Bausteine für eine Kultur - Grosse-Hornke

Die Seite wird erstellt Sven Baur
 
WEITER LESEN
Bausteine für eine Kultur - Grosse-Hornke
M a n ag e me nt       >   E ne r g i e w i r t s c h a f t

Bausteine für
›eine‹ Kultur
Fusionen Die Energiewirtschaft steht vor größeren Fusionen und
Kooperationen. Zwei Unternehmenskulturen prallen hier aufeinander.
Eine professionelle Planung der Kulturintegration ist gefragt.

>       Die deutsche Energiewirtschaft
        wird sich in den kommenden
        Jahren erheblich konsolidieren.
Bis 2015 soll die Zahl der Energieversor­
                                            tionsvorbereitung häufig ein falsches
                                            Inte­g rationsmanagement. So haben die
                                            Unternehmen zum Beispiel in der Phase
                                            nach der Fusion oftmals einen zentralen
gungsunternehmen (EVU) in Deutsch­          Erfolgsfaktor vernachlässigt: die Kultur­
land um mindestens ein Viertel, die Zahl    integration.
der Netzbetreiber sogar um mindestens       Die Unternehmenskultur besteht aus
die Hälfte schrumpfen. Zu diesem Ergeb­     Überzeugungen, die das Wahrnehmen,
nis kommt eine aktuelle Expertenbefra­      Denken, Handeln und Fühlen der Mitar­
gung der Unternehmensberatung Accen­        beiter prägen. Den Zusammenhang von
ture.                                       Unternehmenskultur und Unterneh­
Entsprechend groß wird in den kommen­       menserfolg belegen zahlreiche Studien.
den Jahren die Zahl der horizontalen Zu­
sammenschlüsse unter den heute noch
etwa 1.100 Strom- und Gasnetzbetrei­
bern sein. Durch sie sollen vor allem die
Effizienzsteigerungen erreicht werden,
die aufgrund des zunehmenden Wettbe­
werbs im Energiemarkt und der Einfüh­
rung der Anreizregulierung nötig sind.
Entsprechend wichtig wird es für viele
EVU, sich aktiv mit den in den Zusam­
menschlüssen ruhenden Synergiepoten­
zialen zu befassen.
Eine Analyse der Fusionen und Über­
nahmen in den vergangenen Jahren
zeigt: Bei den meisten Zusammenschlüs­      Doch welche Rolle spielt die Unterneh­
sen wurden die erhofften Effizienz- und     menskultur in einer unternehmerischen
Wertsteigerungen nicht erzielt. Jede        Sondersituation wie einer Fusion oder
zweite Transaktion vernichtete sogar Ka­    Übernahme? Bei Zusammenschlüssen
pital. Eine zentrale Ursache hierfür war    müssen zwei Unternehmenskulturen in
neben einer falschen Akquisitionsstrate­    Einklang gebracht werden. Dieser Inte­
gie und einer mangelhaften Transak­         grationsprozess ist nicht unproblema­

38                                                                                      energiespektrum >
Bausteine für eine Kultur - Grosse-Hornke
tisch, speziell wenn es um internationale    Vattenfall Europe zahlte 8,5 Mrd. € für
Zusammenschlüsse mit unterschied­            den niederländischen Konkurrenten
lichen Landeskulturen geht. Denn bei         Nuon. Aber auch innerhalb Deutsch­
­einer nicht ausreichenden Beachtung         lands werden Zusammenschlüsse ange­
 führen die kulturellen Unterschiede zu      strebt. Beispielsweise warb EnBW um
 Widerständen und Konflikten, die erheb­     die Mitteldeutsche Braunkohlengesell­
 liche Mehrkosten verursachen und im Ex­     schaft Mibrag, unterlag jedoch im Febru­
 tremfall Fusionen sogar scheitern lassen.   ar dem tschechischen Staatskonzern
 Bei den Großkonzernen E.on, RWE, Vat­       CEZ. E.on wiederum will seinen Anteil
 tenfall und EnBW, die mehr als vier         am Braunkohlekraftwerk Lippendorf bei
 Fünftel der deutschen Stromproduktion       Leipzig sowie das Steinkohlekraftwerk
 kontrollieren, ist der Trend zu landes­     im saarländischen Bexbach an EnBW
 übergreifenden Fusionen zu beobachten.      verkaufen.
 So gab etwa RWE im Januar bekannt,          EVU, die einen Zusammenschluss erwä­
 dass man mit 9,3 Mrd. € Transaktions­       gen, sollten dem Thema Unternehmens­
 volumen die Übernahme des niederlän­        kultur schon in der Vorbereitungsphase
 dischen Energieversorgers Essent plane.     Aufmerksamkeit schenken und nicht >

                                                                                             Illustration: Jens Bonnke, www.jensbonnke.de

energiespektrum >                                                                       39
Bausteine für eine Kultur - Grosse-Hornke
M a n ag e me nt               >   E ne r g i e w i r t s c h a f t

                                                                                      Spielraum: Der        Kontakt, der Zusammenarbeit von Mitar­
                 Möglichkeiten der Kulturintegration                                  Energieversorger      beitern beider Unternehmen sowie un­
                                                                                      muss sich bei einer   terstützenden Maßnahmen, die langfri­
             Übernahme
                                         Dominanz einer Kultur i.d.R. von Käufer     Fusion für einen      stig wirken und die Nachhaltigkeit si­
     1                                   Große Klarheit
         A   +                           Hohe
                                          H h Widerstandswahrscheinlichkeit
                                               Wid t d     h h i li hk it
                                                                                      Weg der Kulturinte-   cherstellen. Die Unternehmenskultur
                    B
                                                                                      gration entschei-     bestimmt die Kommunikation, ist aber
                 Pluralismus                                                          den. Ihm stehen       zugleich Ergebnis der Kommunikation.
                                         „Charakter“ der Kulturen bleibt erhalten
     2                                   Geringer Integrationsaufwand
                                                                                      drei Möglichkeiten    Deshalb ist die Entwicklung einer spezi­
         A   +
                    B
                                         Gefahr der Auseinanderentwicklung           offen.                fischen Kommunikationsstrategie für
                                                                                                            das Thema Kulturintegration zentral. Im
                 Symbiose
                                         Verschmelzung
                                          V    h l      d
                                                        der K
                                                            Kulturen
                                                              lt
                                                                                                            Mittelpunkt stehen vor allem die inter­
     3                                   Gefahr der Verzögerung der Integration                            nen Zielgruppen: Mitarbeiter, Führungs­
         A   +      B                    Geringe Widerstandswahrscheinlichkeit
                                                                                                            kräfte und Arbeitnehmervertreter.
                                                                                                            Ein nicht zu unterschätzender Punkt ist
                                                                                                            jedoch auch die Kommunikation gegen­
erst, wenn sich erste Konflikte abzeich­                   Weg. Kulturpluralismus reduziert den             über externen Zielgruppen, wie Kunden
nen. Bei einer im vergangenen Jahr von                     Integrationsaufwand enorm. Das fried­            und potenzielle Bewerber, denn die Un­
der Unternehmensberatung Grosse-                           liche Nebeneinander birgt allerdings             ternehmenskultur strahlt an den Schnitt­
Hornke Private Consult in Auftrag                          auch die Gefahr der Auseinanderent­              stellen Vertrieb und Personalsuche auch
­gegebenen Studie erachten von 120 Ver­                    wicklung. Der dritte Ansatz, die Ver­            nach außen.
 antwortlichen im Bereich M & A (Mer­                      schmelzung, ist in der Praxis am
 gers & Acquisitions) mehr als die Hälfte                  schwersten realisierbar und sehr zeitauf­        Vorgelebte Integration
 die Planung der Kulturintegration als                     wendig. Jedoch wird mit der Wertschät­
 wichtig oder sehr wichtig. Ein weiterer                   zung beider Kulturen einem Verliererge­          Neben der Kommunikation sind persön­
 Aspekt ist bei EVU die zunehmend ei­                      fühl und Ablehnungsreaktionen vorge­             liche Kontakte zwischen den Mitarbei­
 genständige Entwicklung der Wertschöp­                    beugt. Eine neue gemeinsame Kultur               tern (zum Beispiel aufgrund wechsel­
 fungsstufen Vertrieb und Netz. Dies                       schafft die Basis für ein stärkeres Zu­          seitiger Besuche an Standorten oder
 bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die                    sammenwachsen und erleichtert für bei­           gemein­samer      Integrationsworkshops)
 Mitarbeiter, die als funktionale Einheit                  de Seiten die Identifikation mit dem neu­        wichtige unterstützende Maßnahmen
 herausgelöst und dann etwa einem Netz­                    en Unternehmen.                                  auf dem Weg zu einer gemeinsamen Kul­
 betreiber zugeordnet werden.                              Eine erfolgreiche Kulturintegration ba­          tur. Strategie und Werte dürfen keine
 Im ersten Schritt muss sich der Versor­                   siert auf Kommunikation, persönlichem            Luftblasen des Managements bleiben.
 ger über die erforderliche Integrations­                                                                   Sie müssen in den Einflussbereich jedes
 tiefe der Kulturen klar sein (siehe Grafik                                                                 Mitarbeiters gebracht werden, nämlich
 oben). Hier bestehen folgende Möglich­                        >          Tipp s                            mit der Frage, was die Integration kon­
 keiten: Erstens die Übernahme einer                                                                        kret für den einzelnen Mitarbeiter bei
 Kultur, in der Regel der des Käufers,                           Integr ationsRegeln                        seiner täglichen Arbeit bedeutet.
 zweitens eine Symbiose der Kulturen                                                                        Mit einem einmaligen Workshop ist es
 oder drittens Kulturpluralismus, in dem                         • Integrationsstrategie früh  festlegen    nicht getan. Weitere Maßnahmen müs­
 beide Kulturen nebeneinander bestehen                           • Risikopotenziale früh analysieren        sen angestoßen werden. Die Mitarbeiter
 bleiben.                                                        • Gemeinsamkeiten in Kommunika-           erwarten, dass die neuen Verhaltenswei­
                                                                    tion betonen                            sen vorgelebt werden. Zur Sicherung der
Drei Verschiedene Ansätze                                        • Übergreifende Zusammenarbeit           Nachhaltigkeit sind die Merkmale der
                                                                     etablieren                             Unternehmenskultur in die Human-
Je nach Integrationstiefe gibt es Vor- und                       • Anreize schaffen und Verstöße           Ressources-Prozesse einzubeziehen.
Nachteile, die die Unternehmensfüh­                                  sanktionieren                          Entscheidend für den langfristigen Er­
rung abwägen muss. Die Übernahme ei­                             • Genügend Ressourcen einplanen            folg ist, dass Verhalten im Widerspruch
ner anderen Kultur kann zu großen Wi­                            • Multiplikatorennetzwerk aufbauen         zur Zielkultur sanktioniert und Verhal­
derständen bei der ›unterlegenen‹ Orga­                          • Führungsteam in die Verantwor-          ten, das die Umsetzung unterstützt, be­
nisation führen, ist aber durch große                                tung nehmen                            lohnt wird. <
Klarheit gekennzeichnet. Bei der Not­                            • Erfolgskennzahlen definieren                     Silke Grosse-Hornke, Sabrina Gurk
wendigkeit einer hohen Integrationsge­                           • Der Kulturentwicklung Zeit geben                            www.grosse-hornke.de
schwindigkeit ist dies ein geeigneter                                                                                               www.accenture.de

40                                                                                                                                    energiespektrum >
Sie können auch lesen