Wirksamkeitsdialog - Jugendverbandsarbeit - mehr als Du denkst! - Arbeitskreis Jugend Essen

Die Seite wird erstellt Pascal Schröder
 
WEITER LESEN
Wirksamkeitsdialog

                              Jugendverbandsarbeit –
                              mehr als Du denkst!

                 MÜLHEIM ESSEN OBERHAUSEN
Vorwort
In regelmäßigen Abständen stellen die Essener Jugendverbände ihre Arbeit
mit Essener Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen vor. Zum einen
um die Qualität der Arbeit zu sichern, zum anderen um die Vielfältigkeit der
Angebote zu zeigen.

Dieser Wirksamkeitsdialog stellt die      Am Ende des Wirksamkeitsdi-
Schulungs- und Bildungsangebote der       alogs finden Sie eine Auflistung
Essener Jugendverbände in den Fo-         der Orte der Jugendverbands-
kus. Die Verbände stellen beispielhaft    arbeit in Essen.
Angebote aus verschiedenen Themen-
bereichen wie z. B. der ökologischen,     Wir wünschen Ihnen eine
politisch und sozialen sowie der me-      informative und spannende
dienbezogenen Bildung vor.                Lektüre.

Das verdeutlicht das Selbstverständnis
der Jugendverbandsarbeit sowie Ziele      Für den Arbeitskreis
und die Bedeutung der Jugendverbände      Jugend Essen
in der Gesellschaft. Die unterschied-
lichen Berichte der Jugendverbände
zu verschiedenen Angeboten schaffen
Transparenz der Inhalte der Jugend-       Pia Kötter
verbandsarbeit, aber sollen vor allem     Geschäftsführerin
Gespräche zwischen Kommunalpolitik,
Stadtverwaltung und Jugendverbänden
über die Bedeutung der Jugendver-
bandsarbeit in der Stadtgesellschaft
ermöglichen.

                                                                               Jug
Inhalt
                              1. Jugendverbände und ihre Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . 2
                                   1.1. Gesetzliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
                                   1.2. Zielgruppe und Ziele der Jugendverbandsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
                                   1.3. Bedeutung in der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

                              2. Arbeitsformen der Jugendverbandsarbeit . . . . . . . . . . 6
                                   2.1. Förderung der Ehrenamtlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
                                   2.2. Kinder- und Jugendfreizeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
                                   2.3. Internationalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
                                   2.4. Ferienspiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
                                   2.5. Jugendclubs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

                              3. Schulungs- und Bildungsangebote. . . . . . . . . . . . . . . . 14
                                   3.1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
                                   3.2. Bildungsangebote der Jugendverbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

                              4. Jugendverbandsarbeit in Essen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
                              5. Literatur: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

Jugendverbandsorte in Essen
1. Jugendverbände
   und ihre Prinzipien

Jugendverbände sind Orte der Selbstorganisation von Kindern, Jugendlichen
und jungen Erwachsenen. In den einzelnen Verbänden schließen sich junge
Menschen mit ähnlichen Interessenslagen zusammen. Jugendverbandsarbeit
beruht dabei auf folgenden Prinzipien:

Selbstorganisation                        Partizipation
                                                                                  Das Selbstverständnis von Jugend-
Die Verbände werden durch ehrenamt-       Alle jungen Menschen reden mit, wenn    verbänden beruht darauf, dass
liche Vorstände geführt. Kinder und       es darum geht, zu entscheiden, welche   „Ziele, Leitbilder, Prämissen [...]
Jugendliche planen und führen ihre        Aktivitäten der Verband anstrebt und    darauf ausgerichtet [sind], die
Aktivitäten selbst durch.                 welche Positionen er bezieht.           Selbstbestimmung, Selbstorganisa-
                                                                                  tionskompetenz, Selbstverwirkli-
Ehrenamtlichkeit                          Werteorientierung                       chung, soziale und kommunikative
                                                                                  Kompetenz, Beteiligungs- und
Der größte Teil der Jugendverbandarbeit   Jugendverbände sind Wertegemein-        Demokratiefähigkeit der Kinder
wird durch Ehrenamtliche in ihrer Frei-   schaften. Ihr Handeln orientiert sich   und Jugendlichen zu fördern“
zeit geleistet. Ehrenamtliches Engage-    an der spezifischen Wertevorstellung,
ment ist ein grundlegendes Moment         die auch den Charakter der Angebote     (Middendorf 2002, S.12).
der Jugendverbandsarbeit (vgl. von der    prägen.
Gathen-Huy 2009, S.1).

Freiwilligkeit

Im Gegensatz zur Schule entscheiden
junge Menschen selbst, ob und an wel-
chen Aktivitäten sie teilnehmen wollen.

2
1.1. Gesetzliche Grundlagen
Die gesetzlichen Grundlagen zur Förderung der Jugendverbandsarbeit ergeben
sich aus §§ 11, 12 und 74 SGB VIII.

Hierin ist die Förderung der Ent-
wicklung junger Menschen sowie die
Bereitstellung entsprechender Angebote
festgehalten. Zudem wird die finan-
zielle Förderung der eigenverantwort-
lichen Tätigkeit der Jugendverbände
und -gruppen „unter Wahrung ihres
satzungsgemäßen Eigenlebens“ (§ 12
Absatz 1 SGB VIII) festgelegt.
                                         Die durch den Gesetzgeber ausgespro-
                                         chene Förderverpflichtung knüpft allein
                                         an die Existenz der Jugendverbände und
                                         -gruppen an, und nicht an die Übernah-
                                         me eines Leistungskatalogs des jewei-
                                         ligen Jugendverbandes. Es handelt sich
                                         um eine kommunale Pflichtaufgabe (vgl.
                                         Wiesner/Bernzen/Kößler 2013, S.7ff ).

1.2. Zielgruppe und Ziele der Jugendverbandsarbeit
                                                                                  §    Für Essen erfolgt die Förderung entspre-
                                                                                       chend dem kommunalen Kinder- und
                                                                                       Jugendförderplan (1658/2016/5).

Zielgruppe der Jugendverbandsarbeit sind alle Kinder, Jugendlichen und jungen
Erwachsenen zwischen 6 und 27. Das Angebotsspektrum richtet sich sowohl an
Mitglieder des jeweiligen Verbandes als auch an Nicht-Mitglieder.

Jugendverbandsarbeit ist Teil der        mit ihren vielfältigen Bildungs-, Freizeit-   zichtbaren Beitrag zum Hineinwachsen
Jugendarbeit nach § 11f SGB VIII. Sie    und Erholungsangeboten junge Men-             von Kindern und Jugendlichen in die
befähigt zur Selbstbestimmung und zu     schen in ihrer Eigeninitiative, Eigenver-     demokratische Gesellschaft.
gesellschaftlicher Mitverantwortung      antwortung, Selbstständigkeit und ihrem
und regt zum sozialen Engagement an.     Engagement für die Gemeinschaft zu
Jugendverbände haben den Anspruch,       fördern. Sie leisten damit einen unver-

                                                                                                                              3
Ziele der Jugendverbandsarbeit sind daher:

Stärkung von gesellschaftlicher           Fähigkeiten entsprechen. Typisch ist hier   Erfahren und Erleben aktiver Sozialisa-
Verantwortungsübernahme                   die Übernahme von Gruppenleitungen,         tion.
                                          Ferienfreizeitbetreuungen, aber auch die
Durch die gelebte Selbstorganisation      Übernahme von Vorstandstätigkeiten          Mit dieser Praxis trägt Jugendverbands-
der Jugendverbände werden Kinder und      oder Öffentlichkeitsarbeit. Unterstützt     arbeit den unterschiedlichen Interessen
Jugendliche frühzeitig dazu befähigt,     werden sie dabei durch hauptberufliche      und Fähigkeiten von Kindern und
Verantwortung in der Gesellschaft wahr-   Mitarbeitende in den Jugendverbänden,       Jugendlichen Rechnung. Sie unterstützt
zunehmen, Entscheidungen zu treffen       die z. B. Unterstützung bei der fachli-     sie in der Erfüllung der alterstypischen
und umzusetzen.                           chen Weiterentwicklung der Jugendver-       Aufgaben mittels:
                                          bandsarbeit, Organisation von Schu-
                                          lungs- und Bildungsangeboten sowie bei      » Entwicklung eigenständiger Beiträge
                                          administrativen Aufgaben leisten.             zur Erziehung und Bildung
Stärkung von Partizipation und
Mitwirkung                                                                            » Herausbildung von persönlicher
                                                                                        Identität, Wertsetzung und Toleranz
In der Jugendarbeit machen Kinder und     Ermöglichung der Entwicklung eines
Jugendliche Erfahrungen von Mitbe-        eigenen Wertesystems                        » Einsicht in gesellschaftliche Zu-
stimmung, lernen Interessen zu formu-                                                   sammenhänge zu vermitteln und
lieren und Aushandlungsprozesse zu        Gesellschaftliche Umbrüche prägen auch        zu gemeinsamem gesellschaftlichen
gestalten. Fortgeführt wird dies durch    die Lebenslagen und Erfahrungswelten          Handeln beizutragen
Meinungsbildungsprozesse auf allen        von Kindern und Jugendlichen. Jugend-
Ebenen der Jugendverbände bis zur         verbandsarbeit bietet Kindern und           » Interessensvertretung durch Jugend-
Übernahme von Leitungsfunktionen.         Jugendlichen in Zeiten fortschreitender       liche selbst und/oder durch die von
Jugendverbände sind damit „Werkstätten    Globalisierung mit ihren werteorien-          ihnen gewählten Vertreter_innen
der Demokratie“. (DBJR 2018, S.1)         tierten Ansätzen Orientierungshilfen.
                                          Jugendverbände nehmen die aktuellen         » Ort gemeinsamen Lebens und Ler-
                                          gesellschaftlichen Trends auf und entwi-      nens zu verstehen (vgl. Stadt Essen
                                          ckeln Angebote, die auf Gemeinschafts-        2016, S.8)
Förderung ehrenamtlichen                  erlebnissen und Mitgestaltung basieren.
Engagements junger Menschen
                                          Jugendverbände sind neben Familie und
In der Jugendarbeit der Jugendverbände    Schule die dritte Sozialisationsinstanz.
engagieren sich Kinder und Jugend-        Sie sind ein eigenständiger Raum, in
liche - in einem geschützten Rahmen       dem Bildung und Erziehung geschieht.
– ehrenamtlich, indem sie Tätigkeiten     Die Einbindung in gleichaltrigen Grup-
übernehmen, die ihrem Wissen und          pen (Peers) ermöglicht eine spezifische
                                          Entwicklung von Identität, aber auch das

4
1.3. Bedeutung in der Gesellschaft
Jugendverbände sind Ende des 19. Jahrhundert aus der Jugendbewegung entstan-
den mit dem Ziel jugendgemäße und selbstgestaltete Lebensformen und -räume
zu ermöglichen (vgl. Herrmann 1991, S.32 / Riekmann 2011, S.163).

Durch die Zusammenarbeit unter             Auch nach der demokratischen Neuaus-          schauungen bei. Junge Menschen kön-
Gleichaltrigen sollten Selbsterziehung     richtung Deutschlands ab 1945 haben           nen so in einer durch Mannigfaltigkeit
und Persönlichkeitsbildung ermög-          Jugendverbände eine wichtige Rolle            geprägten demokratischen Gesellschaft
licht werden – fern von Schule und         gespielt: Demokratiebildung. Durch die        aufwachsen. „Jugendverbände tragen
Familie (vgl. Herrmann 1991, S.33 und      unterschiedlichen Werteorientierungen         zum Erhalt und zur Weiterentwicklung
vgl. von der Gathen-Huy 2009, S.11).       unter jungen Menschen schaffen es die         einer demokratischen und solidarischen
Die geschafften Freiräume und Orga-        Jugendverbände eine Bandbreite an Ori-        Zivilgesellschaft bei“ (Landesjugendring
nisationsformen boten den Akteur_in-       entierungsmöglichkeiten zu bieten, um         Berlin 2019).
nen die Möglichkeit ihren Interessen       eine vielfältige und tolerante Gesellschaft
nachzugehen (vgl. Schäfer 2019, S.161).    zu unterstützen. Die Förderung der
„Dieses pädagogische Phänomen der          Jugendverbandlichkeit in ihrer Vielfalt
Gleichaltrigenerziehung, die als organi-   ist die Antwort auf die Gleichschaltung
sierte Gleichaltrigenerziehung den Kern    der Jugendorganisationen im National-
verbandlicher Jugendarbeit ausmacht, ist   sozialismus ab 1933. Die Pluralität der
ein so in keinem anderen pädagogischen     Werteorientierung der Jugendverbände
Feld vorfindbares Phänomen“ (Gängler       trägt einen Beitrag zur Sicherstellung
2018, S.742)                               unterschiedlicher Werte und Weltan-

                                                                                                                                5
2. Arbeitsformen der
   Jugendverbandsarbeit

2.1. Förderung der Ehrenamtlichkeit
Ehrenamtlichkeit ist ein Wesens-
merkmal der Jugendverbandsarbeit.         Exkurs: Juleica
Die Förderung der ehrenamtlichen
Mitarbeitenden speziell die Aus-          Die JULEICA (Jugendeiter_innencard) ist
und Fortbildung insbesondere der          eine bundesweit einheitliche Ausweiskarte für
Jugendgruppenleiter_innen sind            ehrenamtliche Mitarbeiter_innen in der Kinder- und Jugendarbeit.
wesentlich für die Jugendverbands-
arbeit.                                   Wer ein JULEICA Seminar absolviert hat, einen Erste-Hilfe-Kurs besucht hat,
                                          mindestens 16 Jahre alt ist und ehrenamtlich aktiv ist, kann die JULEICA be-
Durchgeführt werden Schulungen zu         antragen. Damit gehörst du zu den Menschen, die auch offiziell zeigen, dass sie
pädagogischen Themen, aber auch           sich für andere Kinder und Jugendliche engagieren. Allgemeine Informationen
Seminare zu Themen wie beispiels-         unter www.Juleica.de. Alle Teilnehmer_innen erhalten im Anschluss an das
weise Medienpädagogik, Kindeswohl         Seminar eine Teilnahmebestätigung, auch die noch nicht 16 Jahre alt sind. Die
und Schutz vor sexueller Gewalt. Die      Beantragung der JULEICA kann am Tag des 16. Geburtstags auf den Weg ge-
Ausbildungskonzepte differieren von       bracht werden.
Verband zu Verband und sind immer
an die Werteorientierung des jeweili-
gen Jugendverbandes geknüpft.
                                        Die Jugendleiter_in-Card (JULEICA)         Vereinzelt sind mit der Karte Vergüns-
Kleinere Jugendverbände, die keine      ist eine bundesweit einheitliche Aus-      tigungen verbunden, über die gesell-
eigenen Weiterbildungsangebote vor-     weiskarte für ehrenamtliche Mitarbei-      schaftliche Anerkennung für das ehren-
halten können, nutzen die Angebote      ter_innen in der Jugendarbeit. Sie dient   amtliche Engagement zum Ausdruck
der größeren Essener Jugendverbände     zur Legitimation und als Qualifikations-   gebracht wird.
oder nehmen an den Angeboten ihrer      nachweis gegenüber den Trägern von
Landesverbände teil.                    Jugendarbeit.

6
Neben einem klaren Themenspektrum           Die Teilnahme von Jugendlichen aus     Juleica Kursen („Basiskurs“ in der ersten
erfolgt die Schulung zur Juleica in viel-   Migrant_innen(jugend)organisationen    Osterferienwoche und „Crash-Kurs“ an
fältigen Formaten. Ob Wochenkurse,          wird ebenfalls über die Kooperation    drei Wochenenden im Herbst) kommen
Abendveranstaltungen, Tagesveranstal-       zwischen dem AKJ und den anderen       ehrenamtliche Mitarbeiter_innen aus
tungen oder Schulungswochenenden,           Jugendverbänden ermöglicht.            verschiedenen Jugendhäusern und Ge-
immer ist eine Mindeststundenzahl von                                              meinden zusammen. Sie lernen mitein-
40 Zeitstunden zu erbringen. Alle zwei                                             ander und voneinander.
Jahre sind weitere Schulungseinheiten       Juleica-Seminare der
zur Verlängerung der Juleica nötig.         Evangelischen Jugend                   Die Seminarinhalte werden praxisorien-
                                                                                   tiert vermittelt, die eingesetzten Metho-
Für kleinere Verbände ermöglicht der                                               den fördern die Arbeit im Team, ermög-
AKJ die Teilnahme an Schulungsmaß-          Juleica-Kurse sind ein umfangreiches   lichen es Fähigkeiten und Grenzen zu
nahmen über die Kooperation der             Training für ehrenamtliche Jugend-     erproben und regen an, Verantwortung
Jugendverbände in der Schulungsarbeit.      leiterinnen und Jugendleiter. In den   zu übernehmen.

                                                                                                                           7
Beispiel für einen Tagesablauf im Rahmen eines fünftägigen Juleica-Seminars

8.30 Frühstück                            13.00 Pause                                19:00 Was heißt Jugendarbeit – Erläute-
9.15 Tagesbeginn, Rückblick, Ausblick,                                                     rungen zum §11 SGB VIII;
                                          14.00 Rechtsfragen in der Jugendarbeit;
     Aktivierungsaktion                         Erfahrung der Teilnehmerinnen        19:15 Meine Jugendarbeit; Entwicklung
9.30 Thema Führen und Leiten                    zu rechtlich schwierigen Situatio-         einer Flipchart / Mindmap zur
     Thematischer Beginn, mittels               nen in der Jugendarbeit; Vortrag           eigenen Jugendarbeit;
     Vortrags zumeist per PowerPoint            mit Visualisierung und aufgreifen          • Erreichte Gruppen, Alter,
     visualisiert, ergänzt durch Er-            der Erfahrungen der Teilnehmer_              Anzahl, Besonderheiten
     fahrungsbeispiele der Teilnehme-           innen                                      • Mitarbeiter_innen, Haupt-
     rinnen.                                                                                 beruflich, Ehrenamtlich,
                                          15:30 Kaffeepause
                                                                                             andere Mitarbeitende
      Das Thema beinhaltet u.a.:          16:00 Fortsetzung Thematik „Rechts-              • Ausstattung, Lage, Besonder-
      • Klassische Führungsstile,               fragen“; Diskussion von Fallbei-             heiten der Räume
      • Situationsorientiertes Führen           spielen; Erarbeiten von eigenen            • Inhaltliche Schwerpunkte
        von Teams/Gruppen;                      Rechtspositionen in Kleingruppen           • Der eigene Beitrag als Ehren-
      • die Rolle der Leitung/Führung                                                        amtliche in der Jugendarbeit
        in Gruppen/Teams;                 16.45 Plenum: Präsentation der Ergeb-
                                                                                           • Besonderheiten
      • förderliche Eigenschaften /             nisse im Plenum in Form einer
        Verhaltensweisen von Führung;           Gerichtsverhandlung zu den           20:00 Vorstellen der eigenen
      • Führung und Partizipation.              Fallbeispielen, Diskussion/Rück-           Jugendarbeit
                                                fragen
11:00 Kleingruppenarbeit, praktische,                                                20:45 Reflexion der vorgestellten An-
      erlebnisorientierte Übungen; Eine   17:30 Spiel (15-20’) oder Action-WUP             gebote: Welche scheinen beson-
      Teilnehmerin erhält die Aufgabe,          z.B. Interaktionsspiel „Wäsche-            ders geeignet zur Förderung der
      eine Gruppe in der Erledigung             klammern“ etwas auflockerndes              Entwicklung?
      einer komplexen Praxisaufgabe             Abschließendes für den theoreti-
                                                                                     21:00 Tagesrückblick
      zu führen. Aufgabe ist: Bau eines         schen Nachmittag
      Turms aus 500g Zeitungspapier                                                  21:30 Freizeit
                                          18.00 Abendessen & Pause
      und einer Rolle Tesafilm;
11:30 Präsentation der Gruppenergeb-
      nisse im Plenum; Bewertung des
      Produkts. Reflexion der Erfah-
      rung der führenden Gruppen-
      mitglieder; Rückmeldung der
      Gruppenteilnehmerinnen über
      ihre Erfahrung in der Gruppen-
      arbeit.
12.30 Mittagessen

8
2.2. Kinder- und Jugendfreizeiten
Die Planung, Organisation und            » Die Förderung der seelischen, geis-     Ferienfreizeiten sind darüber hinaus für
Durchführung von Kinder- und Ju-           tigen und körperlichen Entwicklung      ehrenamtliche Leiter_innen wie für Teil-
gendfreizeiten sind ein traditioneller     junger Menschen.                        nehmende Orte der Selbstorganisation
Schwerpunkt der Jugendverbands-                                                    und Partizipation (vgl. hierzu auch Stadt
arbeit. Für die teilnehmenden Kinder     » Die Vermittlung der Erfahrung sozia-    Essen 2016, S.9). Sie sind in vielerlei
und Jugendlichen bieten sie Erholung,      ler Beziehungen untereinander.          Hinsicht ein Erfahrungs- und Lernfeld.
Entspannung, Selbstverwirklichung                                                  Alle Kinder und Jugendliche können
und Selbstfindung. Die Essener Ju-       » Den Ausgleich sozialer Benachtei-       hier unabhängig von Elternhaus und
gendverbände bieten Ferienfreizeiten       ligung ermöglichen. Kinder und          Schule neue Rollenmuster und Verhal-
zu unterschiedlichen Zielen in NRW,        Jugendliche, deren Eltern sich keinen   tensweisen ausprobieren, soziale Kom-
in Deutschland und Europa an.              Familienurlaub leisten können, sollen   petenzen erlernen oder ausbauen, Auf-
                                           die Möglichkeit haben, sich in den      gaben und Verantwortung für sich und
Mit dem Angebot von Ferienfreizeiten       Ferien fernab von ihrem Alltag zu       die Mitreisenden übernehmen, Grenzen
sind mehrere Ziele verbunden:              erholen.                                testen und Neues kennenlernen.

                                                                                                                           9
Exkurs: Ferienfreizeiten
     Kreisjugendwerk der AWO: Für alle und jederzeit wieder – Ferien ohne Eltern!
     Ferienfreizeiten sind aus dem Programm des Kreisjugendwerkes der AWO
     Essen nicht wegzudenken. Jedes Jahr nehmen über 200 Kinder und Jugendliche
     sowie etwa 40 ehrenamtliche Betreuer_innen an den Sommerfahrten teil.

     Neben den bekannten Ferienfreizeiten werden heute beispielsweise eine Kanu-
     Klettertour in Südfrankreich, eine Segelfreizeit in Holland, Reiterfreizeiten auf
     dem Ponyschloss, eine Surffreizeit am spanischen Atlantik oder Strand- und
     Cityfreizeiten bei Rom angeboten.

     Diese bietet jährlich weit über 100 Kindern aus verschiedenen Jugendwerken
     deutschlandweit die Möglichkeit, sich auszutauschen sowie Demokratie und
     Partizipation aktiv und spielerisch zu erlernen und zu erleben. So werden
     beispielsweise Ministerien gebildet, die eigenständig über die Ausgestaltung ver-
     schiedener Freizeitbereiche entscheiden.

     Bei den Ferienfreizeiten werden Begegnungen unter den Teilnehmenden ge-
     schaffen, die im Alltag oftmals gar nicht oder nur begrenzt möglich sind. Es
     besteht die Chance, vermeintlich Fremde kennen zu lernen, mit ihnen eine
     Gruppe zu bilden und gemeinsam eine Ferienfreizeit zu gestalten.

     Der Zugang zu den Fahrten ist Kindern und Jugendlichen, abhängig von ihrer
     sozialen Herkunft, allerdings unterschiedlich gut möglich.

     Es reicht nicht allein, das Angebot ‚theoretisch‘ für alle offen zu halten. Vielmehr
     legt das Kreisjugendwerk einen besonderen Wert darauf, das Angebot auch über
     soziale Dienste, Jugendhäuser, Migrant_innenselbstorganisationen etc. bekannt
     zu machen.

     Es gilt, mögliche Vorbehalte und Ängste der Eltern sowie bürokratische Hürden
     abzubauen und eine umfassende persönliche Beratung über Anmeldeverfahren,
     Ablauf der Ferienfreizeit und die Betreuung zu gewährleisten. Darüber hinaus
     unterstützt das Jugendwerk bei der Antragstellung von Zuschussgeldern.

10
Nicht zuletzt leistet die 2004 ins Leben gerufene Spendenaktion „Kinderur-
laubspatenschaften“ einen wichtigen Beitrag, um Kindern aus einkommens-
schwachen Familien eine Teilnahme und somit eine Auszeit vom Alltag zu
ermöglichen.

Voraussetzung für das Gelingen einer Ferienfreizeit ist immer auch das Enga-
gement der ehrenamtlichen Betreuer_innen. Sie begleiten und unterstützen
die Gruppenbildung in der Rollenklärung, bei Regelvereinbarungen, bei der
Programmgestaltung bis hin zur Selbstorganisation der Teilnehmenden und
vielem mehr.

In jedem Jahr investieren die jungen Ehrenamtlichen viel Zeit und Engagement,
um sich in den Seminaren und Workshops auf die verantwortungsvolle Auf-
gabe vorzubereiten. Eine Vielzahl von Themen aus dem pädagogischen Bereich,
sowie rechtliche Grundlagen, Erste Hilfe, Spiel -und Erlebnispädagogik sowie
Deeskalation und vieles mehr finden sich im Schulungsplan wieder.

Die umfangreiche und intensive Ausbildung der Teamenden und die verant-
wortliche und gewissenhafte Organisation unserer Ferienfreizeiten wird auch
in den bundesweit erarbeiteten Qualitätsstandards ‚Jederzeit wieder - Qualität
der pädagogischen Ferienfahrten‘ deutlich. Das Kreisjugendwerk verpflichtet
sich zur Einhaltung dieser Qualitätsmerkmale und entwickelt diese ständig
weiter.

Das Kreisjugendwerk Essen bleibt in Bewegung und freut sich auf viele
weitere schöne Erlebnisse mit den Kindern, Jugendlichen und Betreu-
er_innen auf den Ferienfreizeiten.

                                                                                 11
2.3. Internationalität
Die Jugendverbandsarbeit hat eine lange Tradition internationaler Projekte
und Begegnungen. Diese internationalen Veranstaltungen ermöglichen jungen
Menschen Begegnungen, Solidarität und Toleranz untereinander. Internationale
Begegnungen bauen Berührungsängste ab und fördern die Offenheit gegenüber
fremden Kulturen. Auch ermöglichen sie die Auseinandersetzung der eigenen
kulturellen Gebundenheit und eine Reflexion dieser. Die Internationalität in der
Jugendverbandsarbeit ist ein Beitrag zur Völkerverständigung und zur Friedens-
arbeit.

2.4. Ferienspiele
Für Kinder und Jugendliche, die nicht in den Urlaub fahren (können), bieten
die Essener Jugendverbände ein vielfältiges Programm an Ferienspielen an. Die
Jugendverbände sehen die Ferienspiele als Chance zur Teilhabe von jungen Men-
schen und als einen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit an.

Ferienspiele bieten die Möglichkeit Freizeit und Erholung vor Ort zu erfahren. Für
junge Ehrenamtliche sind Ferienspiele eine Gelegenheit zur Erlernung von Verant-
wortungsübernahme, in dem sie sich als Organisator_innen und Betreuer_innen
engagieren können.

2.5. Jugendclubs
Jugendclubs sind Orte und Treffpunkte, die Kindern und Jugendlichen zur
eigenen Gestaltung zur Verfügung stehen. Jugendclubs bestehen aus mindestens
einem Raum. Die jungen Menschen entscheiden eigenständig über die äußerliche
Gestaltung, wie Anstrich und Möblierung, aber auch über die Inhalte ihres Pro-
gramms und ihrer Nutzungszeiten. Die jeweilige Kinder- und Jugendgruppe trifft
alle Entscheidungen bzgl. ihres Jugendclubs in Eigenregie. Jugendclubs arbeiten
ehrenamtlich. Kinder und Jugendliche können dort, ohne Mitglied eines Verban-
des zu sein, dennoch unverbindlich verbandliche Strukturen kennenlernen.

12
Exkurs: Jugendclubs
Jugendclub Keller in Essen Altendorf (BDKJ)
Der Keller ist der Jugendclub der Christlichen Arbeiterjugend (CAJ) in Essen Altendorf.
Die CAJ ist ein katholischer Jugendverband und Mitgliedsverband im Bund Deutscher Katholischer
Jugend (BDKJ), Stadtverband Essen, der sie auch der Stadt gegenüber vertritt. Der BDKJ unterstützt
Jugendclubs als Ort verbandlicher Jugendarbeit, weil Jugendclubs Kinder und Jugendliche anspre-
chen, die nicht in den klassischen offenen Türen oder in den Jugendverbänden zu finden sind und
diese auch außerhalb von Gruppenstunden, nach situationsbezogener Absprache niedrigschwellig
erreicht.

Der Jugendclub „Keller“ befindet sich im verbandseigenen Haus des CAJ in der Hüttmannstr. 52.
Der Club besteht aus einer Garage und einem Gruppenraum. Die Angebote der CAJ bieten Raum
für Begegnungen und Beziehungen, gemeinsame Erlebnisse, gemeinsames Handeln und für Freizeit
pädagogische Aktivitäten wie Basteln, Handwerken, Kickern, Spielen und Musizieren oder einfach
mal Chillen.

Zur Zielgruppe des Kellers gehören Jugendliche im Übergang zwischen Schule und Beruf und junge
Erwachsene. Der Fokus liegt auf der Situation von benachteiligten jungen Menschen.

Grundlage für das Engagement der CAJ bildet der christliche Glaube. Grundprinzip der CAJ ist es vom Le-
ben der Jugendlichen und ihrer konkreten Realität auszugehen. Dies wird deutlich in dem für den Verband
ureigenen Bildungsschritt: Sehen – Urteilen - Handeln. Die CAJ ist Erziehungs- und Bildungsbewegung.

Dabei geht es der CAJ vor allen Dingen um Persönlichkeitsbildung, Wertebildung sowie die Bildung und
Qualifizierung von Ehrenamtlichen und Förderung von Verantwortung, um damit die Zielgruppe zu befähi-
gen, die eigenen Zukunft zu gestalten und sich für die gesellschaftliche Zukunft gestaltend zu engagieren.

Hier bietet der „Keller“ den Jugendlichen einen guten und wichtigen Ort, um über die eigene Lebenssitua-
tion zu sprechen. Dies führt dann auch zu praktischer, gegenseitiger Hilfestellung bei der Bewältigung von
Alltagsproblemen. Die eigene persönliche Situation wird so im gesellschaftlichen Kontext erfahren. Dadurch
entwickeln die Jugendlichen Ideen für eigene Aktionen. Hierzu zählen unter anderem die Organisation
des internationalen Sommerfestes rund um den Kellertreff mit den Nachbar_innen, die Vorbereitung und
Präsenz bei der Demo und Kundgebung am Burgplatz zum 1. Mai. Ebenso kommen hier die Jugendlichen
auf coole Ideen für Projekte im Bereich der Berufs- und Lebensorientierung. So wird christliches Zusam-
menleben zum Ausdruck gebracht, Heranwachsende bringen sich in der, auch weltlichen, Gemeinde ein und
gestalten „Gemeindeleben“ aktiv mit.

                                                                                                             13
3. Schulungs- und
   Bildungsangebote
3.1. Einführung
Ein besonderer Schwerpunkt der Jugendverbandsarbeit ist außerschulische
Bildungsarbeit. Bildung geschieht in Jugendverbänden nicht eindimensional in
einem engen Raum, sondern in unterschiedlichen Bereichen und Settings wie
Seminaren, Kursen, Projekten, auf Exkursionen oder auch bei Freizeitangeboten.

„Jugendverbände verorten ihre Bil-         verbände bereits mit der Teilnahme am
dungsarbeit im Bereich non-formaler        Projekt „Wir hier – Jugendverbände und
bzw. informeller Bildung“ (AKJ 2016,       Jugendringe in Kommunalen Bildungs-
S.6). Bildung ist aus Sicht der Jugend-    landschaften“ (2013-2016) des Landes-
verbände „vor allem der umfassende         jugendrings NRW dokumentiert.
Prozess der Entwicklung und Entfaltung
derjenigen Fähigkeiten, die Menschen
in die Lage versetzen, zu lernen, ihre
Potenziale zu entwickeln, zu handeln,
Probleme zu lösen und Beziehungen zu
gestalten“ (Fehling 2011, S.4). Hierbei
wird „das Bildungsziel des demokrati-
schen Bürgers bzw. der demokratischen
Bürgerin als selbstbestimmtes, aber auch
sozialverantwortliches Individuum“
(Ahlrichs 2019, S.36) verfolgt. Ent-
sprechend vielfältig sind die Bildungs-
angebote der Essener Jugendverbände
gestaltet und werden auch immer wieder
mit Kooperationspartner_innen wie z.B.
Schulen durchgeführt. Das Interesse der
Jugendverbände, sich in einer durch die
Stadt Essen gestalteten Bildungsland-
schaft einzubringen, haben die Jugend-

14
3.2. Bildungsangebote der Jugendverbände
3.2.1. Politische und Soziale Bildung
DGB-Jugend: Arbeit gegen das Vergessen      Diese Fahrten und Gespräche werden         chern und übernehmen Verantwortung,
der Gräueltaten im Nationalsozialismus      entsprechend vorbereitet. Der Besuch       dass Geschichte sich nicht wiederholt
                                            eines Lagers wird eingebettet in eine      und „Nie Vergessen“ wird.
Als Gewerkschaftsjugend stehen wir          Darstellung der Lebens- und Alltagssitu-
für eine antifaschistische Gesellschaft     ation der damaligen Zeit. So wurde ein
und wollen all den verfolgten, gequäl-      Besuch des KZ Dachau ergänzt durch
ten und ermordeten Menschen – seien         eine historisch-politische Stadtführung
es Juden, Sinti und Roma, Menschen          durch München, bei der wesentliche
mit Behinderungen, Homosexuel-              Aspekte der Zeit des Nationalsozialis-
len, Gewerkschaftler_innen, politisch       mus zur Sprache kamen. So vorbereitet,
Andersdenkende – gedenken. Aus der          war das Gespräch mit den Zeitzeugen
Erinnerung an die Verbrechen der natio-     fruchtbar.
nalsozialistischen Schreckensherrschaft
entsteht für die heutige Generation die     Mit den Gedenkstättenfahrten sensibi-
Verantwortung, dafür zu sorgen, dass        lisieren wir so für die Notwendigkeit,
sich Geschichte nicht wiederholt.           unsere Demokratie langfristig zu si-

Angesichts der aktuellen politischen
Tendenzen sind Gedenkstättenfahrten
und Seminare zu diesem Thema für
Kinder und Jugendliche von besonde-
rer Bedeutung. Sie machen Geschichte
begreifbar, indem sie die Auswirkung
rassistischer und nationalistischer Poli-
tik erlebbar nachvollziehen lassen. Dies
fördert die Entwicklung einer eigenen
politischen Haltung auch mit Blick auf
die gegenwärtigen politischen Tenden-
zen.

Wesentliche Elemente in unseren Fahr-
ten sind Besuche in ehemaligen Kon-
zentrationslagern, sowie Gespräche mit
Zeitzeugen und deren Kindern.

                                                                                                                          15
Kreisjugendwerk der AWO:
Politische und soziale Jugendbildung

Das Jugendwerk ist ein basisdemokra-
tisch organisierter Jugendverband, in
dem die politische und soziale Jugend-
bildung eine zentrale Rolle spielt.

So erleben unsere Mitglieder auch
schon vor dem 16. bzw. 18 Lebensjahr
bei der Wahl zu einem neuen Vorstand
des Jugendwerks der AWO Essen, wie
demokratische Prozesse funktionieren.
Sie erleben einen Vorstand, der sich
dann intensiv für die Interessen der
Kinder und Jugendlichen der Stadt
einsetzt.
                                            Berlin. Diese erfolgt in Zusammenarbeit
Zur Förderung des politischen Interesses    mit einem Bundestagsabgeordneten
und Beteiligung von jungen Menschen         (Dirk Heidenblut).
über den Jugendverband hinaus, hat das
Jugendwerk der AWO in den letzten           Neben einer Besichtigung des Bundesta-
Jahren diverse Kampagnen entwickelt. So     ges, einem Vortrag zur Arbeitsweise des
gab es Projekte, in denen Jugendliche mit   Parlaments, ist ein besonderes Highlight
Politiker_innen über jugendpolitische       das fest etablierte Treffen mit dem Esse-
Themen diskutieren konnten, Diskussio-      ner Abgeordneten. Das persönliche Ge-
nen und Gespräche im Zusammenhang           spräch ermöglicht den jungen Menschen
mit der Nutzung des „Wahl-o-Maten“          eigene jugendrelevante Themen anzu-
oder auch eine Sticker Kampagne zur         sprechen. Die direkte Konfrontation mit
Landtagswahl 2017. Diese griff die Werte    den Menschen, die hinter den in Berlin
der Arbeiter_innenbewegung auf und          getroffenen Entscheidungen stehen,
rief zur Wahlbeteiligung auf. Unterstützt   lässt oft sogar neue eigene Projektideen
durch einen Cartoon von Michael Holt-       entstehen, und regt an, sich im eigenen
Schulte erreichte unsere Facebook-Seite     direkten Lebensumfeld einzubringen.
so 66.338 Menschen, damit der erfolg-
reichste Post unseres Verbandes.            Des Weiteren nutzen wir die Zeit in
                                            Berlin natürlich auch bewusst dazu,
Ein wichtiges Element des „politischen      deutsche (und internationale) Geschich-
Empowerment“ unserer jungen Zielgrup-       te praktisch und aus verschiedensten
pe ist die jährliche Bildungsfahrt nach     Blickwinkeln hautnah zu erleben.

16
3.2.2. Sport-, freizeit- und erlebnispädagogische Angebote

Sport-, freizeit- und erlebnispädagogi-      Freizeit kann aus dem Blickwinkel sozia-   » den Team Spirit oder Gemeinschafts-
sches Angebot der Sport Jugend Essen         ler Arbeit noch deutlich mehr:               bezug erlebbar machen

Freizeit findet im sozialen Umfeld           » gruppendynamische Prozesse in            » Mitbestimmung und Engagement an-
statt – in der Familie, in der Schule, der     Gang setzen                                kurbeln oder Empathie befördern.
Jugendgruppe oder dem Sportverein.
Freizeit in oder außerhalb von Frei-         » menschliche Interaktionen und            Das Outdoor-Klassenzimmer der Sport
zeiteinrichtungen ist keine Beschäfti-         partnerschaftliche Kommunikation         Jugend Essen wurde ausgehend von die-
gungstherapie, sondern ein geeignetes          beeinflussen                             sen Vorüberlegungen hin konzipiert. Es
Mittel für die gezielte Steuerung von                                                   ist als ein Baukastensystem zu verstehen.
Problemen und Prozessen von Erzie-           » Partizipation, soziale Orientierung      Einzelne Bausteine können genutzt oder
hung und Bildung. So dient Freizeit der        und gemeinsame Erfahrungen er-           in verschiedensten Variationen einge-
Selbstfindung und zugleich der Aneig-          möglichen sowie das Selbstbewusst-       setzt werden, um den Bedürfnissen der
nung von Fähigkeiten, Fertigkeiten und         sein und die individuelle Konfliktfä-    jeweiligen Gruppen gerecht zu werden.
Kenntnissen sowie sozialen, kulturellen        higkeit stärken
und kreativen Handlungskompetenzen,
deren lebenspraktischer Erprobung oder       » Phantasie und Kreativität entwickeln
dem Ausleben individueller Neigungen
und Bedürfnisse.                             » Bereitschaft zum Risiko erhöhen

                                                                                                                              17
Der Sport, vor allen Dingen der Aben-
teuer- und Erlebnissport, bietet den
Zielgruppen ein von vorn herein attrak-
tives Lern- und Übungsfeld. Wir nutzen
die sportlichen Elemente Kanu fahren,
Klettern, Bogenschießen sowie Vertrau-
ensspiele.

Diese stehen in hohem Maße für viel-
fältige Möglichkeiten der Selbsterfah-
rung in Bezug auf den eigenen Körper
(Entwicklungsstand, Geschlechtsspezi-
fik, Gesundheit, Körperbildung und
Körperpflege), als auch hinsichtlich      einen partizipieren am Outdoor-Klas-
sozialer Bezüge (zu Gleichaltrigen, in    senzimmer. In den Schulferien wird
der Gruppe, zu Erwachsenen und zu         aus dem Outdoor-Klassenzimmer ein
Personen unterschiedlicher kultureller    Angebot unter dem Titel Outdoor-Kids.
und sozialer Herkunft).
                                          Im Jahr 2019 wurde das Outdoor-Klas-
Kinder und Jugendliche brauchen           senzimmer an insgesamt 10 Terminen
eigene, positive Abenteuer und Erleb-     angeboten. Meist als Ganztagsangebot
nisse, durch die sie motiviert werden,    inklusive Verpflegung. Die Gruppenstär-
ihre Energien sinnvoll einzusetzen! Sie   ke liegt zwischen 20-30 Teilnehmenden.
werden nicht mit Übungen konfrontiert,
die nur ein Einzelner, womöglich mit      Das Alter der Kinder und Jugendlichen
sehr guten, sportlichen Eigenschaften,    variiert zwischen 8 und 16 Jahren. Die
lösen kann. Lösungsstrategien müssen      Geschlechterverteilung kann als ausge-
gemeinsam erarbeitet werden. Dabei        wogen bezeichnet werden. Auch Kinder
werden Fähigkeiten wie Kommunikati-       und Jugendliche mit Behinderung
on, Mut, Vertrauen, Selbstüberwindung     nehmen teil.
und Kreativität besonders gefördert und
geschult.                                 Das Outdoor-Klassenzimmer der Sport
                                          Jugend Essen wird auch von Schulen
Zielgruppen des Outdoor-Klassenzim-       oder anderen Jugendverbänden genutzt.
mers sind Kinder und Jugendliche, die     Es besteht bereits seit 1993.
i.d.R. als Klassenverband unser Angebot
wahrnehmen. Aber auch Kinder- und
Jugendgruppen aus anderen freien Ver-
bänden (z.B. BDKJ, Diakonie, AWO) wie
auch Teams aus den Essener Sportver-

18
3.2.3. Angebote der Partizipation
Falken – Partizipation

Jugendverbandsarbeit hat zum Ziel,          Gesellschaft sowie ungleichen Zugän-
die Beteiligung und Partizipation von       gen in die Schul- und Arbeitswelt. Hier
Kindern und Jugendlichen in der Gesell-     kommen Kinder und Jugendliche auf
schaft zu stärken. Dabei sind Beteiligung   freiwilliger Basis mit anderen und dem
und Verantwortungsübernahme zwei            Träger der jeweiligen Einrichtung in
Seiten einer Medaille.                      Kontakt. Sie bestimmen, ob und wie
                                            sie dabei sein wollen und übernehmen
Das Interesse dabei zu sein – zu partizi-   so Verantwortung für sich – aber auch
pieren – äußert sich schon in der Bereit-   bezüglich der Kontakte, die sie knüpfen.
schaft zur Teilnahme. Über die Dauer
der Teilnahme entwickeln sich die er-       In der Auseinandersetzung mit den
forderlichen Kompetenzen für Prozesse       jungen Besucherinnen beginnt für die
der Beteiligung und möglicherweise die      haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter_
Bereitschaft, Verantwortung zu über-        innen der Verbände und Einrichtungen
nehmen. Partizipation ist so Prozess-       ihre eigentliche Arbeit: die Förderung
merkmal von Bildungsprozessen, wie sie      der Entwicklung und der Selbstorganisa-
in informeller und non-formaler Art in      tion von Kindern und Jugendlichen.
der Jugendarbeit umgesetzt werden, ent-
sprechend ihrem gesetzlichen Auftrag        Basis ist die „Beziehungsarbeit“. Über
nach §11 SGB VIII.                          persönliche Gespräche gestalten, ent-
                                            wickeln und klären sich die Bezüge der
In den Angeboten und Einrichtungen          Heranwachsenden. Sie entwickeln Mei-
der Jugendverbände lernen Heran-            nungen, Haltungen, und Reaktionen,
wachsende, sich im Umgang miteinan-         erleben und verstehen Konsequenzen.
der zu orientieren, lernen Meinungen,       Das eigene Verhalten und Reaktionen
Interessen und Werte niederschwellig        darauf werden transparenter.
kennen, welche ihnen die Möglichkeit
geben eigene Haltungen und Stand-           So trägt die Jugendverbandsarbeit zur
punkte selbstbestimmt zu entwickeln.        Bildung einer starken, eigenen, positiv
Ausgangslage ist hier die Unterschied-      formulierten Identität über den Ge-
lichkeit der jeweiligen Lebenswelten der    brauch der eigenen Vernunft und das
jungen Menschen, häufig belastet von        Herausbilden von Verantwortungsbe-
ungleichen Zugängen zu Ressourcen,          wusstsein bei.
unterschiedlichen Teilhabechancen an
kulturellen und Bildungsangeboten der

                                                                                      19
Wichtig ist dabei immer auch die ge-    rechtlichen Aspekte der pädagogischen      strukturen und Gremienarbeit wird der
meinschaftliche Vereinbarung von        Arbeit müssen erworben werden. Die         reflektierte Umgang von eigenen und
Regeln, Umgangsformen und Angebo-       Gruppenleiterschulung der Juleica ist      gemeinschaftlichen Interessen immer
ten. In diesem Rahmen werden Aspekte    ein langjähriges Beispiel einer non-for-   wieder gefordert. Es gilt Informationen
von Partizipation wie Information,      malen Qualifikation. Innerverbandlich      weiter zu geben, Meinungen zu erfragen,
Anhörung und Einbeziehung bis hin zur   gibt es noch zahlreiche weitere non-for-   Standpunkte zu diskutieren und Ent-
Partizipation durch Mitbestimmung,      male Bildungsangebote, die sich über,      scheidungen zu treffen und zu erklären.
teilweiser Entscheidungskompetenz       Trainerausbildungen und verbandlich        Damit einher geht ein gesteigertes Maß
oder sogar Entscheidungsmacht er-       geprägte Bildungsseminare erstrecken.      an Verantwortungsübernahme – nicht
fahren und von den Heranwachsenden      Vielen dieser Ausbildungen liegen          nur für sich, sondern auch für die zu
praktiziert.                            Standards zu Grunde, die auch über den     vertretenden Gruppen, Gremien, Glie-
                                        eigenen Verband hinaus ihre Gültigkeit     derungen oder dem gesamten Verein
Ergänzt werden diese informellen        haben, andere haben ihren Geltungsbe-      bzw. Verband. Wer an dieser Form der
Bildungsprozesse über non-formale,      reich nur für den eigenen Verband.         Selbstorganisation Gefallen gefunden
verbindliche Angebote und Schulungen.                                              hat, entdeckt bei sich aber auch metho-
Pädagogische Methoden der Gruppen-      Damit ist das Ende der Partizipation       dische oder inhaltliche Grenzen und den
bildung, Konfliktlösung aber auch der   in der verbandlichen Kinder- und           Wunsch sich darin weiter entwickeln zu
Partizipation in der Gruppe wollen      Jugendarbeit aber noch nicht erreicht.     wollen.
gelernt werden. Kenntnisse über die     Insbesondere innerhalb der Verbands-

20
3.2.4. Geschlechterdifferenzierte Angebote
Evangelische Jugend: girlsdanceday

Geschlechtsspezifische Arbeit mit Mäd-    nen Körperinszenierungen die Freude       grafie, die die Gruppen am Ende des
chen hat in der Evangelischen Jugend      an der Bewegung, dem eigenen Körper       Tages den anderen Mädchen vorstellen.
eine lange Tradition. Auch wenn sich      entgegen. Hier begegnen sich Mädchen      So erleben sich die Mädchen unabhän-
die Lebenswelten, die Formate und die     aus verschiedenen Jugendgruppen und       gig von individuellen Voraussetzungen
Methoden verändert haben, geht es im      Jugendhäusern – auch trägerübergrei-      selbstwirksam.
Wesentlichen um Chancengerechtigkeit,     fend -, aus verschiedenen Kulturen,
Verselbstständigung, Selbstpositionie-    Religionen, Stadtteilen. Durch die Ko-    In der Mittagspause können die Mäd-
rung, Gleichberechtigung.                 operation mit einigen Förderschulen ge-   chen essen, chillen oder sich gegenseitig
                                          lingt hier auch eine Begegnung zwischen   fotografieren und das ausgedruckte Foto
Und um Spaß! Spaß heißt ausdifferen-      Mädchen ohne und mit Behinderung.         mitnehmen. Ein gemeinsamer Tanz zum
ziert: sich zu entwickeln, zu bewegen,                                              Abschluss und ein Gruppenfoto runden
zu experimentieren, zu posen und zu       Der girlsdanceday ermöglicht das          den Tag ab.
positionieren, sich einzumischen, sich    Ausprobieren diverser Tanzstile wie
als wirksam zu erleben – und dies zu-     Hip-Hop, Streetdance, Bauchtanz oder      Seit zwei Jahren gibt es auf Wunsch der
sammen mit anderen.                       Linedance. Das Angebot verändert sich     Jungen einen boysdanceday, der ähn-
                                          in jedem Jahr.                            lichen Strukturen folgt.
Der girlsdanceday findet einmal im Jahr
statt. Er setzt den vorhandenen Schön-    Die Workshopleiterinnen erarbeiten mit
heitsidealen und den damit verbunde-      den Mädchen spielerisch eine Choreo-

                                                                                                                          21
3.2.5. Gewaltpräventive Angebote
AKJ: Ausbildung zum_r Deeskalationstrainer_in

Als Schulungsangebot zur frühzeiti-        werden, deeskalierende Trainings im      verschiedene Wahrnehmungs- und
gen Prävention von Gewalt bietet der       eigenen Arbeitsfeld durchzuführen.       Kommunikationsübungen sowie einer
Arbeitskreis Jugend Essen in Koopera-                                               individuellen Rückmeldung die Kom-
tion mit dem Paul-Gerlach-Bildungs-        In wechselnden Lehr- und Fremdtrai-      munikations- und Empathiefähigkeit
werk und der Gewaltakademie Villigst       nings durch ausgebildete Trainer_innen   der einzelnen Personen gefördert.
eine Ausbildung zum/zur Deeskalations-     der Gewaltakademie sowie regelmä-
trainer_in für Multiplikator_innen an.     ßigen Treffen der Ausbildungsgruppe      Am Ende der Ausbildung steht die Zer-
An der Ausbildung nehmen 20 haupt-         werden den Teilnehmenden durch ver-      tifizierung zum_r Deeskalationstrainer_
berufliche sowie ehrenamtliche Multipli-   schiedenste praktische Übungen nicht     in, für die die Teilnahme an allen Lehr-
kator_innen von verschiedenen Trägern      nur didaktisches und methodisches        und Fremdtrainings, die erfolgreiche
der Essener Jugendarbeit teil.             Grundwissen vermittelt, sondern auch     Durchführung eines Mustertrainings
                                           die Wahrnehmung von körperlicher und     sowie das Verfassen einer Dokumenta-
Die einjährige Ausbildung findet berufs-   seelischer Gewalt. Eigene körperliche    tionsmappe Voraussetzung sind.
begleitend statt und dient unter ande-     und seelische Grenzen werden geschult
rem dazu, das eigene Konfliktverhalten     und in Bezug auf Rassismus und Dis-      Die Multiplikator_innen sind damit be-
besser zu reflektieren, die erlernten      kriminierung sensibilisiert. Um über-    fähigt, in ihrer eigenen Arbeit Trainings
Methoden im pädagogischen Alltag           haupt das Entstehen von körperlicher     mit Jugendlichen durchzuführen, die
einzusetzen und in die Lage versetzt zu    Gewalt zu verhindern, werden durch       sich mit Fragen von Mobbing, Rassis-
                                                                                    mus, Gewalt, Ausgrenzung aber auch ge-
                                                                                    meinsamen Regeln, Wertvorstellungen
                                                                                    etc. befassen.

22
3.2.6 Interkulturelle Angebote
Gedenkstättenfahrt der Evangelischen Jugend in Kooperation mit der Alevitischen Jugend

Im Frühjahr 2018 führten die Aleviti-      Nicht-Mitmachen.“                             Der Besuch des Lagers Auschwitz er-
sche Jugend und Evangelische Jugend                                                      schütterte die Gruppe zutiefst. Die päd-
gemeinsam eine Interkulturelle und         Krakau, eine Stadt geprägt von 1000jäh-       agogische Gestaltung der Ausstellungen
überverbandliche Gedenkstättenfahrt        riger Toleranz, bot mit der Geschichte        im Lager bewirkte, dass die Teilnehmer_
nach Krakau und Auschwitz durch.           des Krakauer Ghettos, mit der „Schind-        innen nicht von der Masse der Opfer
                                           ler-Fabrik“ und dem KZ Plaszow eine           abgestoßen wurden, sondern das einzel-
Die alevitischen Jugendlichen hatten       erste Erfahrung: Wie sieht Leben in Aus-      ne Opfer in den Relikten und Bildern
gezielt diesen Wunsch geäußert. Hinter-    grenzung aus, Schicksale der Menschen         wahrnehmen konnten. Sie konnten den
grund: Als Aleviten fühlen sie sich in     in einer Stadt, in der sie nicht mehr als     gequälten Menschen erkennen, konnten
der Türkei immer noch benachteiligt,       Menschen zählen. Die Stadtführung             Mitleid empfinden, litten mit.
auch ihnen gegenüber gab es Übergriffe.    durch einen Mann, der den Bogen
Der Feuertod von 39 Künstler_innen in      schlagen konnte vom Ghetto 1943 zum           Es dauerte einige Zeit, bis sie sich davon
Sivas 1993 ist eine traumatische Über-     Dharfour, nach Afghanistan und die            erholen konnten. Einige drängte es zu-
lieferung in den Gemeinden.                Flüchtlingslager des Südsudan, war für        nächst weg, tobten sich aus, und ließen
                                           alle sehr eindrucksvoll.                      es erst nach und nach an sich heran,
Ihr Interesse entsprach dem, was
Adorno in „Erziehung nach Auschwitz“
schrieb:

„Man muss die Mechanismen erken-
nen, die die Menschen so machen, dass
sie solcher Taten fähig werden.“ Diese
finden sich nicht nur im Sozialen und
Ökonomischen, sondern auch in der
Psyche der Menschen, auf die Pädago-
gik einwirken kann. „Erziehung wäre
sinnvoll überhaupt nur als eine zu
kritischer Selbstreflexion.“- dazu, dass
die Menschen in der Lage sind, das
eigene Erlebte und Erfahrene auch gegen
gesellschaftliche Zwänge zu behaupten.
Und damit Autonomie zu entwickeln,
„Die einzig wahrhafte Kraft gegen das
Prinzip von Auschwitz, … die Kraft zur
Reflexion, zur Selbstbestimmung, zum

                                                                                                                                 23
andere waren für den Rest des Tages       diese Inschrift fertigenden Gefangenen.    Fotos in ihrer Betroffenheit machen
recht schweigsam.                         „Indifference kills“ lautet die Aussage    durfte. In Zusammenarbeit mit den
                                          auf dem Plakat zu dieser Verleihung.       Teilnehmenden wurde daraus eine be-
Ergebnisse: Die Teilnehmenden haben       Die Augen schließen vor dem Elend der      eindruckende Ausstellung, die bereits
sich vor allem drei Fragen gestellt:      Anderen macht zu Mittäter_innen.           mehrfach öffentlich gezeigt wurde.

» Wie kann es sein, dass man zum          Die Frage, ob sie, unsere Teilnehmer_in-
  Täter wird?                             nen, damals gegen den Schrecken der
                                          Nationalsozialist_innen aufgestanden
» Würde ich einfach mitmachen?            wären, beantwortete keiner der Teilneh-
                                          mer_innen im Interview leichtfertig.
» Würde ich es einfach zulassen?
                                          Unsere Fahrt stand unter dem Motto:
Seit 2011 verleiht das Auschwitzkomitee   „Geh-denken“, und am Ende ist deutlich,
eine Auszeichnung, ein umgedrehtes        dass Gedenkstättenfahrten die Teilneh-
großes „B“. In der Inschrift, „Arbeit     mer_innen zum Denken bringen.
macht frei“ ist der Buchstabe B eben-
falls umgedreht. Gewertet wird das als    Die Fahrt wurde von einem Fotografen
Zeichen des Widerstandes durch den,       begleitet, der von den Teilnehmenden

24
3.2.7 Medienbezogene Angebote
Falken: Mediale politische Bildungsarbeit

Die Angebote der Kinder- und Jugend-         Ausgangslage:                              Mit unserem Geocaching-Spiel wollen
förderung erfüllen einen eigenständigen                                                 wir die Erinnerung an die dunkelste
Bildungsauftrag.                             Die Erziehung zum Antifaschismus stellt    Zeit der deutschen Geschichte wach-
                                             eine wesentliche Säule in unserer Werte-   halten. Wir greifen dabei auf Unterlagen
Kinder- und Jugendverbandsarbeit mit         orientierung und damit auch unserer        zurück, die der langjährige Beauftragte
ihren historisch gewachsenen Freizeit-       Bildungsarbeit dar. Diese Wertevor-        für politische Bildung des Jugendamtes,
und Lernorten und -angeboten in den          stellung versuchen wir jugendlichen        Horst Zimmer, erarbeitet hat.
Sozialräumen tragen zum gelingenden          Zielgruppen näher zu bringen. Angebote
Aufwachsen von Kindern und Jugend-           sind Beispielsweise das jährliche „Rock    Hinter unscheinbaren Häuserfassaden,
lichen bei und sind daher Teil einer viel-   gegen Rechts!“ im Vorfeld des Gedenkta-    auf verwilderten Friedhöfen, an wenig
fältigen Bildungslandschaft. Subjektori-     ges der Reichspogrome, Gedenkstätten-      befahrenen Straßen und im Pflaster
entierte Bildung stellt die anerkennende,    fahrten, Beteiligung an Demonstrationen    der Fußgängerzonen verstecken sich
wertschätzende, respektvolle Haltung in      gegen Rechts, Erstellung von Flyern und    zahlreiche Geschichten aus der Zeit der
der Beziehung als Grundvoraussetzung         Merchandising-Artikeln aber auch „Das      Verfolgung Andersdenkender und des
für gelingendes Lernen in den Vorder-        antifaschistische Geocaching der Essener   Widerstandes auch über die NS-Zeit
grund. Es geht darum Jugendliche als         Falken“:                                   hinaus. Die Gegnerinnen und Gegner
Akteur_innen und Expert_innen ihrer          „www.schlauer-statt-rechts-essen.de“       Hitlers riskierten ihr Leben, um dem
Lebenswelt einzubeziehen und den                                                        Faschismus etwas entgegenzusetzen.
politischen Jugendverband, Politik und                                                  Viele von ihnen erlebten das Kriegsende
Gesellschaft zu dem in Bezug zu setzen,                                                 1945, die Befreiung Deutschlands durch
was junge Menschen erwarten und                                                         die Alliierten, nicht mehr.
wollen. Bildungsarbeit ist immer auch
Beziehungsarbeit.

                                                                                                                              25
Mit der medienbezogenen Spielform           Scanner öffnet sich dann eine Webseite      3. Schritt – eine wichtige
eines Geocaching Spieles wollen wir         mit Informationen über diesen Ort und       Entscheidung
insbesondere junge aber auch ältere         das, was dort geschehen ist. Diese Infor-
Menschen dazu einladen diese Men-           mationen enthalten zwei Aufgaben, von       Damit das Spiel nicht verfälscht und
schen, ihr Leben und ihre Geschichten       denen die Gruppe eine auswählt und vor      missbraucht werden kann, wurde
neu zu entdecken.                           Ort umsetzen soll. Tests mit verschiede-    es nicht online für die allgenmeine
                                            nen Gruppen zeigten schnell, dass neben     Nutzung freigegeben. Das macht es
1. Schritt – mit welchen Medien soll        dem medialen Interesse auch Interesse       erforderlich, dass jedes Spiel einzeln vor-
gespielt werden?                                                                                       bereitet werden muss und
                                                                                                       die erforderlichen Caches
Eine Arbeitsgruppe wählte                                                                              versteckt werden.
aus dem vorhandenen
Material und Unterlagen                                                                               Anfragen in der Erpro-
des Hauses der Essener                                                                                bungsphase von anderen,
Geschichte 34 Gedenkorte                                                                              auch Erwachsenengrup-
aus. Sie erstellten passende                                                                          pen bestärkten uns darin
Kurzbeschreibungen, die                                                                               das Spiel nicht exklusiv
auf der Webseite  im Internet prä-                                                                              nutzbar.
sentiert wurden. Es sollten
Tablets und Handys zum
Einsatz kommen, sowie
einige kostenlose Apps
genutzt werden.

2. Schritt – pädagogische
Hintergedanken

Das Spiel sollte in Klein-
gruppen gespielt werden.
Nach einer kurzen Ein-
führung in die vorhandene
Technik konnte es losgehen. Schon die       an Geschichte und politischer Bildung
Verständigung wie man sich zu dem           niederschwellig geweckt wurde. Der
Ort navigieren lässt, führt innerhalb der   Grad der Intensität sich mit dem erwor-
Gruppe zu einem Austausch im Umgang         benen geschichtlichen Wissen weiter zu
und Nutzung mit den Medien. Vor Ort         beschäftigen, ist bei den Gruppen zwar
muss dann ein Cache (ein kleines Ver-       unterschiedlich, die Resonanz allerdings
steck) gefunden werden, das einen QR-       ist durchweg positiv.
Code enthält. Mit einem entsprechenden

26
3.2.8 Inklusive Angebote
Evangelische Jugend: Inklusive Bildungsarbeit

Kinder- und Jugendliche mit Behin-          Die Buschhütte gestaltet offene, inklusi-   Freizeit- und Sportaktivitäten teilneh-
derung leben oftmals in einer eigenen       ve Freizeit- und Kulturarbeit für Kinder,   men können,“ Art. 30, Abs. 5.d der UN
Lebenswelt, geprägt von heilpädagogi-       Jugendliche und junge Erwachsene mit        Konvention.
schen Kindergärten, Förderschulen und       und ohne Behinderung im Alter von 6
diversen Therapiearten. Viele haben         bis 27 Jahren und geht immer wieder         Jugendverbände mit ihren offenen und
wenig bis keine sozialen Kontakte außer-    neue Wege.                                  ihren gruppenbezogenen Angeboten
halb der Schule, manche sind ganz gut                                                   sind hierfür bestens geeignet. Sie bieten
im Wohnumfeld integriert. Von dieser        Sie setzt damit die Vorgaben aus der        einen idealen Ort für ein zwangloses
Lebenswelt aus gilt es sie abzuholen.       UN-Konvention für die Rechte von            Zusammentreffen. Im Gespräch mit
Oft suchen Eltern händeringend nach         Menschen mit Behinderung um, die            Mitarbeiter_innen können Eltern ihre
sozialen Kontakten für ihre Kinder.         seit dem 26.02.2009 auch in Deutsch-        Ängste ansprechen und Mitarbeiter_in-
Aber die Erfahrungen zeigen auch, dass      land vorschreibt, „dass Kinder mit          nen können den Assistenzbedarf der
gerade sie Angst haben, dass ihre Kinder    Behinderungen gleichberechtigt mit          behinderten Heranwachsenden ein-
nicht ausreichend versorgt werden oder      anderen Kindern an Spiel-, Erholungs-,      schätzen. Die angehenden Besucher_in-
auch ausgegrenzt, wenn nicht sogar
verletzt werden könnten. Wo könnte ihr
Kind seine Freizeit verbringen, wie seine
Ferien?

Seit 1985 betrieb der Kirchenkreis Essen
in Essen Steele einen Treffpunkt vorran-
gig für geistig- und mehrfachbehinderte
Kinder, Jugendliche und junge Erwach-
sene, die aus dem gesamten Stadtgebiet
Essen kamen. Mit der Übernahme durch
die Evangelische Jugend ab 1990 bekam
der integrative und stadtteilbezogene
Aspekt der Arbeit immer mehr Be-
deutung in der Konzeption und in der
praktischen Umsetzung. Dies wurde und
wird kontinuierlich weiterentwickelt,
sodass die Arbeit in dem jetzt „Busch-
hütte“ genannten Treffpunkt inzwischen
als fast inklusiv bezeichnet werden kann.

                                                                                                                               27
Sie können auch lesen