Bekämpfung der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit im Agrarsektor - Europäische Plattform für nicht angemeldete Erwerbstätigkeit - EFFAT

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Europäische Plattform für nicht angemeldete
    Erwerbstätigkeit

     Bekämpfung der nicht
angemeldeten Erwerbstätigkeit im
         Agrarsektor

              September 2018
Colin C Williams und Adrian Horodnic

RECHTLICHER HINWEIS
Weder die Kommission noch eine Person, die im Namen der Kommission handelt, ist für die Verwendung der
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angemeldeten Erwerbstätigkeit, die durch den Beschluss (EU) 2016/344 eingerichtet wurde. Die in dieser
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http://ec.europa.eu/social/easi
Inhaltsverzeichnis
ZUSAMMENFASSUNG ................................................................................................................................. 3
1.      EINFÜHRUNG...................................................................................................................................... 7
2. PRÄVALENZ, VERTEILUNG UND MERKMALE DER NICHT ANGEMELDETEN ERWERBSTÄTIGKEIT IM
AGRARSEKTOR ............................................................................................................................................ 8
     2.1 EINFÜHRUNG IN DEN AGRARSEKTOR ................................................................................................................ 8
        2.1.1.1 Größe der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte .............................................................................. 8
        2.1.2 Beschäftigungsverhältnisse im Agrarsektor .................................................................................... 9
     2.2 ARTEN DER NICHT ANGEMELDETEN ERWERBSTÄTIGKEIT IM AGRARSEKTOR ............................................................. 14
        2.2.1 Abhängige Selbstständigkeit ......................................................................................................... 14
        2.2.2.2 Nicht registrierte Beschäftigung ................................................................................................. 19
        2.2.3 Nicht angemeldete Beschäftigung ................................................................................................. 22
     2.3 WER BESCHÄFTIGT SICH MIT NICHT ANGEMELDETER ERWERBSTÄTIGKEIT IM AGRARSEKTOR? ..................................... 23
     2.4 ARBEITSBEDINGUNGEN VON NICHT ANGEMELDETEN ARBEITNEHMERN IM AGRARSEKTOR ......................................... 26
3.      SYSTEMISCHE TREIBER DER NICHT ANGEMELDETEN ERWERBSTÄTIGKEIT IM AGRARSEKTOR........... 39
4.      RECHTLICHE UND INSTITUTIONELLE RAHMENBEDINGUNGEN .......................................................... 49
5. POLITISCHE ANSÄTZE ZUR BEKÄMPFUNG DER NICHT ANGEMELDETEN ERWERBSTÄTIGKEIT IM
AGRARSEKTOR .......................................................................................................................................... 50
6.      EVIDENZBASIERTE BEWERTUNG VON GOOD-PRACTICE-ANSÄTZEN .................................................. 52
     6.1 DIREKTE KONTROLLEN: ABSCHRECKUNGSMITTEL ................................................... ERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
        6.1.1.1 Sanktionen .................................................................................................................................. 52
        6.1.2 Verbesserung der Erkennung: Inspektionen im Agrarsektor ......................................................... 53
        6.1.3. Verbesserung der Erkennung: schriftlicher Vertrag bis zum ersten Arbeitstag ............................ 56
        6.1.4. Verbesserung der Erkennung: zertifizierte Registrierkassen ......................................................... 56
        6.1.5 Verbesserung der Erkennung: Abschreckung von Bargeldtransaktionen ...................................... 56
        6.1.6 Verbesserung der Erkennung: Benachrichtigungsschreiben und Data Mining .............................. 57
        6.1.7 Verbesserung der Erkennung: Peer-to-Peer-Überwachung ........................................................... 58
        6.1.8 Verbesserung der Erkennung: Koordination der Vorgänge ........................................................... 58
        6.1.10 Verbesserung der Erkennung: Supply-Chain-Due-Diligence-Prüfung........................................... 59
     6.2      ANREIZE: ANGEBOTSSEITE .................................................................................................................... 61
        6.2.1 Vereinfachung der Compliance ...................................................................................................... 61
        6.2.2.2 Freiwillige Offenlegung ............................................................................................................... 66
        6.2.3 Formalisierungsunterstützung für Start-ups .................................................................................. 66
        6.2.4 Formalisierungsunterstützung und -beratung für etablierte Unternehmen .................................. 66
        6.2.5 Direkte Steuer- und Sozialversicherungsanreize ............................................................................ 67
        6.2.6 Hilfe bei der Führung von Aufzeichnungen .................................................................................... 70
        6.2.7'Whitelists' (weiße Listen) ............................................................................................................... 70
     6.3      ANREIZE AUF DER NACHFRAGESEITE........................................................................................................ 72
        6.3.1 Leistungsbelege ............................................................................................................................. 72
        6.3.2 Anreize für elektronische Zahlungssysteme und Abschreckung von Barzahlungen ....................... 74
     6.4      SENSIBILISIERUNG ............................................................................................................................... 74
     6.5      ÄNDERUNG DER FORMALEN INSTITUTIONEN ............................................................................................. 76
     6.6      AUF DEM WEG ZU EINEM GANZHEITLICHEN POLITISCHEN ANSATZ................................................................. 77
7.      SCHLUSSFOLGERUNGEN UND EMPFEHLUNGEN ................................................................................ 80
8.      REFERENZEN ..................................................................................................................................... 81
ANHANG 1 ................................................................................................................................................ 87
ANHANG 2 ................................................................................................................................................ 89

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2
Zusammenfassung
In dieser Studie werden Prävalenz, Verteilung und Merkmale der nicht angemeldeten
Erwerbstätigkeit im Land-, Forst- und Fischereisektor (künftig "Agrarsektor") in der EU
bewertet und wie damit umgegangen werden kann. Dazu werden die Prävalenz,
Verteilung und Merkmale der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit im Agrarsektor sowie
ihre systemischen Treiber analysiert. Diese Analyse liefert dann die Grundlage für eine
Analyse, wie mit nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit umgegangen werden kann. Um
festzustellen, wie dies erreicht werden kann, werden der rechtliche und institutionelle
Rahmen, die politischen Ansätze zur Bekämpfung der nicht angemeldeten
Erwerbstätigkeit im Agrarsektor und eine evidenzbasierte Bewertung der verfügbaren
politischen Maßnahmen analysiert.

Prävalenz, Verteilung und Merkmale                    der    nicht    angemeldeten
Erwerbstätigkeit im Agrarsektor
✓ Laut Eurostat sind 4% (1 von 25) der Arbeitskräfte in der EU im Agrarsektor
  beschäftigt. Diese reichen jedoch von 20,7% in Rumänien und 11,8% in
  Griechenland bis 1% im Vereinigten Königreich und 0,9% in Luxemburg. Die
  Arbeitsbeziehungen und die nicht angemeldete Erwerbstätigkeit in diesem Sektor
  könnten in diesen Mitgliedstaaten, vor allem in Ostmittel- und Südeuropa, mit einem
  größeren Anteil der Arbeitskräfte in diesem Sektor als eine höhere Priorität
  angesehen werden. Ihre Priorität könnte in anderen Mitgliedstaaten, vor allem in
  Westeuropa und den nordischen Ländern, aufgrund der geringeren Zahl von
  Beschäftigten in anderen Mitgliedstaaten als niedrigere Priorität angesehen werden.
✓ 15% der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte (und 32% aller Beschäftigten
  im Agrarsektor) haben keinen schriftlichen Arbeitsvertrag (gegenüber 5% für
  die gesamte EU28-Belegschaft). 12% aller nicht registrierten Arbeitsplätze in der
  EU28 entfallen auf den Land-, Forst- und Fischereisektor. Eine Hälfte (50,8 %) aller
  nicht registrierten Erwerbstätigkeiten im Agrarsektor in der EU findet man in nur zwei
  Mitgliedstaaten: 38,1% in Polen und 12,7% in Italien.
✓ 27%      der   landwirtschaftlichen     Arbeitskräfte    sind    in    abhängiger
  Selbständigkeit tätig (gegenüber 4% aller Erwerbstätigen in der EU28), und 51%
  aller Selbständigen im Agrarsektor sind abhängig selbständig. Tatsächlich entfallen
  22% aller abhängigen Selbständigen in der EU auf den Agrarsektor. Zwei Drittel aller
  abhängigen Selbstständigen in der Landwirtschaft sind in vier Mitgliedstaaten tätig:
  Rumänien, Polen, Portugal und Italien.
✓ 9% (1 von 11) der landwirtschaftlichen Arbeitnehmer erhalten einen
  Kuvertlohn (gegenüber 5% aller Arbeitnehmer in der EU, die einen Kuvertlohn
  erhalten). Nur im Bausektor ist der Anteil der Arbeitnehmer, die Kuvertlöhne
  erhalten, höher (10%).
✓ Diejenigen, die in der Landwirtschaft eine abhängige selbständige Erwerbstätigkeit
  ausüben, sind eher Männer, ältere, mit schlechterem Bildungsniveau und in dem Land
  geboren, in dem sie leben und arbeiten. Nicht registrierte Beschäftigte in der
  Landwirtschaft sind deutlich wahrscheinlicher unter 35 Jahre alt, geboren in dem
  Land, in dem sie leben und arbeiten, und erleben finanzielle Schwierigkeiten bei der
  Bezahlung ihrer Haushaltsrechnungen.
✓ Die quantitative Analyse der Europäischen Erhebung über die Arbeitsbedingungen
  2015 (EWCS) (Eurofound 2016b) zeigt, dass die abhängigen Selbständigen und nicht
  registrierten Arbeitnehmer in der Landwirtschaft in mancherlei Hinsicht schlechtere
  Arbeitsbedingungen haben als die übrigen landwirtschaftlichen Arbeitskräfte (z.B. in
  Bezug auf die Ausbildung), ähnliche Bedingungen in anderer Hinsicht (z.B. in Bezug
  auf die physische Arbeitsumgebung) und bessere Arbeitsbedingungen in noch
  anderer Hinsicht (z.B. in Bezug auf die geringere Arbeitsintensität). Dieser Befund
  steht in krassem Gegensatz zu einer Vielzahl kleiner, eingehender qualitativer

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Studien, die die schlechten und ausbeuterischen Arbeitsbedingungen von nicht
    angemeldeten Arbeitnehmern in der Landwirtschaft aufdecken.
✓ Die Arbeitsbedingungen im Agrarsektor sind im Vergleich zur Beschäftigung in der
  übrigen Wirtschaft insgesamt deutlich schlechter (mit Ausnahme des sozialen
  Umfelds, das besser ist, und der Arbeitsintensität, die geringer ist).
Systemische Treiber der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit im
Agrarsektor
Ein höheres Maß an nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit im Agrarsektor ist das Ergebnis
des starken Kostendrucks der Lebensmittelindustrie und des Lebensmitteleinzelhandels,
an die die landwirtschaftlichen Erzeuger den größten Teil ihrer Produktion liefern. Es
gibt auch allgemeinere Treiber der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit, die auch für
den Agrarsektor gelten. Diese allgemeineren Treiber sind signifikant mit der Prävalenz
der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit im Agrarsektor in einem Land verbunden:
✓ Wirtschaftliche Unterentwicklung (gemessen an einem niedrigeren Niveau des
  BIP pro Kopf)
✓ Fehlende       Modernisierung        der    Governance     (gemessen    an:
  Regierungseffektivität; Europäischer Index für die Qualität der Governance;
  regulatorische   Qualität;  Korruptionswahrnehmungsindex;  Bevorzugung  bei
  Entscheidungen von Regierungsbeamten)
✓ Geringere staatliche Eingriffe in die Wirtschaft und geringere Entbehrungen
  (gemessen an: öffentlichen Ausgaben für Arbeitsmarktinterventionen; den
  Auswirkungen von Sozialtransfers und schwerer materieller Entbehrung) und
✓ Größere institutionelle Asymmetrie (gemessen am Vertrauen in die öffentliche
  Hand und die Rechtsstaatlichkeit)

Gesetzliche und institutionelle Rahmenbedingungen
Es gibt drei Hauptgründe für die Teilnahme an nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit im
Agrarsektor:
•   um die Zahlung der vollen, dem Staat geschuldeten Steuerbeiträge zu umgehen;
•   die Zahlung der vollen geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge wie Renten- und
    Krankenversicherungen zu umgehen; und
•   um zu vermeiden, dass bestimmte gesetzliche Arbeitsnormen wie Mindestlöhne und
    Höchstarbeitszeiten eingehalten werden müssen.
Daher ist die nicht angemeldete Erwerbstätigkeit in der Landwirtschaft für die für die
Einhaltung des Steuer-, Sozialversicherungs- und Arbeitsrechts zuständigen Behörden
von Interesse.
Für die Steuerverwaltungen ist ihr Hauptinteresse an nicht angemeldeter
Erwerbstätigkeit das verlorene Steuereinkommen, das dadurch entsteht, dass
Arbeitgeber im Landwirtschaftssektor ihr Einkommen nicht rechtzeitig an den Staat
melden, um die Steuervorschriften einzuhalten.
Für die Sozialversicherungsträger und die Steuerverwaltungen, die für die
Sozialversicherungsbeiträge   wie   Renten-    und  Krankenversicherungsbeiträge
verantwortlich    sind,  sind  ihr   Hauptinteresse  sowohl    die   entgangenen
Sozialversicherungseinnahmen, die sich aus der Schwarzarbeit in der Landwirtschaft
ergeben, als auch die negativen Auswirkungen auf die Arbeitnehmer, die aufgrund
dieser Nicht-Erklärung möglicherweise Renten- und Gesundheitsansprüche reduziert
haben.
Für diejenigen, die mit der Sicherstellung der Einhaltung des Arbeitsrechts beauftragt
sind, wie die Arbeitsaufsichtsbehörden, sind ihr Hauptinteresse an nicht angemeldeter
Erwerbstätigkeit im Agrarsektor die negativen Auswirkungen auf die Arbeitnehmer

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aufgrund von Nichtregistrierung oder anderen arbeitsrechtlichen Verstößen (z.B. auf die
Arbeitszeit, Urlaubsansprüche).

Politische Ansätze zur Bekämpfung der nicht angemeldeten
Erwerbstätigkeit im Agrarsektor

Für die Umwandlung von nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit in gemeldete
Erwerbstätigkeit im Agrarsektor ist ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich. Hier
verfolgen die nationalen Regierungen einen ganzheitlichen Regierungsansatz zur
Bekämpfung der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit, indem sie sowohl auf der
strategischen als auch auf der operativen Ebene die Politikfelder des Arbeits-, Steuer-
und Sozialversicherungsrechts zusammenführen und die Sozialpartner und andere
Interessengruppen einbeziehen und mit ihnen zusammenarbeiten. Dieser Ansatz
beinhaltet die Nutzung aller verfügbaren direkten und indirekten politischen
Maßnahmen, um die Macht und das Vertrauen der Behörden bzw. Williams, 2017a) zu
stärken. Ziel ist es, nicht angemeldete Erwerbstätigkeit wirksam in gemeldete Arbeit
umzuwandeln.
 Direkte" Instrumente können nicht angemeldete Erwerbstätigkeit in gemeldete
Erwerbstätigkeit umwandeln, indem sie sicherstellen, dass die Vorteile der
angemeldeten Erwerbstätigkeit die Vorteile der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit
überwiegen. Einerseits erhöhen Abschreckungsmaßnahmen die Kosten der nicht
angemeldeten Erwerbstätigkeit ("Sticks") und/oder die gemeldete Erwerbstätigkeit wird
durch Anreize ("Karotten") vorteilhafter und einfacher gestaltet. Andererseits befassen
sich "indirekte" Instrumente mit den formalen institutionellen Defiziten bei der
Reparatur des Sozialvertrages zwischen Staat und Wirtschaft und den Bürgern, um eine
hochgradig vertrauensvolle Kultur des hohen Engagements zu fördern. Diese zielen
entweder darauf ab, die Normen, Werte und Überzeugungen über die Akzeptanz nicht
angemeldeter Erwerbstätigkeit so zu ändern, dass sie mit den Gesetzen und Vorschriften
im Einklang stehen (z.B. durch Sensibilisierungskampagnen und Bildungsinitiativen),
und/oder die formalen institutionellen Mängel zu ändern.

Evidenzbasierte Bewertung von Politikansätzen
Bei der Überprüfung der Bandbreite der verfügbaren direkten und indirekten politischen
Instrumente werden die folgenden Schlussfolgerungen gezogen:
✓ Die Erhöhung der Strafen hat nur geringe Auswirkungen.
✓ Arbeitsplatzkontrollen sind im Agrarsektor weniger effektiv.
✓ Die Verwendung von Meldeschreiben auf der Grundlage von Data Mining zur
  Identifizierung risikoreicher landwirtschaftlicher Unternehmen ist eine Teillösung,
  und die Durchsetzungsbehörden der Mitgliedstaaten sollten Pilotstudien mit
  verschiedenen Arten von Meldeschreiben im Agrarsektor durchführen und die
  Kriterien für die Bewertung eines risikoreichen landwirtschaftlichen Unternehmens
  prüfen.
✓ Die Einführung eines schriftlichen Vertrages (bis zum ersten Arbeitstag) ist
  notwendig, um die nicht angemeldete Erwerbstätigkeit im Agrarsektor zu bekämpfen.
✓ Die Einhaltung der Vorschriften muss ebenfalls vereinfacht werden,
  einschließlich: gemeinsamer Verfahren zur Registrierung von Arbeitnehmern,
  gemeinsamer       Inspektionen,      Vereinfachung       der     Vorschriften für
  Saisonarbeitsverträge und Gelegenheitsarbeitsplätze und Ermöglichung der
  Entwicklung von Initiativen zur Mitarbeiterbeteiligung oder -beschäftigung.
✓ Servicegutscheine für Saisonarbeiter sind ebenfalls ein potenziell nützliches
  Instrument.

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✓ Es sollten "weiße Listen" verwendet werden, wie das Quality Agricultural Work
  Network (rete del lavoro agricolo di qualità) in Italien zeigt.
✓ Die Supply-Chain-Due-Diligence auf der Grundlage von gemeinsamen und
  mehreren Verbindlichkeiten in Unterauftragnehmerketten ist eine nützliche Praxis für
  die Umwandlung von nicht angemeldeter Arbeit in gemeldete Arbeit.
✓ Es sollten Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagnen über die Vorteile der
  angemeldeten Erwerbstätigkeit und die Kosten der nicht angemeldeten
  Erwerbstätigkeit in der Landwirtschaft entwickelt werden, die sich entweder an
  diejenigen richten, die im Agrarsektor im Allgemeinen oder an Gruppen in der
  Lieferkette (z.B. Saisonarbeiter, landwirtschaftliche Betriebe, Lebensmittelhersteller
  und -händler oder Endverbraucher).
✓ Dies muss mit einer Modernisierung der staatlichen Behörden und der
  Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen einhergehen, die zu
  nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit führen.

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1. EINFÜHRUNG
Inzwischen ist allgemein anerkannt, dass nicht angemeldete Erwerbstätigkeiten im
Land-, Forst- und Fischereisektor (im Folgenden als "Landwirtschaftssektor" bezeichnet)
stärker verbreitet sind als in anderen Wirtschaftszweigen. Vor diesem Hintergrund ist
es notwendig, die Prävalenz, die Merkmale und die Determinanten der nicht
angemeldeten Erwerbstätigkeit im Agrarsektor in der EU zu verstehen. Anschließend
kann das gesamte Spektrum der Strategien analysiert werden, die zur Bekämpfung der
nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit im Agrarsektor eingesetzt werden können.
Ziel dieser Studie ist es, die Prävalenz und Verteilung der nicht angemeldeten
Erwerbstätigkeit im Agrarsektor in der EU zu bewerten und zu untersuchen, wie dies
angegangen werden kann. Im Agrarsektor beziehen wir uns hier auf die Kategorie A in
der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft
(NACE Rev. 2), nämlich den Sektor "Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei", der
die "Nutzung pflanzlicher und tierischer natürlicher Ressourcen" umfasst, d.h. den
Anbau von Nutzpflanzen, die Aufzucht und Zucht von Tieren, die Ernte von Holz und
anderen Pflanzen, Tieren oder tierischen Erzeugnissen aus einem Betrieb oder ihren
natürlichen Lebensräumen" (siehe Anhang 1 für die angewandte detaillierte Methodik).
Die spezifischen Ziele dieses Berichts sind die Beantwortung der folgenden Fragen:
•   Was ist die Prävalenz und was sind die Merkmale der nicht angemeldeten
    Erwerbstätigkeit im Agrarsektor? Welche Arten von nicht angemeldeter
    Erwerbstätigkeit sind im Agrarsektor verbreitet (z.B. nicht angemeldete
    Erwerbstätigkeit, unteranmeldete Erwerbstätigkeit, abhängige Selbstständigkeit)?
    Sind diese Formen der Schwarzarbeit im Agrarsektor stärker verbreitet als in
    anderen Sektoren? Ist die Prävalenz jeder dieser Formen der nicht angemeldeten
    Erwerbstätigkeit im Agrarsektor in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union
    unterschiedlich? Wer macht diese Formen der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit
    (z.B. Alter, Geschlecht, Bildungsniveau, finanzielle Situation der Haushalte)? Welche
    Arbeitgeber nutzen nicht angemeldete Erwerbstätigkeiten im Agrarsektor (z.B.
    Größe der Arbeitgeber und Geschäftsarten)?
•   Was sind die Haupttreiber der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit im
    Agrarsektor? Ist das unterschiedliche Niveau der nicht angemeldeten
    Erwerbstätigkeit im Agrarsektor in den einzelnen Mitgliedstaaten mit wichtigen
    strukturellen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen verbunden? Wenn ja, für
    welche (z.B. Vertrauen in den Staat, Steuersätze, Regierungsqualität, aktive
    arbeitsmarktpolitische Ausgaben, Deprivationsniveau)? Welche Auswirkungen hat
    dies auf die Bekämpfung der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit im Agrarsektor?
•   Wie kann die nicht angemeldete Erwerbstätigkeit im Agrarsektor bekämpft
    werden? Welche direkten und indirekten politischen Ansätze werden derzeit zur
    Bekämpfung der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit im Agrarsektor verfolgt? Sind
    einige schwieriger im Agrarsektor anzuwenden und warum? Was sagen uns die
    Beweise darüber, was funktioniert und was nicht? Welche guten Praktiken können
    identifiziert werden? Sind sie auf andere Mitgliedstaaten übertragbar? Welche
    politischen Initiativen könnten im Agrarsektor eingesetzt werden, die derzeit noch
    nicht weit verbreitet sind, und welche Form sollten sie annehmen?
Der Bericht wird wie folgt strukturiert sein. Abschnitt 2 wird die Prävalenz, Verteilung
und Merkmale der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit im Agrarsektor bewerten,
gefolgt von Abschnitt 3 von den systemischen Faktoren, die zur Prävalenz der nicht
angemeldeten Erwerbstätigkeit im Agrarsektor führen. Abschnitt 4 skizziert dann den
rechtlichen und institutionellen Rahmen, dem in Abschnitt 5 die politischen Ansätze zur
Bekämpfung der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit im Agrarsektor folgen. Abschnitt
6 enthält dann eine eingehende Bewertung der politischen Initiativen zur Bekämpfung
der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit im Agrarsektor, die in Abschnitt 7 durch
abschließende Kommentare und eine Reihe von Empfehlungen ergänzt wurden.

                                                                                       7
2. PRÄVALENZ, VERTEILUNG UND MERKMALE DER NICHT
   ANGEMELDETEN ERWERBSTÄTIGKEIT IM AGRARSEKTOR

2.1 Einführung in den Agrarsektor
2.1.1.1 Größe der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte

Wie Abbildung 1 zeigt, ist der Anteil der im Land-, Forst- und Fischereisektor
Beschäftigten in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU28) in den letzten zehn
Jahren zurückgegangen. Waren im Jahr 2008 noch 4,7 % der Gesamtbelegschaft in
diesem Bereich beschäftigt, so waren es bis 2016 nur noch knapp 4 %.
Abbildung 1. Beschäftigte in der Land- und Forstwirtschaft und Fischerei in der EU28
           (% der Gesamtbeschäftigung, 15 bis 64 Jahre, 2008-2016)

                               4,76
               4,69    4,72

                                       4,58    4,57
                                                       4,45
                                                               4,35

                                                                       4,20

                                                                                  3,99

               2008    2009    2010    2011    2012    2013    2014    2015       2016

        Quelle: Eigene Arbeit der Autoren auf der Grundlage von EUROSTAT (2018)

Allerdings gibt es in der EU28 deutliche Unterschiede in den Anteilen der in diesem
Sektor Beschäftigten. Wie Tabelle 1 zeigt, war der Anteil der im Land- und
Forstwirtschaft sowie im Fischereisektor Beschäftigten im Jahr 2016 am höchsten in
Rumänien (wo 20,7 % in diesem Sektor beschäftigt waren), Griechenland (11,7 %) und
Polen (10,4 %). Am geringsten war der Anteil der in diesem Sektor Beschäftigten in
Deutschland (1,2%), Belgien (1,2%), dem Vereinigten Königreich (1%) und Luxemburg
(0,9%). Daher dürfte die Frage der Arbeitsbeziehungen im Agrarsektor und
insbesondere der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit in diesem Sektor für diese
Mitgliedstaaten, vor allem in Ostmittel- und Südeuropa, mit einem größeren Anteil der
Arbeitskräfte in diesem Sektor von größerer Bedeutung sein. In Mitgliedstaaten mit
niedrigeren Anteilen, die in diesem Sektor tätig sind, vor allem in Westeuropa und den
nordischen Ländern, dürften die Arbeitsbeziehungen und insbesondere die nicht
angemeldete Erwerbstätigkeit in diesem Sektor aufgrund der geringeren Zahl der
Beschäftigten weniger vorrangig sein.
Es ist auch wichtig festzustellen, dass der Anteil der in der Landwirtschaft beschäftigten
Arbeitskräfte in den meisten Mitgliedstaaten zwischen 2006 und 2016 zwar
zurückgegangen ist, in einigen Mitgliedstaaten, insbesondere in Südeuropa, aber der
Anteil der im Agrarsektor Beschäftigten gestiegen ist. In Griechenland stieg er zwischen
2006 und 2016 von 10,49% auf 11,74%, in Frankreich von 2,68% auf 2,77%, in Ungarn
von 4,30% auf 4,99%, in Italien von 3,53% auf 3,71% und in Spanien von 3,98% auf
4,18%. Allerdings ist bei diesen Zahlen Vorsicht geboten. Diese Erhebungen erfassen
möglicherweise nicht alle Arbeitnehmer im Agrarsektor. Die geringen Veränderungen
des Anteils der formal in der Landwirtschaft beschäftigten Arbeitskräfte könnten daher
auch auf eine Erhöhung oder Verringerung des Anteils der nicht angemeldeten
Erwerbstätigen im Agrarsektor in diesen Mitgliedstaaten zurückzuführen sein.

                                                                                         8
Tabelle 1. Beschäftigte in der Land- und Forstwirtschaft sowie in der Fischerei nach
Ländern (% aller Beschäftigten, 15 bis 64 Jahre, 2008-2016)

                                                            Jahr:

 Land:                   2008     2009     2010     2011    2012    2013    2014    2015    2016

 Österreich                4.60     4.64     4.69    4.42    4.16    4.04    4.26    3.97    3.85   
 Belgien                   1.48     1.44     1.31    1.23    1.10    1.30    1.13    1.10    1.15   
 Bulgarien                 7.04     6.85     6.68    6.63    6.29    6.51    6.88    6.74    6.65   
 Kroatien                 10.89    11.38    12.54   12.85   10.59    9.55    8.65    8.26    6.79   
 Zypern                    3.10     2.78     2.83    2.90    2.27    2.50    3.86    3.57    3.19   
 Tschechische Republik     3.16     3.12     3.08    2.97    3.01    2.99    2.75    2.91    2.87   
 Dänemark                  2.38     2.46     2.31    2.24    2.38    2.32    2.31    2.34    2.29   
 Estland                   3.88     4.05     4.05    4.20    4.42    4.27    3.85    3.85    3.87   
 Finnland                  4.19     4.30     4.15    3.97    3.83    3.83    3.89    3.81    3.45   
 Frankreich                2.68     2.87     2.86    2.83    2.83    3.00    2.76    2.66    2.77   
 Deutschland               1.68     1.56     1.54    1.53    1.45    1.34    1.33    1.31    1.24   
 Griechenland             10.49    11.05    11.75   11.69   12.54   13.26   13.04   12.29   11.74   
 Ungarn                    4.30     4.58     4.51    4.85    5.04    4.72    4.59    4.85    4.99   
 Irland                    4.52     4.78     5.00    4.88    4.89    4.87    4.51    4.39    4.40   
 Italien                   3.53     3.51     3.60    3.52    3.51    3.42    3.46    3.58    3.71   
 Lettland                  7.72     8.47     8.31    8.70    8.14    7.79    7.30    7.73    7.60   
 Litauen                   7.95     8.85     8.66    8.31    8.75    8.37    8.98    8.83    7.68   
 Luxemburg                 1.68     1.26     1.01    1.12    1.24    1.44    1.32    0.94    0.89   
 Malta                     1.78     1.39     1.31    1.09    0.95    1.21    1.18    1.48    1.27   
 Niederlande               2.49     2.40     2.59    2.38    2.35    1.84    1.96    1.99    2.02   
 Polen                    13.33    12.73    12.59   12.43   12.18   11.65   11.22   11.34   10.41   
 Portugal                  7.23     7.29     7.13    6.50    6.82    6.61    5.54    4.78    4.46   
 Rumänien                 24.98    25.68    27.73   26.00   26.58   26.17   25.40   23.08   20.73   
 Slowakei                  3.93     3.59     3.24    3.09    3.25    3.31    3.48    3.16    2.87   
 Slowenien                 6.91     7.08     6.96    6.94    7.03    7.16    7.69    5.83    4.23   
 Spanien                   3.98     4.06     4.15    4.06    4.18    4.25    4.21    4.09    4.18   
 Schweden                  1.88     1.91     1.84    1.77    1.75    1.79    1.68    1.70    1.64   
 UK                        0.99     0.99     1.05    1.05    1.04    0.92    1.07    0.95    0.96   
Quelle: Eigene Arbeit der Autoren auf der Grundlage von EUROSTAT (2018)

2.1.2 Beschäftigungsverhältnisse im Agrarsektor

In den letzten Jahrzehnten wird das so genannte "Normalarbeitsverhältnis" (SER) von
formaler, Vollzeit- und Festanstellung immer weniger zum Standardverhältnis. Es
entstehen atypische Beschäftigungsformen ("NSE"). Diese sind von vier Typen:

                                                                                                    9
1. Zeitarbeit: befristete Verträge einschließlich projekt- oder aufgabenbezogener
      Verträge, Saisonarbeit und Gelegenheitsarbeit einschließlich der täglichen
      Arbeit;
   2. Teilzeitbeschäftigung    und     Bereitschaftsdienst:   Normalarbeitszeit unter
      Vollzeitäquivalenten,        einschließlich       Teilzeitbeschäftigung    und
      Bereitschaftsdienst, einschließlich Nullstundenverträge;
   3. Mehrparteien-Arbeitsverhältnisse, auch bekannt als "Dispatch", "Brokerage" und
      "Labour Hire", die Zeitarbeit und Leiharbeit umfassen, und
   4. Verdeckte Beschäftigung, auch bekannt als "abhängige", "Schein"-, "gefälschte"
      oder "falsch eingestufte" Selbständigkeit.
Neben diesen verschiedenen Formen der nicht standardisierten angemeldeten
Erwerbstätigkeit können auch zwei weitere Formen der Arbeit, die nicht das SBF sind,
identifiziert werden:
   5. Nicht angemeldete Erwerbstätigkeit, die alle bezahlten Tätigkeiten umfasst, die
      ihrer Art nach rechtmäßig sind, aber unter Berücksichtigung der Unterschiede in
      den Regulierungssystemen der Mitgliedstaaten nicht bei den Behörden
      angemeldet werden" (Europäische Kommission, 2007: 2), für steuer-, sozial-
      und/oder arbeitsrechtliche Zwecke, wann sie angemeldet werden sollten, und
   6. Selbständige, d.h. Personen, die in ihrer eigenen Geschäfts-, Landwirtschafts-
      oder Berufspraxis tätig sind und entweder Gewinne erzielen, Zeit mit der Führung
      eines Unternehmens verbringen und/oder derzeit ein Unternehmen gründen.
Da das SBF das wichtigste Instrument für die Zuweisung von Rechten und Sozialschutz
war, stellt seine Verringerung die Arbeitsbedingungen, Rechte und Leistungen vor
Herausforderungen (Eurofound, 2012a; ILO, 2016).
In der Landwirtschaft ist das SER viel weniger verbreitet als in der übrigen Wirtschaft,
und das NSE ist viel stärker verbreitet. Wie aus Abbildung 2 hervorgeht, war im Jahr
2016 fast 1 von 3 (31,7%) aller Beschäftigten in der Landwirtschaft in befristeten
Arbeitsverhältnissen tätig, verglichen mit 1 von 7 (14,2%) in allen Wirtschaftszweigen.
Angesichts des saisonalen Charakters der Nahrungsmittelproduktion ist die
landwirtschaftliche Erwerbsbevölkerung daher durch ein hohes Maß an Zeitarbeit
gekennzeichnet, und der Anteil der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte an der Zeitarbeit
ist im Laufe der Zeit gestiegen (von 28,9% auf 31,7% zwischen 2008 und 2016).

Abbildung 2. Zeitarbeit im Agrarsektor, EU28 (% aller Beschäftigten, 15 bis 64 Jahre,
                                    2008-2016)

                                                                  31,74    32,10   31,68
                             31,37     30,95    31,11     30,83
                    30,22
           28,91

           14,11             13,90     14,01                      13,91    14,11   14,21
                    13,55                       13,67     13,61

           2008     2009     2010      2011      2012     2013    2014     2015    2016

                            Agriculture, forestry and fishing       All sectors

       Quelle: Eigene Arbeit der Autoren auf der Grundlage von EUROSTAT (2018)

                                                                                           10
Tatsächlich werden für die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern im Agrarsektor eine
Reihe von Methoden angewandt, von denen viele in den letzten Jahren als problematisch
eingestuft wurden. Eines dieser Systeme ist das "caporale" System in Italien (siehe
Kasten 1).

    Kasten 1. Das "caporale"-System, Italien
    Um Landarbeiter zu rekrutieren, stellt ein Arrangeur - die caporale - die Arbeiter ein
    und transportiert sie zu ihrem Arbeitsplatz. Die Einstellung von Arbeitnehmern erfolgt
    tagtäglich hauptsächlich auf öffentlichen Plätzen in Dörfern durch die Caporale, die
    die Arbeits- und Preisbedingungen festlegt. Der Landwirt zahlt den Lohn an die
    caporale plus eine Provision. Die caporale stellt nach Bedarf ein.
    In Apulien, wo die Arbeiter 25-30 Euro für einen 12-Stunden-Arbeitstag verdienen,
    beträgt die von caporali abgezogene Gebühr 5 Euro pro Tag. In der Tat, nach Abzug
    der Gebühren für Transport, Verpflegung, Telefonaufladung, Unterkunft,
    Geldtransfers und Anzahl der gefüllten Kisten, wurde caporali behauptet, 40-50% des
    Tageslohns eines Arbeiters in die Tasche zu stecken. 1
    Darüber hinaus werden die Arbeitnehmer oft für weniger Tage bezahlt als sie arbeiten,
    und die Arbeit wird oft nicht den Behörden gemeldet. In Italien muss man mehr als
    51 Tage im Jahr arbeiten, um Sozialhilfe erhalten zu können. In Foggia wurden 2013
    den Behörden im Durchschnitt nur 39 Arbeitstage pro Person gemeldet.2
    Laut dem Forschungsinstitut Eurispes und UILA ist die Rolle ausländischer
    Arbeitskräfte, die saisonal eingestellt werden, von entscheidender Bedeutung, damit
    die italienische Landwirtschaft auf den Weltmärkten wettbewerbsfähig bleibt. Ein
    hoher Anteil der ausländischen Arbeitskräfte ist unregelmäßig beschäftigt und
    unterliegt einem unterschiedlichen Grad der Ausbeutung von Arbeitskräften. Während
    die tatsächliche Zahl der irregulären Migranten, die in der italienischen Landwirtschaft
    arbeiten, unbekannt ist, schätzte das Forschungsinstitut Osservatorio Placido Rizzotto
    im Jahr 2014, dass etwa 400 000 Arbeitnehmer, von denen 80% ausländische
    Arbeitnehmer sind, durch illegale Vermittlung unter caporalato beschäftigt werden
    können. Das Institut schätzte, dass etwa 100 000 dieser Arbeiter schwere Ausbeutung
    erfahren und gezwungen sind, in unhygienischen und verfallenen Wohnungen zu
    leben.3 Im Jahr 2014 wurde von Eurispes geschätzt, dass 32% aller Landarbeiter von
    irregulärer Arbeit betroffen sind. Da es sich um ein so weit verbreitetes Problem
    handelt, betrifft die Illegalität in- und ausländische Arbeitnehmer gleichermaßen.
    Aufgrund ihres Migrationsstatus sind ausländische Arbeitnehmer aus Drittländern
    jedoch besonders anfällig und überproportional betroffen. 4

1
  Fanizza, F. L'immigrazione nelle aree rurali della Puglia: il caso della Capitanata in Colloca, C.
and Corrado, A. La globalizzazione delle campagne: migrant e società rurali nel Sud Italia
(2012), Franco Angeli Editore at p. 109
2
  Landwirtschaft und Migrantenarbeit in Apulien, S. 39-40; Statistisches Dossier Einwanderung
2013. Von der Diskriminierung zu den Rechten, IDOS Studien- und Forschungszentrum, 2013
3
   Eurispes und UILA, Schwarzarbeit, Umfrage über Schwarzarbeit in der Landwirtschaft,
(Sommerso,        Indagine   sul     lavoro     sommerso         in   agricoltura)    Rom,      2014.
Internet:http://eurispes.eu/content/sintesi-sottoterra-indagine-sul-lavoro-sommersoagricoltura-
eurispes-uila
4
   FLAI CGIL, Osservatorio Placido Rizzotto (2014) Agromafie e Caporalato, Zweiter Bericht,
Ediesse Eurispes - UILA (2014) '#sottoterra - Indagine sul lavoro sommerso in agricoltura' bei S.
13

                                                                                                  11
Tatsächlich können statistische Erhebungen, wie Studien aus Italien zeigen, nicht alle
Arbeitnehmer im Agrarsektor erfassen, insbesondere Zeitarbeiter, irreguläre
Arbeitnehmer und Wanderarbeiter (CENSIS 2012; Castagnone et al 2013; IREF 2014;
Osservatorio Placido Rizzotto 2014; Centro Studi e Ricerche Idos 2014; Soleterre Irs
2015). Das bedeutet, dass daher Vorsicht bei den Ergebnissen geboten ist. Auf dieses
Thema wird in Abschnitt 2.4 über die Arbeitsbedingungen von nicht angemeldeten
Arbeitnehmern im Agrarsektor im Folgenden eingegangen.

Obwohl der Einsatz von Leiharbeitnehmern in der Landwirtschaft nach wie vor hoch ist
und keine Anzeichen einer Verringerung zeigt, ist dies bei Teilzeitbeschäftigung nicht
der Fall. Wie Abbildung 3 zeigt, war die traditionelle Teilzeitbeschäftigung in der
Landwirtschaft höher als in der übrigen Wirtschaft, aber das ändert sich. Bis 2016 waren
in der Landwirtschaft etwa die gleichen Anteile der Arbeitskräfte in Teilzeitbeschäftigung
wie in der Gesamtwirtschaft (etwa 1 von 5 Beschäftigten).

      Abbildung 3. Teilzeitbeschäftigung im Agrarsektor, EU28 (%, 2008-2016)
               22,59               22,33   22,28    22,28
                        21,93
                                                             21,61   21,57
                                                                             21,00

                                                                                      20,40

                                                             20,42   20,44   20,45
                                                    19,96                             19,75
                                           19,50
                                   19,23
                        18,69
               18,15

               2008     2009       2010     2011     2012    2013    2014    2015     2016

                                Agriculture, forestry and fishing       All sectors

        Quelle: Eigene Arbeit der Autoren auf der Grundlage von EUROSTAT (2018)

Wie Abbildung 4 zeigt, ist die Selbstständigkeit im Agrarsektor viel höher als in der
Gesamtwirtschaft. Mehr als die Hälfte der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft (50,5 %)
sind in der EU selbständig, gegenüber nur 14 % in der Gesamtwirtschaft.

 Abbildung 4. Selbstständigkeit im Agrarsektor, EU28 (% der Gesamtbeschäftigung,
                           15 bis 64 Jahre, 2008-2016)
             52,62     52,93     53,15     52,08    51,73    52,07   51,37    51,52    50,50

             14,21     14,33     14,60     14,45    14,50    14,41   14,35    14,14    13,98

             2008      2009       2010     2011     2012      2013   2014     2015     2016

                               Agriculture, forestry and fishing        All sectors

        Quelle: Eigene Arbeit der Autoren auf der Grundlage von EUROSTAT (2018)

                                                                                               12
Zeitarbeit, Teilzeitbeschäftigung und Selbständigkeit sind daher in der Landwirtschaft
traditionell viel häufiger anzutreffen als in der Arbeitswelt im Allgemeinen und das
Normalarbeitsverhältnis (SB) viel weniger verbreitet.
Gibt es aber auch Hinweise darauf, dass abhängige Selbstständigkeit und nicht
registrierte Beschäftigung auch in diesem Sektor häufiger vorkommen? Dass dies der
Fall ist, zeigt die sechste Europäische Erhebung über die Arbeitsbedingungen (EWCS),
die 2015 durchgeführt wurde und 44.000 Arbeitnehmer (Arbeitnehmer und
Selbständige) in 35 europäischen Ländern befragte: den 28 EU-Mitgliedstaaten, den
fünf Beitrittsländern sowie Norwegen und der Schweiz (Eurofound, 2016).
Abbildung 5 zeigt die Ergebnisse.
Dies bestätigt die Feststellung von Eurostat, dass die Hälfte der Arbeitskräfte in der
Landwirtschaft durch Arbeitnehmer in der Beschäftigung vertreten ist (48%
gegenüber 86% der gesamten Arbeitskräfte in der EU28). Die Landwirtschaft ist
daher ein von Selbständigkeit dominierter Sektor; 52% der Beschäftigung sind
Selbständige (14% für die Arbeitskräfte in der EU28 insgesamt).
Nur 1 von 5 (20%) der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte sind Arbeitnehmer mit
unbefristeten Arbeitsverträgen, gegenüber zwei Dritteln (67%) der Arbeitskräfte in
der EU28. Das Normalarbeitsverhältnis (SBV) ist daher in diesem Bereich nicht die
Regel. Stattdessen befinden sich etwa 10% in befristeten Kontakten (12% für die
Arbeitskräfte in der EU28 insgesamt), 3% in anderen Verträgen (2% insgesamt)
und vor allem 15% der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte haben keinen
schriftlichen Arbeitsvertrag (5% für die Arbeitskräfte in der EU28
insgesamt).
Betrachtet man die Selbständigen in der Landwirtschaft, so sind 13% Selbständige
mit Arbeitnehmern (5% für die Arbeitskräfte in der EU28 insgesamt), 12%
Selbständige   ohne    Arbeitnehmer     (5%    insgesamt)     und   27%     der
landwirtschaftlichen Arbeitskräfte sind abhängig Selbständige (gegenüber
4% der Gesamtbeschäftigung in der EU28).

   Abbildung 5. Arten von Arbeitsverhältnissen im Agrarsektor, EU28 (%, 2015)

                                                                                                 67
                                                       Indefinite contract
                                                                                       20

                                              Fixed-term and temporary
                 Employees

                                                                                  12
                                             employment agency contract          10

                                                                             2
                                                           Other contract
                                                                             3

                                                                             5
                                                      No written contract
                                                                                  15

                                                                             5
                                         Self-employed with employees
                 Self-employed

                                                                                  13

                                                                             5
                                 employees

                                                   Genuine self-employed
                                  Without

                                                                                 12

                                                                             4
                                                Dependent self-employed
                                                                                            27

               Series2
               Series1

       Quelle: Eigene Arbeit der Autoren auf Basis von EWCS (2015)
                    Alle Bereiche Land- und Forstwirtschaft und Fischerei

                                                                                                      13
Da 27% der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte selbständige Erwerbstätige
sind und 15% keinen schriftlichen Arbeitsvertrag haben, verglichen mit 4%
bzw. 5% der Arbeitskräfte in der EU28 insgesamt, richtet sich die Aufmerksamkeit
nun auf ein umfassenderes Verständnis der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit im
Agrarsektor. Schließlich handelt es sich hier, basierend auf den oben genannten Zahlen,
um einen Sektor, in dem die nicht angemeldete Erwerbstätigkeit weitaus häufiger
vorkommt als in der gesamten EU28-Wirtschaft.

2.2 Arten der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit im Agrarsektor
Auf globaler Ebene schätzt die IAO (2013), dass in ländlichen Gebieten die informelle
Beschäftigung 82,1% der gesamten ländlichen Beschäftigung und 98,6% der
landwirtschaftlichen Beschäftigung ausmacht. Im Gegensatz dazu sind in städtischen
Gebieten nur 24,5% der Beschäftigten in informeller Beschäftigung (ILO, 2013). Hier
wird die Situation in der EU bewertet.
Um die Prävalenz, Verteilung und Merkmale der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit
im Agrarsektor in der EU zu verstehen, wird zunächst die abhängige selbständige
Erwerbstätigkeit analysiert, dann die nicht registrierte Erwerbstätigkeit, drittens die
unter der angemeldeten Erwerbstätigkeit. Anschließend folgt eine Analyse, wer sich an
dieser Arbeit beteiligt und eine Analyse der Arbeitsbedingungen.

2.2.1 Abhängige Selbstständigkeit
Wie aus früheren Berichten der Plattform hervorgeht (Heyes und Hastings, 2017; Heyes
und Newsome, 2017), werden einige Arbeitnehmer in der gesamten EU-Wirtschaft
fälschlicherweise als Selbständige eingestuft, um Tarifverträge zu umgehen, das
Arbeitsrecht (z.B. Mindestlöhne, Arbeitszeitgesetzgebung, Schutz im Falle von
Entlassungen),    die  Lohnsteuer     und   andere    Arbeitgeberpflichten,  die   im
Standardarbeitsvertrag enthalten sind. Im Allgemeinen als "abhängige Selbständigkeit"
bezeichnet, werden die Arbeitnehmer als formell selbständig eingestuft, besitzen aber
die Merkmale abhängiger Arbeitnehmer, weil sie weder mehr als einen Kunden noch die
Befugnis zur Einstellung von Personal und/oder die Befugnis haben, wichtige
strategische Entscheidungen über die Führung des Unternehmens zu treffen (Eurofound,
2013, 2016a, b).
In der Europäischen Erhebung über die Arbeitsbedingungen 2015 (EWCS) werden die
abhängigen Selbständigen anhand von fünf Fragen identifiziert:
   • Arbeitest du als Angestellter oder bist du selbstständig?
   • Was Ihr Unternehmen betrifft, haben Sie: a) Mitarbeiter - (die für Sie arbeiten);
      b) die Befugnis, Mitarbeiter einzustellen oder zu entlassen; c) mehr als einen
      Kunden oder Kunden haben.
   • Inwieweit stimmen Sie der folgenden Aussage zu oder sind nicht damit
      einverstanden - ich treffe die wichtigsten Entscheidungen darüber, wie das
      Unternehmen geführt wird.
Die abhängigen Selbständigen sind diejenigen, die sich als Selbständige melden,
die keine Arbeitnehmer haben und zwei oder mehr der folgenden drei Kriterien
erfüllen: (1) sie haben nur einen Kunden, (2) sie haben keine Befugnis, Personal
einzustellen, und/oder (3) sie haben keine Befugnis, wichtige strategische
Entscheidungen zu treffen.

Im Jahr 2010 waren 5,3% der Gesamtbeschäftigung in der EU27 (1 von 19
Arbeitsplätzen) abhängig von der Selbständigkeit, und im Jahr 2015 4,3%
der Gesamtbeschäftigung in der EU28 (1 von 23 Arbeitsplätzen).
Die Prävalenz der abhängigen Selbständigkeit ist jedoch in den einzelnen
Wirtschaftszweigen unterschiedlich. Wie Tabelle 2 zeigt, sind 27% aller
Arbeitsplätze im Land-, Forst- und Fischereisektor abhängige Selbständige. Der
nächstgelegene Sektor ist der Haushaltsdienstleistungssektor, in dem 13% aller

                                                                                     14
Arbeitsplätze abhängige Selbständige sind, gefolgt vom Kunstunterhaltungs- und
Freizeitsektor (11%).
Betrachtet man diejenigen, die sich als Selbständige in verschiedenen Sektoren
ausgeben,    so    sind   84%    derjenigen,  die   sich   als   Selbständige im
Haushaltsdienstleistungssektor ausgeben, tatsächlich selbständig, und 51% aller
Selbständigen im Land-, Forst- und Fischereisektor sind selbständig.
Tatsächlich entfallen 22% aller abhängigen Selbständigen in der EU28 auf den
Land-, Forst- und Fischereisektor, obwohl nur 4% der Gesamtbeschäftigung in der
EU28 in diesem Sektor angesiedelt sind.

Tabelle 2. Teilnahme an abhängiger Selbständigkeit in der EU28: nach Sektoren,
2015

                                                                  Dependent self-employed
Sector                                                           Percent of:
                                                                                        Of which:
                                                       All employment   Self-employed

Agriculture, forestry and fishing                           27                     51       22
Industry (except construction)                               2                     25        7
C onstruction                                                7                     28        9
Wholesale and retail trade; repair of motors                 3                     18       10
Transportation and storage                                   4                     44        5
Accommodation and food service activities                    2                     10        1
Information and communication                                5                     32        3
Financial and insurance/ real estate activities              3                     22        3
Professional, scientific, technical + administrative         5                     26       11
Defence, education, human health, social work                2                     33       10
Arts, entertainment and recreation + others                 11                     42       14
Activities of households as employers                       13                     84        5

Quelle: Williams und Lapeyre (2017)

In welchen Berufen ist also die abhängige Selbstständigkeit weit verbreitet? Tabelle 3
zeigt, dass 30% aller qualifizierten Land-, Forst- und Fischereifachkräfte eine
abhängige selbständige Erwerbstätigkeit ausüben. Das ist viel mehr als jeder
andere Beruf. Die nächstgelegenen sind Handwerker und verwandte Berufe, in denen
5% der Gesamtbeschäftigung in diesen Berufen abhängige Selbständige sind.
Angesichts der geringen Größe als Berufsgruppe ist das Nettoergebnis, dass 20 % aller
abhängigen Selbständigen in der EU qualifizierte Land-, Forst- und
Fischereifachkräfte sind.

Tabelle 3. Teilnahme an abhängiger Selbständigkeit in der EU28: nach Beruf, 2015

                                                                                                    15
Dependent self-employed
Occupation                                                      Percent of:
                                                                                       Of which:
                                                     All employment   Self-employed

Managers                                                    4                    13         5
Professionals                                               4                    33        19
Technicians and associate professionals                     3                    27        11
C lerical support workers                                   1                    33         1
Service and sales workers/ Armed forces                     3                    22        12
Skilled agricultural, forestry and fishery workers         30                    51        20
C raft and related trades workers                           5                    27        13
Plant and machine operators, and assemblers                 3                    45         5
Elementary occupations                                      5                    65        14

Quelle: Williams und Lapeyre (2017)

Dennoch ist die abhängige Selbständigkeit im Agrarsektor in einigen Mitgliedstaaten
stärker verbreitet als in anderen. Wie Tabelle 4 zeigt, ist die abhängige Selbstständigkeit
am höchsten in Portugal (wo 62% aller Arbeitnehmer im Agrarsektor selbständig sind),
Rumänien (52% aller Arbeitnehmer im Agrarsektor sind selbständig), Kroatien (46%),
Slowenien (41%) und am niedrigsten in den Niederlanden (4%), Schweden (4%),
Luxemburg (4%) und der Tschechischen Republik (2%).
Das Ergebnis ist, dass zwei Drittel (66,8%) aller abhängigen Selbständigen im
Agrarsektor in der EU28 in vier Mitgliedstaaten leben: 22,2% aller abhängigen
Selbständigen in der Landwirtschaft befinden sich in Rumänien, 19,1% in Polen, 13,2%
in Portugal und 12,3% in Italien.
Tabelle 4. Länderübergreifende Unterschiede in der Prävalenz der abhängigen
Selbständigkeit im Agrarsektor

                                                                                                   16
Dependent self-employed
Country                                                        Percent of:
                                                                                          Of which:
                                                    All employment    Self-employed

Austria                                                          34                54         2.8
Belgium                                                          12                36         0.1
Bulgaria                                                         18                45         1.3
C roatia                                                         46                77         2.2
C zech Republic                                                   2                   9       0.2
Denmark                                                           8                14         0.2
Estonia                                                          12                55         0.1
Finland                                                          23                39         2.0
France                                                            7                14         1.8
Greece                                                           19                25         3.4
Hungary                                                          26                53         2.3
Ireland                                                          28                37         1.6
Italy                                                            31                61        12.3
Latvia                                                           14                34         0.4
Lithuania                                                        22                44         0.9
Luxembourg                                                        4                20         0.0
Malta                                                            35                48         0.0
Netherlands                                                       4                10         0.4
Poland                                                           29                69        19.1
Portugal                                                         62                73        13.2
Romania                                                          52                71        22.2
Slovakia                                                          6                69         0.1
Slovenia                                                         41                66         1.2
Spain                                                            19                43         6.9
Sweden                                                            4                   7       0.2
United Kingdom                                                   24                38         5.1

Anmerkung: In Zypern und Deutschland wurde keine abhängige selbständige Erwerbstätigkeit im Agrarsektor
festgestellt.
Stichprobenumfang: 1.435 Befragte in der EU28 arbeiteten in der Land- und Forstwirtschaft sowie im
Fischereisektor, von denen 417 abhängig von der Selbständigkeit waren.
Quelle: Eigene Arbeit der Autoren auf Basis von EWCS (2015)

Wer sind also diese abhängigen Selbständigen, die im Agrarsektor arbeiten? Wie Tabelle
5 zeigt, sind Frauen, die im Land-, Forst- und Fischereisektor arbeiten, eher abhängig
von einer selbständigen Erwerbstätigkeit als Männer, ebenso wie ältere Altersgruppen,
Personen mit niedrigem Bildungsniveau, Haushalte, die Schwierigkeiten haben, über die
Runden zu kommen, Personen, die auf dem Land geboren sind, im Privatsektor arbeiten
und Teilzeitbeschäftigte.

                                                                                                      17
Tabelle 5. Wer sind die abhängigen Selbstständigen im Agrarsektor? EU28, 2015

                                                               Dependent self-employed
Socio-demographic and economic
                                                              Percent of:
characteristics                                                                          Of which:
                                                    All employment   Self-employed

Gender
 Male                                                         23                46                   55
 Female                                                       33                60                   45
Age
 Under 35 years                                               11                47                    7
 35 - 49 years                                                26                48                   31
 50 years and over                                            33                54                   62
Education
 Up to Lower secondary education                              30                56                   46
 Upper secondary                                              27                54                   44
 Post-secondary/ non-tertiary                                 41                65                    7
 Short-cycle tertiary                                          6                     9                1
 Bachelor or equivalent                                        3                10                    1
 Master/ Doctorate or equivalent                               8                16                    1
Household size
 One                                                          21                57                    9
 Two                                                          32                56                   32
 Three                                                        25                47                   20
 Four and more                                                26                49                   39
Household ability to make ends meet
 Very easily/ easy                                            21                44                   17
 Fairly easily                                                28                52                   32
 With some difficulty                                         27                52                   28
 With difficulty/ great difficulty                            32                58                   23
Respondent and their parents born in the country
 No                                                            5                41                    1
 Yes                                                          28                52                   99
Sector
 The private sector                                           25                49                   83
 The public sector                                             7                27                    1
 A joint private-public organisation or company                8                17                    1
 The not-for-profit sector or an NGO/ Other                   47                68                   15
Type of job
 Part-time                                                    33                62                   28
 Full-time                                                    23                43                   72

Quelle: Eigene Arbeit der Autoren auf Basis von EWCS (2015)

Nicht nur die abhängige Selbstständigkeit ist im Agrarsektor hoch. Auch die nicht
registrierte Beschäftigung ist sehr hoch.

                                                                                                     18
2.2.2.2 Nicht registrierte Beschäftigung
Die nicht registrierte Beschäftigung, hier definiert als Arbeitnehmer, die ohne
schriftlichen Vertrag oder Arbeitsbedingungen arbeiten, ist im Land-, Forst- und
Fischereisektor stärker verbreitet als in den meisten anderen Sektoren. Wie Tabelle 6
zeigt, sind 32% der Beschäftigten in der Landwirtschaft in nicht registrierter
Beschäftigung. Der einzige Sektor, der diesen Wert überschreitet, ist der
Haushaltsdienstleistungssektor, in dem 52% der Arbeitnehmer eine nicht registrierte
Beschäftigung haben. Das Ergebnis ist, dass 12% aller nicht registrierten
Arbeitsplätze in der EU28 im Land- und Forstwirtschaft sowie im
Fischereisektor liegen.

Tabelle 6. Teilnahme an nicht registrierter Beschäftigung: nach Sektoren, 2015

                                                                    Unregistered employment
Sector                                                 Share of all employees
                                                                                      Of which:
                                                                (%)

Agriculture, forestry and fishing                                       32                    12
Industry (except construction)                                           2                     5
C onstruction                                                            9                     7
Wholesale and retail trade; repair of motors                             4                    10
Transportation and storage                                               2                     2
Accommodation and food service activities                               14                    12
Information and communication                                            3                     1
Financial and insurance/ real estate activities                          1                     1
Professional, scientific, technical + administrative                     4                     7
Defence, education, human health, social work                            3                    15
Arts, entertainment and recreation + others                             16                    13
Activities of households as employers                                   52                    15
Quelle: Eigene Arbeit der Autoren auf Basis von EWCS (2015)

Betrachtet man die Berufe, in denen nicht registrierte Beschäftigung in der EU28 zu
finden ist, so zeigt Tabelle 7, dass 28% aller qualifizierten Land-, Forst- und
Fischereifachkräfte eine nicht registrierte Beschäftigung ausüben. Dies ist
größer als bei allen anderen Berufen. Da es sich um eine relativ kleine Berufsgruppe
handelt, ergibt sich netto, dass 7% aller nicht registrierten Erwerbstätigkeiten in diesem
Beruf ausgeübt werden.

Tabelle 7. Teilnahme an nicht registrierter Beschäftigung: nach Beruf (2015)
                                                                    Unregistered employment
Occupation                                             Share of all employees
                                                                                      Of which:
                                                                (%)

Managers                                                        3                              2
Professionals                                                   1                              5
Technicians and associate professionals                         2                              6
C lerical support workers                                       2                              4
Service and sales workers/ Armed forces                         8                             31
Skilled agricultural, forestry and fishery workers             28                              7
C raft and related trades workers                               5                              8
Plant and machine operators, and assemblers                     3                              4
Elementary occupations                                         16                             33

Quelle: Eigene Arbeit der Autoren auf Basis von EWCS (2015)

                                                                                                   19
Dennoch ist die nicht registrierte Beschäftigung im Agrarsektor in einigen
Mitgliedstaaten stärker verbreitet als in anderen. Wie Tabelle 8 zeigt, ist die nicht
registrierte Beschäftigung im Agrarsektor am höchsten in Griechenland (wo 94% aller
landwirtschaftlichen Arbeitnehmer nicht registriert sind), Zypern (85% sind nicht
registriert), Polen (56% nicht registriert) und Slowenien (55% nicht registriert) und am
niedrigsten in der Tschechischen Republik (7%), in Estland (6%), Frankreich (6%) und
der Slowakei (3%).
Das Ergebnis ist, dass die Hälfte (50,8%) aller nicht registrierten
Erwerbstätigkeiten im Agrarsektor in der EU28 in nur zwei Mitgliedstaaten
stattfindet: 38,1% in Polen und 12,7% in Italien.

Tabelle 8. Länderübergreifende Unterschiede in der Prävalenz der nicht registrierten
Beschäftigung im Agrarsektor

                                                                  Unregistered employment
Country                                               Share of all employees
                                                                                         Of which:
                                                               (%)

Austria                                                                      49                   2.5
Belgium                                                                      20                   0.2
Bulgaria                                                                     39                   2.9
C roatia                                                                     23                   0.8
C yprus                                                                      85                   0.1
C zech Republic                                                               7                   1.3
Denmark                                                                      41                   0.5
Estonia                                                                       6                   0.1
Finland                                                                      30                   1.8
France                                                                        6                   1.4
Germany                                                                      17                   4.5
Greece                                                                       94                   6.8
Hungary                                                                      18                   1.4
Ireland                                                                      36                   0.8
Italy                                                                        37                  12.7
Latvia                                                                       40                   1.2
Lithuania                                                                    11                   0.4
Luxembourg                                                                   25                   0.1
Malta                                                                        21                   0.0
Netherlands                                                                  33                   3.1
Poland                                                                       56                  38.1
Portugal                                                                     42                   2.4
Romania                                                                      35                   6.9
Slovakia                                                                      3                   0.1
Slovenia                                                                     55                   1.1
Spain                                                                        11                   3.9
United Kingdom                                                               34                   4.9

Hinweis: In Schweden wurde keine nicht registrierte Beschäftigung im Agrarsektor festgestellt.
Quelle: Eigene Arbeit der Autoren auf Basis von EWCS (2015)

Wer übt daher in der EU28 eine nicht registrierte Beschäftigung im Land-, Forst- und
Fischereisektor aus? Tabelle 9 zeigt, dass zwei Drittel Männer sind, und dass sie eher
aus älteren Altersgruppen stammen, mit einem niedrigeren Bildungsniveau, in
Haushalten leben, die es schwierig finden, über die Runden zu kommen, auf dem Land
geboren werden, im Privatsektor und in Teilzeitbeschäftigung arbeiten und in sehr
kleinen Unternehmen arbeiten.

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