"Christoph 1, kommen!" - Brandwacht

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"Christoph 1, kommen!" - Brandwacht
REPORTAGE

      »Christoph 1,
      kommen!«

      Eine Hospitanz auf dem
      Rettungshubschrauber der gemeinnützigen ADAC Luftrettung
      Von Andreas Milde*

                          D
                                  ie Spannung steigt. Die        Unsicherheit. Der erste Weg führt       Platz. Außerdem bekomme ich noch
                                  Leitstelle ruft: »Der Hub-     uns in die Kleiderkammer. Ich darf      einen weißen Helm mit eingebauten
                                  schrauber kommt!« Auch         mir einen rot-schwarzen Flieger-        Kopfhörern, über die ich den ganzen
                          bei mir steigt der Puls, obwohl ich    kombi aussuchen und eine passende       Funkverkehr und die Gespräche der
     1 Technical          seit über 20 Jahren selbst als Pilot   Jacke. Fertig ausgerüstet werde ich     Besatzungsmitglieder untereinander
     Crewmember           arbeite, aber eben nur auf Flugzeu-    den übrigen Besatzungsmitgliedern       mitverfolgen kann.
     Helicopter Hoist     gen. Höchste Zeit also, sich bei den   vorgestellt. Wir sind gleich beim       Beim »Outside-Check« steht die
     Operator / Win-      fliegenden Kollegen zu informieren.    »Du« und jeweils mit einem soliden      Sicherheit außerhalb des Helis im
     denoperator
     2 Technical             Das Team vom »Christoph 1« in       Händedruck lerne ich den TC HHO1        Vordergrund:
     Crewmember           München-Harlaching hat mir dafür       Winfried »Winni« Fiala, den TC          ►►Sich dem Heli immer gebückt
     Helicopter Emer-     einen Termin angeboten. Einen Tag      HEMS2 Klaus Schmid von der BF              von vorne nähern. Der Hauptrotor
     gency Medical        darf ich deren Arbeitstag und die      München und den Notarzt Dr. Leon-
     Service / Notfall-
                                                                                                            kann aus 3,30 Metern Höhe auch
     sanitäter            Abläufe von der Alarmierung bis        hard »Leo« Gliera kennen.                  nach unten schwingen.
                          zur Rückkehr an die RTH-Station           Von Roland bekomme ich eine          ►►Blickkontakt zum Piloten halten.
                          miterleben.                            Einweisung in den Heli. Mein Platz
Die Crew von »Chris-
                                                                 heute ist ganz hinten links, etwa auf   ►►Vorsicht vor dem Heckrotor. Der
toph 1« während           06:45 Uhr Dienstbeginn                                                            dreht schnell und ist im Betrieb
der Hospitanz (v.l.:                                             Kopfhöhe der Patiententrage. »Evtl.
                          An einem kalten Februarmorgen          wird der Notarzt mit Dir tauschen,         fast unsichtbar.
TC HHO Winfried
Fiala, Pilot Roland       melde ich mich pünktlich bei der       wenn wir einen Patienten transpor-      »Also, im Prinzip ist der Bereich
Benning, NA Dr.           RTH-Station. Roland Benning, Sta-      tieren«, schränkt Roland ein. Von       hinter der Heckklappe bei laufendem
Leonhard Gliera , TC
                          tionsleiter in Harlaching, ist heute   meinem Platz habe ich einen guten       Rotor tabu«, werde ich von Roland
HEMS Klaus Schmid)
Der Autor ist KBM         mein Pilot. Mit einem freundlichen     Blick nach draußen und nach vor-        daran erinnert, keinen unbedachten
im Landkreis Erding.      Lächeln begrüßt er mich im Stations-   ne. Außerdem werde ich noch über        Schritt zu tun.
Aufnahmen: Autor          büro und nimmt mir damit die erste     das Notfenster und die Handhabung
                                                                                                         07:00 Uhr Einsatzbereit
                                                                          des Anschnallgurtes aufge-
                                                                          klärt. Auf die eingeschränk-   Kurz nach sieben sind wir bei der
                                                                          te Kopffreiheit muss mich      ILS München einsatzbereit gemel-
                                                                          Roland im Prinzip nicht        det. Der Hubschrauber und seine
                                                                          extra hinweisen. Der erste     Besatzung steht standardmäßig von
                                                                          Eindruck, die Kabine ist       07:00 Uhr bis Sonnenuntergang für
                                                                          geräumig aber niedrig. Sie     Einsätze bereit. Zwei Einschränkun-
                                                                          bietet immerhin für fünf       gen: Eine max. Dienstzeit von 151/2
                                                                          Besatzungsmitglieder und       Stunden und darin enthalten max. 10
                                                                          einen liegenden Patienten      Stunden Flugdienst. Eine Verlänge-

      60                                                                                                        brandwacht 2/2020
"Christoph 1, kommen!" - Brandwacht
rung des Flugdienstes um höchstens      Wir sind Ready for Takeoff                                                       Bild o.: Blick ins
                                                                                                                         Cockpit
zwei Stunden ist möglich. Danach        Roland hebt den Hubschrauber von                                                 Bild u.: Kaum zu
muss der Heli notfalls bei der ILS      seiner Plattform und schwebt zum                                                 erkennen, aber
abgemeldet werden. Wir haben heute      Helipad hinüber. Von diesem, of-                                                 gefährlich: Eine
                                                                                                                         Plastikplane
bestes Flugwetter – Sicht von den       fiziell ausgewiesenen Landeplatz,
                                                                                                                         auf dem Lande-
Alpen bis zur Donau und mittelhohe      beginnt Roland mit dem eigentlichen                                              platz (im roten
Bewölkung bei wenig Wind.               Start, lässt den Hubschrauber über                                               Kreis)
                                        die umliegenden Bäume steigen,
07:15 Uhr Frühstück
                                        nimmt die Nase leicht nach unten
Bei einer Butterbreze, Tee und Kaf-     und steuert den Heli in Richtung
fee lernen wir uns kennen. Was mir      Zielkrankenhaus. Flughöhe 3.500
auffällt, alle im Team strahlen eine    Fuß, Geschwindigkeit 120 Knoten,
große Ruhe aus. Ich fühle mich          ruhige Luft, wir kommen gut voran.
sofort wohl und ihre unaufgereg-        Im Reiseflug, bei eingeschaltetem
te Gelassenheit wird mich den Tag       Autopilot erklären mir Roland und
hindurch begleiten. Fast möchte man     Winni bereitwillig die technischen
sagen: »Ja, do bin i dahoam«.           Möglichkeiten des Hubschraubers,
   Nach dem Frühstück komme ich         insbesondere die Features ihres Na-
mit Leo, dem Notarzt, ins Gespräch.     vis mit den vielen verschiedenen
Er erzählt mir von den Anforderun-      Karten und der Option, einen Zielort
gen an die Notärzte des RTH. Die        direkt auf das GPS des Hubschrau-
rund 16 Spezialisten kommen alle        bers zu übertragen.
aus dem Ärzteteam des Kranken-             Nach der Landung verlassen uns
hauses Harlaching, haben in ihrem       Leo und Klaus, um den Patienten zu
Fachgebiet den Facharzt und benö-       übernehmen, der später gemeinsam
tigen darüber hinaus die Notarztqua-    verladen wird. Wie morgens ange-
lifikation. Neben einer mehrjährigen    deutet, nimmt Leo den hinteren Platz
Erfahrung als bodengestützter Not-      neben dem Patienten ein und ich
arzt müssen die Ärzte auf dem He-       rutsche nach vorne. Nach wenigen        antwortlicher Pilot die nachzutan-
likopter dann an regelmäßigen Fort-     Minuten sind wir wieder in der Luft     kende Menge. Winni betankt den
bildungen teilnehmen, damit sie bei     mit Kurs Richtung Klinikum rechts       Hubschrauber sofort wieder mit
den ca. zwei bis drei Notarztdiensten   der Isar. Wenige Flugminuten später     der gewünschten Menge Kerosin.
pro Monat auch für seltenere Ein-       beginnt der Anflug auf den Lande-       »Christoph 1« ist wieder einsatzklar.
satzszenarios gut vorbereitet sind.     platz mitten in der Stadt. »Decision
                                                                                Mittagszeit
Deshalb müssen auch alle anderen        Height« schreit der Bordcomputer,
Crewmember an regelmäßigen Fort-        »Landing« antwortet Roland und          Wir haben noch zwei weitere Einsät-
bildungen teilnehmen.                   erklärt mir, dass wir jetzt auf jeden   ze, von denen wir abbestellt werden.
                                        Fall landen werden, komme was           Danach ist es Mittag und auch Ro-
08:28 Uhr, der erste Einsatz
                                        wolle. Die erfolgreiche Landung er-     land Gebhardt, der ltd. TC HEMS,
NA-Verlegung eines Aneurysma            kennen wir nur daran, dass plötzlich    ist auf der RTH-Station eingetroffen.
aus einem Kreiskrankenhaus im           die Rotordrehzahl abnimmt, so dass      Wir gehen gemeinsam mit Leo und
Münchner Umland! Das »Teambuil-         selbst Klaus ganz überrascht fragt:     Klaus in die Kantine des Kranken-
ding« vom Frühstück macht sich          »Können wir schon aussteigen? Sind      hauses, die keine 100 Meter vom
bezahlt, meine Aufregung hält sich      wir schon unten?«                       Helikopter entfernt ist. Auf dem Weg
in Grenzen. Ich ziehe mir meine            Roland fliegt nach mehreren Tau-     in die Kantine komme ich mit TC
Feuerwehrstiefel an, in der Wache       send Flugstunden und einem Viel-        HEMS-Roland ins Gespräch und
trägt man ansonsten Hausschuhe.         fachen an Landungen schon intuitiv      erfahre, dass fast jedes der Crew-
»Steig‘ schon mal ein« nimmt mir        entsprechend dem Hosenbodenge-          mitglieder eine Zusatzqualifikation
Roland die letzte Unsicherheit vor      fühl und dem, was das Auge sieht.       hat. Er selbst hat einen Pilotenschein
dem Heli. Ich sitze kaum, da höre ich      Nach der Patientenübergabe er-       für Propellerflugzeuge, Winni hat
auch schon die Turbinen hochlaufen.     folgt der Katzensprung zurück an        ein AZF, ein Allgemeines Sprech-
   In 60 bis 70 Sekunden sind die       die heimatliche Basis und knapp         funkzeugnis. Das berechtigt ihn
Triebwerke hochgelaufen. Notarzt        anderthalb Stunden nach der Alar-       sogar dazu, in einem großen Ver-
und TC HEMS steigen ein und als         mierung, sowie netto 36 Minuten         kehrsflugzeug den Sprechfunk mit
letzter kommt der TC HHO an Bord,       Gesamtflugzeit sind wir wieder in       den Fluglotsen zu übernehmen. Auf
der während des Startvorganges das      Harlaching.                             dem Rettungshubschrauber kann er
Umfeld der EC145 T2 kontrolliert           Unmittelbar nach dem Abstellen       damit den Piloten unterstützen. Die
hat. Die Türen sind geschlossen,        der Triebwerke überprüfen Winni         Notfallsanitäter der Berufsfeuerwehr
Winni arbeitet mit Roland die Take-     und Roland den verbliebenen Kraft-      sind oft auch Taucher oder Höhen-
off-Checklist ab.                       stoff und Roland bestimmt als ver-      retter.

brandwacht 2/202061
"Christoph 1, kommen!" - Brandwacht
Winni schaltet die Luftfahrtkarte          geht auf«, kündigt Winni an, dass er
                                               auf das Display. »Wir sind knapp           den Landeplatz bei geöffneter Türe
                                               außerhalb«, gibt Winni Entwarnung.         überprüfen wird. Nun kommt auch
                                               Trotzdem schaltet Roland die Tower-        für mich die Landefläche in Sicht
                                               frequenz des Münchner Flughafens           und ich erkenne die Plastikfolie im
                                               auf das Funkgerät, für den Fall, dass      Abwind des Hubschraubers flattern.
                                               sich die Situation doch kurzfristig        Sie scheint mit Steinen beschwert
                                               ändert. »Vueling three four five Bra-      zu sein, aber trotzdem hält Roland
                                               vo, Wind 260, 5 knots, cleared for         großen Abstand von der potentiellen
                                               Takeoff Two-Six-Left«, höre ich die        Gefahr. Auf den letzten Zentimetern
                                               Towerlotsin im Hintergrund. Noch           gibt Winni nochmal Hinweise auf
                                               eine Minute bis zur Landung. Über          den Untergrund. »Die Kufe ist am
                                               den Kopfhörer laufen jetzt drei Ka-        Boden, sie sinkt leicht ein, aber steht
      13:07 Uhr, Primäreinsatz RD4             näle auf einmal. Der Flugfunk, der         stabil« unterstützt er Roland beim
      Zimmerbrand, Person in Gefahr            Digitalfunk und die Gespräche der          Landemanöver. Die Triebwerke lau-
      Das Mittagessen konnten wir in al-       Crew untereinander. Wir sind über          fen herunter. »Ihr könnt jetzt aus-
      ler Ruhe einnehmen, aber die Tasse       dem Einsatzziel, da kommt von der          steigen«, gibt Roland grünes Licht
      Kaffee muss warten. Die Piepser          Leitstelle Entwarnung: »›Chris-            für Notarzt und Notfallsanitäter den
      gehen. Ok, jetzt habe ich schon          toph 1‹ Sie sind abbestellt! Aber es       Hubschrauber verlassen zu dürfen.
      etwas Routine. Die Stiefel sind          kommt gleich ein Folgeeinsatz für          Wir sind unten! Mitten in einem
      gleich angezogen. Beim Blick auf         Sie im gleichen Ort!«                      Wohngebiet! Ich bin beeindruckt!
      den Alarmmonitor steigt der Puls            Roland nimmt etwas Fahrt aus
      dann aber doch. Einsatzstichwort         dem Heli und sucht sich ein freies         Kaffee, Kuchen und Winde
      RD4! Das ist ernst. Kurz nach Ro-        Gelände über dem er in Wartepositi-        Die Zeit vergeht heute wie im Flug.
      land Benning bin ich am Hubschrau-       on gehen kann. Auf dem Weg dorthin         Bei Kaffee und Kuchen zeigt mir
      ber. Roland ist schnell. Wenn der        übermittelt die Leitstelle die neuen       Roland Gebhardt ein Video von ei-
      Piepser geht, bleibt alles liegen und    Einsatzdaten »Eine Atemnot in einer        ner Wasserrettung aus der Isar mit
      er geht unverzüglich die wenigen         Behinderteneinrichtung, Str., Haus-        Hilfe der Winde. Die Winde ist eine
      Schritte zu unserer EC145 T2 mit         nr.« Winni gibt die Daten in sein          Besonderheit des »Christoph 1«. Nur
      dem Kennzeichen D-HYAQ. Ich              EuroNav-System ein. »Die Hausnr.           seine Schwestermaschinen in Strau-
      schnalle mich an, der Helm ist be-       habe ich nicht« muss er leicht irri-       bing und Murnau verfügen noch
      reits eingestöpselt, die erste Turbine   tiert feststellen. Klaus verifiziert bei   über eine identische Konfiguration,
      läuft, die zweite ist auch schon am      der Leitstelle nochmal die Hausnr.         die den Luftrettern erlaubt, die me-
      Hochfahren. Diesmal sind Leo und         Roland beginnt eine Schleife zu            dizinische Crew ohne Zwischen-
      Klaus gefühlt etwas eher da. Die         fliegen während Winni den neuen            landung abzusetzen. Überall wo
      Türen sind zu, Takeoff Checks! »Ab-      Zielort findet. Klaus will von hinten      eine Landung nicht möglich ist und
      flugsektor frei«, meldet Winni den       helfen, jetzt ist viel Kommunika-          insbesondere bei der Wasserrettung
      Bereich links vom Hubschrauber           tion auf dem Intercom, dem bord-           ist das oft ein lebensentscheidender
      klar, den Roland von seinem Pilo-        eigenen System für die Gespräche           Zeitvorteil.
      tensitz aus nur mit Mühe einsehen        untereinander. »Jetzt mal bitte kurz
                                                                                          Es gibt keinen Grund sich dem
      kann. Keine fünf Sekunden später         Funkstille«, kommt es von Roland
                                                                                          Hubschrauber zu nähern, so
      sind wir in der Luft.                    freundlich aber bestimmt über die
                                                                                          lange sich der Rotor dreht!
         Mit der Sonne im Rücken geht es       Kopfhörer. Die Arbeitsbelastung ist
      unserem Einsatzziel entgegen. Es         hoch. Wir befinden uns unmittelbar         Um 17:15 Uhr komme ich endlich
      befindet sich mitten in einer größe-     vor dem Zielort, Roland muss sich          dazu mich mit Roland Benning über
      ren Ansiedlung. Der Autopilot hält       konzentrieren, legt sich ein Konzept       das Thema zu unterhalten, weswegen
      Kurs, Höhe und Geschwindigkeit.          für den Anflug und die Landung             ich eigentlich heute hier bin: »Wie
      Winni und Roland besprechen die          zurecht. »Wir landen jetzt da bei          können wir als Feuerwehr helfen?«
      Optionen einer Landung. Noch fünf        der Baustelle!« entscheidet er, »da        Die gleiche Frage stelle ich Roland,
      Minuten bis zur Landung. Hinten          bin ich schon mal gestanden«. Der          »oder machst Du am Einsatzort das
      spüre ich, wie die Arbeitsbelastung      Plan steht, Winni ist sofort mit dabei.    alles selbst?«, schiebe ich hinter-
      der Crew vorne steigt. Eine Lan-         »Das könnte jetzt evtl. etwas staubig      her. »Ja, ich mache das alles selbst«
      dung in der dichten Besiedelung ist      werden«, warnt er Roland vor den           kommt die spontane Antwort. »Das
      schwierig. Noch drei Minuten bis         losen Bestandteilen der planierten         wichtigste: Haltet Abstand zum
      zur Landung. Die Leitstelle bestätigt    Kiesfläche. Außerdem erkennt er            Hubschrauber! Ich brauche einen
      nochmal »Brand Wohnung, zwei             eine weitere Gefahr, »Da vorne, das        möglichst hindernisfreien Anflug
      Personen bestätigt eingeschlossen!«      sieht aus wie eine Plastikfolie oder       und einen freien Sektor für den Fall,
      Wir sehen den Zielort bereits. Ro-       so ähnlich. Schau ich gleich mal«          dass ich Durchstarten muss.« gibt
      land fragt: »Müssen wir da in die        Gleichmäßig und ruhig führt Ro-            er mir zu verstehen. Er erzählt von
      Kontrollzone des Flughafens rein?«.      land den Sinkflug durch. »Die Türe         einem Anflug bei dem sich die Feu-

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"Christoph 1, kommen!" - Brandwacht
erwehr mit rund 20 Mann im Kreis        habe ich zum ersten Mal die Luft an-
um den Landeplatz aufgestellt hat.      gehalten, aber dann fährt auch noch
»Wenn da der Hubschrauber in ge-        das Feuerwehrauto, das Notarzt und
ringer Höhe aus irgendeinem Grund       Notfallsanitäter aufnehmen wollte,
ausbricht, habe ich keine Chance        von vorne an die Maschine heran,
mehr auf die Menschen um mich           obwohl der Rotor noch drehte.« Es
herum zu achten. Da hab‘ ich alle       ist nichts passiert, aber man merkt
Hände voll zu tun, die Maschine         ihm an, dass er sich nicht gerne an
abzufangen.«                            die Situation erinnert.
  Zu den grundsätzlichen Verhal-           Anhand von Luftaufnahmen aus           Verkehr gesperrt war, kann ich als       Dem Autor hat
tensregeln rund um den Hubschrau-       dem Internet diskutieren wir ver-         Pilot u.U. für eine Straßenverkehrs-     es sichtlich
                                                                                                                           Spaß gemacht
ber gibt es von der ADAC Luftret-       schiedene Landemöglichkeiten und          gefährdung belangt werden.«
tung ein lehrreiches Video mit dem      ich bekomme eine Idee, wie er sich           Letzter Punkt betrifft die Absi-
Namen »Was tun, wenn der Hub-           einen Landeplatz aussucht. Kurz ge-       cherung des Starts. »Ich weiß, der
schrauber kommt«www.youtube.            sagt, lieber etwas abseits auf einem      Hubschrauber übt eine große An-
com/watch?v=jeBqny9XzQI                 Feldweg landen, als die An- und           ziehungskraft aus, aber mir wäre
  Was der Abwind des Rotors an-         Abfahrt anderer Rettungsfahrzeu-          mehr geholfen, wenn Ihr Euch vom
stellen kann, musste die Mannschaft     ge zu blockieren. Außerdem darauf         Hubschrauber wegdreht und darauf
um »Christoph 1« selbst schon leid-     achten, dass mit dem Abwind kein          achtet, dass nicht noch in letzter Se-
voll erfahren. Hat es Ihnen doch        Schaden angerichtet wird. Deshalb         kunde jemand auf den Hubschrauber
einmal beim Start an ihrer Stati-       ist ein Landeplatz unmittelbar ne-        zuläuft.« gibt Roland zu bedenken.
on die, ins Gebäude führende, of-       ben der Unfallstelle oft nicht die           Mit diesen Tipps endet für mich
fenstehende Glastüre ausgehebelt.       beste Wahl. »Lieber halte ich da          um 18:00Uhr ein ereignisreicher Tag,
Eindringlich warnt Roland: »Es          etwas Abstand« merkt Roland an.           den ich so schnell nicht vergessen
gibt keinen Grund sich dem Hub-         »Was wichtig ist«, führt er weiter        werde. Vor allem die Ruhe und profes-
schrauber zu nähern, so lange sich      aus, »wenn ihr eine Straße als Lan-       sionelle Zusammenarbeit der Crew,
der Rotor dreht!« »Einmal«, erzählt     deplatz absperrt, dann so, dass kein      selbst in anspruchsvollen Situati-
er mir, »bin ich auf einem Fahrrad-     Fahrzeug mehr durchkommt und wir          onen, war sehr beeindruckend. Es
weg gelandet, der vom Niveau her        brauchen dann die Rückmeldung             herrschte an Bord immer ein posi-
etwas niedriger lag als die parallel    über die eingerichtete Vollsperrung.      tives, entspanntes Klima, bei dem
verlaufende Straße. Ich sag' noch zu    Wenn nämlich nach der Landung ein         jedes Crewmitglied eingeladen war,
meiner Crew ›Bitte, geht nur nach       Fahrzeug in den Hubschrauber fah-         seinen Beitrag zum guten Gelingen
vorne weg von der Maschine‹. Aus        ren sollte, die Insassen dabei verletzt   des Fluges zu leisten. Echtes Team-
irgendeinem Grund sind die dann         werden und sich herausstellt, dass        work eben beim »Christoph 1« von
doch seitlich zur Straße hoch. Da       die Straße doch nicht für den allg.       der ADAC Luftrettung.               o

                                                                                                                 INFOS + TERMINE
Luftrettung wird immer wichtiger
Am 5. März 2020 wurde im Mün-           Der Freistaat ist laut Herrmann
chener Klinikum Harlaching an-          auch Spitzenreiter bei der Anzahl
lässlich des 50. Jubiläums der ge-      der Luftrettungseinsätze. Mit einem
meinnützigen ADAC Luftrettung           Anteil von rund 60 Prozent am Ge-
im Beisein des bayerischen Innen-       samteinsatzaufkommen sei dabei
ministers Joachim Herrmann der          die ADAC Luftrettung ein wichtiger
Jubiläumshubschrauber »50 Jahre         und zuverlässiger Partner.
Christoph« präsentiert.                   München bezeichnete er als Wiege
  In seiner Rede hob Herrmann die       der Luftrettung für ganz Deutsch-
zunehmende Bedeutung der Luftret-       land. Erste Feldversuche fanden
tung im Freistaat hervor und betonte:   durch den ADAC mit Unterstützung
„Wir haben das Luftrettungsnetz in      des Bundesverkehrsministeriums            Standort Suben stationierten Ret-        Frédéric Bruder,
Bayern als unverzichtbaren Bestand-     bereits 1968 vom Flughafen Mün-           tungshubschrauber »Christophorus         Geschäftsführer
                                                                                                                           der ADAC Luftret-
teil der Notfallrettung konsequent      chen-Riem aus statt, bis der erste        Europa 3« hat Bayern auch eine           tung, Dr. Andrea
aufgebaut. Dabei bin ich besonders      Rettungshubschrauber des ADAC,            »mustergültige grenzüberschrei-          David, Vorstand der
stolz, dass Bayern hier die Vorrei-     »Christoph 1«, Ende 1970 am Kran-         tende Luftrettung mit Österreich«,       ADAC Stiftung und
terrolle innehat.“ Mit 15 Maschinen     kenhaus München-Harlaching in             so Herrmann. Der »Christophorus          Joachim Herrmann,
– elf Rettungstransport- und vier       Betrieb genommen wurde. Diese             Europa 3« ist der erste Rettungs-        Bayerischer Staats-
                                                                                                                           minister des Innern,
Intensivtransporthubschraubern – ist    Maschine wurde vom Bayerischen            hubschrauber, der gemeinsam von          (von links) mit der
Bayern so flächendeckend und gut        Innenministerium mitfinanziert.           Organisationen aus verschiedenen         Crew von »Christoph
ausgestattet wie kein anderes Land.     Mit dem am oberösterreichischen           Staaten betrieben wird.         o        1«

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