Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr I/2021

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Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr I/2021
31. Mai 2021

Bericht
zur materiellen Einsatzbereitschaft
der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr
I/2021

                Teil I
BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT I/2021    2

INHALT
Vorbemerkungen                                                                                                3

Gesamtüberblick zur materiellen Einsatzbereitschaft                                                           4
  Der Generalinspekteur der Bundeswehr

Initiative Einsatzbereitschaft 2021 (Neuauflage)                                                              7

Erläuterungen und Tendenzen zur materiellen Einsatzbereitschaft
aus der Perspektive der Organisationsbereiche der Bundeswehr
  Präsidentin des Bundesamtes für
  Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr                                                  8

  Inspekteur des Heeres                                                                                      11

  Inspekteur der Luftwaffe                                                                                   13

  Inspekteur der Marine                                                                                      14

  Inspekteur der Streitkräftebasis                                                                           16

  Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr                                                             17

  Inspekteur des Cyber- und Informationsraums                                                                18

Impressum                                                                                                    19
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Vorbemerkungen

Mit dem vorliegenden Bericht zur „Materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr“
für den Berichtszeitraum November 2020 bis April 2021 wird die etablierte Berichterstattung der vergangenen
Jahre fortgesetzt.

Der Bericht umfasst aktuell 71 Hauptwaffensysteme. Im Vergleich zum letzten Bericht ergänzen der Brückenle-
gepanzer LEGUAN, der leichte Unterstützungshubschrauber Search & Rescue (H145 LUH SAR) und der Airbus
A350 das Bild der materiellen Einsatzbereitschaft.

Bis zum Ende des Jahres 2020 wurden sieben von insgesamt 31 LEGUAN an die Bundeswehr ausgeliefert. Das
Pioniersystem sichert die Bewegungsfreiheit der Einsatzkräfte der Bundeswehr und bedeutet bereits für die
VJTF 2023 einen Fähigkeitszuwachs. Der Brückenlegepanzer kann ohne Umbau der Verlegeinrichtung sowohl
eine 26 Meter lange Brücke als auch zwei 14 Meter lange Brücken transportieren, verlegen und wiederaufneh-
men. Alle Gefechtsfahrzeuge der Bundeswehr können die Übergänge des LEGUAN nutzen. Technisch ist der
Brückenlegepanzer hoch standardisiert und wartungsarm. Dadurch lassen sich für Nutzung und Betrieb Syner-
gieeffekte erzielen und die Robustheit dieser Systemflotte steigern. Der LEGUAN wird bis 2027 den mittler-
weile über 40 Jahre alten Brückenlegepanzer BIBER ablösen. Damit erfolgt ein weiterer Modernisierungsschritt
in den Fähigkeiten des Heeres.

Der Airbus Helicopters H145 ist die Basis für den neuen H145 LUH SAR der Bundeswehr. In vielen unterschied-
lichen Konfigurationen wird er weltweit von Polizei- und Rettungskräften oder auch als Arbeitsgerät zur War-
tung von Windkraftanlagen eingesetzt. Die voll digitalisierten Hubschrauber verfügen unter anderem über
Hochleistungskameras, leistungsstarke Suchscheinwerfer, Ortungssysteme für Notsender, eine vollwertige me-
dizinische Ausrüstung und eine Rettungswinde. Mit dem Airbus A350 haben wir darüber hinaus ein Flugzeug-
muster der modernsten Generation in unseren Flugbetrieb eingeführt, was bereits jetzt mit einer hohen Ein-
satzbereitschaft überzeugt.

Dieser Bericht gliedert sich unverändert in einen OFFENEN Teil I, der Bewertungen sowie aktuelle Entwicklun-
gen voranstellt, und einen GEHEIM eingestuften Teil II. Die sich im Teil II bietende Gesamtschau über die ma-
terielle Einsatzbereitschaft und die hohe Detailtiefe der Informationen lassen konkrete Rückschlüsse auf aktu-
elle Fähigkeiten der Bundeswehr zu, sodass eine Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheitsinteressen der
Bundesrepublik Deutschland schädigen würde. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund einer verschärften
sicherheitspolitischen Lage sowie dem deutschen Beitrag zur Sicherheitsvorsorge im Rahmen der Bündnisver-
teidigung. Die im Teil II des Berichts enthaltenen Informationen sind aus diesem Grund unverändert in ihrer
Gesamtheit GEHEIM einzustufen. Damit wird auch dem Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten Rechnung
getragen.

Gemeinsam mit dem zeitgleich erscheinenden 13. Bericht des BMVg zu Rüstungsangelegenheiten (Rüstungsbe-
richt) leisten wir unverändert einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung und Transparenz.
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Der Generalinspekteur der Bundeswehr
Gesamtüberblick
zur materiellen Einsatzbereitschaft

Die Bundeswehr ist bereit,                                         Beim SPz PUMA haben wir sichtbare Fortschritte erreicht.
ihre Aufgaben jederzeit zu erfüllen.                               Die materielle Einsatzbereitschaft betrug durchschnittlich
Seit über einem Jahr unterstützt die Bundeswehr den Bund           54 % und in der Spitze 60 %. Erreicht wurde dies maßgeblich
und die Länder bei der Bewältigung der COVID-19-Pande-             durch die zwischen Bundeswehr und Industrie geschlossene
mie. Derzeit setzen wir im Rahmen der Amtshilfe mehr als           Zielvereinbarung, die für 2021 noch erweitert wurde und in
13.000 Soldatinnen und Soldaten in den Gesundheitsämtern,          der eine Vielzahl verschiedener Maßnahmen für die Verbes-
bei mobilen Impfteams in den Impfzentren und Pflegehei-            serung der Einsatzbereitschaft gebündelt ist.
men ein. Mit über 7.000 gebilligten Hilfeleistungsanträgen ist
es bereits jetzt der umfangreichste und längste Amtshil-           Mit der taktischen Nachuntersuchung im Februar 2021
feeinsatz der Bundeswehr. Gleichzeitig werden unverändert          wurde der SPz PUMA in der Ausstattung und Konfiguration
die Einsatz- und Bündnisverpflichtungen erfüllt und die Vor-       für die VJTF 2023 erstmalig unter realen Bedingungen voll-
bereitung auf die im kommenden Jahr beginnende Ausbil-             umfänglich genutzt und damit seine „taktische Ge-
dungs- und Aufstellungsphase für die VJTF 2023 abge-               fechtstauglichkeit“ nachgewiesen. In einer mehrtägigen Ge-
schlossen.                                                         fechtsübung wurden Leistungsvermögen und Betriebsstabi-
                                                                   lität unter Beweis gestellt. Die erfolgreiche Umsetzung des
Ein großer Teil der Bundeswehr ist jedoch auch von den Ein-        Systems Panzergrenadier (SysPzGren) VJTF 2023, bestehend
schränkungen der COVID-19-Pandemie betroffen. Bezogen              aus dem SPz PUMA und dem System „Infanterist der Zu-
auf Ausbildung und Übungen bedeutet dies, dass wir die Ein-        kunft – erweitertes System“ (IdZ-ES), ist ein Meilenstein im
satz- und Laufbahnausbildung priorisieren und alle weiteren        Bereich der vernetzten Operationsführung und wird den Ein-
Lehrgänge, Übungen und internationalen Übungsbeteiligun-           satzwert der deutschen VJTF-Kräfte 2023 nach und nach er-
gen abgesagt oder auf das notwendige Minimum begrenzt              höhen.
haben. In der Folge wurde das Material reduziert eingesetzt
und somit geringer beansprucht. Gleichzeitig wurden die            Ausschlaggebend für diesen Fortschritt ist die von Beginn an
Standzeiten vermehrt zur vorbeugenden Instandhaltung und           ausgesprochen pragmatische Zusammenarbeit aller Beteilig-
Schadensbehebung genutzt.                                          ten des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik
                                                                   und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw), des Heeres und
Generell ist festzuhalten, dass die materielle Einsatzbereit-      der Industrie. Damit konnten die hohen Anforderungen er-
schaft aller 71 Hauptwaffensysteme im Berichtszeitraum             füllt werden. Auf Basis des nunmehr erreichten stabilen
weiter zugenommen hat. Sie liegt bei durchschnittlich 76 %.        technischen und einsatztauglichen Konstruktionsstandes ist
Unsere Benchmark von 70 % durchschnittlicher materieller           beabsichtigt, die SPz PUMA-Flotte des 1. Loses schrittweise
Einsatzbereitschaft übertrafen 44 Hauptwaffensysteme, 11           im Rahmen der „konsolidierten Nachrüstung“ auf einen ein-
lagen unter 50 % (davon 7 Altsysteme). Die durchschnittliche       heitlichen Konstruktionsstand zu bringen. Das ist mir beson-
materielle Einsatzbereitschaft von Kampffahrzeugen liegt           ders wichtig. Wir müssen in allen SPz PUMA-Verbänden ei-
bei 71 %, für Kampfeinheiten der Marine bei 75 %, für die          nen identischen Konstruktionsstand haben. Nur dies schafft
Kampf- und Transportflugzeuge bei 64 %, für alle Unterstüt-        Vertrauen in das Waffensystem, ermöglicht einen einheitlich
zungsfahrzeuge (Logistik, Sanität und CIR) bei 80 % und bei        hohen Ausbildungsstand und sichert so die Motivation.
den Hubschraubern erstmalig über 40 %.
                                                                   Auch bei der materiellen Einsatzbereitschaft der Hubschrau-
Allerdings ist ein Drittel der Systeme nach wie vor durch          ber der Bundeswehr sind vereinzelt positive Tendenzen zu
sprunghafte Verläufe, hohe Streuung und vor allem durch ei-        erkennen. Sie liegt erstmalig im Durchschnitt aller Hub-
nen zu geringen verfügbaren Bestand gekennzeichnet. Das            schrauber über 40 %. Die Verbesserung der Ersatzteillage,
betrifft sowohl die „alten“ zukünftig auszusondernden Sys-         die Optimierung der Wartungsintervalle und Vereinheitli-
teme (z. B. SEA KING, SEA LYNX) als auch die neuen Waf-            chung der Bauzustände sind Maßnahmen, die sich positiv
fensysteme wie A400M, NH90 NTH SEA LION.                           auswirken.

Fokusprojekte des Generalinspekteurs der Bundeswehr                Bei den alten Hubschraubern gelingt nur noch unter großen
Mein besonderer Fokus galt auch in diesem Berichtszeitraum         Anstrengungen ein operativer Flugbetrieb. Eine Neubeschaf-
der Verbesserung der materiellen Einsatzbereitschaft des           fung der Folgemuster ist zwingend erforderlich.
Schützenpanzers (SPz) PUMA und der Hubschrauber. In re-
gelmäßigen Formaten wurde und werde ich hierzu über die            Mit dem Standardisierten Instandhaltungsleistungsvertrag
jeweilige Entwicklung unterrichtet. Darüber hinaus haben           (SILV) für den NH90 TTH zeigt sich die positive Wirkung die-
sich mein Stellvertreter und ich bei den jeweiligen Verbän-        ser Bonus-Malus-Regelung durch gestiegene Verfügbarkeit.
den und bei der Einsatzprüfung einen unmittelbaren Ein-            Beim KH TIGER führen unverändert fehlende Dockkapazitä-
druck vom Stand der Einsatzbereitschaft verschafft.
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ten dagegen zu einem Inspektionsstau. Die bereits eingelei-        Folge eine signifikante und nachhaltige Steigerung der ma-
teten Maßnahmen zur Verbesserung des Inspektionssys-               teriellen Einsatzbereitschaft erreicht.
tems, der Erhöhung der militärischen Wartungskapazitäten
und der stärkere Rückgriff auf den bedarfsorientierten „On-        32 Systeme in der Wachstums- bis Sättigungsphase:
site-Support“ der Industrie in der Truppe, wurden daher um           KPz LEOPARD 2, GTK BOXER, TPz FUCHS, FENNEK,
eine zusätzliche Zielvereinbarung mit der Industrie erweitert.       PzH 2000, MARS, KEILER, DACHS, EUROFIGHTER, HE-
Auch wenn sich der NH90 NTH SEA LION derzeit in zahlrei-             RON TP, PATRIOT, leFlaSys, A320 Familie, A340/A350
chen taktischen Einsatzprüfungen bewährt, so ist die mate-           Familie, GLOBAL 5000/6000, Fregatten, EGV,
rielle Einsatzbereitschaft des Hubschraubers noch sehr stark         ENOK/WOLF SSA, EAGLE IV/V, DINGO, DURO/YAK,
eingeschränkt. So wirken sich hier beispielweise die unzu-           MULTI FSA 15t, TEP 90, MSE Rettungsstation, San-Kfz
reichende Verfügbarkeit von waffensystem- bzw. missions-             EAGLE IV BAT, San-Kfz FUCHS, San-Kfz BOXER, SAT-
spezifischem Material und die noch nicht eingespielten Ver-          COM-Bodenstation, Verlegefähige Netze, TPz FUCHS
fahren und Prozesse negativ aus.                                     CIR, EAGLE CIR, DINGO CIR.
                                                                   Dieses Cluster liegt leicht verbessert bei einer verlässlichen
Initiative Einsatzbereitschaft geht weiter.                        hohen materiellen Einsatzbereitschaft von durchschnittlich
Mit der Initiative Einsatzbereitschaft 2020 haben wir im letz-     77 %. Aufgrund etablierter Verfahren und Prozesse ist die
ten Jahr einen besonderen Fokus auf die Verbesserung der           materielle Einsatzbereitschaft der „stabilen“ Waffensysteme
materiellen Einsatzbereitschaft gelegt. Die Ergebnisse haben       hoch. Das Alter, die Größe jeder Flotte, die spezifische Nut-
gezeigt, dass es sich lohnt, immer wieder gezielt Projekte,        zung der Waffensysteme, die Verfügbarkeit logistischer Da-
Verfahren und Prozesse zu untersuchen und Impulse zur              ten und Dokumentationen sowie ihre Versorgungsreife im
Verbesserung zu setzen.                                            System Bundeswehr sind dafür entscheidend. In dieser
                                                                   Phase geht es um die stetige Optimierung der Schnittstelle
Den zusätzlichen Gestaltungswillen und die Kreativität aus         zwischen den Streitkräften und der Industrie, um die recht-
dieser Initiative werden wir in diesem Jahr weiter nutzen. Ge-     zeitige Einführung eines erforderlichen Obsoleszenzmana-
meinsam mit allen Beteiligten hat die Bundesministerin der         gements und um das ständige überwachen der Ersatzteil-
Verteidigung die Initiative Einsatzbereitschaft 2021 neu           lage. Je geringer die Typenvielfalt innerhalb einer Flotte ist,
aufgelegt und diese vorrangig auf die Streitkräfte fokussiert.     desto besser ist dies für die Robustheit des logistischen Sys-
Die folgenden Kapitel greifen dies im Detail auf.                  tems und seiner Kapazitäten. Ein Grund, warum Hubschrau-
                                                                   ber wie der KH TIGER noch nicht in diese Phase übernom-
Ausgewählte Analyse im Produktlebenszyklus                         men wurden, ist die über Jahre hinweg gewachsene zu große
Die Hauptwaffensysteme der Bundeswehr sind eine Mi-                Typenvielfalt, baumusterspezifische Ersatzteile, eigene Son-
schung aus fabrikneuen, im Einsatz etablierten und langlebi-       derwerkzeugsätze, die wiederum individuell erforderliche
gen Systemen. Diese wiederum befinden sich in drei unter-          Ausbildung und Zertifizierung für Besatzungen und Techni-
schiedlichen Phasen ihres Produktlebenszyklus. Der Erhalt          ker erfordern.
der materiellen Einsatzbereitschaft ist damit eine Dauerauf-
gabe über den gesamten „Lebenszyklus“.                             25 Systeme in der Sättigungs- bis Degenerationsphase:
                                                                     SPz MARDER, Amphibie, Bergepanzer, TORNADO,
14 Systeme in der Einführungs- bis Wachstumsphase:                   C-160, CH53, A310, COUGAR, Korvette, Minenab-
   SPz PUMA, A400M, U212A, KH TIGER, NH90 TTH,                       wehreinheiten, Flottendienstboot, Tender, Betriebs-
   NH90 NTH SEA LION, H145M LUH SOF, H145M LUH                       stoffversorger, P-3C ORION, SEA KING, SEA LYNX,
   SAR, GFB LEGUAN, MANTIS, GTF ZLK 5t und 15t sowie                 LKW mil gl 5t, 7t, 10t sowie 15t MULTI, Einsatzlazarett,
   UTF 5t und 15t.                                                   Rettungszentrum, Rettungsstation, Luftlanderettungs-
Die materielle Einsatzbereitschaft dieses Clusters konnte            zentrum, Luftlanderettungszentrum (leicht).
sich um sechs Prozentpunkte auf 85 % im Durchschnitt aller         Die durchschnittliche materielle Einsatzbereitschaft dieses
14 Systeme verbessern. Jedoch besteht eine drastische              Clusters hat sich im Berichtszeitraum um weitere vier Pro-
Schwankungsbreite bei den einzelnen Systemen. Auf der ei-          zentpunkte auf 65 % verringert, bei 9 Systemen liegt sie un-
nen Seite der NH90 NTH SEA LION (bei 20 %), der in kleine-         ter 50 %. Die Altsysteme kennzeichnet eine zunehmende An-
rer Stückzahl in die Truppe ausgeliefert wird. Auf der ande-       zahl an technischen Defekten, Obsoleszenz von Systemkom-
ren Seite die marktverfügbaren Lkw über 90 %), die schnell         ponenten sowie mangelnde Ersatzteilbestände. Der Weiter-
und in hohen Stückzahlen in die Truppe zulaufen (2020:             betrieb der jeweiligen Flotte ist aufgrund fehlender Nachfol-
mehr als 2.000 Lkw). Der Schwerpunkt in dieser Phase ist die       gesysteme notwendig. Dieser gelingt oftmals nur unter ho-
verzugslose und vollumfängliche Integration der neuen              hem Aufwand, da personelle wie materielle Kapazitäten we-
Waffensysteme für Ausbildung, Übung und alle Einsatzsze-           der in der Bundeswehr noch in der Industrie in ausreichen-
narien. Dies kann nur in einer Kooperation zwischen dem            dem Maße vorhanden sind. Zur Ersatzteilgewinnung dienen
BAAINBw, der Industrie und anderen Dienstleistern (z. B.           bereits ausgesonderte Systeme („Kannibalisierung“). Ferner
HIL GmbH) mit dem Nutzer (MilOrgBer) gelingen. Erst mit            werden Besatzungen und Techniker werden über ihre ge-
einer hinreichenden Verfügbarkeit von Ersatzteilen, Sonder-        plante Verwendungsdauer verlängert. Zur Steigerung der
werkzeugsätzen und vollständigen technischen Dokumenta-            materiellen Einsatzbereitschaft ist die planbare, qualitative
tionen kann die Bundeswehr ihre eigenen Kapazitäten zur            und quantitative Einführung der Nachfolgesysteme ent-
Systembetreuung ausbilden und ihr logistisches System aus-         scheidend. In den nächsten Jahren muss es daher gelingen,
bauen. Die Nutzungserfahrungen sind für die erfolgreiche           die hohe Anzahl der in Nutzung befindlichen Altsysteme
Einführung und erforderliche Robustheit der Systeme ent-           deutlich zu reduzieren.
scheidend. Die Truppe und ihre Logistik müssen vom ersten
Tag an mit den Systemen arbeiten können. So wird in der
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Delta zwischen Gesamtbestand und verfügbaren Bestand                ­     GTK BOXER: 63 von 319 (Delta: 20 %). Beim GTK BO-
Der Grad der materiellen Einsatzbereitschaft eines Waffen-                XER wirken sich die zahlreich durchgeführten Maßnah-
systems wird im Verhältnis zum verfügbaren Bestand ermit-                 men, wie bspw. der Ausbau des Ersatzteilvorrats, der
telt. Zu ihm gehören alle Hauptwaffensysteme, die für Ein-                Aufbau eines Reparaturkreislaufs für hochwertige Kom-
satz, einsatzgleiche Verpflichtungen, Übung und Ausbildung                ponenten und die Qualifizierung des eigenen Instand-
in der Truppe nutzbar sind. Für diese Systeme haben die In-               haltungspersonals positiv aus.
spekteure der militärischen Organisationsbereiche die sog.
„Betriebs- und Versorgungsverantwortung“. Entsprechend              Unsere Erfahrungen bestätigen, dass erhebliche Fort-
unseres Anspruchs sollten davon mindestens 70 % einsatz-            schritte in der Verbesserung der materiellen Einsatzbereit-
bereit sein. Die verbleibenden Systeme in Bezug zum Ge-             schaft immer dann erzielt wurden, wenn wir uns näher an
samtbestand befinden sich vor allem in langfristigen Werks-         marktverfügbaren und bereits erprobten Serienprodukten
instandsetzungen, Umrüstungen oder Konstruktionsstan-               orientieren und wenn wir bereits mit den Bereichen Aus-
danpassungen. Dieser Anteil nimmt in den vergangenen Be-            rüstung und Streitkräfte im Sinne einer Systemfamilie noch
richtszeiträumen kontinuierlich zu und liegt derzeit bei rund       intensiver zusammenarbeiten.
einem Drittel des Gesamtbestandes. Die Vereinheitlichung
der Flotte, umfangreiche Umrüstungen und zusätzliche                Ausblick des Generalinspekteurs der Bundeswehr
technische Neuerungen, um Obsoleszenzen vorzubeugen,                Die im Durchschnitt leicht gestiegenen Einsatzbereitschafts-
führen in der Summe zu einem in den nächsten Jahren deut-           werte des Materials beziehen sich auf den Verfügungsbe-
lich reduzierten verfügbaren Bestand.                               stand. Es ist nicht möglich, daraus einen unmittelbaren
                                                                    Rückschluss auf die tatsächlichen Ausbildungs- und
Beispiele hierfür sind:                                             Übungsmöglichkeiten sowie auf die Einsatzbereitschaft ge-
­    A400M: 16 von 36 Systemen (Delta: 44 %). Die Ausliefe-         samter Truppenteile und Fähigkeiten zu ziehen. Wir erfüllen
     rungen erfolgten mit zahlreichen technischen Mängeln,          mit dem Gerät unter hohem Aufwand und mit langen Koor-
     die zusätzliche Kontrollen / Inspektionen erfordern.           dinierungsvorläufen unsere Aufträge. In der Breite der nicht
     Zudem führen fehlende Ersatzteile und Wartungskapa-            für Einsätze und einsatzgleiche Verpflichtungen vorgesehe-
     zitäten zum Stau bei erforderlichen Inspektionen, so-          nen Truppenteile ist es daher unverändert mein Ziel, die Ver-
     dass zahlreiche A400M auf Abruf in die Instandsetzung          fügbarkeit des Materials zu steigern, um verlässliche Aus-
     warten. Im Rahmen der Initiative Einsatzbereitschaft           bildungs- und Übungsplanung zu ermöglichen und letzt-
     haben wir dies aufgegriffen und arbeiten mit Hochdruck         endlich die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr nachhaltig
     an einer Lösung.                                               im Ganzen zu steigern.
­    KPz Leopard 2: 107 von 266 (Delta: 40 %). Die System-
     flotte umfasst mittlerweile sechs unterschiedliche Ty-         Aktuell steht die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte vor fol-
     pen, da für einheitliche Umrüstungen in den vorherigen         genden Herausforderungen: Mit einem reduzierten verfüg-
     Jahren schlicht die finanziellen Mittel fehlten. Aktuell       baren Bestand bei gleichzeitigem Ausbildungs- und Übungs-
     stehen daher zahlreiche Umrüstungen der Bestandsty-            stau müssen wir durch die COVID-19-Pandemie gelangen.
     pen, die Reduzierung auf vier Typen und die Einführung         Spätestens im Herbst werden wir beginnen, diesen sukzes-
     des Typs A7V an. Die „Verfügbarkeitsdelle“ ist bis zum         sive durch die Wiederaufnahme der Lehrgangsausbildung an
     Ende des Jahres 2025 unvermeidlich; an dessen Ende             den Truppenschulen und die Durchführung zurückgestellter
     haben wir einen Gesamtbestand von 328 Systemen.                Übungen zur Erreichung des vorgesehenen Ausbildungsni-
                                                                    veaus von Einheiten und Verbänden abzubauen. Hierfür be-
Ich möchte verhindern, dass bei einzelnen Waffensyste-              nötigen wir mehr als 12 Monate, um das Vor-Corona Niveau
men nahezu jedes zweite Einzelsystem statt in der Truppe            zu erreichen. Eine intensivere Nutzung des vorhandenen Ma-
für Ausbildung und Übung in Umrüstungsmaßnahmen                     terials, mit resultierenden Einschränkungen der Einsatzbe-
oder aufwendigen Instandsetzungen bei der Industrie                 reitschaft wird unvermeidlich sein.
steht.
                                                                    Einsatzbereitschaft ist der Maßstab, an dem die Bundeswehr
Aber es gibt auch positive Beispiele mit einer hohen, ver-          gemessen wird. Die gleichrangige Aufgabe Landes- und
lässlichen Verfügbarkeit in der Truppe:                             Bündnisverteidigung und die Erfahrungen aus Beteiligungen
­     EAGLE: 143 von 599 (Delta: 24 %). Das System ist ein-         an NATO-Bereitschaftskräften zeigen: Einsatzbereitschaft in
      satz- und versorgungsreif und vollständig in das logisti-     Kontingenten zu denken und in Prozentzahlen materiellen
      sche System der Bundeswehr integriert. So gelingt ein         Bestands einzelner Waffensysteme zu messen ist nicht hin-
      frühzeitiges Obsoleszenzmanagement, die ständige An-          reichend. Die Benchmark für Einsatzbereitschaft ist die Be-
      passung der Ersatzteilbevorratung und ermöglicht da-          fähigung zur Auftragserfüllung. Daher habe ich beauftragt,
      mit der Truppe eine verlässliche Ausbildungs- und             das derzeitige Berichtswesen weiterzuentwickeln.
      Übungsplanung.
BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT I/2021         7

BMVg
Initiative Einsatzbereitschaft 2021 (Neuauflage)

Einsatzbereitschaft steht an oberster Stelle und ist die we-      An diesen Erfolg wird nun mit der Initiative Einsatzbereit-
sentliche Zielgröße für das Gesamtsystem Bundeswehr. Sie          schaft 2021 angeknüpft. Insgesamt 16 Maßnahmen aus den
ist der Maßstab, an dem sich die Bundeswehr messen lassen         Organisationsbereichen und dem BMVg wurden in die Initi-
muss und geht über den rein materiellen Aspekt hinaus.            ative aufgenommen. Bei der Entwicklung und Auswahl der
                                                                  Maßnahmen waren ihr unmittelbarer Nutzen für die Erhö-
Mit der Initiative Einsatzbereitschaft 2020 wurden als zu-        hung der Einsatzbereitschaft und die Fokussierung auf die
sätzliche Anstrengung eine Reihe konkreter Maßnahmen zur          Streitkräfte die entscheidenden Kriterien. Ihr bisheriger Cha-
sichtbaren Verbesserung der Einsatzbereitschaft erfolgreich       rakter als zeitlich begrenzte Schwerpunktsetzung und als
umgesetzt. Die Mischung aus Verfahrens-, Verwaltungs- und         Versuchsraum für neue Lösungswege soll erhalten bleiben.
operativen Maßnahmen hat in ihrer gemeinsamen Entfal-             Was sich als gut und zielführend herausstellt, wird anschlie-
tung den Weg für Neues eröffnet. Verbesserungen bei aus-          ßend weiterverfolgt. Die Initiative unterteilt sich dazu in die
gewählten Fokusprojekten und in der Optimierung des Be-           9 Fokusprojekte der Organisationsbereiche (Schwerpunkt-
schaffungsprozesses konnten, insbesondere dort erzielt            projekte der Inspekteure und Präsidentinnen), 3 flankie-
werden, wo Nutzungs- und Betriebsverantwortung näher              rende Maßnahmen (Analyse von Prozessen und unterstüt-
zusammengeführt wurden.                                           zende Projekte) sowie 2 übergreifende Maßnahmen und 2
                                                                  Restmaßnahmen aus 2020.

                                                        Maßnahmen

Fokusprojekte                              Flankierende Maßnahmen                         Umfassende Maßnahmen und Rest-
                                                                                          maßnahmen 2020
­    Einsatzbereitschaft der VJTF-Bri-     ­    Verbesserung der Datenlage im             ­     Identifikation wesentlicher admi-
     gade: Fokus auf Material, logisti-         logistischen System der Bundes-                 nistrativer Hemmnisse
     sche Ressourcen und Prozesse               wehr                                      ­     Digitalisierung einer Einsatzlie-
­    Erhöhung der durchschnittlich         ­    Optimierung der Datenpflege in                  genschaft der Luftwaffe
     einsatzbereiten Hubschrauber               SASPF für das Bauzustandsma-
     H145M LUH SOF                              nagement der Landsysteme                  Restmaßnahmen aus 2020
­    Verbesserung der kurzfristigen        ­    Erhöhung der Mobilität der                ­   Beschaffung von sanitätsspezifi-
     Verfügbarkeit von Ersatzteilen in          Truppe durch zusätzliche Be-                  schen Material und Dienstleistun-
     der Instandhaltung von Schiffen            schaffung militärischer Gelände-              gen
     und Booten                                 wagen („Jeeps“)                           ­   Beschaffungen für Bundeswehr-
­    Stärkung der Instandsetzungsfä-                                                          krankenhäuser über einen Klinik-
     higkeit am Standort Kiel                                                                 verbund oder eine Einkaufsge-
­    Verbesserung der Einsatzbereit-                                                          meinschaft
     schaft des Straßentankwagen 8x8
     FSA EK
­    Verbesserung der Einsatzbereit-
     schaft bei den Luftverlegbaren
     (LSE) und modularen (MSE) Sani-
     tätseinrichtungen
­    Erhöhung der Einsatzbereitschaft
     bei TPz CIR (PEILER) und DINGO
     CIR (EMU)
­    Instandsetzung von Handwaffen
     durch HIL GmbH in einem Pilot-
     vorhaben
­    Stärkung Contractor-Lösung für
     Sanitätseinrichtungen im Einsatz
     über Rahmenvertrag

Die Initiative Einsatzbereitschaft 2021 verfolgt auch in die-     Der Großteil der Maßnahmen befindet sich aktuell noch in
sem Jahr den dualen Ansatz einer möglichst schnellen Er-          der Projektierung und geht bis Sommer in die Umsetzungs-
folgskontrolle und Nachjustierung einerseits, aber auch die       phase. Im kommenden Bericht zur Materiellen Einsatzbe-
mittel- bis langfristige Stärkung der Einsatzbereitschaft         reitschaft wird zu ersten Ergebnissen der Initiative Einsatz-
durch nachhaltige Modifikation von Prozessen andererseits.        bereitschaft 2021 berichtet werden können.
BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT I/2021      8

Präsidentin des Bundesamtes für
Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr
Zur Lage und Perspektive der
Einsatzreife der Hauptwaffensysteme

Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und             von Instandsetzungsdurchlaufzeiten aus. Die positiven Aus-
Nutzung der Bundeswehr, BAAINBw, hat die zentrale Ver-            wirkungen einer verbesserten Ersatzteilbevorratung auf die
antwortung für die Deckung des waffensystembezogenen              materielle Einsatzbereitschaft lassen sich am Beispiel SPz
Sachbedarfs der Streitkräfte. Die bedarfs- und forderungsge-      PUMA gut nachvollziehen. Das Vorhandensein von Ersatz-
rechte Ausstattung der Bundeswehr mit moderner Technik,           teilen, Hochwertkomponenten eingeschlossen, ermöglichte
leistungsfähigem und sicherem waffensystembezogenen               neben ausreichend vorhandenen Instandsetzungskapazitä-
Sachgütern sowie waffensystembezogenen Dienstleistun-             ten eine deutliche Erhöhung der materiellen Einsatzbereit-
gen ist wirtschaftlich sowie im rechtlichen Regelungsrahmen       schaft für dieses Waffensystem.
zu erbringen. Dabei nutzt das BAAINBw alle drei Beschaf-
fungswege des Ausrüstungs- und Nutzungsmanagements                Bei Systemen in der Einführungs- bis Wachstumsphase gilt
(EinkaufBw, komplexe Dienstleistung (KDL) und Rüstungs-           es, frühzeitig im Lebenszyklus vor dem Hintergrund einer Er-
prozess nach CPM). Die Ausgabemittel für die Materialerhal-       höhung der materiellen Basis die Typenvielfalt des jeweiligen
tung betrugen im Jahr 2020 insgesamt 4,012 Mrd. Euro. Über        Systems zu reduzieren und die Flotte dahingehend zu über-
den EinkaufBw wurden dabei 508.000 Beschaffungsvor-               prüfen. Bei den Systemen Transporthubschrauber NH90
gänge mit 50 % des Beschaffungsvolumens im Titel Materi-          TTH und Kampfhubschrauber (KH) TIGER laufen derzeit
alerhaltung umgesetzt.                                            verschiedene Maßnahmen. Im Projekt NH90 TTH wurde der
                                                                  Vertrag „IOC-TTH-Rebuild“ im Januar 2021 über die Umrüs-
Die Präsidentin BAAINBw hat die Materialverantwortung für         tung von 6 Luftfahrzeugen auf die Konfiguration FOC MR 1
die Einsatzreife über derzeit 1.490 CPM-Projekte. Die Pro-        geschlossen. 33 KH TIGER werden im Rahmen des „AS-
jektleiterin bzw. der Projektleiter (PL) nimmt in diesem Rah-     GARD-33“-Vertrages durch die Industrie umgerüstet und er-
men die produktbezogenen Aufgaben der bzw. des Material-          halten dadurch eine verbesserte Beschussfestigkeit und eine
verantwortlichen für die Einsatzreife zum einen bei der Her-      Einrüstung modernisierter Kommunikationsmittel. Die bei-
stellung der Einsatzreife im Zuge der Realisierung sowie zum      spielhaft skizzierten Maßnahmen dienen dazu, die Bauzu-
anderen bei Erhalt und Wiederherstellung der Einsatzreife         stände der jeweiligen Systeme zu vereinheitlichen. Eine Ver-
im Rahmen der Nutzungssteuerung wahr. Einsatzreife be-            einheitlichung des definierten Konstruktionsstandes wird
deutet die sichere Verwendbarkeit eines Produkts im Rah-          unter anderem auch beim GTK BOXER durch die Umrüstung
men des vorgesehenen Verwendungszwecks einschließlich             von insgesamt 272 Fahrzeugen (1. Los) der Version A1 auf die
seiner Versorgungsreife oder die vertraglich zugesicherte         Version A2 durch die Industrie mit geplantem Abschluss im
Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Dienstleistung.             Mai 2024 durchgeführt.

Zu der in diesem Bericht dargestellten materiellen Einsatz-       Systeme in der Sättigungs- bis Degenerationsphase sind
bereitschaft aller 71 Hauptsysteme der Bundeswehr schaffen        technisch bedingt bzw. systemimmanent verstärkt von Ob-
die Herstellung und der Erhalt der materiellen Einsatzreife       soleszenz betroffen. Notwendige Maßnahmen im Zuge einer
somit die produktbezogenen Voraussetzungen.                       Obsoleszenz führen neben einer Kostensteigerung in der
                                                                  Nutzungsphase stets zu einer zeitlichen Verzögerung in der
Materielle Einsatzbereitschaft im Berichtszeitraum                Instandhaltung und somit zum Abfall der materiellen Ein-
Während des Berichtszeitraumes konnte die Einsatzbereit-          satzbereitschaft für solche Systeme. Um proaktiv dem nega-
schaft im Mittel trotz andauernder Auswirkungen der CO-           tiven Einfluss zunehmender Obsoleszenz auf den Erhalt von
VID-19-Pandemie erneut leicht verbessert werden.                  Fähigkeiten entgegenzuwirken, sind diese Systeme zur Si-
                                                                  cherstellung des Fähigkeitserhalts zeitgerecht durch ein ent-
Herausforderungen bestehen weiterhin bei Systemen in              sprechendes Nachfolgesystem zu ersetzen. Als Beispiel für
der Einführungs- bis Wachstumsphase sowie bei Systemen            ein Nachfolgesystem ist das neu in diesem Bericht aufge-
in der Sättigungs- bis Degenerationsphase.                        nommene System Gefechtsfeldbrücke (GFB) LEGUAN zu
                                                                  nennen. Zeitgleich ist oftmals die Nutzungsdauer des von
Bei Systemen, welche sich in der Einführungs- bis Wachs-          Obsoleszenz betroffenen Systems bis Fertigstellung und
tumsphase befinden, treffen weiterhin geplante und unge-          Auslieferung des Nachfolgesystems zu verlängern (SPz
plante Instandhaltungsmaßnahmen auf durch Produktion              MARDER, PiPz Dachs, CH-53). Erschwerend kommen häufig
und Umrüstung ausgelastete personelle und in Teilen auch          Kapazitätsengpässe der Industrie hinzu. Gründe dafür sind
begrenzend wirkende infrastrukturelle Industriekapazitäten        zeitgleich stattfindende Maßnahmen zur Obsoleszenzbesei-
(KH TIGER). Herausfordernd wirkt sich in diesem Zusam-            tigung, der aufgrund des Alters der Systeme erhöhte In-
menhang ebenfalls die Produktion und damit einhergehend           standhaltungsaufwand sowie durch Produktion eines Nach-
der Aufbau einer entsprechenden Umlaufreserve von Hoch-           folgesystems ausgelastete Industriekapazitäten. Letzten En-
wertkomponenten als Voraussetzung für eine Minimierung            des erfährt der damit einhergehende, verminderte Verfü-
BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT I/2021        9

gungsbestand per se eine erhöhte Nutzungsintensität. Wer-           gesamten Geschäftsbereich BMVg 13.071 nutzbare Rahmen-
den die Systeme darüber hinaus verstärkt durch Übung, Aus-          vereinbarungen, wobei 41 % des Beschaffungsvolumens
bildung, einsatzgleiche Verpflichtungen und Einsätze ge-            über Abrufe aus Rahmenvereinbarungen umgesetzt werden.
nutzt, potenziert sich dieser Effekt. Im Ergebnis entstehen         Für die Waffensysteme SPz PUMA und SPz MARDER wur-
übermäßig hohe negative Rückkopplungen auf die materi-              den Abschlüsse von Rahmenvereinbarungen bis zum Ende
elle Einsatzbereitschaft der Systeme in dieser Lebenszyklus-        des 1. Quartals 2021 vorbereitet. Die Vereinbarungen für das
phase (z.B. SPz MARDER, TORNADO, CH-53).                            Waffensystem SPz PUMA umfassen Ersatzteile für Fahrzeug
                                                                    und Waffenanlage MK30. Die Vereinbarungen für den SPz
Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist daher zur Bereit-        MARDER beinhalten etwa 900 verschiedene Ersatzteile für
stellung der jeweiligen Fähigkeit ein entsprechender Ablöse-        die planmäßige Instandsetzung und zur Schadabstellung,
zeitpunkt durch ein jeweiliges Nachfolgesystem einzuplanen          um die langfristige Versorgungssicherheit bis zum avisierten
und mit ausreichenden finanziellen Mitteln zu hinterlegen.          Nutzungsdauerende zu gewährleisten.
Mit zunehmender Verzögerung des Ablösezeitpunktes er-
höht sich der Finanzmittelbedarf für die Materialerhaltung          Maßnahmen zur Steigerung
und führt dadurch unter Umständen zur Verdrängung ande-             der materiellen Einsatzbereitschaft
rer, auch investiver Maßnahmen.                                     30-Tage-Ersatzteile-/Austauschteile-Einsatzvorrat
                                                                    Der Aufbau des 30-Tage Einsatzvorrates an Ersatz- und Aus-
Initiative Einsatzbereitschaft                                      tauschteilen (30-Tage-ET/AT-Vorrat), als zusätzlicher Puffer
Mit der Initiative Einsatzbereitschaft wurden erfolgreich Im-       zur Stärkung der materiellen Durchhaltefähigkeit unserer
pulse für eine Erhöhung der materiellen Einsatzbereitschaft         Streitkräfte sowie zur Stärkung des verfügbaren Bestandes,
der Bundeswehr gesetzt. Die Umsetzung erfolgte in insge-            schreitet kontinuierlich voran. Für den gemäß Fähigkeitspro-
samt 24 Maßnahmen, in denen das BAAINBw erheblich bei-              fil der Bundeswehr vorgesehen ersten Zwischenschritt, des-
getragen hat. Beispielhaft sei hier die zweckgebundene Voll-        sen Kern die Kräfte der Very High Readiness Joint Task Force
ausgabe der zugewiesenen Finanzmittel bis Ende November             (VJTF) der NRF 2022-2024 sind, können durch zusätzliche
2020 für den Bereich der Materialerhaltung genannt. Die             Beschaffungen sowie das Heranziehen verfügbarer Bestände
Vollausgabe im Bereich der Materialerhaltung wurde                  aus dem Logistischen System der Bundeswehr aktuell bereits
schließlich mit 3,965 Mrd. € trotz der Pandemie-bedingten           ca. 85 % der definierten Artikel für den Einsatzvorrat zur Ver-
Einschränkungen durch intensive Anstrengungen aller Mit-            fügung gestellt werden. Nach den bisherigen Erkenntnissen
arbeiterinnen und Mitarbeiter des BAAINBw mit einem Er-             ist das Ziel, bis Ende des Jahres 2022 den Aufbau mit rund
füllungsgrad von 99% erreicht. Anknüpfend an die positiven          34.000 identifizierten Artikeln für das Kräftedispositiv VJTF
Ergebnisse der Initiative Einsatzbereitschaft 2020 für die ma-      2023 abgeschlossen zu haben, weitgehend erreichbar.
terielle Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme, wird
die Initiative Einsatzbereitschaft 2021 mit teils neuen Projek-     Die Prozesse für die Verteilung der Ersatzteile auf die Ver-
ten fortgesetzt. Das neue Projekt des BAAINBw, "Instand-            sorgungseinrichtungen der militärischen Organisationsbe-
setzung von Handwaffen durch die HIL GmbH in einem Pi-              reiche haben begonnen. So werden zum Beispiel im Heer seit
lotvorhaben", untersucht dabei Optimierungspotentiale in            Anfang Februar 2021 die Lager der Versorgungskompanien
Bezug auf die Instandsetzung und anschließende Technische           auf das Produktspektrum für NRF 2022-2024 angepasst. Ak-
Materialprüfung (TMP) von Handwaffen. Derzeit nicht aus-            tuell wird auf Bedarfsanpassungen reagiert, welche sich auf-
reichende Ressourcen in den Streitkräften und der Industrie         grund verdichtender Informationen (bspw. zum vorgesehe-
für Instandsetzung und Materialprüfung reduzieren den der           nen Produktspektrum oder durch verbesserte Bedarfsprog-
Truppe zur Verfügung stehenden Bestand an Handwaffen.               nosen) oder im Zuge des angesprochenen Verteilungspro-
Die Kapazitäten der vollständig bundeseigenen Inhousege-            zesses ergeben. Das besondere Augenmerk liegt auf den Be-
sellschaft HIL GmbH in ihren ortsfesten Instandhaltungs-            schaffungsvorgängen der noch fehlenden Artikel.
werken sollen optimiert genutzt werden, indem die Instand-
setzung der Handwaffen qualitativ auf das Niveau einer In-          Die Planungen für die Bedarfsermittlung der nächsten je-
dustrieinstandsetzung angehoben und die Abnahme analog              weils Ende 2027 bzw. 2031 zu erreichenden Zwischen-
zur Technischen Materialprüfung inkludiert wird. Ziel ist es,       schritte des Fähigkeitsprofils der Bundeswehr wurden durch
den Bestand an ausgabebereiten Handwaffen in der                    das BAAINBw in Zusammenarbeit mit den Organisationsbe-
Zentrallogistik zu erhöhen und den Streitkräften mehr ein-          reichen der Bundeswehr und dem Logistikkommando der
satzbereite Handwaffen zur Verfügung zu stellen.                    Bundeswehr erstellt. Aufbauend auf den Erfahrungen mit
                                                                    NRF 2022-2024 soll frühzeitig eine bestmögliche Beschaf-
Management Bestellanforderungen (BANF)                              fungs- und Haushaltsplanung sichergestellt werden.
Im Berichtszeitraum erwies sich die BANF-Bearbeitung trotz
des Fortbestandes von Zusatzaufgaben durch die Beschaf-             Die übergreifende waffensystemspezifische Ersatzteillage ist
fungen von Sachgütern zur Bekämpfung der COVID-19-                  weiterhin differenziert. Neben Ersatzteilen von marktverfüg-
Pandemie als sehr robust, 1.478.916 BANF-Positionen wur-            baren oder marktnahen Produkten wie beispielsweise bei
den abgearbeitet. Bei der Bearbeitung von BANF für Ersatz-          den ungeschützten/geschützten Transportfahrzeugen
teile wurden im Rahmen der AG Umsetzung der Beschaf-                kommt es bei waffensystemspezifischen Artikeln weiterhin
fungs- und Nutzungsorganisation sowie Optimierung des               zu Verzögerungen aufgrund von limitierten Lieferzeiten und
Beschaffungswesens (AG Umsetzung BeschO) Optimie-                   Lieferraten der Industrie. Beispielhaft zu nennen sind an die-
rungsansätze, wie die Ausplanung des strategischen Bereichs         ser Stelle die Getriebebox oder das Mastvisier des KH TIGER.
von Materialsegmenten zu Einkaufssegmenten, vertieft. Da-           Dieser Umstand zeigt ebenfalls die Notwendigkeit, den La-
neben wird der Abschluss von mehrjährigen Bündelungsrah-            gerbestand an Ersatzteilen zu erhöhen, als auch die dazu er-
menvereinbarungen forciert, um die materielle Einsatzbe-
reitschaft zu stabilisieren. Insgesamt existieren derzeit im
BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT I/2021       10

forderlichen Haushaltsmittel zur kontinuierlichen Anpas-           Durchlaufzeiten. Flankierend soll sich die Überprüfung und
sung des Artikelspektrums, wie beispielsweise beim SPz             Optimierung der jeweiligen Inspektionsintervalle erhöhend
PUMA, zu hinterlegen.                                              auf die materielle Einsatzbereitschaft auswirken. Weitere zu-
                                                                   sätzliche Maßnahmen, wie die Erhöhung der industriellen
Sonderwerkzeugsätze                                                Instandsetzungskapazitäten in der Truppe, On Site Support
Die Beschaffung von Sonderwerkzeugsätzen (SdWzS) wurde             KH TIGER, zeigen positive Wirkung in der Verfügbarkeit der
waffensystemspezifisch sowie nach Dringlichkeit des Be-            Systeme. Das Deutsch-Französische Heeresfliegerausbil-
darfs in Teilpakete unterteilt. Für besonders dringliche Be-       dungszentrum TIGER konnte hierdurch sein Jahresflugstun-
darfe wurde der Vorschlag des BAAINBw, die Projektablauf-          denprogramm erfüllen.
prozesse zu beschleunigen, für die nächsten zwei Jahre auf-
gegriffen. So werden beispielsweise eine Auswahl an SdWzS          Ein solches Bündel aus mehreren Maßnahmen zeigt auch be-
für die Systeme Panzerhaubitze (PzH) 2000 oder FENNEK              reits beim SPz PUMA deutliche Wirkung. Neben der Pro-
beschafft. Für die Führungskomponente FENNEK werden 34             zessoptimierung und Qualitätsverbesserung in der (Bau-
SdWzS mit Zulauf in 2022 und für die PzH 2000 4 SdWzS mit          gruppen-) Instandsetzung sind Anpassungen bei präventiven
Zulauf im Jahr 2022 beschafft. Weiterhin ist für die PzH 2000      Instandhaltungsmaßnahmen sowie die Verfügbarkeit von
ein weiterer Zulauf von 2 SdWzS im Jahr 2023 vorgesehen.           technischer Infrastruktur und Instandsetzungspersonal
                                                                   maßgeblich für eine Erhöhung der materiellen Einsatzbereit-
Allgemein besteht weiterhin ein Bedarf an SdWzS überall da,        schaft. Die durch intensive Zusammenarbeit aller Beteiligten
wo in Zeiten knapper Haushaltsmittel nur ein Minimum des           (BMVg/BAAINBw, Nutzer, Industrie) erreichten Teilerfolge
eigentlichen Bedarfs beschafft wurde. Aktuell orientiert sich      und Fortschritte auf allen Ebenen zeigen, dass der einge-
der Bedarf an Material am Fähigkeitsprofil der Bundeswehr.         schlagene Weg richtig und zielführend ist. Diesen Kurs gilt es
Für weitere Beschaffungen bringt sich das BAAINBw im               nun unvermindert fortzusetzen.
Sinne einer effizienten Bedarfsdeckung in die derzeit fortge-
führten Abstimmungen zur Verstetigung der Bedarfe an               Die spezifische und fokussierte Projektüberwachung für Bei-
SdWzS ein. Sonderanfertigungen im Werkzeugsatz stellen             träge zur NRF 2022-2024 schreitet voran. Rund 200 VJTF-
sich ferner als Herausforderung dar und verzögern die Aus-         relevante Projekte werden engmaschig mit dem Ziel der zeit-
lieferung eines kompletten Satzes.                                 gerechten Realisierung überwacht. Die Bedarfe der militäri-
                                                                   schen Organisationsbereiche (milOrgBer) sind weitestge-
Anpassung von Prozessen und Vorgaben                               hend entschieden und fixiert. Damit kommt es nun darauf an,
Weiterhin wird an der Minimierung von Stillstandszeiten in         diese Planung unverändert zu materialisieren sowie die Ver-
der Instandhaltung sowie einem gesteigerten Durchlauf              tragsschlüsse und die Leistungserbringung bei der Realisie-
bei Inspektionen gearbeitet. Erste Verbesserungen bei den          rung dieser Projekte planmäßig zu erreichen.
Durchlaufzeiten, beispielsweise im Zuge des Standardisier-
ten Instandhaltungsleistungsvertrags (SILV) NH90, sind zu          Neben einer quantitativ und qualitativ leistungsfähigen In-
verstetigen. Ursächlich für eine noch eingeschränkte Wir-          dustrie kommt der Bereitstellung von auskömmlichen fi-
kungsentfaltung ist die hohe Anzahl der Systeme im Inspek-         nanziellen Mitteln und dem Vorhandensein des benötigten
tionsstau. Insbesondere bei den Drehflüglern NH90 TTH o-           Personals als Voraussetzung für zeitgerechte Vertragsab-
der KH TIGER erhöhen die noch nicht ausreichend vorhan-            schlüsse daher auch in 2021 eine herausgehobene Bedeu-
denen Ersatzteile bzw. Instandhaltungskapazitäten die              tung zu.
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Inspekteur des Heeres
Materielle Einsatzbereitschaft Heer

Das Heer verantwortet im Rahmen der Meldung materielle            len im Zuge der Instandhaltung durch die HIL GmbH ermög-
Einsatzbereitschaft insgesamt 16 Waffensysteme, davon             lichen. Das Heer unterstützt aktiv die Pilotierung der Maß-
dreizehn Landsysteme und drei fliegende Systeme. Der Brü-         nahmen seit 2020 mit dem SPz MARDER und seit März 2021
ckenlegepanzer LEGUAN (GFB LEGUAN) und der leichte                zusätzlich mit der PzH 2000. Erste Erkenntnisse zeigen, dass
Unterstützungshubschrauber Search & Rescue (H145M LUH             die subsidiäre Ersatzteilbeschaffung für den SPz MARDER
SAR) wurden mit diesem Berichtsdurchgang erstmalig als            die bestehende Ersatzteilproblematik abmildert. Durch die
berichtsrelevante Waffensysteme aufgenommen.                      zusätzliche Pilotierung der PzH 2000 erfolgt eine Konsolidie-
                                                                  rung dieser Maßnahme als eine weitere Voraussetzung für
Insgesamt befindet sich die materielle Einsatzbereitschaft        die geplante Umsetzung auf weitere Systeme.
der genutzten Waffensysteme weiterhin auf einem ausrei-
chenden Niveau, um aktuelle Einsätze und einsatzgleiche           Beim SPz PUMA konnte die positive Entwicklung bei der
Verpflichtungen durch materielle Schwerpunktbildung ohne          Einsatzbereitschaft weiter fortgesetzt werden. Neben dem
Einschränkungen sicherstellen zu können. Die Durchführung         erfolgreichen Abschluss der Taktischen Untersuchung des
von Ausbildungen und Übungen unterliegt unverändert ei-           „Systems Panzergrenadier“ (SPz PUMA im Konstruktions-
nem erheblichen Organisations- und Koordinationsaufwand           stand (K-Stand) VJTF und das erweiterte System Infanterist
sowie teilweisen Einschränkungen.                                 der Zukunft im K-Stand VJTF) wurde die „Zielvereinbarung
                                                                  SPz PUMA“ für 2021 fortgeschrieben, um die Maßnahmen
Über den Berichtszeitraum konnte die materielle Einsatzbe-        zur Verbesserung der Einsatzbereitschaft bei diesem System
reitschaft der betrachteten Systeme weiter verbessert wer-        weiter in enger Zusammenarbeit mit der Industrie, dem Bun-
den.                                                              desministerium der Verteidigung (BMVg), dem BAAINBw,
                                                                  dem Heer sowie der HIL GmbH voranzutreiben. Die Maß-
Während des Berichtszeitraums galt es vor allem, die Steige-      nahmenpakete sollen sich u.a. in einer weiteren Steigerung
rungen der materiellen Einsatzbereitschaft des Vorberichts-       der Einsatzbereitschaft des Systems im zweiten Halbjahr
zeitraums zu konsolidieren. Die erneuten Einschränkungen          2021 auswirken. Darüber hinaus erfolgt seit März 2021 die
bei Ausbildung und Übung aufgrund der COVID-19-Pande-             Technisch-Logistische Einsatzprüfung (TLEP) des SPz PUMA
mie sowie die priorisierte Bereitstellung von Personal für        im K-Stand VJTF, die bis September 2021 abzuschließen ist.
Amtshilfegesuche verringerten störungsbedingte Ausfälle,          Mit einem ersten Zwischenbericht zur Jahresmitte 2021 soll
verlängerten den Zeitraum für konsolidierende Instandhal-         die Versorgbarkeit des Systems im Einsatz im Rahmen der
tungsmaßnahmen und ermöglichten bei einem Großteil der            NATO Response Force (NRF (L)), der Eingreiftruppe der
Systeme eine zusätzliche Stärkung des verfügbaren Bestan-         NATO, 2022 bis 2024 bewertet werden.
des und damit der Einsatzbereitschaft. Grenzen zeigen sich
jedoch unabhängig von der COVID-19-Pandemie unverän-              Bei den Hubschraubern des Heeres konnte die Einsatzbereit-
dert in der unzureichenden Lieferung und Bevorratung von          schaft des NH90 TTH leicht gesteigert werden. Beim NH90
Ersatzteilen, der Instandsetzung von Baugruppen und in den        TTH sind die Häufung von zeitintensiven Störbehebungen
verfügbaren Instandhaltungsressourcen. Die laufenden Um-          sowie Lieferverzögerungen der Industrie von bis zu sechs
rüstmaßnahmen reduzieren bei einigen Systemen zusätzlich          Monaten unverändert die zentrale Herausforderung. Die
den verfügbaren Bestand (Bsp. Modernisierung/Umrüstung            Nachwirkungen des „Lockdowns“ im Rahmen der COVID-
Kampfpanzer (KPz) LEOPARD 2, GTK BOXER, Einrüstung                19-Pandemie aus dem Jahr 2020 erhöhen die Verzögerungen
des Battle-Management-Systems). Mit Wegfall der COVID-            zusätzlich. Aufgrund der Harmonisierung der unterschiedli-
19-Einschränkungen bei Ausbildung und Übung ist ein Rück-         chen Bauzustände der Flotte über umfangreiche Umrüst-
gang der materiellen Einsatzbereitschaft aufgrund der inten-      maßnahmen (sogenannte Retrofit-Programme) sind weiter-
siveren Nutzung zu erwarten.                                      hin bis mindestens 2023 Einschränkungen bei der Anzahl
                                                                  operationell einsetzbarer Systeme festzustellen. Bei den im
Bei den Landsystemen des Heeres führen neben fehlenden            April 2020 im Rahmen des „Standardisierten Instandhal-
Ersatzteilen u.a. Personaldefizite und Mangel an Sonder-          tungsleistungsvertrags“ (SILV) angelaufenen Inspektionen
werkzeugsätzen zu Verzögerungen bei der Instandsetzung            NH90 konnten drei von sechs fertiggestellte Systeme inner-
von Landsystemen. Aufgrund der COVID-19-Pandemie gab              halb der vereinbarten Durchlaufzeiten abgeschlossen und
es einzelne lokale Einschränkungen der Instandsetzungsleis-       damit eine deutliche Verbesserung der Leistungserbringung
tungen. Diese konnten aufgrund ausreichender anderweiti-          der Industrie festgestellt werden. Mit dem 3. Quartal 2020
ger Kapazitäten weitgehend kompensiert werden.                    stellten sich Verzögerungen von 2 bis 14 Wochen ein, die vor
                                                                  allem auf fehlende Ersatzteile zurückzuführen sind. Zur Ver-
Die durch das Heer im Rahmen der Initiative Einsatzbereit-        besserung der Situation wird derzeit mit der Industrie an ei-
schaft 2020 angestoßene Maßnahme – Dezentrale Beschaf-            nem neuen, leistungsbasierten Ersatz- und Austauschteillie-
fung von Ersatzteilen durch die HIL GmbH - soll die schnelle      fervertrag gearbeitet, der sich ab 2023 auswirken soll.
und bedarfsgerechte Bereitstellung von kritischen Ersatztei-
BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT I/2021     12

Die Einsatzbereitschaft des KH TIGER bewegte sich im Be-            Die durchschnittlich höhere materielle Einsatzbereitschaft
richtszeitraum weiterhin auf einem unbefriedigenden Ni-             bei einsatzgleichen Verpflichtungen (NRF, Enhanced For-
veau. Der Stau an Hauptinspektionen bei einer großen An-            ward Presence (eFP)) sowie bei den Auslandseinsätzen wird
zahl an Luftfahrzeugen aufgrund fehlender Dockkapazitäten           durch eine priorisierte Bereitstellung von Instandsetzungs-
beeinträchtigt unverändert die Einsatzbereitschaft bei die-         kapazitäten und Ersatzteilen sichergestellt.
sem System. Die eingeleiteten Maßnahmen zum Abbau des
Inspektionsstaus beginnen frühestens 2022 zu wirken. Mit            Vor diesem Hintergrund ist der durch das BMVg angewie-
der Beseitigung des Staus ist aber nicht vor Ende 2024 zu           sene Aufbau eines 30-Tage-Einsatzvorrates für Ersatzteile –
rechnen.                                                            zunächst im Schwerpunkt ausgerichtet auf NRF (L) 2022-
                                                                    2024 – für die Sicherstellung der materiellen Durchhaltefä-
Zur Stärkung der Eigenbefähigung ist eine weitere War-              higkeit von besonderer Bedeutung.
tungsstaffel für den KH TIGER im Aufwuchs. Zusätzlich
wurde für den KH TIGER während des Berichtzeitraums eine            Mit Blick auf die Herausforderungen des Heeres im Rahmen
multilaterale Zielvereinbarung zwischen dem BMVg, der In-           des Kräftebeitrages zur NRF (L) 2022-2024 konzentriert das
dustrie und dem Heer nach dem Vorbild der „Zielvereinba-            Heer seine Anstrengungen im Rahmen der Initiative Einsatz-
rung SPz PUMA“ erarbeitet. Ziel ist es, in Jahresschritten bis      bereitschaft 2021 auf die Einsatzbereitschaft dieser Brigade
2025 eine deutliche Erhöhung der materiellen Einsatzbe-             in einem erweiterten Ansatz mit Fokus auf fähigkeitsbestim-
reitschaft zu erreichen.                                            mendes Material, logistische Ressourcen und Steuerprozesse
                                                                    des Heeres. Dabei werden u.a. der Aufwuchs mit einsatzbe-
Der H 145M LUH SAR ist ein neues System des Heeres und              reitem Material im Zeitrahmen und die Bündelung der lau-
wird an drei Standorten in Deutschland im Rahmen von                fenden Maßnahmen zur Nutzungssteuerung im Heer be-
Such- und Rettungsmaßnahmen auch im zivilen Umfeld ein-             trachtet.
gesetzt. Das System zeigt eine hohe Stabilität und Einsatzbe-
reitschaft. Durch die geringe Systemanzahl können hier al-          Die Aktivitäten zur Erhöhung der Einsatzbereitschaft des SPz
lerdings einzelne technische Störungen, wie im Februar              PUMA aus der Initiative Einsatzbereitschaft 2020 werden da-
2021, schnell zu einer signifikanten Verringerung der Ein-          bei fortgesetzt und gehen in dieser neuen Maßnahme unter
satzbereitschaft der Flotte führen. Mit der Auslieferung der        der Schwerpunktbetrachtung NRF (L) 2022-2024 auf.
beiden ausstehenden Luftfahrzeuge noch im ersten Halbjahr
2021 wird die Ausfallkompensation verbessert.                       Die nachhaltige Steigerung der materiellen Einsatzbereit-
                                                                    schaft im Heer braucht unverändert
Die Vertrags- und Liefertreue der Industrie bleibt unverän-         ­    einsatzreife, d.h. zuverlässige, gefechtstaugliche und
dert eine Herausforderung nicht nur für die Beschaffung von              versorgbare Systeme,
Ersatzteilen, sondern auch bei Dienstleistungen aus Instand-        ­    einen ausreichenden materiellen Handlungsspiel-
haltungs- und Wartungsverträgen sowie bei Umrüstungen.                   raum,
Ressourcenkonflikte zwischen Instandhaltungs- und Um-               ­    eine durchhaltefähige Logistik mit hoher Eigenbefähi-
rüstungsmaßnahmen und konkreten einsatzbezogenen Be-                     gung, einschl. entsprechender Ersatzteilbevorratung
darfen sind daher nicht immer vermeidbar. Das betrifft z. B.             und
die Umrüstung des Raketenwerfers MARS I auf MARS II und             ­    eine verlässliche, leistungsfähige Industrie als Part-
die Bereitstellung von Ersatzteilen für die NRF (L) 2022-2024            ner.
oder auch für den NH90 im Rahmen des Einsatzes Resolute
Support in Afghanistan seit Ende 2020 bei gleichzeitig lau-
fenden Umrüstmaßnahmen.
BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT I/2021       13

Inspekteur der Luftwaffe
Materielle Einsatzbereitschaft Luftwaffe

In allen Einsatzgebieten stellt die Luftwaffe wie bisher eine        zügig zu realisieren, um die materielle Einsatzbereitschaft
weit überdurchschnittliche Einsatzbereitschaft für ihre flie-        A400M nachhaltig zu verbessern.
genden und bodengebundenen Waffensysteme sicher. Auch
für den Ausbildungs- und Übungsbetrieb konnte die materi-            Beim Klarstand des Alt-Waffensystems CH-53 ist keine
elle Einsatzbereitschaft erneut deutlich gesteigert oder sta-        deutliche Trendwende zu erwarten. Das steht einer spürba-
bilisiert werden. Die mit der Initiative Einsatzbereitschaft         ren Steigerung der Flugstunden aber nicht entgegen. Nach
verbundenen Anstrengungen haben sich ausgezahlt.                     vielen Jahren hoher Einsatzbelastung müssen wir insbeson-
                                                                     dere wieder in die Ausbildung der jüngeren Besatzungen in-
Beim EUROFIGHTER ist die Luftwaffe mittlerweile so weit,             vestieren. Eine erhöhte industrielle Unterstützung und eine
dass das erreichte Niveau von rund 70 Prozent weiter ver-            verbesserte Ersatzteillage sind dafür zentral. Der Aufbau zu-
stetigt und in einzelnen Wochen sogar die 75 Prozent-                sätzlicher industrieller Kapazitäten in DIEPHOLZ ist ein
Marke übersprungen wurde. Die ergriffenen Maßnahmen                  wesentlicher Baustein, der die hochbelasteten militäri-
zeigen nachhaltig Wirkung: Seit 2019 hat sich die Anzahl der         schen Kapazitäten verstärkt. Darüber hinaus muss auch die
EUROFIGHTER, die wegen fehlender Ersatzteile nicht ein-              im Februar 2020 durch die Luftwaffe beantragte Personalun-
setzbar waren, halbiert. Trotz Einschränkungen in Folge der          terstützung an den Standorten LAUPHEIM und SCHÖNE-
COVID-19-Pandemie gelang es, die Flugstunden in 2020 im              WALDE zügig ausgebaut werden.
Vergleich zum Vorjahr um fast sechs Prozent zu steigern und
bisher in 2021 die vorgesehenen Flugstundenziele sogar zu            Die materielle Einsatzbereitschaft des TORNADO kann in-
überfliegen. Dabei hat sich der EUROFIGHTER erneut im Air            folge seines Alters und der immer herausfordernderen Ver-
Policing Baltikum bewährt.                                           sorgung nur noch mit hohem Aufwand sichergestellt wer-
                                                                     den. Auch hier ist die Abstützung auf industrielle Kapazitäten
Das Ziel der Initiative Einsatzbereitschaft mit jährlich 15.000      eine wesentliche Säule. So erwarten wir vom Zwei-Schicht-
Flugstunden behält die Luftwaffe damit auch 2021 fest im             System in der Instandhaltung bei der Industrie eine weitere
Blick. Hauptaugenmerk bleibt darüber hinaus die Verbesse-            Reduzierung der Durchlaufzeiten, die sich positiv auf die
rung der Einsatzfähigkeit, um das Waffensystem unter allen           Verfügbarkeit von Luftfahrzeugen in den Einsatzverbänden
Bedrohungsszenarien uneingeschränkt einsetzen zu können.             auswirkt.

Auch der A400M hat in der COVID-19-Pandemie einmal                   Unser jüngstes Waffensystem im Einsatz ist der Leichte
mehr seine besondere Leistungsfähigkeit unter Beweis ge-             Mehrzweckhubschrauber zur Unterstützung der Spezial-
stellt. Im Berichtszeitraum waren bis zu zehn A400M ein-             kräfte (H145M LUH SOF). Er überzeugt mit hohen Klarstand-
satzbereit. In den Fähigkeiten sind wir deutlich vorangekom-         raten zwischen 70 und 85 Prozent. Ab Ende März wurden
men, der A400M wird immer stärker das Rückgrat für das               drei dieser Hubschrauber mit A400M nach Afrika verlegt. Um
gesamte Spektrum des strategischen Lufttransports. Re-               mit Blick auf diesen Einsatz klare Zeichen zu setzen, liegt
gelmäßige Versorgungsflüge in die Einsatzgebiete der Bun-            auf dem LUH SOF ein neuer Fokus im Rahmen der Initiative
deswehr, auch unter Nutzung unbefestigter Pisten in Afrika,          Einsatzbereitschaft 2021.
gehören ebenso zum Einsatzspektrum wie die Luftbetan-
kung aus JORDANIEN heraus oder Hilfs- und Evakuierungs-              Die materielle Einsatzbereitschaft der bodengebundenen
flüge im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Die                 Systeme PATRIOT, MANTIS und Leichtes Flugabwehr Sys-
Einsatzaufträge für A400M werden weiter spürbar zuneh-               tem liegt weiterhin auf hohem Niveau. Gleichwohl gilt es, die
men. Das gilt umso mehr, da das Waffensystem C-160                   anstehenden Obsoleszenzbeseitigungen und Produktände-
TRANSALL zum Jahresende 2021 ausgephast wird.                        rungen konsequent voranzutreiben. Sie helfen, die Waffen-
                                                                     systeme solange in Betrieb zu halten, bis sie durch Nachfol-
Jedoch verursacht die weiterhin unbefriedigende technische           gesysteme abgelöst werden können.
Produktreife bei A400M einen Instandhaltungsaufwand, der
deutlich über die eigenen Kapazitäten hinausgeht. Hier gilt          Die Luftwaffe zieht für die Initiative Einsatzbereitschaft und
es, die von der Luftwaffe geforderte Industrieunterstützung          das bisher erreichte Niveau der materiellen Einsatzbereit-
                                                                     schaft eine positive Bilanz.
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