Befehl von oben Der Skandal um die "Euro Hawk"-Drohne weitet sich aus: Spiegel

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Deutschland

                                     REGIERUNG

                Befehl von oben
     Der Skandal um die „Euro Hawk“-Drohne weitet sich aus:
         Vorschriften wurden missachtet und die Ratschläge
     der Experten ignoriert. Minister Thomas de Maizière muss
                       um sein Amt fürchten.

     etzt auch noch dieser Mende! Tho-      klärungsinteresse“, wenn 500 Millionen        von Drohnen eingesetzt wie de Maizière,

J    mas de Maizière sitzt in der ersten
     Reihe der Kongresshalle von Celle,
hinter ihm haben sich Offiziere versam-
                                            Euro Steuergelder versenkt würden. Als
                                            Kommunalpolitiker müsse er auch für
                                            jede Verschwendung geradestehen.
                                                                                          für ihn waren sie nicht allein militärisches
                                                                                          Gerät, das Leib und Leben deutscher Sol-
                                                                                          daten schont. Sie sollen den Beweis dafür
melt, Lobbyisten, ein paar Abgeordnete.        De Maizière lächelt grimmig. Was soll      liefern, dass Deutschland sich nicht ver-
Der Minister ist gekommen, um über die      er auch tun? Militärisch gesprochen ist       steckt vor seinen globalen Aufgaben.
Zukunft des Bundeswehr zu reden, aber       der Minister in der Defensive, es sind kei-      Im März 2011 rückte de Maizière ins
jetzt hat erst einmal Kommunalpolitiker     ne schönen Tage für ihn. De Maizière          Verteidigungsministerium ein, und seither
Mende das Wort.                             blickt auf eine lange Karriere zurück, er     bildet er eine Art Gegenpol zum liberalen
   Dirk-Ulrich Mende ist Oberbürgermeis-    war Staatssekretär in Mecklenburg-Vor-        Außenminister Guido Westerwelle, der
ter von Celle, er darf an diesem Mittwoch   pommern und Minister in Sachsen, er           militärische Abstinenz bevorzugt. „Der
das Grußwort halten, und der Sozialde-      diente Angela Merkel als Kanzleramts-         Preis von Einfluss ist Verantwortung“,
mokrat nutzt die Gelegenheit auf seine      chef und Innenminister, nie war sein          sagt de Maizière.
Weise. Er kritisiert die Genehmigung        Name mit Skandalen verbunden. Nun                Die Skandaldrohne „Euro Hawk“, die
deutscher Panzerexporte in Länder wie       holt ihn ein Thema ein, das er höchstper-     nun den deutschen Steuerzahler über 650
Indonesien, dann kommt er auf die Pan-      sönlich auf die Tagesordnung gesetzt hat.     Millionen Euro kosten wird, hat er zwar
nendrohne „Euro Hawk“ zu sprechen.             Kein deutscher Verteidigungsminister       nicht bestellt. Das war die schwarz-rote
Natürlich habe die „Bevölkerung ein Auf-    hat sich so vehement für die Beschaffung      Regierung im Jahr 2007. Aber er machte
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Befehl von oben Der Skandal um die "Euro Hawk"-Drohne weitet sich aus: Spiegel
„Euro Hawk“-                                 Doch nun rückt auch das Rüstungspro-
                                                                      Präsentation 2011                              jekt AGS in den Blickpunkt, ein Luftauf-
                                                                                                                     klärungssystem für die Nato. Obwohl de
                                                                                                                     Maizière um die Probleme des „Euro
                                                                                                                     Hawk“ wissen musste, drängte der Minis-
                                                                                                                     ter darauf, dass sich die Deutschen am
                                                                                                                     Projekt der Allianz massiv beteiligen, die
                                                                                                                     fünf Drohnen vom fast baugleichen Typ
                                                                                                                     „Global Hawk“ anschafft. Das Rüstungs-
                                                                                                                     projekt kostet rund 1,5 Milliarden Euro,
                                                                                                                     allein Deutschland muss rund 480 Millio-
                                                                                                                     nen Euro dazu beitragen. Im Moment
                                                                                                                     spricht vieles dafür, dass auch dieses Steu-
                                                                                                                     ergeld nutzlos verbrannt wird.
                                                                                                                        Der erste Akt des Dramas um die Droh-
                                                                                                                     ne vollzieht sich um die Jahrtausendwen-
                                                                                                                     de. Damals beginnt man damit, Ausschau
                                                                                                                     zu halten nach einem Nachfolger für das
                                                                                                                     bisherige Aufklärungsflugzeug der Bun-
                                                                                                                     deswehr vom Typ Breguet Atlantic, das
                                                                                                                     aus den siebziger Jahren stammt. Die
                                                                                                                     Truppe fordert Ersatz, sonst drohe auf
                                                                                                                     diesem Gebiet ein „vollständiger Fähig-
                                                                                                                     keitsverlust“. Ohne Aufklärungstechnik
                                                                                                                     ist es der Bundeswehr nicht möglich, etwa
                                                                                                                     feindliche Luftverteidigung aufzuspüren.
                                                                                                                        Im Jahr 2007 fällt der damalige Vertei-
                                                                                                                     digungsminister Franz Josef Jung die Ent-
                                                                                                                     scheidung, eine Aufklärungsdrohne an-
                                                                                                                     zuschaffen. Der „Euro Hawk“ ist von An-
                                                                                                                     fang an eine Zwitterlösung. Die Drohne
                                                                                                                     basiert auf dem „Global Hawk“ des ame-
                                                                                                                     rikanischen Rüstungskonzerns Northrop
                                                                                                                     Grumman. Die zugehörige Aufklärungs-
                                                                                                                     technik jedoch soll EADS liefern.
                                                                                                                        Die Verträge mit den Amerikanern
                                                                                                                     strotzen nur so von Kuriositäten. So wird
                                                                                                                     Northrop Grumman nicht dazu verpflich-
                                                                                                                     tet, alle Baupläne der Drohne offenzule-
                                                                                                                     gen; dies aber ist notwendig, um bei den
                                                                                                                     deutschen Behörden eine Flugzulassung
                                                                                                                     für die Drohne zu erhalten.
                                                                                                                        Außerdem haben deutsche Drohnenpi-
                                                                                                                     loten nicht das Recht, den „Euro Hawk“
                                                                                                                     zu fliegen. Soll die Drohne abheben, muss
                                                                                             CHRISTOF STACHE / AFP

                                                                                                                     das Verteidigungsministerium Northrop
                                                                                                                     Grumman darum bitten. Erst wenn sich
                                                                                                                     in Kalifornien ein Pilot an den Computer
                                                                                                                     setzt, kann die Drohne in Deutschland
                                                                                                                     abheben. Das ist bis heute so. Die extra
                                                                                                                     für den „Euro Hawk“ ausgebildeten deut-
stets klar, dass er sie für ein unverzicht-    Rüstungsdeal gebe. Doch er weiß selbst,                               schen Piloten sitzen untätig herum. Damit
bares Instrument der neuen, weltweit           dass er damit nicht durchkommen wird.                                 ihre Fluglizenz nicht erlischt, drehen sie
agierenden Bundeswehr hält.                    Gegen die „Euro Hawk“-Drohne erhoben                                  jetzt Übungsrunden in den Ausbildungs-
   Nun droht die Lieblingswaffe de Mai-        sich bald Einwände und Warnungen, das                                 jets der Lufthansa – auf Staatskosten.
zières ein erstes Opfer zu fordern: den        zeigen interne Unterlagen aus dem Bun-                                   Am 22. Dezember 2006 übersendet
Minister selbst. Derzeit hält sich die Oppo-   desamt für Ausrüstung. Sie wurden igno-                               Finanz-Staatssekretär Werner Gatzer
sition mit Rücktrittsforderungen zurück,       riert. Was am Ende zählte, war nicht die                              (SPD) dem Haushaltsausschuss des Bun-
vorerst wird nur der Kopf seines Staatsse-     Vernunft, sondern der Wunsch der politi-                              destags die Vertragsunterlagen für die
kretärs Stéphane Beemelmans, 47, gefor-        schen Führung, ein prestigeträchtiges Rüs-                            neue Drohne. Es geht darum, mit der
dert. Doch de Maizière ist lange genug         tungsprojekt nach Deutschland zu holen.                               Euro Hawk GmbH einen Vertrag über
im Geschäft, um zu wissen, dass dies nur          De Maizière macht sich keine Illusio-                              die Entwicklung eines Prototyps der
das Vorgeplänkel der großen Schlacht dar-      nen über seine Lage. Er stellt sich darauf                            Drohne und des Aufklärungssystems
stellt: Fällt der Knappe Beemelmans, ist       ein, dass der Skandal die Sommerpause                                 Isis zu schließen. Dafür sind 430 Mil-
die Schussbahn auf den Minister frei.          bestimmen wird. Inzwischen geht es nicht                              lionen Euro vorgesehen. Etwa die Hälfte
   Noch versucht sich de Maizière mit Be-      mehr allein um den „Euro Hawk“. Bei                                   soll an Northrop für die Drohne fließen,
schwichtigungen aus der Affäre zu ziehen,      dieser Affäre lässt sich die Verantwortung                            die andere Hälfte bekommt EADS. Erst
er spricht von bedauerlichen Begleit-          wenigstens teilweise auf die Vorgänger                                später, so die Planung, soll dann ein Ver-
schwierigkeiten, die es bei jedem großen       abschieben, das ist de Maizières Glück.                               trag über die tatsächliche Beschaffung
                                                     D E R   S P I E G E L   2 2 / 2 0 1 3                                                                    29
Befehl von oben Der Skandal um die "Euro Hawk"-Drohne weitet sich aus: Spiegel
Deutschland

                                                                                              er von seinen Vorgesetzten für eine Leis-
                                                                                              tungsprämie vorgeschlagen.
                                                                                                 Doch auch die Unterschrift und der
                                                                                              Stempel unter die Zulassung für den
                                                                                              Überführungsflug sorgten für Unruhe in
                                                                                              der Behörde. Die Prototypenprüfung be-
                                                                                              stätigt darin ein Mitarbeiter der Güteprüf-
                                                                                              stelle, der zu diesem Zeitpunkt gar nicht
                                                                                              mehr in dieser Abteilung gearbeitet ha-
                                                                                              ben soll. Das Dienstsiegel soll er sich da-
                                                                                              bei aus seiner alten Arbeitsstelle besorgt
                                                                                              haben. Das BAAINBw wollte sich dazu
                                                                                              mit Verweis auf die laufende Untersu-
                                                                                              chung der Vorgänge durch das Bundes-
                                                                                              verteidigungsministerium nicht äußern.
                                                                                                 Der Überführungsflug der Drohne vom
                                                                                              kalifornischen Palmdale ins oberbayeri-
                                                                                              sche Manching offenbart die gigantische
                                                                                              Fehlinvestition des Verteidigungsministe-
                                                                                              riums. Erst verweigern die amerikani-
                                                                                              schen Behörden der Drohne die Über-

                                                                                             MS-UNGER.DE
                                                                                              flugrechte, sie muss einen Umweg über
                                                                                              Kanada und Grönland nehmen. Während
                                                                                              seiner Reise verliert der „Euro Hawk“
Minister de Maizière: Warum hat er nicht auf die Risiken hingewiesen?                         dann auch noch zweimal minutenlang
                                                                                              den Funkkontakt zur Basisstation. Die
von weiteren vier Drohnen geschlossen penprüfung fortzuführen. Denn bei Un- Drohne, groß wie ein mittleres Passagier-
werden.                                       fällen mit tödlichen Folgen falle die ganze flugzeug, zieht ohne Kontrolle und Über-
   Aber schon früh zeigte sich, dass es Verantwortung auf die Prüfer, heißt es in wachung ihre Bahn am Himmel.
massive Probleme mit dem amerikani- einem besorgten Brief eines Beamten. In                      Es gibt aber nicht nur technische Pro-
schen Hersteller gibt. Das belegen interne diesem Fall sei mindestens der Straftat- bleme – auch die Kosten für den „Euro
Dokumente der für die sogenannte Stück- bestand der fahrlässigen Tötung, wenn Hawk“ laufen von Anfang an aus dem Ru-
prüfung zuständigen Abteilung beim nicht sogar der des Totschlags erfüllt.                    der. Im Jahr 2009 etwa legt die Regierung
Bundesamt für Ausrüstung, Informations-          Auch der Betriebsrat der Koblenzer Be- einen „3. Änderungsvertrag“ vor, es geht
technik und Nutzung der Bundeswehr hörde warnt Behördenchef Harald Stein um 50 Millionen Euro, die Berlin nach-
(BAAINBw) in Koblenz.                         davor, die Zulassung mit allen Mitteln schießen muss, weil Planungen umgestellt
   Im Sommer 2009 fliegen Prüfer des durchzupeitschen. Dieser nehme es in werden müssen und Lieferfristen nicht ein-
Bundesamts zu Northrop Grumman nach Kauf, „dass die beauftragten Mitarbeiter gehalten wurden. Außerdem werden zwei
Kalifornien, um die neue Drohne unter über keine oder kaum Erfahrung bei der neue Wartungsverträge abgeschlossen, die
die Lupe zu nehmen. Aus der Gruppe Musterzulassung von Fluggerät verfügen“. weitere knapp 90 Millionen Euro kosten.
wird ein alarmierender Bericht nach              Auf den Brandbrief des Betriebsrats pas-        Heute gibt das Verteidigungsministeri-
Deutschland geschickt, heißt es in der Be- siert nichts. Doch der Druck aus dem Ver- um zu, dass man seit Ende 2011 über die
hörde. Demnach traf das Prüfpersonal teidigungsministerium nimmt zu. Das er- Probleme beim „Euro Hawk“ Bescheid
erst nach Abschluss der gesamten Ferti- gibt sich aus dem E-Mail-Verkehr von                        wusste. Im Haushaltsausschuss erläu-
gung ein. Dadurch seien herstellungsbe- Ende 2010, in dem zu einer
                                                                                                einge         terte de Maizière vor zwei

                                                                                                           stellt
gleitende Prüfungen unmöglich gewesen, Krisensitzung eingeladen                                                   Wochen, er habe im
heißt es in dem Schreiben. Diese aber wird. In der Korrespondenz              „Euro Hawk“                          Herbst 2011 trotzdem
sind eigentlich Vorschrift.                   ist von einer „ministeriellen    Von der Bundeswehr in             entschieden, die Be-
   Northrop Grumman stellte den Prüfern Initiative“ die Rede, wo-              Auftrag gegebene Variante       schaffung der Drohne
auch keine anerkannten Bauunterlagen nach der „Euro Hawk“ bis                  der US-Drohne „Global          weiter zu betreiben. Denn
zur Verfügung. Die sind aber nötig, um zum April 2011 zu überfüh-              Hawk“. Ein Prototyp wurde      ohne sie hätte es keine
zu klären, ob die Drohne auch wirklich ren sei. Im Klartext heißt              ausgeliefert.                  Möglichkeit gegeben, die
den Konstruktionsplänen entsprechend das: Der Verteidigungsmi-                 Kosten:                        EADS-Aufklärungskompo-
gebaut ist. Wenn Mitarbeiter von Nor- nister, damals Karl-Theodor                                             nente Isis zu testen. Die
throp Grumman die neue Drohne auf den zu Guttenberg, ist es leid,                   656 Mio. €                aber hält man im Verteidi-
Prüfstand stellen, sind die Deutschen ewig nur Bedenken und                                                   gungsministerium für ein
nicht immer erwünscht. So wird ihnen Warnungen zu hören. Er                                                   Glanzstück der Horchtech-
beim Test des Kraftstoffsystems der Zu- will die Drohne endlich in             Alliance Ground                nik,  auf das man keines-
tritt von der U. S. Air Force verweigert.     Deutschland sehen.                                              falls verzichten wolle.
   Wie die internen Unterlagen aus dem           In der Koblenzer Behör-
                                                                               Surveillance                      Im Frühjahr 2013 reist
Ausrüstungssamt nahelegen, waren die de findet sich schließlich                Das Nato-Programm zum          eine Delegation des Bun-
deutschen Prüfer möglicherweise gar ein Prüfer, der die notwen-                Aufbau eines Aufklärungs-      desverteidigungsministeri-
nicht befugt, die Flugtauglichkeit der neu- digen Unterschriften leis-         systems sieht die An-          ums ins kalifornische Santa
                                                                               schaffung von fünf „Global
en Drohne zu bescheinigen. Dazu hätte tet. Er wird später mit ei-                                             Barbara, um das wankende
                                                                               Hawk“-Drohnen vor.
Northrop Grumman die Beamten ausführ- ner überschwänglichen Be-                                               Drohnen-Projekt zu retten.
lich über die technischen Details aufklä- urteilung bedacht und be-            Deutscher Anteil:              Über mehrere Tage sitzen
ren müssen. Das soll nicht geschehen sein. fördert. Nach der Landung                                          die Ministerialen mit Ver-
   Schon aus Eigenschutz weigern sich Be- des „Euro Hawk“ in Man-                   483 Mio. €                tretern der Firma Northrop
amte aus Koblenz zunächst, die Prototy- ching am 21. Juli 2011 wird                                           Grumman zusammen. Ein
30                                                   D E R   S P I E G E L   2 2 / 2 0 1 3
Befehl von oben Der Skandal um die "Euro Hawk"-Drohne weitet sich aus: Spiegel
Deutschland

Problem bleibt: Die Amerikaner sind                           demzufolge die gleichen Schwierigkeiten komme für seinen Anteil von 480 Millio-
nicht bereit, die Baupläne für die Drohne                     bei der Zulassung haben. Zwar fliegt die nen Euro auch die „Rohdaten“ der Droh-
herauszurücken. Und sie weigern sich                          US-Armee schon jetzt den „Global nenbilder, folglich werde man „sehr profi-
auch, deutschen Piloten den Steuerknüp-                       Hawk“ vom Nato-Stützpunkt Sigonella tieren“. Von den technischen Problemen
pel für den „Euro Hawk“ zu überlassen.                        auf Sizilien. Doch wenn er aufsteigen soll, bei der Zulassung einer Drohne vom Typ
   Im Februar 2013 stellt der SPD-Bundes-                     muss genau wie im bayerischen Manching „Hawk“ erzählte er den Abgeordneten
tagsabgeordnete Hans-Peter Bartels eine                       eine Sondergenehmigung erteilt und für nichts. Auch in der Beschaffungsvorlage
Anfrage an das Verteidigungsministerium,                      Stunden der gesamte Luftraum über dem des Ministeriums ist keine Rede davon.
er will wissen, wie es um die Drohne                          Stützpunkt gesperrt werden.                      Für den Minister wird es jetzt eng. Für
steht. Es dauert über einen Monat, bis                           Selbst die Liebe der U. S. Air Force das Desaster mit dem „Euro Hawk“ ist
Staatssekretär Thomas Kossendey (CDU)                         zum „Global Hawk“ ist erkaltet. Ameri- er nur zum Teil verantwortlich, die
eine knappe Antwort an das Büro des                           kanische Luftwaffenoffiziere erinnern Schuld an dem verlorenen Steuergeld
SPD-Mannes schickt. Es werde „derzeit                         sich noch lebhaft an die Überraschung, liegt auch bei seinen Vorgängern Jung
abschließend geprüft, ob eine Beschaf-                        als die Air Force einen „Global Hawk“ und Guttenberg. Aber warum hat er, im
fung der Serie ,Euro Hawk‘ vor dem Hin-                       zur Kontrolle der Schäden des Wirbel- Wissen um all die Mängel der amerikani-
tergrund der Zulassungsproblematik zu                         sturms „Katrina“ im Jahr 2005 einsetzen schen Drohne, auch noch darauf ge-
rechtfertigen ist“, schreibt Kossendey.                       wollte. Anders als in Kriegsgebieten wie drängt, dass der Bundestag den deutschen
   Vor drei Wochen dann entscheidet de                        dem Irak oder Afghanistan fragten die Anteil für das Projekt freigibt? Und war-
Maizière, den „Euro Hawk“ endgültig zu                        amerikanischen Luftfahrtbehörden plötz- um hat er nicht auf die Gefahren hinge-
stoppen. Den Ausschlag gibt vor allem die                     lich nach einer Zulassung des fliegenden wiesen, die mit dem Kauf des „Global
Erkenntnis, dass es wohl mehrere hundert                      Auges. Die gab es nicht. Im Fall von „Ka- Hawk“ verbunden sind?
                                                                                                               Im Berliner Verteidigungsministerium
Akteure mit Verantwortung für das gescheiterte „Euro Hawk“-Projekt                                          ist nun viel von Bündnisverpflichtungen
                                                                                                            die Rede, denen sich Deutschland nicht
                                                                                                            entziehen könne. Aber AGS war im Krei-
                                                                                                            se der Nato-Länder keineswegs unumstrit-

                                                                                                  IMAGO/STE FA N ZE ITZ;
                                                 BUNDESMINISTER
                                                                                                            ten: Viele machten gar nicht erst mit, wei-

                                                                                                  BUNDE SW EHR ( 2)
                                                 DER VERTEIDIGUNG
                                                  (seit März 2011)                                          tere Länder stiegen aus, weil ihnen das
                                             Thomas de Maizière                                             Projekt zu teuer und zu risikoreich er-
                                                                                                            schien. De Maizière hätte also nicht fürch-
  STAATSSEKRETÄR                                        u. a.                   STAATSSEKRETÄR              ten müssen, isoliert dazustehen.
  Rüdiger Wolf                                                                  (seit März 2011)               Der Minister möchte sich nun selbst
  Januar 2008 bis Januar 2010                                                   Stéphane                    zum   Chefaufklärer der Drohnen-Affäre
  zuständig für den Bereich                                                     Beemelmans                  machen, am 5. Juni will er einen Unter-
  Rüstung.                                                                                                  suchungsbericht vorlegen. Aber das Vor-
  Aktuell u. a. zuständig für die                                                                           haben steht schon jetzt unter einem un-
  Bereiche Haushalt/Controlling                                                 Seit vielen Jahren enger    glücklichen Stern, ausgerechnet der Chef
  und Recht.                                                                    Vertrauter von de Maizière. der Rüstungsabteilung, Detlef Selhausen,
                                                                                                  u. a.     führt die Truppe der Aufklärer an. Wie
                                                                                                            soll ein Mann mit kühlem Blut eine Un-
                                                     Abteilung Ausrüstung,
                                                     Informationstechnik                                    tersuchung führen, wenn am Ende das
                         i e                         und  Nutzung                                           Ergebnis   lauten könnte, dass er seinen
                 Soll d ung                                                                                 Hut  nehmen   muss?
                       ä r
                Aufkl ffäre                          MINISTERIALDIREKTOR                                       An  diesem  Freitag will de Maizière ei-
                 der A en                                                                                   nen  ersten  Entwurf  des Aufklärungsbe-
                     l ei t                          Detlef     Selhausen
                                 Seit 2009 zuständig für den Bereich Rüstung.
                                                                                                            richts auf seinem Schreibtisch liegen ha-
                                                                                                            ben, er wird ihn dann am Wochenende in
                                                                                                            seinem Haus in Dresden lesen. Der Minis-
Millionen Euro kosten wird, die Drohne trina“ war eine Lösung einfach. Da der ter weiß ja, wie heikel das Projekt Aufklä-
so nachzurüsten, dass sie am Ende doch zivile Flugbetrieb wegen des Sturms rung ist. Übersehen seine Beamten ein
eine permanente Flugzulassung erhält.                         lahmgelegt war, sperrte man einfach den winziges Detail, das später in der Zeitung
   Im Verteidigungsministerium heißt es Luftraum und ließ die Drohne aufsteigen. steht, ist seine Mission gescheitert. Noch
nun, dass die Investition für den „Euro So einfach ist es aber nicht immer.                                 steht die Union hinter ihm: „Der Verteidi-
Hawk“ ja nur zum Teil verloren sei. Die                          All diese Schwierigkeiten hielten de gungsminister hat das volle Vertrauen der
Bundeswehr könne das EADS-Aufklä- Maizière nicht davon ab, für den „Global Fraktion. Er bereitet jetzt den Sachverhalt
rungssystem Isis weiter nutzen, zumin- Hawk“ zu werben. Vor dem Nato-Gipfel auf, die dafür nötige Zeit soll er sich neh-
dest diese Investition sei nicht perdu. Die im Mai 2012 machte er massiv Druck. Da- men“, sagt Fraktionschef Volker Kauder.
Technik brauche nur einen neuen Träger. mals waren viele Nato-Partner noch em-                                 Die Opposition wartet ohnehin nur
Aber so einfach ist es nicht. Doch de Mai- pört über die Bundesregierung, weil sich darauf, dass der Minister einen Fehler
zière hat noch ein ganz anderes Problem: Berlin geweigert hatte, am Krieg in Liby- macht. Gerade die Grünen finden die
In den nächsten Wochen muss der Minis- en teilzunehmen. De Maizière wollte in Aussicht, den Minister im Wahljahr vor
ter auch erklären, warum er wie kaum Chicago eine Erfolgsmeldung verkünden einen Untersuchungsausschuss des Bun-
ein anderer Nato-Verteidigungsminister und gleichzeitig beweisen, dass die Bun- destages zu zitieren, sehr reizvoll. „Wenn
das Rüstungsprojekt „Allied Ground Sur- desrepublik treu zum Bündnis steht. Des- de Maizière seine Entscheidungen nicht
veillance“ (AGS) vorangetrieben hat.                          wegen musste die deutsche Beteiligung lückenlos aufklären kann“, sagt der grüne
   Den Kern von AGS bildet die Anschaf- an AGS unbedingt bewilligt werden.                                  Haushälter Tobias Lindner, „muss das
fung von fünf „Global Hawk“-Drohnen,                             Den Abgeordneten im Verteidigungs- Parlament das übernehmen.“
die weitgehend baugleich sind mit dem ausschuss schwärmte er von den Vorzügen                                RALF BESTE, MATTHIAS GEBAUER, RENÉ PFISTER,
„Euro Hawk“ der Bundeswehr und die des „Global Hawk“ vor. Deutschland be-                                           GORDON REPINSKI, GERALD TRAUFETTER

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Befehl von oben Der Skandal um die "Euro Hawk"-Drohne weitet sich aus: Spiegel Befehl von oben Der Skandal um die "Euro Hawk"-Drohne weitet sich aus: Spiegel
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