CORONA SPEZIAL HHN EXPERT*INNEN BELEUCHTEN DIE AUSWIRKUNGEN DER PANDEMIE 04 / 2021

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CORONA SPEZIAL HHN EXPERT*INNEN BELEUCHTEN DIE AUSWIRKUNGEN DER PANDEMIE 04 / 2021
04 / 2021

      MAGAZIN FÜR WISSENSCHAF T AN DER HHN

CORONA SPEZIAL
HHN EXPERT*INNEN BELEUCHTEN
DIE AUSWIRKUNGEN DER PANDEMIE
CORONA SPEZIAL HHN EXPERT*INNEN BELEUCHTEN DIE AUSWIRKUNGEN DER PANDEMIE 04 / 2021
FORSCHUNGSNEWS AUSGABE 04                                                                                                                FORSCHUNGSNEWS AUSGABE 04

 Inhalt                                                                                                               Intro
4 Welche Filter und Luftreinigungstechnologien
  schützen vor SARS-CoV-2?                                                                                            Liebe Leserinnen und Leser,
     Prof. Dr. Jennifer Niessner / Prof. Dr.-Ing. Raoul Daniel Zöllner                                                die Corona-Pandemie bestimmt seit einem
                                                                                                                      Jahr unser Leben. Die Ansteckungsgefahr
6 Antikörperstudie zu SARS CoV-2 in den SLK-Kliniken                                                                  und deren Vermeidung durch Abstandregeln
     Prof. Dr. Wendelin Schramm                                                                                       wirkt sich auf alle Bereiche des gesellschaft-
                                                                                                                      lichen Lebens aus. Zahlreiche Unternehmen
 7 Pandemie und Digitalisierung                                                                                       versuchen – soweit dies möglich ist – durch
     Prof. Dr. Helmut Beckmann                                                                                        Homeoffice den Betrieb aufrecht zu erhal-
                                                                                                                      ten; Andere kämpfen mit unterbrochenen
8 Soziale Medien sind häufig genutzte Info-Kanäle                                                                     Lieferketten und fehlenden Kunden. Eltern,
  in Corona-Pandemie                                                                                                  Lehrer*innen und Erzieher*innen geben im
     Dr. sc. hum. Monika Pobiruchin und Dipl.-Inform. Med. Martin Wiesner                                             Homeschooling ihr Bestes. Branchen wie
                                                                                                                      Gastronomie und Hotellerie aber auch das
     RKI ist Gesundheitswebseite Nummer 1                                                                             Veranstaltungsgewerbe befindet sich seit
     Richard Zowalla, M.Sc.                                                                                           Monaten in der Zwangspause. Wir alle lernen
                                                                                                                      dazu und entwickeln neue Strategien, um mit
9 COVID-19 beeinträchtigt die IT-Sicherheit                                                                           der neuen Realität umzugehen. Die Auswir-
     Prof. Dr.-Ing. Andreas Mayer                                                                                     kungen der Pandemie auf die unterschied-
                                                                                                                      lichen   Gesellschaftsbereiche   beschreiben
10 Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Sport                                                                 und bewerten HHN-Expert*innen in der aktu-
     Prof. Dr. Thomas Bezold                                                                                          ellen Corona-Spezial-Ausgabe der HHN-For-
                                                                                                                      schungsnews. Außerdem stellen wir zwei
11 Schrumpfung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit                                                                    aktuelle Forschungsprojekte vor, die auf den
     Prof. Dr. Christian Buer                                                                                         Umgang mit bzw. die Bekämpfung des Virus
                                                                                                                      zielen und eingebettet sind in das breite Netz
12 Kultur ist systemrelevant und das                                                                                  der HHN-Kooperationspartner. Wir zeigen an-
   beweist sie gerade in der Pandemie                                                                                 hand eines Studierenden-Projektes wie flie-
     Prof. Dr. Raphaela Henze MBA                                                                                     ßend die Übergänge zwischen Forschung und
                                                                                                                      Lehre an der HHN sind und wie die Ergebnisse
14 Digitalisierung in der Lehre                                             Impressum
                                                                                                                      unserer Arbeit internationale Anwendung fin-
     Prof. Dr.-Ing. Andreas Daberkow                                                                                  den.
                                                                            Herausgeber                               Franziska Pöttgen
16 Mit alten Tugenden, neuen Lieferketten                                   Hochschule Heilbronn
                                                                            Max-Planck-Str. 39
                                                                                                                      Koordinatorin Forschungskommunikation
   und Arbeitsschutz zum Supermarkt der Zukunft                             74081 Heilbronn
                                                                            Tel.: 07131 / 504-0
     Prof. Dr.-Ing. Markus Fittinghoff                                      E-Mail: info@hs-heilbronn.de
                                                                            Web: www.hs-heilbronn.de/forschung

18 Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Güterverkehr                    Forschungskommunikation:
     Prof. Dr. Tobias Bernecker                                             Franziska Pöttgen
                                                                            Druck: viaprinto

19 Studentin entwickelt Röntgen-Software:                                   Bildnachweis:
   Anwendung in Indien                                                      HHN: Seiten 4–11, 13–15, 17–19; iStock:
                                                                            Cover, Seite 2, 3, 5–7, 10–12, 18; Un­
     Prof. Dr. Alexander Jesser                                             splash: 8; Adobe Stock, ehm. fotolia:
                                                                            Seite 9; Pexels: Seite 16; Privat (Lena
                                                                            Koop, Shining Eyes)

                                                                            Erscheinungsjahr: 2021

 2                                                                                                                                                                 3
CORONA SPEZIAL HHN EXPERT*INNEN BELEUCHTEN DIE AUSWIRKUNGEN DER PANDEMIE 04 / 2021
FORSCHUNGSNEWS AUSGABE 04                                                                                                                                                                                                                                                     FORSCHUNGSNEWS AUSGABE 04

Welche Filter und
Luftreinigungstechnologien
schützen vor SARS-CoV-2?

D
           ie Corona-Pandemie schränkt das öffentliche Leben stark
           ein. Die Ausbreitung des Corona-Virus in Innenräumen über
           luftgetragene Partikel, also Aerosole, steht aktuell im Zent-
           rum vieler Diskussionen. Denn von der Aerosolbelastung in
der Luft hängen viele Bereiche ab: der Betrieb von Schulen und Kin-
dergärten, die Hygiene in Krankenhäusern und Praxen, der Alltag in
Büros, Verwaltungs- und Produktionsstätten, ebenso wie das Hotel-,
Gast- und Veranstaltungsgewerbe. HHN-Forschungsprofessorin Jenni-
fer Niessner ist Expertin für Fluidmechanik, der Bewegung von Flüssig-
keiten und Gasen, und forscht aktuell in verschiedenen Projekten an
der optimalen Beschaffenheit von Filtern – ob in Masken oder Luftrei-
nigungsgeräten – zur bestmöglichen Abwehr von Corona-Viren. Sie
erforscht im Projekt BioPROTECT-Mask beispielsweise die optimale
Struktur für einen Mund-Nasen-Schutz. Außerdem untersucht sie zu-
sammen mit einem interdisziplinären Forscher*innenteam aus ganz
Baden-Württemberg die Wirksamkeit von Luftreinigungstechnologien
und berät als Mitglied des multidisziplinären „Expertenkreis Aero­
sole“ die Landesregierung Baden-Württemberg hinsichtlich effektiver        Additiv gefertigter Prüfkopf für den HHN-Maskenprüfstand
Schutzmaßnahmen gegenüber SARS-CoV-2.
                                                                           Luftreinigungstechnologien
BioPROTECT-Mask                                                            Neben Masken ruhen auch auf Luftreinigungs- und Inaktivierungstech­          unterscheiden. Aufgabe der HHN im Rahmen des Verbundprojektes ist
Die derzeitigen Mund-Nasen-Bedeckungen, die das Corona-Infekti-            nologien große Hoffnungen bei der Abschirmung vor SARS-CoV-2-Viren,          es u. a., Mini-Aerosolprüfstände für Sterilbänke am Uni-Klinikum Tübin-
onsrisiko reduzieren sollen, haben einen enormen Haken: Die Masken         aber auch anderen über die Luft übertragbaren Keimen. Sie werden             gen zu konzipieren und zu bauen. Ziel ist es, damit erstmals nachzu-
mit einer guten Schutzwirkung haben meist einen sehr hohen Strö-           eingesetzt, um die Aerosolbelastung in der Luft zu reduzieren bzw.           weisen, dass UV-C-Licht SARS-CoV-2-Viren nicht nur auf Oberflächen,
mungswiderstand, behindern also die Atmung. Das ist gerade für Per-        Viren unschädlich zu machen. Mangels etablierter Test- und Bewer-            sondern auch in Aerosolen inaktivieren kann. Außerdem führt das
sonen mit chronischen Lungenerkrankungen wie Asthma oder COPD              tungsverfahren sind jedoch zum derzeitigen Stand der Forschung               HHN-Forscherteam Strömungssimulationen und -messungen zur Wirk-
kritisch, da deren Atmung ohnehin beeinträchtigt ist. Ausgerechnet         keine Aussagen über die Wirksamkeit und Vergleichbarkeit solcher             samkeit von Raumluftreinigern sowie die Messung von Geräteabschei-
die Risikopatienten können also nicht ausreichend geschützt werden.        Geräte möglich. In einem Verbundforschungsprojekt untersucht die             degraden und -druckverlusten durch. Unter Leitung von Prof. Dr.-Ing.
Genau hier setzt Niessners Forschungsprojekt BioPROTECT-Mask an:           Strömungsmechanikerin Niessner zusammen mit Raumluftexpert*innen,            Raoul Daniel Zöllner wird ein Sensornetzwerk erstellt, das die räum­
Zusammen mit ihrem Team trifft Niessner anhand von Strömungs­              Virolog*innen und Sensorspezialist*innen, inwieweit Analogieschlüsse         liche und zeitliche Verteilung von Aerosolpartikeln ermitteln soll.
simulationen Aussagen darüber wie die optimale Struktur einer              zwischen Salzaerosolen oder Aerosolen mit harmlosen Ersatzviren              Weitere Infos unter www.hs-heilbronn.de/testaerosole .
Maske beschaffen sein sollte. Der Projektpartner und Filterher­steller,    und SARS-CoV-2-Aerosolen in Bezug auf Luftreinigungs- und Inaktivie-                                                                                   Kontakt
Junker-Filter GmbH, produziert anhand dieser Empfehlungen Prototy-         rungstechnologien möglich sind. Sie gehen also der Frage nach, ob sich       Die Verbundpartner des Projektes sind:                                    Prof. Dr. Jennifer Niessner
pen, die wiederum klinisch getestet werden.                                harmlose Viren ähnlich „verhalten“ wie Corona-Viren. In späteren stan-       > Hochschule Heilbronn                                                   Forschungsprofessorin für Fluidmechanik
                                                                           dardisierten Untersuchungen könnte dann nämlich mit harmlosen und            > Universität Stuttgart
Die Klinikpartner im Projekt sind:                                         kostengünstigen Aerosolen gearbeitet werden. Zusätzlich werden die           > Karlsruhe Institute of Technology                                      Telefon +49 7131 504 308
> T horaxklinik Universitätsklinikum Heidelberg                           Eigenschaften von Luftreinigungsgeräten in Verbindung mit den Auswir-        > Universitätsklinikum Tübingen                                          E-Mail jennifer.niessner@hs-heilbronn.de
>P
  neumologischen Forschungsinstitut an der                                kungen der räumlichen Gegebenheiten analysiert und standardisierte                                                                                     > M ehr Informationen unter www.hs-heilbronn.de/isaps
    LungenClinik Großhansdorf GmbH                                         Untersuchungen für Luftreiniger abgeleitet. Prüfinstitute sollen so in die   > Weitere Informationen und alle Projekte von Forschungsprofessorin
> Universitätsklinik Schleswig-Holstein                                   Lage versetzt werden, Raumluftreiniger zu testen. Denn aktuell können         Niessner finden sich auf der Seite ihres Forschungsinstitutes            Prof. Dr.-Ing. Raoul Daniel Zöllner
> M ehr Infos unter www.hs-heilbronn.de/bio-protect .                     Kunden wirkungslose von wirkungsvollen Geräten nicht zuverlässig              ISAPS unter: www.hs-heilbronn.de/isaps                                   Prorektor für Forschung, Transfer, Innovation;
                                                                                                                                                                                                                                  Forschungsprofessor für Autonome Systeme

                                                                                                                                                                                                                                  Telefon +49 7131 504 6682
                                                                                                                                                                                                                                  E-Mail r aoul.zoellner@hs-heilbronn.de
                                                                                                                                                                                                                                  > M ehr Informationen unter www.hs-heilbronn.de/forschung

4                                                                                                                                                                                                                                                                                                     5
CORONA SPEZIAL HHN EXPERT*INNEN BELEUCHTEN DIE AUSWIRKUNGEN DER PANDEMIE 04 / 2021
FORSCHUNGSNEWS AUSGABE 04                                                                                                                                                                                                                                                FORSCHUNGSNEWS AUSGABE 04

Antikörperstudie zu                                                                                                                                  Pandemie
SARS-CoV-2 in den SLK-Kliniken                                                                                                                       und Digitalisierung

W                                                                                                                                                    S
               er erinnert sich nicht? Am 11. März 2020 rief die Weltge-   Heilbronn zu der SLKovid-Studie, die Aufschluss über das Infektions-                eit Anfang 2020 hat die Corona-Pandemie die gesamte
               sundheitsorganisation (WHO) eine Pandemie aus. Bis          geschehen unter den Mitarbeitenden geben sollte. Das GECKO Institut                 Menschheit fest im Griff. In allen Ländern der Erde wurde
               zu diesem Zeitpunkt hatten sich bereits 2,8 Millionen       für Medizin, Informatik und Ökonomie der Hochschule Heilbronn unter                 und werden mehr oder weniger starke Beschränkungen für
               Menschen weltweit mit dem Coronavirus infiziert. In         Leitung von Prof. Dr. Wendelin Schramm übernahm im Juni 2020 die                    den beruflichen und sozialen Umgang verhängt, um die
Deutschland erkrankten bis Ende Mai 2020 mehr als 180.000 Perso-           informationstechnische und statistische Begleitung dieser klinischen      Ausbreitung der Pandemie zu verhindern bzw. zu stoppen. Dies betrifft
nen – darunter mit einem hohen Anteil ca. 20.000 Mitarbeiter*innen         Studie. Dr. Monika Pobiruchin, Maximilian Kurscheidt und die Studen-      grundlegende zwischenmenschliche Kontaktbeschränkungen ebenso
von Kranken- und Pflegeeinrichtungen. Dass das SARS-CoV-2 Virus            tin Jelizaveta Gordejeva (alle HHN) überführen die generierten Daten      wie die Einschränkung der Präsenz in Kindertagesstätten, Schulen,
kein harmloses Grippevirus ist, war zu diesem Zeitpunkt schon klar.        in eine Studiendatenbank, werten die Informationen aus und wenden         Hochschulen und insbesondere Büro-Arbeitsplätzen in Unternehmen.
Schlüsselfragen zur COVID-19-Infektion in Deutschland sind aber zu         statistische Prüfverfahren darauf an.                                     Die Folgen dieser Einschränkungen sind der Unterricht von Schülern
diesem Zeitpunkt noch unbeantwortet: Wer infiziert sich wo im Kran-                                                                                  auf Basis digitaler Infrastrukturen, sogenanntes „Homeschooling“, so-
kenhaus? Wie verlaufen Infektionen und führt eine durchgestandene          Mehr als 3.000 Mitarbeitende wurden in die Studie aufgenommen.            wie die Arbeit zu Hause, d. h. „Homeoffice“.
Infektion zu dauerhafter Immunität der Betroffenen? Gerade bei Kran-       Werden in den Blutproben der Mitarbeitenden Antikörper gegen SARS-
kenhausmitarbeiter*innen sind Antworten auf diese Fragen bedeut-           CoV-2 nachgewiesen, deutet dies auf eine durchgemachte Infektion          Breitbandanschlüsse und technische Ausstattung
sam. Entscheidungen zu Schutzmaßnahmen könnten schneller und               hin. Diese Mitarbeitenden sind dadurch vermutlich – zumindest für         Mangelware in Deutschland
effizienter getroffen werden. Zudem könnten die Erkenntnisse die           eine bestimmte Zeit – immun. Auch die Dunkelziffer von infiziertem        Obwohl bereits seit vielen Jahren der Ausbau der digitalen Infrastruk-
Vorausplanung in den verschiedenen medizinischen Arbeitsbereichen          Klinikpersonal wird durch die Studie näher beziffert. Alle Studienteil-   tur in Deutschland gefordert wird und die Bundesregierung dies auch
erleichtern. Beispielsweise könnten bereits zuvor infizierte Mitarbei-     nehmer*Innen werden mithilfe eines kommerziellen, CE-zertifizierten       in ihre Digitalisierungsstrategie aufgenommen hat, hängt Deutschland
ter*innen in Hochrisiko-Abteilungen eingesetzt werden, sofern man          Antikörpertestverfahrens auf das Vorhandensein von SARS-CoV-2 spe-        im internationalen Vergleich bei der Verfügbarkeit von Breitbandan-
sicher wüsste, dass sie langanhaltende Immunität gegen SARS-CoV-2          zifischen Antikörpern untersucht. Bei positiven Proben kommen min-        schlüssen als Basis für die Digitalisierung hinterher. Neben Breitban-   Aufgrund der zentralen Stellung dieser Kollaborationssysteme zur
erworben hätten. Diese Ausgangslage veranlasste die SLK-Kliniken           destens zwei weitere Verfahren zum Einsatz. Auch eine Zufallsstich-       danschlüssen und entsprechende Netzkapazitäten als grundlegende          Abfederung der Pandemiefolgen im Bereich Schule und Arbeit, ist die
                                                                           probe negativ getesteter Proben wird mit den weiteren Testverfahren       Voraussetzung zur Umsetzung der Digitalisierung mangelt es ebenso        Corona-Pandemie ein Treiber der Weiterentwicklung dieser Kollabo-
                                                                           untersucht. Um Klarheit darüber zu erlangen, wie lange nach durch-        an technischer Ausstattung insbesondere in den Schulen sowie On-         rationstools sowie angrenzender Software-Werkzeuge, wie Lern- und
                                                                           gemachter Infektion Antikörper im Blut nachweisbar sind, werden alle      lineangeboten und -plattformen, die leistungsfähig genug sind, die       Informations- sowie Datenplattformen aber auch grundlegender Infra-
                                                                           positiv getesteten Studienteilnehmer*innen über einen Zeitraum von        Anforderungen an z. B. ein gutes „Homeschooling“ erfüllen zu können.     struktur zur Verbesserung des entfernten Arbeitens anzusehen. Es ist
                                                                           zwölf Monaten weiter beobachtet. Nach drei, sechs und zwölf Mona-         Ferner ist insbesondere in Schulen der Wissensstand und die Weiter-      davon auszugehen, dass die Corona-Pandemie auch als Treiber für we-
                                                                           ten bitten die Wissenschaftler*innen um eine erneute Blutprobe. Die       bildungsbereitschaft zur effizienten Umsetzung der Digitalisierung       sentliche Konzepte, die unter dem Begriff Arbeit 4.0 zusammengefasst
                                                                           SLKovid-Studie wird durch die Spende einer Privatperson an das Tu-        nicht ausreichend vorhanden, um die aktuellen Herausforderungen          sind, fungiert. Somit ist bei allen Einschränkungen und Beeinträchti-
                                                                           morzentrum Heilbronn-Franken unterstützt und hat eine Laufzeit von        adäquat umsetzen zu können. In diesem Kontext wirkt die Corona-Pan-      gungen, die die Corona-Pandemie mit sich bringt, auch ein positiver
                                                                           insgesamt 18 Monaten. Erste Zwischenergebnisse werden im Frühjahr         demie jetzt wie ein Brennglas auf die Digitalisierung, welches scho-     Effekt in Richtung Verbesserung der Digitalisierungsinfrastruktur zu
                                                                           2021 erwartet.                                                            nungslos die in der Vergangenheit versäumten Entscheidungen und          erwarten.
                                                                           >M
                                                                             ehr Informationen unter www.hs-heilbronn.de/gecko                      Hindernisse offenlegt.                                                   > Mehr Informationen unter www.hs-heilbronn.de/iwi

                                                                                                                                                     Pandemie treibt Digitalisierung voran
                                                                                                                                                     Die Wissenschaftsdisziplin Wirtschaftsinformatik und somit alle drei
                                                                                                                                                     Wirtschaftsinformatik Studiengänge der Hochschule Heilbronn – for-
                                                                                                                                                     schungstechnisch geführt durch das Institut für Wirtschaftsinformatik
                                                                                                                                                     (IWI) – beschäftigt sich im Kern mit dem Entwurf, der Implementierung
                                                                                                                                                     und Analyse von Informationssystemen in Unternehmen und öffent-
                                                                                                                                                     lichen Verwaltungen. Da die Wirtschaftsinformatik in diesem Sinne
                                                                           Kontakt                                                                   Informationssysteme als Kern ihrer Betrachtung hat, untersucht sie       Kontakt
                                                                           Prof. Dr. Wendelin Schramm                                                hier Funktionen und Nutzungsverhalten von Kollaborationssystemen         Prof. Dr. Helmut Beckmann
                                                                           Forschungsprofessur für Gesundheitsökonomie                               als spezielle Informationssysteme. Die Nutzung unterschiedlicher         Studiengangleitung Master Wirtschaftsinformatik – Informations­
                                                                           und Gesundheitsmanagement                                                 Kollaborationssysteme hat aufgrund des pandemiebedingten „Home-          management und Data Science
                                                                                                                                                     schoolings“ sowie „Homeoffice“ sprunghaft zugenommen und dienen
                                                                           Telefon +49 7131 504 1128 (Institut)                                      als zentrale Softwaretools, um ein Weiterarbeiten in allen Organisati-   Telefon +49 7131 504 514
                                                                           E-Mail wendelin.schramm@hs-heilbronn.de                                   onen und somit eine weitergehende Wertschöpfung sicherzustellen.         E-Mail helmut.beckmann@hs-heilbronn.de

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CORONA SPEZIAL HHN EXPERT*INNEN BELEUCHTEN DIE AUSWIRKUNGEN DER PANDEMIE 04 / 2021
FORSCHUNGSNEWS AUSGABE 04                                                                                                                                                                                                                                             FORSCHUNGSNEWS AUSGABE 04

Soziale Medien sind häufig genutzte
Info-Kanäle in Corona-Pandemie

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      orscher*innen der Hochschule Heilbronn (HHN) analysier-           plexen Sachverhalten in allgemeinverständlicher Sprache für die breite   Kernstück der eingesetzten Spezial-Software ist ein KI-System, das
      ten von Februar bis April 2020 knapp 21,8 Millionen Tweets        Öffentlichkeit“, sagt Dr. Monika Pobiruchin, Mitarbeiterin am GECKO      über maschinelles Lernen mit hoher Genauigkeit entscheiden kann,
      zum Thema COVID-19. Denn die Weltgesundheitsorganisation          Institut für Medizin, Informatik und Ökonomie an der HHN. Wichtig        ob eine Webseite gesundheitsrelevant ist oder nicht. Zowalla fand he-
      (WHO) warnte am 2. Februar 2020 vor einer Welle von Fal-          hierbei ist, dass fortlaufend neue wissenschaftliche Erkenntnisse ge-    raus, dass 40 Prozent der Top 75 Webseiten von öffentliche Instituti-
schinformationen u. a. auf Social Media wie Facebook oder Twitter.      wonnen werden und dass die Herkunft und Seriosität von Informatio-       onen bereitgestellt werden. Das Robert Koch Institut belegt dabei in
Tatsächlich fand das Team um Martin Wiesner, wissenschaftlicher         nen z. B. zum Thema COVID-19 beachtet und hinterfragt werden muss.       Deutschland den 1. Platz. „Bemerkenswert dabei ist, dass dies nicht
Mitarbeiter an der Fakultät für Informatik, heraus, dass die am häu-    > Ein ausführlicher Artikel zum Thema auf                               unbedingt die Informationsangebote sind, die ein kommerzieller                          Kontakt
figsten verlinkten Ressourcen ihrer Untersuchung von Social-Me-          www.hs-heilbronn.de/social-media-studie                                 Suchmaschinenanbieter einem Anwender als Top Treffer präsentiert“,                      Richard Zowalla, M.Sc.
dia-Plattformen stammten (Ränge 1 – 7). „Interessant hieran ist, dass    Originalstudie: https://doi.org/10.2196/19629                           erläutert Zowalla.
wissenschaftliche Originalquellen selten direkt geteilt werden. Dies                                                                             > Ein ausführlicher Artikel auf www.hs-heilbronn.de/ranking,                           Telefon +49 7131 504 6791
unterstreicht die Bedeutung von Medien bei der Vermittlung von kom-                                                                               Originalstudie: https://doi.org/10.2196/17853                                          E-Mail richard.zowalla@hs-heilbronn.de

                                                                                                                                                 COVID-19 beeinträchtigt
                                                                                     Kontakt
                                                                                     Dr. sc. hum. Monika Pobiruchin                              die IT-Sicherheit

                                                                                                                                                 H
                                                                                     Telefon +49 7131 504 633
                                                                                     E-Mail monika.pobiruchin@hs-heilbronn.de                              HN-Professor Dr.-Ing. Andreas Mayer erfasste
                                                                                                                                                           systematisch 623 virtuelle Hauptversammlun-
                                                                                     Dipl.-Inform. Med. Martin Wiesner                                     gen (HV) und untersuchte die Sicherheit der
                                                                                                                                                           zugrundeliegenden HV-Portale auf bekannte
                                                                                     Telefon +49 7131 504 6947                                   Schwachstellen und den Einsatz von bewährten Security
                                                                                     E-Mail martin.wiesner@hs-heilbronn.de                       Best Practices. Bei sechs von acht HV-Portalen, mit einem
                                                                                                                                                 Marktanteil von knapp 72 Prozent, fand Mayer kritische
                                                                                                                                                 Lücken, die potenziell von Angreifern ohne Spezialkennt-
                                                                                                                                                 nisse und mit geringen Ressourcen ausgenützt werden
                                                                                                                                                 konnten. Von den gefundenen Sicherheitslücken waren

RKI ist Gesundheitswebseite Nummer 1                                                                                                             u. a. virtuelle HVs von großen DAX- und MDAX-Konzernen
                                                                                                                                                 betroffen. In Zusammenarbeit mit den HV-Dienstleistern
                                                                                                                                                 konnten die Schwachstellen behoben und das Sicher-

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                                                                                                                                                 heitsniveau der HV-Portale maßgeblich verbessert wer-
      ür viele Menschen ist das Internet inzwischen die erste An-                                                                                den. Die HV-Portale sind somit für die anstehende virtuel-
      laufstelle, um sich zu Gesundheitsthemen zu informieren. Ob                                                                                le HV-Saison 2021 gut aufgestellt.
      Selbstdiagnostik, Hintergründe zu einem bestimmten Medi-                                                                                   > E in ausführlicher Artikel zum Thema auf
      kament oder einer Behandlung: die Anzahl der Informations-                                                                                  www.hs-heilbronn.de/it-sicherheit
angebote ist groß. Doch wer steckt hinter den Angeboten in diesem
unübersichtlichen Informationsdschungel und wie wichtig sind diese                                                                                                                                               Kontakt
Anbieter innerhalb des sogenannten „Gesundheitswebs“? Um dieser                                                                                                                                                  Prof. Dr.-Ing. Andreas Mayer
Frage auf den Grund zu gehen, identifizierte Medizininformatiker und                                                                                                                                             Professor für IT-Sicherheit, Rechnernetze
Doktorand der Hochschule Heilbronn (HHN), Richard Zowalla die URLs                                                                                                                                               und Softwareentwicklung
sowie die Textinhalte von insgesamt 13,5 Millionen gesundheitsrele-
vanten deutschsprachigen Webseiten. Ziel war es, diejenigen zu fin-     Ein kleiner Ausschnitt aus dem deutschsprachigen Gesundheitsweb                                                                          Telefon +49 7131 504 369
den, die im Gesundheitsbereich eine hohe „Bedeutsamkeit“ haben.         mit Fokus auf der Webseite des Robert Koch Instituts                                                                                     E-Mail andreas.mayer@hs-heilbronn.de

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CORONA SPEZIAL HHN EXPERT*INNEN BELEUCHTEN DIE AUSWIRKUNGEN DER PANDEMIE 04 / 2021
FORSCHUNGSNEWS AUSGABE 04                                                                                                                                                                                                                                                    FORSCHUNGSNEWS AUSGABE 04

Die Auswirkungen der                                                                                                                                 Schrumpfung, Digitalisierung
Corona-Pandemie auf den Sport                                                                                                                        und Nachhaltigkeit

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          en Sport hat es durch die Corona-Pandemie besonders hart           Profisport offengelegt und nötigt der Branche ein neues Bewusst-        Auswirkungen der Pandemie auf die Hotellerie & Gastronomie
          und vollkommen unvorbereitet getroffen. Dies trifft auf den ver-   sein für agiles Risikomanagement und nachhaltiges Wirtschaften ab.
          einsgebundenen Amateursport genauso zu wie auf den medial          Neu eingerichtete Task Forces in allen Profiligen sind gerade dabei,
          bedeutsamen und auf Zuschauer angewiesenen Profisport.             Lösungsansätze zu entwickeln, welche konzeptionellen und struk-
                                                                             turellen Konsequenzen aus der Erfahrung mit den Auswirkungen der
Einbruch der Einnahmen und gestiegene Kosten für Hygienekonzepte             Pandemie zu ziehen sind. Die Erschließung neuer Geschäftsmodelle,
Kurzfristig sind vor allem die Profisportarten am stärksten negativ ge-      die die Möglichkeiten der digitalen Transformation von Vermarktungs-
troffen, deren Etat stark von den Spielertragseinnahmen abhängen,            rechten in den Mittelpunkt stellen, sowie die Abkehr einer ruinösen
wie das in den Ligen im Basketball, Eishockey und Handball der Fall          und systemseitig disfunktionalen Transfer- und Vergütungspolitik,
ist. Hier machen die Einnahmen aus Ticketing, Catering, Merchandi-           insbesondere im internationalen Profifußball, sollten hier im Mittel-
sing und Sponsoring, die direkt am Spieltag erzielt werden, teilweise        punkt stehen.
bis zu 80 Prozent des Umsatzes aus, was die extreme Abhängigkeit

                                                                                                                                                     D
vom Zuschaueraufkommen verdeutlicht. Erschwerend kommen vorab                Outdoor und eSport als Krisengewinner
nicht einkalkulierte Ausgaben für Hygienekonzepte hinzu, die die Etats       In der Sportbranche gibt es aber auch „Krisen-Gewinner“. Der selbst               ie Corona-Krise wirkt sich in vielfältiger Weise auf das bisher   Nachhaltiger Tourismus als Folge der Pandemie
zusätzlich belasten. Etwas positiver stellt sich die Situation im Profi-     organisierte Freizeit- und Breitensport, insbesondere im Outdoor-Be-              gelebte Geschäftsmodell des Gastgewerbes aus. Gastrono-           Was wird dies für den anstehenden Urlaub bzw. die Besuche in Res-
fußball dar. Zwar vermeldet die European Club Association (ECA) bei          reich, hat zu einem Nachfrageboom bei Fahrrädern und eBikes geführt.              men werden zum „Delivery Anbieter“, Hoteliers entwickeln          taurants bedeuten? Der Urlaub 2021 wird zu Hause sein. Bereits jetzt
den europäischen Proficlubs einen Umsatzrückgang von 3,6 Mrd. Euro           Auch die großen Sportartikelhersteller verzeichnen trotz Krise noch               sich zum Büro-bzw. studentischen Wohnungsanbieter. Trotz          ist der Urlaub in Deutschland nahezu ausgebucht! Der Gastrobesuch
in den nächsten fünf Jahren. Jedoch ist der Profifußball durch die mit-      moderate Wachstumsraten, weil viele sportlich Aktive ihre Ausrüstung    der Investitionen zum Schutz des Gastes in Hotellerie und Gastrono-         auf der Terrasse wird beliebt sein. Für 2022: Sanfter Neustart in ein
telfristig ausgelegten TV-Verträge, die ca. 40 Prozent im Einnahmemix        und Sporttextilien auf den neuesten Stand gebracht haben, was zu        mie muss die Branche mit pandemiebedingten Einschränkungen noch             weitgehend „normales Leben“. International werden wir noch einige
der Clubs betragen, in einer ungleich besseren Ausgangssituation als         einem unerwarteten Nachfrageschub geführt hat.                          länger rechnen. Welche Zukunft wird der Branche prognostiziert?             Einschränkungen haben. Im bodengebundenen Reisen wird es weitge-
alle anderen Sportarten. Hier wird ein Wachstumsrückgang von durch-                                                                                                                                                              hend „normal“ werden. Der Gewinner: Die Nachhaltigkeit im Tourismus.
schnittlich 8 Prozent der letzten fünf Jahre auf 3,3 Prozent in den kom-     Insgesamt zeichnet sich ein sehr heterogenes Bild innerhalb der         Digitalisierung beschleunigt neue Geschäftsmodelle                          Dies wird auch mittel- und längerfristig an Bedeutung gewinnen. Der
menden fünf Jahren prognostiziert.                                           Sportbranche ab. Die Auswirkungen der Pandemie werden systemi-          in der Hotellerie & Gastronomie                                             Verlierer: Die Betriebe, die über Jahre aufgebaut und betrieben wurden
                                                                             sche Anpassungen erfordern und diesen Prozess in Verbindung mit der     Die Pandemie wird für alle Hotel- und Gastronomiebetriebe die Her-          (=Traditionsbetriebe), und keine oder unzureichende Nachfolgerege-
Pandemie zwingt zu agilem Risikomanagement                                   digitalen Transformation noch beschleunigen. Der eSport verzeichnet     ausforderung sein sich für „danach“ zu positionieren. Jeder Betreib         lungen haben. Ich gehe davon aus, dass von rund 224.000 Gastrono-
Sowohl bei den Verbänden als auch bei den Vereinen im Profisport             hohe Zuwachsraten.                                                      erfährt einer „Neueröffnung“. Wer sind die Gäste und welche kommen?         mie- und Hotelbetrieben rund 40.000 nicht mehr am Markt verfügbar
ging durch die Krise der Konjunkturoptimismus verloren. Die Pande-           > M ehr zum Thema auf                                                  Die Spaltung der Gesellschaft durch die Pandemie wird erst nach der         sein werden bzw. durch „größere Gastronomen oder Hoteliers“ über-
mie hat die Schwachstellen des Event getriebenen Geschäftsmodells             www.hs-heilbronn.de/corona-sport                                       Zeit zu einer Findung in der Hotellerie und Gastronomie führen. Die         nommen werden und dadurch die Gründung und Entwicklung von Hotel-
                                                                                                                                                     Zahl der Geschäftsreisen und der Tagungen bzw. Konferenzen wird in          und Gastronomiebetrieben noch mehr den „Systemern“ überlassen
                                                                                                                                                     diesem Jahr noch sehr verhalten wachsen. Große Tagungs- und Kon-            wird und die Individualität mehr und mehr verloren gehen wird. Ins-
                                                                                                                                                     ferenzhotels in Städten wie Berlin, München, Frankfurt etc. müssen          gesamt wird die Branche noch Jahre brauchen, um sich nach der Pan-
                                                                                                                                                     sich im Jahr 2021 noch mit viel Geduld auf das Jahr 2022 vorbereiten        demie neu zu positionieren. Ruhe und Perspektive in der Hotel- und
                                                                                                                                                     und sich hier neu positionieren. Die gesellschaftliche Entwicklung von      Gastronomiebranche ist frühestens ab 2023 bzw. 2024 zu erwarten.
                                                                                                                                                     Co-Working, Co-Living und Co-Cooking (im Sinne der Gemeinschaft und
                                                                                                                                                     des Teilens) wird durch die Pandemie einen Beschleuniger erfahren.
                                                                                                                                                     Die Konferenz- und Tagungsflächen werden zusätzlich neben der be-
                                                                                                                                                     kannten Nutzung für Events zum „Broadcast-Center“ erweitert, so dass
                                                                                                                                                     Tagungen und Kongresse über den technischen Standard von Zoom,
                                                                                                                                                     WebEx, Teams etc. hinaus erweitert werden und dadurch die Möglich-
                                                                                                                                                     keiten der Interaktionen verstärkt werden.
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Sportmanagement                                                                                                                                                                                                                                          Tourismus

Telefon +49 7940 1306 251                                                                                                                                                                                                                                Telefon +49 7131 504 221
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CORONA SPEZIAL HHN EXPERT*INNEN BELEUCHTEN DIE AUSWIRKUNGEN DER PANDEMIE 04 / 2021
FORSCHUNGSNEWS AUSGABE 04                                                                                                                                                                                                                                                FORSCHUNGSNEWS AUSGABE 04

Kultur ist systemrelevant und das
beweist sie gerade in der Pandemie

V
          iel ist geschrieben worden über die Schwierigkeiten denen      nicht wirklich neuen Erkenntnis, dass Kultur von Unmittelbarkeit und
          Kulturschaffende ausgesetzt sind, etwas weniger darüber,       der Gemeinschaft mit anderen lebt, wie mehrere Befragungsteilneh-
          mit welchem Eifer und welcher Kreativität innovative Formate   mer*innen betonten: „Mir fehlt das unmittelbare Erlebnis mit all den
          geschaffen werden und erstaunlich wenig Aufmerksamkeit         Eindrücken, wie Atmosphäre, Stimmung, Kontakt, Beziehung, Sponta-
ist in diesem Kontext den Kulturnutzer*innen gewidmet worden.            nität, etc. Musik von Orchestern wirkt live ganz anders. Der Sound vom
                                                                         Orchester und die Akustik der Konzertsäle kann daheim nicht repro-
Kultur-Nutzung in der Pandemie                                           duziert werden.“ Zum anderen darf ein digitales Kulturangebot nicht                            Von den BK-Studierenden gedrehter Werbfilm für das 4. kurz.film.fest.
Die Bachelorstudierenden des Studiengangs BWL mit Kultur-, Freizeit-     einfach das Stiefkind des analogen Formats sein.
und Sportmanagement (BK) haben mit einem quantitativen Forschungs-                                                                                Jahren existente „digital concert hall“ der Berliner Phil-    Mehrheit der Befragungsteilnehmer*innen noch im Studi-
projekt im November 2020 wichtige Erkenntnisse gewonnen und eine         Chancen digitaler Kulturformate nutzen                                   harmoniker mit einer großen Abonnentenschaft in Asien         um ist und mithin nicht über allzu große finanzielle Mittel
Grundlage für weitere Forschung gelegt. Die Studierenden befragten       „Wenn die analoge Veranstaltung einfach nur 1:1 in den digitalen Raum    hat dies bereits lange vor der Pandemie bewiesen. Es soll     verfügen dürfte, ist dies ein beachtliches Commitment. 2/3
157 Personen aus elf Bundesländern mit einem recht jungen Durch-         übertragen wird – dann würde ich mich häufig doch eher für die ana-      aber nicht unerwähnt bleiben, dass digitale Angebote          der Befragungsteilnehmer*innen leisteten nach eigener
schnittsalter von 30,8 Jahren online zur digitalen Kulturnutzung und     loge Veranstaltung vor Ort entscheiden. Andererseits kann ‚das Digi-     gerade ältere Personen, die bis dato eher die Gruppe der      Aussage bereits einen entsprechenden Beitrag, wobei
zur Unterstützung des Kreativsektors in Corona-Zeiten. Mit 52,2 Pro-     taleʻ auch viele zusätzliche Elemente / Mehrwert bieten und mir auch     sogenannten Intensivnutzer*innen von Kunst und Kultur         insbesondere Benefizprodukte hoch im Kurs stehen. Eine
zent hatte etwas mehr als die Hälfte der Befragten bereits digitale      Zugang zu Veranstaltungen geben, die ich sonst aus zeitlichen oder       bilden, vor Herausforderungen stellt. Die mit 76 Jahren       Befragungsteilnehmerin machte den Vorschlag: „Ich wäre
Kulturangebote genutzt. Mit 78,3 Prozent sind es insbesondere di-        örtlichen Gründen vielleicht nicht besuchen könnte. Beides sollte als    älteste Befragungsteilnehmerin schrieb: „In meinem Alter      bereit, finanziell durch z. B. eine Extrasteuer (ähnlich
gitale Konzerte, die die in dieser Befragung repräsentierte, jüngere     Ergänzung zueinander verstanden und genutzt werden.“ Womit auch          bin ich ausgebremst“. Trotz der eher verhaltenen Reso-        Solidarsteuer) diese Branche zu unterstützen.“ Es wird
Zielgruppe ansprechen. Dass knapp 2/3 angaben, mit den Veranstal-        bereits einige der Gründe genannt wurden, warum gute digitale An-        nanz auf die (digitalen) Kulturangebote in Zeiten der Pan-    mithin auch weiterhin die Aufgabe der Kulturschaffenden
tungen nur mittelmäßig bis gar nicht zufrieden gewesen zu sein und       gebote auch zukünftig weiter wahrgenommen werden. Bei kulturellen        demie und des Lockdowns, zeigt sich die Bedeutung, die        und derjenigen im Kulturmanagement sein, die digitalen
nur 15,3 Prozent angaben, digitale Formate auch dann noch nutzen zu      Ereignissen, an denen bspw. aufgrund von Entfernung oder zu großer       der Kultur beigemessen wird, an der Bereitschaft, Kultur-     Angebote attraktiver zu gestalten, die Preisgestaltung zu
wollen, wenn analoge wieder möglich sind, muss der gesamten Bra-         Nachfrage nicht in Person teilgenommen werden kann, bieten digitale      schaffende zu unterstützen. 86 Prozent der Befragten kön-     optimieren und vor allem im Bereich der politischen Lob-
che zu denken geben. Zum einen basiert diese Unzufriedenheit auf der     Angebote einen entsprechenden Ersatz und Mehrwert. Die seit vielen       nen sich vorstellen, die Kultur- und Freizeitbranche zu un-   byarbeit gehörig zuzulegen, um endlich adäquat und vor
                                                                                                                                                  terstützen. Vor dem Hintergrund, dass die überwiegende        allem als systemrelevant wahrgenommen zu werden.

                                       „IN MEINEM ALTER
                                       BIN ICH AUSGEBREMST“
                                                                                                                                                  Wie würden sie die Kulturbranche unterstützen?
                                       76 jährige Befragungsteilnehmerin

                                                                                                                                                  Spenden

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                                                                                                                                                                                                                                                     Kontakt
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                                                                                                                                                                                                                                                     Kulturmanagement

                                                                                                                                                                                                                                                     Telefon +49 7940 1306 250
                                                                                                                                                                                                                                                     E-Mail raphaela.henze@hs-heilbronn.de

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CORONA SPEZIAL HHN EXPERT*INNEN BELEUCHTEN DIE AUSWIRKUNGEN DER PANDEMIE 04 / 2021
FORSCHUNGSNEWS AUSGABE 04                                                                                                                                                                                                                                              FORSCHUNGSNEWS AUSGABE 04

Digitalisierung in der Lehre

D
          as Pandemiejahr 2020 stellte das Team eLearning und eAs-       lungsbedarf zu decken, bieten wir nun ein gern genutztes wöchentli-
          sessment unter Leitung von Prof. Dr. Andreas Daberkow vor      ches Programm an“, so die Schulungsleiterin Frau Kerstin Steimle aus
          neue Herausforderungen. Um Vorlesungen digital durchzu-        dem eLearning Team. Im Durchschnitt finden sich 15 Teilnehmende zu                                                       Bild1: Impressionen zu den eCafés 2020
          führen, setzte die HHN Conferencing Tools wie Pexip, Adobe     einem Schulungstermin ein. Seit November wird dieses Repertoire an
Connect und später auch Cisco Webex ein. Mithilfe von Tutorial-Videos,   Schulungsangeboten durch ein zusätzliches, wöchentliches Sprech-
Leitfäden, Einzel- und Teamberatungen schulte das e-Learning-Team        stundenangebot für Webex und ILIAS ergänzt. Und sogar Tests, wie der     Digitale Sprachkurse                                        Hochschulübergreifende Zusammenarbeit
die Lehrenden, die so vertiefte Einblicke in die Funktionalitäten der    Mathematik-Grundlagentest für Erstsemester aus 10 Studiengängen,         Die HHN fand auch für den Bereich Sprachkurse neue digi-    mit Studierenden
verschiedenen Webex Tools erhielten: Webex Meetings, Webex Events        werden aktuell als HomeExam erfolgreich umgesetzt.                       tale Formate und Tools. Für das Format Deutsch als Fremd-   Dank unseres Reutlinger Teammitglieds Frau Kirsten We-
und Webex Trainings.                                                                                                                              sprache (DaF) führte beispielsweise Frau Dr. Alice Gruber   gendt wurden drei Sitzungen des Arbeitskreises eLear-
                                                                         Austausch zu Digitalisierungsthemen im eCafé                             die Lernplattform Deutschfuchs für fünf DaF-Kurse ein.      ning Physik der Hochschulföderation SüdWest und auch
Passgenaue Schulungsangebote                                             Das eCafé – eine bereits etablierte monatliche Austauschplattform zu     Studierende können die Lernplattform in den synchronen      die Physik-Diagnosetests für Erstsemester jeweils online
Im Wintersemester 2020/2021 erweiterte Prof. Dr.-Ing. Andreas Daber-     Digitalisierungsthemen an verschiedenen Standorten in Präsenz – fin-     Online Sessions und auch begleitend asynchron nutzen.       durchgeführt. HHN-Studierende aus verschiedenen Eng-
kow mit seinem Team das Schulungsangebot durch das Format Webex          det seit 2020 digital statt. Im neuen 2-Wochen-Rhythmus erleben die      Die benutzerfreundlich gestaltete Plattform ermöglicht      lischkursen arbeiteten mit Studierenden in Kolumbien in
am Mittag. Kurze Einweisungen, die meist nur ein Thema behandeln         Teilnehmenden Gastdozierende und Lehrbeispiele von HHN-Dozieren-         das mobile Arbeiten, bietet pädagogisch wertvolle Übun-     einem fünfwöchigen Kollaborationsprojekt mithilfe von
und allen Hochschulangehörigen zur Verfügung stehen. Frau Lisa-Ma-       den. In 2020 tauschten sich bei den vierzehn eCafes bis zu 40 Teilneh-   gen für verschiedene Niveaus und gibt automatisiertes       Video-Conferencing an interkulturellen Aufgaben. Als
rie Saft aus dem Team eLearning und eAssessment koordinierte dieses      mende aus. (siehe auch Bild 1).                                          Feedback. Bild 2 zeigt Ausschnitte zur Benutzeroberfläche   Abschlussprojekt präsentierten die Teams ein gemein-
Angebot und schulte in über 20 Terminen mehr als 300 Teilnehmende.                                                                                von Deutschfuchs auf dem Tablet und dem Smartphone.         sam gedrehtes Video über die Einführung eines Produkts
                                                                                                                                                                                                              in einem anderen Land unter Berücksichtigung kulturel-
ILIAS: Interaktive Lernumgebung                                                                                                                                                                               ler Eigenheiten. Interkulturelle Erfahrung sammelten die
Dozierende und Mitarbeitende nutzen außerdem das erweiterte Schu-                                                                                                                                             HHN-Studierenden auch bei einem dreiwöchigen Telekol-
lungsangebot der HHN Lernplattform ILIAS. Ein kompaktes Format                                                                                                                                                laborationsprojekt in Virtueller Realität mit Studierenden
ILIAS am Mittag erweitert heute das seit 2019 bestehende Angebot.                                                                                                                                             in Utrecht.
ILIAS ist nun nicht mehr nur eine reine Dateiaustauschplattform, son-
dern vielmehr eine interaktive Lernumgebung. Mittlerweile nutzen
viele Lehrende ILIAS auch als Kommunikations-, Organisations-, In-
teraktivitäts- und eAssessment-Tool. „Um den neu entstanden Schu-

                                                                                                                                                  Kontakt                                         Kontakt                                          Kontakt
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                                                                                                                                                  eLearning und eAssessment                       eLearning für Deutsch als Fremdsprache           Projektverantwortung VibE@hhn – Videoba-
                                                                                                                                                  Hochschule Heilbronn                            (eDaF), Englisch als Lingua Franca,              siertes eLearning an der Hochschule Heil­bronn,
                                                                                                                                                                                                  Telekollaborationen mit Virtual Reality          eLearning in der Betriebswirtschaftslehre (eBWL),
                                                                                                                                                  Telefon +49 7131 504 417                                                                         ILIAS-Expertin, Mathematik-Grundlagen-Test
                                                                                                                                                  E-Mail andreas.daberkow@hs-heilbronn.de         Telefon +49 7131 504 509
                                                                                                                                                                                                  E-Mail alice.gruber@hs-heilbronn.de              Telefon +49 7131 504 6735
                                                                                                                                                  Laura Abel B.A.                                                                                  E-Mail kerstin.steimle@hs-heilbronn.de
                                                                                                                                                  eLearning Support Standort Künzelsau, ILIAS,    Lisa-Marie Saft
                                                                                                                                                  Videoproduktion, Mathe-Grundlagen-Test          Projekt VibE@hhn, Expertin Conferencing          Kirsten Wegendt
                                                                                                                                                                                                  Systeme (WebEx), Videoerstellung und -schnitt    Gemeinsames eLearning-Projekt HfSW zum
                                                                                                                                                  Telefon +49 7940 1306 408                                                                        Physik-Diagnosetest, ILIAS-Expertin
Bild 2: Deutsch als Fremdsprache mit dem Deutschfuchs                                                                                             E-Mail laura.abel@hs-heilbronn.de               Telefon +49 7131 504 6708
                                                                                                                                                                                                  E-Mail lisa-marie.saft@hs-heilbronn.de           Telefon +49 7121 271 2071
                                                                                                                                                                                                                                                   E-Mail kirsten.wegendt@hs-heilbronn.de

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CORONA SPEZIAL HHN EXPERT*INNEN BELEUCHTEN DIE AUSWIRKUNGEN DER PANDEMIE 04 / 2021
FORSCHUNGSNEWS AUSGABE 04                                                                                                                                                                                                                                                               FORSCHUNGSNEWS AUSGABE 04

Mit alten Tugenden, neuen
Lieferketten und Arbeitsschutz zum
Supermarkt der Zukunft
Über die Auswirkungen der Pandemie auf den EInzelhandel

N
           ach dem verarbeitenden Gewerbe ist der Handel der be-          Asien das Lieferantenmanagement im Handel. Eine Fokussierung auf         vom demografischen Wandel mit überproportional steigender Zahl                         Fördertechniken und Palettierautomaten übernehmen diese Auf-
           schäftigungsreichste und umsatzstärkste Wirtschaftszweig.      einen internationalen Lieferanten wird zukünftig dem Multiple-Sour-      älterer Menschen betroffen ist, spielen Arbeitsschutz und Ergonomie                    gaben. Die Arbeitsplätze in den Distributionszentren des Handels
           Im Jahr 2018 waren in Deutschland etwa 3,1 Mio. Beschäftig-    cing hin zu mehreren, auch europäischen Lieferanten weichen. Der         eine immer größere Rolle. In vielen Bereichen der Logistik hat sich                    werden durch die Technik zunehmend anspruchsvoller und damit
           te allein im Einzelhandel tätig. Die Auswirkungen der Pan-     erste Lockdown hat dem Handel auch Risiken aufgezeigt, die unmit-        die Arbeit der Menschen bereits von der physischen Handhabung zu                       auch attraktiver. Es gilt Prozesse bis in die Supermärkte hinein
demie auf den Einzelhandel sind sehr verschieden. Es gibt Profiteure      telbar mit uns Menschen verbunden sind. Fallen in den Supermärkten,      Überwachungs- und Instandhaltungsaufgaben hin verändert. In den                        unter den Prämissen der Wirtschaftlichkeit, des demografischen
und Verlierer, die sich aus den Gegenmaßnahmen zur Ausbreitung der        in den Lagern oder auch beim Transport auf der Straße Menschen in        Distributionszentren des Handels hat die Automatisierungstechnik                       Wandels, einer zunehmenden Digitalisierung und nun auch vor
Pandemie ableiten lassen. Die Lockdowns haben in ihren jeweiligen         erheblichen Umfang durch Krankheit aus, können die Lieferketten rei-     Einzug gehalten. Seit etwa 15 Jahren werden verpackte Waren vollauto-                  dem Hintergrund der Pandemie umzugestalten. Letztere bewirkt
Ausprägungen auch die Unternehmen des Handels sehr unterschied-           ßen und somit die Versorgung gefährden.                                  matisiert kommissioniert. Das heißt die Waren werden von der sorten-                   eine erhöhte Akzeptanz von Technik im „Supermarkt der Zukunft“
lich getroffen.                                                                                                                                    reinen, palettierten Anlieferung bis zum Versand als gemischte Lade-                   und verändert die Kundenwünsche. Neben dem Einkaufserlebnis
                                                                          Konsequenter Arbeitsschutz und Automatisierung der Logistik              einheiten für die Supermärkte nicht von Menschen berührt. Komplexe                     erhält das Kriterium Sicherheit mehr Gewicht.
Gewinner und Verlierer                                                    Zwei Maßnahmen reduzieren diese Risiken: Konsequenter Arbeits-
Wie die Abbildung zeigt, zählt zu den Profiteuren der Bereich Lebens-     schutz und Automatisierung der Logistik. Vielfach war zu Beginn der
mittel. Teilweise ist ein Umsatzplus von knapp 8 Prozent im Vergleich     Pandemie zu hören, was passiert, wenn die Mitarbeiter*innen an den       Monatliche Entwicklung des Einzelhandelsumsatzes in Deutschland nach
zum Vorjahresmonat zu verzeichnen. Kontaktbeschränkungen ver-             Kassen in den Supermärkten zahlreich ausfallen. Können die Märkte dann   Wirtschaftsbereichen im Oktober 2020 (gegenüber dem Vorjahresmonat)
ringerten bzw. der Lockdown verhinderte Restaurantbesuche; diese          noch geöffnet bleiben und ist die Versorgung der Bevölkerung sicher-                                                                Veränderung zum Vorjahresmonat in %
Nachfrage hat sich in den Lebensmitteleinzelhandel verschoben. Im         gestellt? Durch Einführung der Schutzglasscheiben verbunden mit den                                                                                        – 10 %    –5%        0%      5%      10 %   15 %      20 %     25 %    30 %
Bereich der Nicht-Lebensmittel profitieren die Bereiche der Einrich-      bekannten Hygienemaßnahmen hat sich Personalausfall vermeiden
                                                                                                                                                                                                 Lebensmittel, Getränke, Tabakwaren*           	 7,3
tungsgegenstände, Haushaltsgeräte und Baubedarf sehr stark (ca. 14        lassen. In unserer Gesellschaft, die in den kommenden Jahrzehnten
Prozent Wachstum). Die großen Verlierer sind die Unternehmen in der                                                                                     davon: Einzelhandel mit Waren versch. Art (z.B. Supermärkte, SB-Warenhäuser)           	 7,9
Textil- und Bekleidungsbranche neben den Waren- und Kaufhäusern                                                                                                                              davon: Facheinzelhandel mit Lebensmittel          	 3
im sogenannten stationären Einzelhandel. Diese Umsätze haben sich
                                                                                                                                                                                                                    Nicht-Lebensmittel         	 9
in erheblichen Umfang in den Internet- und Versandhandel verscho-
ben, der ein Wachstum von ca. 30 Prozent verzeichnet hat.                                                                                                                         darunter: Textilien, Bekleidung, Schuhe, Lederwaren               -6,4

                                                                                                                                                                      darunter: Einrichtungsgegenstände, Haushaltsgeräte, Baubedarf            	 14,2
Schnelligkeit und vertrauensvolle Handelsbeziehungen
                                                                                                                                                                             darunter: Sonstiger Einzelhandel (z. B. Fahrräder, Bücher)        	 4,5
Die gesamte Handelsbranche hat während des ersten Lockdowns Lie-
                                                                                                                                                      darunter: Apotheken, kosmetische, pharmazeutische und medizinische Produkte                   
                                                                                                                                                                                                                                                   -0,8
ferprobleme bekommen. Als die innereuropäischen Grenzen teilweise
für Lkw geschlossen und globale Nachschublieferungen zeitweise                                                                                     darunter: Sonstiger Einzelhandel mit Waren versch. Art (z. B. Waren- und Kaufhäuser)          -2,3
unterbrochen waren, ist der Wettbewerb auf die noch vorhandenen                                                                                                                                 darunter: Internet- und Versandhandel          	 29,8
Lagerbestände stark angestiegen. Hier wird die Handelsposition der
Unternehmen am Markt wichtig. Nur wer gute Beziehungen zu seinen                                                                                   Hinweis(e): Deutschland; Vorläufige Werte; Einzelhandel ohne
Lieferanten pflegt und schnell agiert, kann in solchen Situationen                                                                                 KFZ-Handel; Quelle(n): Statistisches Bundesamt; ID 1108716
profitieren. Letztlich lebt der Handel von der Marge zwischen Ein- und
Verkauf. Wer erinnert sich nicht an Marktpreise für Alltagsmasken, Toi­
lettenpapier, Mehl oder Hefe, aber auch Headsets, die zeitweise den
Faktor 10 des Üblichen überschritten hatten. Handelsunternehmen,
die sofort reagiert und verfügbare Bestände aufgekauft haben, konn-
ten erheblich profitieren.                                                                                                                                                                                                                Kontakt
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Sicherheitsbestände in den Lieferketten                                                                                                                                                                                                   Forschungsprofessor für Logistiksystemplanung und Simulation
In der Konsequenz werden für verschiedene Produktgruppen zukünftig
größere Sicherheitsbestände in den Lieferketten aufgebaut werden.                                                                                                                                                                         Telefon +49 7131 504 6802
Die Pandemie beeinflusst durch die erfahrenen Lieferengpässe aus                                                                                                                                                                          E-Mail markus.fittinghoff@hs-heilbronn.de

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FORSCHUNGSNEWS AUSGABE 04                                                                                                                                                                                                                                                     FORSCHUNGSNEWS AUSGABE 04

                                                                                                                                                        Studentin entwickelt
Auswirkungen der                                                                                                                                        Röntgen-Software:
Corona-Pandemie auf den Güterverkehr                                                                                                                    Anwendung in Indien

D                                                                                                                                                       W
             er Güterverkehr bewegt sich seit Beginn der Corona-Pande-                                                                                                 as bislang nur Theorie war, findet nun praktische An-
             mie irgendwo zwischen vollkommen überlastet und teilweise                                                                                                 wendung: Die von der Künzelsauer Studentin Lena
             beschäftigungslos. Dort wo der Warentransport unentbehr-                                                                                                  Kopp entwickelte Röntgen-Software zur Früherkennung                                 Freut sich, dass ihre Entwicklung bald zum
             lich ist, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen,                                                                                              einer Corona-Erkrankung wird bald in Indien eingesetzt.                             Einsatz kommt: Lena Kopp
und um der Pandemie die Stirn zu bieten, wird händeringend nach                                                                                         Der gemeinnützige medizinische Verein Shining Eyes mit Sitz in Flein
Fahrzeugen und Personal gesucht, um alle Aufträge auch abwickeln zu                                                                                     möchte die Software nutzen. Er setzt sich für eine bessere medizini-      Wie Röntgen-Bilder bei der Corona-Diagnose helfen
können. Insbesondere für die Paketbranche war 2020 ein Rekordjahr                                                                                       sche Versorgung in den ländlichen Regionen im indischen Bundestaat        Lena Kopp, die am Campus Künzelsau der Hochschule Heilbronn Elek-
mit Wachstumsraten von bis zu 20 Prozent im Privatkundengeschäft                                                                                        Westbengalen ein. Professor Alexander Jesser, der die Studentin bei       trotechnik studiert, entwickelte eine Röntgen-Software zur Früher-
und einem für das Jahresende prognostizierten Branchenumsatz von                                                                                        der Entwicklung der Software betreut hat, freut sich über die geplante    kennung einer Corona-Infektion. Üblicherweise wird bei Verdacht auf
mehr als 23 Mrd. Euro – alleine in Deutschland. Für die Weihnachtszeit                                                                                  Anwendung: „Gerne stellen wir dem Verein die Software zur Verfügung.      eine Infektion mit dem Virus der bekannte Nasen- und Rachenabstrich
2020 – also mitten im bislang höchsten Anstieg der Corona-Fallzahlen                                                                                    Wir haben darüber hinaus eine weitere Zusammenarbeit beschlossen,         durchgeführt. Bei Verdacht auf einen schweren Verlauf wird eine Com-
– haben die Paketdienstleister kurzfristig mehr als 30.000 Aushilfsfah-                                                                                 um die Software zukünftig auch für Lungen- und Knochentuberkulose         putertomographie (CT) angeordnet. In Entwicklungsländern stehen
rer*innen für die „letzte Meile“ gesucht. Hinzu kommt der Fachkräfte-                                                                                   einsetzen zu können.“ Über Corona hinaus könne die Software damit         weder Test-Kits, noch Möglichkeiten einer CT ausreichend zur Verfü-
bedarf in den Umschlag- und Lagerzentren. Die am nächsten liegende                                                                                      auch den vielen Kindern helfen, die von diesen Krankheiten betroffenen    gung. Hier setzt die Software an: Sie kann automatisch zwischen einer
Lösung, nämlich in der Logistik einfach temporär beschäftigungslos                                                                                      sind. Die Vereinsvorsitzende ist die Kinderärztin Monika Golembiewski     bakteriellen- und einer viralen Lungen-Erkrankung unterscheiden.
gewordenes Personal aus dem Personenverkehr einzusetzen, hat sich           Logistik-Entrepreneure auf der „letzten Meile“                              (links im Bild unten). Sie widmet sich seit mehr als 25 Jahren der Ent-   "Da oft kein CT-Equipment zur Verfügung steht, konventionelles Rönt-
vor dem Hintergrund der benötigten Qualifikationen und bürokrati-           Auf der „letzten Meile“ zum Kunden sind letztlich viele Betriebe in der     wicklungszusammenarbeit in Indien und erfuhr über einen Zeitungs-         gen jedoch inzwischen weit verbreitet ist, ist es aus meiner Sicht be-
scher Hindernisse in der Praxis oftmals als unmöglich erwiesen. Derar-      Pandemie spontan selbst zu Logistik-Entrepreneuren geworden. Als            bericht von der an der HHN entwickelten Röntgenbild-Software. „Ich        sonders sinnvoll die vorhandenen Möglichkeiten optimal zu nutzen
tige Strategien sind unter anderem selbst bei Lokführern gescheitert,       Reaktion z. B. auf die Schließung von Ladenlokalen, gastronomischen         dachte sofort an einen möglichen Einsatz bei uns vor Ort in Indien und    und zur Unterstützung der Ärzte Röntgenbilder automatisiert auswer-
obwohl deren Arbeitgeber, die Bahn, im Personen- und Güterverkehr           Betrieben und Baumärkten wurden in kurzer Zeit von vielen Betrieben         blicke der Kooperation mit der Hochschule Heilbronn froh und opti-        ten zu können“, sagt die Studentin.
aktiv ist.                                                                  in Eigenregie und unter Nutzung digitaler Kommunikationsmedien              mistisch entgegen. Es ist ein sehr spannendes Projekt mit großem Po-
                                                                            Liefer- und Abholservices aufgebaut. Sogar die Auslieferung wurde           tenzial und wir sind froh, über die Bereitschaft von Herrn Jesser und
Überfüllte Häfen und Höchstleistungen in der Luftfracht                     teilweile mangels Kapazitäten bei kommerziellen Anbietern selbst            Frau Kopp ihre Forschungsentwicklungen mit uns zu teilen und sogar
Andere Verkehrsträger wie z. B. die Containerschifffahrt kämpfen auf-       durchgeführt. Parallel zur Pandemie meistert die Güterverkehrsbran-         im Hinblick auf Tuberkulose zu erweitern.“
grund von Handelserschwernissen zunehmend mit überfüllen Termi-             che derzeit ihren größten Strukturwandel seit der Industrialisierung in
nals und Häfen. Wenn allerdings Umschlag und Lagerung im Hafen              der Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie muss in kürzester Zeit bei allen Ver-
nicht mehr funktionieren, so nutzen auch die unverändert verkehren-         kehrsträgern klimafreundlich werden. Der Klimaschutz macht zu Recht
den Seecontainerschiffe der globalen Logistik nichts mehr. Auch Lkw         nicht Halt vor der Pandemie-Sondersituation. Hierüber darf auch die
durften zunehmend an nationalstaatlichen Grenzen ihre Fahrt aus             für 2020 voraussichtlich relativ günstig aussehende CO2-Bilanz des
Angst vor einer weiteren Ausbreitung der Pandemie nicht mehr fort-          Gütertransports nicht hinwegtäuschen. Sie ist alleine den pandemie-
setzen. Weitere Lieferketten kamen hierdurch ins Stocken. Umgekehrt         bedingten Minderverkehren geschuldet, aber noch nicht einem Struk-
vollbringt vor allem die Luftfracht in der Pandemie Höchstleistungen.       turwandel hin zu klimafreundlicheren Flotten und Energieträgern.                                                                                      Röntgenbild einer Lunge, die Veränderungen durch
Der Frachtumschlag hat nicht nur viele Flughäfen 2020 vor dem völligen      >M
                                                                              ehr Infos unter www.hs-heilbronn.de/logwert                                                                                                        eine bakterielle Infektion zeigt
Einbruch bewahrt. Auf der Luftbeförderung ruhen vielmehr auch riesige
Hoffnungen, was die weltweite Verteilung der Impfstoffe gegen das
neuartige Coronavirus betrifft. Ohne die Luftfracht und ihre Agenten
wären die aktuellen Impfpläne und -konzepte nicht einmal denkbar.
Ohne den Lufttransport funktioniert zudem auch das Paketgeschäft
nicht, und damit weder das private Online-Shopping noch das inter-
nationale Ersatzteilgeschäft, ohne das viele Handwerker ihren Betrieb
längst hätten einstellen müssen.                                            Kontakt                                                                                                                                               Kontakt
                                                                            Prof. Dr. Tobias Bernecker                                                  Shining Eyes Vereinsvorsitzende und Kinderärztin Monika Golembi-          Prof. Dr. Alexander Jesser
                                                                            Forschungsprofessor für Verkehrslogistik und nachhaltige Mobilität          ewski (links) mit einer jungen indischen Patientin und ihrer Mutter       Professur für Eingebettete Systeme und Nachrichtentechnik

                                                                            Telefon +49 7131 504 1131                                                                                                                             Telefon +49 7940 1306 306
                                                                            E-Mail tobias.bernecker@hs-heilbronn.de                                                                                                               E-Mail alexander.jesser@hs-heilbronn.de

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