CENTRUM FÜR FUNKTIONELLE NANOSTRUKTUREN
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INHALT 6 GRUSSWORTE Finanzminister Willi Stächele MdL Wissenschaftsminister Professor Dr. Peter Frankenberg Rektor Professor Dr. sc. tech. Horst Hippler Oberbürgermeister Heinz Fenrich 16 BAULICHE ENTWICKLUNG DER UNIVERSITÄT KARLSRUHE Leiter der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung Ministerialdirigent Thomas Knödler 26 DAS DFG-FORSCHUNGSZENTRUM FÜR FUNKTIONELLE NANOSTRUKTUREN Leiter des CFN Professor Dr. Martin Wegener 32 ARCHITEKTUR DES NEUBAUS Vermögen und Bau Baden-Württemberg Architekt Christian Kaiser 42 ARCHITEKTURPLÄNE Grundrisse, Ansichten, Schnitte 50 PROJEKTDATEN 52 PLANUNGSBETEILIGTE / BETEILIGTE FIRMEN 59 IMPRESSUM / BILDLEGENDE 5
WILLI STÄCHELE MdL Finanzminister des Landes Baden-Württemberg Exzellente Forschung und Lehre sind unabdingbare Fakto- Ich danke allen, die sich für den Neubau des Centrums für ren für die Zukunftsfähigkeit und die Weiterentwicklung Funktionelle Nanostrukturen eingesetzt haben. In enger des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandortes Baden-Würt- Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern und Bauschaf- temberg. Sie sind wichtige Investitionen für die Zukunft fenden ist ein Gebäude entstanden, das die Anforderungen und Garant einer gedeihlichen Entwicklung unserer Gesell- der interfakultativen Arbeitsweise optimal erfüllt. Es ist eine schaft. Die Landesregierung sieht daher in der Schaffung hervorragende Basis für hochkarätige Forschung gelegt optimaler Voraussetzungen für die Forschungsarbeit an den worden. Die Architektur bildet darüber hinaus mit überzeu- Hochschulen eine zentrale politische Aufgabe. Der Neubau gender Qualität der Räume und sorgfältig konstruiertem des Centrums für Funktionelle Nanostrukturen leistet hier- Detail den Rahmen für Kreativität und Ideen. für einen wertvollen und beispielhaften Beitrag. Ich bin mir sicher, dass das Centrum für Funktionelle Na- Der Erfolg der Universität Karlsruhe beim bundesweiten nostrukturen durch seine zukunftsträchtige Forschung das Wettbewerb der Deutschen Forschungsgemeinschaft hohe Ansehen des Forschungszentrums, der Eliteuniver- (DFG) für Forschungszentren im Jahr 2001 war die Initial- sität Karlsruhe und des Landes Baden-Württemberg stei- zündung für den Neubau. Seither hat die Bedeutung der gern und einen wesentlichen Beitrag zur internationalen Forschung an den mit nur einem millionstel Millimeter un- Reputation des Standortes leisten wird. vorstellbar kleinen Nanostrukturen stetig zugenommen. Land und Bund haben für das Forschungszentrum insge- samt rund 17,5 Millionen Euro investiert. Davon entfallen rund 7,5 Millionen Euro auf die Baukosten, die im Rahmen der „Zukunftsoffensive III – Junge Generation“ des Lan- des bereitgestellt wurden. Der verbleibende Anteil von rund 10 Millionen Euro wurde für die Ausstattung des Gebäudes sowie technische Großgeräte bereitgestellt. 6
PROFESSOR DR. PETER FRANKENBERG Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg Richard Feynman hat schon 1959 prognostiziert: mal den Forschungsbetrieb. Die Förderbestimmungen, mit „There´s Plenty of Room at the Bottom.“ denen sich auch das CFN in einigen Punkten zu arrangieren hatte, stellen aber auch sicher, dass zusätzliche neue Vorha- Dieses wissenschaftliche Neuland soll vom DFG-For- ben durchgeführt werden. Die „Zukunftsoffensiven“ geben schungszentrum für Funktionelle Nanostrukturen (CFN) damit der Landesregierung die Möglichkeit, die Forschungs- aus mit erschlossen werden. Und angesichts des breiten landschaft Baden-Württembergs trotz der immer knappen Spektrums an – vorwiegend noch potenziellen – Anwen- öffentlichen Mittel und auch vor dem Hintergrund der ak- dungsfeldern gilt das Arbeitsgebiet des CFN als wichtige tuellen wirtschaftlichen Entwicklung auszubauen und sich Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts. nicht nur auf die Verwaltung und den Erhalt des Status quo zu beschränken. So klein die Strukturen auch sind, die am CFN hergestellt und erforscht werden, zur Durchführung der Arbeiten wer- Der Impuls, der vom CFN ausging, hat in den letzten Jah- den makroskopische Räume benötigt, und diese haben sich ren einiges bewegt. Das CFN bringt nicht nur in der For- nicht in ausreichender Menge unten (in den Kellern der In- schung reiche Frucht, sondern hat auch strukturell Maß- stitute) gefunden. Deshalb habe ich mich dafür eingesetzt, stäbe gesetzt. Es lebt von der engen Zusammenarbeit der dass die Universität ein zusätzliches Gebäude zur Unter- Forscher aus der Universität und dem Forschungszentrum, bringung des CFN erhält, wozu der Bund 4 Millionen Euro auf dessen Gelände das CFN 2001 eingerichtet wurde. an HBFG-Mitteln, das Land 3,5 Millionen Euro und das Im Kleinen („Nano“) ist es damit Vorreiter und Vorbild CFN selbst 500.000 Euro beigetragen haben. für das Karlsruhe Institute of Technology (KIT), zu dem beide Einrichtungen – eine Landesuniversität und eine zu Der Neubau des CFN konnte nur deshalb so kurzfristig 90 % vom Bund geförderte Großforschungseinrichtung – hergestellt werden, weil die „Zukunftsoffensiven“ aus Pri- in diesem Jahr auch rechtlich zusammengeführt werden. vatisierungserlösen der Landesregierung zusätzliche Hand- Seit Jahren ist es ein wichtiges Ziel der Forschungspolitik lungsspielräume verschafft haben. Die Beschränkung dieser von Bund und Ländern, die Versäulung in der Forschung Mittel auf „gemeinnützige“ Zwecke erschwert zwar manch- in Deutschland aufzuheben und die Zusammenarbeit 8
zwischen Universitäten und außeruniversitärer Forschung auf Ich bin sicher, dass das KIT ein Erfolg wird und national sowie verschiedenen Wegen und in verschiedenen Modellen auch international Maßstäbe setzen wird. In diesem neuen institutio- institutionell auszubauen. Im CFN wird diese Idee auf eige- nellen und physischen Rahmen wünsche ich dem CFN weiterhin ne Initiative der beteiligten Institutionen schon lange gelebt. eindrucksvolle Forschungsergebnisse. Mit der Reifung der bishe- rigen Nanowissenschaften hin zu Nanotechnologien erhoffe ich Die DFG-Forschungszentren, von denen 2001/2002 die ersten mir vom CFN aber auch, dass die Früchte der Forschung zuneh- fünf gegründet wurden, sind darüber hinaus auch Vorläufer der mend in Innovationen einfließen und für die Bevölkerung nutz- Exzellenzcluster in der Exzellenzinitiative. Das CFN wurde be- bar gemacht werden können. reits in der ersten Ausschreibungsrunde als Exzellenzcluster an- erkannt. Dies war eine entscheidende Voraussetzung, dass die Universität mit ihrem visionären und mutigen „KIT-Antrag“ die internationale Gutachterkommission überzeugte und als eine der bundesweit ersten drei Exzellenzuniversitäten ausgewählt wurde. 9
PROFESSOR DR. SC. TECH. HORST HIPPLER Rektor der Universität Karlsruhe (TH) Erfolgreiche Forschung und Lehre auf internationalem (FZK) zum Karlsruhe Institute of Technology (KIT) errei- Spitzenniveau bedürfen dreier Bedingungen: Time, Space chen wir die erforderliche kritische Masse, um auch im and Money! Ich freue mich sehr, dass wir mit dem Neubau Wettbewerb der internationalen Spitzenforschung wahrge- des Centrums für Funktionelle Nanostrukturen (CFN) nommen zu werden. Im Kompetenzportfolio des KIT nicht nur ein architektonisch ansprechendes, sondern auch kommt den Nanowissenschaften eine bedeutende Rolle zu. ein hochgradig funktionelles Gebäude errichten konnten. Die wissenschaftliche Dynamik des CFN wird aber auch Der Neubau wird den Nanowissenschaften am Standort weit über das KIT hinausstrahlen: Die Stärkung und inten- Karlsruhe eine räumliche Heimat geben und damit die Be- sivierte Ansiedlung von Unternehmen der Hochtechnolo- dingung „Space“ aufs Trefflichste erfüllen. Die Ära der Na- giebranche im Umfeld von KIT und CFN werden die öko- nowissenschaften hat gerade erst begonnen und bietet un- nomische Prosperität der gesamten Region Karlsruhe geahnte technologische Möglichkeiten. In der Forschung beeinflussen und damit hochwertige Arbeitsplätze in signi- stehen wir hierbei vor großen Herausforderungen und fikanter Zahl schaffen. Mit dem KIT und dem CFN sind spannenden Fragestellungen, die uns quer durch die wis- hohe Erwartungen verbunden, der Neubau des CFN-Ge- senschaftlichen Disziplinen verbinden. Physik, Biologie und bäudes hilft uns, diese Erwartungen zu erfüllen. Ingenieurwissenschaften werden gleichermaßen von den Erkenntnissen der nanostrukturellen Forschung profitie- ren. Die praktische Umsetzung dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse wird schon in naher Zukunft ein wichtiger Teil unseres Lebens sein: Von der Informationstechnologie bis hin zu Gesundheitsfragen reicht das Potenzial der Na- nowissenschaften. Mit dem Neubau des CFN-Gebäudes haben wir den Grundstein gelegt für eine führende Rolle Karlsruhes als Wissenschaftsstandort im anbrechenden Nano-Zeitalter. Durch den Zusammenschluss der Universi- tät Karlsruhe (TH) mit dem Forschungszentrum Karlsruhe 10
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HEINZ FENRICH Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe Mit dem Neubau des Centrums für Funktionelle Nanostruktu- schulen und Forschungseinrichtungen, auch der Technologie- ren (CFN) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ist transfer in die Wirtschaft ist eine besondere Stärke der ein herausragendes Gebäude für die Universität Karlsruhe und Region. das Land Baden-Württemberg entstanden. Zur offiziellen Übergabe des Neubaus übermittle ich im Namen der Stadt Wer in unserer globalisierten Wissensgesellschaft Schritt halten und ihres Gemeinderates wie auch persönlich herzliche Glück- will, der muss bereit und in der Lage sein, neue Wege zu gehen: wünsche. Mit der Fusion zum Karlsruhe Institute of Technology (KIT) haben Universität und Forschungszentrum Karlsruhe ein- Ein Hochschulranking im Bereich der Natur- und Ingenieur- drucksvoll bewiesen, dass sie nicht nur zu Visionen fähig sind, wissenschaften, in dem Karlsruhe nicht vorn mit dabei ist, ist sondern auch über die gestaltende Kraft und den notwendigen fast unvorstellbar. Das Centrum für Hochschulentwicklung Mut verfügen, sie umzusetzen. Das KIT wird sich dadurch (CHE) bescheinigte der Fridericiana bereits mehrmals, deutsch- nicht nur einen Spitzenplatz in der internationalen Forschungs- landweit zur Spitzengruppe der Forschungsuniversitäten zu und Wissenschaftslandschaft sichern. Zudem wird es seine zählen. Und auch beim Einwerben von Drittmitteln ist die äl- Rolle als unverzichtbare Schnittstelle für Technologietransfer teste technische Hochschule Deutschlands führend. Diese Er- auch für die kleinen und mittelständischen Unternehmen in folge wurden im Jahr 2006 auf ganz besondere Weise gekrönt: der gesamten TechnologieRegion Karlsruhe weiter ausbauen. Denn die Universität Karlsruhe konnte sich in der Exzellenz- Und das stärkt auch den Innovationsstandort Karlsruhe insge- initiative von Bund und Ländern durchsetzen und ist seither samt. eine der Eliteuniversitäten im ganzen Bundesgebiet. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im neuen Centrum für Darüber hinaus verfügt die Fridericiana mit dem DFG-Cent- Funktionelle Nanostrukturen wünsche ich für die Zukunft, rum für Funktionelle Nanostrukturen, dem Center for Disas- dass sie in den neuen Räumen mit Freude und Elan ihre ter Management and Risk Reduction Technology und dem Grundlagenforschung betreiben können und zu wissenschaft- Centrum für Elementar- und Astroteilchenphysik über drei als lich fruchtbaren Erkenntnissen kommen. Exzellenzzentren ausgewiesene Forschungsverbünde. Exzel- lent vernetzt sind in Karlsruhe nicht nur die zahlreichen Hoch- 12
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BAULICHE ENTWICKLUNG DER UNIVERSITÄT KARLSRUHE Ministerialdirigent Thomas Knödler Leiter der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung Das Centrum für Funktionelle Nanostrukturen (CFN) ist Polytechnische Schule eine lange Tradition. Die Bauten auf eine der größten nanowissenschaftlichen Forschungsein- dem Campus sind Zeugnisse dieser Entwicklung und waren richtungen in Europa. Die erfolgreiche Bewerbung der jeweils auch ganz wesentliche Voraussetzung für die erfolg- Universität Karlsruhe (TH) als Eliteuniversität im Rahmen reiche Geschichte. der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder ging ganz wesentlich auf den interdisziplinären Ansatz des CFN 1836 entstand an der Kaiserstraße mit dem Neubau von zurück. Mit dem Neubau sind nun die Rahmenbedingun- Heinrich Hübsch die bauliche Keimzelle der heutigen Uni- gen für herausragende Forschungsleistungen geschaffen. versität. Schon zur damaligen Zeit wurde Wert auf eine zukunftsfähige Gebäudestruktur gelegt. Sie sollte für Ände- Nach gut zwei Jahren Bauzeit wird der Neubau für diese rungswünsche flexibel bleiben und sah gereihte Raummo- wichtige Forschungseinrichtung an den Nutzer übergeben. dule ohne repräsentativen Anspruch für die Lehre vor. Den Für die baulichen Maßnahmen wurden insgesamt rund 7,5 Stellenwert, den die Polytechnische Schule für den Groß- Millionen Euro im Rahmen der „Zukunftsoffensive III – herzog hatte, kann man am Standort des Neubaus an der Junge Generation“ investiert. Damit konnten über 1.500 m² Hauptstraße der Stadt in unmittelbarer Nähe des Schlosses technisch hochinstallierte Nutzfläche geschaffen werden. ablesen. Ein Zeichen setzte Großherzog Leopold auch, in- Darüber hinaus wurden von Bund und Land für die Erst- dem er seine Privatschatulle öffnete, um Teile des Neubaus ausstattung des Gebäudes sowie die komplexen technischen zu finanzieren. Großgeräte etwa 10 Millionen Euro bereitgestellt. So bietet das Gebäude den bis zu 60 Mitarbeitern zukünftig exzellen- Nach Turbulenzen während der badischen Revolution wur- te Voraussetzungen für die hier praktizierte Grundlagenfor- de 1852 nördlich dieser Keimzelle ein chemisches Labora- schung im Bereich der Nanotechnologie. torium errichtet. Es war das Ziel, durch eine Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge die Angst vor Hungersnöten Hochkarätige, interdisziplinäre Forschung und eine Lehre zu verringern und zukünftigen Unruhen vorzubeugen. auf anerkannt hohem Niveau haben an der Universität Karlsruhe (TH) seit ihrer Gründung vor über 175 Jahren als 16
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Schon damals wurde erkannt, dass die Entwicklung eines bis heute bei 18.500 Studenten und gleichzeitig 280 Profes- Landes durch erfolgreiche Forschung geprägt wird. Die soren sowie 1.200 wissenschaftlichen Mitarbeitern kaum bauliche Expansion war die Folge eines weitsichtigen po- geändert. litischen Willens und einer klugen Entscheidung im Sinne der Wissenschaft. Über die Grenzen Badens hinaus be- Nach den immensen Zerstörungen bei Bombardierungen kannte und renommierte Forscher wie Redtenbacher und während des Zweiten Weltkrieges wurde von den Studen- Weltzien legten mit ihren Forderungen nach angemessenen ten in über 900.000 Stunden der Campus von Trümmern und fortschrittlich ausgestatteten Neubauten den Grund- frei geräumt. Bis 1956 konnten die teilweise bis auf die stein für eine qualitätvolle Arbeit in Karlsruhe. Grundmauern zerstörten Gebäude mit einer beachtlichen Aufbauleistung wieder nutzbar gemacht werden. Für mehr als ein Jahrzehnt lag in Karlsruhe der Mittelpunkt der deutschen chemischen Forschung. 1885 erfolgte die Er- In der Folge galt es, den schnell ansteigenden Bedarf an nennung zu einer der ersten technischen Hochschulen Neubauten zu decken. Zeugnis dieser intensiven Bautätig- Deutschlands und somit auch die rechtliche Gleichstellung keit in den frühen 60er Jahren sind bis heute die elektro- mit den traditionsreichen Universitäten Heidelberg und technischen Institute und das Institut für Nachrichtentech- Freiburg. Betrachtet man die heutige Entwicklung und die nik, die Institutsbauten des Engler-Bunte-Bereichs im Gründung des Centrums für Funktionelle Nanostrukturen, Hardtwald, die Hochhäuser für Maschinenbau- und Bauin- zeigen sich durchaus Parallelen. genieurwesen sowie der Bibliotheksturm. Die seit der Gründung kontinuierlich steigenden Studen- Um den 1960 vom Wissenschaftsrat ermittelten zusätzli- tenzahlen wurden, abgesehen von den Kriegsjahren, immer chen Flächenbedarf für Forschung und Lehre von insge- begleitet von baulichen Erweiterungen und einer entspre- samt 35.000 m² schnell zur Verfügung stellen zu können, chenden Aufstockung des Lehrkörpers: Zur Jahrhundert- wurden – wie auch an den anderen Standorten des Lan- wende besuchten rund 1.100 Studenten die Hochschule. Sie des – Systembauten errichtet. Neben kurzer Bauzeit, hoher wurden von 91 Lehrkräften betreut. Diese Relation hat sich Flexibilität und Variabilität in der späteren Nutzung sprach 18
auch die hohe Kosteneffizienz in Planung und Umsetzung Aufgabe der Zukunft wird es sein, neben der Sanierung und für diese Bauart. Das Ergebnis waren zusammenhängende Modernisierung der bestehenden Substanz auf Grundlage und gut strukturierbare Nutzflächen, die auch heute noch in eines Masterplanes die Universität weiterzuentwickeln und ihrer Funktionalität überzeugen. In den späten 60er und in für die kommenden Jahrzehnte zu rüsten. Dabei bergen die den 70er Jahren entstanden so die Chemietürme, das Phy- Zusammenführung mit dem Forschungszentrum und die sikhochhaus, das Kollegiengebäude und die Pavillons für Gründung des KIT große Chancen für die Zukunft. die Geisteswissenschaften am Schloss. Die Gebäude setz- ten neue Akzente und behaupten sich bis heute trotz aller Der Neubau für das Centrum für Funktionelle Nanostruk- Normierung eigenständig im städtebaulichen Kontext des turen nutzte eine der wenigen noch verbliebenen Möglich- Campus. keiten, den bisherigen Campus zu verdichten. Dadurch wurde die Voraussetzung einer inhaltlichen Vernetzung mit Nach Deckung dieses Bedarfs setzte nach einer Phase kur- den umgebenden Instituten im Sinne der interdisziplinären zer Stagnation seit den 80er Jahren wieder eine Zeit ein, in Zusammenarbeit geschaffen. Nach der Förderzusage der der größere Bauvorhaben zur Arrondierung und Erweite- Deutschen Forschungsgemeinschaft im Jahr 2001, das CFN rung des Campus errichtet wurden. als eines der fünf DFG-Forschungszentren in Deutschland einzurichten, konnte zwischen den Gebäuden der Fachrich- Im Zuge dessen wurde die Universität an mehreren Stand- tungen Physik und Chemie ein idealer Standort gefunden orten weiterentwickelt, nachdem auf dem Campus die werden. Möglichkeiten zur Erweiterung auch durch die baupla- nungsrechtlichen Vorgaben an Grenzen stießen. Die Uni- Auch baulich ergeben sich durch die direkte Anbindung des versität West, die Erweiterung in Richtung Osten über den CFN an das Hochhaus für Physik umfangreiche Synergien. Adenauerring hinaus und die ersten Schritte zur Integration Neben Teilen der technischen Infrastruktur können z. B. die vormaliger militärischer Liegenschaften im Bereich Ma- erforderlichen Seminarräume im Hochhaus genutzt wer- ckensen-Kaserne seit dem Jahr 2000 dokumentieren diese den, wodurch im Neubau eine Konzentration auf die Be- Entwicklung. lange der Forschung möglich wurde. 19
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In gewissem Sinne schließt sich mit dem CFN der Kreis zu den Anfängen der Universität. Hier in diesem Gebäude werden Wissenschaftler unterschiedlichster Fakultäten, Physiker, Chemiker, Biologen, Elektroingenieure, Werk- stoffwissenschaftler und Verfahrenstechniker, im Bereich der Nanostrukturen gemeinsam forschen, wie es bereits zur Gründung des Polytechnikums geplant war. Durch die Möglichkeit des intensiven Austausches der verschiedenen Fachrichtungen werden die guten Voraussetzungen für die Forschung nachhaltig bestimmt. Der Neubau des CFN bietet einen optimalen Rahmen für exzellente Forschung, der nun mit wissenschaftlichem Le- ben gefüllt wird. Dass ein Bauvorhaben in solch beste- chender Qualität entstehen konnte, verdanken wir allen an der Planung Beteiligten – Universität, Centrum für Funkti- onelle Nanostrukturen, freiberuflichen Ingenieuren und Mitarbeitern von Vermögen und Bau Baden-Württem- berg –, die in jeder Phase des Projektes vorbildlich zusam- menarbeiteten. Bauen für die Universität sichert auch in Zukunft, dass Karlsruhe seinen Status als international herausragendes Zentrum der Wissenschaft festigt und weiterentwickelt. Die Universität wird weiter einer der Innovationsmotoren für die Region und das Land Baden-Württemberg sein. 21
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1836 - 1880 1880 - 1940 1940 - 1970 1970 - 2009 23
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DAS DFG-FORSCHUNGSZENTRUM FÜR FUNKTIONELLE NANOSTRUKTUREN Professor Dr. Martin Wegener Leiter des CFN Die Nanotechnologie gilt als eine der Schlüsseltechnologien Die Schwerpunkte des CFN umfassen fünf Bereiche. Ziel des 21. Jahrhunderts. Schon heute hat sie Verfahren und der Nanophotonik sind Komponenten, die mit Licht grö- Produkte verändert oder gar erst ermöglicht, und sie besitzt ßere Datenvolumen übertragen und verarbeiten, als es heu- das Potenzial für weitere grundlegende Innovationen. Der te mit Elektronen möglich ist. Hierzu gehören photonische (gute) Ruf eilt ihr aber für viele Einsatzbereiche erst voraus, Kristalle, in denen sich Photonen ähnlich wie Elektronen in denn noch befassen sich Nano-„Technologen“ meist mit Halbleiter-Bauteilen verhalten. Daneben arbeiten Wissen- Nano-„Wissenschaften“ und damit, wie ihre Erkenntnisse schaftler an optischen Schaltkreisen und Netzwerken aus in echte Technologien einfließen können. Das DFG-Cent- nanoskaligen Einheiten. Aus der Zusammenarbeit von Phy- rum für Funktionelle Nanostrukturen (CFN) will an diesen sikern und Biologen entwickelten sich Projekte zur For- entscheidenden ersten Schritten von der Grundlagenwis- schung an neuartigen optischen Pinzetten und Biosenso- senschaft zur Anwendung mitwirken und maßgeblich zur ren. Entwicklung von Nanostrukturen mit konkreten optischen, elektronischen, biologischen und energetischen Funktionen Die Nanoelektronik befasst sich mit dem Elektronentrans- beitragen. port in Bauelementen mit Abmessungen von wenigen Na- nometern. Dazu gehören Quantenpunkte und Quanten- Das CFN, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft drähte in Halbleitern, Metallen, Supraleitern oder Magne- (DFG), dem Land Baden-Württemberg und der Universität ten, aber auch in Kohlenstoff-Nanoröhren oder Graphen. Karlsruhe (TH) finanziert wird, ist eine der größten akade- In diesen Systemen sind Elektronen räumlich stark einge- mischen Einrichtungen auf dem Gebiet der Nanotechnolo- schränkt, und ihre quantenmechanischen Eigenschaften gie in Europa: 37 Gruppen der Universität und 19 Gruppen sowie ihre Wechselwirkung spielen eine wesentliche Rolle. am Forschungszentrum Karlsruhe sowie vier direkt dem Dies eröffnet Möglichkeiten für neuartige Bauelemente CFN zugehörige Nachwuchsgruppen sind daran beteiligt. z. B. für die Spinelektronik oder die Quanteninformations- Mehr als 200 Physiker, Chemiker, Biologen, Elektroingeni- verarbeitung. eure, Materialwissenschaftler und Verfahrenstechniker ar- beiten an circa 90 Teilprojekten. 26
Viele Nanomaterialien zeigen anwendungsspezifische Jüngster Bereich am CFN ist die Nanoenergie. Hier wird an Funktionen nur, wenn sie besonders strukturiert oder „do- neuartigen Nanomaterialien für Hochleistungsbatterien tiert“ werden. Für die großtechnische Produktion sollten oder Brennstoffzellen für die effiziente Energieumwand- die erforderlichen Eigenschaften bereits bei der Synthese in lung und -speicherung geforscht. Außerdem suchen Wis- der Molekularstruktur festliegen. Im Bereich Molekulare senschaftler nach neuen Wegen zur Nutzung von Sonnen- Nanostrukturen werden nasschemische Verfahren entwi- energie durch Solarzellen. ckelt, um solche „Cluster“ genannten Nanostrukturen durch Selbstaggregation herzustellen. Entsprechend funkti- Diese neuen Arbeiten bauen zum Teil auf Ergebnissen aus onalisiert, bilden sie selbstständig Kontakt zu Verbindungs- dem ehemaligen Forschungsfeld „Nanostrukturierte Mate- strukturen wie Elektroden oder kombinieren sich zu kom- rialien“ auf. Kontinuität in der Innovation gilt aber nicht plexen Verbünden, ohne ihre ursprünglichen Eigenschaften nur für einzelne Projekte, sondern auch für das CFN insge- zu verlieren. samt, denn seine Geschichte beginnt schon knapp zehn Jahre vor der Gründung im Sommer 2001. Mit Unterstüt- Die Nanobiologie kombiniert Bereiche der Physik und zung der DFG richtet die Universität 1992 den Sonderfor- Chemie mit der Zell- und Molekularbiologie. Der interdis- schungsbereich „Lokalisierung von Elektronen in makro- ziplinäre Ansatz liefert neue Konzepte, um z. B. Zellen mit skopischen und mikroskopischen Systemen“, fünf Jahre Magnetfeldern zu manipulieren oder zelluläre Transport- später das Graduiertenkolleg „Kollektive Phänomene im vorgänge zu untersuchen. Ziel sind Systeme, die Wirkstoffe Festkörper“ und 1998 den Sonderforschungsbereich „Koh- spezifisch in Zellen transportieren, oder der Biologie ab- lenstoffe aus der Gasphase: Elementarreaktionen, Struktu- geschaute molekulare Motoren, die kleinste Partikel trans- ren, Werkstoffe“ ein – Gebiete, die wichtige Grundlagen portieren können. Die Untersuchung von Zelladhäsion, für die Projekte am CFN lieferten. Im gleichen Jahr gründet Wachstum und Differenzierung in einer künstlichen nano- die Universität das Centrum für Angewandte Nanotechno- strukturierten Umgebung könnte neue Methoden für die logie, und das Forschungszentrum Karlsruhe baut das Ins- Gewebezucht liefern. titut für Nanotechnologie (INT) auf. 27
Das INT bildete quasi die Keimzelle, aus der das CFN ent- stand. Hier wurde bereits die enge Zusammenarbeit zwi- schen dem Forschungszentrum und der Universität ge- pflegt, die das CFN heute prägt: Von Anfang an waren fast alle Gruppenleiter des INT auch Professoren an der Uni- versität, und das in unterschiedlichen Fachbereichen. Diese Interdisziplinarität zeichnet das CFN aus. Besonders deut- lich wird dies bei der Nanobiologie, in die der größte Teil der Mittel fließt, die das CFN nach seiner erfolgreichen Be- werbung im Rahmen der Exzellenzinitiative seit Oktober 2006 zusätzlich erhält. Trotz der engen fächerübergreifenden Kooperationen war das CFN ein virtuelles Konstrukt. Seine Arbeitsgruppen verteilten sich auf insgesamt 20 Institute an Universität und Forschungszentrum. Mit dem neuen Gebäude wird das CFN nun auch „physisch greifbar“. Mehr noch: Es wird den größten Teil des „Nanostructure Service Laboratory“, das seine Expertise allen CFN-Wissenschaftlern zur Verfü- gung stellt, sowie Nachwuchsgruppen aus unterschiedli- chen Disziplinen beherbergen. Damit ist es gleichsam sicht- bares Abbild des CFN und seiner Stärken, die es so erfolgreich machen. 28
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ARCHITEKTUR DES NEUBAUS Christian Kaiser Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Karlsruhe „Mit jedem neuen Bauwerk wird in eine bestimmte gewachsene Situation eingegriffen. Für die Qualität des Eingriffs ist es entscheidend, ob es gelingt, das Neue mit Eigenschaften auszustatten, die in ein sinnstiftendes Spannungsverhältnis mit dem schon Dagewesenen treten. Denn damit das Neue seinen Platz finden kann, muss es uns erst dazu anregen, das Bestehende neu zu sehen. Man wirft einen Stein ins Wasser. Sand wirbelt auf und setzt sich wieder. Der Aufruhr war notwendig. Der Stein hat seinen Platz gefunden. Aber der Teich ist nicht mehr derselbe wie vorher.“ Peter Zumthor Wer denkt bei einem kleinen Institutsgebäude am Rande zum Reinraumplaner zwängen den Architekten in ein enges des Universitätscampus schon an Architektur? Beeinflusst Korsett, das für Kreativität scheinbar wenig Raum lässt. vom schon sprichwörtlichen Bilbao-Effekt ist die Wahr- nehmung von Architektur zunehmend auf Museen, Kon- Erst allmählich zeigt sich beim Entwickeln des Konzepts, zerthäuser oder andere repräsentative Bauten beschränkt. dass an manchen Stellen gerade die funktionalen Zwänge Bei einem Laborgebäude, das von profaner Nützlichkeit be- Architektur entstehen lassen: Ein Zwang erfordert eine un- stimmt ist und in einem engen Kostenrahmen realisiert konventionelle Lösung, die der Ausgangspunkt für eine ge- werden muss, scheinen die entwurflichen Freiheiten viel zu stalterische Idee werden kann. Nach langem Grübeln über gering, architektonische Ambitionen vielleicht sogar fehl einem vermeintlich unüberwindbaren entwurflichen Prob- am Platz. lem platzt dann plötzlich der Knoten und die Lösungen gehen auseinander hervor wie die Stufen einer Treppe, die Das Centrum für Funktionelle Nanostrukturen gleicht mit man nur noch hinaufsteigen muss. einem Technikanteil von etwa 50 % fast einer Maschine. Reinräume, S1-Labore, erschütterungsarme Messräume Bereits für den städtebaulichen Ansatz des Neubaus gab es und Isotopenlabore zwingen zur Einhaltung von zahllosen enge Vorgaben: Ein Anbau östlich an das bestehende Phy- Vorschriften. Funktionale Zwänge, Wünsche der Nutzer sikhochhaus war gefordert. Das erste und zweite Oberge- und Vorgaben der Fachplaner vom Baudynamiker bis hin schoss des Hochhauses waren barrierefrei anzubinden. Das 32
wissenschaftliche Herzstück des Hauses, die erschütte- lierten Räume bieten ideale Bedingungen für die Aufstel- rungsarmen Messräume und die Reinraumlabore, musste lung verschiedener Elektronenmikroskope und anderer unterirdisch untergebracht werden, damit die Räume best- Großgeräte zur Untersuchung und Manipulation nanoskali- möglich vor äußeren Einflüssen geschützt werden konnten. ger Proben. Ein Drittel des ohnehin im Vergleich zum Hochhaus gerin- gen Volumens wurde damit vergraben und seiner körper- Die Obergeschosse mit Büros und weiteren Laboren folgen haften Wirksamkeit beraubt. mit ihrem strengen dreibündigen Grundriss dem baulichen Schema des Hochhauses, an das sie über Brücken angebun- Diese Vorgaben legten es nahe, das neue Haus nicht als au- den sind. Die Labore im Osten können durch Schiebetüren tarkes Gegenüber zum Bestand zu verstehen, sondern dem zu unterschiedlich großen Einheiten zusammengeschlossen Neubau dadurch volumenhafte Kraft zu geben, dass er mit werden. Sie haben neben den Laborzeilen auch jeweils ei- dem übermächtigen Hochhaus zu einer baukörperlichen nen separaten Denk- und Schreibplatz im Bereich der Fas- Einheit verschmolzen wird. Um dieses Zusammenwachsen sade. Im Norden und Süden liegen die Bürospangen, in zu erreichen, wurden beim Anbau die vertikalen und hori- denen die verschiedenen Arbeitsgruppen und die Verwal- zontalen Fluchten des Hochhauses exakt aufgenommen. tung untergebracht sind. Der alle Geschosse verbindende Die wichtige Differenzierung zum Bestand wurde über eine Kern des Gebäudes nimmt dienende Räume sowie ein zen- architektonisch eigene, kräftige Sprache des Neubaus er- trales Nachtlabor auf. Alle Büro- und Labortrennwände zielt. So sitzt der Anbau am Hochhaus wie ein etwas vorlau- sind nicht tragend, so dass das Haus auf Anforderungsän- ter Schild an seiner Schirmmütze. derungen reagieren kann, die sich im Lauf der Jahre erge- ben. Das Untergeschoss ist in drei funktionale Einheiten geglie- dert: erschütterungsarme, aufwändig gegen äußere Einflüs- Das Erdgeschoss des Neubaus und das des Hochhauses se geschützte Labore im Osten, den großen zusammenhän- werden in einem zweiten Bauabschnitt zu einer großen, nur genden Reinraumbereich im Süden und die Technik zur durch eine Glaswand getrennten Raumeinheit zusammen- Versorgung der Labore im Norden. Die extrem hochinstal- geführt. Auf der Altbauseite soll eine Cafeteria mit angren- 33
zenden Arbeitsplätzen für Studenten eingerichtet werden. und Obergeschosse sind zum Zweck der geforderten Er- In Zukunft wird dadurch ein attraktiver zentraler Treff- schütterungsarmut extrem massiv ausgebildet. Die Boden- punkt für Forschende und Studierende der umliegenden platte im Untergeschoss ist über einen Meter mächtig, die naturwissenschaftlichen Fakultäten geschaffen. Der größte Geschossdecken sind immerhin noch 30 bzw. 40 cm stark. Teil des Neubaufoyers wird als Veranstaltungsfläche für das Die oberen Geschosse liegen als eigenständige Box auf den CFN genutzt. Sie kann für Vorträge bestuhlt oder für feier- Stützen im Erdgeschoss, eine strenge Vertikallastabtragung liche Empfänge ausgestattet werden. An den Stützen kön- ist durch die starken Decken nicht zwingend. nen drehbare Ausstellungstafeln wie Fahnen befestigt wer- den, auf denen Forschungsinhalte präsentiert werden Aus dieser Option entstand der architektonische Ansatz: sollen. Neben dem Hochhaus, das mit seinen wenigen mächtigen Stützen im strengen 7,2 m Raster fest mit der Erde verwur- Ein alle Geschosse verbindendes Atrium gewährt die ge- zelt scheint, wird der Anbau auf eine Vielzahl von dünnen wünschte Offenheit und Kommunikationsfreundlichkeit Stützen gestellt, die frei unter dem Kubus der oberen Ge- des Hauses. Der Raum ist durch die zenitale Belichtung schosse platziert werden. Wie ein Fakir auf dem Nagelbrett überraschend hell; einfallendes Licht wird an den weißen schwebt der massive Baukörper auf der Basis des Unterge- Trägern des Oberlichtes gebrochen und weich in den Raum schosses. Der Stützenwald wirkt dabei wie eine Art Filter, reflektiert. Durch seine Proportion und die Belichtung von der durchquert werden muss, bevor man in das Innere des oben wirkt der Raum konzentriert und introvertiert. Der Hauses gelangt. Blick nach oben trifft auf den großen Bruder, das Hoch- haus. Aus dieser Perspektive, gerahmt durch den Ausschnitt Der für die Erschütterungsarmut zuständige Baudynamiker des Oberlichtes, wirkt das Hochhaus mit stark stürzenden bescheinigte der Konstruktion eine besondere Eignung, Linien unnahbar und riesig. weil die Stützen in Feldmitte der Decken eine Halbierung der Eigenresonanz bewirken. Erste Messungen im Rohbau Auch beim Erdgeschoss eröffneten die funktionalen Vorga- ergaben Werte, welche die Werte anderer erschütterungsop- ben ungeahnte gestalterische Freiheiten: Untergeschoss timierter Gebäude deutlich unterbieten. 34
Die Fassade des Gebäudes war in der Planungsphase Grund Stahltafeln bietet die Möglichkeit, eine nahezu detaillose für verschiedene, auch kontroverse Diskussionen mit dem Oberfläche zu konstruieren, die die plastische Ausbildung Nutzer. Der rostige Cortenstahl mit der tiefmatten, samti- des Baukörpers unterstreicht. Vom ersten Tag an wird die gen Oberfläche gehört seit langem in den Materialkanon Stahlhaut vom Regen in allen Farbtönen von Orange bis vieler Architekten und Künstler. Das Aneinanderfügen der Violett aquarelliert und erzählt so von ihrer Verwitterung. 35
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Die sehr stoffliche, fast erdige Ausstrahlung des Materials Haptik und die Schönheit der Oberflächen spielen im archi- reagiert auf die unmittelbare Nachbarschaft des Hardt- tektonischen Gesamtkonzept eine große Rolle. Gleichzeitig waldes und des Schlossparks. Außerdem gelingt mit dem wurde Wert auf robuste, langlebige und damit dauerhafte rostigen Stahl der Brückenschlag von den ockerfarbenen Oberflächen gelegt. Beton, Eichenholz und weißer Putz Klinkergebäuden auf dem Campus zum dunkelroten früh- dominieren das Innere des Gebäudes. Die Böden der Labo- barocken Fasanenschlösschen. Das denkmalpflegerische re und Messräume bestehen aus unverwüstlichem terrazzo- Kleinod, das älter als die Stadt Karlsruhe ist, steht bisher artig geschliffenem Beton, der nicht nur Säuren und Lau- etwas verloren am Rand des Campus mit seiner teils sehr gen, sondern auch dem im Haus viel eingesetzten, sehr großmaßstäblichen, heterogenen Bebauung. aggressiven Flüssigstickstoff (- 200 °C) widersteht. Im Erd- geschoss kommt ein Gussasphaltterrazzo zum Einsatz, der Nicht zuletzt spricht für die Cortenstahlfassade, dass sie, dank hoher innerer Dämpfung das Untergeschoss vor Tritt- sorgfältig geplant, sehr langlebig, wartungsfrei und gut recy- schall schützt. clebar ist. Durch eine spezielle Legierung schützt die Oxyd- schicht an der Oberfläche den Stahl vor weiterer Korrosion. In den Büros bilden Tür, Wandschrank und Deckensegel Während das Hochhaus mit seiner technizistischen 60er- eine zusammenhängende, weich geschwungene Fläche, die Jahre-Fassade etwas mitgenommen aussieht, scheint die mit einem dunkelroten Wollfilz bekleidet wurde. Der ausge- Cortenoberfläche des Neubaus geradezu auf Alterung und sprochen preisgünstige, stark schallabsorbierende Filz er- Veränderung zu warten. Die unter Umständen höhere In- zeugt zusammen mit dem Eichenparkett eine konzentrierte, vestition in nachhaltige Baustoffe und Konstruktionswei- warme Atmosphäre. sen erweist sich auch hier auf lange Sicht als kostengünsti- ger und ökologisch sinnvoller. Die Decken bleiben weitgehend unverkleidet, so wird eine nachträgliche Installation erleichtert. Außerdem stehen gro- Die Anzahl der im Gebäude verwendeten Materialien wur- ße Speichermassen zur Verfügung, die eine hohe thermi- de möglichst weit reduziert. Die Anmutung der Materialien, sche Trägheit des Gebäudes gewährleisten. Die massive ihre atmosphärisch wirksame Stofflichkeit, die angenehme Bauweise ermöglicht eine effiziente Nachtauskühlung: Die 37
für die Labore ohnehin 24 Stunden laufende Abluftanlage Entwerfer bei kostenbewusster Planung Spielraum, um an zieht nachts kühle Außenluft ins Gebäude. Die Öffnung entscheidenden Stellen gezielt zu investieren. der Fenster zum Nachströmen der Luft wird vollautoma- tisch geregelt. Der unverkleidete Beton speichert die Kühle Das Bauen von Gebäuden für den Alltag beschränkt sich und gibt sie tagsüber langsam an die Raumluft ab. Dadurch nicht nur auf Funktionserfüllung, sondern bietet die Chan- ist auch im Sommer ein gutes Klima ohne zusätzliche Küh- ce, anregende, wohlgestimmte, mit allen Sinnen spürbare lung sichergestellt. Räume zu schaffen. Auch wenn der Nutzer nicht über Ar- chitektur nachdenkt, soll er die Räume „erleben“ und so Außen liegender Sonnenschutz mit Tageslichtumlenkung Architektur atmosphärisch erfassen. an die Zimmerdecken, hochwärmegedämmte Außenwände und Dächer, sinnvoller Einsatz von Gebäudeleittechnik, Vielleicht ist es eine der reizvollsten Aufgaben des Archi- Anschluss an das Fernwärme- bzw. -kältenetz und Wärme- tekten, gerade profane Zweckbauten mit besonderer Auf- rückgewinnung aus der Abluft ermöglichen eine deutliche merksamkeit zu planen und ihnen architektonische Qualität Unterschreitung der gesetzlich vorgeschriebenen Energie- zu geben. Sicher ist es eine der zentralen Aufgaben des verbrauchswerte. staatlichen Hochbaus, dieses Verständnis von Baukultur in gebaute Wirklichkeit umzusetzen. Der Neubau zeigt, dass sich nüchterne Vorgaben für ein zweckbetontes Gebäude und architektonischer Anspruch gut miteinander vertragen. Auch ein enges Budget lässt dem „Das Spannende ist, dass Architekten am selben Problem immer wieder von vorn anfangen. Wie führt man die Wände, damit das Tageslicht in den Raum hineinkommt, wie hoch ist etwas, wie tief? Das sind Dinge, die von der Innovation nicht beeinflusst werden ...“ Arno Lederer 38
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GRUNDRISS EBENE -1 UND 0 1 Schleuse Reinraum 2 Labor Biotechnologie 3 Reaktives Ionenätzen / Bedampfer 4 Belackung 5 Optische Lithografie 6 Elektronenstrahlschreiber 7 Fokussiertes Ionenstrahlgerät 8 Transmissionselektronen- mikroskopie 9 Rasterkraftmikroskopie 10 Supraleitungslabor 11 Tieftemperaturraster- tunnelmikroskopie 12 Biotechnologische Laboratorien (S1) 13 Nachtlabor / Isotopenlabor 14 Physikalische Messräume 0 5 10 20 m 42
GRUNDRISS EBENE 1 UND 2 43
LÄNGSSCHNITT 44
QUERSCHNITT 45
ANSICHT SÜD 46
ANSICHT OST 47
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PROJEKTDATEN 50
Chronologie Entscheidung Ministerrat August 2004 Baugenehmigung September 2005 Genehmigung Bauunterlage Oktober 2005 Baubeginn April 2006 Richtfest Juli 2007 Fertigstellung September 2008 Flächendaten Hauptnutzfläche 1.510 m² Nutzfläche 1.567 m² Bruttogeschossfläche 2.616 m² Bruttorauminhalt 12.325 m³ Kosten Gesamtbaukosten 7.494.000 € Erstausstattung 500.000 € Forschungsgeräte 9.500.000 € 51
PLANUNGSBETEILIGTE Bauherr Planung und Projektleitung Bauüberwachung, SiGeKo Bodenmechanisches Land Baden-Württemberg, Vermögen und Bau Baden- Burkhard Meyer Architekt Gutachten vertreten durch Württemberg, Amt Karlsruhe Kaiserallee 44 Dr.-Ing. Orth GmbH Vermögen und Bau Baden- Engesserstraße 1 76185 Karlsruhe Tiroler Straße 7 Württemberg, Amt Karlsruhe 76131 Karlsruhe 76227 Karlsruhe Tragwerksplanung Nutzer Entwurf und Projektleitung Ingenieurbüro SLP Vermessung Universität Karlsruhe (TH) Christian Kaiser Weinbrennerstraße 18 Vermessungsbüro Weiß DFG-Forschungszentrum 76135 Karlsruhe Stadtgrabenstraße 25 CFN Mitarbeiter Hochbau 76646 Bruchsal Dr. Christian Röthig Wolfgang Wawroschek Prüfstatik (Baubeauftragter) Stefan Uhl Dr.-Ing. Dietmar H. Maier Bauphysik Hübschstraße 21 Ingenieurbüro Mitarbeiter Technik 76135 Karlsruhe Dr. Schäcke + Bayer GmbH Michael Kühn Hartweg 21 (Lüftung, Heizung) Technik HLS und 71334 Waiblingen-Hegnach Alfred Klippstein Laborplanung (Elektrotechnik) Ingenieurbüro Meier Baudynamische Beratung Michael Strauß Eschbachstraße 6 ISD Ingenieurbüro (Sanitärtechnik) 79199 Kirchzarten Dr. Heiland Bergstraße 156a Mitarbeiter Außenanlagen Elektrotechnik 44791 Bochum Thomas Kurz Bechtold Kurt Tottermann Ingenieurgesellschaft mbH Ehrmannstraße 6 76135 Karlsruhe 52
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BETEILIGTE FIRMEN Rohbau Zementestrich Gipsdielenwände Fliesenarbeiten Schwarz Betonbau GmbH Horwath GmbH Kriwak GmbH Burger Beton- & Hildastraße 6 Fußbodenbau Trockenbau Natursteinwerk GmbH 77933 Lahr Main-Neckar-Bahn-Straße 45 Domenecker Straße 59 Robert-Bunsen-Straße 11 68535 Edingen-Neckarhausen 74219 Möckmühl 79211 Denzlingen Dachdeckungsarbeiten Spohn GmbH Gussasphaltestrich Gipser Parkettarbeiten Vorholzstraße 55 Strabag AG Schmidt Baugeschäft Parkett & Schreiner 88471 Laupheim Bereich Sonderbau Kirchgasse 5 Vjekoslav Marinovic Am Ostkai 35 99610 Vogelsberg Heilbronner Straße 146B Metallbau Fassade 70327 Stuttgart 74321 Bietigheim-Bissingen Trumpf Metallbau GmbH Malerarbeiten Grombacher Straße 75 Trockenbau Hohlboden Arno Schorn Gerüstbau 75045 Walzbachtal Lindner AG Auf Schlädt 24 Gerüstbau Justa Bahnhofstraße 29 66701 Beckingen-Oppen Eichäckerweg 4 Schlosser- und Metall- 94424 Arnstorf 75334 Straubenhardt bauarbeiten Stahlzargentüren Alfred Argast Trockenbau Wände SEG TORTEC GmbH Baustelleneinrichtung Stahl- und Metallbau Manfred Lück GmbH IV. Industriestraße 12 Gloser GmbH Südbeckenstraße 1–3 Ungeheuerhof 9 68766 Hockenheim Gerüstbau 76189 Karlsruhe 71522 Backnang Reetzstraße 79 Schreinerarbeiten 76327 Pfinztal Friedmar Pfefferle Untermatten 10a 79282 Ballrechten-Dottingen 55
BETEILIGTE FIRMEN Außenanlagen Dämmungsarbeiten an Brandmeldeanlage Graf & Urnauer technischen Anlagen Bosch Garten- und Landschaftsbau LBD Norberger GmbH Sicherheitssysteme GmbH Blochmatt 3 Gewerbestraße 3 Ingersheimer Straße 16 76534 Baden-Baden 77694 Kehl 70499 Stuttgart Baureinigung Lüftung und Reinraumbau Bauschild SK-Gebäudereinigung Pleitz GmbH Hans Füg Sudetenstraße 7 Golzener Straße 4 Im Schlehert 16a 72654 Neckartenzlingen 06636 Laucha a. d. Unstrut 76187 Karlsruhe Starkstrom/Schwachstrom Labormöbel Elektro Borger Wesemann GmbH & Co. KG Schongauerstraße 25 Niederlassung Süd 04328 Leipzig Schulze-Delitzsch-Weg 28 89079 Ulm-Wiblingen Heizung Manfred Graf GmbH Medientechnik Heizungsbau multi-media-systeme Lotzbeckstraße 7 Brettener Straße 47 76185 Karlsruhe 75045 Walzbachtal Sanitär Blitzschutzanlagen Güther GmbH Blitzschutz Peter GmbH Schafhauser Weg 13 Neue-Anlage-Straße 5 91555 Feuchtwangen 76135 Karlsruhe 56
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IMPRESSUM Herausgeber Finanzministerium Baden-Württemberg Redaktion Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Karlsruhe Gestaltung raumkontakt GmbH, Karlsruhe Fotografien Roland Halbe, Stuttgart S. 18, 27 r, 28 r, 33 r, 37, 38, 41, 49, 51 Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Karlsruhe Luftaufnahme Luftbild-Karlsruhe, Waldbronn Druck Druckhaus Frank GmbH, Wemding Papier Scheufelen heaven 42 Copyright © Januar 2009 Finanzministerium Baden-Württemberg 59
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BILDLEGENDE Umschlag| Oberlicht Atrium, Ausschnitt 37| Links: Oberlicht Atrium 3| Labortür, Ausschnitt Rechts: Flur, Detail 7| Ansicht von Südost 38| Büro, möbliert 9| Ansicht von Nordost 39| Verbindung zwischen den Büros 11| Ostfassade 40| Ostfassade bei Dämmerung 13| Atrium, Blick nach oben 41| Foyer, bestuhlt 15| Luftaufnahme von Südost 45| Atrium bei Dämmerung 17| Fassade zum Gerthsenhörsaal 47| Cortenfassade, Detail 18| Links: Abluftkamine 48| Treppe im Atrium Rechts: Poller als Anfahrschutz 49| Treppe, Detail 20| Nordfassade, Ausschnitt 51| Messingknauf Eingangstür 21| Erdgeschoss, Ausstellungsbereich 53| Fuge zwischen Alt- und Neubau 24| Oberlicht Atrium 54| Atrium 25| Erdgeschoss, Foyer 57| Eingangsbereich Ost 27| Links: Büro, Innenraum 58| Ansicht Ost Rechts: Laborzeile mit Schreibplatz 60| Ansicht Ost bei Dämmerung 28| Links: Reinraum 62| Eingangsbereich Ost bei Dämmerung Rechts: Nachtlabor 29| Reinraumschleuse 30| Ansicht Ost 31| Ansicht Nord 33| Links: Labor mit Ausblick nach Osten Rechts: Flur vor den Laboren 35| Verbindung zwischen den Laborräumen im OG 36| Atrium 1. und 2. Obergeschoss 61
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