ZUKUNFT FINDET STADT - WIRKommunalen 1/21 - Netzwerk Junge Bürgermeister*innen
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NETZWERK JUNGE BÜRGERMEISTER*INNEN eigenständiges Netzwerk unter dem Dach des Innovators Club des DStGB WIRKommunalen Magazin der Jungen Bürgermeister*innen 1/21 ZUKUNFT FINDET STADT www.junge-buergermeisterInnen.de
A LT I G H CHH A ND NA E L ××× … ein großer Schritt für weltweit faire Arbeitsbedingungen LN NA UNAL MU KO M M M Kreise, Städte und Gemeinden leisten mit dem Einkauf fair produzierter Waren einen KO AL GLOB IERT positiven Beitrag für Umwelt- und Sozialstandards und zur globalen Nachhaltigkeit. EN G ENGA Die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt berät, fördert und vernetzt bei der Um- AG TR ××× setzung von kommunalen Maßnahmen für Fairen Handel und Faire Beschaffung. GL O G BA L UN V E R A T W O RT N Wir beraten Sie . Telefon: 0228 20 717-2670 . www.kommunal-global-engagiert.de mit ihrer
EDITORIAL Liebe jungen Bürgermeister*innen, liebe kommunalpolitisch Interessierte, nach wie vor befinden wir uns im Ausnahmemodus. Niemand weiß genau, wie wir, wie unsere Gemeinden, Städte und Landkreise aus der Pandemie herauskommen. Noch dis- kutieren wir vor allem über Impfreihenfolgen, Inzidenzen und Öffnungsstrategien, anstatt über Zukunftsprojekte. Es ist aber auch deutlich geworden: Corona ist eine Krise in der Krise. In vielen Bereiche, in denen wir vorher den Veränderungsdruck vielleicht noch nicht so sehr gespürt haben, stellen wir jetzt fest, dass die größten Versäumnisse schon lange vor dem März 2020 pas- siert sind. Wie unter einem Brennglas merken wir das jetzt im Schul- und Bildungsbereich, in unseren Innenstädten oder bei der Digitalisierung von Politik und Verwaltung oder im Gesundheitswesen. Hier sind zukunftsfähige Lösungen gefragt, und das ist auch die beste Prävention für neue Katastrophen. In der vorliegenden Ausgabe unseres Magazins soll es daher unter dem Titel „Zukunft findet Stadt“ um kommunale Zukunftsthemen gehen. Den größten Bezug zum Thema Corona hat noch das Grußwort, für das wir diesmal Bundesgesundheitsminister Jens Spahn gewinnen konnten (S. 4). Foto: Ingo Boelter / ASK.Berlin Ein wichtiges Zukunftsthema ist der Fachkräftemangel der öffentlichen Verwaltung, über den sich unser Sprecher Michael Salomo mit dem Chef des Bundesverwaltungsamtes aus- tauscht (S. 6). Kommunales Zukunftsprojekt ist auch die Digitalisierung. Marc Groß von der KGSt skizziert den aktuellen Stand der Umsetzung des Onlinezugangsgesetz (S. 8) und Julia Samtleben beschreibt, wie Ihre Kommune Stockelsdorf die Ratsarbeit digi- talisiert (S.10). Wir jungen Bürgermeister*innen wollen auch Vorbild für eine ideenreiche, zukunftsge- wandte Kommunalpolitik sein. Vieldiskutiertes Thema im Netzwerk ist auch das mitun- „Die größten Versäumnisse ter sehr negative mediale Bild des Bürgermeisters z. B. in Kinderbüchern. Kollege Martin Aßmuth hat sich über längst überholten Klischees Gedanken gemacht (S.16). Wichtig ist, sind schon lange vor dem sich aktiv um die Einbindung der Jugend zu bemühen. Wie das bei Kommunalwahlen gelingen kann beschreibt Justis Oblong vom TeamTomorow (S. 17). März 2020 passiert.“ Viel Spaß beim Lesen wünscht Henning He H nnin nn Witzel ing W Wiitzel Leiter Hau auptstadtbüro Netz au Hauptstadtbüro Netzwerk Junge Bürgermeister*innen IMPRESSUM Projektleitung und Redaktion: Henning Witzel (V.i.S.d.P.), Gero Fischer, ASK Agentur für Sales und Kommunikation GmbH, Bülowstraße 66, 10783 Berlin Anzeigen: Kerstin Böhm, ASK. Berlin, Layout: Janine Wagner, ASK. Berlin, Titelbild: Adobe Stock, Jürgen Fälchle Druck: Primus Print International GmbH, Hochstraße 14 – 56306 Dernbach, Erscheinungstermin: März 2021 WIRKommunalen 1/21 3
GRUSSWORT Liebe Leserinnen, liebe Leser, seit einem Jahr befinden wir uns im Dauer-Krisenmodus zur Bewäl- tigung einer Pandemielage, die für uns eine seit Jahrzehnten nicht gekannte Herausforderung darstellt. Die Bekämpfung dieser Pandemie fordert von uns Einschnitte und Maßnahmen, die zu Beginn 2020 nicht vorstellbar gewesen wären. Ein Jahr Corona-Krise hat uns aber auch vor Augen geführt, wie wichtig der familiäre und gesellschaftliche Zusam- Foto: BMG/Maximilian König menhalt ist. Wie entscheidend für das Bewältigen einer solchen Krise eine moderne sowie personell und strukturell gut aufgestellte öffentliche Verwaltung ist. Nicht allein in den Bundesministerien, sondern auf allen Ebenen: Bund, Land und im Besonderen in den Städten und Gemeinden. Niemand ist im täglichen Verwaltungshandeln näher dran an den Bürger- Jens Spahn innen und Bürgern, als Sie es sind. Ich möchte daher diese Gelegenheit nutzen und Ihnen sowie Ihren Mit- arbeiterinnen und Mitarbeitern in den Städten und Gemeinden meinen Dank für Ihren besonderen Einsatz zur Bewältigung dieser Pandemie aussprechen. Handlungsfähige Kommunen sind der Schlüssel für eine von den Bürger- innen und Bürgern geschätzte Verwaltung und zur Überwindung auftre- tender Krisen. Aus diesem Grund freut es mich besonders, dass der Bun- desregierung mit den Ländern im letzten Jahr gelang, einen Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst zu vereinbaren. Der Bund stellt ab die- sem Jahr über sechs Jahre hinweg vier Milliarden Euro für mehr Perso- nal, die Digitalisierung und moderne Verwaltungsstrukturen im öffentli- chen Gesundheitsdienst in ganz Deutschland zur Verfügung. Wir wollen die Corona-Krise nicht nur irgendwie überstehen. Wir wollen daraus lernen und den öffentlichen Gesundheitsdienst so aufstellen, dass er für künftige Pandemien gerüstet ist. Aber die anstehenden Herausforderungen der vor uns liegenden Jahre werden uns nicht nur auf diesem Gebiet fordern. Deshalb braucht es junge, andere Perspektiven, um die öffentliche Verwaltung fit für die Zukunft zu machen. Mit Ihrem Netzwerk „Junge Bürgermeister*innen“ legen Sie selbst den Grundstein dafür, dass dies gelingen kann. Ich wünsche Ihnen und Ihrer Ideenschmiede für eine moderne Verwal- tung viel Erfolg und zähle auf Sie, gemeinsam unseren Staat fit für die Zukunft zu machen. Ihr Jens Spahn Bundesminister für Gesundheit Mitglied des Deutschen Bundestages 4 WIRKommunalen 01/21
ÜBER UNS WARUM WIR DABEI SIND Stefanie Seiler Oberbürgermeisterin der Stadt Speyer Foto: Stadt Speyer/Klaus Landry „Für mich ist es wichtig, sich mit Gleichgesinnten offen austauschen zu können. Das hängt weniger damit zusammen, dass junge Menschen an der Stadtspitze weniger Erfahrung haben, sondern damit, dass wir geübte Verwaltungspraxis öfter hinterfragen und offen für Neues sind. Es ist der Austausch von Ideen, der so wichtig und wertvoll für meine Arbeit ist.“ Marco Diethelm Bürgermeister der Gemeinde Herzebrock-Clarholz „Die Kommunen werden mit immer umfassenderen Herausforderungen konfrontiert. Dafür wünsche ich mir natürlich die bestmögliche Lösung. Das Netzwerk bietet hier eine hervorragende Plattform, denn nahezu jedes Problem wurde bereits irgendwo gelöst. Gemeinsam können wir jungen Bürgermeister*innen Foto: Stephan Minx mehr erreichen und auch neue Lösungen finden.“ Antonia Walch Bürgermeisterin der Gemeinde Sternenfels „Als Bürgermeisterin trägt man hohe Verantwortung: gegenüber den Bürgern, für die bestehende Infrastruktur im Ort, dem Gemeinderat, aber auch gegenüber den eigenen Mitarbeitern. Das sind viele Foto: Matthias Bitsch Themenfelder mit ureigenen Problemen. Vom Netzwerk verspreche ich mir den Austausch mit anderen jungen Bürgermeister*innen, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen.“ Raphael Wardecki Bürgermeister der Gemeinde Ostseebad Boltenhagen „Als junge Bürgermeister*innen stehen wir vor einer Vielzahl an Aufgaben, Fragestellungen und auch Herausforderungen. Diesen Beruf kann man nicht erlernen; man kann Fähigkeiten mitbringen und auch Foto: Ulrike Pawandenat den Vertrauensvorschuss gewinnen, doch am Ende des Tages kommt es auf Erfahrungsaustausch und Synergien bei neuen Ideen an. Dieses Netzwerk trägt da zu einem wichtigen Teil bei und ich bin froh so empathische Mitstreiter*innen kennenzulernen.“ Peter Reiß Oberbürgermeister der Stadt Schwabach „Egal ob städtische oder ländliche Kommune – die Herausforderungen des täglichen Lebens aller Menschen beginnen und liegen vor Ort. Umso wichtiger ist es, dass sich Städte und Gemeinden vernetzen und Ideen austauschen, wie sich diese meistern lassen. Eine deutschlandweit aktive, überparteiliche Plattform Foto: Stephan Minx bietet dafür ein hervorragendes Netzwerk.“ WIRKommunalen 1/21 5
PERSONAL- MANAGEMENT „DIE LÜCKEN WERDEN IMMER GRÖSSER“ Doppelinterview mit Christoph Verenkotte, Präsident des Bundesverwaltungsamtes, und Michael Salomo, Bürgermeister der Gemeinde Haßmersheim, über fehlendes Personal in Behörden und die Folgen. Herr Verenkotte. Sie leiten das Bundes- Herr Salomo. Sie sind Sprecher und Initiator Das BVA ist mit 150 Aufgaben und 23 verwaltungsamt. Welche Rolle spielt Ihre des „Netzwerk Junge Bürgermeister*innen“. Standorten in Deutschland ein attraktiver Behörde auf Bundesebene für die Nach- Welche Ziele verfolgt Ihr Netzwerk? Arbeitgeber. wuchskräftegewinnung im öffentlichen Dienst? Salomo: Wir sind ein bundesweiter partei- Durch den demographischen Wandel und übergreifender Zusammenschluss aktiver den Fachkräftemangel stehen allerdings alle Verenkotte: Das Servicezentrum Personal- Bürgermeister unter 40 Jahren. Unser Ziel Behörden vor schwierigen Aufgaben. Wir gewinnung (SZP) im BVA unterstützt Bun- ist es, aktuelle Herausforderungen anzuspre- konkurrieren mit der Privatwirtschaft um desbehörden seit mehr als einem Jahrzehnt chen und Lösungen zu erarbeiten. Hierzu gut ausgebildete Beschäftigte. Die Aufga- bei Personalgewinnungsmaßnahmen. Wir gehört der Austausch untereinander aber ben, die uns die Gesetzgeber übertragen, helfen Nachwuchskräfte zu finden. Wir auch die klare Kommunikation von Miss- wachsen. Der Personalkörper wächst aber betreuen Ausschreibungen für Verwaltungs- ständen an politisch Verantwortliche. nur sehr punktuell und die Lücken werden fachangestellte, Fachinformatikerinnen und immer größer. Bereits vor vier Jahren habe -informatiker oder den Ausbildungsberuf Herr Verenkotte, laut einer McKinsey Studie ich darauf hingewiesen. Kaufmann bzw. Kauffrau für Büromanage- werden im Öffentlichen Dienst bundesweit Die Automatisierung und konsequente ment. Wir kooperieren mit Hochschulen, im Jahr 2030 etwa 730.000 Stellen unbe- Digitalisierung aller Verwaltungsprozesse von Dualen Verwaltungswirtschaftsstudi- setzt sein, davon sind ca. 400.000 Stellen – auch unter Einsatz künstlicher Intelli- engängen über Technische Informatik bis im gehobenen und höheren Dienst. Wie genz – muss daher schneller vorankommen Kommunikationstechnik. Wir veröffentli- entwickeln sich die Zahlen in Ihrer Behörde in Deutschland. Als Bundesverwaltungs- chen Ausschreibungstexte und organisieren bis 2030? amt gehen wir bei der Digitalisierung in vie- Auswahlverfahren. len Projekten voran. Alle merken indes, wie Das BVA ist auch selbst Einstellungs- und Verenkotte: Innerhalb der nächsten zehn wenig in den letzten Jahren investiert wurde. Ausbildungsbehörde für den mittleren nicht- Jahre wird ein Drittel der Beschäftigten des Wir brauchen nach der Bundestagswahl ein technischen Dienst in der Bundesverwal- BVA in Ruhestand gehen, in den nächsten großes Investitionsprogramm für die Digi- tung. Wir versorgen Bundesministerien und 15 Jahren scheidet mehr als die Hälfte der talisierung der Verwaltung in der Tiefe. Das -behörden mit Nachwuchsbeamtinnen und rund 6.000 Beschäftigten aus. 3-Milliarden-Programm zur Umsetzung des -beamten auf der Ebene der Bürosachbear- OZG kann nur ein Anfang sein, sonst ver- beitung. Das BVA tritt dazu auch bei Ausbil- lieren wir in Deutschland den Anschluss. dungs- und Studienmessen auf. Auch die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen muss neu gedacht werden. Herr Salomo, sehen Sie die Handlungs- fähigkeit der Kommunen in Gefahr? Salomo: Bereits heute sind laut dbb Beam- tenbund und Tarifunion rund 185.000 Stel- len bundesweit unbesetzt. Allein die 1.101 Gemeinden in Baden-Württemberg kämpfen bereits um die besten Köpfe. Große Städte bieten Fachhochschulabsolventen bereits nach dem Studium A 14 oder A 15 Stellen an. Gerade kleinere Kommunen kommen ins Hintertreffen. Rund die Hälfte der Gemein- den besitzen weniger als 5.000 Einwohner, dies hat zur Konsequenz, dass Amtsleiter auf dem Land selten höher als A 13 eingrup- piert werden können. Somit greifen die gro- ßen Städte den Nachwuchs bereits nach dem Foto: Bundesverwaltungsamt Studium ab. Christoph Verenkotte ist seit dem 1. März 2010 Präsident des Bundesverwaltungsamtes. 6 WIRKommunalen 01/21
PERSONAL- MANAGEMENT Dies wird unweigerlich dazu führen, dass Verwaltungsgemeinschaften gegründet wer- den müssen oder kleinere Kommunen ein- gemeindet werden. Letzteres bedeutet eine versteckte Gemeindereform seitens der Lan- desregierung, da die Kommunen den Dienst- betrieb mit wachsender Zuständigkeit Michael Salomo nicht mehr aufrechterhalten können. Somit ist Sprecher des Netzwerks Junger Bürgermeister*innen und seit 2014 Bürgermeister der Gemeinde Haßmersheim im Neckar- Foto: Irena Klinger geht der Service für die Bürger als auch die Gewerbetreibenden in der Fläche verloren. Odenwald-Kreis. Damals war er mit 25 Jahren der jüngste hauptamtliche Bürgermeister in Deutschland. Wie kann aus Ihrer Sicht ein Ausbildungs- beruf im öffentlichen Dienst für junge Leute wieder attraktiver gemacht werden? ANZEIGE Verenkotte: Grundsätzlich werden wir als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen. Wir bieten flexible Arbeitszeiten, mobiles Arbeiten und eine sehr gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Ein umfassendes Fortbildungsangebot, Aufstiegsmöglichkei- ten – das macht uns für junge Menschen Alle reden. interessant. Glücklicherweise wollen viele Über Digitalisierung, über Breitband, über junge Menschen auch Verantwortung für unsere Gesellschaft übernehmen: die smarte Cities, über die Zukunft, über ... Zukunft unseres Landes aktiv mitgestal- ten. Die Rahmenbedingungen aber müssen wir dringend den Erfordernissen einer sich wandelnden und digitalisierten Gesellschaft Wir machen. anpassen. Einzelne Gesetzesänderungen rei- chen da nicht. Wir arbeiten da gerne mit. Und kümmern uns um den Glasfaseraus- bau. Auch in Ihrer Region. Welche Lösungsansätze sehen Sie, Herr Salomo? Salomo: Das Land Baden-Württemberg Echte FTTH-Glasfaser. sollte die Ausbildungszahlen an den Fach- hochschulen des Landes deutlich erhöhen. Für die Zukunftssicherheit unserer Des Weiteren müssen Weiterbildungen für Kommunen. Quereinsteiger konzipiert und flächende- ckend angeboten werden. Der Öffentliche Dienst als Rückgrat der Gesellschaft hat Jetzt informieren! die komplexe Verantwortung der Daseins- deutsche-glasfaser.de/kommunen fürsorge. D.h. öffentliche Sicherheit, Kran- kenhäuser, Schulen etc. aufrecht zu erhalten und globalen Herausforderungen, wie dem Klimawandel, der Pandemie oder der Digita- lisierung, gerecht zu werden. WIRKommunalen 1/21 7
DIGITALE KOMMUNE ES BRAUCHT EINEN WANDEL Aktuelle OZG-Umsetzung hat nur wenig mit einer richtigen Digitalisierung zu tun 2017 wurde es beschlossen: Das Online- Zugangsgesetz (OZG). Es verpflichtet Bund, Länder und Kommunen bis Ende 2022 den Zugang zu 575 Verwaltungsleistungen online anzubieten. Eine Mammutaufgabe! Die süßen Früchte des OZG locken sehr. Würden wir sie ernten können, könnten wirkliche Mehrwerte für die Bürger:innen, Unternehmen und für die Verwaltungen selbst erzielen. Gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels könnten Städte, Kreise und Gemeinden durch effizientere nutzerzentrierte Prozesse eine hohe Dienst- leistungsqualität sicherstellen und ihre Mit- arbeitenden entlasten. Quelle: https://bit.ly/3exLIob Hätte, würde, könnte. Das positive zu Beginn Das OZG hat eine große Dynamik in die Diskussion rund um die Verwaltungsdigi- Vorbereitungs-Stand auf technische Umsetzung (Stand: 26. November 2020) talisierung gebracht. Ob das auch auf die Umsetzung zutrifft, ist eine andere Frage. Außerdem gibt es sehr viele hoch motivierte Außerdem wurden die Teilnehmenden gen bereitgestellte Onlineservices in der Menschen, die seit Jahren an der Umset- gefragt, welches Wort die aktuelle Gemüts- Praxis immer wieder auf unterschiedliche zung der Digitalisierung der Verwaltung lage zum OZG am treffendsten beschreibt. kommunale Fachverfahren und E-Govern- arbeiten und schon sehr gute Lösungen auf Auch hier war das Ergebnis ernüchternd: ment-Portaltechnologien treffen. Diese den Weg gebracht haben - und das trotz der Chaos, Unsicherheit, Verwirrung, Zeit- müssen, wenn die aktuellen Rahmenbe- anspruchsvollen Wesenszüge der öffentli- druck und Verzweiflung waren die zentralen dingungen bleiben, jeweils neu individuell chen Verwaltung. Das ist eine tolle Leistung Begriffe. implementiert werden. Um dem entgegen- und muss gewürdigt werden. zuwirken, braucht das EfA-Prinzip offene Schaut man zudem flüchtig auf das Standards und Schnittstellen, um eine Inte- OZG-Dashboard des Bundesministeriums Beispiel EfA – roperabilität sicherzustellen. Diese sind auch des Innern nimmt man ebenfalls einen posi- von Kommunen konsequent einzufordern. tiven Stand der OZG-Umsetzung wahr. das Einer-für-Alle-Prinzip Zu bedenken ist dabei auch, dass Leis- Über 50 Prozent der 575 Verwaltungsleis- tungen, die im Kontext von Bundes-Aufga- tungen sind bereits online. Schaut man aller- Die beschriebene Stimmungslage lässt sich ben zur Erfüllung nach Weisung zu erbrin- dings genauer hin, trübt sich das positive wunderbar am aktuell diskutierten EfA- gen sind, in der Regel keinen oder nur einen Bild. “Verfügbar” bedeutet, dass eine Leis- Prinzip (Einer-für-Alle) festmachen. Die geringen kommunalen Bezug im Sinne der tung in mindestens einer Verwaltung online Idee dahinter: Bereits entwickelte Online- kommunalen Daseinsvorsorge haben. Auch angeboten wird. “Online” beschreibt ledig- Dienste können von anderen Ländern(!) wenn hier etwa Beratungsprozesse durch lich den Zustand, dass eine Leistungen digi- übernommen werden. den Bund in die kommunale Hand gelegt tal beantragt werden kann. Grundsätzlich ist das Prinzip eine gute wurden und diese vor Ort wirksam erbracht Sache. Wenn es sinnvoll, konsequent und werden, sind die „IT-Prozesse“, welche es couragiert umgesetzt wird, kann es den zur Leistungserbringung braucht sowohl Lange Rede, kurzer Sinn „technischen Wildwuchs“ und einer damit für Bürger:innen sowie Unternehmen als verbundenen Steuerungsüberforderung in auch für die Verwaltung nicht von beson- Betrachten wir es realistisch, werden wir die Kommunen, aber auch im gesamten födera- derem Gestaltungsinteresse. Eine jeweils mit dem OZG verbundenen Ziele bis Ende len System, entgegenwirken. Problematisch örtlich individuelle Bereitstellung der IT ist 2022 - wenn wir den Begriff Digitalisierung ist allerdings, dass es zu stark aus der Sicht nicht das gebotene wirksame Mittel. Für wirklich ernst nehmen - nicht erreichen. des Bundes und der Länder gedacht ist und die Nutzer:innen ist es i.d.R. nicht relevant, Das zeigt auch eine Umfrage unter den 300 die Nutzer-/ Bürgerorientierung zu wenig mit welcher Fachverfahrenssoftware und Teilnehmenden KGSt-Kongress “Digitale fördert. Es ist also zu stark angebots- und wo ihre Daten verwaltet werden – solange Kommune unplugged” (Ende 2020). Rund zu wenig nachfrageorientiert gestaltet. Wir sich insbesondere ihre personenbezogenen 85 Prozent der Teilnehmenden schätzen müssen uns immer vor Augen führen, dass Daten im geschützten öffentlichen Raum ihren Vorbereitungsstand im Bereich gering auch Kommunen Nutzerinnen des OZG sind! befinden. Die Bereitstellung dieser Fach- bis mittel ein. Hinzu kommt, dass selbst durch EfA-Lösun- verfahren ist in der digitalen Transforma- 8 WIRKommunalen 01/21
DIGITALE KOMMUNE tion nicht mehr kommunales Kerngeschäft gen. Es braucht ein Umdenken! Konsequent (es besteht kaum Gestaltungsfreiheit), son- angegangen könnten dann, über ein OZG dern eng mit der Auftragsangelegenheit des 2.0-Nachfolgeprojekt, endlich hochwertige Bundes verknüpft. Folglich ist die Online- nutzerzentrierte Online-Services entstehen, Umsetzung dieser übertragenen Aufgaben die den gängigen Standards großer digita- mit einer Fülle von immer wieder anderen ler Unternehmen in Nichts nachstehen. Und kommunalen Fachverfahren und immer wie- genau das muss doch unsere Service-Vision der neuen dezentralen Datenbeständen von für die Bürger:innen und Unternehmen vor keinem primären Interesse für das kom- Ort sein. munale Management. Ein Datenmanage- Damit das gelingt, braucht es zum Bei- ment ist in den Kommunen vor Ort sicher- spiel bei Auftragsangelegenheiten des Bun- zustellen. Kommunale Aufgabe ist es aber, des (in einem ersten Schritt) einheitliche diese Leistungen den Unternehmen sowie Fachverfahren und darauf basierende Ser- Bürger:innen über Online-Services zugäng- vices, die zentral im Auftrag des Bundes lich zu machen. Diese Services sind dann bereitgestellt werden. Das würde auch die unter der Maßgabe der Nutzerorientierung Registermodernisierung mit dem unverzicht- vor Ort zu gestalten. baren Once-Only-Prinzip wesentlich einfa- cher gestalten. Das Potenzial dafür hat die Foto: KGSt öffentliche Verwaltung, wenn sie ihre Kraft Was muss sich ändern? im föderalen System wirksam bündelt. Die aktuelle Ausrichtung des OZG hat bis- her nur wenig mit einer richtigen Digitali- Marc Groß sierung zu tun. Wir konzentrieren uns zu ist Programmbereichsleiter Organisations- und sehr auf den Service (das Frontend) und kön- Informationsmanagement bei der Kommunalen nen die unzähligen, in der Fläche vorhan- Gemeinschaftsstelle für kommunales Management (KGSt). denen Backend-Systeme nicht berücksichti- ANZEIGE INFRASTRUKTUR NEU DENKEN VINCI als Systemintegrator ist Ihr Technologie-, Bau- und Infrastrukturpartner, um den Wandel öffentlicher Räume smart und klimafreundlich zu gestalten Die vernetzte Baustelle, digitale Planungen und nachhaltige Infrastruk- turlösungen sind keine Zukunftsmusik – sie sind Grundlage für über 290.000 Projekte weltweit, die wir zur Verbesserung der Lebensqualität in über 120 Ländern planen, finanzieren, bauen und bewirtschaften. Als Gestalter der Energie- und Mobilitätswende sind für uns induktive E-Ladesysteme in der Straße ebenso selbstverständlich, wie Künstliche Intelligenz im Erhaltungsmanagement, Smart City-Anwendungen oder Lösungen für eine ressourcenschonende Gebäudesteuerung. Unsere Motivation ist, das Gemeinwesen zu stärken, die Umwelt zu schonen und Vorreiter beim Klimaschutz am Bau zu sein. www.vinci-deutschland.com WIRKommunalen 1/21 9
DIGITALE KOMMUNE DIGITALE RATSARBEIT IN STOCKELSDORF Ein Erfahrungsbericht über die Digitalisierung vor, während und nach Corona S chon seit Jahren schleppen die Stockels- für die Einzelabfrage durch den Ausschuss- Zuhause Kinder betreuen müssen. Darum dorfer Gemeindevertreter nicht mehr vorsitzenden. Dadurch dauern die Abstim- muss das Ziel sein, Sitzungen künftig auch ihre manilabraunen Briefumschläge mit mungen ein bisschen. Was gibt es noch zu Hybrid möglich zu machen. Allerdings müs- Sitzungsunterlagen mit sich rum, sondern bedenken? Dürfen Teilnehmer ihren Bild- sen dazu alle Gemeindevertreter*innen, ein Tablet mit einer Ratsinformationsapp. schirm schwarz schalten, wie gewährleistet Mitarbeiter*innen und Gäste zustimmen. Trotzdem: Als ich vor knapp drei Jahren man die Öffentlichkeit, was passiert, wenn mein Amt im Stockelsdorfer Rathaus antrat, beim nichtöffentlichen Teil zuhause jemand war darüber hinaus eigentlich alles analog. mithört? Hybride Angebote E-Mails wurden gedruckt, mit handschrift- lichen Notizen versehen und abgeheftet. sind die Zukunft Seitdem ist einiges passiert und das Gute Resonanz lag nicht nur an Corona. Wir Kommu- Hybridsitzungen haben wir bislang nicht nen haben in Richtung Digitalisierung eini- Der erste Livegang hat gut funktioniert. Wir forciert, weil unser Sitzungssaal zu klein ges zu stemmen. Da ist zum einen der 2017 streamen über einen externen Dienstleister für coronakonforme Ausschüsse ist und ausgerufene DigitalPakt, der uns als Schul- auf unserer Homepage und senden gleichzei- der alternative Sitzungsort - die Groß- träger vor die Aufgabe stellt in Zusammen- tig auf die Leinwand im Sitzungssaal. Dort sporthalle - keinen ordentlichen Internet- arbeit mit den Schulen die Voraussetzungen sind tatsächlich bei jeder Sitzung zwei Gäste zugang hat. Darum geht mir die Geset- für guten digitalen Unterricht zu schaffen. gewesen: Die Mitglieder vom Seniorenbei- zesänderung in Schleswig-Holstein auch Dann das Online Zugangsgesetz (OZG), rat; weil auf der Leinwand das Bild so schön noch nicht weit genug, wir müssten hybride daher alle Verwaltungsleistungen müssen groß ist. und digitale Ausschüsse immer zu lassen, bis Ende 2023 online möglich sein. Und zu Die Resonanz auf den Stream war gut. damit Gemeindevertreter*innen auch ohne guter Letzt die Frage, welche rechtlichen 50 bis 60 Follower hatten wir pro Sit- höhere Gewalt aus wichtigen Gründen auch Möglichkeiten wir Kommunen überhaupt zung. Zu einer normalen Sitzung kom- von zuhause teilnehmen können und alle haben, um den Breitbandausbau weiter vor- men vielleicht zehn Bürger*innen. Ich Bürger*innen jederzeit dem Stream folgen anzubringen. Um all das stemmen zu kön- fand es aber schon immer spannend, auch können. nen, musste Stockelsdorf erst Mal Personal aufbauen und Konzepte erstellen. Mitten in dieser Phase kam Corona. Im ersten Lock- down lief bei uns in den Schulen gar nichts digital. Ausschüsse haben wir ausfallen las- sen und uns nur auf wenige Gemeindevertre- tersitzungen beschränkt, die wir dann ohne lange zu reden oder zu diskutieren abgehal- ten haben. Allerdings gab es digitale Vorbe- ratungen per Videokonferenz. Irgendwann fanden dann alle Ausschüsse und Sitzungen in der Sporthalle statt. Konzept für Digitale Sitzungen Sobald es mit der Änderung des § 35a Gemeindeordnung möglich war digitale Foto: Gemeinde Stockelsdorf Ausschüsse abzuhalten, haben wir in Sto- ckelsdorf unsere Hauptsatzung entspre- chend angepasst. Seit dem 10. November dürfen wir online und digital tagen. Die letzte Gemeindevertretung im Jahr 2020 war trotzdem noch analog, aber wir haben Julia Samtleben macht es vor. Headset und Webcam gehört inzwischen wie selbstverständlich in jedes Bürgermeister*innen-Büro. mit Feuereifer an unserem Konzept für digi- tale Sitzungen gearbeitet. Inzwischen ist das Konzept alleine 40 Seiten lang. Es gab ein- Bürger*innen an den Sitzungen teilneh- fach viel zu bedenken: Wie stimmen wir ab? men zu lassen, die es nicht in den Sitzungs- Per „echtem“ Handzeichen, per digitalem saal schaffen. In Schleswig-Holstein bie- Julia Samtleben Handzeichen? Schied beides aus, weil man tet der Offene Kanal den Kommunen an, ist im März 2018 im Alter von 37 zur Bürgermeisterin bei 29 Teilnehmern nicht alle gleichzeitig im die Sitzungen live zu übertragen. Zum Bei- von Stockelsdorf gewählt worden. Bild haben kann. Also entscheiden wir uns spiel, weil sie noch bei der Arbeit sind oder 10 WIRKommunalen 01/21
FAIRER HANDEL „HAUPTSTADT DES FAIREN HANDELS“ Zehnte Ausgabe des Wettbewerbs hält Neuerungen parat Foto: Jörg Loeffke/Engagement Global Alle Gewinnerkommunen des Wettbewerbs 2019 D er Wettbewerb „Hauptstadt des Fairen gezeichnet, die sich für Fairen Handel und Handels“ geht 2021 in seine zehnte Runde! Für dieses kleine Jubiläum Faire Beschaffung einsetzen. Bewerben kann man sich sowohl mit langfristigen Maßnah- WAS UND WIE AUSGEZEICHNET WIRD hat sich die Servicestelle Kommunen in der men und Strategien als auch mit einzelnen Eine unabhängige Jury bestimmt alle zwei Einen Welt von Engagement Global zwei außergewöhnlichen Aktionen. Diese müssen Jahre die Preisträgerinnen und Preisträger Neuerungen ausgedacht: Erstmals können bei Einsendeschluss noch in der Umsetzung des Wettbewerbs. Die Kommune, die die neben Städten und Gemeinden auch Land- oder abgeschlossen sein, dürfen aber nicht besten und kreativsten Projekte präsentie- kreise am Wettbewerb teilnehmen. Eine länger als fünf Jahre zurückliegen. Es gilt ren kann, wird zur „Hauptstadt des Fairen weitere Neuerung ist das Online-Bewer- der Stichtag 1. Januar 2016. Bis zu 40 Pro- Handels ” gekürt. Dazu verleiht die Servi- bungsverfahren, das den Kommunen die jekten können eingereicht werden. cestelle Kommunen in der Einen Welt von Teilnahme erleichtern soll. Den zehn Gewinnerkommunen winken Engagement Global der Gewinnerkommune Die Idee es Wettbewerbs unter der Preisgelder im Gesamtwert von 250.000 ein eigens entwickeltes Signet, das sie für Schirmherrschaft von Bundesentwicklungs- Euro. Auch alle nicht ausgezeichneten ihre künftigen Marketingaktivitäten führen minister Gerd Müller ist die gleiche geblie- Städte, Gemeinden und Landkreise haben darf, und überreicht ein Preisgeld. ben: Es werden Kommunen gesucht und aus- gute Chancen, wertvolle Lospreise, darunter Strategie-Beratungen, Videoproduktionen Die eingereichten Projekte müssen einen oder Fotoshootings, zu gewinnen. klar erkennbaren Bezug zum Fairen Handel Diese Preise werden im Rahmen der offi- oder der Fairen Beschaffung haben. Hier- ziellen Preisverleihung am 23. September mit ist die Berücksichtigung und Einhaltung DIE BISHERIGEN HAUPTSTÄDTE 2021 in Neumarkt in der Oberpfalz, amtie- grundlegender Arbeits- und Sozialstandards DES FAIREN HANDELS rende Hauptstadt des Fairen Handels, unter in der Produktion sogenannter „sensibler allen sich beteiligenden Kommunen verlost. Produkte“, wie zum Beispiel Textilien, Natur- Der 2003 ins Leben gerufene Wettbewerb Außerdem profitieren alle Kommunen von steine und Lebensmittel aus Ländern des „Hauptstadt des Fairen Handels“ wird vom einem großen Lernnetzwerk und erhalten Globalen Südens gemeint. In Abgrenzung Bundesministerium für wirtschaftliche 2022 die Gelegenheit, kostenlos an zwei von hierzu sollte der inhaltliche Schwerpunkt Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) der SKEW organisierten Erfahrungsaustau- nicht auf dem regionalen und/ oder ökologi- gefördert und zeigt seitdem wachsende Wir- schen teilzunehmen. schen/ biologischen Konsum liegen. Solche kung: 2019 bewarben sich 100 Kommunen. Projekte werden nur berücksichtigt, wenn ein Bezug zum Fairen Handel oder der Fairen Die bisherigen Preisträger des begehrten Beschaffung erkennbar ist. Titels waren: Neumarkt in der Oberpfalz (2019), Köln (2017), Saarbrücken (2015), Rostock (2013), Bei Fragen rund um den Wettbewerb hilft Bremen (2011), Marburg (2009), Düsseldorf das SKEW-Team gerne weiter. Schreiben (2007) sowie Dortmund (2005 und 2003). Sie an hauptstadtwettbewerb.skew@enga- gement-global.de oder rufen Sie an unter: 0228/20 717-2880. WIRKommunalen 1/21 11
ENBW STÄDTISCHE VERKEHRSPLANUNG VERDIENT INTELLIGENTE LÖSUNG Sicherheit und Komfort müssen kein Widersprich sein S mart geleitet – sicher gestoppt. Dieses Motto bringt die Funktionen und Auf- gaben des intelligenten Sperranlagen Systems BarrierSystems der EnBW auf den Punkt. Das Innovationsprojekt ist inner- halb des Baden-Württembergischen Ener- gieversorgers in der Sparte Kritische Infra- struktur angesiedelt. EnBW BarrierSystems macht innerstädtische Plätze und Quartiere sicherer und durch intelligente Verkehrsleit- systeme zugleich lebenswerter. Die großen Herausforderungen in den Stadtzentren sind fast überall die gleichen: verstopfte Straßen, chronischer Parkplatzmangel, ungesunde Abgase, Parken in zweiter Reihe und nächt- Foto: EnBW BarrierSystems licher Lärm durch aufheulende Motoren. Viele Bürger fordern von ihren Kommunen deshalb eine neue Mobilitätsstrategie und perspektivisch eine Beruhigung des Ver- kehrs. Diese Herausforderungen hat die EnBW EnBW BarrierSystems ermöglicht eine gezielte Verkehrsberuhigung- sowie steuerung in Innenstädten erkannt und bietet mit BarrierSystems eine individuelle Lösung für Städte und Kom- munen. In Kombination mit Schranken oder wenig wie möglich und so viel wie nötig reg- Gesamtlösung. Die Systemmöglichkeiten rei- automatisch versenkbaren Pollern kann das lementiert. Dadurch entsteht mehr Freiraum chen dabei von der Verkehrsberuhigung über Sperranlagensystem den Verkehr steuern. für Bürger. faire Parkplatzregelungen bis hin zur Sicher- Das System lässt autorisierte Fahrzeuge wie Der webbasierte Control Hub dient als heit von öffentlichen Einrichtungen. kommunale Ordnungsdienste, Rettungs- Kontrollsystem zur Fernwartung der Sperr- Mit BarrierSystems bietet die EnBW ein kräfte oder Fahrzeuge mit Durchfahrts- anlagen und zur Visualisierung der Situa- intelligentes Sperranlagensystem, das es berechtigung von Anwohnern oder Liefer- tion vor Ort. Mit Hilfe des Kontrollsystems Kommunen und Städten ermöglicht, unter- diensten zuverlässig durch. Nicht berechtigte können einzelne Fahrzeuge auch eine tem- schiedlichen Interessen im Straßenverkehr Fahrzeugen jedoch bleiben draußen. poräre Einfahrerlaubnis bekommen. gerecht zu werden und gleichzeitig die Sicher- heit im öffentlichen Raum zu verbessern. Intelligente Verkehrssteuerung Gut geschützte Daten Das Besondere der EnBW Lösung ist: Im Ein unberechtigter Zugriff auf die Bildauf- Gegensatz zu starren Schranken oder Hin- nahmen der Stele ist nicht möglich. Die Bil- dernissen scannt und erkennt EnBW Bar- der sind streng gesichert – entsprechend den rierSystems jedes heranfahrende Fahrzeug. geltenden Vorgaben des Datenschutzes. Die Möglich machen das Kameras in Steue- künstliche Intelligenz wertet sie nur auf dem rungsstelen am Straßenrand. Die Fahrzeuger- lokalen Rechner in der Stele aus und löscht kennung und Sperranlagensteuerung erfolgt sie anschließend sofort wieder. Eine Nach- automatisch und völlig autark in der Stele via verfolgung ist technisch nicht möglich. Multisensorik. Die innerhalb der Stele inte- grierte künstliche Intelligenz analysiert die Kamerabilder und erkennt autorisierte Fahr- Kompatibel für Bestandsanlagen zeugtypen wie Polizei und Rettungswagen. Das bedeutet konkret, dass das System täg- Mit dem flexiblen und modularen Kon- lich dazulernt und auch ortsfremde Hilfs- zept lassen sich auch Bestandsanlagen in die Foto: Privat kräfte erkennt. Je nach Situation öffnet oder zukunftsorientierte Lösung von EnBW Bar- schließt es dann die Sperranlage. Die ver- rierSystems einbinden. Erneute Planungen, senkbaren Poller garantieren so eine flexible etwaige Tiefbauarbeiten und zusätzliche Pro- und sichere Zufahrtsregelung und das System jektkosten gibt es deshalb nicht. Bei Neu- Garlef Eder sichert Plätze oder beruhigt den Verkehr in projekten analysieren die EnBW-Spezialisten Sales & Business Development Manager bestimmten Zonen – nicht pauschal, sondern mit allen Projektpartnern die Situation und EnBW BarrierSystems individuell nach Bedarf. Der Verkehr wird so entwickeln gemeinsam eine zukunftssichere 12 WIRKommunalen 01/21
Smart geleitet - sicher gestoppt » EnBW BarrierSystems ist ein Zufahrtsmanagement zur Verkehrsberuhigung in Innenstädten und zur Sicherung schützenswerter Bereiche. Dabei werden Fahrzeuge mittels künstlicher Intelligenz automatisch erkannt und autorisierten Fahrzeugen die Zufahrt über absenkbare Poller gewährt. Jetzt unverbindliches Angebot anfordern Informationen unter www.enbw.com/barriersystems
WOHNEN WIE PREISWERTEN WOHNRAUM SCHAFFEN? Im Landkreis Fürth haben mehrere Kommunen eigene Wohnungsbaugenossenschaften Gemeinsame WBG gegründet Seit 2019 sei man aber mit der direkt an Zirndorf angrenzenden Stadt Oberasbach verbunden. Bereits 80 Bestandswohnun- gen würden dort betreut, und man sei „in Voranfrage“ zu einem größeren Projekt des geförderten Wohnungsbaus. Mit der Marktgemeinde Wilhermsdorf wurde die gemeinsame WBG erst 2020 gegründet, die WBG Zirndorf/Wilherms- dorf GmbH & Co. KG. Unternehmens- Alle Fotos: Heinz Wraneschitz bildtext.de zweck: „Die Entwicklung, Verwertung, Errichtung, Betreuung, Bewirtschaftung und Verwaltung von Liegenschaften, die im Eigentum des Marktes sind“, dazu „die Durchführung städtebaulicher Aufgaben, insbesondere Sanierungsmaßnahmen und Entwicklungsmaßnahmen“. Das eindrucksvolle Ritterhaus am Marktplatz in Wilhermsdorf wurde jetzt von der WBG Zirndorf-Wilhermsdorf gekauft. Zuvor war es im Besitz der Ex-Unternehmerfamilie Stegner-Stechert. Das Projekt Ritterhaus B ezahlbarer Wohnraum ist nicht nur im Landkreis Fürth tätig. Die WBG besitzt Das so genannte Ritterhaus am Wilherms- in Großstädten knapp, sondern auch eigene Objekte im Stadtgebiet Zirndorf und dorfer Marktplatz ist das erste Projekt, das am Land, gerade im Speckgürtel von verwaltet mittels Geschäftsbesorgungsver- die Wohnungsbaugesellschaft WBG Zirn- Metropolen wie München oder Nürnberg. trag Objekte weiterer Kommunen“, heißt es dorf/Wilhermsdorf anpackt. Eingeweiht Im Landkreis Fürth unweit der mittelfrän- vonseiten des Unternehmens. 1770, ist es nach der Hauptkirche sicher das kischen Städteachse versuchen Kommunen, Von Geschäftsführer Timo Schäfer ist zu repräsentativste Gebäude des Orts. das Problem mit eigenen Wohnungsbauge- erfahren: Momentan besteht diese Koopera- Das Ritterhaus befand sich in öfters sellschaften (WBG) zu entschärfen. Einige tion mit zwei Gemeinden im Landkreis. Mit wechselndem Privatbesitz. In den letzten setzen dabei auf Kooperation mit bereits dem kleinen Ort Obermichelbach bekam Jahren wurde es großteils als Wohnraum bestehenden WBGs. die WBG Zirndorf dagegen keine Koope- genutzt. Die Stadt Langenzenn hat bereits seit ration zustande: Mit der denkbar knap- Im Gemeinderat von Wilhermsdorf vielen Jahren eine kommunale WBG. 1962 pen 9:8-Mehrheit entschied sich der dortige herrschte Einvernehmen, dass die Gemeinde gegründet, vermietet sie aktuell 191 eigene Gemeinderat dagegen. versuchen sollte, das Prunkstück zu über- Wohnungen. „Unser Auftrag ist im Wesent- lichen die Versorgung von breiten Schichten der Bevölkerung mit preiswertem Wohn- raum.“ Doch der Tätigkeitsbereich ist allein auf das Gebiet der 10.000-Einwohner-Stadt Langenzenn beschränkt. Langenzenns Bürgermeister Jürgen Habel wurde bei der Kommunalwahl 2020 zum zweiten Male im Amt als 1. Bürgermeister bestätigt. 2008 war er im Alter von 30 Jah- ren als Nachfolger des langjährigen Amts- inhabers Manfred Fischer gewählt worden. Als Aufsichtsratsvorsitzender der Woh- nungsbaugesellschaft WBG Langenzenn hat er sein selbst gestelltes Ziel, „Langenzenn in allen denkbaren Belangen zu fördern und zu perfektionieren“ ganz genau im Blick. Die größte Stadt im Kreis, Zirndorf, nennt ebenfalls eine WBG ihr Eigen. Die existiert sogar schon seit 1935. „Als kom- munales Wohnungsunternehmen sind wir Juergen Habel. 1. Buergermeister Stadt Langenzenn Ritterhaus Wilhermsdorf: Treppenaufgang und CA-Wappen 14 WIRKommunalen 01/21
nehmen. Und mit Hilfe der neu gegrün- mit Zirndorf. „Hier bleiben wir Eigentü- geförderten Wohnraum zu günstigem Preis deten WBG gelang das nun auch. Eine mer von Grundstücken und Objekten“, hatte realisieren“ will Perlhofer. Ein Ziel, das repräsentative Miet-Nutzung des Rit- Bürgermeister Uwe Emmert (CSU) argu- ganz offensichtlich in beiden Kooperations- tersaals nebst Nebenräumen im Oberge- mentiert; im Fürther Modell dagegen gingen formen umsetzbar ist. schoss wäre wohl möglich. Und auch im sanierte Häuser und Grund in den Besitz der – vom Marktplatz barrierefrei zugäng- WBG Land GmbH über. lichen – Erdgeschoss soll wieder Leben Und so kooperiert die Großstadt-WBG einkehren, egal ob Bewirtung oder zurzeit nur mit zwei Kreiskommunen: „Wir Regionalmarkt. haben die Gesellschaft gegründet gemein- „Uns liegt die Belebung des Markt- sam mit den Marktgemeinden Roßtal und „Uns liegt die Belebung platzes am Herzen“, nennt Bürgermeis- Cadolzburg“, bestätigt Geschäftsführer Rolf ter Uwe Emmert seinen Herzenswunsch. Perlhofer. Erste Projekte sind bereits ent- des Marktplatzes standen oder in Planung. So wurde in Roßtal ein Interimskinder- am Herzen.“ Das Konzept macht Schule garten errichtet und an die Marktgemeinde vermietet. In Cadolzburg entstehen neun Uwe Emmert In Wilhermsdorf fiel eine andere mögli- Stadthäuser, wenn auch zum Kauf über ein 1. Bürgermeister, che Zusammenarbeit durchs Raster: Die Modell, das Einheimischen einen Nachlass Markt Wilhermsdorf mit der WBG der Stadt Fürth. Die hatte einräumt. „Aber wir stehen in weiteren Ver- ihr Angebot „WBG Fürth Land GmbH“ handlungen und Vorplanungen für mehrere mit den Partner-Kommunen als Gesell- Projekte“; konkreter wird der WBG-Fürth- schafter im Marktgemeinderat ebenfalls Chef jedoch nicht. vorgestellt. „Wir hoffen, dass das Konzept Schule Doch Wilhermsdorf entschied sich macht und würden es auch anderen öffnen. gegen die gemeinsame WBG Fürth- Denn Wohnraum in ländlichen Gemein- Heinz Wraneschitz Land-GmbH und für die Kooperation den wird nachgefragt. Hochwertigen, auch ANZEIGE EOF / ÖFFENTLICH GEFÖRDERTER WOHNRAUM SOZIAL UND ÖKOLOGISCH NACHHALTIG Die Unternehmensgruppe der insbesondere im ländlichen Raum! projektieren einzelne Gebäude, DAUTRUS CAPITAL AG hat sich mit bauen selbst neu oder renovieren Ziel und Zweck ist die Schaffung und Unterstützung ihres neu gegründeten bestehende Leerstände mit ökolo- Bereitstellung von bezahlbarem und Tochterunternehmens, PATRONA REAL gisch-nachhaltigen und wirtschaft- ökologisch nachhaltigem Wohnraum ESTATE GmbH, auf die Erstellung und lichen Konzepten. Bürgermeister, als Partner der staatlichen Daseinsvor- die Bestandhaltung von Öffentlich Landräte und alle zuständigen sorge. Die Gründung der PATRONA gefördertem Wohnungsbau, insbe- Partnerinstitutionen laden wir ein, Real Estate GmbH erfolgte mit dem sondere „EOF“ (Einkommensorien- VLFKGDV$QIRUGHUXQJVSURƓODXI Ziel, bis zum Jahr 2026 bis zu 4.000 tierte Förderung) spezialisiert. Schwer- www.patrona-real-estate.de Mietwohnungen zu erstellen und punktregionen sind hierbei der Frei- anzusehen. diese selbst zu verwalten. staat Bayern, Hessen, Baden-Würt- temberg und Thüringen. Auch und Wir entwickeln neue Baugebiete, DAUTRUS CAPITAL Aktiengesellschaft Mobil: +49 171 813 1111 Kisseleffstr. 17 | 61348 Bad Homburg Mail:info@dautrus-capital.com Telefon: +49 6172 9084384 Web: www.dautrus-capital.com WIRKommunalen 1/21 15
KINDER UND JUGEND KOMMUNALPOLITIK VON DER SCHLECHTESTEN SEITE Über überholte Klischeebilder von Bürgermeister*innen (nicht nur) in Kinderbüchern Schwein“ aus dem Bambini-Verlag. Jener Beispiele sicher nicht zum Berufswunsch von wird erst von der Bürgerschaft auf den Kindern für die Zukunft bei. Bei Prime und rechtschaffenden Weg gebracht. Sollte es Netflix erleben jene wie Politik scheinbar wohlgemeinte Satire sein, so zielen die Auto- funktioniert, leider an der Realität vorbei. ren doch merklich am Tor vorbei. Auch Jan Wir sind es gewohnt der greifbare Blitz- Böhmermann, beziehungsweise sein Alter ableiter für „die da oben aus der Politik“ Ego Polizistensohn, hat unseren Berufsstand zu sein, gerade in Zeiten steigender Poli- Ende 2020 in seinem Song „Bürgermeister“ tikverdrossenheit. Das stört uns mal mehr, aufgegriffen. Der Clip verzeichnet bis heute mal weniger. Aber eines ist klar: wir wol- mehr als 1,3 Millionen Klicks bei YouTube. len verändern. Jedenfalls tragen die jungen Bürgermeister*innen ihren Teil dazu bei, dass sich das negative Image unseres Berufs Das Phänomen ist nicht ändern muss und kann. Notfalls beziehen wir selbst zu Böhmermann Stellung. Wir unbekannt werden stetig mehr und wir sind anders. Hinterzimmer-Deals wie beim Polizisten- Bereits 2005 hat Politikwissenschaftler Gerd sohn, auf Prime oder in den Kinderbüchern Strohmeier in der Zeitschrift „Aus Politik beschrieben, sind überhaupt nicht unsere und Zeitgeschichte“ den Beitrag „Politik Sache. Wir sind jung und nah an unseren bei Benjamin Blümchen und Bibi Blocks- Bürgerinnen und Bürgern. Ob in Hessen, berg“ veröffentlicht und unter anderem Baden-Württemberg, Bayern oder andern- dem SPIEGEL hierfür Rede und Antwort orts. Aus dem Grunde sagen wir laut und gestanden. Er hält das Politikbild, in dem klar: „Hey, das Bild ist Fake.“ von ihm untersuchten Hörspielfolgen, für Vielerorts nehmen wir wahr, dass Men- „sehr bedenklich“. In beiden Serien wer- schen sich nicht mehr für ein politisches den die Politiker durch den Bürgermeister Mandat zur Verfügung stellen wollen – K inder lernen Bürgermeister medial von Neustadt repräsentiert. Jener ist inkom- sei es im lokalen Kommunalparlament als meist auf negative Weise kennen. Sie petent, korrupt und immer nur an seinem Ehrenamt, oder bei der Übernahme eines denken dabei nicht zuerst an die sym- eigenen Wohl interessiert. Er übergeht stän- öffentlichen Amts. Die Bereitschaft hierzu pathische Frau aus dem Rathaus, die das dig den Stadtrat. Entscheidungen werden sinkt, wie selbst Prof. Dr. Paul Witt, inzwi- Sommer-Ferienprogramm organisiert. Oder nicht demokratisch, sondern autokratisch schen pensionierter Rektor der Hochschule den jungen Mann, der ihnen zu St. Mar- getroffen. Seine Assistenten müssen ihn mit für öffentliche Verwaltung in Kehl (Baden- Foto: tin lachend Hefegänse in den Kindergar- „Majestät“ ansprechen. Württemberg) schildert. Dabei braucht es ten bringt. Ihre Vorstellung ist eine andere, Ein Bild, das längst nicht dem aktuel- gerade uns „Junge“, die zeigen wie Mitbe- geprägt von TV, Netflix, Prime und Kon- len Zeitgeschehen entspricht. Nämlich dem, stimmung und Politik für die nachfolgende sorten. Der/die Bürgermeister*in als umtrie- dass es agilen jungen Bürgermeister*innen Generation geht. biger Taugenichts. Die Liste der zugeschrie- nicht gleichgültig ist, wie ihr Berufsstand Deshalb lassen wir uns auch nicht vom benen Attribute für das Gemeindeoberhaupt öffentlich in ein falsches Licht gerückt wird. Zeichentrick-Image klein kriegen und wer- ist lang: hinterhältig, machtversessen, ver- Die bei fortschreitender Digitalisierung den 2021 unsere eigene Geschichte in einem logen, geldgierig, trottelig, grenzdebil und nicht nur in Sozialen Netzwerken als Pio- Kinderbüchlein erzählen. Denn ohne uns inkompetent. Die Summe an Adjektiven niere vorangehen, Schritt halten und vie- läuft in den Gemeinden nichts. Sei es bei- ließe sich beliebig fortsetzen. lerorts längst Musterkommunen bei Par- spielsweise auf dem Spielplatz, im Kinder- Vor allem ist der Bürgermeister eines: er tizipation und Bürgerbeteiligung sind. Die garten oder im Freibad. Unser Berufsstand ist nicht ehrlich, also genau jenes was alle transparent und proaktiv mit Mitarbeiten- kann mehr und dass zeigen wir künftig auch Eltern ihren Kindern als Grundtugend zu den und Bürgerschaft kommunizieren. den Kleinsten. Versprochen mit Bürgermeis- vermitteln versuchen. So ist es bei Benjamin ter-Ehrenwort. Blümchen, Bibi Blocksberg, den Simpsons, den Fellfreunden von der PAW PATROL Bürgermeister 4.0 oder bei anderen Kinderserien. Meist ent- sprechen die Bürgermeister dem gängigen Fast könnte man zum Ergebnis kommen, Klischee machtversessener Männer fort- dass der Bürgermeister als der „Bad Boy“ geschrittenen Alters. In den Bilderbüchern von Übermorgen von Kindesbeinen heran- wird zuweilen das gleiche Bild gezeich- gezogen wird. Ist das überzeichnet? Das Bild net, mal bewusst mal unterschwellig. Dass von „Bürgermeister Besserwisser“ und der Martin Aßmuth man als Kind keinesfalls einem Bürgermeis- naiven „Bürgermeisterin Gutherz“ bei der (*1979), seit dem 16.07.2018 Bürgermeister ter über den Weg trauen darf, schildert das Paw Patrol mag im ersten Moment durchaus der Gemeinde Hofstetten (Ortenaukreis) kleine Taschenbuch „Das Bürgermeister- witzig sein. Faktisch tragen die geschilderten 16 WIRKommunalen 01/21
KINDER UND JUGEND MEHR PARTIZIPATION UND WENIGER POLITIKVERDROSSENHEIT Die digitale Wahlhilfe „Voto“ soll vor allem junge Menschen dazu bringen, sich über die Kommunalwahl und die Kandidaten zu informieren. wahl in Hessen ausprobieren: „Unter mehr als 434 Kandidierenden eine Entscheidung zu treffen, hat mich anfangs echt überfor- dert. VOTO hat mir aber in kürzester Zeit geholfen, die Kandidat:innen zu finden, die zu meinen Vorstellungen passen“. Befra- gungen unter weiteren VOTO Nutzerinnen und Nutzern in Hessen zeigten, dass VOTO die Absicht wählen zu gehen um 40 % stei- gerte und dass 73 % nach der Nutzung von VOTO motiviert waren, sich weiter über die Wahlen zu informieren. Darüber hinaus konnte in politikwissen- schaftlichen Studien bereits herausgefun- den werden, dass das Angebot einer Wahl- hilfe die allgemeine Wahlbeteiligung bis zu 6 % und die Wahlwahrscheinlichkeit von Jugendlichen bis zu 26 % erhöhen kann. VOTO ist eine von der Robert Bosch Stiftung geförderte digitale Wahlhilfe, in der die Kandidat:innen einer Wahl in den Mittelpunkt gestellt werden. Von der Idee zum Einsatz L eider ist bei Kommunalwahlen die fien, sozial benachteiligte Personen, Frauen „Ein Wahl-O-Mat muss immer an die Situ- Wahlbeteiligung erfahrungsgemäß eher und junge Menschen. Die Unterschiede der ation vor Ort angepasst sein“, sagt Steffen gering. Dem entgegenwirken möchte Wahlbeteiligung waren in der Geschichte Schuldis. „Um die relevanten politischen der gemeinnützige Verein Team Tomorrow der Bundesrepublik noch nie so groß wie Fragestellungen herauszuarbeiten, schauen mit seiner digitalen Wahlhilfe VOTO. Nach heute. Bei den Bundestagswahlen 2017 war wir uns die Bedürfnisse der Kommune einem erfolgreichen Test in Stuttgart 2019, ist die Wahlbeteiligung in der Altersgruppe der genau an“. Team Tomorrow stellt daher VOTO dieses Jahr bei den hessischen Kom- 21-24-Jährigen um 14 Prozentpunkte niedri- nicht nur VOTO zur Verfügung, sondern munalwahlen für über eine Million Wahl- ger als in der Gruppe der 60-69-Jährigen. unterstützt Kommunen während des gesam- berechtigte nutzbar. Der nächste geplante Eine informierte Wahlentscheidung für ten Prozesses durch individuelle Redaktion- Einsatz erfolgt bei der der Kommunalwahl in eine Partei oder eine Kandidatin bzw. einen Workshops, Wählermobilisierung und Bera- Niedersachsen im September 2021. Kandidaten zu treffen, ist häufig kompli- tung. So möchte Team Tomorrow erreichen, In VOTO wird ein Profil der Kandida- ziert, gerade wenn man auch noch Kumu- dass es in Zukunft bei Kommunalwahlen tinnen und Kandidaten angelegt, in dem lieren und Panaschieren kann. Oft stehen nur noch heißt: „Wählen? Einfach!“ alle wichtigen Informationen zu diesen und gerade bei Kommunalwahlen mehrere Hun- deren politischen Standpunkten gesammelt dert Kandidat*innen zur Wahl, die Wahl- werden. Die Wählerinnen und Wähler wie- zettel sind sehr groß. Nicht nur junge Men- derum geben in die App ein, welche Themen schen fühlen sich davon häufig überfordert. für sie relevant sind. Ein transparenter Algo- Steffen Schuldis, Vorstandsvorsitzender rithmus matcht jeweils die Wähler:innen von Team Tomorrow, zieht daraus folgende und Kandidat:innen mit ähnlichen Präfe- Konsequenz: „Wenn wir auch in Zukunft renzen, sodass Informationen gebündelt und eine lebendige, partizipative und demokra- übersichtlich präsentiert werden können. tische Gesellschaft haben wollen, müssen Das passiert in wenigen Minuten und voll- wir uns heute schon um die Einbindung kommen digital. der Jugend bemühen“. Vor allem für junge Menschen müssen die Wahlen also attrakti- ver werden, indem diese verständlicher und Wählen einfach machen digitaler werden. Denn politische Informa- tionen werden von Jugendlichen vor allem Foto: ??? In den letzten Jahrzehnten hat die Wahlbe- über das Internet und das Smartphone teiligung auf allen Ebenen des politischen recherchiert. VOTO möchte genau an die- Systems stark abgenommen. Besonders bei ser Stelle ansetzen und junge Menschen für Kommunalwahlen gehen oft weniger als 50 Wahlen und Kommunalpolitik begeistern. Julius Oblong % der Berechtigten zur Wahl. Noch seltener Die Erstwählerin Raja (18, Marburg) Vorstand für Finanzen , Team Tomorrow e. V. wählen Menschen mit Migrationsbiogra- konnte VOTO schon bei der Kommunal- WIRKommunalen 1/21 17
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