Beweg Dich, Deutschland! - TK-Bewegungsstudie 2016 - Techniker Krankenkasse
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utschland! Beweg Dich, De2016 gsstudie TK-Bewegun Vorwort Dr. Jens Baas Es geht ein Riss durch Sie ist der Auftakt zu unserer diesjährigen Neu- Deutschland – nicht auflage der TK-Lifestyle-Studien. Wie auch bei geografisch und auch der letzten Auflage 2013 werden wir die Reihe nicht demografisch, mit repräsentativen Bevölkerungsumfragen zu aber das Land teilt sich den Themen Ernährung und Stress fortsetzen. fast mittig in Bewegte Denn alle drei Themen haben unmittelbaren und Unbewegte. Un- Einfluss auf unsere Gesundheit. Neu dazu- sere diesjährige Be- gekommen ist das Thema digitale Medienkom- wegungsstudie zeigt petenz. In den letzten beiden Jahren haben einen leichten Auf- wir uns bereits mit dem Medienkonsum von wärtstrend, denn seit Jugendlichen und Studierenden befasst. Im unserer letzten Umfrage 2013 haben die Akti- Zuge dieses Kanons werden wir dieses Jahr ven die absolute Mehrheit zurück gewonnen. auch Erwachsene nach ihrem Umgang mit Dennoch bezeichnet sich knapp die Hälfte der digitalen Medien befragen. Erwachsenen in Deutschland als Sportmuffel oder sogar als Antisportler. Nicht, weil wir Medienkonsum für ungesund halten. Die digitalen Medien scheinen viele Wir sind Fußballweltmeister und Handballeuro- Sportler sogar zu motivieren. Laut dieser Bewe- pameister. Der Fitnessmarkt boomt, es gibt gungsstudie nutzt jeder Siebte einen digitalen immer mehr Studios und Personal Trainer – reale Trainingsbegleiter und jeder Zweite glaubt, dass und digitale. Laufveranstaltungen haben Kon- er sich damit mehr bewegt. Aber die Technik junktur, das Equipment wird immer besser und verführt auch zur Passivität und die ständige vielfältiger. Für viele Menschen ist Fitness ein Erreichbarkeit kann stressen. Mit unserem Lebensstil, die digitale Selbstvermessung ist Stress- und Bewegungslevel, mit der Art, wie für sie so selbstverständlich wie Zähneputzen. wir uns ernähren und mit unserem – quantita- Und es gibt die andere Hälfte, die die moderne tiven wie qualitativen – Medienkonsum, haben Technik vor allem nutzt, um sich nicht mehr zu wir große Teile unserer Gesundheit selbst in der bewegen. Mehr als jeder Dritte kommt in sei- Hand. nem Alltag nicht einmal mehr auf eine halbe Stunde Bewegung. Wir nutzen die Studien, um Präventionsange- bote zu entwickeln, die unsere Versicherten inte- Ein Körper, der nicht bewegt wird, bereitet ressieren, die in ihre Lebenswirklichkeit passen irgendwann gesundheitliche Probleme. Muskel- und natürlich auch erwiesenermaßen geeignet Skelett-Erkrankungen verursachen schon heute sind, ihre Gesundheit nachhaltig zu fördern. den größten Teil der Fehlzeiten hierzulande. Was also ist zu tun? Wir halten nichts davon, Men- Ihr schen für ungesundes Verhalten zu bestrafen. Wir möchten aber auch nicht abwarten und die Folgen des Bewegungsmangels verwalten. Wir möchten Menschen überzeugen, dass sie selbst und ihre Gesundheit am meisten profitie- ren, wenn sie sich etwas Bewegung gönnen. Dr. Jens Baas Dafür müssen wir wissen, warum sie sich nicht Vorstandsvorsitzender der bewegen, was sie motivieren könnte, aktiver Techniker Krankenkasse zu werden und was diejenigen antreibt, die gut unterwegs sind. Diese Studie bietet die Grundlage dafür. Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016, herausgegeben von der Techniker Krankenkasse, Bereich: Markt und Kunde, Fachbereich Gesundheitsmanagement, Dr. Sabine Voermans (verantwortlich), Bramfelder Straße 140, 22305 Hamburg, Internet: www.presse.tk.de. Redaktion: Michaela Hombrecher, Katharina Borgerding, Susan Wolters. Fachliche Beratung: Gudrun Ahlers, Beate Helbig. Infografiken: Gabriele Baron. Gestaltung: The Ad Store GmbH, Hamburg. Produktion: Tanja Klopsch. Druck: Schmid Druck + Medien GmbH & Co. KG, Kaisheim. ISBN 978-3-945666-42-5 © Techniker Krankenkasse 2016
Vorwort Prof. Dr. Jan Mayer Bewegung ist die Grund: fehlende Motivation. Die Frage lautet einzige Universal- daher: Wie lässt sich die Software im Kopf so medizin, die wir heute programmieren, dass der Mensch aktiv wird? kennen. Sie fördert Herz und Kreislauf, Damit es langfristig läuft, muss Motivation in- kräftigt Muskulatur trinsisch sein, also aus jedem selbst kommen. und Knochen, beugt Jede Aufgabe fällt uns leichter, wenn wir sie als Krankheiten vor oder sinnvoll empfinden. Die Motive können dabei beeinflusst ihren Ver- durchaus ganz unterschiedlich sein. Es spielt lauf positiv. Sie hilft keine Rolle, ob es darum geht, eine bestimmte gegen Stress, das Zeit zu laufen oder Muskeln aufzubauen, ob Gehirn arbeitet besser. Bewegung kostet fast das Ziel eine gute Figur oder der Ausgleich zum nichts und hat keine Nebenwirkungen. Aller- stressigen Arbeitsalltag ist. Menschen, die be- dings sorgen Bildschirmarbeitsplätze, ein gut reits gesundheitliche Beschwerden haben, kön- ausgebautes Verkehrsnetz und digitale Medien nen motiviert sein, ihren Krankheitsverlauf mit dafür, dass wir uns im Job und in der Freizeit Sport positiv zu beeinflussen. Was es auch ist: immer weniger bewegen müssen. Jeder muss seine individuellen Strategien ent- wickeln – zum Starten und zum Durchhalten. Gleichzeitig ist das Bewegungsangebot aber so groß geworden, dass eigentlich für jeden etwas Das Belohnungssystem im Kopf spielt dabei dabei sein müsste. Man kann im Fitnessstudio eine entscheidende Rolle. Positive Erlebnisse allein trainieren, in der Gruppe oder mit Trainings- wollen wiederholt werden. Wichtig ist, etwas partnern. Es gibt digitale Trainingsbegleiter wie zu finden, das Spaß macht und sich konkrete, Pulsuhren oder Fitnesstracker, Angebote inter- erreichbare Ziele zu setzen. aktiver Online-Trainingspläne und immer wie- der neue Trendsportarten. Zudem gibt es viele Ihr Möglichkeiten, den eigenen Aktivitätslevel im Alltag zu erhöhen, indem man zum Beispiel mehr Wege zu Fuß oder mit dem Rad erledigt. Und dennoch fällt es vielen schwer, in Bewe- Prof. Dr. Jan Mayer gung zu kommen. In der vorliegenden Studie Deutsche Hochschule für Prävention und bezeichnet sich fast jeder Zweite als Sport- Gesundheitsmanagement, Saarbrücken muffel oder sogar Antisportler. Der häufigste Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 3
Inhalt 1. So geht‘s Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Fit bis fünfzig? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Chronisch weiblich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Was fehlt ihnen denn? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Erschöpfte Twens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2. Rückenrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Frühe Weichenstellung für die Rückenkarriere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Harte Arbeit geht auf den Rücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Null Sport schlägt auf den Rücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Wenn der Stress im Nacken sitzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Was tun bei „Rücken“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3. Bewegung im Alltag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Mehr Stress = mehr Bewegung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Senioren bewegen sich im Alltag bewusster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Aktiver Westen, erschöpfter Norden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Sport bekämpft die Couchsehnsucht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Auf die Plätze, fertig, Ausreden! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 4. Sitzplatzgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Bewegungsfalle Bildschirm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Männer mehr vor der Mattscheibe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Mehr Mitbewohner, weniger Mattscheibe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 5. Sport im Alltag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Welche Sportart ist am beliebtesten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Allein, mit Partner oder in einer Gruppe? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Digitale Trainingsbegleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 4 | Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016
6. Sport und Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Aktive Entspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 7. Bloß kein Sport … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Eine Nation, 16 Meinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Wie kann man Sportmuffeln Beine machen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 8. Weniger Jobs zum Aussitzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Der unbewegte Bewegungsapparat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Viel in Bewegung, aber ist das gesund? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Fit im Job – Chefsache oder Privatvergnügen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 9. Gesundes Arbeiten – so soll‘s aussehen und so sieht‘s aus . . . . . . . . . . . . . . 38 So sieht‘s aus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Anspruch und Wirklichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 10. Bewegung und Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Gesunde Aktivposten im Osten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Gesundheit: Eine Frage der Einstellung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Sportler sind gesünder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Bewegungsfalle Bildschirm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Immer oder nimmer in Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 11. Literaturliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 12. Studienaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 5
1. So geht’s Deutschland Wie geht es den Menschen in Deutschland? zulande von diesen sogenannten Zivilisations- Die Krankenkassen verfügen über eine Vielzahl krankheiten betroffen sind. Gemeint sind damit anonymisierter Daten, die Aufschluss über die Beschwerden, die lebensstilbedingt sind und gesundheitlichen Belastungen der Menschen in daher mit Bewegung, gesunder Ernährung und Deutschland geben. Krankschreibungen zum einem gesunden Verhältnis von Stress und Beispiel. Eine Analyse der „gelben Scheine“ Entspannung vermeidbar wären. Gesundheits- zeigt, aufgrund welcher Beschwerden und wie experten schätzen, dass bis zu 70 Prozent lange Beschäftigte und Empfänger von Ar- aller Ausgaben im Gesundheitswesen für die beitslosengeld I(1) krankgeschrieben werden. Behandlung der Zivilisationskrankheiten auf- gewandt werden. 2015 waren es durchschnittlich 15,4 Tage pro Person. Aufgrund einer Erkältungswelle Anfang Eine weitere Möglichkeit für eine Bestandsauf- des Jahres sind viele Beschäftigte wegen Atem- nahme des Gesundheitszustandes der Gesell- wegserkrankungen ausgefallen. Zudem stehen schaft ist, die Betroffenen selbst zu fragen. Hier Rückenschmerzen und Depressionen auf der setzt die vorliegende Studie an. Dafür wurde im Liste der häufigsten Ursachen von Fehlzeiten Januar 2016 ein repräsentativer Querschnitt der ganz oben. Es gibt aber auch Krankheiten, die erwachsenen Bevölkerung Deutschlands zu kaum oder selten mit Krankschreibungen ver- seinem Bewegungsverhalten, aber auch zum bunden sind, die aber das Risiko für schwere allgemeinen Gesundheitszustand befragt. Folgeerkrankungen erhöhen können, zum Bei- spiel Typ 2-Diabetes, Stoffwechselstörungen Fit bis fünfzig? oder Bluthochdruck. Herz-Kreislauf-Beschwerden sind bei Krankschreibungen eher unauffällig. Über die Hälfte der Erwachsenen in Deutsch- Auffällig ist dagegen, dass mittlerweile über land, 55 Prozent, sind nach eigener Aussage 40 Prozent der Medikamente, die Männern bei guter oder sehr guter Gesundheit, drei von verschrieben werden, für die Pumpe sind. zehn geben sich zumindest ein zufriedenstel- lend und jedem Siebten geht es schlecht oder Eine Analyse der Arzneimittelverordnungen sehr schlecht. kann also zeigen, inwiefern die Menschen hier- Jeder Siebte ist mit seiner Gesundheit unzufrieden Wie würden Sie Ihren Gesundheitszustand im Allgemeinen beschreiben? schlecht sehr gut 5 weniger gut 16 9 30 gut 39 zufriedenstellend Angaben in Prozent Rundungsdifferenzen möglich 6 | Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016
Wenig überraschend ist, dass ältere Erwach- Deutlich überdurchschnittlich hoch ist der An- sene ihre Gesundheit schlechter bewerten. teil der Menschen mit schlechter Gesundheits- Auffällig ist jedoch, dass der Einbruch mit dem prognose auch bei denen, die wenig oder keinen 50. Lebensjahr beginnt. Während sich in den Sport treiben, sowie unter denen, die angeben ersten vier Lebensjahrzehnten noch zwei von auch nach Feierabend viel Zeit (vier Stunden drei Befragten gut oder sehr gut fühlen, sinkt und mehr) vor dem Bildschirm zu verbringen. die Zustimmung ab 50 rapide und erreicht in den älteren Gruppen durchgängig deutlich Chronisch weiblich? unter 50 Prozent. Mehr als jeder vierte Erwachsene in Deutsch- Auch regional gibt es Unterschiede: In Baden- land ist aufgrund einer chronischen Erkrankung Württemberg, dem Bundesland, das traditionell regelmäßig beim Arzt. Auch hier sind die älte- auch den niedrigsten Krankenstand bundesweit ren Befragten erwartungsgemäß häufiger be- hat, fühlen sich die Menschen am fittesten. troffen. Auffällig ist jedoch, dass sich auch in Sieben von zehn Befragten geht es gut oder der Altersgruppe 30 bis 39 bereits jeder Fünfte sehr gut, in Nordrhein-Westfalen sagt das mit zu den Chronikern zählt. Dies lässt vermuten, 48 Prozent nicht einmal die Hälfte. dass Zivilisationskrankheiten, die früher vor- nehmlich älteren Menschen zugeschrieben Zudem zeigt sich auch ein Zusammenhang zwi- wurden (Stichwort „Alterszucker“) wie Typ schen dem Einkommen der Befragten und ihrer 2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Beschwerden Gesundheit. Während bei den Geringverdienern auch immer mehr jüngere Menschen betreffen. jeder Vierte einen weniger guten oder schlech- Der diesjährige TK-Gesundheitsreport wird ten Gesundheitszustand angibt, ist der Anteil sich deshalb in seinem Themenschwerpunkt der Gutverdiener mit über 4.000 Euro Haus- den gesundheitlichen Belastungen der Genera- haltseinkommen mit sechs Prozent weit unter tion Ü30 widmen. dem Bundesdurchschnitt. Je älter, desto kränker Anteil der chronisch Erkrankten nach Alter Prozent 50 49 40 38 30 27 20 20 18 10 10 0 18-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70 Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre und älter Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 7
Unterschiede gibt es auch zwischen den Ge- des Bewegungsapparates, wozu vor allem die schlechtern. Während bei den Männern nur jeder Rückenbeschwerden zählen. 45 Prozent der Fünfte chronische Beschwerden bestätigt, ist bei Befragten sind davon betroffen. Aufgrund den Frauen jede Dritte betroffen. des deutlichen Ausmaßes widmet sich dieser Studienband in Kapitel 2 noch einmal speziell Auch wenn ein Blick auf die Krankenstandsda- dem Thema Rückenbeschwerden. ten der TK diesen Trend bestätigen, denn Frauen sind mit durchschnittlich 17,2 Tagen auch mehr Jeweils etwa drei von zehn Befragten gaben krankgeschrieben als Männer mit 13,9 Tagen(2), an, unter Stress beziehungsweise Erschöpfung, lässt sich nicht automatisch ableiten, dass es Müdigkeit und Schlafstörungen zu leiden. Letz- um die Gesundheit von Frauen schlechter be- tere betreffen Frauen deutlich mehr als Männer. stellt ist. Möglich wären auch soziale Gründe, wonach Frauen eher bereit sind, sich mit ihrer Beim Thema Erschöpfung fällt zudem auf, dass Gesundheit zu beschäftigen, Beschwerden die Zustimmungsrate in Westdeutschland mit einzuräumen und früher medizinische Hilfe in 30 Prozent deutlich höher liegt als im Osten, Anspruch zu nehmen. Diese Vermutung wird wo sich mit 18 Prozent „nur“ knapp jeder Fünfte durch einen Blick auf die Arzneimitteldaten erschöpft fühlt. bestätigt: Mit 248 Tagesdosen pro Jahr pro Mann ist das Volumen deutlich höher als bei Ein Fünftel der Befragten bezeichnet sich selbst Frauen mit 241 Medikamenteneinheiten. Ins- als übergewichtig. Auch hier gibt es Unterschie- besondere bei Herz-Kreislauf-Beschwerden de zwischen den Altersgruppen. Während bei bekommen Männer nahezu doppelt so viel den jungen Erwachsenen nur acht Prozent verschrieben wie Frauen(1). In der aktuellen Be- Übergewicht einräumen, ist bei den Jahrgängen wegungsstudie gaben Männer Herzprobleme ab 50 jeder Vierte betroffen. Insgesamt dürften jedoch nicht häufiger an als Frauen. Gesund- die Selbsteinschätzungen aber in allen Alters- heitsexperten sprechen hier oft von der Vorsor- gruppen deutlich unter den Ergebnissen von gemedizin der Frauen und der Reparaturmedizin Gesundheitsstudien liegen. Nach Angaben des der Männer. Letztere würden sich erst dann um Robert Koch-Instituts sind zwei Drittel der ihren Körper kümmern, wenn etwas nicht funk- Männer und etwas mehr als die Hälfte der tioniert. Daher sind sie in den Gesundheitsdaten Frauen übergewichtig und jeweils ein Viertel oftmals zunächst weniger auffällig, weisen fettleibig(3). weniger Arztbesuche und Krankschreibungen auf, erhöhen aber ihr Risiko für Folgeerkran- Ebenfalls fast jeder Fünfte leidet häufig an kungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall. Kopfschmerzen oder Migräne. Hier fallen vor allem die jungen Erwachsenen zwischen 18 Was fehlt ihnen denn? und 29 Jahren auf, von denen über 30 Prozent regelmäßige Schmerzen haben. Obwohl die Für die vorliegende Studie wurden die Men- jüngste Teilnehmergruppe erwartungsgemäß schen auch gefragt, unter welchen Beschwer- die wenigsten gesundheitlichen Beschwerden den beziehungsweise gesundheitlichen hat und fast jeder Vierte von ihnen unter keiner Einschränkungen sie häufiger oder dauerhaft der genannten Krankheiten leidet, gibt es meh- leiden. rere Belastungen, von denen die 18- bis 29-Jäh- rigen überdurchschnittlich häufig betroffen sind: Auf dem ersten Platz – mit großem Abstand zu stressbedingte Erschöpfung, Müdigkeit und den weiteren Diagnosen – stehen Krankheiten Kopfschmerzen. 8 | Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016
Der Rücken plagt auch Jüngere Häufige oder dauerhafte Beschwerden nach Alter der Betroffenen 40 Beschwerden des 49 Bewegungsapparats 46 34 Erschöpfung, 35 Ausgebranntsein 15 5 Herz-Kreislauf- 12 Erkrankungen 29 Stoffwechsel- 5 erkrankungen 9 wie z.B. Diabetes 23 0 10 20 30 40 50 18-39 Jahre 40-59 Jahre 60 Jahre und älter Angaben in Prozent Mehrfachnennungen möglich Erschöpfte Twens häufig oder sogar dauerhaft unausgeglichen oder niedergeschlagen zu sein. Menschen mit 2015 hatte die TK bereits eine Studie zur Ge- Kindern sind ebenso häufig betroffen wie sol- sundheit von Studierenden veröffentlicht, die che ohne und Erwerbstätige ebenso oft wie ihnen einen hohen Stresslevel bescheinigte. Arbeitslose. Unterschiede gibt es nur bei den Zudem zeigte sich, dass viele nicht über aus- Faktoren Bildung und Haushaltseinkommen. reichende Kompetenzen verfügen, mit stress- Bei den Befragten mit einem Haushalteinkom- bedingten Belastungen umzugehen (siehe men unter 1.500 Euro ist der Anteil derer, die auch Kapitel 10). Diese Einschätzung scheint häufig niedergeschlagen sind, mit 25 Prozent die vorliegende Studie noch einmal zu bestäti- überdurchschnittlich hoch. Dieses Ergebnis gen. Hier lässt sich also ein Ansatzpunkt für deckt sich mit der Gesundheitsberichterstat- präventive Stressbewältigungsprogramme tung der TK, in der finanzielle Unsicherheit zum identifizieren. Beispiel im Zusammenhang mit befristeten Arbeitsverhältnissen oder Zeitarbeit immer Unabhängig von Alter, Geschlecht und Wohn- wieder als gesundheitliche Belastung angege- ort geben 15 Prozent der Erwachsenen an, ben wird. Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 9
2. Rückenrepublik Deutschland Fast jeder dritte Erwachsene in Deutschland hat jeder Zehnte hatte sie schon, ist aber im Mo- nach eigener Aussage ständig oder oft Rücken- ment schmerzfrei. Das heißt: Zwei von drei probleme, gut ein weiteres Drittel gibt an, zu- Menschen hierzulande haben bereits Erfahrung mindest ab und zu Beschwerden zu haben, fast mit Rückenschmerzen. Jeder Dritte hat ständig oder öfter Rückenprobleme Wie häufig haben Sie in den letzten zwölf Monaten Probleme mit dem Rücken gehabt? ständig noch nie Rückenprobleme 16 24 öfter 15 9 früher, heute nicht mehr 35 ab und zu Angaben in Prozent Frühe Weichenstellung für entlastet oder gestärkt wird, scheint sich dies die Rückenkarriere auf die Rückenkarriere bis ins hohe Alter aus- zuwirken. Auch wenn die jungen Erwachsenen erwar- tungsgemäß im Mittel weniger Rückenprobleme Harte Arbeit geht auf den Rücken haben als die Älteren und fast 30 Prozent von ihnen sogar noch nie Beschwerden hatten, Überdurchschnittlich von Rückenproblemen fällt auf, dass auch bei den 18- bis 29-Jährigen betroffen sind die Menschen mit niedrigeren über 30 Prozent angeben, oft oder ständig Schulabschlüssen. Während bei den Abiturien- Schmerzen im Kreuz zu haben. ten nur jeder Zehnte unter Dauerschmerzen leidet, ist bei den Befragten mit Hauptschul- Überraschenderweise gilt das Gleiche für die abschluss mit 22 Prozent mehr als jeder Fünfte über 70-Jährigen. Auch hier sagen jeweils betroffen. Auch hier liegt die Vermutung nahe, 30 Prozent, dass sie oft oder ständig Rücken- dass die überdurchschnittliche Belastung mit schmerzen haben und ebenso viele, dass sie dem Beruf zusammenhängt, da die Berufe, die noch nie Probleme hatten. Dies lässt vermuten, mit geringer qualifizierten Abschlüssen besetzt dass in jungen Jahren die Weichen für die Rü- werden, wie in der Gebäudereinigung, im ckengesundheit gestellt werden. Je nachdem, Gartenbau oder in der Baubranche, mehr auf wie der Rücken beruflich belastet und durch den Rücken gehen. ein gesundes Sport- und Bewegungsverhalten 10 | Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016
Weniger Beschwerden bei Jobs mit mäßiger Bewegung Anteil der Befragten nach Bewegung bei der Arbeit und Beschwerden häufige/ständige Beschwerden häufig/ständig erschöpft Prozent des Bewegungsapparats und gestresst 40 44 40 30 36 34 20 19 18 10 0 berufliche Tätigkeit … … fast nur im Sitzen … mit intensiver Bewegung … mit mäßiger Bewegung Der TK-Rückenatlas(4) aus dem Jahr 2014 bestä- lagen die Kosten für den Ausfall von Produktion tigt dies. Insgesamt entfallen etwa zehn Prozent und Bruttowertschöpfung 2013 bundesweit bei aller Fehlzeiten in Deutschland auf Rückenbe- über 163 Milliarden Euro, davon entfallen gut schwerden. Pro Kopf sind das etwa 1,5 Tage. 16 Milliarden auf Rückenbeschwerden(5). Für Überdurchschnittlich von rückenbedingten Fehl- einen mittelständischen Betrieb mit 140 Mit- zeiten betroffen sind unter anderem Altenpfleger arbeitern bedeutet dies zum Beispiel pro Jahr (4,1 Tage), Reinigungskräfte (3,1 Tage), Straßen- 175 rückenbedingte Fehltage. Die Diagnose bauer (3,3 Tage) Dachdecker (3,2 Tage) und „Rücken“ kostet ihn also mehr als eine halbe Maurer (3,8 Tage). Stelle. Knapp sieben Prozent der Beschäftigten wer- Geht man nach der Analyse der Krankschrei- den im Jahr aufgrund einer Rückendiagnose bungen bei der TK, sind bei den Erwerbsper- krankgeschrieben. Im Krankheitsfall dauert ein sonen Männer und Frauen gleichermaßen von Ausfall wegen Rückenschmerzen statistisch Rückenbeschwerden betroffen. In der Befra- gesehen 17,5 Tage. Das bedeutet nicht nur lang- gung, die dieser Bewegungsstudie zugrunde wierige Beschwerden für die Patienten, son- liegt, gaben Frauen mit 36 Prozent deutlich dern auch hohe Kosten durch Arbeitsausfall für häufiger an, oft oder ständig Rückenprobleme die Unternehmen. Nach Schätzungen der Bun- zu haben. Bei den Männern liegt der Anteil mit desanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 25 Prozent deutlich niedriger. Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 11
Bewegungsarmer Alltag geht auf den Rücken Anteil der Befragten, die ständig Rückenprobleme haben Prozent Bildschirmnutzung Sportlertyp in der Freizeit 30 32 25 20 Durchschnitt: 16 18 10 13 0 Intensiv- Wenig- Anti- Freizeit- nutzer nutzer sportler sportler Zudem zeigt sich, dass Befragte mit Kindern ein bewegt zu werden. Zudem sorgen digitale Me- größeres Rückenproblem haben als diejenigen, dien und soziale Netzwerke dafür, dass wir auch die keine Kinder im Haushalt haben. Hier wäre einen guten Teil des Feierabends unbewegt vielleicht ein Rückenprogramm, das Eltern den verbringen. Daher ist wenig verwunderlich, dass Rücken stärkt, eine geeignete Maßnahme. diejenigen, die in der Bewegungsstudie anga- ben, ihre Freizeit fast ausschließlich vor dem Null Sport schlägt auf den Rücken Bildschirm zu verbringen (sieben Stunden am Tag und mehr), auch überdurchschnittlich häufig Rückenprobleme entstehen heute seltener mit Rückenproblemen kämpfen. Jeder Dritte durch besondere körperliche Beanspruchung von ihnen klagt über ständige Schmerzen im im Job und immer häufiger durch das genaue Kreuz. Gleiches gilt für die Antisportler. Jeder Gegenteil – durch Bewegungsmangel. Immer Vierte leidet ständig an Rückenschmerzen, bei mehr Bildschirmplätze sowie das Automatisie- den Gelegenheitssportlern, also denen, die ren von Arbeitsabläufen sind dafür verantwort- wenigstens auf eine Stunde Sport in der Woche lich, dass der Körper darunter leidet, nicht mehr kommen, sind es nur noch 15 Prozent. 12 | Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016
Null Sport schlägt auf den Rücken Häufigkeit von Rückenschmerzen nach Sportlertyp Prozent 40 13 30 20 15 13 20 25 10 8 14 15 16 10 13 12 0 Anti- Sport- Gelegenheits- Freizeit- Intensiv- Gesamt sportler muffel sportler sportler sportler öfter ständig Wenn der Stress im Nacken sitzt ist wenig überraschend. Es verdeutlicht aber noch einmal, dass es umso wichtiger ist, dass In den meisten Fällen gehen Rückenbeschwer- auch die Therapie von Rückenbeschwerden den jedoch nicht nur auf eine Ursache zurück, ganzheitlich ansetzen und sich sowohl der Be- sondern sind häufig die Folge des Zusammen- handlung der Symptome als auch der Lebens- treffens mehrerer Faktoren wie Bewegungs- situation der Betroffenen widmen muss. mangel, einseitiger Belastung und Stress. Der Stress kann den Menschen buchstäblich im Was tun bei „Rücken“? Nacken sitzen. Auch in der Bewegungsstudie wurden die Teil- Fast die Hälfte der Befragten, die in der Bewe- nehmer gefragt, was sie bei Rückenproblemen gungsstudie angaben, unter stressbedingter unternehmen. Erschöpfung zu leiden, hat oft oder ständig Rückenprobleme. Danach liegt das Rückenrisiko Häufigste Antwort: Bewegung. Gut sieben bei den Gestressten also ein Fünftel höher als von zehn Befragten versuchen Rückenschmer- bei den Befragten ohne Stress-Symptome. zen durch Bewegung zu lindern, in den neuen Bundesländern sind es sogar gut 80 Prozent. Die persönliche Konstitution, die individuelle Dieses Ergebnis ist zunächst einmal sehr er- Lebenssituation und wie diese wahrgenommen freulich, da Bewegung bekanntermaßen die wird – all das spielt eine große Rolle für das beste Therapie ist. Risiko, zu erkranken. Wer mit seinem Leben zufrieden ist, ist auch weniger anfällig für Krank- Allerdings zeigt sich im weiteren Studienverlauf, heiten. Das gilt auch für den Rücken. Und wer dass die Angaben der Befragten bezüglich ihres bereits angeschlagen ist, reagiert auch stärker alltäglichen Bewegungsverhaltens schwer dazu auf Fehlbelastungen. passen. Dies bestätigt auch der TK-Gesundheitsreport Danach geben zwei Drittel an, im Alltag auf 2014(4), der sich schwerpunktmäßig mit dem weniger als eine Stunde Bewegung zu kom- Thema Rücken beschäftigte. Er zeigt, dass Er- men, über 40 Prozent der Erwachsenen ver- werbspersonen, die wegen Rückenbeschwer- bringen ihren Feierabend am liebsten auf dem den krankgeschrieben waren, nahezu von allen Sofa und nur gut die Hälfte treibt in der Freizeit anderen Diagnosen auch häufiger betroffen wenigstens gelegentlich Sport. waren als die, die keine Rückenprobleme hat- ten. Besonders auffällig ist, dass sie häufiger Bei ihnen liegt der Anteil derer, die Bewegung von psychisch bedingten Fehlzeiten betroffen als Mittel gegen das Kreuz mit dem Kreuz sind (Faktor 1,8). nennen, mit 80 Prozent sogar noch höher. Am höchsten ist die Zustimmung bei den Befrag- Dass dauerhafte Beschwerden im Kreuz für die ten, die digitale Trainingsbegleiter nutzen. Fast Patienten auch psychisch sehr belastend sind, 90 Prozent werden aktiv, wenn ihr Rücken Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 13
Probleme bereitet. Hier besteht zum Beispiel Auffällig oft gilt das auch für die jüngsten Er- für Krankenkassen die Chance, mit attraktiven wachsenen. Von den 18- bis 29-Jährigen gehen digitalen Angeboten wie Online-Rückencoa- 63 Prozent bei Rückenproblemen in die Waage- chings und Rücken-Apps den Menschen ge- rechte. Zum Vergleich: Bei den Ü40-Jährigen ist zielt den Rücken zu stärken. dies nur für jeden Dritten eine Option. 44 Prozent der Befragten setzen auf das Ge- 56 Prozent der Umfrageteilnehmer setzen auf genteil: Bei Rückenbeschwerden schonen sie Wärme, wie zum Beispiel einen Saunabesuch; sich und legen sich hin. Die Ursache des Übels Entspannungsübungen wie Yoga oder autoge- soll für viele zugleich auch Lösung sein. Wenig nes Training sind nur für drei von zehn Menschen überraschend sind es vor allem diejenigen, die in Deutschland das Mittel der Wahl. Frauen ihre Gesundheit allgemein in einem schlechten können sich dafür mehr begeistern als Männer. Zustand sehen. Hier sind es mit 54 Prozent mehr als die Hälfte, die meinen, ihren Rücken vor allem in der Rückenlage zu entlasten. Bei Rückenbeschwerden ist Bewegung die beste Therapie Wenn ich akute Rückenprobleme habe, helfe ich mir mit Frauen Männer 74 Bewegung (gesamt: 72) 69 Wärme, Saunabesuch, 61 51 Heizkissen (56) 43 Massage bzw. Physiotherapie (45) 47 40 schonen, z.B. hinlegen (44) 50 Schmerzmittel wie Salbe, Tabletten 47 38 oder Pflaster (43) 34 zum Arzt gehen (35) 35 Entspannungsübungen, z.B. auto- 36 24 genes Training oder Yoga (30) 80 60 40 20 0 0 20 40 60 80 Angaben in Prozent Mehrfachnennungen möglich Nur gut ein Drittel der Betroffenen sucht bei Bei den Twens nutzt nur ein Viertel Schmerzme- Rückenproblemen den Arzt auf, vor allem die dikamente, ab dem 40. Lebensjahr ist es schon älteren Befragten ab 60 suchen überdurch- die Hälfte. Dies könnte damit zusammenhängen, schnittlich oft professionelle Hilfe (42 Prozent). dass die Beschwerden mit dem Alter hartnäcki- Hier zeigen sich auch regionale Unterschiede. ger und langwieriger werden. Ab diesem Alter Bei den bayerischen Teilnehmern ist die Nach- setzen auch viele auf Massage oder Physiothera- frage nach medizinischer Unterstützung mit pie. 60 Prozent der Ü40-Jährigen und 51 Prozent 44 Prozent am höchsten. In Hessen, Rheinland- der 50- bis 59-Jährigen gaben diese Therapie- Pfalz und dem Saarland geht nur gut ein Viertel option an, im Mittel waren es 45 Prozent. bei Rückenbeschwerden zum Arzt. Viele Mediziner empfehlen bei akuten Rücken- 43 Prozent der Erwachsenen in Deutschland schmerzen „Abwarten“ als Therapieoption. In setzen bei Rückenbeschwerden auf Schmerz- acht von zehn Fällen würden die Beschwerden mittel. Da der Anteil höher liegt als derer, die innerhalb von acht Wochen selbst abklingen. Ob zum Arzt gehen, scheint ein gewisser Teil der dies vielen Befragten zu lange dauert, lässt sich Bevölkerung auch auf Selbstmedikation zu aus den Daten nicht ablesen. „Abwarten“ ist setzen. aber offenbar nur für die wenigsten eine Option. Nur ein Prozent gab an, bei Rückenproblemen eigentlich nichts zu unternehmen. 14 | Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016
3. Bewegung im Alltag Sport ist wichtig für ein gesundes Leben, auch nuten am Tag in Schwung. Das ist aber noch wenn es Zeit und anhaltende Motivation erfor- kein Grund zum Feiern – oder um sich wieder dert. Im stressigen Alltag sind beide Faktoren auf die faule Haut zu legen. aber oft Mangelware und der Weg ins Fitness- studio lässt sich im Vergleich zu anderen Terminen Mehr Stress = mehr Bewegung? noch am ehesten einsparen. Dabei verrät ein Blick auf die Seite der Weltgesundheitsorgani- Aber genau das scheint für viele der Befragten sation (WHO), dass bereits 150 Minuten mo- der nächste Schritt zu sein, wenn sie abends wie- derate Aktivität (das heißt erhöhter Puls, der der nach Hause kommen. Vor allem Frauen zieht Körper wird warm und kommt außer Atem) oder es erschöpft auf die Couch. So gibt fast jede zwei- 75 Minuten intensive Bewegung pro Woche te Teilnehmerin an, dass ihr Arbeitstag sehr an- einen Unterschied machen(6). strengend ist und sie sich abends am liebsten in die Polster flüchtet. Das sagen nur etwas mehr Auch wenn Sport unersetzbar ist, müssen diese als ein Drittel der Männer. Aber Vorsicht vor fal- Minuten nicht zwingend mit „bewusstem“ schen Schlussfolgerungen, die Frauen als weniger Sport gefüllt werden. Für viele Deutsche gibt es belastbar darstellen. Denn in mancher Hinsicht auch bei den alltäglichen Wegen ungenutztes sind sie tatsächlich mehr belastet: Eine Studie Bewegungspotenzial. So bewegt sich ein gutes des Statistischen Bundesamtes zeigt, dass Frau- Drittel weniger als eine halbe Stunde am Tag, en mit rund 45,5 Stunden insgesamt eine Stunde ein weiteres bleibt unter einer Stunde und nur mehr arbeiten als die Herren. Entscheidend: Zwei 29 Prozent schaffen mindestens 60 Minuten Drittel dieser Arbeit sind unbezahlt, beinhaltet oder mehr. Also bringen immerhin sechs von also Aufgaben wie zum Beispiel Putzen, Kochen, zehn Personen ihren Kreislauf länger als 30 Mi- Einkaufen oder die Kinderbetreuung(7). Zwei Drittel bewegen sich im Alltag nicht einmal eine Stunde Geschätzte Dauer der alltäglichen Wege per Rad oder zu Fuß gut eine Stunde und länger bis eine halbe Stunde 29 34 gut eine halbe 32 bis eine Stunde Angaben in Prozent Rundungsdifferenzen möglich Die Doppelbelastung aus Vollzeitjob und Haus- sich auch in der Alltagsaktivität wider: Mehr als halt, die immer mehr Frauen balancieren, scheint ein Drittel der Frauen bewegt sich 30 bis 60 Mi- besonders in den letzten drei Jahren angestie- nuten am Tag, bei den Männern sind es zehn gen zu sein. Das kann unter anderem dazu Prozentpunkte weniger. Außerdem geben knapp geführt haben, dass bei der aktuellen Umfrage drei von zehn aller Befragten an, dass sie durch mehr Frauen als in 2013 angeben, ihren Feier- Kinder oder Enkel auf Trab gehalten werden. abend auf dem Sofa zu verbringen (2013 waren Wenn die Betreuung der Kleinen noch haupt- es vier von zehn Frauen). Dieser Trend hat aber sächlich Aufgabe der Frauen ist, ist es also nicht zumindest eine positive Konsequenz: Obwohl überraschend, dass sie im Alltag aktiver sind. der Alltag für beide Geschlechter anstrengen- der geworden ist, haben sich Frauen am Ende Senioren bewegen sich im Alltag bewusster des Tages immerhin mehr bewegt. Wenn es zum Beispiel darum geht, die Treppe oder den Die Bewegungsstudie zeigt zudem, dass ältere Fahrstuhl zu nehmen, entscheiden sich eher die Menschen ab 60 bewusster versuchen, mehr Männer für die bequeme Variante. Das spiegelt Bewegung in ihren Alltag zu bringen. Sie unter- Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 15
brechen lange Sitzphasen häufiger aktiv, ent- schen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thürin- spannen weniger auf dem Sofa und nutzen gen, wo neun von zehn Bewohnern täglich ihr häufiger die Treppe als die 18- bis 39-Jährigen. Haus verlassen. Allgemein gehen 86 Prozent Sie geben sogar fast doppelt so häufig an, der Ostdeutschen jeden Tag an die frische Luft, dass Kinder und Enkel sie auf Trab halten als bei den Westdeutschen sind es nur 75 Prozent. die jungen Erwachsenen. Aber nicht nur dieses Verhalten spaltet die Na- tion in Aktivposten und Passivposten. In den Aktiver Westen, erschöpfter Norden neuen Bundesländern tendieren die Menschen auch eher zur Treppe anstatt zum Fahrstuhl. Bewegung ist schließlich nahezu unvermeidlich Über die Gründe lässt sich spekulieren. Gibt es im Alltag. Ob es sich nun um Kinderbetreuung, im Osten weniger Häuser mit Aufzügen? Ist Einkäufe oder Spaziergänge mit dem Hund die höhere Erwerbstätigkeitsquote von Frauen handelt – mehr als drei Viertel der Teilnehmer sowie die Geburtenrate im Osten ausschlagge- gehen mindestens einmal am Tag vor die Tür. bend für eine allgemein höhere Aktivität (8, 9)? Spitzenreiter sind im Bundesvergleich die Men- Vier von zehn verbringen den Feierabend auf der Couch Zustimmung nach Alter Ich gehe jeden Tag raus, 79 z.B. Einkaufen, mit dem 77 Hund oder in den Garten. (gesamt: 77) 75 Wenn ich lange sitze, ste- 64 he ich zwischendurch auf 64 und bewege mich. (68) 75 Mein Tag ist meist so an- 55 strengend, dass ich abends 44 am liebsten auf dem Sofa entspanne. (42) 28 Ich nehme meist Auto, 44 Bus oder Bahn, auch 35 wenn ich kleinere Besor- gungen mache. (37) 34 Wenn es einen Fahrstuhl 37 oder eine Rolltreppe gibt, 31 nutze ich die lieber als die Treppe. (37) 41 Durch meine Kinder oder 16 Enkel wird mein Kreis- 35 lauf häufig in Schwung gebracht. (27) 30 0 20 40 60 80 18-39 Jahre 40-59 Jahre 60 Jahre und älter Angaben in Prozent Mehrfachnennungen möglich Darüber hinaus sind auch die Verhaltensmuster Die aktivsten Menschen leben hingegen in aus Norddeutschland, Berlin und Brandenburg Nordrhein-Westfalen, wo sich vier von zehn auffällig, wo jeder Zweite abends das Sofa auf- Menschen mehr als 60 Minuten im Alltag sucht. In Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland bewegen. Das sind doppelt so viele wie in gilt das nur für knapp ein Drittel. Allerdings Baden-Württemberg. Fast genauso aktiv wie leben in diesen Bundesländern auch die meisten die NRWler sind die Menschen in Bayern, wo Bewegungsmuffel: Vier von zehn Menschen immerhin noch ein Drittel mehr als eine Stunde schaffen nicht mehr als 30 Minuten am Tag. aktiv ist. 16 | Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016
Bei der Wahl der alltäglichen Verkehrsmittel doppelt so viele(10). Interessant ist, dass die versteckt sich oft noch ungenutztes Bewegungs- Bereitschaft, in die Pedale zu treten, im Alter potenzial. Obwohl es in deutschen Haushalten tendenziell zunimmt. Ab dem 40. Lebensjahr im Durchschnitt 2,4 Fahrräder gibt (und nur entscheidet sich nur noch jeder Dritte für das 1,4 Autos), schwingt sich für die Fahrt zur Arbeit Auto oder die Bahn. In den Lebensabschnitten nur ein knappes Drittel auf den Drahtesel. Für davor sind es noch 44 Prozent, also gute zehn alltägliche Erledigungen sind es immerhin Prozentpunkte mehr. Feierabend auf der Couch Mein Tag ist meist so anstrengend, dass ich abends am liebsten auf dem Sofa entspanne (Zustimmung nach Regionen) Schleswig- Holstein Hamburg Mecklenburg- Vorpommern Bremen Brandenburg Niedersachsen Berlin Sachsen- Anhalt Nordrhein-Westfalen Sachsen Hessen Thüringen Rheinland- Pfalz Saarland Bayern Baden- Württemberg 32 % 39 % 41 % 42 % 50 % 51 % Sport bekämpft die Couchsehnsucht sportlern sind es nur 31 Prozent. Wer zudem außerhalb der Arbeit sieben oder mehr Stunden Freizeit und Alltag lassen sich nicht so leicht Bildschirmzeit genießt, hat allein aus Zeitgrün- trennen – zumindest, was die Leidenschaft zur den weniger Bewegung. In dieser Gruppe Bewegung angeht. Wer in der Freizeit sportlich schafft nur jeder Fünfte mindestens eine aktive unterwegs ist, entscheidet sich auch eher mal Stunde. Sind es maximal drei Stunden vor der für die Stufen oder das Fahrrad. So kommt Flimmerkiste oder dem Rechner, schafft das jeder zweite Intensivsportler im Alltag auf min- Pensum wieder jeder Dritte. destens eine Stunde Aktivität, bei den Anti- Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 17
Vor allem bei der Gretchenfrage „Treppe oder Auf die Plätze, fertig, Ausreden! Fahrstuhl?“ zeigt sich, wer auch in seiner Frei- zeit gerne mal ins Schwitzen kommt. Mehr als Wie heißt es so schön? Wer will, findet Wege, sieben von zehn Menschen, die regelmäßig wer nicht will, findet Gründe. Wer also aktiv Sport treiben, entscheiden sich dabei für Muskel- sein möchte, lässt sich auch durch einen stres- anstatt Stromkraft. Bei den Antisportlern ist es sigen Tag nicht davon abhalten. Diese Aussage gut die Hälfte. Das Verhalten spiegelt sich auch trifft aber mit gerade mal 16 Prozent auf einen in der Wahl des Verkehrsmittels wider, wobei geringen Teil der Befragten zu. Für viele gibt hier besonders die Intensivsportler von Auto es noch genug Argumente, die sie von einem oder Bahn absehen: Rund 80 Prozent ent- aktiveren Alltag abhalten. An der Spitze der scheiden sich für das Fahrrad. Das sagt nur Ausreden befinden sich zu große Entfernun- jeder zweite Antisportler. Sie verbringen im gen (47 Prozent) und Zeitmangel (45 Prozent). Vergleich auch öfter als alle anderen Sport- Besonders bei den 18- bis 39-Jährigen werden typen den Tag im Haus. Im Schnitt gehen nur diese Gründe mit 59 Prozent überdurchschnitt- sechs von zehn von ihnen täglich vor die Tür, lich oft genannt. Das gleiche gilt (nachvollzieh- bei den Aktiven sind es neun von zehn. bar) auch für Menschen, die in einer kleineren Ortschaft leben. Über die Hälfte setzt sich eher Obwohl sich die Sportbegeisterten in ihrer Frei- ins Auto, um lange Strecken zu meistern. In zeit verausgaben und auch im Alltag eher aktiv größeren Städten mit über 500.000 Einwoh- sind, zieht es sie abends seltener auf die Couch, nern stimmen dieser Aussage nur vier von zehn als Sportmuffel mit einem weitaus „bewegungs- Menschen zu. loseren“ Alltag. Bewegung macht also munter, nicht müde. So hat unter den Sportverneinern fast jeder Zweite Couchsehnsucht, bei den Sportlern nur ein Drittel. Unbewegtes Deutschland? Daran liegt’s Anteil der Befragten, die folgenden Aussagen zustimmen die Wege sind oft einfach zu lang 47 Zeitmangel 45 Krankheit, körperliche Einschrän- 28 kungen oder Übergewicht fehlende Motivation, kann mich 28 nicht aufraffen ich bewege mich einfach nicht 6 gerne 0 20 40 Angaben in Prozent Mehrfachnennungen möglich Auf den Plätzen drei und vier der Top-Gründe 49-Jährigen sowie den Ü70-Jährigen sagt das folgen mit jeweils 28 Prozent körperliche Ein- gerade mal jeder Fünfte. schränkungen wie Krankheit oder Übergewicht und fehlende Motivation. Auch hier schneiden Der Bewegungsdrang scheint im Alter also die jüngeren Generationen nicht so gut ab, wieder aufzublühen. Ab dem 60. Lebensjahr denn gerade ihnen fehlt es am häufigsten an lässt sich zum Beispiel rund ein Viertel der Be- Motivation. Vier von zehn Teilnehmern können fragten nicht von der täglichen Bewegung ab- sich nicht aufraffen, mal das Fahrrad anstatt das halten. Sie bewegen sich genau so viel, wie Auto oder die Bahn zu nehmen. Bei den 40- bis sie wollen. Der Zeitfaktor spielt hier natürlich 18 | Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016
eine Rolle, denn wer in Rente geht, kann seinen Skelett-Beschwerden, vermeidet auch einen Tag auch viel freier – und aktiver – planen. Das ist aktiven Alltag. Das gab über die Hälfte der aber nur die halbe Wahrheit, denn: Dieser Aussa- Betroffenen an. Dabei raten zahlreiche Studien ge stimmt auch jeder Vierte aller Altersgruppen genau das Gegenteil, denn Bewegung macht aus Ostdeutschland zu, während es im Westen gesund(11). In Berlin und Brandenburg fehlt es nur 15 Prozent sind. Hier zeigt sich wieder die vier von zehn Befragten nicht nur an Zeit, unerwartete Trennung zwischen östlichen Aktiv- sondern auch überdurchschnittlich oft an posten und westlichen Passivposten. Motivation. In den südöstlichen Ländern sind nur 16 Prozent unmotiviert und knapp ein Regional sind die Ausreden wieder sehr unter- Drittel bewegt sich so viel es will. In Bayern schiedlich verteilt: Während in Bayern, Branden- und Baden-Württemberg scheint es hingegen burg und Berlin vor allem die Zeit für einen tendenziell gemütlicher zuzugehen. Hier ist bewegten Alltag fehlt, sind in Norddeutschland der Anteil derer, die sich generell nicht gern überdurchschnittlich oft körperliche Einschrän- bewegen, mit neun beziehungsweise zehn kungen ein entscheidender Faktor. Generell Prozent besonders hoch. In Norddeutschland zeigt sich: Wer vorbelastet ist durch Überge- sagen das gerade einmal drei Prozent. wicht, Herz-Kreislauf-Krankheiten oder Muskel- Wo die Motivation fehlt Ich kann mich nicht aufraffen, öfter zu Fuß zu gehen oder mit dem Rad zu fahren statt Auto, Bus oder Bahn zu nehmen (Zustimmung g nach Regionen) g Schleswig- Holstein Hamburg Mecklenburg- Vorpommern Bremen Brandenburg Niedersachsen Berlin Sachsen- Anhalt Nordrhein-Westfalen Sachsen Hessen Thüringen Rheinland- Pfalz Saarland Bayern Baden- Württemberg 16 % 24 % 25 % 32 % 36 % 40 % Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 19
4. Sitzplatzgarantie Das Land sitzt. Alles zusammengerechnet – ar- Auch regional sitzt es sich in Deutschland sehr beiten, essen, fernsehen und Ähnliches – verbrin- unterschiedlich. So sitzen die Baden-Württem- gen die Menschen hierzulande durchschnittlich berger, Berliner und Brandenburger mit sieben 6,5 Stunden täglich im Sitzen, mehr als jeder Stunden fast eine Stunde mehr als die Nach- Fünfte kommt sogar auf neun Stunden und mehr. barn in Bayern, die Norddeutschen sowie die Nun könnte man meinen, dass die Hälfte schon Erwachsenen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und arbeitsbedingt einen großen Teil des Tages aus- Thüringen. Auffällig ist hier vor allem, dass sitzen muss. Die Umfrageergebnisse zeigen Bayern das Feld im Jahr 2013 mit durchschnitt- jedoch, dass die Erwerbstätigen mit 6,7 Stun- lich 7,4 Stunden noch angeführt hat. den im Mittel nur eine halbe Stunde am Tag mehr sitzen als die, die nicht arbeiten. Mit steigendem Haushaltseinkommen wird auch mehr gesessen, was vermutlich mit den Zudem zeigen sich deutliche Unterschiede zwi- damit einhergehenden beruflichen Aufgaben schen den Altersgruppen. Während die jungen zusammenhängt (siehe auch Kapitel 8). Wäh- Erwachsenen zwischen 18 und 29 Jahren mit rend in den unteren Gehaltsklassen gut sechs durchschnittlich sieben Stunden täglich am Stunden täglich im Sitzen verbracht werden, meisten sitzen, haben die 60- bis 69-Jährigen kommen Haushalte mit einem monatlichen nur noch Sitzfleisch für 5,8 Stunden. Einkommen von 4.000 Euro und höher auf stolze 7,5 Stunden. So lange sitzt Deutschland Geschätzte Sitzzeit an einem typischen Wochentag * 24 bis 4 Stunden 9 Stunden 21 und mehr Ø 6,5 Stunden 46 5-8 Stunden * 8 Prozent: weiß nicht/keine Angabe Angaben in Prozent Rundungsdifferenzen möglich 20 | Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016
Bewegungsfalle Bildschirm Wie die Bewegungsstudie zeigt, verbringen die Erwachsenen in Deutschland im Schnitt Fast jeder Zweite der gut 40 Millionen Arbeits- täglich gut drei Stunden ihrer Freizeit vor dem plätze in Deutschland ist ein Sitzplatz. Das heißt, Bildschirm. Zwar sind darin alle Bildschirme, die Hälfte der Menschen in Deutschland ver- auch der Fernseher, einkalkuliert, da aber die bringt zwangsläufig ein Drittel ihres Tages im wenigsten TV-Geräte über einem Ergometer Sitzen (siehe Kapitel 8). Nach einem langen hängen und auch bei mobilen Endgeräten meist Arbeitstag am Bildschirm sehnt sich der Körper nur der Bildschirm mobil ist, der Nutzer aber eigentlich nach Bewegung – bevor er für die in der Regel davor sitzt, ist Medienkonsum Nacht wieder für etwa acht Stunden in die meist mit Passivität verbunden. Waagerechte geht. Der Bewegungsapparat benötigt Ausgleich für das lange Stillsitzen, die Natürlich ist der Bildschirm an sich nicht gesund- Augen eine Auszeit vom Bildschirm und die heitsschädigend. In vielen Bereichen erleichtert Seele möchte sich entspannen. er das Leben und viele Alltagserledigungen wie Bankgeschäfte und Einkaufen werden einfach Und trotzdem sitzen viele auch den Feier- ins Netz verlegt. Die Studie zeigt jedoch, dass abend aus. Über 40 Prozent der Befragten Bildschirmzeit auf Kosten des Aktivitätslevels geben an, dass ihr Tag meist so anstrengend geht, denn die gewonnene Zeit wird oft wieder ist, dass sie ihren Feierabend am liebsten auf im Sitzen verbracht. dem Sofa verbringen. Und dort treffen sie oft auf den nächsten Bildschirm. Bewegungsfalle Bildschirm Befragte nach Anzahl der Stunden, die sie in der Freizeit täglich vor TV, PC und Co. verbringen überhaupt nicht 8 Stunden und mehr weniger als eine Stunde * 3 4 7 1 Stunde 9 5-7 Stunden 17 Ø 3,1 Stunden 25 2 Stunden 4 Stunden 7 20 3 Stunden * 7 Prozent: weiß nicht/keine Angabe Angaben in Prozent Rundungsdifferenzen möglich Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 21
Männer mehr vor der Mattscheibe Die Schere ist seit der letzten Studie weiter aus- einandergegangen. Bei den Männern hat sich Fast ein Viertel der Befragten kommt auf eine der Konsum von ehemals 3,4 Stunden leicht Bildschirmzeit von vier bis sieben Stunden, vier erhöht, Frauen haben von 3,1 Stunden Aus- Prozent kommen sogar auf mindestens acht gangsniveau inzwischen etwas weniger auf der Stunden. Uhr. Auffällig ist, dass der Medienkonsum im Osten seit der letzten Umfrage deutlich zu- Männer sitzen mit durchschnittlich 3,5 Stunden rückgegangen ist: von 3,6 Stunden in 2013 auf täglich deutlich mehr vor PC, Konsole und Co. als 2,9 Stunden in 2016. Frauen, die im Mittel auf 2,8 Stunden kommen. Fernseher statt Fitness Bildschirmzeit nach Sportlertyp Stunden 4 3,9 3,5 Durchschnitt: 3,1 Stunden 3 3,2 2,5 2,8 2,8 2,8 2 1,5 Anti- Sport- Gelegenheits- Freizeit- Intensiv- sportler muffel sportler sportler sportler Mehr Mitbewohner, weniger Mattscheibe In jedem Fall scheint Familie ein Faktor zu sein, der den Medienkonsum deutlich reduziert. Die Ergebnisse zeigen zudem, dass der Medien- Während in den Singlehaushalten im Schnitt konsum mit dem Sportpensum und mit der 3,6 Stunden und in Zwei-Personen-Haushalten Gesundheit korreliert (siehe auch Kapitel 10). immerhin noch überdurchschnittlich 3,3 Stun- Während die Antisportler angeben, durchschnitt- den täglich vor dem Bildschirm verbracht wer- lich knapp vier Stunden am Tag vor dem Bild- den, kommen diejenigen, die mindestens zwei schirm zu verbringen, sind es bei denen, die Mitbewohner haben, nur auf 2,5 Stunden. wenigstens gelegentlich Sport treiben, nur 2,8 Stunden. Diejenigen, die ihre eigene Ge- Die Weltgesundheitsorganisation WHO emp- sundheit als gut oder sehr gut bezeichnen, fiehlt mindestens 30 Minuten mäßige Bewe- kommen im Mittel ebenfalls auf 2,8 Stunden, gung an fünf Tagen oder mindestens 20 Minuten bei denen, die sich nicht gesund fühlen, schla- intensive Betätigung an drei Tagen die Woche. gen 4,3 Stunden Bildschirmzeit zu Buche. Ob Mit einer geringfügigen Reduktion der persön- der intensive Medienkonsum auf die Gesund- lichen Bildschirmzeit an einigen Tagen ließe heit geht oder ob Menschen, die sich nicht sich der Aktivitätslevel also deutlich erhöhen. gesund fühlen, deshalb mehr Zeit vor dem Bildschirm verbringen, lässt sich mit den Daten allerdings nicht beantworten. 22 | Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016
5. Sport im Alltag Die Treppe anstelle des Aufzugs nehmen, mit Soweit die Theorie. Die (deutsche) Wirklichkeit dem Fahrrad zur Arbeit fahren oder beim Tele- sieht aber anders aus: 30 Prozent der Bundes- fonieren auf und ab gehen – Bewegung im bürger treiben wenig Sport (Sportmuffel), davon Alltag ist wichtig. Um seine Gesundheit opti- 18 Prozent sogar gar nicht (Antisportler). Nur mal zu fördern, reicht das alleine jedoch nicht knapp 30 Prozent der Bevölkerung sind Gele- aus. Denn ein wichtiger Bestandteil eines ge- genheitssportler, die entsprechend der WHO- sunden Lebens ist Sport. Die WHO empfiehlt, Richtlinie trainieren. 2,5 Stunden moderates Training die Woche(6). Fast jeder Zweite ist Sportmuffel oder Antisportler Verteilung nach Sportlertyp 2016 Intensivsportler Antisportler Freizeitsportler 7 * 18 kein Sport 14 selten Sport 30 29 1-3 Stunden pro Woche 3-5 Stunden pro Woche mehr als 5 Stunden pro Gelegenheitssportler Sportmuffel Woche und Wettkämpfe 2013 6 * 20 13 27 32 2007 6 * 20 16 24 34 * weiß nicht/keine Angabe Angaben in Prozent Die gute Nachricht: Auch wenn die Menschen 52 Prozent die Mehrheit. 2016 sind sie nur noch in Deutschland noch weit davon entfernt sind, in Teilen der Republik – in Berlin, Brandenburg, sich ausreichend zu bewegen, sind sie mittler- Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland in weile aktiver als noch vor drei Jahren. Damals der Mehrheit. Im Norden gibt es ein Patt und im stellten die Antisportler und Sportmuffel mit Süden und im Westen haben die Sportler die Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 23
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