Vorhandensein oder das      er und eine lange Planungsphase, bevor es zur
zur Verfügung stellen von Zeit als Ressource       Umsetzung von Projekten kommen kann.
eine Frage der Prioritätensetzung. Die Zeit von
und mit Kindern und Jugendlichen in Insti-         Zu wenig Vernetzung,
tutionen ist durch Erwachsene strukturiert.        Interessenvertretung und Diskurs
Besonders eng wurde der Zeitplan im Rahmen         Demgegenüber steht ein „geringer Bekannt-
der G8 („volle Lehrpläne, viele Projekte, wenig    heitsgrad Baukultureller Bildung“, was mit einer
Mitarbeiter“).                                     „fehlenden Akzeptanz“ und „Wertschätzung
                                                   des Themas in der Breite“ einhergeht und zu
Nicht nur das schulische „Alltagsgeschäft“,        großem „Erklärungsbedarf“ führt.
wird gegenüber Außerplanmäßigem priorisiert,
auch das Alltagsgeschäft der Baukulturellen        Gleichzeitig fehlten „Plattformen“, die eine
Vermittler*innen: Solange Baukultureller Bil-      „Präsenz des Themas im öffentlichen Diskurs“
dung nicht verankert und in ihrer Relevanz         ermöglichen, ebenso wie eine „zentrale Verei-
anerkannt wird, können Vermittler*innen nur        nigung“ und „Interessenvertretung“ der in der
dann dieser Arbeit nachgehen, wenn das             Praxis tätigen Vermittler*innen. Zuweilen fehle
Alltagsgeschäft es erlaubt. Baukulturelle Bil-     es innerhalb einer Stadt an einer Vernetzung
dungsarbeit bleibt dann etwas für konjunktu-       von Projekten. Das Fehlen von Plattformen und
rell schlechte Zeiten, in denen die Auftragslage   Vernetzung geht einher mit dem Fehlen eines
dünner wird.                                       „internen Diskurses“ darüber, „was der Start-
                                                   punkt Baukultureller Bildung“, deren „Ziele“
Zu wenig Geld, zu viel Bürokratie                  und „Qualitätsmerkmale“ seien.
Dahinter stehen u.a. „schlechte Förderstruktu-
ren“, „Geldmangel“, unzureichende „Honorie-
rung/Geldmittel“ ebenso wie ein hoher „Zeit-
aufwand beim Stellen der Projektanträge“ und
eine „lange Zeit für Finanzakquise“ – insgesamt
also ein wahrgenommenes Zuviel an „Bürokra-
tie“. „Bürokratische Hürden“ und eine „fehlende

                                            Zu wenig
                          Zu wenig          Fantasie                  Zu wenig
          Zu wenig
                            Zeit
                                                                      Teilhabe
            Geld

                             Zu viel Macht
                                                           Zu wenig
         Starre                                             Diskurs
       Strukturen                           Zu wenig                        Zu wenig
                                           Vernetzung                     Interessen-
                                                                           vertretung

                                                                                             17
2. Workshop-                                    Den Karten, die in diesem Ranking die meisten
                                                Punkte bekamen, wurden von Heike Schwalm

Phase:                                          und Anke Leitzgen andere Karten mit ähn-
                                                lichen Themen zugeordnet, sodass sich drei
                                                Bereiche ergaben:

Sammeln –                                          Eingeschränktes Bild von Kindheit

Clustern –                                         •   Segregation von Kindern und Jugend-
                                                       lichen in Kinderwelten

Gewichten
                                                   •   Bild von Erwachsenen auf Kinder

Um eine Gewichtung der wichtigsten Faktoren,       Starre Strukturen
die Baukulturelle Bildung fördern oder aus-        •   Schwierige Kooperation mit Stadt,
bremsen, aus Sicht der Teilnehmenden vorzu-            Kommune etc.
nehmen, konnten diese je fünf Punkte für die       •   Angst der Verwaltung
positiven und negativen Einflussfaktoren ver-      •   Fehlende Vernetzung innerhalb
geben.                                                 einer Stadt
                                                   •   Rahmenbedingungen Schule
Bei den förderlichen Faktoren hatten folgende
Themen die Nase vorn:

•   Kooperationen                                  Fehlende Plattformen und Präsenz im
•   Interdisziplinäres Arbeiten                    öffentlichen Diskurs
•   Crossmediales Arbeiten                         •   Geringe Bekanntheit des Themas
•   Geld                                               (Erklärungsbedarf)
                                                   •   Fehlende Akzeptanz
In der zweiten Reihe rangierten                    •   Fehlende Wertschätzung des Themas
                                                       in der Breite
•   Persönliche Begeisterung für das Thema
•   Fachwissen
•   Nachhaltigkeit

Bei den beeinträchtigenden Faktoren standen
folgende Faktoren oben auf:

•   Starre Strukturen
•   Ein eingeschränktes Bild von Kindheit und
•   Fehlende Plattformen und Präsenz im
    öffentlichen Diskurs

In der zweiten Reihe rangierten

•   Geld- und Zeitmangel
•   Fehlende institutionelle Unterstützung
•   Ergebnisfokussierung

                                                                                           18
Von beein-
trächtigenden
Faktoren zu
Lösungswegen
und Handlungs-
empfehlungen
Nach dem angeregten Austausch bei Kaffee       So kristallisierten sich diejenigen Ideen und
und Kuchen, wurde am Nachmittag an den         Maßnahmen heraus, die mit vergleichsweise
drei „Problemzonen“ weitergearbeitet. Mode-    wenig Aufwand und deshalb meist kurzfristig
riert von Heike Schwalm und Anke Leitzgen      umgesetzt werden können. Beachtenswert
wurden Ideen gesammelt, wie Abhilfe geschaf-   ist hier auch die Verteilung der verschiede-
fen werden könnte. Die Ideen wurden jeweils    nen Themengebiete, die aufzeigt, auf welcher
auf eine Karte notiert, gesammelt und nach     Ebene welche Handlungsspielräume gedacht
Themengebieten sortiert. Kawthar El-Qasem      werden können.
moderierte im nächsten Schritt die Anord-
nung der Karten in einem Koordinatenkreuz.     Nach der Zuordnung im Plenum ergab sich
Ordnungsprinzip war der Grad der Wirkung in    folgendes Bild:
Relation zum notwendigen Energie-Aufwand.

                                                                                       19
Dabei wird klar, dass in der Synergie verschie-
dener Maßnahmen oder durch veränderte             Hoher Aufwand und
Voraussetzungen der Wirkungsgrad der einzel-
nen Maßnahmen deutlich erhöht werden kann         mittlerer Wirkungsgrad
und sich neue Handlungsspielräume, ggf. auf
anderen Ebenen eröffnen können. Die konkre-        •   Thema Kinderrechte prominenter
ten Ideen und Vorschläge und ihre Zuordnung            machen im Kontext Baukultur
wird im Folgenden zusammengefasst:                 •   Institutionelle Unterstützung als Aufga-
                                                       be verstehen – vorhandene Rechtssitu-
                                                       ation in den Mittelpunkt rücken

Hoher Aufwand und                                  •
                                                       (Kinderrechtskonvention, 8. SGB etc.)
                                                       Mehr Bildungsangebote zum Bild

großer Wirkungsgrad                                •
                                                       von Kindheit
                                                       Pädagogik in Ingenieur- und
                                                       Architekturstudiengängen
                                                   •   Lehramtsstudierende einbeziehen
   •   Jugendräte stärken, reformieren und
       mit mehr Befugnissen ausstatten
                                                   •   Baukulturelle Bildung als Aufgabe in
                                                       der Ausbildung
   •   Interministerielle Zusammenarbeit 		        •   Berufsbilder schaffen (analog zu Musik-
       anstreben (Beispiel Finnland)                   vermittlung oder Museumspädagogik)

   •   Mehr Geld
   •   Baukulturelle Bildung in Curricula 		      Mittlerer Aufwand und
       aufnehmen
   •   Institutionelle Unterstützung verankern    großer Wirkungsgrad
       (Finanzierung von Geschäftsführungs-
       stellen, dadurch kontinuierliche Akquise
       von Geldern, Präsenz vor Ort, Pflege        •   Plattform, die Aktivitäten bundesweit
       von Partnerschaften, Öffentlichkeits-           und grenzüberschreitend bündelt
       arbeit gewährleisten, wie z.B. Arkki)           (Bundesstiftung)
   •   Plattform, die für Präsenz sorgt (z.B.      •   Lernen von und Zusammenarbeit
       ständig wechselnde Ausstellung im               mit der politischen Bildung
       Bundestag)
   •   Lebendiges Netzwerk, das Interessen-
       vertretung sein kann                       Mittlerer Aufwand und
                                                  mittlerer Wirkungsgrad
                                                   •   Best-Practice Beispiele für mehr
                                                       Mut zu Ergebnisoffenheit
                                                   •   Aufzeigen von Chancen der
                                                       Labor-Situation
                                                   •   Institutionelle Förderung erreichen –
                                                       „Akademie für Agile Prozesse“ (Ute Reh)

                                                   •   Baukulturellen Themen eine regelmä-
                                                       ßige Plattform auf städtischer Ebene
                                                       geben
                                                   •   Rollenverständnis – Bildung
                                                       und/oder Architektur

                                                                                          20
Geringer Aufwand und                             Dem großen Gesprächsbedarf, der dabei sicht-
                                                 bar wurde, konnte aus Zeitgründen leider nicht

mittlerer Wirkungsgrad                           ausreichend entsprochen werden. Perspekti-
                                                 visch sind die unterschiedlichen Erfahrungen
                                                 und Begriffsdeutungen jedoch Themenberei-
   •   Fort- und Weiterbildung für 			           che, die einer vertieften Bearbeitung bedürfen
       Multiplikator*innen (Akademie)            und denen ein entsprechender Zeitrahmen
   •   Bei Ausbildung von Lehrkräften/ 		        und ein passendes Setting eingeräumt werden
       Pädagogen ansetzen                        sollte.

                                                 Die Vielfalt dessen, was unter Baukulturelle

Geringer Aufwand und                             Bildung fällt, wurde auch hier sichtbar. Die
                                                 Frage nach Zielen Baukultureller Bildung kann

großer Wirkungsgrad                              sehr unterschiedlich beantwortet werden. Es
                                                 gibt zahlreiche Ansätze und Angebote mit
                                                 einer Bandbreite von Zielvorstellungen, die von
                                                 Architektur-/ Wissensvermittlung über Denk-
   Bild von Kindern und Jugendlichen             malpflege bis Empowerment reichen.
   erweitern durch:
   •   „Doing“ – Zusammenarbeit praktizieren     Die Forderung nach einer gemeinsamen Ziel-
   •   Sichtbarkeit guter Beispiele an Orten,    setzung ist im Sinne einer Fokussierung und
       wo sich Erwachsene und Kinder             politischen Willensbildung nachvollziehbar. Ein
       aufhalten (z.B. VHS, Bibliotheken, 		     Dialog darüber ist dringend notwendig. Dabei
       Sportvereine, Musikschulen), an Litfaß-   sollte nicht verkannt werden, dass die ver-
       Säulen und digital                        schiedenen Ansätze unterschiedliche Bedürf-
   •   Öffentlichkeitswirksame Präsentation      nisse erfüllen und eine Daseinsberechtigung
       gelungener Projekte                       haben. Es könnte schließlich darum gehen,
   •   Offenheit der Beteiligenden               sich auf eine zugrunde liegende Haltung und
                                                 gemeinsame Werte zu einigen.

   •   Pilotprojekte testen                      Auch diesem notwendigen, vielversprechen-
   •   Institutionelle Unterstützung verankern   den und zukunftsrelevanten Diskurs muss
       – Partner frühzeitig ins Boot holen       Raum und Zeit eingeräumt werden. Auf diese
                                                 Weise könnte die Baukulturelle Bildungscom-
                                                 munity ein eigenes Profil und eine gemeinsame
                                                 Identität entwickeln, mit der sie ihre Anliegen
                                                 besser kommunizieren kann.

Klärungsbedarf(e)
In der gemeinsamen Diskussion über die Zu-
ordnung der Karten im Koordinatenkreuz
ergaben sich angeregte und aufschlussreiche
Diskussionen. Vor allem wurde deutlich, dass
es Klärungsbedarf bezüglich unterschiedlicher
(Begriffs-)Deutungen und Perspektiven bedarf,
um über „dasselbe“ sprechen zu können. Diese
Auseinandersetzung ist vor dem Hintergrund
der notwendigen internen und externen Kom-
munikation und Interessenvertretung beson-
ders relevant.

                                                                                           21
Inspirationen
                                                    •   Durchführung eines Projekts in einer KiTa in
                                                        Berlin Marzahn: „Beteiligung der Kinder an
                                                        Planung und Umsetzung eines Spielplatzes“
Als kleines Warm-Up nach dem Mittages-              •   „Fachbereichsleitung für Baukulturprojek-
sen moderierten Anke Leitzgen und Heike                 te“ und das daraus entstandene Bedürfnis,
Schwalm eine Runde zur Frage „Was oder wer              das „viele Wissen“, das dabei gesammelt
hat Sie in Bezug auf Baukulturelle Bildung am           wurde „zu vermitteln“ und „seit 2011 nur
meisten inspiriert?“. Die Resonanzen waren              noch Baukultur-Vermittlung“
sehr vielfältig. Die folgende Aufzählung ist ein
erster Versuch, diese zu sortieren.                 Eigene biografische Erfahrung
                                                    Diese Kategorie betrifft Erfahrungen, die in
Orte und Räume als Inspiration                      einer Lebensphase prägend waren, die eigene
Hierzu zählen die Erfahrungen mit konkreten         Haltung zum Raum beeinflusst und das Interes-
Orten oder mit Raum im Allgemeinen, die             se auf Baukulturelle Bildung gelenkt haben:
meistens mit einem Verstehen auf der leibli-
chen und emotionalen Ebene einhergehen:             •   „Emotionale Beziehung zur Baukultur“ im
                                                        Zuge der eigenen Migrationserfahrung und
•   „Besuch der größten deutschen Kriegsgrä-            Bewusstsein für den „Unterschied zwischen
    berstätte in Ysselsteyn (NL)“                       Deutschland und Schweden“ und die „Aura
•   „Jugend in Berlin Mitte“ und „informelle An-        großer Bauten“ und die daraus erwachsene
    eignung von Raum“                                   Schwerpunktsetzung im Kunstgeschichte-
•   Die „beeindruckende Erfahrung“, dass „Räu-          Studium auf Baugeschichte
    me inspirieren, Lebenswirklichkeiten schaf- •       „Aktivität in einer Initiative, die ein gemein-
    fen und Auswirkungen haben, ob nun als              wohlorientiertes Projekt verwirklichen
    Bildungsräume oder als nachhaltige Städte“          wollte“, „faszinierend war zu sehen, welche
                                                        Möglichkeiten sich ergeben, wenn viele
                                                        Menschen beteiligt werden“
Projekte und Partizipation
                                                    •   „Jugend in Berlin Mitte in einer Zeit mit vie-
Hierzu zählen sowohl die Teilnahme als auch
                                                        len Möglichkeitsräumen“ und der „informel-
die Durchführung von Projekten und die damit
                                                        len Aneignung von Raum“
verbundenen Erfahrungen, die die Wichtig-
                                                    •   „Vortrag von Silvia Gebel“ nach klassischer
keit, das Potential und den Reiz Baukultureller
                                                        Architektentätigkeit und Familienpause
Bildung und Partizipation zeigen. Folgende An-
lässe wurden als inspirierend genannt:
                                                    Scheitern und Widerspruch
•   „Theater im öffentlichen Raum mit Informa-      Scheitern und Widerspruch können als ge-
    tionen und offenen Fragen zum Ort“              nerative Störungen verstanden werden. Sie
•   Die „Architekturschule ARKKI in Finnland“       locken manchmal auf ungeahnte Fährten und
    und die aus der Begeisterung dafür eigene       spornen zu mehr Anstrengung oder zu einer
    „Gründung von JAS e.V.“                         Veränderung an. Auch solche wurden als In-
•   Die erfolgreiche Durchführung eines eige-       spirationsquellen benannt:
    nen Projektes in den 90er Jahren mit Schü-
    ler*innen „einer viel zu groß geplanten Ge-     •   „Ansporn“ zu mehr Teilhabe und Baukultur
    samtschule“ und der daraus entstandenen             nach „Versagen eines Planungsprojektes
    deutlichen Verbesserung des räumlichen              in Gelsenkirchen und dessen Nicht-Akzep-
    „Zusammenklangs“                                    tanz“
•   Die Zusammenarbeit mit einem katholi-           •   Widerspruch zwischen eigenen Erfahrun-
    schen Mädchen und Frauenverband und                 gen („Aufwachsen in Berlin Mitte mit vielen
    der hier geäußerte „Wunsch nach mehr                Möglichkeitsräumen und informelle Aneig-
    Spiritualität im öffentlichen Raum“, der            nung von Raum“) und dem Stadtplanungs-
    schließlich im „Garten der Religionen (Köln)“       studium
    gemündet ist und auch ein „Nachfolgepro-        •   Besuch beim Schuldezernenten, der selbst
    jekt in Recklinghausen“ inspiriert hat              in einem „viel zu kleinen Raum ohne die
                                                        Möglichkeit ein Fenster zu öffnen“ arbeiten
                                                                                                 22
Wertvolle
    muss. Schlussfolgerung: Auch die Struktu-
    ren in der Verwaltung müssen sich in Rich-
    tung „mehr Offenheit und weniger Hierar-
    chie“ verändern

Konkrete Personen und Begegnungen
                                                  Hinweise
Von einigen Teilnehmer*innen wurden kon-          Der rege Austausch beinhaltete auch wertvolle
krete Personen und Begegnungen genannt,           Hinweise auf bestehende Projekte und Struk-
die einen bleibenden Eindruck hinterließen.       turen, ebenso wie konkrete Vorschläge und
Darunter sind Kolleg*innen, Vorgesetzte, Leh-     (Kooperations-) Angebote, die im Folgenden
rende und andere Akteure der Baukultur, die       zusammengefasst sind:
avantgardistisch und visionär wichtige Impulse
gesetzt, Gründungen vorgenommen und Posi-         Verlinkung Baukultureller Bildungs-
tionen bezogen haben. Dabei beeindruckten         angebote
sie:                                              Der Vorschlag einer Verlinkung Baukultureller
                                                  Bildungsangebote über die Website der jewei-
•   „Mit klarer Haltung und einem guten Gefühl    ligen Stadt, damit Angebote vor Ort besser
    für Bestand und Ergänzungen“,                 wahrgenommen werden, wurde aufgegriffen.
•   Als „Chefin“ und „mit Vorträgen“,             Die Angebote müssten übersichtlich mit mög-
•   „Mit Lehrveranstaltung draußen und vor        lichst wenigen Verlinkungen zu erreichen sein.
    Ort“,
•   Als „Architekten“, „Gründer“, „Impulsgeber“   Um einen umfassenden Überblick und gute
    und „Vater der Baukultur“ oder                Zugänglichkeit zu gewährleisten wurde das
•   „Als Professorin der Baugeschichte“           Angebot, über Baukultur NRW eine von allen
                                                  Beteiligten Kommunen getragene Seite einzu-
                                                  richten, diskutiert. Hier sollte für jede Stadt ein
                                                  Link vorhanden sein, der direkt auf die ent-
                                                  sprechende Stadt-Seite führt.

                                                  Netzwerk Baukulturelle Bildung der
                                                  Bundesstiftung
                                                  Es wurde auf das Netzwerk Baukulturelle
                                                  Bildung der Bundesstiftung hingewiesen: Eine
                                                  bessere Erreichbarkeit und Auffindbarkeit sei
                                                  hier wichtig.

                                                  Das Netzwerk habe eine große Strahlkraft, weil
                                                  es auch von Lehrkräften abgerufen werde. Die
                                                  Bundesstiftung sei aber auf die Initiative der
                                                  Anbieter/Akteure angewiesen. Sie müssten
                                                  Angebote und Veranstaltung rechtzeitig ein-
                                                  tragen oder melden, damit die Information zur
                                                  Verfügung gestellt werden kann. Eine inhalt-
                                                  liche und grenzüberschreitende Bündelung,
                                                  wie sie als Wunsch geäußert wurde, könne die
                                                  Bundesstiftung übernehmen.

                                                  European Network of Observatories
                                                  Die Arbeit der Akademie der Kulturellen Bil-
                                                  dung im „European Network of Observatories“
                                                  (ENO) und ihre Rolle als nationales „Observa-
                                                  tory for Arts and Culture Education“ biete eine

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Möglichkeit, den Blick in Sachen Baukultureller   Freiwilligendienste
Bildung auf die Situation in Europa zu richten    Es wurde weiterhin auf die Zielgruppe der
und hier best-practice Beispiele als Lernge-      Freiwilligendienste aufmerksam gemacht: Im
genstände heranzuziehen.                          Rahmen eines Freiwilligenjahres seien ohnehin
                                                  eine Reihe von Bildungswochen zu absolvieren.
Im Rahmen einer Tagung könnten hierzu auch        Das Angebot von Modulen zu Baukultureller
Ministerien eingeladen werden. In einem sol-      Bildung könnte zu einer weiten Streuung und
chen Setting könnte auch eine interministeriel-   einer breiten Sensibilisierung für das Thema
le Zusammenarbeit, wie sie genannt worden         beitragen.
war, angestoßen werden.
                                                  Ständige Ausstellung
Internationalen Vereinigung der Archi-            Der Vorschlag einer ständigen Ausstellung im
tekturmuseen                                      Bundestag wurde aufgegriffen und um den
Eine Prüfung, ob Baukulturvermittlung dort        Hinweis auf die Möglichkeit, in den Landes-
als Thema beim biennalen Treffen der Inter-       häusern auszustellen, ergänzt.
nationalen Vereinigung der Architekturmuseen
(ICAM) gesetzt werden kann, wurde erwogen.        Urbainable
                                                  Die Ausstellung „urbainable - stadthaltig – Posi-
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und               tionen zur europäischen Stadt für das 21. Jahr-
Raumforschung                                     hundert“ an der Akademie der Künste Berlin,
Als weiterer potentieller Kooperationspartner     die von der Wüstenrot-Stiftung in Kooperation
wurde das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und     mit dem BMI gefördert wird, wurde empfohlen.
Raumforschung (BBSR) benannt. Ebenso
könnten die Netzwerke der Landesinitiativen
Baukultur gute Ansprechpartner für Ausstel-
lungen und die weitere Promotion des Themas
Baukultureller Bildung mit Kindern und Jugend-
lichen sein.

            »Die Forderung nach einer gemeinsamen
            Zielsetzung ist im Sinne einer Fokussierung
          und politischen Willensbildung nachvollziehbar.
                  Ein Dialog darüber ist dringend
              notwendig. Dabei sollte nicht verkannt
             werden, dass die verschiedenen Ansätze
               unterschiedliche Bedürfnisse erfüllen
               und eine Daseinsberechtigung haben.
                Es könnte schließlich darum gehen,
             sich auf eine zugrunde liegende Haltung
               und gemeinsame Werte zu einigen.«

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