Beweg Dich, Deutschland! - TK-Bewegungsstudie 2016 - Techniker Krankenkasse

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Beweg Dich, Deutschland! - TK-Bewegungsstudie 2016 - Techniker Krankenkasse
D e u tschland!
Beweg Dich, ie 2016
  -Bewegungsstud
TK
Beweg Dich, Deutschland! - TK-Bewegungsstudie 2016 - Techniker Krankenkasse
utschland!
Beweg Dich, De2016
          gsstudie
TK-Bewegun

                            Vorwort Dr. Jens Baas
                                                     Es geht ein Riss durch                        Sie ist der Auftakt zu unserer diesjährigen Neu-
                                                     Deutschland – nicht                           auflage der TK-Lifestyle-Studien. Wie auch bei
                                                     geografisch und auch                           der letzten Auflage 2013 werden wir die Reihe
                                                     nicht demografisch,                            mit repräsentativen Bevölkerungsumfragen zu
                                                     aber das Land teilt sich                      den Themen Ernährung und Stress fortsetzen.
                                                     fast mittig in Bewegte                        Denn alle drei Themen haben unmittelbaren
                                                     und Unbewegte. Un-                            Einfluss auf unsere Gesundheit. Neu dazu-
                                                     sere diesjährige Be-                          gekommen ist das Thema digitale Medienkom-
                                                     wegungsstudie zeigt                           petenz. In den letzten beiden Jahren haben
                                                     einen leichten Auf-                           wir uns bereits mit dem Medienkonsum von
                                                     wärtstrend, denn seit                         Jugendlichen und Studierenden befasst. Im
                            unserer letzten Umfrage 2013 haben die Akti-                           Zuge dieses Kanons werden wir dieses Jahr
                            ven die absolute Mehrheit zurück gewonnen.                             auch Erwachsene nach ihrem Umgang mit
                            Dennoch bezeichnet sich knapp die Hälfte der                           digitalen Medien befragen.
                            Erwachsenen in Deutschland als Sportmuffel
                            oder sogar als Antisportler.                                           Nicht, weil wir Medienkonsum für ungesund
                                                                                                   halten. Die digitalen Medien scheinen viele
                            Wir sind Fußballweltmeister und Handballeuro-                          Sportler sogar zu motivieren. Laut dieser Bewe-
                            pameister. Der Fitnessmarkt boomt, es gibt                             gungsstudie nutzt jeder Siebte einen digitalen
                            immer mehr Studios und Personal Trainer – reale                        Trainingsbegleiter und jeder Zweite glaubt, dass
                            und digitale. Laufveranstaltungen haben Kon-                           er sich damit mehr bewegt. Aber die Technik
                            junktur, das Equipment wird immer besser und                           verführt auch zur Passivität und die ständige
                            vielfältiger. Für viele Menschen ist Fitness ein                       Erreichbarkeit kann stressen. Mit unserem
                            Lebensstil, die digitale Selbstvermessung ist                          Stress- und Bewegungslevel, mit der Art, wie
                            für sie so selbstverständlich wie Zähneputzen.                         wir uns ernähren und mit unserem – quantita-
                            Und es gibt die andere Hälfte, die die moderne                         tiven wie qualitativen – Medienkonsum, haben
                            Technik vor allem nutzt, um sich nicht mehr zu                         wir große Teile unserer Gesundheit selbst in der
                            bewegen. Mehr als jeder Dritte kommt in sei-                           Hand.
                            nem Alltag nicht einmal mehr auf eine halbe
                            Stunde Bewegung.                                                       Wir nutzen die Studien, um Präventionsange-
                                                                                                   bote zu entwickeln, die unsere Versicherten inte-
                            Ein Körper, der nicht bewegt wird, bereitet                            ressieren, die in ihre Lebenswirklichkeit passen
                            irgendwann gesundheitliche Probleme. Muskel-                           und natürlich auch erwiesenermaßen geeignet
                            Skelett-Erkrankungen verursachen schon heute                           sind, ihre Gesundheit nachhaltig zu fördern.
                            den größten Teil der Fehlzeiten hierzulande. Was
                            also ist zu tun? Wir halten nichts davon, Men-                         Ihr
                            schen für ungesundes Verhalten zu bestrafen.
                            Wir möchten aber auch nicht abwarten und die
                            Folgen des Bewegungsmangels verwalten.
                            Wir möchten Menschen überzeugen, dass sie
                            selbst und ihre Gesundheit am meisten profitie-
                            ren, wenn sie sich etwas Bewegung gönnen.                              Dr. Jens Baas
                            Dafür müssen wir wissen, warum sie sich nicht                          Vorstandsvorsitzender der
                            bewegen, was sie motivieren könnte, aktiver                            Techniker Krankenkasse
                            zu werden und was diejenigen antreibt, die
                            gut unterwegs sind. Diese Studie bietet die
                            Grundlage dafür.

                            Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016, herausgegeben von der Techniker Krankenkasse, Bereich: Markt und Kunde, Fachbereich
                            Gesundheitsmanagement, Dr. Sabine Voermans (verantwortlich), Bramfelder Straße 140, 22305 Hamburg, Internet: www.presse.tk.de. Redaktion:
                            Michaela Hombrecher, Katharina Borgerding, Susan Wolters. Fachliche Beratung: Gudrun Ahlers, Beate Helbig. Infografiken: Gabriele Baron.
                            Gestaltung: The Ad Store GmbH, Hamburg. Produktion: Tanja Klopsch. Druck: Schmid Druck + Medien GmbH & Co. KG, Kaisheim.
                            ISBN 978-3-945666-42-5

                            © Techniker Krankenkasse 2016
Beweg Dich, Deutschland! - TK-Bewegungsstudie 2016 - Techniker Krankenkasse
Vorwort Prof. Dr. Jan Mayer
                         Bewegung ist die              Grund: fehlende Motivation. Die Frage lautet
                         einzige Universal-            daher: Wie lässt sich die Software im Kopf so
                         medizin, die wir heute        programmieren, dass der Mensch aktiv wird?
                         kennen. Sie fördert
                         Herz und Kreislauf,           Damit es langfristig läuft, muss Motivation in-
                         kräftigt Muskulatur           trinsisch sein, also aus jedem selbst kommen.
                         und Knochen, beugt            Jede Aufgabe fällt uns leichter, wenn wir sie als
                         Krankheiten vor oder          sinnvoll empfinden. Die Motive können dabei
                         beeinflusst ihren Ver-         durchaus ganz unterschiedlich sein. Es spielt
                         lauf positiv. Sie hilft       keine Rolle, ob es darum geht, eine bestimmte
                         gegen Stress, das             Zeit zu laufen oder Muskeln aufzubauen, ob
Gehirn arbeitet besser. Bewegung kostet fast           das Ziel eine gute Figur oder der Ausgleich zum
nichts und hat keine Nebenwirkungen. Aller-            stressigen Arbeitsalltag ist. Menschen, die be-
dings sorgen Bildschirmarbeitsplätze, ein gut          reits gesundheitliche Beschwerden haben, kön-
ausgebautes Verkehrsnetz und digitale Medien           nen motiviert sein, ihren Krankheitsverlauf mit
dafür, dass wir uns im Job und in der Freizeit         Sport positiv zu beeinflussen. Was es auch ist:
immer weniger bewegen müssen.                          Jeder muss seine individuellen Strategien ent-
                                                       wickeln – zum Starten und zum Durchhalten.
Gleichzeitig ist das Bewegungsangebot aber so
groß geworden, dass eigentlich für jeden etwas         Das Belohnungssystem im Kopf spielt dabei
dabei sein müsste. Man kann im Fitnessstudio           eine entscheidende Rolle. Positive Erlebnisse
allein trainieren, in der Gruppe oder mit Trainings-   wollen wiederholt werden. Wichtig ist, etwas
partnern. Es gibt digitale Trainingsbegleiter wie      zu finden, das Spaß macht und sich konkrete,
Pulsuhren oder Fitnesstracker, Angebote inter-         erreichbare Ziele zu setzen.
aktiver Online-Trainingspläne und immer wie-
der neue Trendsportarten. Zudem gibt es viele          Ihr
Möglichkeiten, den eigenen Aktivitätslevel im
Alltag zu erhöhen, indem man zum Beispiel
mehr Wege zu Fuß oder mit dem Rad erledigt.

Und dennoch fällt es vielen schwer, in Bewe-           Prof. Dr. Jan Mayer
gung zu kommen. In der vorliegenden Studie             Deutsche Hochschule für Prävention und
bezeichnet sich fast jeder Zweite als Sport-           Gesundheitsmanagement, Saarbrücken
muffel oder sogar Antisportler. Der häufigste

                                                                    Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 3
Inhalt
                      1. So geht‘s Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
                      Fit bis fünfzig? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
                      Chronisch weiblich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
                      Was fehlt ihnen denn? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
                      Erschöpfte Twens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

                      2. Rückenrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .               10
                      Frühe Weichenstellung für die Rückenkarriere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                      10
                      Harte Arbeit geht auf den Rücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .              10
                      Null Sport schlägt auf den Rücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .               12
                      Wenn der Stress im Nacken sitzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .               13
                      Was tun bei „Rücken“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .         13

                      3. Bewegung im Alltag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
                      Mehr Stress = mehr Bewegung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
                      Senioren bewegen sich im Alltag bewusster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
                      Aktiver Westen, erschöpfter Norden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
                      Sport bekämpft die Couchsehnsucht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
                      Auf die Plätze, fertig, Ausreden! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

                      4. Sitzplatzgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .              20
                      Bewegungsfalle Bildschirm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .           21
                      Männer mehr vor der Mattscheibe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                 22
                      Mehr Mitbewohner, weniger Mattscheibe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                       22

                      5. Sport im Alltag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
                      Welche Sportart ist am beliebtesten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
                      Allein, mit Partner oder in einer Gruppe? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
                      Digitale Trainingsbegleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

4 | Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016
6. Sport und Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Aktive Entspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

7. Bloß kein Sport … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Eine Nation, 16 Meinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
Wie kann man Sportmuffeln Beine machen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

8. Weniger Jobs zum Aussitzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .              34
Der unbewegte Bewegungsapparat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                 35
Viel in Bewegung, aber ist das gesund? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .               36
Fit im Job – Chefsache oder Privatvergnügen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                   36

9. Gesundes Arbeiten – so soll‘s aussehen und so sieht‘s aus . . . . . . . . . . . . . . 38
So sieht‘s aus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
Anspruch und Wirklichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

10. Bewegung und Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                      42
Gesunde Aktivposten im Osten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .             42
Gesundheit: Eine Frage der Einstellung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .              42
Sportler sind gesünder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     43
Bewegungsfalle Bildschirm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        44
Immer oder nimmer in Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                45

11. Literaturliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

12. Studienaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

                                                       Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 5
1. So geht’s Deutschland
                      Wie geht es den Menschen in Deutschland?         zulande von diesen sogenannten Zivilisations-
                      Die Krankenkassen verfügen über eine Vielzahl    krankheiten betroffen sind. Gemeint sind damit
                      anonymisierter Daten, die Aufschluss über die    Beschwerden, die lebensstilbedingt sind und
                      gesundheitlichen Belastungen der Menschen in     daher mit Bewegung, gesunder Ernährung und
                      Deutschland geben. Krankschreibungen zum         einem gesunden Verhältnis von Stress und
                      Beispiel. Eine Analyse der „gelben Scheine“      Entspannung vermeidbar wären. Gesundheits-
                      zeigt, aufgrund welcher Beschwerden und wie      experten schätzen, dass bis zu 70 Prozent
                      lange Beschäftigte und Empfänger von Ar-         aller Ausgaben im Gesundheitswesen für die
                      beitslosengeld I(1) krankgeschrieben werden.     Behandlung der Zivilisationskrankheiten auf-
                                                                       gewandt werden.
                      2015 waren es durchschnittlich 15,4 Tage pro
                      Person. Aufgrund einer Erkältungswelle Anfang    Eine weitere Möglichkeit für eine Bestandsauf-
                      des Jahres sind viele Beschäftigte wegen Atem-   nahme des Gesundheitszustandes der Gesell-
                      wegserkrankungen ausgefallen. Zudem stehen       schaft ist, die Betroffenen selbst zu fragen. Hier
                      Rückenschmerzen und Depressionen auf der         setzt die vorliegende Studie an. Dafür wurde im
                      Liste der häufigsten Ursachen von Fehlzeiten      Januar 2016 ein repräsentativer Querschnitt der
                      ganz oben. Es gibt aber auch Krankheiten, die    erwachsenen Bevölkerung Deutschlands zu
                      kaum oder selten mit Krankschreibungen ver-      seinem Bewegungsverhalten, aber auch zum
                      bunden sind, die aber das Risiko für schwere     allgemeinen Gesundheitszustand befragt.
                      Folgeerkrankungen erhöhen können, zum Bei-
                      spiel Typ 2-Diabetes, Stoffwechselstörungen      Fit bis fünfzig?
                      oder Bluthochdruck. Herz-Kreislauf-Beschwerden
                      sind bei Krankschreibungen eher unauffällig.     Über die Hälfte der Erwachsenen in Deutsch-
                      Auffällig ist dagegen, dass mittlerweile über    land, 55 Prozent, sind nach eigener Aussage
                      40 Prozent der Medikamente, die Männern          bei guter oder sehr guter Gesundheit, drei von
                      verschrieben werden, für die Pumpe sind.         zehn geben sich zumindest ein zufriedenstel-
                                                                       lend und jedem Siebten geht es schlecht oder
                      Eine Analyse der Arzneimittelverordnungen        sehr schlecht.
                      kann also zeigen, inwiefern die Menschen hier-

                         Jeder Siebte ist mit seiner Gesundheit unzufrieden

                         Wie würden Sie Ihren Gesundheitszustand im Allgemeinen beschreiben?
                                                                                       schlecht

                                sehr gut                               5                          weniger gut
                                                         16                   9

                                                                                   30
                             gut                    39                                             zufriedenstellend

                                                                                                   Angaben in Prozent
                                                                                           Rundungsdifferenzen möglich

6 | Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016
Wenig überraschend ist, dass ältere Erwach-       Deutlich überdurchschnittlich hoch ist der An-
sene ihre Gesundheit schlechter bewerten.         teil der Menschen mit schlechter Gesundheits-
Auffällig ist jedoch, dass der Einbruch mit dem   prognose auch bei denen, die wenig oder keinen
50. Lebensjahr beginnt. Während sich in den       Sport treiben, sowie unter denen, die angeben
ersten vier Lebensjahrzehnten noch zwei von       auch nach Feierabend viel Zeit (vier Stunden
drei Befragten gut oder sehr gut fühlen, sinkt    und mehr) vor dem Bildschirm zu verbringen.
die Zustimmung ab 50 rapide und erreicht in
den älteren Gruppen durchgängig deutlich          Chronisch weiblich?
unter 50 Prozent.
                                                  Mehr als jeder vierte Erwachsene in Deutsch-
Auch regional gibt es Unterschiede: In Baden-     land ist aufgrund einer chronischen Erkrankung
Württemberg, dem Bundesland, das traditionell     regelmäßig beim Arzt. Auch hier sind die älte-
auch den niedrigsten Krankenstand bundesweit      ren Befragten erwartungsgemäß häufiger be-
hat, fühlen sich die Menschen am fittesten.        troffen. Auffällig ist jedoch, dass sich auch in
Sieben von zehn Befragten geht es gut oder        der Altersgruppe 30 bis 39 bereits jeder Fünfte
sehr gut, in Nordrhein-Westfalen sagt das mit     zu den Chronikern zählt. Dies lässt vermuten,
48 Prozent nicht einmal die Hälfte.               dass Zivilisationskrankheiten, die früher vor-
                                                  nehmlich älteren Menschen zugeschrieben
Zudem zeigt sich auch ein Zusammenhang zwi-       wurden (Stichwort „Alterszucker“) wie Typ
schen dem Einkommen der Befragten und ihrer       2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Beschwerden
Gesundheit. Während bei den Geringverdienern      auch immer mehr jüngere Menschen betreffen.
jeder Vierte einen weniger guten oder schlech-    Der diesjährige TK-Gesundheitsreport wird
ten Gesundheitszustand angibt, ist der Anteil     sich deshalb in seinem Themenschwerpunkt
der Gutverdiener mit über 4.000 Euro Haus-        den gesundheitlichen Belastungen der Genera-
haltseinkommen mit sechs Prozent weit unter       tion Ü30 widmen.
dem Bundesdurchschnitt.

   Je älter, desto kränker

  Anteil der chronisch Erkrankten nach Alter
  Prozent

      50

                                                                                49
      40

                                                                   38
      30

                                                     27
      20
                             20          18
      10
               10
       0
             18-29         30-39        40-49       50-59        60-69        70 Jahre
             Jahre         Jahre        Jahre       Jahre        Jahre        und älter

                                                              Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 7
Unterschiede gibt es auch zwischen den Ge-         des Bewegungsapparates, wozu vor allem die
                      schlechtern. Während bei den Männern nur jeder     Rückenbeschwerden zählen. 45 Prozent der
                      Fünfte chronische Beschwerden bestätigt, ist bei   Befragten sind davon betroffen. Aufgrund
                      den Frauen jede Dritte betroffen.                  des deutlichen Ausmaßes widmet sich dieser
                                                                         Studienband in Kapitel 2 noch einmal speziell
                      Auch wenn ein Blick auf die Krankenstandsda-       dem Thema Rückenbeschwerden.
                      ten der TK diesen Trend bestätigen, denn Frauen
                      sind mit durchschnittlich 17,2 Tagen auch mehr     Jeweils etwa drei von zehn Befragten gaben
                      krankgeschrieben als Männer mit 13,9 Tagen(2),     an, unter Stress beziehungsweise Erschöpfung,
                      lässt sich nicht automatisch ableiten, dass es     Müdigkeit und Schlafstörungen zu leiden. Letz-
                      um die Gesundheit von Frauen schlechter be-        tere betreffen Frauen deutlich mehr als Männer.
                      stellt ist. Möglich wären auch soziale Gründe,
                      wonach Frauen eher bereit sind, sich mit ihrer     Beim Thema Erschöpfung fällt zudem auf, dass
                      Gesundheit zu beschäftigen, Beschwerden            die Zustimmungsrate in Westdeutschland mit
                      einzuräumen und früher medizinische Hilfe in       30 Prozent deutlich höher liegt als im Osten,
                      Anspruch zu nehmen. Diese Vermutung wird           wo sich mit 18 Prozent „nur“ knapp jeder Fünfte
                      durch einen Blick auf die Arzneimitteldaten        erschöpft fühlt.
                      bestätigt: Mit 248 Tagesdosen pro Jahr pro
                      Mann ist das Volumen deutlich höher als bei        Ein Fünftel der Befragten bezeichnet sich selbst
                      Frauen mit 241 Medikamenteneinheiten. Ins-         als übergewichtig. Auch hier gibt es Unterschie-
                      besondere bei Herz-Kreislauf-Beschwerden           de zwischen den Altersgruppen. Während bei
                      bekommen Männer nahezu doppelt so viel             den jungen Erwachsenen nur acht Prozent
                      verschrieben wie Frauen(1). In der aktuellen Be-   Übergewicht einräumen, ist bei den Jahrgängen
                      wegungsstudie gaben Männer Herzprobleme            ab 50 jeder Vierte betroffen. Insgesamt dürften
                      jedoch nicht häufiger an als Frauen. Gesund-        die Selbsteinschätzungen aber in allen Alters-
                      heitsexperten sprechen hier oft von der Vorsor-    gruppen deutlich unter den Ergebnissen von
                      gemedizin der Frauen und der Reparaturmedizin      Gesundheitsstudien liegen. Nach Angaben des
                      der Männer. Letztere würden sich erst dann um      Robert Koch-Instituts sind zwei Drittel der
                      ihren Körper kümmern, wenn etwas nicht funk-       Männer und etwas mehr als die Hälfte der
                      tioniert. Daher sind sie in den Gesundheitsdaten   Frauen übergewichtig und jeweils ein Viertel
                      oftmals zunächst weniger auffällig, weisen         fettleibig(3).
                      weniger Arztbesuche und Krankschreibungen
                      auf, erhöhen aber ihr Risiko für Folgeerkran-      Ebenfalls fast jeder Fünfte leidet häufig an
                      kungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall.           Kopfschmerzen oder Migräne. Hier fallen vor
                                                                         allem die jungen Erwachsenen zwischen 18
                      Was fehlt ihnen denn?                              und 29 Jahren auf, von denen über 30 Prozent
                                                                         regelmäßige Schmerzen haben. Obwohl die
                      Für die vorliegende Studie wurden die Men-         jüngste Teilnehmergruppe erwartungsgemäß
                      schen auch gefragt, unter welchen Beschwer-        die wenigsten gesundheitlichen Beschwerden
                      den beziehungsweise gesundheitlichen               hat und fast jeder Vierte von ihnen unter keiner
                      Einschränkungen sie häufiger oder dauerhaft         der genannten Krankheiten leidet, gibt es meh-
                      leiden.                                            rere Belastungen, von denen die 18- bis 29-Jäh-
                                                                         rigen überdurchschnittlich häufig betroffen sind:
                      Auf dem ersten Platz – mit großem Abstand zu       stressbedingte Erschöpfung, Müdigkeit und
                      den weiteren Diagnosen – stehen Krankheiten        Kopfschmerzen.

8 | Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016
Der Rücken plagt auch Jüngere

  Häufige oder dauerhafte Beschwerden nach Alter der Betroffenen

                                                                                40
  Beschwerden des
                                                                                             49
  Bewegungsapparats
                                                                                        46

                                                                         34
  Erschöpfung,
                                                                          35
  Ausgebranntsein
                                               15

                                 5
  Herz-Kreislauf-
                                          12
  Erkrankungen
                                                               29

  Stoffwechsel-                  5
  erkrankungen                        9
  wie z.B. Diabetes                                     23

                             0            10           20           30            40              50

       18-39 Jahre           40-59 Jahre                60 Jahre und älter
                                                                                  Angaben in Prozent
                                                                          Mehrfachnennungen möglich

Erschöpfte Twens                                    häufig oder sogar dauerhaft unausgeglichen
                                                    oder niedergeschlagen zu sein. Menschen mit
2015 hatte die TK bereits eine Studie zur Ge-       Kindern sind ebenso häufig betroffen wie sol-
sundheit von Studierenden veröffentlicht, die       che ohne und Erwerbstätige ebenso oft wie
ihnen einen hohen Stresslevel bescheinigte.         Arbeitslose. Unterschiede gibt es nur bei den
Zudem zeigte sich, dass viele nicht über aus-       Faktoren Bildung und Haushaltseinkommen.
reichende Kompetenzen verfügen, mit stress-         Bei den Befragten mit einem Haushalteinkom-
bedingten Belastungen umzugehen (siehe              men unter 1.500 Euro ist der Anteil derer, die
auch Kapitel 10). Diese Einschätzung scheint        häufig niedergeschlagen sind, mit 25 Prozent
die vorliegende Studie noch einmal zu bestäti-      überdurchschnittlich hoch. Dieses Ergebnis
gen. Hier lässt sich also ein Ansatzpunkt für       deckt sich mit der Gesundheitsberichterstat-
präventive Stressbewältigungsprogramme              tung der TK, in der finanzielle Unsicherheit zum
identifizieren.                                      Beispiel im Zusammenhang mit befristeten
                                                    Arbeitsverhältnissen oder Zeitarbeit immer
Unabhängig von Alter, Geschlecht und Wohn-          wieder als gesundheitliche Belastung angege-
ort geben 15 Prozent der Erwachsenen an,            ben wird.

                                                                Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 9
2. Rückenrepublik Deutschland
                      Fast jeder dritte Erwachsene in Deutschland hat         jeder Zehnte hatte sie schon, ist aber im Mo-
                      nach eigener Aussage ständig oder oft Rücken-           ment schmerzfrei. Das heißt: Zwei von drei
                      probleme, gut ein weiteres Drittel gibt an, zu-         Menschen hierzulande haben bereits Erfahrung
                      mindest ab und zu Beschwerden zu haben, fast            mit Rückenschmerzen.

                         Jeder Dritte hat ständig oder öfter Rückenprobleme

                         Wie häufig haben Sie in den letzten zwölf Monaten Probleme mit dem Rücken gehabt?

                                          ständig                                               noch nie Rückenprobleme

                                                              16                  24
                               öfter                15
                                                                                           9                  früher, heute
                                                                                                              nicht mehr
                                                                         35

                                                                   ab und zu

                                                                                                          Angaben in Prozent

                      Frühe Weichenstellung für                               entlastet oder gestärkt wird, scheint sich dies
                      die Rückenkarriere                                      auf die Rückenkarriere bis ins hohe Alter aus-
                                                                              zuwirken.
                      Auch wenn die jungen Erwachsenen erwar-
                      tungsgemäß im Mittel weniger Rückenprobleme             Harte Arbeit geht auf den Rücken
                      haben als die Älteren und fast 30 Prozent von
                      ihnen sogar noch nie Beschwerden hatten,                Überdurchschnittlich von Rückenproblemen
                      fällt auf, dass auch bei den 18- bis 29-Jährigen        betroffen sind die Menschen mit niedrigeren
                      über 30 Prozent angeben, oft oder ständig               Schulabschlüssen. Während bei den Abiturien-
                      Schmerzen im Kreuz zu haben.                            ten nur jeder Zehnte unter Dauerschmerzen
                                                                              leidet, ist bei den Befragten mit Hauptschul-
                      Überraschenderweise gilt das Gleiche für die            abschluss mit 22 Prozent mehr als jeder Fünfte
                      über 70-Jährigen. Auch hier sagen jeweils               betroffen. Auch hier liegt die Vermutung nahe,
                      30 Prozent, dass sie oft oder ständig Rücken-           dass die überdurchschnittliche Belastung mit
                      schmerzen haben und ebenso viele, dass sie              dem Beruf zusammenhängt, da die Berufe, die
                      noch nie Probleme hatten. Dies lässt vermuten,          mit geringer qualifizierten Abschlüssen besetzt
                      dass in jungen Jahren die Weichen für die Rü-           werden, wie in der Gebäudereinigung, im
                      ckengesundheit gestellt werden. Je nachdem,             Gartenbau oder in der Baubranche, mehr auf
                      wie der Rücken beruflich belastet und durch              den Rücken gehen.
                      ein gesundes Sport- und Bewegungsverhalten

10 | Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016
Weniger Beschwerden bei Jobs mit mäßiger Bewegung

   Anteil der Befragten nach Bewegung bei der Arbeit und Beschwerden

             häufige/ständige Beschwerden                    häufig/ständig erschöpft
  Prozent       des Bewegungsapparats                             und gestresst

   40                                                                   44
                            40
   30        36                                           34

   20

                                            19                                          18
   10

    0

   berufliche Tätigkeit …
        … fast nur im Sitzen       … mit intensiver Bewegung          … mit mäßiger Bewegung

Der TK-Rückenatlas(4) aus dem Jahr 2014 bestä-      lagen die Kosten für den Ausfall von Produktion
tigt dies. Insgesamt entfallen etwa zehn Prozent    und Bruttowertschöpfung 2013 bundesweit bei
aller Fehlzeiten in Deutschland auf Rückenbe-       über 163 Milliarden Euro, davon entfallen gut
schwerden. Pro Kopf sind das etwa 1,5 Tage.         16 Milliarden auf Rückenbeschwerden(5). Für
Überdurchschnittlich von rückenbedingten Fehl-      einen mittelständischen Betrieb mit 140 Mit-
zeiten betroffen sind unter anderem Altenpfleger     arbeitern bedeutet dies zum Beispiel pro Jahr
(4,1 Tage), Reinigungskräfte (3,1 Tage), Straßen-   175 rückenbedingte Fehltage. Die Diagnose
bauer (3,3 Tage) Dachdecker (3,2 Tage) und          „Rücken“ kostet ihn also mehr als eine halbe
Maurer (3,8 Tage).                                  Stelle.

Knapp sieben Prozent der Beschäftigten wer-         Geht man nach der Analyse der Krankschrei-
den im Jahr aufgrund einer Rückendiagnose           bungen bei der TK, sind bei den Erwerbsper-
krankgeschrieben. Im Krankheitsfall dauert ein      sonen Männer und Frauen gleichermaßen von
Ausfall wegen Rückenschmerzen statistisch           Rückenbeschwerden betroffen. In der Befra-
gesehen 17,5 Tage. Das bedeutet nicht nur lang-     gung, die dieser Bewegungsstudie zugrunde
wierige Beschwerden für die Patienten, son-         liegt, gaben Frauen mit 36 Prozent deutlich
dern auch hohe Kosten durch Arbeitsausfall für      häufiger an, oft oder ständig Rückenprobleme
die Unternehmen. Nach Schätzungen der Bun-          zu haben. Bei den Männern liegt der Anteil mit
desanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin     25 Prozent deutlich niedriger.

                                                               Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 11
Bewegungsarmer Alltag geht auf den Rücken

                         Anteil der Befragten, die ständig Rückenprobleme haben

                         Prozent         Bildschirmnutzung                      Sportlertyp
                                            in der Freizeit

                         30                32

                                                                              25
                         20
                                                                                                     Durchschnitt: 16

                                                       18
                         10                                                               13

                          0
                                         Intensiv-    Wenig-                  Anti-     Freizeit-
                                          nutzer      nutzer                 sportler   sportler

                      Zudem zeigt sich, dass Befragte mit Kindern ein     bewegt zu werden. Zudem sorgen digitale Me-
                      größeres Rückenproblem haben als diejenigen,        dien und soziale Netzwerke dafür, dass wir auch
                      die keine Kinder im Haushalt haben. Hier wäre       einen guten Teil des Feierabends unbewegt
                      vielleicht ein Rückenprogramm, das Eltern den       verbringen. Daher ist wenig verwunderlich, dass
                      Rücken stärkt, eine geeignete Maßnahme.             diejenigen, die in der Bewegungsstudie anga-
                                                                          ben, ihre Freizeit fast ausschließlich vor dem
                      Null Sport schlägt auf den Rücken                   Bildschirm zu verbringen (sieben Stunden am
                                                                          Tag und mehr), auch überdurchschnittlich häufig
                      Rückenprobleme entstehen heute seltener             mit Rückenproblemen kämpfen. Jeder Dritte
                      durch besondere körperliche Beanspruchung           von ihnen klagt über ständige Schmerzen im
                      im Job und immer häufiger durch das genaue           Kreuz. Gleiches gilt für die Antisportler. Jeder
                      Gegenteil – durch Bewegungsmangel. Immer            Vierte leidet ständig an Rückenschmerzen, bei
                      mehr Bildschirmplätze sowie das Automatisie-        den Gelegenheitssportlern, also denen, die
                      ren von Arbeitsabläufen sind dafür verantwort-      wenigstens auf eine Stunde Sport in der Woche
                      lich, dass der Körper darunter leidet, nicht mehr   kommen, sind es nur noch 15 Prozent.

12 | Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016
Null Sport schlägt auf den Rücken

   Häufigkeit von Rückenschmerzen nach Sportlertyp
   Prozent

   40

             13
   30                    20
                                                                                           15
                                       13
   20        25                                       10
                                                                  8
                         14            15                                                  16
   10                                                 13         12
    0
           Anti-        Sport-   Gelegenheits- Freizeit-      Intensiv-                 Gesamt
          sportler      muffel      sportler   sportler        sportler

        öfter             ständig

Wenn der Stress im Nacken sitzt                       ist wenig überraschend. Es verdeutlicht aber
                                                      noch einmal, dass es umso wichtiger ist, dass
In den meisten Fällen gehen Rückenbeschwer-           auch die Therapie von Rückenbeschwerden
den jedoch nicht nur auf eine Ursache zurück,         ganzheitlich ansetzen und sich sowohl der Be-
sondern sind häufig die Folge des Zusammen-            handlung der Symptome als auch der Lebens-
treffens mehrerer Faktoren wie Bewegungs-             situation der Betroffenen widmen muss.
mangel, einseitiger Belastung und Stress. Der
Stress kann den Menschen buchstäblich im              Was tun bei „Rücken“?
Nacken sitzen.
                                                      Auch in der Bewegungsstudie wurden die Teil-
Fast die Hälfte der Befragten, die in der Bewe-       nehmer gefragt, was sie bei Rückenproblemen
gungsstudie angaben, unter stressbedingter            unternehmen.
Erschöpfung zu leiden, hat oft oder ständig
Rückenprobleme. Danach liegt das Rückenrisiko         Häufigste Antwort: Bewegung. Gut sieben
bei den Gestressten also ein Fünftel höher als        von zehn Befragten versuchen Rückenschmer-
bei den Befragten ohne Stress-Symptome.               zen durch Bewegung zu lindern, in den neuen
                                                      Bundesländern sind es sogar gut 80 Prozent.
Die persönliche Konstitution, die individuelle        Dieses Ergebnis ist zunächst einmal sehr er-
Lebenssituation und wie diese wahrgenommen            freulich, da Bewegung bekanntermaßen die
wird – all das spielt eine große Rolle für das        beste Therapie ist.
Risiko, zu erkranken. Wer mit seinem Leben
zufrieden ist, ist auch weniger anfällig für Krank-   Allerdings zeigt sich im weiteren Studienverlauf,
heiten. Das gilt auch für den Rücken. Und wer         dass die Angaben der Befragten bezüglich ihres
bereits angeschlagen ist, reagiert auch stärker       alltäglichen Bewegungsverhaltens schwer dazu
auf Fehlbelastungen.                                  passen.

Dies bestätigt auch der TK-Gesundheitsreport          Danach geben zwei Drittel an, im Alltag auf
2014(4), der sich schwerpunktmäßig mit dem            weniger als eine Stunde Bewegung zu kom-
Thema Rücken beschäftigte. Er zeigt, dass Er-         men, über 40 Prozent der Erwachsenen ver-
werbspersonen, die wegen Rückenbeschwer-              bringen ihren Feierabend am liebsten auf dem
den krankgeschrieben waren, nahezu von allen          Sofa und nur gut die Hälfte treibt in der Freizeit
anderen Diagnosen auch häufiger betroffen              wenigstens gelegentlich Sport.
waren als die, die keine Rückenprobleme hat-
ten. Besonders auffällig ist, dass sie häufiger        Bei ihnen liegt der Anteil derer, die Bewegung
von psychisch bedingten Fehlzeiten betroffen          als Mittel gegen das Kreuz mit dem Kreuz
sind (Faktor 1,8).                                    nennen, mit 80 Prozent sogar noch höher. Am
                                                      höchsten ist die Zustimmung bei den Befrag-
Dass dauerhafte Beschwerden im Kreuz für die          ten, die digitale Trainingsbegleiter nutzen. Fast
Patienten auch psychisch sehr belastend sind,         90 Prozent werden aktiv, wenn ihr Rücken

                                                                  Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 13
Probleme bereitet. Hier besteht zum Beispiel               Auffällig oft gilt das auch für die jüngsten Er-
                      für Krankenkassen die Chance, mit attraktiven              wachsenen. Von den 18- bis 29-Jährigen gehen
                      digitalen Angeboten wie Online-Rückencoa-                  63 Prozent bei Rückenproblemen in die Waage-
                      chings und Rücken-Apps den Menschen ge-                    rechte. Zum Vergleich: Bei den Ü40-Jährigen ist
                      zielt den Rücken zu stärken.                               dies nur für jeden Dritten eine Option.

                      44 Prozent der Befragten setzen auf das Ge-                56 Prozent der Umfrageteilnehmer setzen auf
                      genteil: Bei Rückenbeschwerden schonen sie                 Wärme, wie zum Beispiel einen Saunabesuch;
                      sich und legen sich hin. Die Ursache des Übels             Entspannungsübungen wie Yoga oder autoge-
                      soll für viele zugleich auch Lösung sein. Wenig            nes Training sind nur für drei von zehn Menschen
                      überraschend sind es vor allem diejenigen, die             in Deutschland das Mittel der Wahl. Frauen
                      ihre Gesundheit allgemein in einem schlechten              können sich dafür mehr begeistern als Männer.
                      Zustand sehen. Hier sind es mit 54 Prozent
                      mehr als die Hälfte, die meinen, ihren Rücken
                      vor allem in der Rückenlage zu entlasten.

                         Bei Rückenbeschwerden ist Bewegung die beste Therapie

                         Wenn ich akute Rückenprobleme habe, helfe ich mir mit
                                                     Frauen                                        Männer
                               74                                 Bewegung (gesamt: 72)                                  69
                                                                   Wärme, Saunabesuch,
                                     61                                                                            51
                                                                     Heizkissen (56)

                                           43                 Massage bzw. Physiotherapie (45)                    47

                                           40                    schonen, z.B. hinlegen (44)                       50
                                                              Schmerzmittel wie Salbe, Tabletten
                                          47                                                                 38
                                                                     oder Pflaster (43)

                                                34                  zum Arzt gehen (35)                      35
                                                              Entspannungsübungen, z.B. auto-
                                                36                                                     24
                                                                genes Training oder Yoga (30)

                          80        60    40         20   0                                        0    20        40    60    80
                                                                                                               Angaben in Prozent
                                                                                                       Mehrfachnennungen möglich

                      Nur gut ein Drittel der Betroffenen sucht bei              Bei den Twens nutzt nur ein Viertel Schmerzme-
                      Rückenproblemen den Arzt auf, vor allem die                dikamente, ab dem 40. Lebensjahr ist es schon
                      älteren Befragten ab 60 suchen überdurch-                  die Hälfte. Dies könnte damit zusammenhängen,
                      schnittlich oft professionelle Hilfe (42 Prozent).         dass die Beschwerden mit dem Alter hartnäcki-
                      Hier zeigen sich auch regionale Unterschiede.              ger und langwieriger werden. Ab diesem Alter
                      Bei den bayerischen Teilnehmern ist die Nach-              setzen auch viele auf Massage oder Physiothera-
                      frage nach medizinischer Unterstützung mit                 pie. 60 Prozent der Ü40-Jährigen und 51 Prozent
                      44 Prozent am höchsten. In Hessen, Rheinland-              der 50- bis 59-Jährigen gaben diese Therapie-
                      Pfalz und dem Saarland geht nur gut ein Viertel            option an, im Mittel waren es 45 Prozent.
                      bei Rückenbeschwerden zum Arzt.
                                                                                 Viele Mediziner empfehlen bei akuten Rücken-
                      43 Prozent der Erwachsenen in Deutschland                  schmerzen „Abwarten“ als Therapieoption. In
                      setzen bei Rückenbeschwerden auf Schmerz-                  acht von zehn Fällen würden die Beschwerden
                      mittel. Da der Anteil höher liegt als derer, die           innerhalb von acht Wochen selbst abklingen. Ob
                      zum Arzt gehen, scheint ein gewisser Teil der              dies vielen Befragten zu lange dauert, lässt sich
                      Bevölkerung auch auf Selbstmedikation zu                   aus den Daten nicht ablesen. „Abwarten“ ist
                      setzen.                                                    aber offenbar nur für die wenigsten eine Option.
                                                                                 Nur ein Prozent gab an, bei Rückenproblemen
                                                                                 eigentlich nichts zu unternehmen.

14 | Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016
3. Bewegung im Alltag
Sport ist wichtig für ein gesundes Leben, auch       nuten am Tag in Schwung. Das ist aber noch
wenn es Zeit und anhaltende Motivation erfor-        kein Grund zum Feiern – oder um sich wieder
dert. Im stressigen Alltag sind beide Faktoren       auf die faule Haut zu legen.
aber oft Mangelware und der Weg ins Fitness-
studio lässt sich im Vergleich zu anderen Terminen   Mehr Stress = mehr Bewegung?
noch am ehesten einsparen. Dabei verrät ein
Blick auf die Seite der Weltgesundheitsorgani-       Aber genau das scheint für viele der Befragten
sation (WHO), dass bereits 150 Minuten mo-           der nächste Schritt zu sein, wenn sie abends wie-
derate Aktivität (das heißt erhöhter Puls, der       der nach Hause kommen. Vor allem Frauen zieht
Körper wird warm und kommt außer Atem) oder          es erschöpft auf die Couch. So gibt fast jede zwei-
75 Minuten intensive Bewegung pro Woche              te Teilnehmerin an, dass ihr Arbeitstag sehr an-
einen Unterschied machen(6).                         strengend ist und sie sich abends am liebsten in
                                                     die Polster flüchtet. Das sagen nur etwas mehr
Auch wenn Sport unersetzbar ist, müssen diese        als ein Drittel der Männer. Aber Vorsicht vor fal-
Minuten nicht zwingend mit „bewusstem“               schen Schlussfolgerungen, die Frauen als weniger
Sport gefüllt werden. Für viele Deutsche gibt es     belastbar darstellen. Denn in mancher Hinsicht
auch bei den alltäglichen Wegen ungenutztes          sind sie tatsächlich mehr belastet: Eine Studie
Bewegungspotenzial. So bewegt sich ein gutes         des Statistischen Bundesamtes zeigt, dass Frau-
Drittel weniger als eine halbe Stunde am Tag,        en mit rund 45,5 Stunden insgesamt eine Stunde
ein weiteres bleibt unter einer Stunde und nur       mehr arbeiten als die Herren. Entscheidend: Zwei
29 Prozent schaffen mindestens 60 Minuten            Drittel dieser Arbeit sind unbezahlt, beinhaltet
oder mehr. Also bringen immerhin sechs von           also Aufgaben wie zum Beispiel Putzen, Kochen,
zehn Personen ihren Kreislauf länger als 30 Mi-      Einkaufen oder die Kinderbetreuung(7).

   Zwei Drittel bewegen sich im Alltag nicht einmal eine Stunde

   Geschätzte Dauer der alltäglichen Wege per Rad oder zu Fuß
        gut eine Stunde und länger                                        bis eine halbe Stunde

                                       29                             34

     gut eine halbe
                                                     32
     bis eine Stunde

                                                                                 Angaben in Prozent
                                                                         Rundungsdifferenzen möglich

Die Doppelbelastung aus Vollzeitjob und Haus-        sich auch in der Alltagsaktivität wider: Mehr als
halt, die immer mehr Frauen balancieren, scheint     ein Drittel der Frauen bewegt sich 30 bis 60 Mi-
besonders in den letzten drei Jahren angestie-       nuten am Tag, bei den Männern sind es zehn
gen zu sein. Das kann unter anderem dazu             Prozentpunkte weniger. Außerdem geben knapp
geführt haben, dass bei der aktuellen Umfrage        drei von zehn aller Befragten an, dass sie durch
mehr Frauen als in 2013 angeben, ihren Feier-        Kinder oder Enkel auf Trab gehalten werden.
abend auf dem Sofa zu verbringen (2013 waren         Wenn die Betreuung der Kleinen noch haupt-
es vier von zehn Frauen). Dieser Trend hat aber      sächlich Aufgabe der Frauen ist, ist es also nicht
zumindest eine positive Konsequenz: Obwohl           überraschend, dass sie im Alltag aktiver sind.
der Alltag für beide Geschlechter anstrengen-
der geworden ist, haben sich Frauen am Ende          Senioren bewegen sich im Alltag bewusster
des Tages immerhin mehr bewegt. Wenn es
zum Beispiel darum geht, die Treppe oder den         Die Bewegungsstudie zeigt zudem, dass ältere
Fahrstuhl zu nehmen, entscheiden sich eher die       Menschen ab 60 bewusster versuchen, mehr
Männer für die bequeme Variante. Das spiegelt        Bewegung in ihren Alltag zu bringen. Sie unter-

                                                                 Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 15
brechen lange Sitzphasen häufiger aktiv, ent-          schen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thürin-
                      spannen weniger auf dem Sofa und nutzen               gen, wo neun von zehn Bewohnern täglich ihr
                      häufiger die Treppe als die 18- bis 39-Jährigen.       Haus verlassen. Allgemein gehen 86 Prozent
                      Sie geben sogar fast doppelt so häufig an,             der Ostdeutschen jeden Tag an die frische Luft,
                      dass Kinder und Enkel sie auf Trab halten als         bei den Westdeutschen sind es nur 75 Prozent.
                      die jungen Erwachsenen.                               Aber nicht nur dieses Verhalten spaltet die Na-
                                                                            tion in Aktivposten und Passivposten. In den
                      Aktiver Westen, erschöpfter Norden                    neuen Bundesländern tendieren die Menschen
                                                                            auch eher zur Treppe anstatt zum Fahrstuhl.
                      Bewegung ist schließlich nahezu unvermeidlich         Über die Gründe lässt sich spekulieren. Gibt es
                      im Alltag. Ob es sich nun um Kinderbetreuung,         im Osten weniger Häuser mit Aufzügen? Ist
                      Einkäufe oder Spaziergänge mit dem Hund               die höhere Erwerbstätigkeitsquote von Frauen
                      handelt – mehr als drei Viertel der Teilnehmer        sowie die Geburtenrate im Osten ausschlagge-
                      gehen mindestens einmal am Tag vor die Tür.           bend für eine allgemein höhere Aktivität (8, 9)?
                      Spitzenreiter sind im Bundesvergleich die Men-

                         Vier von zehn verbringen den Feierabend auf der Couch

                         Zustimmung nach Alter

                         Ich gehe jeden Tag raus,                                                                  79
                         z.B. Einkaufen, mit dem                                                                 77
                         Hund oder in den Garten.
                         (gesamt: 77)                                                                           75

                         Wenn ich lange sitze, ste-                                                    64
                         he ich zwischendurch auf                                                      64
                         und bewege mich. (68)                                                                  75

                         Mein Tag ist meist so an-                                              55
                         strengend, dass ich abends                                      44
                         am liebsten auf dem Sofa
                         entspanne. (42)                                   28

                         Ich nehme meist Auto,                                           44
                         Bus oder Bahn, auch                                      35
                         wenn ich kleinere Besor-
                         gungen mache. (37)                                      34

                         Wenn es einen Fahrstuhl                                   37
                         oder eine Rolltreppe gibt,                         31
                         nutze ich die lieber als die
                         Treppe. (37)                                                   41

                         Durch meine Kinder oder                16
                         Enkel wird mein Kreis-                                  35
                         lauf häufig in Schwung
                         gebracht. (27)                                     30

                                                        0             20                 40            60               80

                             18-39 Jahre                40-59 Jahre               60 Jahre und älter
                                                                                                         Angaben in Prozent
                                                                                                 Mehrfachnennungen möglich

                      Darüber hinaus sind auch die Verhaltensmuster         Die aktivsten Menschen leben hingegen in
                      aus Norddeutschland, Berlin und Brandenburg           Nordrhein-Westfalen, wo sich vier von zehn
                      auffällig, wo jeder Zweite abends das Sofa auf-       Menschen mehr als 60 Minuten im Alltag
                      sucht. In Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland        bewegen. Das sind doppelt so viele wie in
                      gilt das nur für knapp ein Drittel. Allerdings        Baden-Württemberg. Fast genauso aktiv wie
                      leben in diesen Bundesländern auch die meisten        die NRWler sind die Menschen in Bayern, wo
                      Bewegungsmuffel: Vier von zehn Menschen               immerhin noch ein Drittel mehr als eine Stunde
                      schaffen nicht mehr als 30 Minuten am Tag.            aktiv ist.

16 | Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016
Bei der Wahl der alltäglichen Verkehrsmittel             doppelt so viele(10). Interessant ist, dass die
versteckt sich oft noch ungenutztes Bewegungs-           Bereitschaft, in die Pedale zu treten, im Alter
potenzial. Obwohl es in deutschen Haushalten             tendenziell zunimmt. Ab dem 40. Lebensjahr
im Durchschnitt 2,4 Fahrräder gibt (und nur              entscheidet sich nur noch jeder Dritte für das
1,4 Autos), schwingt sich für die Fahrt zur Arbeit       Auto oder die Bahn. In den Lebensabschnitten
nur ein knappes Drittel auf den Drahtesel. Für           davor sind es noch 44 Prozent, also gute zehn
alltägliche Erledigungen sind es immerhin                Prozentpunkte mehr.

   Feierabend auf der Couch

   Mein Tag ist meist so anstrengend, dass ich abends am liebsten auf dem Sofa
   entspanne (Zustimmung nach Regionen)

                                          Schleswig-
                                           Holstein

                                               Hamburg           Mecklenburg-
                                                                 Vorpommern

                                            Bremen
                                                                        Brandenburg
                                   Niedersachsen

                                                                              Berlin
                                                            Sachsen-
                                                             Anhalt
                    Nordrhein-Westfalen

                                                                            Sachsen
                                      Hessen         Thüringen

                   Rheinland-
                     Pfalz

               Saarland                                     Bayern
                                    Baden-
                                  Württemberg

                          32 %   39 %       41 %         42 %        50 %       51 %

Sport bekämpft die Couchsehnsucht                        sportlern sind es nur 31 Prozent. Wer zudem
                                                         außerhalb der Arbeit sieben oder mehr Stunden
Freizeit und Alltag lassen sich nicht so leicht          Bildschirmzeit genießt, hat allein aus Zeitgrün-
trennen – zumindest, was die Leidenschaft zur            den weniger Bewegung. In dieser Gruppe
Bewegung angeht. Wer in der Freizeit sportlich           schafft nur jeder Fünfte mindestens eine aktive
unterwegs ist, entscheidet sich auch eher mal            Stunde. Sind es maximal drei Stunden vor der
für die Stufen oder das Fahrrad. So kommt                Flimmerkiste oder dem Rechner, schafft das
jeder zweite Intensivsportler im Alltag auf min-         Pensum wieder jeder Dritte.
destens eine Stunde Aktivität, bei den Anti-

                                                                       Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 17
Vor allem bei der Gretchenfrage „Treppe oder        Auf die Plätze, fertig, Ausreden!
                      Fahrstuhl?“ zeigt sich, wer auch in seiner Frei-
                      zeit gerne mal ins Schwitzen kommt. Mehr als        Wie heißt es so schön? Wer will, findet Wege,
                      sieben von zehn Menschen, die regelmäßig            wer nicht will, findet Gründe. Wer also aktiv
                      Sport treiben, entscheiden sich dabei für Muskel-   sein möchte, lässt sich auch durch einen stres-
                      anstatt Stromkraft. Bei den Antisportlern ist es    sigen Tag nicht davon abhalten. Diese Aussage
                      gut die Hälfte. Das Verhalten spiegelt sich auch    trifft aber mit gerade mal 16 Prozent auf einen
                      in der Wahl des Verkehrsmittels wider, wobei        geringen Teil der Befragten zu. Für viele gibt
                      hier besonders die Intensivsportler von Auto        es noch genug Argumente, die sie von einem
                      oder Bahn absehen: Rund 80 Prozent ent-             aktiveren Alltag abhalten. An der Spitze der
                      scheiden sich für das Fahrrad. Das sagt nur         Ausreden befinden sich zu große Entfernun-
                      jeder zweite Antisportler. Sie verbringen im        gen (47 Prozent) und Zeitmangel (45 Prozent).
                      Vergleich auch öfter als alle anderen Sport-        Besonders bei den 18- bis 39-Jährigen werden
                      typen den Tag im Haus. Im Schnitt gehen nur         diese Gründe mit 59 Prozent überdurchschnitt-
                      sechs von zehn von ihnen täglich vor die Tür,       lich oft genannt. Das gleiche gilt (nachvollzieh-
                      bei den Aktiven sind es neun von zehn.              bar) auch für Menschen, die in einer kleineren
                                                                          Ortschaft leben. Über die Hälfte setzt sich eher
                      Obwohl sich die Sportbegeisterten in ihrer Frei-    ins Auto, um lange Strecken zu meistern. In
                      zeit verausgaben und auch im Alltag eher aktiv      größeren Städten mit über 500.000 Einwoh-
                      sind, zieht es sie abends seltener auf die Couch,   nern stimmen dieser Aussage nur vier von zehn
                      als Sportmuffel mit einem weitaus „bewegungs-       Menschen zu.
                      loseren“ Alltag. Bewegung macht also munter,
                      nicht müde. So hat unter den Sportverneinern
                      fast jeder Zweite Couchsehnsucht, bei den
                      Sportlern nur ein Drittel.

                         Unbewegtes Deutschland? Daran liegt’s

                         Anteil der Befragten, die folgenden Aussagen zustimmen

                         die Wege sind oft einfach zu lang                                                          47

                         Zeitmangel                                                                                45

                         Krankheit, körperliche Einschrän-
                                                                                            28
                         kungen oder Übergewicht

                         fehlende Motivation, kann mich                                     28
                         nicht aufraffen

                         ich bewege mich einfach nicht
                                                                   6
                         gerne

                                                              0                       20                      40

                                                                                                      Angaben in Prozent
                                                                                              Mehrfachnennungen möglich

                      Auf den Plätzen drei und vier der Top-Gründe        49-Jährigen sowie den Ü70-Jährigen sagt das
                      folgen mit jeweils 28 Prozent körperliche Ein-      gerade mal jeder Fünfte.
                      schränkungen wie Krankheit oder Übergewicht
                      und fehlende Motivation. Auch hier schneiden        Der Bewegungsdrang scheint im Alter also
                      die jüngeren Generationen nicht so gut ab,          wieder aufzublühen. Ab dem 60. Lebensjahr
                      denn gerade ihnen fehlt es am häufigsten an          lässt sich zum Beispiel rund ein Viertel der Be-
                      Motivation. Vier von zehn Teilnehmern können        fragten nicht von der täglichen Bewegung ab-
                      sich nicht aufraffen, mal das Fahrrad anstatt das   halten. Sie bewegen sich genau so viel, wie
                      Auto oder die Bahn zu nehmen. Bei den 40- bis       sie wollen. Der Zeitfaktor spielt hier natürlich

18 | Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016
eine Rolle, denn wer in Rente geht, kann seinen            Skelett-Beschwerden, vermeidet auch einen
Tag auch viel freier – und aktiver – planen. Das ist       aktiven Alltag. Das gab über die Hälfte der
aber nur die halbe Wahrheit, denn: Dieser Aussa-           Betroffenen an. Dabei raten zahlreiche Studien
ge stimmt auch jeder Vierte aller Altersgruppen            genau das Gegenteil, denn Bewegung macht
aus Ostdeutschland zu, während es im Westen                gesund(11). In Berlin und Brandenburg fehlt es
nur 15 Prozent sind. Hier zeigt sich wieder die            vier von zehn Befragten nicht nur an Zeit,
unerwartete Trennung zwischen östlichen Aktiv-             sondern auch überdurchschnittlich oft an
posten und westlichen Passivposten.                        Motivation. In den südöstlichen Ländern sind
                                                           nur 16 Prozent unmotiviert und knapp ein
Regional sind die Ausreden wieder sehr unter-              Drittel bewegt sich so viel es will. In Bayern
schiedlich verteilt: Während in Bayern, Branden-           und Baden-Württemberg scheint es hingegen
burg und Berlin vor allem die Zeit für einen               tendenziell gemütlicher zuzugehen. Hier ist
bewegten Alltag fehlt, sind in Norddeutschland             der Anteil derer, die sich generell nicht gern
überdurchschnittlich oft körperliche Einschrän-            bewegen, mit neun beziehungsweise zehn
kungen ein entscheidender Faktor. Generell                 Prozent besonders hoch. In Norddeutschland
zeigt sich: Wer vorbelastet ist durch Überge-              sagen das gerade einmal drei Prozent.
wicht, Herz-Kreislauf-Krankheiten oder Muskel-

   Wo die Motivation fehlt

   Ich kann mich nicht aufraffen, öfter zu Fuß zu gehen oder mit dem Rad zu fahren
   statt Auto, Bus oder Bahn zu nehmen (Zustimmung    g nach Regionen)
                                                               g

                                            Schleswig-
                                             Holstein

                                                 Hamburg            Mecklenburg-
                                                                    Vorpommern

                                              Bremen
                                                                          Brandenburg
                                     Niedersachsen

                                                                                 Berlin
                                                              Sachsen-
                                                               Anhalt
                      Nordrhein-Westfalen

                                                                               Sachsen
                                        Hessen         Thüringen

                     Rheinland-
                       Pfalz

                Saarland                                       Bayern
                                      Baden-
                                    Württemberg

                           16 %    24 %       25 %         32 %         36 %       40 %

                                                                         Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 19
4. Sitzplatzgarantie
                      Das Land sitzt. Alles zusammengerechnet – ar-        Auch regional sitzt es sich in Deutschland sehr
                      beiten, essen, fernsehen und Ähnliches – verbrin-    unterschiedlich. So sitzen die Baden-Württem-
                      gen die Menschen hierzulande durchschnittlich        berger, Berliner und Brandenburger mit sieben
                      6,5 Stunden täglich im Sitzen, mehr als jeder        Stunden fast eine Stunde mehr als die Nach-
                      Fünfte kommt sogar auf neun Stunden und mehr.        barn in Bayern, die Norddeutschen sowie die
                      Nun könnte man meinen, dass die Hälfte schon         Erwachsenen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und
                      arbeitsbedingt einen großen Teil des Tages aus-      Thüringen. Auffällig ist hier vor allem, dass
                      sitzen muss. Die Umfrageergebnisse zeigen            Bayern das Feld im Jahr 2013 mit durchschnitt-
                      jedoch, dass die Erwerbstätigen mit 6,7 Stun-        lich 7,4 Stunden noch angeführt hat.
                      den im Mittel nur eine halbe Stunde am Tag
                      mehr sitzen als die, die nicht arbeiten.             Mit steigendem Haushaltseinkommen wird
                                                                           auch mehr gesessen, was vermutlich mit den
                      Zudem zeigen sich deutliche Unterschiede zwi-        damit einhergehenden beruflichen Aufgaben
                      schen den Altersgruppen. Während die jungen          zusammenhängt (siehe auch Kapitel 8). Wäh-
                      Erwachsenen zwischen 18 und 29 Jahren mit            rend in den unteren Gehaltsklassen gut sechs
                      durchschnittlich sieben Stunden täglich am           Stunden täglich im Sitzen verbracht werden,
                      meisten sitzen, haben die 60- bis 69-Jährigen        kommen Haushalte mit einem monatlichen
                      nur noch Sitzfleisch für 5,8 Stunden.                 Einkommen von 4.000 Euro und höher auf
                                                                           stolze 7,5 Stunden.

                         So lange sitzt Deutschland

                         Geschätzte Sitzzeit an einem typischen Wochentag

                                                                  *

                                                                                     24                   bis 4 Stunden

                         9 Stunden                 21
                         und mehr

                                                                 Ø 6,5 Stunden

                                                                          46                                5-8 Stunden

                                                                                       * 8 Prozent: weiß nicht/keine Angabe
                                                                                                        Angaben in Prozent
                                                                                              Rundungsdifferenzen möglich

20 | Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016
Bewegungsfalle Bildschirm                             Wie die Bewegungsstudie zeigt, verbringen
                                                      die Erwachsenen in Deutschland im Schnitt
Fast jeder Zweite der gut 40 Millionen Arbeits-       täglich gut drei Stunden ihrer Freizeit vor dem
plätze in Deutschland ist ein Sitzplatz. Das heißt,   Bildschirm. Zwar sind darin alle Bildschirme,
die Hälfte der Menschen in Deutschland ver-           auch der Fernseher, einkalkuliert, da aber die
bringt zwangsläufig ein Drittel ihres Tages im         wenigsten TV-Geräte über einem Ergometer
Sitzen (siehe Kapitel 8). Nach einem langen           hängen und auch bei mobilen Endgeräten meist
Arbeitstag am Bildschirm sehnt sich der Körper        nur der Bildschirm mobil ist, der Nutzer aber
eigentlich nach Bewegung – bevor er für die           in der Regel davor sitzt, ist Medienkonsum
Nacht wieder für etwa acht Stunden in die             meist mit Passivität verbunden.
Waagerechte geht. Der Bewegungsapparat
benötigt Ausgleich für das lange Stillsitzen, die     Natürlich ist der Bildschirm an sich nicht gesund-
Augen eine Auszeit vom Bildschirm und die             heitsschädigend. In vielen Bereichen erleichtert
Seele möchte sich entspannen.                         er das Leben und viele Alltagserledigungen wie
                                                      Bankgeschäfte und Einkaufen werden einfach
Und trotzdem sitzen viele auch den Feier-             ins Netz verlegt. Die Studie zeigt jedoch, dass
abend aus. Über 40 Prozent der Befragten              Bildschirmzeit auf Kosten des Aktivitätslevels
geben an, dass ihr Tag meist so anstrengend           geht, denn die gewonnene Zeit wird oft wieder
ist, dass sie ihren Feierabend am liebsten auf        im Sitzen verbracht.
dem Sofa verbringen. Und dort treffen sie oft
auf den nächsten Bildschirm.

   Bewegungsfalle Bildschirm

   Befragte nach Anzahl der Stunden, die sie in der Freizeit täglich vor TV, PC und Co.
   verbringen
                                               überhaupt nicht

   8 Stunden und mehr                                                     weniger als eine Stunde

                                              *       3
                                       4                    7                               1 Stunde

                                                                      9
   5-7 Stunden                17

                                            Ø 3,1 Stunden

                                                                     25                   2 Stunden
   4 Stunden                    7

                                             20

        3 Stunden

                                                                   * 7 Prozent: weiß nicht/keine Angabe
                                                                                    Angaben in Prozent
                                                                          Rundungsdifferenzen möglich

                                                                 Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 21
Männer mehr vor der Mattscheibe                      Die Schere ist seit der letzten Studie weiter aus-
                                                                           einandergegangen. Bei den Männern hat sich
                      Fast ein Viertel der Befragten kommt auf eine        der Konsum von ehemals 3,4 Stunden leicht
                      Bildschirmzeit von vier bis sieben Stunden, vier     erhöht, Frauen haben von 3,1 Stunden Aus-
                      Prozent kommen sogar auf mindestens acht             gangsniveau inzwischen etwas weniger auf der
                      Stunden.                                             Uhr. Auffällig ist, dass der Medienkonsum im
                                                                           Osten seit der letzten Umfrage deutlich zu-
                      Männer sitzen mit durchschnittlich 3,5 Stunden       rückgegangen ist: von 3,6 Stunden in 2013 auf
                      täglich deutlich mehr vor PC, Konsole und Co. als    2,9 Stunden in 2016.
                      Frauen, die im Mittel auf 2,8 Stunden kommen.

                         Fernseher statt Fitness

                         Bildschirmzeit nach Sportlertyp

                         Stunden
                           4

                                    3,9
                          3,5

                                                                                            Durchschnitt: 3,1 Stunden
                           3                          3,2

                          2,5                                             2,8             2,8                2,8

                           2

                          1,5
                                    Anti-            Sport-        Gelegenheits-         Freizeit-         Intensiv-
                                   sportler          muffel           sportler           sportler           sportler

                      Mehr Mitbewohner, weniger Mattscheibe                In jedem Fall scheint Familie ein Faktor zu sein,
                                                                           der den Medienkonsum deutlich reduziert.
                      Die Ergebnisse zeigen zudem, dass der Medien-        Während in den Singlehaushalten im Schnitt
                      konsum mit dem Sportpensum und mit der               3,6 Stunden und in Zwei-Personen-Haushalten
                      Gesundheit korreliert (siehe auch Kapitel 10).       immerhin noch überdurchschnittlich 3,3 Stun-
                      Während die Antisportler angeben, durchschnitt-      den täglich vor dem Bildschirm verbracht wer-
                      lich knapp vier Stunden am Tag vor dem Bild-         den, kommen diejenigen, die mindestens zwei
                      schirm zu verbringen, sind es bei denen, die         Mitbewohner haben, nur auf 2,5 Stunden.
                      wenigstens gelegentlich Sport treiben, nur
                      2,8 Stunden. Diejenigen, die ihre eigene Ge-         Die Weltgesundheitsorganisation WHO emp-
                      sundheit als gut oder sehr gut bezeichnen,           fiehlt mindestens 30 Minuten mäßige Bewe-
                      kommen im Mittel ebenfalls auf 2,8 Stunden,          gung an fünf Tagen oder mindestens 20 Minuten
                      bei denen, die sich nicht gesund fühlen, schla-      intensive Betätigung an drei Tagen die Woche.
                      gen 4,3 Stunden Bildschirmzeit zu Buche. Ob          Mit einer geringfügigen Reduktion der persön-
                      der intensive Medienkonsum auf die Gesund-           lichen Bildschirmzeit an einigen Tagen ließe
                      heit geht oder ob Menschen, die sich nicht           sich der Aktivitätslevel also deutlich erhöhen.
                      gesund fühlen, deshalb mehr Zeit vor dem
                      Bildschirm verbringen, lässt sich mit den Daten
                      allerdings nicht beantworten.

22 | Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016
5. Sport im Alltag
Die Treppe anstelle des Aufzugs nehmen, mit       Soweit die Theorie. Die (deutsche) Wirklichkeit
dem Fahrrad zur Arbeit fahren oder beim Tele-     sieht aber anders aus: 30 Prozent der Bundes-
fonieren auf und ab gehen – Bewegung im           bürger treiben wenig Sport (Sportmuffel), davon
Alltag ist wichtig. Um seine Gesundheit opti-     18 Prozent sogar gar nicht (Antisportler). Nur
mal zu fördern, reicht das alleine jedoch nicht   knapp 30 Prozent der Bevölkerung sind Gele-
aus. Denn ein wichtiger Bestandteil eines ge-     genheitssportler, die entsprechend der WHO-
sunden Lebens ist Sport. Die WHO empfiehlt,       Richtlinie trainieren.
2,5 Stunden moderates Training die Woche(6).

  Fast jeder Zweite ist Sportmuffel oder Antisportler

  Verteilung nach Sportlertyp

                            2016

              Intensivsportler             Antisportler
   Freizeitsportler

                           7 *       18                               kein Sport
               14
                                                                      selten Sport
                                          30
                 29                                                   1-3 Stunden pro Woche

                                                                      3-5 Stunden pro Woche

                                                                      mehr als 5 Stunden pro
   Gelegenheitssportler                     Sportmuffel               Woche und Wettkämpfe

                            2013

                           6 *       20
                13

                27                   32

                            2007

                           6 *      20
               16
                                           24
                      34

                                                                        * weiß nicht/keine Angabe
                                                                              Angaben in Prozent

Die gute Nachricht: Auch wenn die Menschen        52 Prozent die Mehrheit. 2016 sind sie nur noch
in Deutschland noch weit davon entfernt sind,     in Teilen der Republik – in Berlin, Brandenburg,
sich ausreichend zu bewegen, sind sie mittler-    Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland in
weile aktiver als noch vor drei Jahren. Damals    der Mehrheit. Im Norden gibt es ein Patt und im
stellten die Antisportler und Sportmuffel mit     Süden und im Westen haben die Sportler die

                                                             Beweg Dich, Deutschland! – TK-Bewegungsstudie 2016 | 23
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