Beschäftigung - dabei Austria
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Beschäftigung 2019 Potenziale von Menschen mit Behinderung sichern! Die Essl Foundation in Kooperation mit 6 Expertendiskussion: Digitalisierung als Chance 14 Inklusion bringt auch Wettbewerbs- vorteile 26 19 Mit Behinderung als Selbstständiger arbeiten? Sicher! Good Practices: 53 Beispiele zeigen es vor!
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG Nachhaltige Partnerschaften Die Brau Union Österreich ermöglicht und unterstützt in ihren Betrieben nachhaltige soziale Partnerschaften und Produkte. Nachhaltige Partnerschaften und Schlüsselanhänger aus Kronkorken Projekte mit sozialen Organisationen. von Jugend am Werk Graz. A ls größtes Brauereiunternehmen des Lan- des ist es für die Brau Union Österreich selbstverständlich, ihrer gesellschaftlichen Kooperation an mehreren Das Diakoniewerk Schladming ermög- licht Menschen mit geistiger und mehr- facher Behinderung individuelle und und sozialen Verantwortung nachzukommen. Brauereistandorten bedürfnisorientierte Beschäftigungs- „Brewing a better World“ nennt sich die alpha nova in Graz unterstützt Men- möglichkeiten. Als Projektpartner des Nachhaltigkeitsstrategie von Heineken, der schen mit Beeinträchtigung in der be- Diakoniewerks Schladming bietet die sich auch die Brau Union Österreich als Teil ruflichen Integration. Im Rahmen einer Brauerei Schladming Menschen mit Be- der internationalen Heineken-Familie ver- Kooperation mit alpha nova beschäftigt einträchtigung eine sinnvolle Beschäf- schreibt. Dazu gehören auch nachhaltige so- die Brauerei Puntigam Menschen mit tigung, sie nehmen am beruflichen ziale Partnerschaften und Projekte. Die Brau Beeinträchtigung. Arbeitsleben teil und haben eine geord- Union Österreich möchte mit diesen langfris- nete Tagesstruktur. tigen Kooperationen Menschen mit Beein- assista Soziale Dienste Vöcklabruck ent- trächtigung, die es schwer am Arbeitsmarkt wickelt Lebensperspektiven in der Integ- haben, eine sinnvolle Tätigkeit ermöglichen. ration von Menschen mit Beeinträchti- Fotos: Brau Union Österreich (2), Bubu Dujmic/Brau Union Österreich gung. 2016 hat assista mit der Brauerei Schlüsselanhänger aus Kronkorken Zipf eine Kooperation gestartet, die vier Jugend am Werk entwickelt Lebenspers- Menschen, die es am Arbeitsmarkt pektiven in der Behindertenintegration. schwer haben, eine sinnvolle integrative 2016 haben Jugend am Werk Steiermark Beschäftigung ermöglicht. und das Projekt „Re-Use-Design“ mit der Der Verein Arge Chance in Schwechat ist Brau Union Österreich eine Kooperation ein vom AMS und Land Niederösterreich gestartet: geförderter sozialökonomischer Be- Menschen mit Beeinträchtigung fertigen schäftigungsbetrieb, der erwerbslosen aus Kronkorken sowie aus Stoffresten einer Menschen Arbeitsplätze, Arbeitstraining regionalen Trachtenfirma Schlüsselbänder, sowie soziale Betreuung auf Zeit bietet. die als Kundengeschenke verwendet wer- Seit fünf Jahren besteht eine Koopera- den. So hat knapp ein Dutzend Menschen tion mit der Brauerei Schwechat – Men- mit Beeinträchtigung eine sinnvolle Be- „Brewing a better World“, die Nachhaltigkeits- schen mit Beeinträchtigung finden hier schäftigung. strategie von Heineken. eine sinnvolle Beschäftigung. Beschäftigung 2
Inhalt Round Table: Sind die kommenden Veränderungen in Ausbildung und Chefs berichten: Erfahrungen aus der Sicht Arbeitswelt Chance oder Gefahr? von Führungskräften. 06 14 Cover: Dorothea Brozek arbeitet als Selbstständige – wie viele an- dere Menschen mit Behinderung. 26 48 Good Practices: 53 Unter- Checkliste: So können neue nehmen und ihre Erfahrungen mit Beschäftigungsverhältnisse Mitarbeitern mit Behinderung. erfolgreich entstehen. Vorwort D ie Mehrheit der Menschen mit Behinderung ist von mehr dazu erfahren will: Videos dazu gibt es auf Youtube und einer vollwertigen Beschäftigung weit entfernt. Dabei www.zeroproject.org. verlieren alle: die betroffenen Menschen, die Arbeitge- Kürzlich haben die ersten 13 Jugendlichen mit fünf unterschied- ber und die Gesellschaft als Ganzes. Diese Beilage lichen Behinderungen einen Lehrgang der „inclusive IT-Acade- wird von der Essl Foundation heuer zum dritten Mal in Zusam- my“ abgeschlossen und mit einem Cisco-Zertifikat in Cybersecu- menarbeit mit der „Presse“ erstellt: Im Mittelpunkt stehen 53 Vor- rity alle Chancen auf Arbeitsplätze in der IT-Branche. zeigebeispiele für eine gelungene Integration, die vor allem auch Kofinanziert aus Mitteln des Bundesministeriums für Digitalisie- zeigen, dass die Beschäftigung für Unternehmen Sinn macht. Sie rung und Wirtschaftsstandort hat die Essl Foundation dies ge- gewinnen Talente, Teamgeist, Loyalität und erschließen neue meinsam mit Cisco Systems, der HTL Wien-Rennweg, der FH Jo- Umsatzpotenziale. anneum und Arbeitgebern organisiert, die bereits Arbeitsplätze in Die Essl Foundation unterstützt die Anliegen von Menschen mit Aussicht gestellt haben. Ein Leitfaden zeigt Unternehmen und Behinderung auf vielfältige Weise: Seit 2017 werden die Zero Pro- Ausbildungseinrichtungen, wie sie dem Beispiel folgen können ject Unternehmensdialoge veranstaltet und die Sonderpreise der (Download unter www.zeroproject.org)! Austria‘s Leading Companies vergeben (siehe Seiten 46/47). Wer Martin Essl, Gründer der Essl Foundation Fotos: beigestellt Impressum: Medieninhaberin und Herausgeberin: Essl Foundation, c/o Haus der Philanthropie, Schottenring 16/3, 1010 Wien. • Produktion: „Die Presse“-Verlags-GmbH & Co KG, Hainburger Straße 33, 1030 Wien. • Geschäftsführung: Mag. Herwig Langanger, Rainer Nowak. • Umsetzung: „Die Presse“-Spezialredaktion, Mag. Astrid Müllner, Mag. Michael Köttritsch, MA. • Redaktion und Koordination: Mag. Nikola Miksovsky, Wolfgang Pozsogar, Elisabeth Stuppnig, MA. • Koordination Essl Foundation: Dr. Michael Fembek, Mag. Michael Pichler. • Artdirection: Matthias Eberhart. Grafik/Produktion: Thomas Kiener, Christian Stutzig, Alexander Schindler. • Druck: DruckStyria GmbH & Co KG, Styriastraße 20, 8042 Graz. Beschäftigung 3
Mehr als 1000 Großer Erfolg des Jugendliche nutzten ihr Recht auf Ö3-Aktionstages für Ausbildung Lehrlinge S chon seit 2016 gibt es in Österreich ein Ausbildungs- pflichtgesetz. Es soll jedem Ju- gendlichen im Anschluss an die Pflichtschule einen höherqualifi- zierten Abschluss im weiterfüh- renden Bildungssystem ermög- lichen. Ziel ist ein betrieblicher Lehrabschluss oder zumindest eine Teilqualifizierung mit Unterstützung durch Beratung, Begleitung und eine differen- zierte Angebotslandschaft. Auch Jugendliche mit Behinde- Aktionstag auf Ö3: Franz- rung sind in dieses Gesetz ein- Joseph Huainigg mit geschlossen. Die gesetzliche Ö3-Chef Georg Spatt und Regelung soll bessere Erwerbs- Moderator Philipp Hansa. chancen für die Betroffenen und eine Verringerung des Fachkräf- Potenziale Ö3 bei den Bewerbern und Bewerberinnen nachfragen“, erzählt Franz-Joseph Huainigg, temangels bringen. Die ersten, die diese Pflicht oder besser aufzeigen der selbst im Rollstuhl sitzt, viele Jahre Na- tionalratsabgeordneter war und nun im ORF dieses Recht zur Ausbildung haben, schlossen mit Ende des für Humanitarian Broadcasting verantwort- Schuljahrs 2016/17 ihre allge- D ie 16-jährige Tirolerin Magdalena sagte Anfang Mai auf Hitradio Ö3 offen, was sie tagtäglich anzipft: „Mir geht’s auf die lich ist. Huainigg ist stolz auf solche Aktivitäten des ORF zur Inklusion von Behinderten und das meine Schulpflicht ab. Im Vor- jahr wurde es deshalb ernst: Rund 2000 Jugendliche dieses Nerven, dass man mir einfach nichts zutraut. große Echo, das die Aktionen in der Öffent- Jahrgangs, die sich in keiner Ich sitze im Rollstuhl, aber trotzdem kann lichkeit finden: „Die Ö3-Aktion und die TV- Ausbildung befanden, wurden ich was leisten!“ Resultat der starken Ansage Sendereihe ‚Ziemlich bestes Team‘ in Kon- kontaktiert und bei der Wieder- im Rahmen eines Ö3-Aktionstages, bei dem kret haben aufgezeigt, welches Potenzial in aufnahme einer Lehre oder einer Lehrstellen für Jugendliche mit Behinderung Menschen mit Behinderungen steckt. Der anderen Qualifizierung unter- gesucht wurden: 145 Firmen boten entspre- ORF hat durch neue Bilder Bewusstsein ge- stützt. Das Resultat: Über 60 chende Lehrplätze an. „Bis September bemü- schaffen.“ Prozent befinden sich bereits hen sich AMS und das Netzwerk Berufsas- wieder in Ausbildung; weitere 15 sistenz vom Sozialministeriumservice um Der ORF will Bewusstsein schaffen: Beim Prozent in einem laufenden Be- Vermittlung der behinderten Jugendlichen an Ö3-Aktionstag boten 145 Unternehmen Lehrplätze ratungsprozess des AMS oder diese offenen Lehrstellen. Im Herbst möchte für Jugendliche mit Behinderungen an. des Jugendcoachings. DisAbility Confidence Day: Generaldirektoren und die Inklusion Z um zehnjährigen Jubiläum von Myability lud Gründer Gregor Demblin am 4. DisAbility Confidence Menschen mit Behinderung in den Arbeitsprozess waren unter anderem zu hören von Robert Zadrazil, Vorstands- vorsitzenden Andreas Brandstetter und Magenta-Telekom-Chef Andreas Bier- wirth. Demblin gründete mit Wolfgang Day ins Studio 44 der Österreichischen vorsitzender UniCredit Bank Austria, Kowatsch vor zehn Jahren die Jobplatt- Lotterien. Rund 300 Gäste kamen, dar- Flughafen-Vorstand Günther Ofner, form Career Moves für Menschen mit Be- unter zahlreiche Topmanager, deren ÖBB-Personenverkehr-Vorständin hinderung. Bald zeigte sich ein riesiges Fotos: beigestellt Unternehmen in Sachen DisAbility mit Michaela Huber, Verbund-Vorstandsvor- Bedürfnis nach Infos und Lösungsansät- viel Motivation und Begeisterung unter- sitzenden Wolfgang Anzengruber, zen. Daraus entstand die soziale Unter- wegs sind. Emotionale und zugleich fun- Dorothee Ritz, General Manager von Mi- nehmensberatung myAbility und in der dierte Aussagen über die Inklusion von crosoft Österreich, UNIQA-Vorstands- Folge das DisAbility Wirtschaftsforum. Beschäftigung 4
Bis zu 37,5 Prozent S eit 1. März 2019 wartet auf Unternehmen, die begünstigte Menschen mit Behinderungen ein- Menschen mit Behinderungen sein. Die Zuschüsse können sich sehen lassen. Die Inklusionsförderung be- lungsgesetz unterliegen – winken 37,5 Prozent des Bruttogehalts, die Obergrenze liegt bei 1250 Euro. an Förderung stellen, die Inklusionsförderung trägt 30 Prozent des Bruttogehalts Detaillierte Informationen, Antwor- winken! sowie die InklusionsförderungPlus. bis zu einer Obergrenze von 1000 ten auf häufig gestellte Fragen Die Förderungen sollen einen Euro. Bei der Inklusionsförderung- sowie das benötigte Antragsformu- Anreiz für Dienstgeber zur länger- Plus – sie gilt für Unternehmen, die lar gibt es online auf der Website fristigen Beschäftigung von beim nicht der Beschäftigungspflicht des Sozialministeriumservice: Arbeitsmarktservice gemeldeten nach dem Behinderteneinstel- www.sozialministeriumservice.at. Initiative: Inklusive IT-Academy Uni-Abschlüsse für Menschen für bessere Jobchancen mit Lernschwierig- keiten F ür Menschen mit intellek- tueller Behinderung gab es in Österreich in der Vergangen- heit keinen Zugang zu einer Aus- bildung an Hochschulen oder Universitäten. Dass es auch anders geht, beweisen die USA: Dort werden an rund 300 Uni- versitäten postsekundäre Pro- gramme für Menschen mit intel- lektueller Beeinträchtigung geboten. Jetzt passiert auch hierzulande etwas. Am 16. September 2019 findet in den Räumlichkeiten von Jugend am Werk das erste Tref- fen des Vernetzungsforums zur Unterstützung des Projekts „In- klusive Bildung Österreich“ statt. Ziel des dreijährigen Pro- jekts ist eine Qualifizierung für Menschen mit Lernschwierigkei- Fit für die Arbeitswelt: Menschen mit Behinderungen absolvierten den ten, um sie für die Bildungs- ersten Lehrgang „Cisco Cybersecurity und Datenschutzgrundverordnung“. arbeit an Hochschulen in Wien und in Graz auszubilden. Jugend am Werk wird das Projekt in E ine zukunftsorientierte Ausbildung will die „inclusive IT-Academy“ künftig für Menschen mit Behinderungen ermöglichen. waren die Beratungsunternehmen myAbility, Specialisterne sowie die Fachhochschule Joanneum. Den Abschluss der Academy bil- Wien, atempo in Graz betreuen. Bereits 2017 startete an der Päd- agogischen Hochschule Salzburg Ein Pilotprojekt ging im Sommer 2019 er- deten zwei unterschiedliche Cisco-Zertifizie- unter dem Titel „BLuE“ ein acht- folgreich über die Bühne: Dabei absolvierten rungen für die Teilnehmer. Eine Evaluierung semestriges Programm für Stu- zwölf Menschen mit Behinderungen zeigt, dass das konzipierte inklusive Pro- dierende mit intellektueller Be- (Asperger-Autismus, mobile Beeinträchti- grammkonzept auf hohem Niveau umgesetzt einträchtigung. „BLuE“ steht für gung, Sehbeeinträchtigung, Hörbeeinträchti- werden konnte. Bildung, Lebenskompetenz und gung, chronische Erkrankung) und zwei Und auch in der Praxis stellen sich erste Er- Empowerment und ist ein inklusi- Menschen ohne Behinderungen den Lehr- folge ein: Zwei der Teilnehmer haben bereits ver Lehrgang. Studierende mit gang „Cisco Cybersecurity und Datenschutz- fixe Zusagen für einen Job, bei weiteren vier Beeinträchtigung lernen dort ge- grundverordnung“. Absolventen laufen derzeit intensive Gesprä- meinsam mit Lehramtsstudieren- Die Ausbildung im Umfang von insgesamt che. Zur Skalierung: Ein Trainingsinstitut den. Sie können im Rahmen 140 Stunden basierte auf dem Kursangebot zeigt großes Interesse an der Übernahme des dieses Projektes ihr Curriculum der Cisco Networking Academy und fand an Konzepts. Falls dies klappt, ist ein Kursstart selber gestalten und in regelmä- der HTL Wien Rennweg statt. Weitere Partner für das Frühjahr 2020 geplant. ßigen Dialogen weiterentwickeln. Beschäftigung 5
Digitalisierung als Chance oder als Gefahr? Haben Menschen mit Behinderungen heute bessere Aussicht auf Arbeit? Wie gut ist für sie der Übergang von der Schule ins Berufsleben organisiert? Und wie sieht ihre digitale Zukunft aus? Drei spannende Fragen, über die eine hochkarätige Expertenrunde diskutierte. Foto: Akos Burg Johannes Kopf, Karin Praniess-Kastner, Andrea Fechter, Werner Breyer, Johannes Zimmerl, Elisabeth Sinn, Tino Lehmann, Susanne Präsent und Michael Fembek (v. l. n. r.) nahmen an der Diskussion teil. Beschäftigung 6
W ie in den vergangenen Fechter: Für Jugendliche ist es leichter ge- zierung zu vermitteln, da die Anforderun- beiden Jahren kamen worden einzusteigen, weil der Lehrstel- gen dadurch stetig steigen. auf Einladung der Essl lenmarkt nach Lehrlingen sucht. Das Breyer: Es ist in den letzten fünf Jahren Foundation auch heuer Problem ist, die Ausbildung zu Ende zu eher schwieriger geworden als besser. wieder prominente Fachleute in das Haus bringen. Es gibt viele Abbrüche, weil Be- Beim IT-Support funktioniert es aller- der Philanthropie am Wiener Schotten- triebe oder Unternehmer mit Themen dings sehr gut, weil die Themen sehr spe- ring, um über das Thema Menschen mit konfrontiert sind, die sie belasten. Wir zifisch sind und der Kundenkontakt im Behinderung und Arbeitswelt zu diskutie- sind deshalb auch für Unternehmer bera- Vordergrund steht. In diesen Funktionen ren: Werner Breyer (Abteilungsleiter bei tend tätig. Bei den Jugendlichen resultie- hoffe ich in Zukunft mehr Menschen mit „Drei“), Andrea Fechter (Volkshilfe ren die Probleme oft aus dem schwierigen Einschränkungen erleben zu dürfen. Es Arbeitswelt aus Oberösterreich als Ver- Alter. Hier ist es gut, wenn ihnen jemand wäre wünschenswert, wenn die Unter- treterin von „Dabei Austria“), Johannes als neutrale Person sagt, bleib doch dran. nehmen dieser Gruppe eine Chance Kopf (Vorstand des Arbeitsmarktservice Im Erwachsenenbereich merken wir, dass geben. Österreich), Tino Lehmann (Absolvent wir Unterstützung bei der Sicherung des Sinn: Ich habe das Gefühl, dass es für der IT-Academy, Mitarbeiter in der IT- Arbeitsplatzes geben müssen. Der Um- Schüler mit Behinderung leichter gewor- Abteilung von „Drei“ und Rollstuhl- gang mit dem Thema Behinderung ist of- den ist, in weiterführende Schulen zu nutzer), Karin Praniess-Kastner (Zero fener geworden – so erklären wir uns die gehen und bis zur Matura zu kommen. Project Österreich), Susanne Präsent erhöhte Nachfrage bei den Sicherungen Das war früher nicht selbstverständlich. (Betriebskontakterin bei Autark Kärnten), der Arbeitsassistenz. Unser Schulerhalter ist die Diakonie. Wir Elisabeth Sinn (Schuldirektorin des haben sonderpädagogische Förderung, Evangelischen Gymnasiums in Wien), wir haben fünf Stunden technisches Wer- Johannes Zimmerl (Direktor Konzernper- „Es gilt, die ken im Werkschulheim, fürs Turnen sonalwesen Rewe International). Das kommt ein zweiter Turnlehrer dazu. Gespräch moderierte Gastgeber Michael Expertise des Unsere Schüler mit Beeinträchtigungen Fembek, Programm-Manager der Essl fahren selbstverständlich mit ins Aus- Foundation. Personalisten zu land. Zimmerl: Der Fischteich ist de facto leer- Fembek: Blicken wir fünf Jahre zurück. nutzen, aber gefischt von Personen ohne Vermitt- Wie hat sich nach Ihren persönlichen Er- lungshemmnisse, Arbeitgeber müssen fahrungen in dieser Zeit die Beschäfti- auch Menschen Arbeitskräfte daher anders ausfindig ma- gungssituation, die Lebenssituation von chen. Wir konnten zwar nicht alle, aber Menschen mit Behinderung verändert? mit Behinderung einen guten Teil vakanter Stellen gut be- Ist es besser oder schlechter geworden setzen. Auch weil wir unsere Fischernet- und warum? ernst zu ze schon früher weiter ausgeworfen und Lehmann: Grundsätzlich ist die Jobsuche uns etwa bei der Beschäftigung von Men- im Vergleich zu früher einfacher gewor- nehmen.“ schen mit Behinderung engagiert haben. den, weil es mehr Kanäle gibt. Gleichzei- So etwas muss aber vom Unternehmen tig macht es der anonyme Bewerbungs- Susanne Präsent vorgegeben werden. Wenn man die Mit- prozess wieder schwieriger. Hat man eine arbeiter bei der Aufnahme von Menschen physische Einschränkung und keine mit Behinderung unterstützt, dann Chance, schon vor dem Hearing-Ge- kommt eine gewisse Dynamik auf und es spräch irgendwie zu glänzen, ist man im funktioniert sehr gut. Nachteil. In den Unterlagen steht, ich bin Präsent: Es ist teilweise einfacher gewor- Fechter: Früher sind viele Menschen mit Rollstuhlfahrer. Da haben viele Leute den, den Zugang zu finden, andererseits kognitiven Schwächen zu uns gekom- grundsätzliche Bedenken und ich werde hat sich die Arbeitswelt sehr stark verän- men. Aber sie hatten großteils ein gutes gar nicht zu einem Gespräch eingeladen, dert, die Nischenarbeitsplätze verschwin- familiäres Umfeld mit viel Unterstützung. wo ich überzeugen könnte. den immer mehr. Das heißt, wir haben Heute kommen sehr viele Personen, die Praniess-Kastner: Das sehe ich ähnlich. immer weniger Möglichkeiten, Erwachse- nicht nur ein Thema haben, das bearbei- Menschen, die besondere Talente haben, ne mit Behinderung in ein Unternehmen tet werden muss. Vielen Jugendliche feh- aber nicht die passende Ausbildung, weil zu integrieren, weil die Aufgaben fehlen. len Schlüsselqualifikationen, sie müssen sie eben nicht dem Mainstream entspre- Der Portier etwa ist zu einem Sicherheits- vieles wieder erlernen. Es ist auch eine chen, haben es heute durch die Online- manager geworden und damit für unsere große Herausforderung für ein Unterneh- Bewerbungsmodalitäten viel schwerer. Zielgruppe nicht mehr bewältigbar. Bei men zu sagen, ja, das kann ich leisten. Sie haben nicht die Möglichkeit, diese Jugendlichen betreuen wir vielfach jene Da wird auch Unterstützung gebraucht. Individualität, die sie mitbringen und die mit kognitiven Einschränkungen, die Im letzten Jahr wurden 87.000 Personen, das besondere Talent ausmacht, auszu- über einen sonderpädagogischen Förder- großteils Jugendliche, aber auch Erwach- spielen. Das heißt, es ist einerseits einfa- bedarf verfügen. Durch die teils stattfin- sene durch Dienstleistungen des Netz- cher, zu einem Job zu kommen, aber zu- dende Akademisierung von Berufsschu- werks Berufliche Assistenz betreut. gleich wurde es für manche sehr viel len wird es schwieriger, Jugendliche in Präsent: Ich höre immer wieder von schwieriger. eine verlängerbare Lehre oder Teilqualifi- Unternehmen, sie finden keine Men- Beschäftigung 7
schen mit Behinderung als Mitarbeiter. Aber es geht ja nicht allein darum, je- „Ohne Technik und Unternehmen muss eine unabhängi- ge Stelle sein, die sich um Menschen mit manden zu finden, der diese bestimmte Qualifikation hat, sondern auch darum, hätten viele Behinderung, um ihre Einführung in den Arbeitsmarkt kümmert. Jobs für Menschen zu kreieren, die sagen, ich möchte hier mitarbeiten und kann unserer Schüler Sinn: Ich habe an meiner Schule vier Coaches, zwei Bildungsberaterinnen, diese und jene Kompetenzen einbringen. Da gilt es die Expertise des Personalisten mit Beeinträch- zwei Berufsberaterinnen. Es sind an jedem Tag der Woche Menschen da, die zu nutzen, aber auch Menschen mit Be- hinderung sehr ernst zu nehmen. tigung nicht sich nicht nur um Kinder mit Beeinträch- tigungen, sondern um alle kümmern. Fembek: Wir kommen zur zweiten Frage- maturieren Trotz all dieser Bemühungen haben wir keine Integrationsklasse mit fünf Schü- runde: Übergänge aus dem Schulsystem in die Berufsausbildung, von der Berufs- können.“ lern geschafft. Selbst bei Freiplätzen scheiterte es und zwar an den Transport- ausbildung in den Job, vom Studium in Elisabeth Sinn möglichkeiten. Hier brauchen Eltern den Job. Da gibt es speziell für Menschen Unterstützung. Das fehlt. Innerhalb der mit Behinderung zu wenig Strukturen, Schule geht es dann schon. Aber dort jeder versucht zu improvisieren. Es gibt hinzukommen und natürlich nachher viele Innovationen, die versuchen, da wieder heimzukommen ist eine Heraus- Brücken zu bauen. Meine konkrete forderung. Frage: Was ist die Brücke, die am drin- Fechter: Es gibt an diesen Übergängen Zimmerl: Natürlich sollte mit der Unter- gendsten gebraucht wird, was fehlt, damit das Jugendcoaching in den Schulen. Ich stützung möglichst früh begonnen wer- Menschen mit Behinderung in eine voll- wünsche mir, dass es einen selbstver- den. Wenn die Eltern im optimalen Fall wertige Beschäftigung kommen? ständlichen Stellenwert bekommt wie gemeinsam mit dem richtigen Kindergar- Lehmann: Nach meiner persönlichen Er- etwa die Berufsorientierung. Was ich mir ten, der richtigen Schule der Lebens- fahrung fängt es beim AMS und bereits noch wünsche ist, dass AMS-Berater die coach sein können, wird vieles einfacher. bei der Beratung von Schülern an. Es Arbeitsassistenz früher einschalten und Öffentliche Beratungsstellen, die Eltern muss dort Leute geben, vielleicht auch wir die bestehenden Kooperationen wei- bei diesen Aufgaben unterstützen und be- mit Behinderung, die die Situation ihres ter ausbauen. gleiten können, wären aus meiner Über- Gegenübers nachvollziehen können. Die Präsent: Ein wesentlicher Punkt ist die zeugung auch eine gute Maßnahme im dann auch die richtigen Schlussfolgerun- Brücke zu den Unternehmen. In Kärnten Sinne einer nachhaltigen Inklusion. Es gen ziehen und passende Angebote für haben wir viele Klein- und Mittelunter- sind gute Voraussetzungen für engagierte den Schüler oder Absolventen finden. nehmen, die gar nicht diese Personal- und selbstständige Kinder gegeben, auch Und die sich dafür auch Zeit nehmen. und HR-Ressourcen haben, um mit dem wenn einem Kind erst wenig Chancen at- Sinn: Eigentlich ist es nach der Schulaus- Thema umfassend umgehen zu können, testiert werden, aber die Eltern frühzeitig bildung viel zu spät. Bis Eltern für ein so wie das bei Rewe sehr gut funktio- voll engagiert sind, lässt sich viel bewe- Kind mit Beeinträchtigung eine Schule niert. Hier kann das NEBA-Angebot eine gen, und diese Kinder haben einen leich- finden, bis eine Volksschule sagt, das gute Brücke bilden. Zusätzlich brauchen teren Start ins Berufsleben. Kind kann doch ins Gymnasium gehen, wir aber die richtigen Aufgaben für die Kopf: Arbeitslose behinderte Menschen bis es eine Schule aufnimmt und bis zur Mitarbeiter mit Behinderung, weg von sind bei uns in Österreich recht gut be- Matura begleitet, das ist ein schwieriger den Berufen, hin zu den Tätigkeiten, die treut. Wenn ich an das AMS für Jugendli- Prozess, an dem manche scheitern. Wich- gut erfüllt werden können. Das wäre für che in Wien denke, wieviel Fachexpertise tig wäre ein Coach, eine Institution, die mich eine ganz große und wichtige Brü- jeder einzelne Berater hier mitbringt. die Eltern und das Kind begleiten, wie cke, um passende Job-Matches herstellen Mehr Sorgen machen mir jene, die gar das beispielsweise die Diakonie tut. zu können. nicht zu uns kommen. Frauen beispiels- Praniess-Kastner: In Österreich fließt Breyer: In der HTL Ungargasse hat die weise nehmen die Unterstützung der per- sehr viel Geld in Dienstleistungen für Integration von Menschen mit Behinde- sönlichen Arbeitsassistenz weit weniger Menschen mit Behinderungen. Die Mittel rung super funktioniert, aber dann war in Anspruch, aber das wäre oft notwen- müssten aber noch effizienter eingesetzt Schluss. Und je schlechter die Mobilität dig, damit sie auch einen Job ausüben werden. Wichtig ist der Ausbau der Früh- der Schüler ist, desto schwieriger ist es, können. Auf der anderen Seite ist es förderung im Kleinkindalter. Das Kind einen Arbeitsplatz zu finden. Ich bin auch notwendig, ständig zu informieren. muss begleitet werden, ganz besonders froh, dass wir Tino Lehmann im Team Bestes Beispiel ist der besondere Kündi- bei diesen Übergängen vom Kindergarten haben, weil er im Unternehmen die gungsschutz für Menschen mit Behinde- in die Schule, in eine höhere Schule, in Sichtweise auf Menschen mit Behinde- rung, der erst nach vier Jahren Beschäfti- die Berufsausbildung. Es muss einen rung schärfen kann. Daraus resultiert gung gilt. Viele Betroffene werden bei der Paradigmenwechsel geben. Nicht Men- eine ganz andere Einstellung. Wer solche Bewerbung aussortiert, weil man glaubt, schen mit Behinderung verwalten und in Erfahrungen nicht hat, sieht nur den es gäbe diesen Kündigungsschutz von Fotos: Akos Burg Beschäftigungstherapien abschieben, Rollstuhlfahrer, nicht die fachliche Quali- Anfang an. sondern einen Coach zur Verfügung stel- fikation, nicht seine Entwicklungsmög- Lehmann: Ich erlebe es auch immer wie- len, der sie begleitet und unterstützt. lichkeiten. Die Brücke zwischen Schule der, dass diese Schutzmechanismen, die Beschäftigung 8
Tino Lehmann: „Ich erlebe es immer wieder, dass diese Schutzmechanis- men, die helfen sollten, negativ ausgelegt werden.“ Neues vom Arbeitsmarkt Johannes Kopf, Vorstand des Arbeits- marktservice Österreich Beim starken Wachstum 2017 verzeich- neten wir für Menschen mit Behinderung rückläufige Arbeitslosenzahlen erst mit Verzögerung. 2018 war die Arbeitslosen- zahl weiter rückläufig und damit auch jene für Menschen mit Behinderung. Jetzt läuft die Konjunktur nicht mehr so dynamisch, die allgemeine Arbeitslosigkeit sinkt aber noch heuer um etwa 15.000 im Vergleich zu 30.000 im vergangenen Jahr. Da können nicht mehr alle Gruppen profitieren. Bei begünstigt behinderten Menschen sind die Arbeitslosenzahlen noch rückläufig, bei Personen mit sons- tigen Vermittlungseinschränkungen und mit Behindertenpass aber wieder leicht steigend. Dahinter stehen verschiedene Faktoren. Johannes Zimmerl Zum einen haben wir eine sehr starke Be- (re.): „Der Fischteich Karin Praniess- schäftigungssteigerung bei Menschen mit ist de facto leerge- Kastner: „Nicht Behinderung, sie ist im vergangenen Jahr fischt von Personen Menschen mit Be- um 2,4 Prozent über dem allgemeinen ohne Vermittlungs- hinderung verwalten Beschäftigungswachstum gestiegen. hemmnisse.“ und in Beschäf- Steigen mehr Menschen mit Behinderung tigungstherapien in den Arbeitsmarkt ein, dann gibt es auch abschieben, sondern in dieser Kategorie mehr Arbeitslose. einen Coach zur Auch sonst sehen wir Fortschritte. Wir Verfügung stellen, haben aktuell fast 3300 offene Stellen, der sie begleitet und bei denen extra darauf hingewiesen wird, unterstützt.“ dass Menschen mit Behinderung gerne aufgenommen werden. Das hat zum einen mit der Bewusstseinsarbeit zu tun, wie sie auch die Essl Foundation leistet. Zum anderen aber auch mit dem Thema Fachkräftemangel. Aber solche Anfragen sind nicht immer Johannes Kopf: „Ich einfach zu erfüllen. Sucht etwa jemand mache mir Sorgen einen Mechatroniker im Raum Oberöster- um die Menschen, reich, bevorzugt mit Behinderung, muss die gar nicht zu uns man erst einmal einen finden, der etwa im kommen. Frauen Rollstuhl sitzt, eine Mechatroniker-Aus- nehmen beispiels- bildung hat und arbeitslos ist. Es ist also weise Arbeitsassis- nicht jede Stelle besetzbar und es sind tenz viel weniger in natürlich auch mehr offene Stellen dort, Anspruch als wo die Arbeitslosigkeit niedrig ist, als dort, Männer.“ wo sie höher ist. Beschäftigung 9
Werner Breyer: „Die Brücke zwischen Schule und Unternehmen muss eine unabhängige Stelle sein.“ Andrea Fechter (li.): „Im letzten Jahr wurden 87.000 Personen, großteils Jugendliche, durch Dienstleistungen des Netzwerkes Berufliche Assistenz betreut. Susanne Präsent (re.): „Nischen- arbeitsplätze Michael Fembek: verschwinden „Man kann einen immer mehr“ – und Pflegeroboter bauen, damit viele der einfachen Integra- der eine Person tionsmöglichkeiten. ersetzt. Genauso kann man einen Roboter bauen, der eine Pflegeperson mit einer niedrigen Qualifikation, mit Fotos: Akos Burg einer Behinderung unterstützt.“ Beschäftigung 10
„Die Jobs für Niedrigqualifizierte fallen schneller weg, als die höhere Qualifizierung der Bevölkerung passiert.“ Johannes Kopf helfen sollten, oft negativ ausgelegt wer- Tochter hätte übrigens vor 20 oder 25 Jah- Zimmerl: Ich glaube, es werden sich den. Es ist natürlich für den Arbeitgeber ren keine Möglichkeit gehabt, berufstätig durch die Digitalisierung noch viele neue unangenehm, wenn er sich an Schutz- zu sein. Sie ist auf den Computer angewie- Möglichkeiten ergeben. Menschen mit richtlinien halten muss, aber es kann sen, das heißt, ohne Computer würde sie Lernschwierigkeiten werden vielleicht auch eine Chance sein, ich habe dann heute weder einen Studienabschluss einen digitalen Begleiter haben, der weniger Angst vor Kündigung und kann haben noch berufstätig sein. Die Techno- ihnen die Arbeitsschritte stückweise an- mich besser entfalten. logisierung hat ihr eine Welt eröffnet. sagen wird. Natürlich ist die Barrierefrei- Praniess-Kastner: Seit Jahrzehnten wird Fechter: Wir Beratungsdienstleister müs- heit in diesem Zusammenhang ein über Integration von Menschen mit Be- sen die Betroffenen bei der bestmögli- Thema. Man muss den Einstieg für diese hinderungen in den Arbeitsmarkt disku- chen Nutzung dieser Technologie unter- Personengruppe so erleichtern, dass sie tiert. Trotzdem werden Kinder noch stützen. Als Gefahr sehe ich, dass die die digitale Technik nützen können. immer in separaten Einrichtungen be- Technologie zwar ein Tor zur Welt öffnet, Kopf: Ich bin überzeugt, dass eine Reihe schult. Wir würden nicht hier sitzen, andererseits die sozialen Kontakte sehr von körperlichen Einschränkungen wie wenn alle Kinder eine Schule besuchen stark abnehmen. In den nächsten zehn etwa nicht sehen oder nicht hören durch würden. Dann könnten wir mit Men- Jahren wird sich noch sehr viel bewegen. Technik gelöst werden wird. Schwieriger schen mit Behinderungen ganz selbstver- Wir Berater müssen schauen, dass wir am wird das bei kognitiven Einschränkun- ständlich umgehen und wir hätten nicht Ball bleiben und die Menschen so unter- gen. Diese Gruppe ist momentan Verlie- diese Barrieren in den Köpfen. Es wären stützen, dass sie von der Digitalisierung rer der Digitalisierung, weil die Jobs für keine Kampagnen notwendig, um bestmöglich profitieren können. sie weniger werden. Die Jobs für Niedrig- Menschen aufzuklären, dass Menschen Präsent: Beim Recruiting sind die neuen qualifizierte fallen schneller weg, als die mit Behinderungen auch etwas leisten Technologien für unsere Zielgruppen höhere Qualifizierung der Bevölkerung können. nicht ideal. Sie fallen bei Sortiervorgän- passiert. Deshalb hat sich die Arbeitslo- gen aufgrund geringerer Qualifikationen senquote der Personen mit nur Pflicht- Fembek: Drittes und letztes Thema: Digi- oder anderer Dinge einfach heraus, ob- schule in den letzten 25 Jahren fast ver- talisierung und neue Jobs, die daraus ent- wohl sie die betreffenden Unternehmen dreifacht, während die anderen im stehen. Wo sehen Sie die Chancen, wo gerne beschäftigen würden. Wesentlichen gleichgeblieben sind. Das sehen Sie Gefahrenpotenziale? Breyer: Bei „Drei“ gibt es Callcenter in ist bei uns dramatisch, weil wir ein Lehmann: Bei der Automatisierung darf Wien und Erfurt. In Erfurt gibt es eine Hochlohnland sind. Hier passiert Auto- man den Menschen nicht aus den Augen eigene Gruppe mit Betriebsrat und vor matisierung schneller. Will man Men- verlieren. Er kann immer noch mehr leis- Ort Betreuer, die sich nur um Menschen schen mit kognitiven Einschränkungen ten, als ein Computer. Aber diese Dinge mit Behinderung kümmern. Die Ent- helfen, muss man anderen eine bessere haben mich auch unheimlich nach vorne wicklung ist rasant. Wir können uns Ausbildung ermöglichen. Dann bleibt für gebracht. Ohne PC hätte ich sicher kaum nicht vorstellen, wie in 30 Jahren die diese Gruppe der schwächere Job. eine Aussicht auf Karriere. Denn was Arbeitswelt aussieht. Für Menschen mit hätte ich denn körperlich tun sollen? Die schlechterer Bildung wird es schwieriger, Fembek: Um mit dem Thema Technolo- Technik ist auch eine Bereicherung, weil nicht nur am Behindertensektor. Einen gien und Arbeitsplätze abzuschließen: ich von zu Hause aus arbeiten kann. Das Taxifahrer wird es in 25 Jahren nicht Man kann natürlich einen Pflegeroboter Gefahrenpotenzial ist die Verdummung, mehr geben, weil ein Computer viel si- bauen, der eine Person ersetzt. Genauso weil wir immer weniger selbst machen. cherer fahren kann, als jeder Mensch. kann man einen Roboter bauen, der eine Praniess-Kastner: Für Menschen mit Be- Sinn: Ohne Technik hätten viele unserer Pflegeperson mit einer niedrigen Qualifi- hinderung eröffnen ein Smartphone und Schüler mit Beeinträchtigung nicht matu- kation, mit einer Behinderung unter- viele andere Technologien tolle Möglich- rieren können. Die meisten unserer Kin- stützt. Ich glaube, niemand will mit keiten. Aber es gibt auch eine Gruppe von der mit Beeinträchtigungen, die gezwun- einem Roboter reden, egal wie „intelli- Menschen mit Behinderung, die nicht in gen sind, mit dem Computer zu arbeiten, gent“, aber mit einem Menschen, der diese Nutznießerrolle hineinkommen, sind weder Computer- noch Handy-süch- mehr Zeit hat zum Reden oder Plaudern, weil sie nicht damit umgehen können, tig. Für sie ist das etwas, womit sie arbei- während der Roboter die notwendigen weil sie vielleicht intellektuell nicht dazu ten. Die Gefahr einer größer werdenden Dinge erledigt. Ich glaube, das wäre die in der Lage sind. Das ist eine große Grup- Kluft sehe ich auch. Was wir als Schule Zukunft und hier müssen die Weichen pe. Und hier sehe ich auch die Gefahr hier tun können ist, mit den Lehrplänen richtig gestellt werden. Danke für die einer größer werdenden Kluft. Meine an der Entwicklung dranbleiben. spannende Diskussion! Beschäftigung 11
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG Das AMS als Partner für Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt Menschen mit körperlichen oder mentalen Beeinträchtigungen haben es am Arbeitsmarkt meist deutlich schwerer. Dabei bereichern sie viele Unternehmen mit ihren fachlichen und menschlichen Qualitäten. B etriebe, die Menschen mit Behinderun- gen ausbilden oder beschäftigen wollen, bekommen vom AMS umfassende Unterstüt- auf 73.611 mehr als verdoppelt – das ist eine Steigerung um 135 Prozent gegenüber 32 Prozent bei Personen ohne gesundheit- Kompetenz des gesamten Teams. Außer- dem sind behinderte Angestellte sehr häu- fig – zusätzlich zu ihren fachlichen Kennt- zung. Denn Menschen mit gesundheitlichen liche Einschränkung. nissen – überdurchschnittlich engagiert, Defiziten beziehungsweise mit körperlichen, loyal und echte Teamplayer. Und viele von psychischen oder kognitiven Handicaps Win-win-Situation. ihnen zeichnen sich durch besondere Krea- kämpfen mit Vorurteilen und gelten oft un- Dabei bringt es allen etwas, die Betroffe- tivität aus: Wer im Alltag mit Einschrän- begründet als weniger leistungsfähig. Die nen voll in die Arbeitswelt zu integrieren. kungen konfrontiert ist, bringt auch im Job Fotos: AMS/Fotostudio B&G Entwicklung am Arbeitsmarkt in den letzten Sie selbst schöpfen Anerkennung und oft neue Denk- und Lösungsansätze ein. Jahren hat gerade Personen mit gesundheit- Identifikation aus einer beruflichen Tätig- lichen Einschränkungen überproportional keit. Und auch die Unternehmen profitie- Firmen profitieren auch finanziell. betroffen: Seit 2008 bis 2018 hat sich die ren: Generell steigt im Betrieb die Sensibi- Darüber hinaus werden Firmen, die Behin- Zahl dieser durchschnittlich beim AMS lisierung für die Bedürfnisse behinderter derte einstellen, in Österreich finanziell ge- arbeitslos vorgemerkten Personen von 35.673 Menschen und damit auch die soziale fördert: Betriebe ab beziehungsweise pro 25 Beschäftigung 12
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG Auf dem richtigen Weg Das AMS unterstützt Wussten Sie, dass … Britta V. E., 32, kann aufgrund von Proble- Ob bei der Besetzung von freien Stel- … es für das AMS egal ist, ob eine Behinderung men mit der Wirbelsäule ihre bisherigen Tä- len, der Suche nach qualifiziertem gesetzlich festgestellt wurde oder nur als ge- tigkeiten als Regalbetreuerin bzw. Fluggast- Personal oder bei der Personalent- sundheitliche Einschränkung von einem Arzt kontrollorgan nicht mehr ausüben. Mit 30 wicklung: Das AMS informiert, berät bestätigt wird? Das AMS unterstützt alle Jahren beginnt sie mit Unterstützung des und unterstützt Unternehmen bei der Kundinnen und Kunden mit gesundheitlichen AMS eine Umschulung zur Technischen Ausbildung und Integration von Einschränkungen, sofern sich daraus Vermitt- Zeichnerin. Dabei kann sie abwechselnd im Menschen mit Behinderungen in den lungsmöglichkeiten ergeben. Etwa durch Sitzen und Stehen arbeiten. Heute ist sie bei Arbeitsmarkt. Umschulungen in neue Berufe oder/und jener Ziviltechnikerfirma angestellt, die be- durch Unterstützung bei der Suche nach ge- reits während der Ausbildung ihre Kompe- Förderung der Aus-/Weiterbildung: sundheitsadäquaten Arbeitsplätzen. tenzen sehr zu schätzen wusste. Menschen mit Behinderung können zur Sicherung der Beschäftigung eine … 2018 insgesamt 155.595 Personen mit ge- Thomas M., 45, erlitt mehrere Bandscheiben- Förderung zur Aus- und Weiterbildung sundheitlichen Einschränkungen von Arbeits- vorfälle, an eine Arbeit in seinem erlernten beantragen. Voraussetzung unter an- losigkeit betroffen waren? – Ein leichter An- Beruf als Elektriker war nicht mehr zu den- derem: Die Förderung muss vor Beginn stieg von 1,6 Prozent gegenüber dem Jahr ken. Der Verlust von Gesundheit und Arbeit der Ausbildung vereinbart werden. davor. Auch behinderte Personen im engeren belastet ihn psychisch sehr. Mithilfe des AMS Sinn (begünstigt nach Landesbehindertenge- richtet er nun seine berufliche Zukunft neu Eingliederungsbeihilfe: Unternehmen setz bzw. Behinderteneinstellungsgesetz oder aus, lässt sich zum Bürokaufmann umschulen können einen Zuschuss zu den Lohn- mit Behindertenpass) sind um 1,2 Prozent und hat damit neue Perspektiven. kosten beziehen, wenn sie Menschen auf 25.740 leicht gestiegen. mit Behinderung beschäftigen. Die Döndü K., 22, hat eine Bewegungseinschrän- Höhe und Dauer der Förderung wird ... 57.301 Personen 2018 eine Beschäftigung kung der rechten Körperhälfte. Die junge jeweils zwischen dem AMS und dem aufnehmen konnten, wobei jede dritte Frau absolviert eine verlängerte Lehre zur Unternehmen vereinbart. Arbeitsaufnahme mit Hilfe einer Beschäfti- Archivs-, Bibliotheks- und Informationsassis- gungsförderung zustande kam? tentin bei der Gemeinde Wien. Mit Unter- Förderung der Lehrausbildung: stützung des AMS kann sie ihre Ausbildungs- Betriebe, die Lehrlinge mit Behinde- … Personen mit gesundheitlichen Einschrän- ziele in der Berufsschule und bei ihrer Arbeit rung ausbilden, können einen pau- kungen durchschnittlich um 97 Tage länger sehr gut erfüllen und möchte 2018 zur Lehr- schalierten Zuschuss zu den Kosten arbeitslos sind als Arbeitsuchende ohne abschlussprüfung antreten. der Lehrausbildung beziehen. Höhe gesundheitliche Einschränkungen? und Dauer können nach Bundesland Ulrike J., 42, lebt mit einer Hörbehinderung, variieren. hat betreuungspflichtige Kinder und musste finanzielle Schwierigkeiten bewältigen. Das „fit2work“ – Arbeit und Gesundheit: AMS half bei der Lösung und unterstützte Das kostenlose Beratungsangebot für Ulrike J. bei der Ausbildung zur Bürokauffrau. Arbeitskräfte und Unternehmen Mittlerweile fand sie eine solche Stelle an der unterstützt z. B. Unternehmen bei der Universität Graz, Eingliederungsbeihilfe und Förderung der Arbeitsfähigkeit ihrer Kombilohn des AMS waren eine willkommene Mitarbeiter/innen und bei der Gestal- Hilfe. tung der Arbeitsplätze. www.ams.at/unternehmen Angestellten sind gesetzlich verpflichtet, haben Bund und Länder geschaffen: So fal- schäftigen wollen, möglichst wenig büro- sogenannte „begünstigte Behinderte“ einzu- len für die Beschäftigung von beeinträch- kratische Hürden und finanzielle Belastun- stellen. Das sind Personen mit einem Grad tigten Personen unter anderem auch die gen zu tragen haben, unterstützt sie das der Behinderung von mindestens 50 Pro- Kommunalsteuer, der Dienstgeberbeitrag AMS gezielt mit Beratungsangeboten und zent, festgestellt vom Bundessozialamt. zum Familienlastenausgleichsfonds etc. Förderungen, etwa durch zeitlich befristete Unternehmen, die dem nicht nachkommen, weg. Der Kündigungsschutz, der viele Lohnkostenzuschüsse bei Begründung müssen eine Ausgleichstaxe zahlen, die Unternehmen davor zurückschrecken ließ, eines Dienstverhältnisses (Eingliederungs- zweckgebunden ist. Sie beträgt mindestens behinderte Personen zu beschäftigen, wurde beihilfe) oder eines Lehrverhältnisses (För- 262 Euro pro Pflichtstelle, bei Großbetrie- schon 2011 erheblich gelockert: Er wird erst derung der Lehrausbildung). ben entsprechend mehr. Umgekehrt erhal- vier Jahre nach Dienstbeginn wirksam. Darüber hinaus bietet das Sozialministeri- ten aber Unternehmen für in (Lehr-)Ausbil- umservice auch Förderungen für eine dung stehende begünstigte Behinderte eine Beratung und Förderung. Arbeitsplatzadaptierung oder eine „Ent- Prämie in der Höhe der Ausgleichstaxe, also Damit Unternehmen, die Menschen mit geltbeihilfe“ bei behinderungsbedingter monatlich 262 Euro. Zusätzliche Anreize Beeinträchtigungen ausbilden oder be- Leistungseinschränkung an. Beschäftigung 13
Vorteil statt Sozialbudget Die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung bringt auch Wettbewerbs- vorteile. Das bestätigen Führungskräfte verschiedener großer Unternehmen. Dorothee Ritz (re.), General-Managerin Microsoft Österreich, setzt auf begleitende Maßnahmen in der Beschäftigung und Produktentwicklungen für Betroffene; wie links die App Soundscape, die Menschen mit Sehschwäche bei der Orientierung hilft. M ehr als 110 Milliarden Microsoft Österreich. Der Gedanke, allen „Grund war unser Einstellungsprozess, Umsatz, über 140.000 Mit- eine Chance zu geben, geht bei Microsoft bei dem Autisten nicht durchgekommen arbeiter, Produkte, die fast deshalb sehr weit, erzählt sie: „Das be- sind.“ Heute werden interessierte Autis- jeder auf dieser Welt kennt ginnt bei der Art und Weise, wie wir Be- ten eingeladen, vier bis sechs Wochen im und die Hunderte Millionen Menschen werbungsgespräche führen, wie wir Unternehmen zu arbeiten. Dabei lässt rund um den Globus tagtäglich nutzen – Arbeitsplätze und Büros ausstatten, und sich gut abschätzen, wie sie für die Auf- das ist Microsoft. Aber der Konzern hat reicht letztlich bis zum Leitbild der gaben geeignet sind. Das Resultat: „Wir noch eine andere Seite, die weniger be- Unternehmensführung.“ Weil der gute haben weltweit mehrere hundert autisti- kannt ist und die vom Unternehmen Wille alleine zu wenig ist, werden viele sche Entwickler integriert, das sind Mit- nicht an die große Glocke gehängt wird: flankierende Maßnahmen gesetzt. Dazu arbeiter, die sehr wichtig für uns sind.“ Bei Microsoft werden Diversity und In- gehören Jobmessen, Jahresstipendien und Aber auch in vielen anderen Bereichen klusion in allen Bereichen gelebt. Und gezielte Einstellungsinitiativen wie ein leisten Mitarbeiter mit Behinderungen das keineswegs nur aus Empathie: Der „Autism Hiring Program“ oder ein „Sup- hervorragende Arbeit. Ein markantes Konzern ist überzeugt, dass die daraus ported Employment Program“. Wie in Ös- Beispiel: Chief Accessibility Officer des resultierende Vielfalt wesentlich zum terreich arbeitet Microsoft auf der ganzen Konzerns ist Jenny Lay-Flurrie. Sie stellt Unternehmenserfolg beiträgt. Welt mit Community-Partnern zusam- sicher, dass Barrierefreiheit Teil der men, um Informationen über integrative Unternehmenskultur bleibt, und hat mit Von Beginn an. „Wenn ein Unterneh- Einstellungspraktiken auszutauschen. ihrem Engagement und ihrer Mensch- men hochspezialisierte Arbeitskräfte lichkeit auch schon in Österreich bei sucht, dann tut man gut daran, das ge- Es lohnt sich. Der Aufwand macht sich Vorträgen begeistert. Lay-Flurrie ist aller- samte Potenzial zu nützen, und das auf vielen Ebenen bezahlt. Microsoft dings gehörlos. Das wäre bei vielen schließt alle Menschen mit ein“, erklärt hatte beispielsweise früher das Problem, Unternehmen ein Ausschließungsgrund Dorothee Ritz, General-Managerin von hochqualifizierte Entwickler zu finden. für eine solche Führungsposition. Nicht Beschäftigung 14
Michaela Huber (li.), Vorständin ÖBB, will alle Kundengruppen miteinbeziehen. Traude Kogoj (re.) will als Diversity-Beauftragte des Unternehmens helfen, adäquate Arbeitsplätze für alle Mitarbeiter zu finden. so bei Microsoft, wo man die Stärken beispielsweise sind intelligente Technolo- en Arbeitsplatz“, sagt Michaela Huber, dieser Menschen sieht: „Ihre Einschrän- gien zur Verbesserung des Leben von Vorständin des Konzerns. Bei den eige- kung beim Gehör wird durch enorme Fä- Menschen mit Behinderung, an deren nen Mitarbeitern blicken die ÖBB auf higkeiten auf anderen Gebieten mehr als Entwicklung viele Betroffene mitgearbei- eine lange Tradition zurück. Das hat mit wettgemacht“, schwärmt Ritz. tet haben. „Empower every person on the der vor allem früher nicht ungefährlichen planet to do more”, heißt das Motto. Tätigkeit im Bahndienst zu tun: „Seit es Großer Kundenkreis. Das Potenzial das Unternehmen gibt, beschäftigt man von Menschen mit Behinderung ist auch Ziel Barrierefreiheit. Die große Zahl sich mit dem Thema, wie Mitarbeiterin- Thema bei den Produkten des Konzerns. an potenziellen Kunden ist auch für ein nen und Mitarbeiter, die bei einem Be- Nicht ganz uneigennützig, denn es geht weiteres Unternehmen Grund, sich mit triebsunfall eine Beeinträchtigung erlitten um einen großen Kundenkreis: „Es gibt dem Thema Inklusion auseinanderzuset- haben, wieder in den Arbeitsprozess allein in Österreich über eine Million zen: „Die ÖBB sind sich ihrer Verant- eingegliedert werden können“, erzählt Menschen mit Einschränkungen, welt- wortung gegenüber all ihren Fahrgästen Traude Kogoj, Diversity-Beauftragte des weit ist es mehr als eine Milliarde, wir bewusst. Dazu zählen auch über eine Unternehmens. Die ÖBB haben dazu ein wollen dazu beitragen, dass diese ihre Million Menschen mit Mobilitätsein- ausgeklügeltes System, „um Mitarbeite- Behinderungen überwinden können“, schränkungen. Wir investieren laufend in rinnen und Mitarbeitern einen adäquaten sagt Ritz. Die große Vision von Microsoft barrierefreie Bahnhöfe, Züge und Ver- Arbeitsplatz zu schaffen, der den Interes- sei der barrierefreie und inklusive triebssysteme, um das Reisen mit der sen und Fähigkeiten des Betroffenen ent- Arbeitsplatz für alle. Dafür sorgen viele Bahn so einfach und komfortabel wie spricht“, berichtet Kogoj. Details bei Windows und Office. Außer- möglich zu gestalten. Dies gilt extern glei- Foto: Akos Burg dem gibt es Produkte speziell für diese chermaßen wie intern. Auch hier ist das Erfahrung nutzen. Bei der Rekrutie- Zielgruppe: Seeing AI, Microsoft Transla- Ziel der ÖBB eine partnerschaftliche Zu- rung neuer Mitarbeiter werde ebenfalls tor oder der Xbox Adaptive Controller sammenarbeit am möglichst barrierefrei- darauf geachtet, Menschen mit Behinde- Beschäftigung 15
Heike Mensi-Klarbach, Wissenschaftlerin WU Günther Ofner, Vorstandsdirektor Flughafen Wien: „Menschen mit Behinderung sind am Wien, findet es „wichtig, beim Recruiting allen Arbeitsmarkt nicht immer leicht zu finden.“ gleiche Chancen einzuräumen.“ rung gleiche Chancen zu geben. Im Qua- siert und weiterentwickelt werden.“ Wien beschäftigt. Sie haben verschie- litätsmanagement etwa sei eine Kollegin Wichtig sei es auch, ein Unternehmen denste Einschränkungen wie Hör- oder mit schwerer Sehbehinderung eingesetzt: nicht zu überfordern: „Die richtige Ge- Sehbehinderung, körperliche Gebrechen „Sie hat entsprechende Tools, um ihren schwindigkeit ist für eine gute und nach- oder eingeschränkte Leistungsfähigkeit. Job gut zu machen“, erzählt Kogoj. Darü- haltige Umsetzung sehr wichtig.“ Ofner findet es wichtig, beim Recruiting ber hinaus erledigt sie zusätzliche Aufga- allen gleiche Chancen einzuräumen. Ein ben, für die nur sie qualifiziert ist: „Sie Eigenes Karrierecenter. Ähnlich wie Unternehmen müsse seiner sozialen Ver- arbeitet an Apps für Sehbehinderte und bei den ÖBB sind auch am Flughafen ein antwortung gerecht werden und Mit- weiß natürlich ganz genau, was hier not- großer Teil der Mitarbeiter in Bereichen arbeiter mit Behinderung haben durch- wendig ist.“ Im Controlling der ÖBB ist tätig, wo hoher körperlicher und geistiger aus Besonderes zu bieten, etwa hohe ein im Rollstuhl sitzender Kollege tätig. Einsatz erforderlich ist. Hier ist es das Loyalität, sagt er. Dazu komme die Situa- Er erledigt seine Arbeit ausgezeichnet, Vorfeld. Daraus ergebe sich ebenfalls tion am Arbeitsmarkt: „Die Chance, die „weil er hervorragend motiviert ist“, so eine Art Inklusionsbedarf innerhalb des richtigen Mitarbeiter zu finden, erhöht Kogoj. Unternehmensintern wird der eigenen Teams, erzählt Flughafen-Vor- sich deutlich, wenn man bereit ist, Men- Kollege ebenfalls noch für andere Aufga- stand Günther Ofner: „Mit zunehmen- schen mit Behinderung einzustellen.“ be herangezogen: „Er wird von unserer dem Alter sind die Mitarbeiter körperlich Innovationsgruppe gerne gehört, wenn es nicht mehr in der Lage, die schwere Talente punkten. Soziale Verantwor- etwa um Barrierefreiheit der nächsten Arbeit zu erledigen, für sie haben wir ein tung für Mitarbeiter und Gesellschaft sei Zuggeneration geht“, weiß Kogoj. Das eigenes Karrierecenter eingerichtet.“ Es auch bei Magenta Telekom ein wesentli- sind nur zwei Beispiele von vielen. Insge- habe sich super bewährt, betont Ofner, cher Grund für Inklusion, meint Sabine samt haben über 700 Mitarbeiter der die Betroffenen werden in anderen Berei- Bothe, Chief HR Officer und Mitglied der ÖBB gesundheitsbedingte Einschränkun- chen des Flughafens beschäftigt. Geschäftsleitung. „Wir nehmen das unter gen, deren Grad bei über 50 Prozent Bei der Aufnahme neuer Mitarbeiter ist anderem wahr, indem wir Menschen eine liegt. Die ÖBB-Diversity-Beauftragte fin- Inklusion ebenfalls ein wichtiges Thema, Chance geben, die sich im Leben nicht det es wichtig, dass die Geschäftsleitung betont der Flughafen-Vorstand. So wurde immer so leicht tun.“ Skeptiker im Haus Vielfalt und Inklusion als sinnvoll und auf der Recruiting-Plattform myAbility konnte sie mit den Stärken solcher Men- Fotos: beigestellt wichtig für das Unternehmen erachtet, ein Unternehmensprofil angelegt. Außer- schen überzeugen, dass Inklusion Vortei- „aber das reicht nicht, es sind auch die dem vermittelt myAbility Schülern Prak- le für das Unternehmen bringt. Eine zweite und dritte Ebene gefordert, es tika am Flughafen. Derzeit sind 93 Mit- Rolle dabei spielten – wie bei Microsoft – müssen verschiedene Prozesse aktuali- arbeiter mit Behinderung beim Flughafen die speziellen Fähigkeiten von Autisten, Beschäftigung 16
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