Charlie Chaplin "The Gold Rush" - Dresdner Philharmonie

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Charlie Chaplin "The Gold Rush" - Dresdner Philharmonie
FILM UND LIVEMUSIK

Charlie Chaplin
»The Gold Rush«
FR 27. / SO 29. SEP 2019 | KULTURPALAST
Charlie Chaplin "The Gold Rush" - Dresdner Philharmonie
© Cover Photo (Angel sitting on moon): © Wendt & Kühn | Cover Photo (Background): © Floriana (iStock / Getty Images)

KINDERCHOR MIT NEUER CD
Nach seinem großen Erfolg mit Weihnachtsliedern präsentiert der Philharmonische
Kinderchor Dresden auf seinem neuen Album bekannte, aber auch weniger bekannte
und entdeckenswerte Abend- und Wiegenlieder. ›Abendlieder‹ erzählt Geschichten
vom Mond, der auf die Reise geht, von der Sehnsucht nach der vergangenen Kindheit
bis hin zur Freude auf den neuen Morgen. Erhältlich ab 11. Oktober 2019.

dresdnerphilharmonie.de
PROGRAMM

           »The Gold Rush«
           (Goldrausch)
           USA 1925

           REGIE
           Charlie Chaplin (1889 – 1977)

           MUSIK
           Charlie Chaplin (1942),
           eingerichtet von Thimothy Brock (2006)

           Helmut Imig | Dirigent
           Dresdner Philharmonie

           Filmphilharmonic Edition
           Film mit Genehmigung der Roy Export S.A.S.
           Musik mit Genehmigung der Bourne Music Publishers

           In Kooperation mit der Europäischen FilmPhilharmonie
NINA GOSLAR

    Charlie Chaplins
    »The Gold Rush«

                                SYNOPSIS
                                Ohne lange Umschweife führt der Film
                                in die Geschichte ein: Während sich ein
                                endloser Treck von Goldsuchern über
                                den verschneiten Chilkoot-Pass quält, ist
                                auch ein einsamer Goldsucher in Alaska
                                unterwegs. Im Schneesturm rettet er
                                sich in eine Hütte und trifft dort auf zwei
                                Männer: den finsteren Schwerverbrecher
                                Black Larson und den gutmütigen Big Jim,
                                der kurz zuvor Gold auf seinem Claim ge-
                                funden hat. Es ist bitterkalt und der letzte
                                Knochen ist abgenagt. Die drei Männer
                                losen, wer hinaus muss in den Sturm, um
                                Lebensmittel zu besorgen, Black Larson
                                geht los und kommt nicht mehr zurück.
                                So ersetzt an Thanksgiving ein gekochter
                                Stiefel den Festtagsbraten, der Hunger
                                lässt nicht nach. Schon bald halluziniert
    Poster zu »The Gold Rush«
                                Big Jim, dass sein Mitbewohner ein riesi-
                                ges Huhn geworden ist und will sich des
                                unheimlichen Tiers bemächtigen. Nach
                                Tagen legt sich der Sturm und die beiden
                                gehen wieder ihre eigenen Wege.

2
Für den Goldsucher
läuft es nun endlich
etwas besser. Im
Saloon der Goldgräber-
stadt lernt er die Tän-
zerin Georgia kennen
und am Tag darauf
kommt er in der Hütte     Goldsucher-Treck auf den Golden Stairs am Chilkoot-Pass im Winter 1897–98.
                          Ein solches Bild inspirierte die Eingangsszene von »The Gold Rush«
eines schon etablierten
Goldgräbers unter.
Nun kann er Georgia und ihre Freundinnen                liche Nähe eines Abgrunds geweht
zum Silvester-Dinner einladen. Leider                   wurde. Die beiden brauchen am nächs-
versetzen ihn die jungen Frauen. Er aber                ten Morgen einige Zeit, bis sie die fatale
träumt von einer berauschenden Party,                   Lage erkannt und sich mit akrobatischen
auf der er seine Gäste mit dem ›Brötchen-               Tricks aus der Hütte gerettet haben. Sie
Tanz‹ unterhält, mit dem Charles Chaplin                finden Jims Goldfeld und sind nun end-
Filmgeschichte geschrieben hat. Weniger                 lich reich. Kurz darauf reisen sie als gut
gut geht es dem dicken Jim. Den hat der                 gekleidete Herren auf einem Dampfer ab.
brutale Black Larson niedergeschlagen,                  Zufällig ist auch Georgia auf dem Schiff.
seitdem irrt er orientierungslos durch die              Nun kann der gar nicht mehr so einsame
Schneefelder und kann sich nicht mehr                   Goldsucher sie zu sich aufs Oberdeck
daran erinnern, wo sein Goldfeld ist. Sein              einladen. Dort wartet schon die Presse,
ehemaliger Mitbewohner soll ihn wieder                  um eine Reportage seiner Erfolgsge-
zurück zur Hütte führen, von dort aus, so               schichte zu machen, zu der nun endlich
hofft er, würde er den Ort wiederfinden.                auch Glück in der Liebe gehört.
Und in der Tat – sie gelangen wieder zur
Hütte, betrinken sich vor Freude und
merken in ihrem Rausch nicht, dass die
Hütte von einem Blizzard in die gefähr-

                                                                                                       3
Sackleinen. Für das künstliche Eis und
                                                den Schnee benötigte man 200 Tonnen
                                                Gips, 285 Tonnen Salz und 100 Fässer
    ZUR FILMPRODUKTION                          Mehl. Für die Sturmszenen mussten zu-
    Die Dreharbeiten fanden nach ersten         sätzlich vier Wagenladungen voll Konfetti
    Probeaufnahmen zwischen März 1924           eingesetzt werden.« (David Robinson:
    und April 1925 statt. Viele Szenen ent-     Chaplin. Sein Leben, seine Kunst. Zürich
    standen im Studio, winterliche Außen-       1993, S. 404). Viele legendäre Szenen
    szenen wurden im April 1924 in der Sierra   von »The Gold Rush« verdanken sich der
    Nevada unweit des Lake Tahoo gedreht.       Phantasie der erfahrenen Filmarchitekten,
    Die große Eröffnungsszene mit dem           die aus Salz und Mehl Schneefelder
    Track der Goldsucher entstand am Mt.        bauten. Sie legten diese auch um den
    Lincoln in 3000 Metern Höhe. Ein 700        Rundhorizont mit dem schmalen Weg,
    Meter langer schmaler Weg wurde in den      auf dem ein Braunbär dem Tramp zu
    Schnee gefräst, um möglichst authen-        Beginn der Geschichte folgt.
    tisch das Bild von den Golden Stairs am     Die schwankende Goldgräberhütte wurde
    Chilkoot-Pass nachzustellen. Dieses Bild    auf einer schwenkbaren Wippe gebaut.
    war einst um die Welt gegangen, als Ende    »Hierfür musste mit Miniaturmodellen
    des 19. Jahrhunderts hunderttausend         gearbeitet werden. In den frühen zwan-
    Goldsucher nach Alaska an den Klondike      ziger Jahren gab es in Hollywood noch
    River bei Dawson kamen. Im Mai und Juni     keine Special-Effects-Firmen, alles hing
    begutachtete Chaplin die bis dahin ent-     von der Geschicklichkeit der Kamera-
    standenen Filmaufnahmen und legte den       männer, Filmarchitekten, Kulissenbauer
    weiteren Drehplan fest.
    In diesen Monaten waren bis zu 500 Ku-
    lissenbauer damit beschäftigt, unter der
    kalifornischen Sonne die Schneegebirge
    von Alaska nachzubauen. Laut Presse-
    berichten wurden 73000 Meter Holz ver-
    baut, »das mit 6943 Meter Maschendraht
    bedeckt wurde, und über 6000 Meter

                                                Charlie und Big Jim in der schwankenden Hütte

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einsame Goldsucher
                                                                                      seine Silvesterparty
                                                                                      feiern möchte. Eine
                                                                                      aufregende Neu-Entde-
                                                                                      ckung aber war Georgia
                                                                                      Hale, die völlig natürlich
                                                                                      und unprätentiös spielt.
                                                                                      Sie stammt ursprüng-
                                                                                      lich aus einer Arbeiter-
                                                                                      familie aus St. Joseph/
                                                                                      Missouri und hatte als
                                                                                      16-jährige den Miss
Georgia Hale und Charlie Chaplin in der Schlussszene von »The Gold Rush«
                                                                                      Chicago-Wettbewerb
                                                                                      gewonnen. Mit dem
und Requisiteure ab. Die Miniaturarbeit                             Preisgeld war sie nach Hollywood ge-
in »The Gold Rush« ist beispielhaft. Die                            kommen und arbeitete als Statistin in
Schnitte von der Hütte in Naturgröße                                einem Film, bei dem Josef von Sternberg
zum Modell sind kaum wahrnehmbar.                                   Regie-Assistent war, kurz bevor er mit
Wenn der Zuschauer manchmal glaubt,                                 »Salvation Hunters« seinen ersten eigenen
das Modell erkannt zu haben, wird ihm                               Film zu drehen begann. Er engagierte sie
plötzlich sein Irrtum bewusst.« (Robinson,                          für die Hauptrolle seines Debutfilms, der
ebd. S. 405)                                                        zu seiner Zeit kein großer Kino-Erfolg
                                                                    war und der heute wie ein Vorläufer der
WAHRHEIT IM SPIEL                                                   Nouvelle Vague wirkt. Aber der Film gefiel
Es ist genau diese Mischung aus Tricks,                             Chaplin, und nachdem er ihn zusammen
zu denen auch die legendäre Verwand-                                mit Mary Pickford und Douglas Fairbanks
lung Chaplins in ein Huhn gehört, und                               gesehen hatte, war sich die Firmenspitze
der darstellerischen Leistung des Schau-                            der United Artists einig: Georgia Hale war
spiel-Teams, die den Film zu einem der                              die Idealbesetzung für eine junge Tänze-
interessantesten Chaplin Filme macht.                               rin, die sich in einer schäbigen Dance Hall
Mit im Team waren alte Chaplin-Wegge-                               ihren Lebensunterhalt verdienen muss
fährten wie Mack Swain in der Rolle                                 und die im Grund genauso einsam ist wie
von Big Jim McKay oder Henry Bergman                                der Tramp.
als Hank Curtis, in dessen Hütte der

                                                                                                                   5
Für die junge Georgia ging ein Traum in
    Erfüllung, sie liebte Chaplins Filme und
    kannte das Milieu der underdogs aus
    eigener Erfahrung nur zu gut. Sie erinnert
    sich an die intensiven Dreharbeiten für
    »The Gold Rush«: »Eine Sache war, dass       CHAPLIN UND DIE MUSIK
    alles in seinen Filmen echt war. Zum Bei-    Einer der Höhepunkte des Films ist der
    spiel die Szene, in der ich dem Burschen     Brötchen-Tanz, den Chaplin mit zwei
    (Malcolm Waite) eine Ohrfeige gebe.          Gabeln veranstaltet. Er wartet vergeblich
    Diese Ohrfeige war wirklich echt. Charlie    auf die zum Silvester-Dinner eingelade-
    ließ uns die Szene so lange spielen und      nen Mädchen und träumt sich aus der
    ihn so lange an mir rummachen, dass ich      unglücklichen Situation fort. Als Perfektio-
    wirklich sauer auf ihn wurde. Ich habe       nist war ihm an dieser Szene besonders
    ihm dann wirklich eine Ohrfeige gege-        gelegen, und er engagierte dafür Musiker,
    ben – und zwar eine saftige. Und genau       die die Dreharbeiten live begleiteten.
    das wollte Charlie natürlich haben.«         Wie David Robinson schreibt, »war es das
    (Robinson, a.a.O. S. 412)                    Hollywood String Quartett zu 50$ pro Tag;
                                                 es wurde dann durch Abe Lyman und ein
                                                 Trio von Musikern ersetzt, die den Job für
                                                 37,50 $ plus Überstunden machten…. Alle
                                                 11 Takes, die Chaplin von der Sequenz
                                                 machte, waren ganz genau gleich lang,
                                                 und als er den Film später mit einer Ton-
                                                 spur versah, passte die Nummer vollkom-
                                                 men synchron auf ›The Oceana Roll‹.«
                                                 (S. 414) Mit dem Abe Lyman Orchestra
                                                 produzierte er später auch eine Platte mit
                                                 den Themen der Filmmusik.
                                                 Chaplin, der seine erste Bühnenerfahrung
    Der Brötchen-Tanz
                                                 im Vaudeville und in Music Halls ge-
                                                 wonnen hatte, war ein ausgesprochen
                                                 musikalischer Künstler und hatte sich
                                                 schon in der Stummfilmzeit Gedanken

6
um eine adäquate Begleitung seiner
Filme gemacht. Dem Tonfilm stand er
bekanntlich lange Zeit äußerst reserviert
gegenüber, aber er musste zugeben, dass      elegante Musiken – gewissermaßen als
er beim Tonfilm endlich auch Kontrolle       Kontrapunkt zur zentralen Figur des
über die Musik bekam. Insgesamt über-        Tramp – zu komponieren. Denn gerade
arbeitete Chaplin alle seine nach 1918       leichte Musik gibt Komödien eine
entstandenen Stummfilme noch einmal          emotionale Tiefe. Darüber kann man
und verfügte, dass diese nur noch mit den    mit Arrangeuren kaum reden, sie wollen
von ihm vorgesehenen Musiken live auf-       meist eine Musik, die lustig ist, aber an
geführt werden dürfen. »The Gold Rush«       solch einer Konkurrenz habe ich kein
war der erste Titel der überarbeiteten       Interesse.« Chaplin hatte eine große Vor-
Stummfilme. Den nahm sich Chaplin zu         liebe für romantische Walzer, die dann mit
Beginn der 1940er Jahre vor, zusammen        viel Rubato gespielt wurden, kraftvolle
mit dem Arrangeur Max Terr, der auch         Tangos und promenadenhafte Musiken
die Filmmusik-Aufnahmen für die Ton-         im 2/4-Takt. Sie sollten auf keinen Fall
fassung (mit eingesprochenem Kommen-         ›über-orchestriert‹ sein, denn Filmmusik
tar) dirigierte.                             müsse sich hörbar von Konzertmusik
Bei den Filmmusiken von Chaplin stehen       unterscheiden. Filmmusik ist nach seiner
Melodie und Akkordverlauf im Vorder-         Definition ›die Stimme der Kamera‹.
grund. Das mag damit zu tun haben, dass
er als Komponist Autodidakt und vor          MUSIK FÜR THE GOLD RUSH
allem an starken musikalischen Themen        Die Musik für »The Gold Rush« entstand,
interessiert war, die die Handlung tragen.   wie schon erwähnt, für die spätere Ton-
Chaplin schrieb nie eine intellektuelle      fassung des Films und ist mit ihren Wal-
oder musikalisch komplexe Musik, im          zern, melancholischen Streicherpassagen
Gegenteil. Wie er selbst sagt, war ihm       und farbigen, punktgenauen Bläserein-
wichtig, »… romantische und leichte,         sätzen unverkennbar eine von Charles
                                             Chaplin. Zum Teil sind die Motive neu
                                             komponiert, zum Teil greift Chaplin
                                             auf bestehende Stücke des klassischen

                                                                                          7
Charlie und Big Jim (Mack Swain)

8
Musikrepertoires (u. a. Rimski-Korsakows       Die Szene begleitet ein Sturm schneller
»Hummelflug«, einen Tschaikowski-Wal-          Streicherläufe und kumulierender Bläser-
zer und »O du mein holder Abendstern«          einsätze, die die windschiefe Hütte auch
aus Wagners »Tannhäuser«) und der              akustisch attackieren. In der Hütte ist der
Populärmusik zurück, darunter »Bonnie          finstere Verbrecher Black Larson auf der
Banks of Loch Lomond« oder »For He’s           Lauer; die musikalische Atmosphäre des
A Jolly Good Fellow«. Raffiniert setzt er      Innenraums ist gedämpfter, verheißt mit
zwölf Takte einer Klavierminiatur von          den harten Triolen der dunklen Bläser
Johannes Brahms ein, die Romanze in            und der Celli nichts Gutes. Ein Parade-
F-Dur aus den Klavierstücken op. 118,          stück genialer Musikillustration und
um damit musikalisch von ambivalenten          akrobatischer Körperbeherrschung ist die
Gefühlszuständen zu erzählen, wenn             anschließende Szene, in der sich Chaplin
sein Protagonist das erste Mal Georgia in      wie auf einem Laufband gegen den Wind
der Dance Hall sieht. Sie strahlt ihn an,      zu behaupten versucht, der durch die
er lächelt zurück, aber ihr Lächeln gilt       beiden Türen hereinbricht. Ihre Wirkung
dem Mann hinter ihm. Schlagartig nimmt         verdankt diese musikalische Detailarbeit
die Musik einen tragischen Unterton an,        der effektvollen Instrumentierung von
getreu der Maxime von Charles Chaplin,         Gerard Carbonara und Max Terr, dem
dass Lachen und Weinen sehr nah bei            Dirigenten bei der Herstellung der Ton-
einander liegen.                               fassung. Chaplin verfügte, dass nur noch
Chaplin hat eine sehr agile Musik für          diese Musik live zur Stummfilmfassung
»The Gold Rush« komponiert, die mit            aufgeführt werden darf, d. h. so, wie sie
blitzartigen Wechseln arbeitet und in bester   von dem 41-köpfigen Studio-Orchester
Vaudeville-Tradition mit Bewegung              anhand von eigens hergestelltem Noten-
spielt, seien es Bewegungen im Bild oder       material eingespielt wurde.
eben das, was in den Figuren vorgeht.
Als kleines Beispiel die Sequenz, in der
sich der einsame Goldsucher zu Beginn
der Geschichte in die Hütte flüchtet:

                                                                                             9
Wie in der Filmmusikproduktion üblich,
                                                  wurden vor Ort Varianten erprobt und
     DIE MUSIKRESTAURIERUNG                       Änderungen vorgenommen, die den
     Dass diese Musik heutzutage authentisch      Charakter der Musik teilweise stark be-
     aufgeführt wird, verdankt sich einer         einflussten. Timothy Brock fand in den
     sorgfältigen Überarbeitung. Diese leistete   Noten aufschlussreiche Bleistift-Notizen,
     der amerikanische Dirigent und Komponist     so z. B. in einer Violin-Stimme den Ver-
     Timothy Brock im Jahr 2006.                  weis »Take Accordeon«. Der Violinspieler
     Im Auftrag von Roy Export, der Firma,        klebte sich dafür den Klavierpart auf
     die den filmischen Nachlass von Chaplin      die Rückseite seiner Noten und spielte
     verwaltet und die in den letzten Jahren      danach die Szene im Tanzsaal auf dem
     jeden unter Copyright stehenden Chaplin-     Akkordeon, was dem Ganzen schlagartig
     Film aufwendig restaurieren ließ, nahm       einen rustikaleren Charakter und eine
     sich Timothy Brock das gesamte Musik-        typische, chaplineske Note verlieh. In
     material vor. Er verglich die im Chaplin-    einer anderen Percussion-Stimme gibt
     Estate in Montreux verwahrte Original-       es den Eintrag ›SP‹. Wie er anhand der
     partitur und weitere Manuskripte mit der     historischen Tonaufnahme herausfand,
     historischen Tonspur und den Orchester-      kommen an dieser Stelle Löffel (Spoons)
     stimmen, in welche die Studio-Musiker        zum Einsatz, um den Tanz der alten
     zahlreiche Eintragungen gemacht haben.       Goldgräber an Silvester zu begleiten.
     Dabei entdeckte er grundlegende Ände-        All diese Änderungen sind nun in dem
     rungen in der Instrumentierung gegen-        neuen Notensatz berücksichtigt. Somit ist
     über der Partitur, die für die Einspielung   eine der besten Stummfilmkomödien von
     der Musik im November 1941 gedruckt          Charles Chaplin in einer authentischen
     worden war.                                  Fassung wieder erlebbar. Man versteht,
                                                  warum Chaplin zu den großen Legenden
                                                  der Filmgeschichte gehört. Als einer der
                                                  ganz wenigen war er nicht nur Autor,
                                                  Regisseur und Hauptdarsteller, sondern
                                                  auch Komponist.

10
CHARLES CHAPLIN
* 16. April 1889, Walworth, London,
  Vereinigtes Königreich
† 25. Dezember 1977, Corsier-sur-Vevey,
  Schweiz

»The Gold Rush«
(Der Goldrausch)

ENTSTEHUNG DES FILMS
8. Februar 1924 bis Mai 1925
Tonfilmfassung 1942 veröffentlicht
PREMIERE DES FILMS                              MUSIKALISCHE ARRANGEMENTS
26. Juni 1925                                   Max Terr, Gerard Carbonara 1942
ENTSTEHUNG DER MUSIK                            Timothy Brock 2006
Originalmusik von Charles Chaplin:              PRODUKTION
1942 unter Mitarbeit von Max Terr,              Charles Chaplin Productions
Rekonstruktion und Bearbeitung von
Timothy Brock (* 1963): 2006                    DARSTELLER
                                                Charlie Chaplin: Der einsame Goldgräber
ZULETZT VON DER DRESDNER                        Georgia Hale: Georgine
PHILHARMONIE GESPIELT                           Mack Swain: Big Jim McKay
23. Januar 2011 unter Leitung von Helmut Imig   Tom Murray: Black Larsen
REGIE, BUCH, SCHNITT, MUSIK                     Malcolm Waite: Jack Cameron
Charles Chaplin                                 Henry Bergman: Hank Curtis

KAMERA                                          ORCHESTERBESETZUNG
Jack Wilson, Roland Totheroh                    2 Flöten (2. auch Piccolo), 2 Oboen,
                                                2 Klarinetten, Bassklarinette, Fagott,
BAUTEN                                          2 Hörner, 2 Trompeten, 2 Posaunen, Tuba,
Charles D. Hall                                 Pauken, Schlagwerk (Becken, hängendes
                                                Becken, Glockenspiel, Röhrenglockenspiel,
                                                Löwengebrüll, Xylophon, Kleine Trommel,
                                                Große Trommel, Tempelblocks, Holzblock,
                                                Vibraphon), Harfe, Celesta, Klavier, Streicher
                                                SPIELDAUER
                                                ca. 96 Minuten

                                                                                                 11
DIRIGENT

     HELMUT
     IMIG
                Helmut Imig wurde 1941 in Bonn
                geboren. Er absolvierte sein künst-
                lerisches Studium an der Kölner
                Musikhochschule, wo er u.a.
                Schüler der Professoren Wolfgang
                von der Nahmer (Dirigieren) und
                Hans-Otto Schmidt (Klavier) war.
                Gleichzeitig studierte er Musik-
                wissenschaft an der Bonner
                Universität. 1964 ermöglichte ein
                Stipendium ihm den Wechsel nach
                Paris, wo er sein Studium bei dem
                Dirigenten Pierre Dervaux und der
                Pianistin Annie d'Arco mit dem
                ersten Preis der École Normale de
                Musique abschloss. In der Folgezeit
                war er u.a. Korrepetitor in Kaisers-
                lautern und Saarbrücken, erster
                Kapellmeister in Bremen und Os-
                nabrück sowie am Staatstheater am
                Gärtnerplatz, München sowie bei
                Theater und Philharmonie Essen.

12
Als Gast dirigierte er die Bamberger
Symphoniker, das Orchester der
Beethovenhalle Bonn, die Philhar-
monia Hungarica und viele andere       Rotterdam Philharmonic Orchestra,
städtische Orchester. Seit 1985 ist    das Radio- Philharmonic Orkest,
Helmut Imig freiberuflich tätig:       Brüssel, das Tonkünstlerorchester
Er leitete Radio- und Fernsehauf-      Wien, das Bruckner-Orchester Linz
nahmen in München, Köln, Lugano        sowie das SWR-Orchester Stuttgart
und Hamburg. Im Ausland gab er         und das Royal Philharmonic
Konzerte mit dem Limburgischen         Concert Orchestra. Er leitete das
Sinfonieorchester Maastricht, dem      Ensemble ECOUTE mit Spitzen-
Orchestre National de Lille, der       musikern des Ruhrgebiets. In
Filharmonica Teatro Regio Torino,      neuerer Zeit ist er oft als Gast bei
dem Sinfonieorchester von Curitiba     der Dresdner Philharmonie, dem
in Brasilien, dem Haydn-Orchester      Staatsorchester Braunschweig und
von Bozen in Italien, dem Orches-      der Neuen Philharmonie West-
tra della Svizzera Italiana. In den    falen. Arbeitsschwerpunkte neben
letzten Jahren dirigierte er die       der Konzerttätigkeit sind Experi-
London Sinfonietta, das Sinfonie-      mentelle Musik, Moderations-
orchester des NDR, das Sinfonie-       konzerte, Stummfilmkonzerte
orchester von Sombathely, Ungarn,      mit Originalmusiken und eigenen
das Ensemble Die Reihe, Wien, das      Kompilationen. Besonders ver-
                                       bunden fühlt sich Helmut Imig den
                                       Rundfunkorchestern von München
                                       und Saarbrücken, dem Staats-
                                       orchester Braunschweig, dem
                                       Pilsen Philharmonic sowie dem
                                       Filmorchester Babelsberg und der
                                       Dresdner Philharmonie.

                                                                              13
ORCHESTER

     DRESDNER
     PHILHARMONIE
                                                       Fokus, den er in seinen Program-
                                                       men auf die Musik Anton Bruck-
                                                       ners legte, trug dem Orchester den
                 Die Dresdner Philharmonie blickt      Ruf eines »Bruckner-Orchesters«
                 als Orchester der Landeshaupt-        ein. Zu den namhaften Gastdiri-
                 stadt Dresden auf eine 150-jährige    genten, die damals zur Dresdner
                 Geschichte zurück. Mit der Eröff-     Philharmonie kamen, zählten
                 nung des sogenannten Gewerbe-         Hermann Abendroth, Eduard
                 haussaals am 29. November 1870        van Beinum, Fritz Busch, Eugen
                 erhielt die Bürgerschaft Gelegen-     Jochum, Joseph Keilberth, Erich
                 heit zur Organisation großer          Kleiber, Hans Knappertsbusch
                 Orchesterkonzerte. Ab 1885 wurden     und Franz Konwitschny.
                 regelmäßig Philharmonische            Nach 1945 bis in die 1990er Jahre
                 Konzerte veranstaltet, bis sich das   waren Heinz Bongartz, Horst
                 Orchester 1923 seinen heutigen        Förster, Kurt Masur (seit 1994
                 Namen gab. In den ersten Jahr-        auch Ehrendirigent), Günther
                 zehnten standen Komponisten           Herbig, Herbert Kegel, Jörg-Peter
                 wie Brahms, Tschaikowski, Dvořák      Weigle und Michel Plasson als
                 und Strauss mit eigenen Werken        Chefdirigenten tätig. In jüngster
                 am Pult der Dresdner Philharmo-       Zeit prägten Dirigenten wie Marek
                 nie. Im Orchester spielten heraus-    Janowski, Rafael Frühbeck de
                 ragende Konzertmeister wie Stefan     Burgos und Michael Sanderling das
                 Frenkel, Simon Goldberg oder die      Orchester. Mit Beginn der Saison
                 Cellisten Stefan Auber und Enrico     2019/2020 ist Marek Janowski
                 Mainardi. Carl Schuricht und Paul     noch einmal als Chefdirigent und
                 van Kempen leiteten ab 1934 das       künstlerischer Leiter zur Dredsner
                 Orchester; besonders van Kempen       Philharmonie zurückgekehrt.
                 führte die Dresdner Philharmonie
                 zu Spitzenleistungen. Der starke

14
Ihre Heimstätte ist der im April      Angebot für junge Menschen; mit
2017 eröffnete hochmoderne            Probenbesuchen und Schulkon-
Konzertsaal im Kulturpalast im        zerten werden bereits die jüngsten
Herzen der Altstadt.                  Konzertbesucher an die Welt der
Im romantischen Repertoire hat        klassischen Musik herangeführt.
sich das Orchester einen ganz ei-     Den musikalischen Spitzennach-
genen »Dresdner Klang« bewahrt.       wuchs fördert das Orchester in der
Darüber hinaus zeichnet es sich       Kurt Masur Akademie.
durch klangliche und stilistische     Von ihrem breiten Spektrum zeugt
Flexibilität sowohl für die Musik     auch die seit 1937 gewachsene
des Barock und der Wiener Klassik     Diskographie der Philharmonie.
als auch für moderne Werke aus.       Ein neuer Höhepunkt wurde mit
Bis heute spielen Uraufführungen      dem CD-Zyklus unter der Leitung
eine wichtige Rolle in den Program-   von Michael Sanderling erreicht,
men des Orchesters. Gastspiele in     der sich sämtlichen Sinfonien
den bedeutenden Konzertsälen          von Dmitri Schostakowitsch und
weltweit zeugen vom hohen An-         Ludwig van Beethoven widmet
sehen, das die Dresdner Philhar-      (Sony Classical).
monie in der Klassikwelt genießt.
Hochkarätig besetzte Bildungs-
und Familienformate ergänzen das

                                                                           15
ORCHESTERBESETZUNG

     DIE DRESDNER PHILHARMONIE
     IM HEUTIGEN KONZERT

     1. VIOLINEN
     Eva Dollfuß
                                                     KONTRABÄSSE
     Anna Zeller
     Christoph Lindemann KV                          Tobias Glöckler KV
     Marcus Gottwald KV                              Matthias Bohrig KV
                              BRATSCHEN
     Ute Kelemen KV                                  Philipp Dose
     Johannes Groth KV        Hanno Felthaus KV
     Juliane Kettschau KM     Steffen Neumann KV
     Deborah Jungnickel       Joanna Szumiel KM      FLÖTEN
     Tatjana Reuter**         Tilman Baubkus
                                                     Lea Villeneuve**
     Sofija Radic***          Susanne Goerlich
                                                     Magdalena Bäz
                              Floris Faber**

     2. VIOLINEN
                                                     OBOEN
                              VIOLONCELLI
     Andreas Weber*
                                                     Johannes Pfeiffer KV
     Denise Nittel            Victor Meister KV
                                                     Isabel Kern
     Viola Marzin KV          Olena Guliei
     Andreas Hoene KV         Bruno Borralhinho
     Jörn Hettfleisch         Dorothea Plans Casal
                                                     KLARINETTEN
     Susanne Herberg KM
     Dorit Essaadi                                   Inken Grabinski**
     Hyebin Jin***                                   Dittmar Trebeljahr KV
                                                     Klaus Jopp KV

16
POSAUNEN
                                   Matthias Franz KM
                                   Dietmar Pester KV

                                   TUBA
FAGOTT
                                   Prof. Jörg Wachsmuth KV
Robert-Christian Schuster KV

                                   PAUKE | SCHLAGWERK
HÖRNER
                                   Oliver Mills KM
Michael Schneider KV
                                   Alexej Bröse
Carsten Gießmann KM

                                   HARFE
TROMPETEN
                                   Nora Koch KV
Christian Höcherl KV
Nikolaus von Tippelskirch
                                   KLAVIER/CELESTA
                                   Alberto Carnevale Ricci*

KM → Kammermusiker | KV → Kammervirtuos | * → Gast | ** → Akademie | *** →Substitut

                                                                                      17
UNSERE NÄCHSTEN VERANSTALTUNGEN (AUSWAHL)

                SA 28. SEP 2019 | 19.30 Uhr
                50 JAHRE
                PHILHARMONISCHES KAMMERORCHESTER
                Bach: Brandenburgisches Konzert Nr. 3 G-Dur
                Händel: Concerto grosso h-Moll
                Hakim: Orgelkonzert Nr. 3
                Yinon: ›Present‹ (Uraufführung)
                Tschaikowski: Streicherserenade C-Dur
                Wolfgang Hentrich | Leitung
                Iveta Apkalna | Orgel
                Philharmonisches Kammerorchester Dresden

                DO 3. OKT 2019 | 18.00 Uhr
                SO 6. OKT 2019 | 11.00 Uhr
                BILDER EINER AUSSTELLUNG
                Kilar: ›Orawa‹ für Streichorchester
                Dvořák: Violoncellokonzert h-Moll
                Mussorgski: ›Bilder einer Ausstellung‹
                (Orchesterfassung von Maurice Ravel)
                Krzysztof Urbański | Dirigent
                Truls Mørk | Violoncello
                Dresdner Philharmonie

                SA 5. OKT 2019 | 20.00 Uhr
                Die Jubiläumsgala
                50 JAHRE KULTURPALAST
                Auszüge u. a. aus
                Mussorgski: ›Bilder einer Ausstellung‹
                Williams: Filmmusik zu ›Star Wars‹
                Krzysztof Urbański | Dirigent
                Iveta Apkalna | Orgel
                Jan Vogler | Violoncello
                Olga Peretyatko | Sopran                      Das ausführliche Konzert- und
                Philharmonische Chöre                         Abonnementangebot der
                Dresdner Kreuzchor                            Saison 2019/2020 finden Sie
                Philharmonisches Kammerorchester              in unseren Saisonbüchern
                                                              (erhältlich beim Ticketservice
                Dresdner Philharmonie                         im Kulturpalast) sowie online
                und zahlreiche Gäste                          unter dresdnerphilharmonie.de.

18
Zagreb Philharmonic
     Orchestra
    Dirigent: Kristjan Järvi
       Klavier: SoRyang

                                       09.
                                       Oktober
                                       DRESDEN
                             Kulturpalast, 19.30 Uhr

           Tickets: www.dresdnerphilharmonie.eventim-inhouse.de
IMPRESSUM

HERAUSGEBER                 TEXT                                        MUSIKBIBLIOTHEK
Intendanz                   Nina Goslar                                 Die Musikabteilung der
der Dresdner Philharmonie                                               Zentralbibliothek (2. OG) hält
                            Der Text ist ein Originalbeitrag
Schloßstraße 2                                                          zu den aktuellen Programmen
                            für dieses Heft; Abdruck nur mit
01067 Dresden                                                           der Philharmonie für Sie in
                            ausdrücklicher Genehmigung der
Tel. +49 351 4866-282                                                   einem speziellen Regal
                            Autorin.
                                                                        Partituren, Bücher und CDs
dresdnerphilharmonie.de
                                                                        bereit.
                            Nina Goslar (*1957) hat Kunstgeschichte
                            in München und Hamburg studiert. Seit
                            1990 arbeitet sie beim ZDF und ist in der
CHEFDIRIGENT UND
                            ARTE Filmredaktion des ZDF für histo-       Preis: 2,50 €
KÜNSTLERISCHER LEITER
                            rische Filmreihen verantwortlich. Sie
Marek Janowski              betreut Neukompositionen für Stumm-         Änderungen vorbehalten.
                            film und Filmmusikrekonstruktionen.
                            Lehraufträge an der Uni Frankfurt und
                                                                        Wir weisen ausdrücklich
                            Veröffentlichung diverser Aufsätze zur
INTENDANTIN                                                             darauf hin, dass Bild- und
                            Film- und Filmmusikgeschichte.
                                                                        Tonaufnahmen jeglicher Art
Frauke Roth (V.i.S.d.P.)
                                                                        während des Konzertes durch
                                                                        Besucher grundsätzlich
                                                                        untersagt sind.
                            REDAKTION
                            Jens Schubbe

                            BILDNACHWEISE
                            Wikimedia Commons: S. 2, 3, 5
                            Roy Export S.A.S.: S. 4, 6, 8, 11
                            Wolfgang Kleber: S. 12
                            Markenfotografie: S. 15
DRESDNER ORGELZYKLUS IM KULTURPALAST

Drei Metropolen –
drei Meister
MI 23. OKT 2019 | 20.00 Uhr
KULTURPALAST

MENDELSSOHN BARTHOLDY
Sonata f-Moll
Andante mit Variationen D-Dur
MERKEL Sonate Nr. 2 g-Moll
H. REIMANN Ciacona f-Moll

HOLGER GEHRING | Orgel
                                                                        © Markenfotografi e

Tickets 10 €                           ticket@dresdnerphilharmonie.de
                                       dresdnerphilharmonie.de
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Schloßstraße 2 | 01067 Dresden
T +49 351 4 866 866
MO – FR 10 – 19 Uhr
SA 09 – 14 Uhr                   dresdnerphilharmonie.de
ticket@dresdnerphilharmonie.de   kulturpalast-dresden.de
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