Bei der Arbeit Rauchen? Wie Raucher und Nichtraucher im Betrieb zusammenarbeiten können

Die Seite wird erstellt Nikolai-Stefan Schmidt
 
WEITER LESEN
Arbeitsschutz

                          Bei der Arbeit Rauchen?
                  Wie Raucher und Nichtraucher im Betrieb
                        zusammenarbeiten können
                                  Lenaerts H., Barkhoff M., Hoffmann S.
                    Arbeitsmedizinisches Zentrum Herne Pluto, Deutsche Steinkohle AG

Einleitung                                che Forderung von diszipliniertem Ver-         Raucher unter den Mitarbeitern. Darauf
Rauchen stellt ein wesentliches Gesund-   halten an alle Raucher.)                       wurde der Beschluss zunächst nicht um-
heitsrisiko für den Raucher dar. Selbst   In der Literatur finden sich nützliche Hin-    gesetzt und ein mehrschrittiger Diskussi-
kleine Dosen (bis 5 Zigaretten pro Tag)   weise, wie man zu einem ‚rauchfreien           onsprozess unter Beteiligung aller ge-
können erhebliche Erkrankungen ver-       Betrieb’ kommen kann. Viele Betriebe           führt. Dabei trafen sich nichtrauchende
ursachen. Rauchen am Arbeitsplatz führt   treffen Vereinbarungen unter dem Mot-          und rauchende Mitarbeiter, formulierten
zu erheblichen Feinstaubbelastungen.      to: „Gesundheitsschutz für Nichtraucher        ihre Bedürfnisse und stimmten sie unter-
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft       – Gesundheitsförderung für Raucher“            einander ab.
hat ‚Passivrauchen’ oder unfreiwilliges   Sie setzen u. a. auf Betriebsvereinbarun-      In Feedbacks von Probanden wurde viel-
Mitrauchen in die Gruppe 1 der krebs-     gen. Solche formalen Schritte schaffen         fach gefordert die Raucherzone im Haus
erzeugenden und fruchtschädigenden        klare Regeln und erhöhen die Verbind-          zu beseitigen, weil sie sich dadurch ge-
Stoffe eingeordnet. Unfreiwilliges Mit-   lichkeit für alle Beteiligten. Gleichzeitig    stört fühlten. Im Ergebnis wurde im
rauchen erzeugt Gesundheitsgefährdun-     können sich Raucher, die am Entschei-          Herbst 2006 – in Abstimmung mit den
gen in nicht wenigen Fällen mit Todes-    dungsprozess nicht selbst beteiligt wa-        Organen der Mitbestimmung – folgende
folge.                                    ren, diskriminiert fühlen und versucht         Vereinbarung getroffen:
Angesichts der politischen Diskussion     sein den Prozess zu boykottieren. Wir          1. Das Haus dient der Gesundheit der
um Rauchen in öffentlichen Räumen tun     wollen hier berichten, wie wir die Rau-            Beschäftigten. Rauchende unterstüt-
Betriebe gut daran, einen fairen Aus-     cher in die Verantwortung eingebunden              zen dies ebenso wie nichtrauchende
gleich zwischen den Interessen von Rau-   haben.                                             Mitarbeiter.
chern und Nichtrauchern anzustreben.                                                     2. Raucher verzichten auf das Rauchen
Ein ‚neuer Vertrag’ zwischen rauchenden   Eigene Erfahrungen                                 am Arbeitsplatz. Es wird ihnen ein
und nichtrauchenden Beschäftigten soll    In unserem Arbeitmedizinischen Zen-                geeigneter Pausenraum zur Verfü-
ausgehandelt werden. Dazu gehören         trum arbeiten zurzeit 10 Ärztinnen und             gung gestellt, in dem geraucht wer-
Regeln für Arbeitspausen – für Raucher    Ärzte und 25 weitere MitarbeiterInnen.             den darf.
und Nichtraucher gleichermaßen. Rau-      Davon rauchen 11 Personen regelmäßig           3. Probanden werden gebeten wäh-
cher brauchen zusätzlich ein Angebot      während ihrer Arbeitszeit. Arbeitstäglich          rend ihres Aufenthaltes im Haus auf
zur Gesundheitsförderung durch effekti-   besuchen ca. 60 Probanden das Haus,                das Rauchen zu verzichten.
ve Maßnahmen zur Tabakentwöhnung.         um dort arbeitsmedizinisch untersucht          Wie wir dies in einem Plakat kommuni-
Der Gesetzgeber hat in Deutschland        und beraten zu werden und an einer Ar-         ziert haben zeigt die Abbildung 1.
durch Änderung der Arbeitsstättenver-     beitssicherheitsschulung teilzunehmen.         Die Umsetzung erfolgte – zu unserem Er-
ordnung den Nichtraucherschutz zur        Von diesen Personen rauchen mehr als           staunen – ohne Probleme. Die rauchen-
Pflicht des Arbeitgebers gemacht. Um      ein Drittel. Sie durften traditionell in ei-   den Probanden halten sich ebenso wie
den Arbeitsschutz hier tatsächlich zu     nem ausgewiesenen Bereich rauchen;             die Mitarbeiter diszipliniert an die Verein-
gewährleisten und einen fairen Umgang     MitarbeiterInnen rauchten in bestimm-          barung. Sanktionen waren nicht erfor-
unter den Beschäftigten zu fördern,       ten Büros und Pausenräumen.                    derlich. Dies mag mit dem Haus und dem
müssen Arbeit und Rauchen zeitlich und    Einzelne Ärzte und Mitarbeiter hatten          Sonderfall von MitarbeiterInnen einer
räumlich getrennt werden. (Fraglich:      schon länger ein rauchfreies Arbeits-          medizinischen Einrichtung und ihrem
Warum soll ein rauchender Einzelarbei-    medizinisches Zentrum gefordert. Ernst-        Selbstverständnis zu tun haben. Wir füh-
ter Rauchen und Arbeit trennen? Wird      haft diskutiert und beschlossen wurde          ren es auch auf unseren langsamen Ver-
unten genauer erläutert. Weitere Argu-    dies im Jahr 2004. Vor dem Stichtag der        änderungsprozess, in dem Einwände ge-
mente sind Gleichbehandlung und glei-     Umsetzung gab es Einsprüche einzelner          hört und diskutiert wurden, zurück.

              _
 94      Ergo Med 4/2007
Inzwischen gibt es andere – z. T. erheblich
größere Bereiche in der Deutschen Stein-
kohle AG ,DSK (Abkürzung erläutern) –
in denen ein ähnlicher Prozess unter-                  Düsseldorf,
nommen wird. Wir beraten die Kollegen.
                                                       18. – 21. September
Was sind Erfolgsfaktoren?
Kenntnisse
Zu Beginn dieses Veränderungsprozesses
sind Kenntnisse über das Verhalten von
Rauchern hilfreich: Je nach sozialer
Schichtung in einem Arbeitsbereich (je
geringer das Einkommen um so höher
der Raucheranteil) werden ca. ein Drittel
der Beschäftigten rauchen – d. h. wahr-
                                                             h k e i ten:
scheinlich eher eine Minderheit. Raucher
                                                  e M ö glic medizin
wollen im Durchschnitt alle 45 Minuten
                                              Neu              ts
eine Zigarette rauchen. Sie sind aller-                 Arbei mie
dings in der Lage, ohne in einen bedroh-         » rgono
                                                         E
lichen Zustand zu geraten wie andere
Süchtige (z. B. Alkoholkranke), für eine
                                                   » eitarbeit
                                                          Z
Zeit auf das Rauchen zu verzichten. Die-            » .
se Zeit kann durchaus mehrere Stunden                      ..
– ja sogar einen ganzen Arbeitstag be-              »
tragen. Steinkohlenbergleute verzichten
komplett während ihrer ganzen Arbeits-
zeit unter Tage auf das Rauchen. Wenn
Raucher daran gewöhnt sind in be-
stimmten Situationen oder an bestimm-
ten Orten nicht zu rauchen, leiden sie
nicht an Entzugssymptomen. Diese Er-
fahrungen werden auch bei den Redukti-
onsmethoden zur Tabakentwöhnung
genutzt, bei denen Raucher schrittweise
die Zigarettenzahl vermindern. Selbst
Raucher, die hohe Tagesdosen kon-
sumieren, können so erheblich reduzie-
ren – am besten, wenn sie sich klare
Grenzen setzen und an bestimmten Or-
ten, Situationen oder Zeiten nicht rau-               Persönlicher Schutz,
chen. Es gibt also kein ‚biologisches                 betriebliche Sicherheit und
Bedürfnis’ der Raucher zu rauchen, son-               Gesundheit bei der Arbeit
dern eher Gewohnheiten und daraus
abgeleitete Rechte.                                   Internationale Fachmesse
Ein zuverlässiger Schutz der Nichtraucher             mit Kongress und Sonderschauen
lässt sich nur durch die Entkoppelung
von Arbeit und Rauchen erreichen. Das
                                                      www.AplusA-online.de
heißt, es darf nur in Arbeitspausen inner-
halb getrennter Räume geraucht wer-
den. Als Zwischenschritt kann toleriert                Messe Düsseldorf GmbH
werden, dass in einzelnen Bereichen                    Postfach 10 10 06
                                                       40001 Düsseldorf
noch geraucht wird, obwohl es sich da-                 Germany
bei um eine vergleichsweise schlechte                  Tel. +49 (0)2 11/45 60-0 1
                                                       Fax +49 (0)2 11/45 60-6 68
Lösung handelt:                                        www.messe-duesseldorf.de

• In Nachbarbereichen wird Tabak-
    rauch in der Atemluft sein. Um dies

                                                                              _
                                                                      Ergo Med 4/2007   95
Sind Sie Raucher?                                             160      154
         Bitte helfen Sie uns!                                                                                                  regelm. Teilnehmer
            Wir wollen das                                              140                                                     Rauchfrei
           AMZ Herne Pluto
               machen!
                                                                        120                    108            109
   Sie kommen heute zur UU Schicht oder zu                                                                                    99
         einer Vorsorgeuntersuchung?
    Also geht es heute um Ihre Gesundheit!                              100                                                                 87
         Sie liegt uns allen am Herzen.                                                82
      Wir bitten Sie deshalb, während des                                80
      Aufenthaltes hier im Haus, auf das
             Rauchen zu verzichten.                                                                  55
    Sie kennen vielleicht die öffentliche Diskussion um rauchfreie       60                                          50
   Zonen. Rauchen ist das größte Gesundheitsrisiko, mit dem Sie                                                                    44
     Ihren Körper belasten können. Auch Passivrauchen ist eine
                                                                                                                                                 41
     ernsthafte Gesundheitsgefährdung. MitarbeiterInnen dieses
       Hauses verzichten auf das Rauchen in allen öffentlichen           40
  Räumen. Wir wollen, dass in unserem der Gesundheitsförderung
               verpflichteten Haus nicht geraucht wird.
    Falls Sie doch rauchen wollen – tun Sie dies bitte                   20
             draußen - während der Pausen.

         Wir danken für Ihr Verständnis !
                                                                          0
  Falls Sie Interesse an Tabakentwöhnung in Gruppen
         also unseren Rauchfrei Kursen haben,                                  Kursende       1 Monat       3 Monate        6 Monate     12 Monate
                sprechen Sie uns bitte an.                                                      später        später          später       später

 Abbildung 1: Plakat vom Oktober 2006                                Abbildung 2: Abstinenz bei 18 Tabakentwöhnungskursen von April 2003 bis März 2007

    zu verhindern wäre ein lüftungstech-                             Er muss soweit abgelegen und gut zu lüf-       Die Konfliktkultur und das Gesundheits-
    nischer Aufwand erforderlich, für                                ten sein, dass tatsächlich ein unfreiwil-      bewusstsein und -verhalten steigen. Er-
    den die Mittel oft nicht zur Ver-                                liges Mitrauchen von Nichtrauchern ver-        kenntnisse werden in verantwortliches
    fügung stehen.                                                   mieden wird. Während es früher selbst-         Handeln umgesetzt. Führungskräfte för-
• In solchen Bereichen wird stark ge-                                verständlich für Nichtraucher war, den         dern dies, wenn sie mit gutem Beispiel
    raucht, weil sie Raucher anziehen.                               Tabakrauch zu ertragen, wird heute eher        voran gehen. So entsteht ein Win-Win-
    Dies kann Arbeitsprozesse stören                                 die Verantwortung bei den Rauchern             System.
    und führt dazu, dass sich Raucher                                gesehen: Sie sollen sich diszipliniert ver-    Sobald gute Erfahrungen mit einem Be-
    gegenseitig verführen mehr zu rau-                               halten und in der Öffentlichkeit nicht         triebsbereich vorliegen, kann man den
    chen, als sie alleine rauchen würden.                            bzw. nur in Arbeitspausen in festgeleg-        Änderungsprozess für andere Betriebs-
Aus diesen Gründen soll das Ziel – zeit-                             ten Räumen rauchen. Diese hohe Koope-          bereiche ähnlich organisieren und so
liche und räumliche Entkoppelung von                                 rationsbereitschaft der Raucher ist er-        schrittweise zu einem – bis auf Pausen-
Arbeit und Rauchen – nicht aus den                                   reichbar, wenn der Diskussionsprozess          räume – rauchfreien Betrieb kommen.
Augen verloren werden.                                               zwischen den Beteiligten, also den Füh-
                                                                     rungspersonen sowie den Rauchern und           Tabakentwöhnung
Bedeutung des Veränderungs-                                          Nichtrauchern lange genug in gegensei-         Ein wesentliches Element der Verände-
prozesses für den Betrieb                                            tigem Respekt und in Kenntnis der biolo-       rungsstrategie sind evaluierte Tabakent-
Durch die Diskussion um rauchfreie Ar-                               gischen Tatsachen erfolgt. Betriebsärzte,      wöhnungskurse und Hilfen zum Rauch-
beitsräume entsteht in Betrieben ein                                 Fachkräfte für Arbeitssicherheit und die       stopp im Betrieb. Bewährt haben sich
Konflikt, durch den alle Beteiligten ler-                            Betriebliche Sozialarbeit können die da-       neben Rauchersprechstunden, Tabak-
nen können. Es ist Aufgabe der Füh-                                  zu notwendigen Informationen zu Ver-           entwöhnungskurse in Gruppen. Viele
rungskräfte diesen Konflikt aufzuneh-                                fügung stellen. Gelingt es auf diese           Raucher machen sich große Sorgen, was
men und der besten erreichbaren Lösung                               Weise die Raucher in die Verantwortung         passiert, wenn sie aufhören. Manche
zuzuführen. Als Ausgangspunkt eignet                                 zu bringen, profitieren sie als erste da-      fürchten an dieser Aufgabe zu scheitern
sich ein überschaubarer Betriebsbereich                              von: Sie lernen disziplinierter zu rauchen,    und brauchen Unterstützung, um ihr
– z. B. eine Werkstatt oder eine Büro-                               unterbrechen ihre Rauchautomatismen,           Verhalten dauerhaft zu ändern. Viele
einheit in der ein Team von interessierten                           werden weniger zum Mitrauchen ver-             hören auf: Nach spontanem Entschluss
Personen zusammenarbeitet. Vor dem                                   führt und rauchen im Ergebnis weniger.         werden ca. 3% längerfristig abstinent.
Hintergrund der heute öffentlich geführ-                             Die Nichtraucher haben freie Luft zum          Nach Aufforderung durch einen Arzt
ten Diskussion werden die Nichtraucher                               atmen und das gute Gefühl sich für ein         oder Therapeuten sind es bis 10 %. Bei
auf rauchfreier Luft am Arbeitsplatz be-                             wichtiges Gesundheitschutzziel enga-           Tabakentwöhnung in Gruppen werden
stehen. Einen Pausenraum für Raucher                                 giert und durchgesetzt zu haben.               bei evaluierten Kursen Abstinenzraten
sollte der Betrieb zur Verfügung stellen.                                                                           bis über 40 % beobachtet.

                         _
 96            Ergo Med 4/2007
Durchführung der Kurse                         probieren des Gelernten und um neue           nen anwesend. Im Durchschnitt gab es 9
im Betrieb                                     Schritte vorzubereiten. Die Gruppen be-       (4 bis 13) regelmäßige Teilnehmer pro
Tabakentwöhnung soll die verschiede-           stehen aus bis zu 15 Personen, die von        Kurs. Davon waren 134 Männer und 20
nen Ebenen der Abhängigkeit berück-            zwei Trainern angeleitet werden. Dabei        Frauen. Ihr Alter lag zwischen 18 und 61
sichtigen und sowohl akut als auch lang        wird der Rauchstopp vorbereitet, durch-       Jahren, im Mittel bei 43. Rund 43 % der
wirksame Therapieelemente bieten. Un-          geführt und begleitet. In diesem Prozess      Teilnehmer waren gewerbliche Arbeit-
ter Berücksichtigung bisheriger Konzep-        lernen die TeilnehmerInnen Schritt für        nehmer und 57 % Angestellte, davon
te der Gruppenbehandlung von Rau-              Schritt Ihre persönlichen Gründe zu ent-      waren rund 9 % außertarifliche Ange-
chern wurden ab April 2003 als Koope-          wickeln, warum sie rauchfrei werden           stellte.
rationsprojekt zwischen Betrieblicher          wollen, die wichtigsten, ggf. noch vor-       Die Evaluation der Ergebnisse wurde
Sozialarbeit und Betriebsärzten bei der        handenen Hinderungsgründe zu verste-          durch Befragungen am Ende der Kurse
DSK Tabakentwöhnungskurse in Grup-             hen und damit umzugehen sowie kon-            sowie nach einem Monat, drei, sechs
pen entwickelt. Die Kurse werden regel-        kret aufzuhören. Der Rauchstopp erfolgt       und zwölf Monaten – meist per Telefon-
mäßig an den Betriebsstandorten ange-          spätestens nach dem dritten Kurstag. Sie      interview am Arbeitsplatz – von den Trai-
boten. Ort und Zeit sollen den Bedürfnis-      lernen rauchfrei zu bleiben – auch in         nern selbst durchgeführt. Falls das nicht
sen der Beschäftigten entgegenkom-             schwierigen Phasen. Der Erfahrungsaus-        möglich war, wurde per Email oder per-
men, damit die Eingangsschwelle der            tausch unter den TeilnehmerInnen wird         sönlich Kontakt aufgenommen. Die Re-
Kurse möglichst niedrig ist. Wir begin-        systematisch gefördert, um Lernen von-        sponserate bei allen Befragungszeit-
nen nach der Kernarbeitszeit in einem          einander zu ermöglichen. Am Ende des          punkten lag im Durchschnitt bei 71 %.
störungsfreien Raum im Betrieb. Meta-          Prozesses werden die persönlichen Er-         Als rauchfrei wurden nur Teilnehmer ge-
planmaterialien und etwas zu trinken           gebnisse festgehalten.                        zählt, die bei der Befragung tatsächlich
(Wasser und Kaffee) stehen dort zur            Um die Tabakabhängigkeit zu dokumen-          erreicht wurden. Nicht erreichte Kursteil-
Verfügung.                                     tieren, setzen wir seit 2005 den Heidel-      nehmer wurden als Raucher gezählt. Die
                                                                     14
Der Kurs richtet sich an alle, die rauchfrei   berger Fragebogen ein. Seit Anfang            Katamneseauswertung bis Ende Februar
werden wollen – d. h. eigene Motivation        2006 setzen wir zusätzlich Fragebögen         2006 wurde bereits veröffentlicht.
mitbringen, aber den richtigen Weg             für die Katamnese ein. Die Kurse folgen       Praktisch alle Teilnehmer geben an von
rauchfrei zu werden und zu bleiben noch        den Empfehlungen der WHO. Sie wer-            den Kursen profitiert zu haben. Viele ha-
nicht gefunden haben. Koordiniert mit          den von der Krankenkasse anerkannt            ben ihr Rauchverhalten geändert. 53 %
anderen gesundheitsfördernden Aktivi-          und finanziell unterstützt. Die Kurse sind    der regelmäßigen Teilnehmer waren am
täten, wie z.B. Gesundheitstagen, wer-         kostenlos und die Teilnehmer erhalten         Ende des Kurses abstinent. Die Abs-
den Beschäftigte über betriebsübliche          darüber hinaus einen Bonus, wenn sie          tinenzrate schwankte von Kurs zu Kurs
Medien (Aushänge, Flyer, Werkszeitung,         regelmäßig erscheinen.                        deutlich zwischen 20 – 87,5 %.
Email) über das Kursangebot informiert.        Im Kurs wird der Kohlenmonoxid- = CO-         Bis Ende März 2007 konnten nicht alle
Aus der ärztlichen Sprechstunde kann           Wert der Ausatemluft gemessen. Den            Teilnehmer aus 2006 befragt werden,
direkt eine Empfehlung für eine Kurs-          Teilnehmern steht ein Arbeitsheft zur         weil der Befragungszeitpunkt noch nicht
teilnahme ausgesprochen werden. Der            Verfügung. Evaluierte Entwöhnungshil-         gekommen war. Deshalb ist die Zahl der
örtlich zuständige Betriebsarzt bzw. die       fen, wie z.B. Nikotinersatztherapie, wer-     regelmäßigen Teilnehmer in der Abbil-
Betriebliche Sozialarbeit gehen auf die        den vorgestellt. Mit der Tabakentwöh-         dung um so geringer je länger der Beob-
Beschäftigten zu und gewinnen sie als          nung verwandte Themen der Gesund-             achtungszeitraum ist: So wurden für die
Teilnehmer. Die Entscheidung des Rau-          heitsförderung, wie gesunde Ernährung         Befragung am Kursende alle Teilnehmer
chers teilzunehmen oder nicht wird in          oder Bewegung, werden angesprochen.           aus 18 Kursen (n=154) erfasst, nach ei-
jedem Fall respektiert.                        Die Trainer bieten eine Telefonhotline        nem und drei Monaten die Teilnehmer
Viele Teilnehmer haben alleine, zum Teil       und bei Bedarf Nachsorgetermine an.           von 16 Kursen (n=108 und 109), nach 6
mehrfach, ggf. mit verschiedenen Hilfs-        Auch nach dem Kurs halten wir regelmä-        Monaten die Teilnehmer von 15 Kursen
mitteln versucht aufzuhören. Fast alle         ßig Kontakt mit den TeilnehmerInnen,          (n=99) und nach 12 Monaten die Teil-
Teilnehmer rauchten vor dem Kurs regel-        u. a. um zu erfahren, wie sie mit ‚Rauch-     nehmer von 12 Kursen (n=87). Die regel-
mäßig Zigaretten. Die Zahl variiert zwi-       frei’, d. h. ihrer Abstinenz im Alltag, zu-   mäßigen Teilnehmer sind in den schwar-
schen ca. 5 bis 60, im Durchschnitt lag sie    recht kommen. Aus diesen Befragungen          zen Säulen der Abbildung dargestellt.
zwischen 20 und 30 Zigaretten pro Tag.         werden fortlaufend die Abstinenzdaten         Die Zahl der Rauchfreien bezieht sich je-
Manche Teilnehmer reduzieren bereits           ermittelt.                                    weils auf die regelmäßigen Teilnehmer
unmittelbar vor dem Kurs die Zahl der                                                        zum Befragungszeitpunkt (graue Säulen).
Zigaretten. Viele beginnen damit nach          Evaluation
dem ersten Kurstag.                            Bis Ende März 2007 nahmen an 18 Kur-          Zusammenfassung
Die Kurse gehen über 5 Termine und sind        sen 154 Beschäftigte der DSK regel-           Die Frage im Titel kann nur mit einem
je 120 Minuten lang. Dazwischen liegt          mäßig teil. Regelmäßige Teilnehmer wa-        klaren Nein beantwortet werden. Bei der
immer mindestens eine Woche zum Aus-           ren an mindestens 3 (von 5) Kurstermi-        Arbeit soll nicht geraucht werden:

                                                                                                              _
                                                                                                        Ergo Med 4/2007           97
• Rauchen führt zu Gesundheitsschä-                  3   Bjartveit K, Tverdal A. Health consequen-      12 WHO-Partnerschaftsprojekt Tabakabhän-
  den beim Raucher und in erhebli-                       ces of smoking 1 – 4 cigarettes per day.          gigkeit. Rauchfrei am Arbeitsplatz. Ein
                                                         Tob Control, 2005; 14:, 315 – 320                 Leitfaden für Betriebe, Bonn, 2002
  chem Maß auch bei den unfreiwillig
  Mitrauchenden am Arbeitsplatz.                     4   Yusuf S et al.. Effect of potentially mo-      13 Deutsches Krebsforschungszentrum, Bun-
                                                         difiable risk factors associated with             desvereinigung für Gesundheit, BAR-
• Der Arbeitsschutz für Nichtraucher
                                                         myocardial infarction in 52 countries             MER (Hrsg. 2001): Tabakabhängigkeit
  wird am besten durch das disziplinier-                 (the INTERRHEART study): case-control             und Raucherentwöhnung, 2001
  te Verhalten der Raucher, die am Ar-                   study. Lancet 2004; 364: 937 – 952
                                                                                                        14 Deutsches Krebsforschungszentrum, Hei-
  beitsplatz nicht rauchen, erreicht.                5   Internizzi G, Ruprecht A, Mazza R et al.,         delberg. Rauchersprechstunde. Bera-
• Raucher übernehmen damit ihren                         Particulate matter from tobacco versus            tungskonzept für Gesundheitsberufe.
  Teil der Verantwortung für den Ge-                     diesel car exhaust. An educational per-           Rote Reihe Tabakprävention und Tabak-
  sundheitsschutz.                                       spective. Tobacco Control 2004; 13: ,             kontrolle, Band 1, 2000
                                                         219–221
• Klare Regeln – wie z. B. in Form von                                                                  15 Institut für Therapieforschung, IFT: Eine
  Betriebsvereinbarungen – sind nützlich.            6   Kotzias D, Greiss O, Leva A et al.. Ventila-      Chance für Raucher. Rauchfrei in 10
                                                         tion as a means of controlling exposure           Schritten. Ein Trainingsprogramm, in Zu-
• Pausenräume für Raucher sollen im
                                                         workers to environmental tobacco smo-             sammenarbeit mit der Bundeszentrale
  Sinne eines fairen Kompromisses zur                    ke (ETS). European Commission Joint Re-           für Gesundheitliche Aufklärung, Mün-
  Verfügung gestellt werden. Regeln                      search Centre, Italy, Smoke Free Europe           chen, 2005 weitere Hinweise unter:
  für Arbeitspausen sind erforderlich,                   2005 Conference, 2005                             www.tabakkontrolle.de: Tabakentwöh-
                                                                                                           nung/intensive Maßnahmen/Gruppen-
  die für Raucher und Nichtraucher                   7   Deutsche Forschungsgemeinschaft (Hrsg.
                                                                                                           programme
  gleichermaßen gelten.                                  2004). Maximale Arbeitsplatzkonzen-
                                                         trationen und Biologische Arbeitsstoff-        16 Holobar H G. Feedbackbogen zum
• Tabakentwöhnungskurse können im
                                                         Toleranz-Werte. Mitteilungen 39. Wiley            Rauchfreikurs. Institut für Arbeitswissen-
  Betrieb oder im betrieblichen Umfeld                   VCH, Weinheim, 2004                               schaften der RAG. Dortmund, 2005
  angeboten werden. Sofern sie evalu-
                                                     8   IARC Monographs on the Evaluation of           17 WHO: Evidence Based Recommendati-
  iert sind, kann eine Kostenbeteiligung                 Carcinogenic Risks to Humans. Tobacco             ons on the Treatment of Tobacco Depen-
  von Krankenkassen erreicht werden.                     Smoke and Involuntary Smoking. Volu-              dence. 2001
• Abstinenzraten bis 40% in einem Be-                    me 83, Lyon, 2002
                                                                                                        18 DSK, Knappschaft, BBG.StBG, IGBCE.
  obachtungszeitraum bis 12 Monate                   9   dkfz. Tabakentwöhnung. Newsletter N.              Betriebliche Gesundheitsförderung im
  sind erreichbar.                                       7. September, who-cc@dkfz.de, 2005                deutschen Steinkohlenbergbau. Herne,
                                                                                                           2005, 1 – 68 und Anhang 1 – 7
                                                     10 dkfz. Passivrauchen – ein unterschätztes
                                                        Gesundheitsrisiko. Band 5, Deutsches            19 Barkhoff M, Erstling S, Lenaerts H, Wa-
Literatur                                               Krebsforschungszentrum, Heidelberg, 2005           gener C: Mein Weg zu Rauchfrei, Ar-
                                                                                                           beitsheft für den Kurs für DSK Mitarbei-
1     World Health Organisation. Tobacco or          11 Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeits-
                                                                                                           terInnen. BB S1 und BB E33, Knapp-
      Health – A Global Status Report. Geneva 1997      stättenverordnung – ArbStättV), §5
                                                                                                           schaft, Deutsche Steinkohle AG, Herne,
                                                        Nichtraucherschutz. Vom 12. August
2     Weltbank (2003). Der Tabakepidemie                                                                   2007, 1 – 52
                                                        2004. BGBl I, 2179
      Einhalt gebieten – Regierungen und
                                                                                                        20 Arzneimittelkommission der Deutschen
      wirtschaftliche Aspekte der Tabakkon-
                                                                                                           Ärzteschaft. Tabakabhängigkeit, Thera-
      trolle. 2003
                                                                                                           pieempfehlungen der Arzneimittel-
                                                                                                           kommission der Deutschen Ärzteschaft.
                                                                                                           2001, 1 – 30

     Summary                                                                                            21 Schmidt L G. Tabakabhängigkeit und
                                                                                                           ihre Behandlung. Deutsches Ärzteblatt
      The title’s question can only be answered with a clear “no”. There should be no smo-                 2001; 98: A 1826 – 1833
      king at work:
                                                                                                        22 Haustein K O. Raucherentwöhnung.
    •     Smoking can seriously damage the health both in smokers and in involuntarily
                                                                                                           Primäre ärztliche Aufgabe. Deutsches
          smoking persons at workplaces.                                                                   Ärzteblatt, 2002; 99: A 3162 – 3163
    •     The best way to organise safety at work for non-smokers is to make smokers act
                                                                                                        23 Lenaerts H, Holobar H G, Piekarski C. Ta-
          with discipline and agree to refrain from smoking during their work time.                        bakentwöhnung in Gruppen als Maß-
    •     By stopping smoking during their work smokers have an active role in their respon-               nahme der Betrieblichen Gesundheits-
          sibility to promote health.                                                                      förderung. Verh Dtsch Ges Arbeitsmed
                                                                                                           Umweltmed 268 – 273. 46. Jahresta-
    •     Clear rules are useful – e. g. in the form of employer / works council agreements.
                                                                                                           gung in Hannover. Gentner Verlag, 2006
    •     In the sense of a fair compromise separate smoking areas have to be provided for.
          Breaks and recreation have to be established for smokers and non-smokers
          equally.
                                                                                                        Dr. med. Hellmut Lenaerts
    •     Tobacco dependence can be treated in a group setting inside a company or within               Martina Barkhoff
          easy reach. German health insurances are obliged by law to provide financial sup-             Dr. med. Silke Hoffmann
          port to such trainings proven to be efficient.                                                Deutsche Steinkohle AG DSK
                                                                                                        Arbeitsmedizinisches Zentrum Herne Pluto BB S21
    •     Abstinence rates up to 40 % are attainable in a 12 months observation period.                 Wilhelmstr. 98
                                                                                                        44649 Herne

                    _
 98          Ergo Med 4/2007
Sie können auch lesen