Public Governance - Institut für den öffentlichen Sektor
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Institut für den öffentlichen Sektor Public AUSGABE HERBST 2018 Governance ZEITSCHRIFT FÜR ÖFFENTLICHES MANAGEMENT Zielsteuerung öffentlicher Unternehmen – Anspruch und Wirklichkeit Gastkommentar Kay Scheller Präsident des Bundesrechnungshofes Das Beteiligungsmanagement im Wandel – ein Blick auf die Praxis Öffentliche Beschaffung biobasierter Produkte noch ausbaufähig CSR-Berichterstattung in öffentlichen Unternehmen? Gefördert durch
INHALT Editorial 3 Ohne Ziele kein richtiger Weg Gastkommentar 4 Logbuch mit Lücken Schwerpunktthema 6 Zielsteuerung öffentlicher Unternehmen – Anspruch und Wirklichkeit Im Fokus 12 Das Beteiligungsmanagement im Wandel – ein Blick auf die Praxis 15 Öffentliche Beschaffung biobasierter Produkte noch ausbaufähig Standpunkt 19 CSR-Berichterstattung in öffentlichen Unternehmen? ktuelles aus Verwaltungswirtschaft A und öffentlichen Unternehmen 21Corporate Governance Frauenanteil im Topmanagement öffentlicher Unternehmen weiterhin gering 21Verwaltungsmodernisierung Beschäftigungszuwachs im öffentlichen Dienst bei Polizei, Kitas und Hochschulen (und Weiteres) 22Digitalisierung Verwaltung als Einsatzfeld für künstliche Intelligenz (und Weiteres) 24 Öffentliche Finanzwirtschaft Ende der Einlagensicherung bei Privatbanken: Kommunen ziehen Konsequenzen (und Weiteres) 25 Haushalts- und Rechnungswesen BMF-Staatssekretär: EPSAS können Mehrwert haben 25 tadtwerke, Ver- und Entsorgungswirtschaft S Stadtwerkestudie: Digitalisierung als wichtigste Aufgabe (und Weiteres) 26 achhaltigkeit N Peer Review: Verhaltenes Urteil für deutsche Strategieumsetzung (und Weiteres) 28 esundheitswirtschaft G Erhebung zur Personalsituation: Mehr Stellen für Patientenversorgung benötigt Recht und Steuern 28 Präzedenzfall erzwungener Umlageerhöhung: Klage erfolglos (und Weiteres) ÖPNV 29 Hamburg und Stuttgart: Erste Pilotprojekte mit digitaler Technologie ETCS In eigener Sache 30 myGovernment: Junge Unternehmen präsentieren smarte Verwaltungslösungen (und Weiteres) Service 31 Abonnement PublicGovernance, Impressum, Ansprechpartner © 2018 Institut für den öffentlichen Sektor e.V. Alle Rechte vorbehalten.
3 EDITORIAL Ohne Ziele kein richtiger Weg in betriebswirtschaftlicher Hinsicht als nahme der Beschaffung biobasierter Pro- auch die darüber hinausgehenden öffent- dukte. Der Dank für diesen Artikel geht lichen Ziele gleichberechtigt widerspie- an Prof. Dr. Ronald Bogaschewsky und gelt. Letztere lassen sich nicht immer in sein Team von der Universität Würzburg. Form von einfachen Kennzahlen aus dem Der Mitautor Dr. Michael Broens hat für Rechnungswesen des Unternehmens seine Doktorarbeit 2015 den Carl-Goer- ablesen und enthalten vielfach nur wenig deler-Preis erhalten, dessen Auslobung standardisierte nichtfinanzielle Größen. und Verleihung von unserem Institut un- terstützt wird. Der Schwerpunktbeitrag dieser Ausgabe streicht die Bedeutung von Zielsteuerung In eigener Sache sei auch auf die gleich- im Umgang mit öffentlichen Unterneh- namige Rubrik in dieser Ausgabe ver- men heraus. Er stellt einen Appell dar, wiesen: Unser Institut hat vor Kurzem trotz möglicher Schwierigkeiten spezi- zum dritten Mal die Veranstaltung „my- fisch öffentliche Zielsysteme zu etablie- Government“ ausgerichtet, auf der tech- ren. Wir möchten an dieser Stelle dem nologisch ausgerichtete Start-ups inno- Präsidenten des Bundesrechnungsho- vative Lösungen für den öffentlichen fes, Kay Scheller, sehr herzlich danken, Sektor präsentieren. Mit den Veranstal- dass er im Gastkommentar seine Sicht tungen und dem gleichnamigen Online- auf die Beteiligungssteuerung darstellt. portal fördert das Institut die Digitalisie- Die Bedeutung öffentlicher Unternehmen Auch Lars Scheider, dem Leiter der rung im öffentlichen Sektor hin zu einem für die Leistungserbringung der öffent- Abteilung Beteiligungsmanagement der „smarten Staat der Zukunft“. lichen Hand ist an dieser Stelle schon oft Stadt Frankfurt am Main, sind wir sehr zu beleuchtet worden. Die immer noch stei- Dank verpflichtet. Er richtet den Blick auf Wir hoffen, dass auch diese Ausgabe gende Zahl der Unternehmen, ihr finan- die Kommunen, in deren Portfolios sich von „PublicGovernance“ Ihr Interesse zielles Gewicht und ihre Bedeutung als die weitaus meisten öffentlichen Unter- findet und freuen uns auf den Austausch Arbeitgeber sind Gründe für uns, das nehmen befinden. mit Ihnen. Thema der Unternehmenssteuerung und des Beteiligungsmanagements in regel- Einen weiteren herzlichen Dank rich- mäßigen Abständen immer wieder auf- ten wir an Prof. Dr. Peter Hommelhoff, zugreifen. Auch die vorliegende Ausgabe den wissenschaftlichen Leiter unserer widmet sich mit mehreren Beiträgen die- Schwesterorganisation, das Audit Com- sem Thema. mittee Institute e.V. in Frankfurt am Main, Ulrich Maas das sich der Corporate Governance in Vorsitzender Unternehmen werden von den Gebiets- börsennotierten Unternehmen widmet. Institut für den öffentlichen Sektor e. V. körperschaften nicht ohne Begründung In diesen ist derzeit die CSR-Richtlinie ins Leben gerufen, sie existieren zur Ver- ein viel diskutiertes Thema. Sie for- folgung von öffentlichen Zwecken. Diese dert von großen Unternehmen der Pri- sind oft weit gefasst und lassen sich mit vatwirtschaft eine Berichtslegung über Begriffen wie „Gemeinwohl“ oder „Da- Nachhaltigkeitsaspekte, die die klas- seinsvorsorge“ umschreiben. Die Heraus- sische Finanzberichterstattung ergänzt. forderung der Beteiligungssteuerung be- Hommelhoff stellt in seinem Stand- steht nun darin, sich nicht nur auf die punktbeitrag die Frage, ob nicht auch gängigen betriebswirtschaftlichen Ziel- öffentliche Unternehmen eine solche stellungen zu beschränken, sondern die nichtfinanzielle Berichterstattung einfüh- öffentliche Zwecksetzung in möglichst ren sollten. konkrete Zielsetzungen für die Unterneh- men zu übersetzen. Am Ende sollte ein Nachhaltiges Handeln öffentlicher Orga- konsistenter Zielkatalog stehen, der so- nisationen ist auch der Hintergrund eines wohl die gute Unternehmenssteuerung Beitrags mit einer aktuellen Bestandsauf- PUBLIC GOVERNANCE Herbst 2018 © 2018 Institut für den öffentlichen Sektor e.V. Alle Rechte vorbehalten.
4 GASTKOMMENTAR Logbuch mit Lücken Wenn der Staat als Unternehmer tätig wird, muss er das Ruder fest in der Hand halten. Ein gefahrene Abläufe zwischen Aufsicht und Geschäftsleitung gilt es zu hinterfragen. Nicht immer weiß der Bund, ob seine Unternehmungen Erfolg haben. Das muss sich ändern. Auch der Staat ist Unternehmer. Und der Bund seine Betätigung bei den Unter- zwar dann, wenn er sich eines privat- nehmen verwaltet und führt, und ob und rechtlichen Unternehmens bedient, um wie er seine Interessen in den Aufsichts- seine Aufgaben zu erfüllen. Im Bereich gremien der Unternehmen wahrnimmt. der öffentlichen Daseinsvorsorge sind vor allem kommunale Unternehmen tätig. Dazu gehört, ob die Beteiligungsführun- Aber auch der Bund und seine Sonder- gen in den Bundesministerien – neben ei- vermögen sind unmittelbar an mehr als ner guten Vorbereitung ihrer Bundesver- 100 Unternehmen beteiligt – der Bund treter auf die Sitzungen der Aufsichtsgre- selbst an 58 Gesellschaften mit aktiver mien – die ihnen zustehende Kontrolle Geschäftstätigkeit. Meist handelt es sich über die Unternehmen ausüben, ob sie um GmbHs und Aktiengesellschaften. notwendige Informationen einholen, ob sie Risiken aus der Unternehmensbetei © Bundesrechnungshof Der Bund beteiligt sich auf ganz unter- ligung identifizieren, und bei Bedarf ge- schiedlichen Feldern. Vom Forschungs- gensteuern. zentrum bis hin zur Kultureinrichtung wie der Bayreuther Festspiele GmbH bedient Im Prüfungsfokus steht auch, ob das er- sich der Bund einer Vielzahl von Gesell- forderliche Bundesinteresse an einer Be- schaften – ganz abgesehen von den teiligung noch besteht. Denn der Bund Kay Scheller großen Beteiligungen des Bundes an darf sich nur an Unternehmen beteiligen, Präsident des Bundesrechnungshofes der Deutschen Bahn AG, der Deutschen wenn er daran ein wichtiges Interesse Telekom AG oder der Deutschen Post hat und sich der angestrebte Zweck nicht AG. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau, besser und wirtschaftlicher auf andere die Commerzbank oder drei große deut- Weise erreichen lässt. sche Flughäfen gehören auch dazu. Prüfungsmaßstäbe Um diese Beteiligungen zu führen und zu Die übergeordneten Kriterien und Prü- steuern, setzt der Bund nicht auf eine fungsmaßstäbe für die Betätigungsprü- zentrale Beteiligungsverwaltung. Seine fungen des Bundesrechnungshofes sind Beteiligungsführung ist dezentral orga die Rechtmäßigkeit und die Wirtschaft- nisiert – und zwar im jeweils fachlich lichkeit. Hier sind vor allem handels- und zuständigen Ministerium. gesellschaftsrechtliche Vorgaben zu be- rücksichtigen. Hinzu kommen spezielle Ein wichtiges Prüfungsfeld Grundsätze, die die Bundesregierung er- Im Jahr 2016 erhielten 34 Beteiligungen lassen hat, um eine möglichst einheitliche des Bundes Zuwendungen aus dem Vorgehensweise im dezentralen, über Bundeshaushalt in Höhe von insgesamt mehrere Ministerien verteilten System der rund 6,95 Milliarden Euro. Damit sind Beteiligungsführungen sicherzustellen. Bundesbeteiligungen für den Bundes- rechnungshof ein wichtiges Prüfungs- Die Grundsätze bestehen aus drei Teilen: feld. Er prüft diesen Bereich fortlaufend. dem Public Corporate Governance Ko- Mehrere Prüfungsgebiete sind damit be- dex des Bundes (PCGK), den Hinweisen traut. Dabei prüfen wir nicht die jeweili- für gute Beteiligungsführung und den Be- gen Unternehmen selbst, sondern wie rufungsrichtlinien. Die Anwendung des PUBLIC GOVERNANCE Herbst 2018 © 2018 Institut für den öffentlichen Sektor e.V. Alle Rechte vorbehalten.
GASTKOMMENTAR 5 PCGK durch die Unternehmen ist in de- schäftsleitungen nicht konsequent nach- Standard auch seine angemessene Ver- ren Gesellschaftsvertrag aufzunehmen. halten. Sie nehmen schlicht eine mangel- bindlichkeit erhält, sollte er in die Grund- Die Unternehmen haben dadurch den hafte Informationspolitik unwiderspro- sätze guter Unternehmens- und Beteili- PCGK-Empfehlungen zu folgen. Die Hin- chen hin. gungsführung im Bereich des Bundes weise für gute Beteiligungsführung so- eingehen. wie die Berufungsrichtlinien richten sich Erfolgskontrolle muss besser an die Bundesverwaltung. Sie haben den werden In engem Zusammenhang mit Erfolg Charakter von Verwaltungsvorschriften Mit unserer querschnittlichen Betrach- steht auch die Frage der Vergütung von und sind damit für die Beteiligungsfüh- tung des Beteiligungsgeschäfts über alle Geschäftsleitungen. Hier beobachten wir rung verbindlich. Bundesressorts hinweg decken wir vor immer wieder, dass die Angemessenheit allem auch strukturelle, grundsätzliche der Vergütungen nicht hinreichend be- Eine erfolgreiche Prüfung der Betätigun- Defizite bei der Beteiligungsverwaltung legt ist. Auch hier brauchen wir mehr gen durch den Bundesrechnungshof lebt des Bundes auf. Eine empfindliche Transparenz. Vergütungen müssen nach- von dem unverstellten und sachverstän- Schwachstelle ist die unzureichende Er- vollziehbar an den Erfolg einer Unterneh- digen Blick von außen. Hierin liegt eine folgskontrolle. Der Bund prüft nicht aus- mung gekoppelt sein. große Chance, Mängel zu entdecken, die reichend, ob das mit der Unternehmens- sich in einem Unternehmen über die beteiligung verfolgte Ziel erreicht wird. Die Qual des Immergleichen Jahre eingeschlichen haben – überflüs- Zur Erfolgskontrolle zählt auch, ob die Unsere ressortübergreifenden Erkennt- sig Gewordenes wird fortgeführt, not- Unternehmen die staatlichen Aufgaben nisse zeigen eines ganz deutlich: Ent- wendige Neuerungen werden dagegen wirtschaftlich erledigen. Auch das kon standene Verkrustungen müssen erkannt nicht erkannt. Insoweit erhalten die Prü- trollieren die Beteiligungsführungen häu- und aufgebrochen werden. Beteiligungs- fungen des Bundesrechnungshofes auch fig nicht ausreichend. führungen müssen die in ihren Bereichen einen beratenden Charakter. gängigen Berichts- und Kontrollverfahren Um Erfolg zu messen, um über das ei- hinterfragen und wissen, ob diese aus Eine besondere Facette unserer Prü- gene Handeln Rechenschaft ablegen zu sagekräftig sind und ein sachgerechtes fungsrechte ist zudem, dass wir in den können, um letztlich auch erfolgreich zu Bild der Realität wiedergeben. Beispiels- Unternehmen selbst alle dort vorhan sein, bedarf es objektiv messbarer und weise bei der Auswertung von stets denen Unterlagen einsehen können. So hinreichend ambitionierter Ziele. Diese gleichlautenden Quartalsberichten nach entdecken wir oft Sachverhalte, Verhal- fehlen häufig. den immer gleichen Analyseschritten. Es tensweisen oder Defizite, die den Beteili- muss auffallen, wenn die Unternehmen gungsführungen verborgen bleiben. Sie Damit der Bund weiß, ob seine Beteili- teils über Jahre hinweg inhaltsgleiche sind auf die Berichte der Unternehmen gungen erfolgreich sind und die dahinter Berichte zuliefern, die sich nur im Datum angewiesen und müssen sich darauf ver- stehenden staatlichen Aufgaben wirk- und in einigen Zahlen unterscheiden. lassen, dass diese zutreffend und voll- sam erreicht werden, sollten die Unter- Auch Standardtextbausteine in den Vor ständig sind. Wir stellen jedoch immer nehmensleitungen ihre Planung den tat- lagen der Bundesvertreter in den Auf- wieder fest, dass Unternehmensleitun- sächlichen Ergebnissen konsequent und sichtsorganen müssten stutzig machen. gen die Beteiligungsführungen und damit nachvollziehbar gegenüberstellen und die ihren Gesellschafter unzutreffend oder Aufsichtsgremien darüber informieren. Hoffnungsvoll stimmt mich, dass wir unvollständig informieren. In der Folge Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. auch Positivbeispiele verzeichnen kön- kommt es zu Entscheidungen in den Auf- nen: Beteiligungsführungen, die sich neu sichtsräten, die nicht sachgerecht sind. Das Parlament hat diese Empfehlung des erfinden, ihr Handeln kritisch hinterfra- Außerdem sehen wir des Öfteren, dass Bundesrechnungshofes Anfang 2017 auf- gen und die notwendigen Konsequenzen die Aufsichtsgremien – und damit auch gegriffen. Es hat dem Bundesfinanz ziehen. Oft geht diese Verhaltensände- die dort tätigen Vertreter des Bundes – ministerium aufgetragen, einen Standard rung mit einem Personalwechsel einher. die Umsetzung ihrer Berichtswünsche zu entwickeln, der Vorgaben für diese Frischer Wind kann also nicht schaden. und Beschlüsse gegenüber den Ge- Kontrollansätze festlegt. Damit dieser PUBLIC GOVERNANCE Herbst 2018 © 2018 Institut für den öffentlichen Sektor e.V. Alle Rechte vorbehalten.
6 SCHWERPUNKT THEMA Zielsteuerung öffentlicher Unter- nehmen – Anspruch und Wirklichkeit Öffentliche Unternehmen existieren zur Umsetzung von öffentlichen Zwecken. Sie müssen somit nicht nur gängige betriebswirtschaftliche Zielsetzungen wie Umsatzrentabilität oder Eigenkapital verzinsung beachten, sondern ein konkretes öffentliches Interesse – vielfach als „Gemeinwohl“ bezeichnet – verwirklichen. Die Praxis zeigt, dass die Operationalisierung des Gemeinwohls in konkrete, auch nichtfinanzielle Ziele und messbare Kennzahlen regelmäßig eine Herausforderung bei der Beteiligungssteuerung darstellt. Der folgende Beitrag verdeutlicht die Intention und Be- deutung von Zielsteuerung und führt Erfahrungen aus ausgewählten Praxisbeispielen an. Relevanz von Zielsystemen Ohne eine Zielsetzung lässt sich nicht feststellen, ob die eigene Organisation auf dem richtigen Weg ist. Diese Grundwahrheit greift sowohl in der Privatwirtschaft als auch bei öffentlichen Unternehmen. In beiden Sektoren bilden betriebswirtschaftlich begründete Zielsetzungen, wie zum Beispiel die Vermeidung von bilanzieller Über- schuldung – also gewissermaßen das langfristige Überleben des Unternehmens –, die Basis möglicher Zielsysteme. Theoretisch können diese Zielsysteme noch erheblich umfangreicher sein. Ebenso theoretisch ist die Annahme, dass sich in der Privatwirt- schaft eine möglichst hohe Gewinnerzielung (bzw. Verzinsung des eingesetzten Kapi- tals) an der Spitze der Zielhierarchie befindet, obgleich hier ein differenzierter Blick an- gezeigt ist (siehe Exkurs im Textkasten auf Seite 9). In der öffentlichen Wirtschaft wird unbestritten sein, dass die Gewinnerzielung als oberste Zielsetzung mindestens nicht allein stehen darf, auch wenn im Einzelfall gesetzliche Verpflichtungen deren Verfolgung nahelegen1. Diese betriebswirtschaftlich begründe- Ziele in öffentlichen Unternehmen sind ten finanziellen Ziele werden auch als Formalziele bezeichnet. häufig nichtfinanzieller Natur Gerade die spezifisch „öffentlichen“ Zielsetzungen, die ein öffentliches von einem privatwirtschaftlichen Unternehmen unterscheiden, sind jedoch häufig nichtfinanzielle Größen, wie am Beispiel des Woh- nungsbaus etwa die Wohnraumversorgung einkommensschwacher Haushalte, die Bekämpfung sozialräumlicher Segregation, die Bereitstellung von Quartiersmanage- mentangeboten oder die Berücksichtigung ökologischer Aspekte bei Um- und Neu- bau. Diese Zielsetzungen werden auch Sach- oder Fachziele genannt. In der Bundeshaushaltsordnung, den Landeshaushaltsordnungen und auch in den Gemeindeordnungen der Bundesländer ist festgelegt, dass eine Gebietskörperschaft nur dann die Beteiligung an einem Unternehmen eingehen darf, wenn ein wichtiges öffentliches Interesse vorliegt und sich der damit angestrebte öffentliche Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lässt.2 Der öffentliche Zweck stellt also für ein Unternehmen der öffentlichen Hand eine grundlegende Zielbeschrei- bung bzw. einen Referenzpunkt für ein weiter gehendes Zielsystem dar. 1 Vgl. § 102 Abs. 3 Gemeindeordnung Baden-Württemberg oder Brandenburgische Kommunalverfassung § 92 Abs. 4 2 Vgl. zum Beispiel § 65 Abs. 1 BHO PUBLIC GOVERNANCE Herbst 2018 © 2018 Institut für den öffentlichen Sektor e.V. Alle Rechte vorbehalten.
SCHWERPUNKTTHEMA 7 Dabei hat die Gebietskörperschaft bei ihren Beteiligungsunternehmen eine Doppel- funktion inne: einerseits als Eigentümerin, andererseits als Verantwortliche für die Ge- währleistung der auf das Unternehmen übertragenen öffentlichen Aufgabe. So muss sie als Eigentümerin primär auf Werterhalt und Wirtschaftlichkeit des Unternehmens achten. Als Aufgabenverantwortliche muss sie im Interesse ihrer Bürger hingegen vor allem an der wirkungsvollen und qualitativ hochwertigen Um- setzung der übertragenen Aufgabe interessiert sein.3 Noch Lücken in der Umsetzung Schon zur Nachverfolgung der öffentlichen Zwecksetzung er- scheinen aus Sach- und Formalzielen kombinierte Zielvorgaben für die einzelnen Be- teiligungsunternehmen angezeigt, die sich wiederum in die übergeordneten Zielset- zungen der Gebietskörperschaft einordnen müssten. Darüber hinaus sind auch aus- reichend differenzierte Ziele für ein Risikomanagement hilfreich. Schon frühere Untersuchungen zeigten allerdings, dass es in der Praxis insbesondere bei der Aufstellung von nichtfinanziellen Zielen (Fachzielen) oder eines umfassenden Zielsystems deutliche Lücken in der Umsetzung gab.4 Als Gründe wurden beispiels- weise hoher Aufwand bei der Erarbeitung der Zielsysteme und politische Rahmen bedingungen genannt.5 Wie verbreitet sind Ziele in öffentlichen Unternehmen? Trotz ihrer wesentlichen Bedeutung für die Begründung einer Unternehmensbeteili- gung sind Ziele zur Steuerung der Unternehmen nicht flächendeckend anzutreffen. Im kommunalen Bereich, dem rund 90 Prozent der öffentlichen Unternehmen angehö- ren, existierte im Jahr 2009 nach einer vom Institut für den öffentlichen Sektor durch- geführten Studie nur in circa zehn Prozent der befragten Kommunen ein aus formuliertes Zielsystem für die eigenen Beteiligungsunternehmen. Jeweils rund 38 Prozent gaben an, ein solches Zielsystem teilweise umzusetzen bzw. gar keines zu besitzen, während etwa 13 Prozent ein Zielsystem planten. Damit verfügte damals of- fenbar jede zweite Kommune über gar kein ausformuliertes Zielsystem für die Beteiligungsunternehmen. Wenn allerdings ein Zielsystem wenigstens teilweise bestand, bestätigten über 80 Prozent der Kommunen auch das Vorhandensein min- destens einzelner nichtfinanzieller Zielsetzungen.6 Die Frage nach Steuerungsinstru- menten zur Umsetzung der Zielsysteme ergab aber, dass hier ganz überwiegend Ergebnisvorgaben und an zweiter Stelle Kennzahlensysteme genutzt wurden, mithin finanzielle Größen dominierend sein dürften. Ein gutes Drittel der Befragten bejahte seinerzeit die Frage, ob Strategie und Ziele der Beteiligungsunternehmen in Rat und Verwaltungsführung erörtert würden, eine Befassung in Teilen bestätigte gut jede zweite Kommune. Wahrscheinlich dürften damit aber eher die Befassung mit laufen- der Planung und Berichtslegung, etwa mit Wirtschaftsplänen und Jahresabschlüs- sen, gemeint gewesen sein als originäre Strategien mit länger- fristiger Wirkung7. Nur wenige flächendeckende Zielsysteme Eine Befragung von 2015 unter Beteiligung des Instituts für den öffentlichen Sektor bestätigte diese Ergebnisse für größere deutsche Kommunen weitgehend. Nur knapp sechs Prozent setzten demnach für ihre Beteiligungsunter- nehmen flächendeckend strategische Zielvorgaben ein, während mehr als ein Fünftel der Kommunen für die meisten ihrer Beteiligungsunternehmen Ziele vorsah. Ein gutes Drittel hatte für wenige Beteiligungsunternehmen Ziele formuliert, während fast 40 Prozent komplett darauf verzichteten. Eine konzernweite Gesamtstrategie bzw. Gesamtplanung bestätigte nur ein Viertel der Kommunen 8. Zusammen mit den 3 Vgl. Deutscher Städtetag (2017): Gute Unternehmenssteuerung. Strategien und Handlungsempfehlungen für die Steuerung städtischer Beteiligungen 4 Vgl. Abel, S. / Jarick, M. / Plazek, M. (2011): Herausforderungen des kommunalen Beteiligungsmanagements in der Praxis. In: PublicGovernance, Frühjahr 2011 5 Vgl. ebenda 6 Vgl. Institut für den öffentlichen Sektor e. V. (2009): Kommunaler Gesamtabschluss – die Gestaltung des „Konzerns Kommune“, S. 19 7 Vgl. ebenda, S. 20 8 Vgl. Weber, D. (2015): Strategische Beteiligungssteuerung in Kommunen, Masterarbeit Universität Potsdam, S. 47, 45 PUBLIC GOVERNANCE Herbst 2018 © 2018 Institut für den öffentlichen Sektor e.V. Alle Rechte vorbehalten.
8 SCHWERPUNKTTHEMA älteren Studienergebnissen lässt sich damit festhalten, dass zumindest in Kommunen die Zielsteuerung von Beteiligungsunternehmen keine flächendeckende Selbstver- ständlichkeit ist und mindestens in der strategischen Dimension erhebliche Lücken festzustellen sind. Kommunale Beteiligungssteuerung, so fasst es eine Studie der Universität Potsdam auf Basis einer Befragung von Geschäftsleitern kommunaler Unternehmen zusammen, finde vor allem über die Besetzung von Schlüsselposi tionen in den wesentlichen Gremien statt. Dagegen werde gleichzeitig eine Tendenz zu stärkerer Formalisierung des Beteiligungsmanagements in Form von Kodizes oder Richtlinien sowie einer Steuerung über Leistungs- und Wirkungsziele erkennbar.9 Ziele in der Unternehmenssatzung Der öffentliche Zweck dürfte in aller Regel in allgemein formulierter Weise bereits als Unternehmensgegenstand in der Unternehmenssatzung (bei der GmbH: im Gesell- schaftsvertrag) zu finden sein. Der Unternehmensgegenstand soll dabei idealerweise die öffentlichen Verpflichtungen der Gebietskörperschaft konkretisieren und gleich- zeitig auch als Handlungsleitlinie und als Kontrollmaßstab für Unternehmenssatzungen enthalten meist Unternehmensorgane dienen. allgemeinere Formulierungen Schon in früheren Studien wurde hierzu einschränkend fest gestellt, dass sich anscheinend in kaum einer Kommune eine Unternehmenssatzung finden lasse, die der Anforderung einer klaren Formulierung und Ausgestaltung des öffentlichen Zwecks gerecht werde und eine Steuerung des Unternehmens anhand der Ziele der lokalen Politik ermögliche.10 Auch der Deutsche Städtetag konstatierte kürzlich, dass hier aufgrund des begrenzten Umfangs nur „Leitplanken“ für die Unternehmenstätigkeit zu finden seien. „Außerdem werden sich eher allgemeinere und langfristig geltende Formulierungen finden, um häufige Änderungen der Gesellschaftsverträge zu vermeiden. Der Unternehmensgegenstand wird daher nie alle strategischen Ziele der Stadt für das jeweilige Unternehmen auf listen können.“11 Mithin reicht der Gesellschaftsvertrag als Instrument der Zielbe- schreibung nicht aus und es sind weiter gehende Regelungen erforderlich. Zielsysteme in Public Corporate Governance Kodizes Regelungen zur Bestimmung der Ziele eines Beteiligungsunternehmens könnten bei- spielsweise im jeweiligen Public Corporate Governance Kodex getroffen werden, der bei dem Bund, einer Reihe von Ländern und einigen Kommunen als Handlungs- anleitung für die Unternehmensorgane der Beteiligungen und das Beteiligungs management fungiert. Um mögliche unterschiedliche Herangehensweisen zwischen den Gebietskörperschaften in Bezug auf die Bestimmung von konkreten Zielen für ihre Beteiligungsunternehmen zu beleuchten, haben die Autoren dieses Artikels die insgesamt 47 veröffentlichten Public Corporate Governance Kodizes (PCGK) – neben dem Bund elf auf Länderebene und 35 auf Kommunalebene – Nur wenige PCGKs schreiben Zielsysteme analysiert. 12 explizit vor Dabei zeigt sich: Lediglich in zehn der Kodizes werden explizite Bestimmungen zu Zielsystemen bzw. Zielbildern getroffen (Berlin, Brandenburg, Hamburg, Thüringen, Frankfurt am Main, Leipzig, Lübeck, Mainz, Mannheim, Offenbach). So formuliert beispielsweise der PCGK des Landes Brandenburg: „Aus dem [in der Unternehmenssatzung festgelegten; Anm. d. Red.] Unternehmensgegenstand leitet das Fachressort in Abstimmung mit dem Ministe- rium der Finanzen und dem betroffenen Unternehmen für jedes Unternehmen ein Zielbild ab, welches das vom Land verfolgte wichtige Landesinteresse, die fachlichen 9 Vgl. Proeller, I. / Krause, T. (o. J.): Führungskräftebefragung bei öffentlichen Unternehmen: „Kommunale Beteiligungssteuerung“. Zusammenfassender Bericht, Universität Potsdam (Ms.), S. 33, 12 f. 10 Vgl. u. a. Bremeier, W. / Brinckmann, H. / Killian, W. / Schneider, K. (2005): Die Bedeutung des Corporate Governance Kodex für kommunale Unternehmen 11 Deutscher Städtetag (2017): Gute Unternehmenssteuerung. Strategien und Handlungsempfehlungen für die Steuerung städtischer Beteiligungen, S. 15 12 Vgl. https://publicgovernance.de/html/de/2317.htm – eine Linksammlung aller veröffentlichten und in Deutschland eingesetzten Public Corporate Governance Kodizes PUBLIC GOVERNANCE Herbst 2018 © 2018 Institut für den öffentlichen Sektor e.V. Alle Rechte vorbehalten.
SCHWERPUNKTTHEMA 9 Leistungsziele und die Wirtschaftlichkeitsziele des Unternehmens in folgenden Stufen konkretisiert: a.) Oberziele enthalten die grundsätzlichen Leitaussagen für das Unternehmen. b.) Teilziele spezifizieren das Oberziel jeweils bezogen auf die einzel- nen Segmente des Tätigkeitsfeldes.“ Allerdings erwähnen rund drei Viertel (35 Kodizes) die Bedeutung von nichtfinanziel- len Zielen auf Basis des öffentlichen Auftrags der Unternehmen. So heißt es bei- spielsweise im PCGK der Stadt Bielefeld: „Es ist unentziehbare Aufgabe des Rates, strategische Ziele unter Berücksichtigung der Ressourcen festzulegen. […] Neben den wirtschaftlichen Zielen sollen dabei auch Ziele und Erwartungen im Rahmen des öffentlichen Auftrags klar formuliert werden.“13 14 Exkurs: Verankerung von nichtfinanziellen Zielen im Privatsektor In der Privatwirtschaft müssen die Kapital will, erkennt jedoch gleichermaßen an, dass Beispiel Förderung eines Fußballvereins), gesellschaften mit ihren Aktivitäten darauf die Unternehmensleitung Arbeitnehmer so muss sich die Unternehmensleitung am abzielen, Gewinn zu erwirtschaften. Eine Än interessen und Gemeinwohlinteressen, zum möglichen Nutzen für die soziale Akzeptanz derung dieses Gesellschaftszwecks ist nur Beispiel durch Spenden, durchaus Rechnung des Unternehmens und dem Ansehen der möglich, wenn alle Gesellschafter zustimmen. tragen darf. Begründet wird dies unter ande Unternehmensleitung bei der Belegschaft, rem damit, dass Gesellschaften nur dauerhaft Kunden etc. orientieren („Tue Gutes und Die Ausrichtung der Gesellschaft auf Gewinn erfolgreich sein können, wenn sie den Rück rede darüber.“). erzielung bedeutet, dass die Unternehmens halt aller Stakeholder haben. leitung den Bestand der Gesellschaft sichern Infolge der CSR-Richtlinie (vergleiche auch und für langfristige Rentabilität sorgen muss. Wie und in welchem Umfang die Unterneh Standpunktartikel, Seite 19 bis 20) hat die Ob aus Letzterem eine Pflicht der Unterneh mensleitung auch soziale und ökologische Diskussion, inwieweit die Unternehmens mensleitung zur ausschließlichen Orientie- Zwecke verfolgt, liegt im Ermessen der Unter leitung soziale und ökologische Ziele verfolgen rung am Interesse der Gesellschafter folgt, nehmensleitung. Dieses Ermessen besteht darf oder sogar sollte, neuen Auftrieb erfah ist unter Juristen strittig. Die mittlerweile allerdings nicht unbegrenzt. Einzig für den ren. So geht eine Auffassung davon aus, dass herrschende Meinung geht davon aus, dass Bereich der Spenden – als einem von zahlrei- über die Berichtspflichten hinaus die Richtlinie die Unternehmensleitung die Interessen von chen weiteren sozialen und ökologischen materielle Verhaltenspflichten für die Unter Gesellschaftern, Arbeitnehmern und der Zwecken – hat die Rechtsprechung die Gren nehmensleitung bewirkt;14 sie ist allerdings Öffentlichkeit gleichberechtigt wahrnehmen zen des Ermessens in mehreren Entscheidun nicht weit verbreitet und auf Widerspruch in muss. Die Interessen der Gläubiger hat sie gen näher umrissen.13 So darf die Unterneh der juristischen Literatur gestoßen. dabei nachrangig zu berücksichtigen. mensleitung etwa privaten Präferenzen keinen Astrid Gundel unangemessenen Raum geben. Weisen die Auch die Gegenauffassung, die den Gesell Spenden keinen erkennbaren Zusammenhang schafterinteressen den Vorrang einräumen mit dem Unternehmensgegenstand auf (zum Zielsysteme in der Praxis Wie sieht der Umgang mit Zielsteuerungssystemen im Einzelfall konkret aus? Um diese Frage zu beantworten, haben die Autoren dieses Beitrags im Juli 2018 aus gewählte Beteiligungsverwaltungen auf Großstadt- und Landesebene befragt. Ant- worten sind aus Berlin, München, Köln, Frankfurt am Main und Leipzig sowie vom Land Baden-Württemberg eingegangen. Wie werden Ziele festgelegt? In allen antwortenden Beteiligungsverwaltungen außer in Baden-Württemberg werden die strategischen Ziele unter Einbindung der Politik festgelegt. Wenn die strategischen Ziele nicht direkt vom Rat beschlossen werden, wie in Leipzig und München, werden 13 Vgl. insbesondere BGH, Urteil vom 6.12.2001 – 1 StR 215/01, NJW 2002, S. 1585; LG Essen, Urteil vom 9.9.2013 – 44 O 164/10, Beck RS 2014, 22313 (zu Letzterem vergleiche auch Audit Committee Quarterly IV/2015, S. 52 ff.) 14 Vgl. hierzu näher: Habersack, M. (2012): Staatliche und halbstaatliche Eingriffe in die Unternehmensführung. Gutachten E, 69. DJT 2012, S. E. 16 f.; Hommelhoff, P. (2014) in: FS Hoyningen-Huene, S. 137, 140; derselbe (2015) in: NZG 2015, S. 1329, 1330 PUBLIC GOVERNANCE Herbst 2018 © 2018 Institut für den öffentlichen Sektor e.V. Alle Rechte vorbehalten.
10 SCHWERPUNKTTHEMA sie der Volksvertretung mindestens vorgelegt (Berlin und Köln). Zu erwähnen sind hierbei die mehrjährigen „Eigentümerziele“ der Stadt Leipzig und die jährlich fest gelegten „Zielbilder“ des Landes Berlin, die jeweils unternehmensspezifisch die Gesellschafterinteressen formulieren. Allen befragten Beteiligungsverwaltungen ist gemeinsam, dass sie Zielvereinbarungen mit den Geschäftsleitungen einsetzen – auch um diese auf die Zielsetzungen der Eigentümerin zu verpflichten. Welche Rolle haben nichtfinanzielle Ziele? In allen antwortenden Gebietskörperschaften werden nichtfinanzielle Zielsetzungen festgelegt. Diese machen in Berlin nach Aussage des zuständigen Staatssekretärs einen „wichtigen Anteil am Zielbild“ aus, in Leipzig liegen sie nach Angaben des Geschäftsführers der Beteiligungsverwaltungsgesellschaft bbvl im Rahmen der Eigentümerziele sogar „deutlich über 50 Prozent“. Die Stadt Für Kommunen haben Sachziele eine Köln möchte, ähnlich wie sie es beim Wirkungsorientierten Haushalt umsetzt, an der Wirkungssystematik gekoppelt han- hohe Relevanz deln und gibt daher mehr Sach- als Finanzziele vor. Ein wich tiger Schritt hierbei ist es, die Wirkung thematisch im PCGK zu verankern. Dieser wird aktuell mit Unterstützung einer externen Expertengruppe überarbeitet. Im Land Baden-Württemberg wird die Verfolgung von Nachhaltigkeits- zielsetzungen eingefordert. Auch in München werden nichtfinanzielle Größen sowie Nachhaltigkeitsziele nach Angaben des Beteiligungsmanagements „regelmäßig defi- niert“. Beispiele sind etwa der Umsetzungsgrad bestimmter Projekte (München, Leipzig, Berlin), Vermietungsquoten für Gewerbeflächen (Köln), der Frauenanteil an Führungspositionen (Berlin, München), Sozial- und Arbeitnehmerbelange, Korrup tionsbekämpfung und die Einhaltung der Menschenrechte (Baden-Württemberg), Besucherzahlen (München, Leipzig), der Anteil von Besuchern in bestimmten Alters- gruppen (Köln) oder die Einführung bzw. Zertifizierung von Managementsystemen, zum Beispiel von Qualitäts- oder Umweltmanagement (München, Leipzig). Auch markt- und leistungsbezogene Zielsetzungen, etwa Auslastungsgrade, spielen eine Rolle (München, Leipzig), ebenso wie nachhaltige und faire Finanzierung sowie der regionale Mehrwert, den die Unternehmenstätigkeit erzeugt (Baden-Württemberg). Wie wird die Zielerreichung überprüft und berichtet? Die Zielerreichung wird in fast allen Städten durch das Beteiligungsmanagement fest- gestellt. Dies findet jährlich, in Baden-Württemberg und in München sogar mehrmals jährlich statt, wobei im Falle Münchens einmal im Jahr zudem dem Stadtrat in Form eines Soll-Ist-Vergleiches berichtet wird. Auch in Leipzig und Köln gehen Berichte über die Umsetzung oder die Evaluierung der Eigentümerziele bzw. der Zielerklärung an den Rat der Stadt. Von den befragten Beteiligungsverwaltungen wird hierbei auch häufig die Rolle des Aufsichtsrates erwähnt, der in Frankfurt am Main und Leipzig bei der Beurteilung der Zielerreichung ebenfalls die Zielvereinbarungen mit der Geschäfts- leitung mit einbezieht. In Frankfurt am Main wird bei der Überprüfung der Zielerrei- chung im Rahmen des Bezügeberichts auch der Wirtschaftsprüfer hinzugezogen. Wo liegen Herausforderungen? Berlin, Köln und Leipzig betonen die Messbarkeit von (nichtfinanziellen) Zielsetzungen als Herausforderung, während in München Zielkonflikte zwischen fachlichen und finanziellen Zielen genannt werden. In Köln werden unter anderem die Wirkungs beziehungen, die Beeinflussbarkeit und der zeitliche Horizont Messung bleibt schwierig bei der Wirkungsmessung entlang der Wirkungskette ange- führt. Die Vermeidung von Zielkonflikten in den Eigentümerzie- len wird auch in Leipzig an erster Stelle genannt, wobei deren Beteiligungsverwaltungsgesellschaft bbvl darauf hinweist, dass aufgrund des ent- sprechenden Ratsbeschlusses in den Eigentümerzielen auch politische Kompro- misse enthalten sein können, die unter Umständen die klare Prioritätensetzung und Präzision der Formulierung erschweren könnten. In Berlin wird auch eine Messbarkeit von nur teilweise erreichten Zielen angestrebt. Ähnlich wird in Leipzig angegeben, PUBLIC GOVERNANCE Herbst 2018 © 2018 Institut für den öffentlichen Sektor e.V. Alle Rechte vorbehalten.
SCHWERPUNKTTHEMA 11 dass beim Abschluss von Zielvereinbarungen mit der Geschäftsführung „genau fest- gelegt“ werde, „unter welchen Bedingungen die einzelnen Teilziele später als erfüllt gelten“ sollen. Die Ziele selbst müssten spezifisch, messbar, anspruchsvoll, realis- tisch und terminiert sein (SMART-Kriterien), um Wirksamkeit entfalten zu können. Fazit: Noch ein Stück des Weges zu gehen Festhalten lässt sich abschließend, dass Zielbeschreibungen ungeachtet ihrer Qualität für Unternehmen im Besitz der öffentlichen Hand zwar bei der Begründung der jeweiligen Beteiligung und bei der Festlegung des Unternehmensgegenstands regelmäßig eine Rolle spielen, die Zielsteuerung „im Alltag“ offenbar jedoch weit weniger selbstverständlich ist. Hintergrund ist hierbei sicherlich die gesetzliche Vor- schrift des Haushaltsrechts, die zwar am Beginn des Lebenszyklus eines Unter nehmens eine hohe Bindungswirkung entfaltet, im weiteren Verlauf aber offenbar deutlich nachlässt. Anders sind die geschilderten wissenschaftlichen Befunde aus dem kommunalen Bereich kaum zu erklären. Auf der anderen Seite beleuchten die dargestellten Beispiele, dass es in der Praxis durchaus konsequent umgesetzte Zielsteuerungssysteme gibt, die auch beanspruchen, in teilweise hohem Maße nicht- finanzielle Zielsetzungen – bzw. sogar wie in Köln Wirkungsziele oder wie in Baden- Württemberg und München Nachhaltigkeitsziele – einzubeziehen. Diese Kategorien können aufgrund ihrer geringen Standardisierung und von Mess- und Zuordnungsproblemen als besonders anspruchsvoll gelten. Beteiligungs- und Risikomanagement Dabei erscheint es nicht widersprüchlich, dass drei Viertel der würden profitieren Public Corporate Governance Kodizes nichtfinanzielle Ziele er- wähnen, kann doch allein das Vorhandensein eines Kodex auf eine fortgeschrittene Struktur des Beteiligungsmanagements hindeuten. Kein Zufall dürfte also sein, dass bis auf München alle im vorliegenden Beitrag zu Wort kommenden Gebietskörper- schaften über einen Kodex verfügen. Auf der anderen Seite ist in nur relativ wenigen Kodizes eine systematische Zielsteuerung mit abgestuften Zielhierarchien und ent- sprechenden Managementzyklen anzutreffen. Dabei werden allgemeine strategische Zielsetzungen der Eigentümer über mehrere Stufen in jährlich umzusetzende unter- nehmensspezifische Planungen übersetzt, wie es etwa im jüngst veröffentlichten Kodex des Freistaats Thüringen festgelegt ist. Der Verzicht auf die explizite Formulierung strategischer Ziele seitens der öffentlichen Eigentümer erschwert unter anderem die effektive Arbeit des Beteiligungsmanage- ments sowie ein konzernweites Risikomanagement. Gleichzeitig kann der Handlungs- rahmen der Geschäftsleitungen in Gefahr geraten, wenn statt langfristiger Ziele kurz- fristig motivierte Einzeleingriffe der Gesellschafter dominieren. Auch besteht das Risiko, dass ungewollt Formalziele in Form von finanziellen Kennzahlen ein Übergewicht erhalten, da sie zum Beispiel durch den Jahresabschlussprozess regelmäßig verbind- lich auf der Agenda stehen und die politisch gewollten Sachzielsetzungen an den Rand drängen. Angesichts dessen erscheint es lohnend und empfehlenswert, trotz aller Herausforderungen den Weg einer systematischen Zielsteuerung weiter zu gehen. Michael Plazek, Ferdinand Schuster Die Autoren danken herzlich den Teilnehmern an der Befragung: Staatssekretär Henner Bunde (Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe, Land Berlin), Silvia Dichtl (Leiterin Fachbereich 5 – Beteiligungsmanagement, Landeshaupt- stadt München), Ministerialdirigent Reiner Moser (Abteilungsleiter Beteiligungen, Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg), Magistratsdirektor Lars Scheider (Leiter des Beteiligungsmanagements, Stadt Frankfurt am Main), Eva Stasiowski (Dezernat II – Finanzen, Stadt Köln), André Tegtmeier (Geschäftsführer bbvl GmbH, Leipzig). PUBLIC GOVERNANCE Herbst 2018 © 2018 Institut für den öffentlichen Sektor e.V. Alle Rechte vorbehalten.
12 IM FOKUS Das Beteiligungsmanagement im Wandel – ein Blick auf die Praxis Die Beteiligungsverwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen befinden sich seit geraumer Zeit in einem Professionalisierungsprozess. Mit über 16.000 Unternehmen im öffentlichen Sektor in Deutschland kann nicht mehr von einem Nischenthema gesprochen werden. Häufig werden in den Gebietskörperschaften weit über 50 Prozent der Daseinsvorsorgeleistungen nicht mehr durch die Kernverwaltung, sondern in Privatrechtsform – meist in der Rechtsform der GmbH – erbracht. Damit sind die Aufgaben der Beteiligungsverwaltung in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Um diese bestmöglich zu erfüllen, sollten die Gebietskörperschaften entsprechend ihrer individuellen Anforderungen ein passendes Organisationsmodell für die Beteiligungsver- waltung wählen. Organisatorische Ausgestaltungs internen Organisation ist im Vergleich zu (zum Beispiel ein Umweltdezernent als möglichkeiten des Beteiligungs einer verwaltungsexternen Lösung die Aufsichtsratsvorsitzender des lokalen managements geringere Attraktivität für Hochschulab- Entsorgungsunternehmens). Als wesent- Das Beteiligungsmanagement ist bun- solventen aufgrund des Tarifgefüges des licher Vorteil gegenüber dem zentralen desweit sehr unterschiedlich organisiert. öffentlichen Dienstes. Eine flexiblere Ver- Verwaltungsansatz gelten insbesondere Hinsichtlich seiner organisatorischen An gütungsstruktur zur Erlangung von Ma- hohe Fachkenntnisse hinsichtlich des siedlung werden sowohl Lösungen in- nagement-Know-how für eine betriebs- öffentlichen Zwecks. Ein Risiko ist bei nerhalb als auch außerhalb der Verwal- wirtschaftlichere Ausrichtung der Erfül- dieser Lösung jedoch, dass die Steue- tung gewählt. lung des öffentlichen Zwecks ist häufig rung der Beteiligungen auf Basis unter- der wesentliche Grund für die Rechts- schiedlicher Standards und eventuell mit Zentrale Organisationsform: Die ver- formprivatisierung städtischer Aufgaben. ungenügendem finanz- bzw. betriebs- waltungsinterne Ansiedlung des Beteili- Gegenüber einer dezentralen Verwal- wirtschaftlichen Know-how erfolgt. gungsmanagements in zentraler Organi- tungslösung müssen bei der verwaltungs- sationsform ist nach wie vor der typische internen zentralen Organisation zudem Gemischte Organisationsform: Eine Lösungsansatz für den kommunalen Be- Informationen erst aus den Fachdezerna- Mischform aus der zentralen Verwal- reich. Die Organisation des Beteiligungs- ten beschafft werden. Außerdem besteht tungslösung, die meist im Finanzbereich managements erfolgt in einem Amt, das Risiko fehlender fachlicher Kenntnisse anzutreffen ist, und der zuvor beschrie- einer Abteilung, einem Referat oder in hinsichtlich des öffentlichen Zwecks auf- benen dezentralen Verwaltungslösung einer Stabsstelle meist im Finanzbereich grund der Fokussierung des Beteiligungs- ist häufig bei Landesverwaltungen und (eventuell auch im Bereich Oberbürger- managements der Stadtkämmerei bzw. beim Bund anzutreffen. Der Vorteil einer meister/Bürgermeister). Als Vorteile die- des Dezernats Finanzen auf finanzielle Aus- Kombination dieser Verwaltungslösun- ser Organisationsform gelten die Wei- wirkungen der Beteiligungssteuerung. gen ist, dass jeder Bereich seine jewei- sungsabhängigkeit der Mitarbeiter und lige Kernkompetenz zur Beteiligungs- die Nähe zu den Entscheidungsträgern Dezentrale Organisationsform: Beim steuerung einbringt – also sowohl der der Gebietskörperschaft. Auch der direkte dezentralen Verwaltungsansatz nehmen Finanzbereich als auch die zuständige Einfluss auf die Vermögensverwaltung verschiedene (Fach-)Dezernate oder Ge- Fachabteilung, etwa aus den Bereichen der Stadt sowie die Möglichkeit, mit ge- schäftsbereiche für die Beteiligungen, Umwelt, Verkehr etc. Als wesentlicher samtstädtischen Standards für die Steu- die aufgrund ihrer fachlichen Zustän Nachteil gilt jedoch häufig der erhöhte erung der Beteiligungen arbeiten zu kön- digkeit in ihren Verantwortungsbereich Personaleinsatz in der Gesamtorganisa- nen, werden als positiv angesehen. Ein fallen, unabhängig voneinander Aufga- tion, sodass diese organisatorische Aus- typischer Nachteil dieser verwaltungs ben des Beteiligungsmanagements wahr gestaltungsmöglichkeit auf kommunaler PUBLIC GOVERNANCE Herbst 2018 © 2018 Institut für den öffentlichen Sektor e.V. Alle Rechte vorbehalten.
IM FOKUS 13 Ebene nur selten gewählt wird. Ausnah- einheit, eine größere Attraktivität des trachtung der Mitarbeiterzahlen deutlich. men sind zum Beispiel die Städte Mann- Arbeitsplatzes für Hochschulabsolventen Waren Ende der 1990er Jahre noch etwa heim und München. (auf Augenhöhe mit den Beteiligungsun 20.000 Mitarbeiter in der Frankfurter ternehmen) sowie – damit verbunden – Stadtverwaltung beschäftigt, so hat sich Verwaltungsexterne Organisation: Die betriebswirtschaftliche Kenntnisse und diese Zahl bis heute mehr als halbiert verwaltungsexterne Ausgestaltungsmög- spezielles Branchen-Know-how. Aller- (bei einem gleichzeitigen Zuwachs der lichkeit des Beteiligungsmanagements dings wird es auf der Entscheiderebene Einwohnerzahl von über 100.000 Men- wird von einer wachsenden Zahl von vielfach als nachteilig bewertet, dass schen). In den Beteiligungsunternehmen Städten in unterschiedlicher Rechtsform keine direkte Steuerung der Beteiligun- der Stadt Frankfurt am Main ist die An- gewählt: etwa in Leipzig in der Rechts- gen durch die Gebietskörperschaft be- zahl der Mitarbeiter hingegen auf rund form einer GmbH, in Kiel und Saarbrü- steht. Zudem ist die Beteiligungssteue- 15.000 angestiegen, sodass es dort in- cken als Eigenbetrieb sowie zum Beispiel rung dann von verwaltungsinternen Vor- zwischen mehr Beschäftigte gibt als in in Halle/Saale als Anstalt des öffentlichen gängen weit entfernt. Auch das Risiko der eigentlichen Kernverwaltung. Hinzu Rechts. In diesen Städten existieren ex- eines politischen Steuerungsverlustes kommen noch einmal rund 12.000 Mitar- terne Einheiten, die Aufgaben des Beteili- durch Machtkonzentration außerhalb der beiter der nicht konsolidierten Fraport AG gungsmanagements wahrnehmen, ohne Verwaltung sowie die höheren Leis- am Standort Frankfurt am Main. dass ihnen die Gesellschafterfunktion tungskosten führen in der Praxis zurzeit gegenüber den Beteiligungen übertragen noch dazu, dass die verwaltungsexterne Das Beteiligungsmanagement der Stadt wurde. Daneben gibt es auch städtische Lösung eine Ausnahme darstellt. Aller- Frankfurt am Main mit seinen 16 Be- Beteiligungsholdings (beispielsweise in dings nimmt bundesweit die Anwen- schäftigten (14 Vollzeitäquivalente) ist als Darmstadt und Hanau), in die alle bzw. dung dieser Ausgestaltungsmöglichkeit verwaltungsinterne zentrale Abteilung ein Großteil der kommunalen Beteiligun- seit Jahren kontinuierlich zu. in der Stadtkämmerei organisiert. Dabei gen eingebracht worden sind. Den Be war dieses in den vergangenen 20 Jah- teiligungsholdings wurde nicht nur das Das Beispiel Frankfurt am Main: ren vielfachen Änderungen unterworfen. Beteiligungsmanagement übertragen, Ausgangssituation Die sich ständig wandelnde Aufhängung sondern sie haben auch die Gesellschaf- Der bereits eingangs skizzierte langjäh- des Beteiligungsmanagements in der terfunktionen inne. Die entscheidenden rige Trend zur Ausgliederung und (formel- Frankfurter Großstadtverwaltung mit Vorteile der verwaltungsexternen Ausge- len) Privatisierung erfordert aufseiten der über 60 Ämtern zeigt: Selbst bei einer staltung des Beteiligungsmanagements Kommunen ein effektiv aufgestelltes Be- zentralen Verwaltungslösung kann das sind insbesondere die Möglichkeit selbst- teiligungsmanagement. So gilt der Trend Beteiligungsmanagement umso mehr ständiger, flexibler Personalentscheidun- der Rechtsformprivatisierung zum Bei- Wirkung entfalten, je höher es in der Ver- gen der mit den Beteiligungsmanage- spiel auch für die Stadt Frankfurt am waltungshierarchie eingebunden wird. mentaufgaben betrauten Verwaltungs- Main. Dies wird besonders bei der Be- PUBLIC GOVERNANCE Herbst 2018 © 2018 Institut für den öffentlichen Sektor e.V. Alle Rechte vorbehalten.
14 IM FOKUS Das Beteiligungsmanagement wirkt als nagements. Dadurch konnten die Aktua- stellen soll, ist abhängig von zwei Fakto- zentrale Serviceeinheit bei der Aufgabe lität der Daten sowie die Qualität der ren: der Verwaltungsperspektive und der mit, die Beteiligungsunternehmen zu Analysen verbessert werden. Zur Unter- Portfolioperspektive. steuern und zu überwachen. Hierbei sind stützung der Analysen entwickelte das sowohl die Gemeinwohlorientierung als Beteiligungsmanagement im Jahr 2012 Mit der Verwaltungsperspektive sind der auch die Wirtschaftlichkeit der Gesell- zudem für die Gesellschaften und Eigen- politische Wille hinsichtlich der Steue- schaften zu beachten. Im Rahmen des betriebe „Dashboards“. Hierbei handelt rungsintensität, damit verbunden das kon- Beteiligungsmanagements werden die es sich um eine visuell aufbereitete Zu- krete Aufgabenvolumen (Beteiligungsver- der Stadt Frankfurt am Main als Ge sammenstellung wesentlicher Finanz-, waltung, Mandatsbetreuung, Controlling sellschafterin obliegenden Funktionen Personal- sowie Leistungskennzahlen etc.) sowie die Verteilung der Aufgaben ebenso wahrgenommen wie die Betreu- über mehrere Jahre, die dem jeweiligen in der Gebietskörperschaft gemeint. ung der städtischen Aufsichtsratsmit Adressaten einen schnellen Überblick glieder. Das Beteiligungsmanagement über die Geschäftsentwicklung ermög- Mit der Portfolioperspektive sind die arbeitet insbesondere bei der Gründung, licht. Die „Dashboard“-Dateien werden Größe des Beteiligungsportfolios und – Umwandlung, Auflösung und Umstruk- in erster Linie aus den in der Datenbank davon abhängig – der Grad der Diversität turierung von Gesellschaften mit. angesammelten Unternehmensinforma- sowie der Komplexität des Steuerungs- tionen gespeist. Damit können Zeitreihen prozesses (der die Anwendung von be- Software unterstützt Personal im über zehn Jahre (Basis 2003) grafisch stimmten Instrumenten des Beteiligungs- Beteiligungsmanagement dargestellt werden. Für die letzten Jahre managements wie zum Beispiel ein da- Der Anspruch an die Steuerung und ist zudem ein „Herunterbrechen“ der Da- tenbankgestütztes Reporting-Tool für die Transparenz der Unternehmensführung ten auf Quartalsebene möglich. Mithilfe Quartalsberichterstattung erfordert) ge- bei den städtischen Beteiligungsunter- dieses Analysetools haben die Beschäf- meint. nehmen ist auch in Frankfurt am Main in tigten des Beteiligungsmanagements die den letzten Jahren kontinuierlich gestie- Geschäftsentwicklung der Gesellschaf- Beide Faktoren sind für die Wahl des Or- gen – eine Entwicklung, die sich in jüngs- ten über einen großen Zeitraum stets im ganisationsmodells von entscheidender ter Zeit noch verstärkt hat. Eine Reihe Blick. Bedeutung. Dabei ist zu beachten, dass von Bilanzskandalen und nicht zuletzt die die Ausgestaltung des Beteiligungsma- Finanzkrise waren Auslöser mehrerer Vor dem Hintergrund zunehmend knap- nagements in seiner Anteilseignerfunk- Gesetzesänderungen, die jeweils eine perer Haushaltsmittel ist absehbar, dass tion für die Gebietskörperschaft vor Ort Verbesserung der Steuerung und Trans- dem Instrument der mittelfristigen Finanz- keine „freiwillige Aufgabe“ ist. Vielmehr parenz sowie eine verantwortungsvolle planung künftig eine deutlich gewichti- ergibt sich die Mindestdimensionierung und nachhaltige Unternehmensführung gere Frühwarn- und Steuerungsfunktion und Ausgestaltung des Beteiligungsma- zum Ziel hatten. zukommen wird. In diesem Sinne entwi- nagements schon aus den Grundsätzen ckelte das Beteiligungsmanagement im des Haushaltsrechts, die die Gebietskör- Diesen in den letzten Jahren stetig ge- Jahr 2012 mit externer Unterstützung ein perschaften zum Vermögenserhalt für stiegenen quantitativen und qualitati- systemgestütztes Analysetool für die in den Bürger verpflichten und somit ent- ven Anforderungen an das Beteiligungs AMI erfassten Mittelfristplanungen der sprechendes Know-how und personelle management kann die Stadt Frankfurt Gesellschaften und Eigenbetriebe. Auf Ausstattungen indizieren. Werden diese am Main nur mithilfe einer modernen da- diese Weise können die prognostizierten Grundsätze nicht beachtet, so hat dies in tenbankorientierten Software (Anteilsbe- Werte der verschiedenen GuV-Positio- der Regel für die Gebietskörperschaft sitz-Management-Informationssystem – nen auf fünf Jahre grafisch ausgewertet bzw. die Bürger erhebliche Konsequen- „AMI“) gerecht werden. Sie ist seit 2006 und miteinander verglichen werden. Dar- zen, wie immer wieder der Tagespresse1 im Einsatz und bietet alle Informationen über hinaus kann in den jährlich stattfin- zu entnehmen ist. zum Beteiligungsportfolio der Stadt aus denden Wirtschaftsplangesprächen die einer Quelle. zukünftige Entwicklung der Gesellschaf- Aus der Berücksichtigung dieser Be- ten im Sinne einer strategischen Steue- trachtungsweisen ergibt sich die vor Ort Seit dem ersten Quartalsbericht über die rung des Portfolios zielführender in den beste Organisationslösung mit dem da- Beteiligungen im Jahr 2003 sowie dem Blick genommen werden. mit verbundenen angemessenen Perso- Systemwechsel auf die moderne Betei nalbedarf – sowohl in qualitativer als auch ligungssoftware konnte das Controlling Fazit in quantitativer Hinsicht. im Beteiligungsmanagement der Stadt Für die Organisation und den Personalbe- Lars Scheider Frankfurt am Main kontinuierlich opti- darf des Beteiligungsmanagements gibt Leiter der Abteilung Beteiligungsmanage- miert werden. Dabei ermöglicht die ver- es keine Musterlösung. Die Ausgestal- ment, Stadtkämmerei Frankfurt am Main waltungseigene Software den Gesell- tung eines Beteiligungsmanagements, schaften und Eigenbetrieben die webba- das eine gute, verantwortungsvolle Unter- 1 Vgl. zum Beispiel „Der Neue Kämmerer“ (27.2.2017): Offenbach: Verlust in dreistelliger Millionenhöhe durch Krankenhaus-Privatisie- sierte Eingabe der Quartalszahlen direkt nehmensführung und -kontrolle bei sei- rung; darin wird berichtet, dass bei der Krankenhaus-Privatisierung in Offenbach nach Aussage des Hessischen Rechnungshofs ein in die Datenbank des Beteiligungsma- nen Beteiligungsgesellschaften sicher- Schaden von 435 Millionen Euro für Stadt und Land entstanden sei. PUBLIC GOVERNANCE Herbst 2018 © 2018 Institut für den öffentlichen Sektor e.V. Alle Rechte vorbehalten.
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