Bewertung der Qualität von Gussbauteilen mittels CT und KI - Microvista

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Bewertung der Qualität von Gussbauteilen mittels CT und KI - Microvista
Auszug aus „GIESSEREI“ (2019), Heft 4, Seite 50 - 55.
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                                                                                  Nachdruck verboten. © DVS Media GmbH, Düsseldorf

                                                                                                             Mensch und Maschine, zusammen geht’s
                                                                                                             schneller und besser.

                    Bewertung der Qualität
                    von Gussbauteilen mittels CT und KI
                    Der Zwang zur Funktionsintegration, Individualisierung und Masseeinsparung führt viele
                    Prozesse an die Grenzen ihrer Stabilität. Entsprechend steigt der Bedarf zur Inspekti-
                    on der Produktqualität. Damit rücken die Inspektionskosten noch weiter in den Fokus.
                    Gerade bei der Prüfung großer Stückzahlen werden sie wesentlich durch die Geschwin-
                    digkeit des Prüfprozesses bestimmt. Die Bewertung durch ausgebildete und erfahrene
                    Prüfer ist aus Kostengründen oft nicht zu rechtfertigen. Wie mithilfe Künstlicher Intelli-
                    genz (KI) die Expertise des Menschen auf kostengünstige Art in Prüfprozessen nutzbar
                    ist, wird im Folgenden näher betrachtet.

                    VON LUTZ HAGNER, ROBIN HÖHNE                 erfolgreiche Normungsbemühungen wur-        den kostenintensiveren Untersuchungs-
                    BLANKENBURG (HARZ)                           den die Messergebnisse von CT-Systemen      verfahren. Neben der Reduzierung der
                                                                 mittlerweile auf eine belastbare Grundla-   Anlageninvestitionen ist die Reduzierung
                                                                 ge gestellt. Die Anzahl der Anbieter von    der Scan-Zeit, aber vor allem auch der

                    D
                           ie Röntgen-Computertomografie         industriellen CT-Systemen steigt ständig,   sich anschließenden Analyse- und Bewer-
                           hat sich unter den zerstörungsfrei-   und auch im Dienstleistungsbereich tau-     tungszeit, ein geeignetes Mittel, dieses
                           en Prüfverfahren einen festen         chen immer wieder neue Anbieter auf.        Problem zu bewältigen.
                    Platz erworben. Weil sowohl qualitative      Kurzum: Fast jede Gießerei hat bereits
FOTOS: MICROVISTA

                    als auch quantitative Aussagen über ein      Erfahrungen mit dem Verfahren gemacht,
                                                                                                             Automatisch auswerten
                    zu untersuchendes Volumen zuverlässig        und der Trend zum eigenen CT-System ist
                    möglich sind, ist dieses Verfahren wie       ungebrochen. Nach wie vor gehört die        Die automatische Bewertung von Durch-
                    kein anderes universell einsetzbar. Durch    Röntgen-Computertomografie jedoch zu        strahlungsbildern ist seit langem bekannt

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Bewertung der Qualität von Gussbauteilen mittels CT und KI - Microvista
Bild 1: Prozessstufen eines automa-
   tischen Inspektionsprozesses mit-
   tels Röntgen- Computertomografie.

und etabliert. Gusskomponenten des
Fahrwerks werden standardmäßig so un-
tersucht. Für eine zunehmende Zahl von
Inspektionsaufgaben reicht aber aufgrund
der fehlenden räumlichen Informationen
eine zweidimensionale Bewertung nicht
aus. So verwundert es wenig, dass sich
schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt
erste Veröffentlichungen mit einer auto-
matischen Auswertung von komplett di-                                                     Bild 3 : Kernkastennummer am Prüfobjekt.
gitalisierten Volumina beschäftigten [1],
[2]. Immer höhere Scangeschwindigkei-
ten sogenannter Inline- oder Atline-CT                                                    Materials, der Objektgeometrie oder auch
haben die Entwicklung von Software zur                                                    durch Alterungserscheinungen am CT-
automatischen Auswertung beflügelt. Be-        Bild 2: Beispiel eines verhältnismäßig     System erfordern immer wieder aufwen-
kannt sind insbesondere die Lösungen           einfachen Entscheidungsbaums zur           dige Anpassungen.
des Fraunhofer EZRT in Fürth oder die          quantitativen Bewertung einer einzel-          Hinzu kommt, dass es häufig alles an-
Inline-Lösung der Volume Graphics              nen Pore.                                  dere als leicht ist, objektive Bewertungs-
GmbH. Erste Informationen zum Einsatz                                                     kriterien im erforderlichen Umfang zu de-
der letztgenannten Software wurden be-                                                    finieren. Auch hier ist die Ursache oft,
reits 2014 veröffentlicht. Sie zeichnen                                                   dass jedes Merkmal immer unter Berück-
sich durch einen flexiblen Einsatz und ei-   rung festgelegte Sollwerte mit den per       sichtigung eines Kontextes betrachtet
ne gute Konfigurier- und Bedienbarkeit       CT-Scan erhobenen Messwerten zu ver-         werden muss. Demgegenüber kann der
aus. Auch bei der Microvista GmbH ist        gleichen (Bild 1). Die in Qualitätsverein-   Mensch häufig schon beim ersten Blick
seit Jahren eine eigene Software im Ein-     barungen enthalten Sollwerte werden als      auf ein CT-Schnittbild eine klare Aussage
satz [3]. Die Datenflüsse in dieser Soft-    Schwellen interpretiert, die zur Unter-      treffen.
ware sind in hohem Maße parallelisierbar.    scheidung zwischen guten und schlechten
Auf Grund ihrer extremen Modularität         Bauteilen dienen sollen. In den wenigsten
                                                                                          Lösungsansatz CNN
lässt sie sich gut applikationsspezifisch    Fällen ist dabei die Entscheidung einstu-
anpassen und bietet in Summe eine sehr       fig. Vielmehr entstehen häufig tief ver-     So scheint es nicht verwunderlich, dass
hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit. Viele     schachtelte Entscheidungsbäume mit           man schon seit längerem versucht, die
tausend Zylinderköpfe, Kurbelgehäuse,        komplexen Bewertungskriterien (Bild 2).      menschliche Expertise auf künstliche Wei-
Getriebewellen, aber auch Gussbaugrup-           Die Parameter in diesen Entschei-        se für die Qualitätsbewertung nachzubil-
pen für die Elektromobilität sind damit      dungsbäumen leiten sich oft nur indirekt     den – allerdings zunächst nur mit durch-
bereits automatisch bewertet worden.         aus den Sollwertvorgaben ab und sind von     wachsenem Erfolg. Ein wichtiges Problem
                                             den Eigenschaften des CT-Systems und         dieser ersten KI-Systeme war die Notwen-
                                             der Objektgeometrie abhängig. Dadurch        digkeit, aus dem erfassten Datenmateri-
Die Krux mit den Schwellwerten
                                             ist bis zum Erreichen eines befriedigenden   al (z.B. den Bildern) jene Parameter zu
In der Regel hat die Auswertesoftware die    Bewertungsergebnisses häufiges Nach-         extrahieren, die wirklich qualitätsrelevant
Aufgabe, durch eine Qualitätsvereinba-       justieren erforderlich. Veränderungen des    sind [4], denn für die Fütterung eines

                                                                                                        GIESSEREI 106   04/2019   51
Bewertung der Qualität von Gussbauteilen mittels CT und KI - Microvista
SPEKTRUM

                                                z.B. als IO oder NIO. Die Software sucht      Künstliche Merkmale
                                                nun selbst nach Merkmalen, die für die        Beflügelt durch diese positiven Ergebnis-
                                                entsprechende Klassifikation typisch          se wurden originale CT-Schichtbilder ei-
                                                sind. In der Produktivphase wird jedes        nes Pleuels mit künstlichen Merkmalen
                                                Bild durch eine Vielzahl von Faltungsope-     in Form von
                                                rationen auf die gelernten Merkmalskom-       > Mikroporositätsnestern,
                                                binationen untersucht und schließlich ei-     > kleinen Poren und
                                                ne wahrscheinlichkeitsbasierende Ent-         > großen Poren
                                                scheidung getroffen.
                                                                                              infiziert (Bild 4). Zum Training wurden
                                                                                              Schnittbilder aller drei Ebenen (Front-, Top-,
                                                Gießdatum und
                                                                                              Rechtsschnitt) verwendet. Damit liegen pro
                                                Kernkastennummer
                                                                                              Pleuel zunächst 1081 Bilder unterschied-
                                                Wie oft in der Computertomografie kom-        licher Größe vor, die jedoch auf eine ein-
                                                men viele Innovationen aus der Medizin.       heitliche Größe normiert wurden. Das ge-
                                                Auch dort wird versucht, die Auswertung       samte Datenvolumen betrug schließlich
                                                von Röntgen- und CT-Bildern zu vereinfa-      ca. 2,3 GByte pro Pleuel. Der Lernprozess
                                                chen. In einer Studie aus dem Jahr 2017       mit ca. 10 000 Testbildern wurde ebenfalls
                                                [4] konnte nachgewiesen werden, dass          per „Transfer Learning“ an einem in Matlab
Bild 4: Künstlich eingebrachte Merkmale in      bei der Bewertung von Röntgen-Thorax-         verfügbaren CNN (VGG16) realisiert und
aus drei verschieden Richtungen erzeugten       aufnahmen mit KI-Methoden die Sensiti-        erforderte etwas Geduld.
CT-Schnittbildern.                              vität (Anteil der richtig erkannten Merk-         Die aus den drei unterschiedlichen
                                                malsträger) 97,3 und die Spezifität (Anteil   Richtungen erfassten Schnittbilder wur-
                                                der richtig erkannten merkmalsfreien Ob-      den drei verschiedenen Netzen zuge-
künstlichen neuronalen Netzes wurden            jekte) 94,7 Prozent erreicht werden konn-     führt, deren Klassifikationsergebnis sich
aus den rekonstruierten Bildern solche          te. Inspiriert von diesem Erfolg wurden       durch eine „2-aus-3-Bewertung“ noch-
Parameter, wie                                  von Prüfobjekten, bei denen Wandstärken       mals verbessern ließ. Nach einigen Ite-
> der mittlere Grauwert und das über-           computertomografisch gemessen wer-            rationen wurde in einer Millionen Schnitt-
   lagerte Rauschen,                            den, Gießdatum und Kernkastennummer,          bildern nur 1 künstlich eingebrachtes
> der Schwerpunkt der Grauwerte ins-            die als arabische Ziffern auf der Oberflä-    Merkmal nicht oder nicht korrekt er-
   gesamt,                                      che des Bauteils verfügbar sind, fotogra-     kannt.
> die Pixel pro Grauwertcluster und             fisch erfasst (Bild 3). Die Bilder wurden
> der Kontrast und dessen Schwan-               einem CNN zugeführt und nach der Um-          KI-Entwicklungsumgebung
   kungsbreite                                  wandlung in ein Datum bzw. eine Zahl in       mit Tensorflow
                                                einer Datenbank gespeichert. Dadurch          Für die Umsetzung von anspruchsvollen
usw. erfasst. Mit der Entwicklung soge-         konnten die Möglichkeiten der statisti-       KI-Projekten, z.B. der Detektion mehrerer
nannter CNN (Convolutional Neuronal             schen Prozesskontrolle (SPC) ohne ma-         Objekte, deren Ortung und Größenbe-
Network) ist es nun möglich, ohne die           nuellen Zusatzaufwand signifikant erwei-      stimmung in einem Bild mittels CNN, ist
Extraktion von geeigneten Parametern zu         tert werden. Die Erkennungsrate bei der       die Verwendung der Programmiersprache
bewerten. Diese neuen Netze stellen Soft-       Ziffernerkennung ist hoch und liegt um        Python in Verbindung mit Googles Ten-
waresysteme dar, denen immer die kom-           die 99 %. Oft kann bei den fehlenden 1 %      sorFlow-Bibliothek weit verbreitet. Ten-
pletten, kaum vorverarbeiteten Bilddaten        auch der Mensch keine eindeutige Ent-         sorFlow ist eine umfangreiche, skalierba-
übergeben werden. In einer Lernphase            scheidung mehr fällen.                        re Umgebung, welche neben den vorteil-
sucht diese Software nach wiederkehren-                                                       haften technischen Eigenschaften als
den Mustern. Beim überwachten Lernen            Porositätensuche mit künstlicher              Open-Source-Software für alle frei zu-
sind die Eingabebilder vorab klassifiziert,     Intelligenz                                   gänglich ist und über eine breite Commu-

     Bild 5: Entwicklungsumgebung für die Realisierung
     von KI-Projekten.

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Bild 6: Lernfortschritt eines TensorFlow-CNN (faster R-CNN InceptionV2).

nity im Internet verfügt. Somit lassen sich   Testdaten für das Anlernen des CNN. Die       Zusammenhänge zwischen Ein- und Aus-
zahlreiche Informationen und Problemlö-       lokale Installation der Tensorflow-Umge-      gabemustern ermitteln kann. Die Gene-
sungen schnell finden.                        bung verläuft nicht völlig reibungslos, ist   rierung und Aufbereitung des Lerndaten-
    Eine mögliche Entwicklungsumgebung        aber mit Unterstützung durch das Internet     satzes hat wesentlichen Einfluss auf die
für ein KI-Projekt ist in Bild 5 skizziert.   auch ohne umfangreiche IT-Kenntnisse zu       Vorhersagegenauigkeit und Generalisie-
Wesentliche Bestandteile sind eine leis-      bewältigen.                                   rung des angelernten CNN und ist zen-
tungsfähige Recheneinheit (hier GPU,                                                        traler Aspekt bei der Umsetzung eines
NVIDIA-GeForce-GTX-1050TI), welche mit        Vorbereitung des Lerndatensatzes              KI-Projekts. Sofern nicht auf vorhandenen
entsprechenden Softwaremodulen aus-           Die Grundlage für das erfolgreiche Anler-     Daten zurückgegriffen werden kann, er-
gestattet ist sowie eine Datenbank mit        nen eines CNN sind ausreichend große          fordert die Generierung des Datensatzes
einer ausreichenden Menge an Lern- und        Datenmengen, anhand derer das Netz die        häufig einen hohen Zeitaufwand.

                                                                                  INDUSTRIELLE
                                                                              COMPUTERTOMOGRAPHIE

                                                                                      CT-Dienstleister für
                                                                                        Serienprüfung

               Microvista GmbH | Am Mönchenfelde 12 | D-38889 Blankenburg (Harz)
               +49 3944 950-50 | info@microvista.de | www.microvista.de
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SPEKTRUM

    Im Rahmen der Untersuchungen wur-
                                                  Tabelle 1: Vergleich der Performance unterschiedlicher Netze.
den CT-Scans von 16 Pleuelstangen aus
Aluminium durchgeführt und pro Bauteil
                                                  Netzmodell                           Analysezeit/Bild in ms      Genauigkeit, in %
wiederum Schnittbilder erzeugt. Der
Lerndatensatz umfasst insgesamt 1140              faster R-CNN InceptionV2                       12,4                    100
Bilder gleichen Formats. Für das Anler-           faster_rcnn_101                                43,5                    98,3
nen ist es erforderlich, die zu identifizie-      faster_rcnn_50                                 32,9                    98,3
renden Objekte je Bild aus dem Lernda-            mobilenet_v2                                    1,0                    88,3
tensatz zu labeln, d.h. die zu suchenden
Merkmale z.B. mit einer Box zu markie-
ren und merkmalsspezifisch zu sortieren.         Für die vorgesehene Porenerkennung              an Lernschritten. Für den Lernprozess des
Dieser Prozess muss einmalig manuell             werden vier häufig verwendete Netzmo-           faster R-CNN InceptionV2-Modells ist er-
erfolgen und kann sehr zeitaufwendig             delle:                                          sichtlich, dass bereits nach etwa 1000
sein. Zumindest unterstützen grafische           > faster R-CNN InceptionV2                      Lernschritten das Netz den geringsten
Werkzeuge den Bediener interaktiv, so            > faster_rcnn_101                               Fehler (total loss), d.h. die höchste Vor-
dass der Einarbeitungsaufwand gering             > faster_rcnn_50 und                            hersagegenauigkeit, erzielt (Bild 6).
ist. Im konkreten Fall wurde lediglich das       > mobilenet_v2
Label „Pore“ genutzt, jedoch ist die Zu-                                                         Ergebnisse
weisung mehrerer Label pro Bild möglich          miteinander verglichen. Grundsätzlich un-       Die Bewertung der Vorhersagequalität der
(z.B. Lunker oder die Unterscheidung in          terscheiden sich die Modelle in der Ar-         angelernten CNN erfolgt anhand von 160
kleine und große Poren). Nach dem La-            chitektur sowie dem internen Datenhand-         2D-CT-Bildern, welche nicht Teil des Lern-
beln existiert für jedes Bild eine zusätz-       ling. Das Ziel des Lernprozesses besteht        datensatzes sind. Diese werden ohne vor-
liche Datei, welche die Position der ge-         nun darin, diese Netze um die Fähigkeit         heriges Labeling in das jeweilige antrai-
labelten Objekte, sofern vorhanden, ent-         der Porenerkennung zu erweitern, indem          nierte Netz eingespeist. Ein Vergleich der
hält.                                            der spezifische Lerndatensatz nachtrai-         Ausgaben des CNN mit den realen und
                                                 niert wird. Diese Methode nennt man             bekannten Bewertungen erlaubt dann ei-
Einsatz des Transfer Learnings                   Transfer Learning oder Image Retraining.        ne Einschätzung der Bewertungsqualität.
Die Konstruktion eines eigenen CNN ist           Dabei wird nur ein kleiner Teil des vortrai-       In Tabelle 1 sind die wesentlichen Er-
eine anspruchsvolle sowie zeit- und re-          nierten Netzes neu berechnet, was eine          gebnisse der vier Netzmodelle gegenüber-
chenintensive Aufgabe. Für den Anwender          immense Zeitersparnis mit sich bringt           gestellt. Die Analyse eines Bildes erfolgt
ist es daher vorteilhaft, vortrainierte CNN      (Stunden statt Tage).                           am schnellsten mit dem mobilenet_V2-
zu nutzen, welche via OpenSource bereit-             Zur Kontrolle des Lernprozesses kann        Modell, wobei die Vorhersagequalität bei
gestellt werden, umfangreich dokumen-            das Visualisierungswerkzeug Tensor-             lediglich 88,3 % liegt, d.h. von 100 Poren
tiert sind und in der TensorFlow Object          Board genutzt werden. Dieses bietet ver-        werden im Schnitt 88,3 richtig erkannt.
Detection-API einfach implementiert wer-         schiedene Visualisierungen, u.a. der Vor-       Dahingegen erkennt das faster R-CNN In-
den können.                                      hersagequalität mit zunehmender Anzahl          ceptionV2 alle Poren bei vergleichsweise

     Bild 7: Beispiele für die Porenfindung an CT-Schnittbildern mit CNN (faster R-CNN InceptionV2).

54      GIESSEREI 106   04/2019
Bewertung der Qualität von Gussbauteilen mittels CT und KI - Microvista
schneller Analysezeit. Das faster R-CNN InceptionV2 wird auf-
grund seiner Robustheit in einer Vielzahl von Objekterkennungs-
lösungen eingesetzt, u.a. für das autonome Fahren. Die Analy-
sezeiten beziehen sich auf ein CNN, das von Google im Internet
bereitgestellt wird (Cloud).
    Je Bild gibt das CNN die Position vorhandener Poren an und
umzeichnet diese mit einer Box. Bild 7 zeigt die Vorhersagen
des faster R-CNN InceptionV2-Modells für verschiedene Schnitt-                   ...stellt sich vor:
bilder, wobei die Analyse eines Bildes bei Verwendung einer
lokal zur Verfügung stehenden GPU auf etwa 0,2 ms reduziert
werden kann. Die korrekten Vorhersagen einzelner sowie meh-
rerer Poren mit unterschiedlichen Größen bei zugleich unter-
schiedlichen Helligkeitswerten und Querschnitten bestätigt die
hohe Leistungsfähigkeit und Robustheit des Modells auch für
den konkreten Fall der Porenerkennung.

Herausforderungen
Die hohe Sensitivität bzw. Spezifität des KI-unterstützenden Ver-
fahrens schürt die Hoffnung, dass diese Technologie auch bei
der Inspektion von Gussbauteilen zukünftig eingesetzt werden
kann. In einem weiteren Schritt kommt es darauf an, die gefun-
denen Merkmale auch sicher zu quantifizieren. Im 2-dimensio-
nalen Raum ist das mittels R-CNN schon heute möglich. Aktu-
ell wird jedoch intensiv an Normen zur 3-dimensionalen Be-          Prof.    Dr. Lutz Hagner ist seit 2008
wertung von Poren gearbeitet. Entsprechend ist der Übergang         Geschäftsführer der Microvista GmbH in Blan-
vom Bild zum Volumen als Input für CNN anzustreben. Und es          kenburg (Harz) und befasst sich auch im Rahmen
gibt weitere Herausforderungen: Das aus Aluminiumguss her-          seiner Tätigkeit als Dozent an der Hochschu-
gestellte Pleuel ist auch deshalb für die dargestellten Untersu-    le Harz in Wernigerode und der Technischen Uni-
chungen ausgewählt worden, weil es ohne wesentliche Bildar-         versität Otto-von-Guericke Magdeburg mit dem
tefakte digitalisierbar ist. CT-Bilder von Kurbelgehäusen oder      Thema      der   Industriellen  Computertomogra-
                                                                    phie. Seit 1990 ist er bereits Geschäftsführer der
Turboladern sind dagegen oft erheblich mit Artefakten belastet,
                                                                    NetCo Professional Services GmbH, dem Schwester-
die zu detektierende Merkmale überlagern können. Wie ein
                                                                    unternehmen von Microvista.
CNN mit diesen Bildinformationen umgeht, ist bisher nicht aus-
reichend untersucht worden. Als sinnvoll wird auch die Kom-
bination von KI-Methoden mit klassischen, schwellwertbasie-
renden Verfahren angesehen. Dies kann z.B. derart geschehen,
dass per KI zunächst die merkmalsunauffälligen Bauteile oder
Bauteilregionen erkannt werden und anschließend nur solche
Bauteile bzw. Bauteilregionen mit Schwellwertverfahren unter-
sucht werden, die aus Sicht der KI „verdächtig“ sind. Vorbild
kann hier wie so oft die Medizin sein, die in solchen Fällen den
Menschen als letzte Bewertungsinstanz zurate zieht und damit
sehr hohe Bewertungsqualitäten bei gleichzeitig hoher Effek-
tivität erreicht.
                                               www.microvista.de

Dr. Lutz Hagner, Geschäftsführer und Robin Höhne. Entwicklungs-
ingenieur, Microvista GmbH, Blankenburg

Literatur
[1] S. Oeckl, U. Haßler,T. Wenzel, R. Hanke: Automatische Aus-
wertung von 3D-CT Daten ohne CAD-Information, Proceedings           Robin Höhne hat sein Maschinenbau-Studium 2012
DGZfP Jahrestagung 2001, Internet: https://www.ndt.net/artic-       an der Technischen Universität Dresden abgeschlos-
le/dgzfp01/papers/v58/v58.htm (28.2.2019)                           sen und war anschließend am Institut für Leichtbau
[2] L. Hagner, F. Mnich: Inline-Computertomographie als Quali-      und Kunststofftechnik im Bereich Funktionsintegration
tätstool in der Serienfertigung, Fachtagung Industrielle Compu-     tätig. Seit Januar 2019 arbeitet er als Entwicklungs-
tertomographie 2010 Wels/Österreich, Proceedings S. 201ff           ingenieur bei der Microvista GmbH. Sein Hauptauf-
[3] L. Hagner, F. Mnich: Schnelle Computertomographie im prak-      gabengebiet umfasst den Einsatz von Methoden des
tischen Einsatz, Giesserei 1/2013, S. 44-50                         Maschinellen Lernens zur Auswertung von CT-Schicht-
[4] Paras Lakhani, Baskaran Sundaram: Deep learning at chest        bildern.
radiography: Automated Classification of Pulmonary Tuberculosis
by Using Convolutional Neural Networks, Radiology: Volume 284:
Number 2- August 2017, S. 574-582
Bewertung der Qualität von Gussbauteilen mittels CT und KI - Microvista Bewertung der Qualität von Gussbauteilen mittels CT und KI - Microvista Bewertung der Qualität von Gussbauteilen mittels CT und KI - Microvista
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