Ärzteparlament tagt im Zeichen von Corona - Ärztekammer ...
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Thema Ärzteparlament I n normalen Zeiten herrscht im Haus der Ärzte schaft am Tag der Kammerversammlung geschäf tiges Treiben. Diesmal blieben Halle und Sitzungs tagt im Zeichen saal in der Düsseldorfer Tersteegenstraße gespens tisch leer. Angesichts von täglich mehr als 20.000 Neuinfektionen mit SARS-CoV-2 und verschärften von Corona Kontaktbeschränkungen durch das Land Nordrhein- Westfalen hatte die Ärztekammer Nordrhein entschie den, die Versammlung erstmals als Videokonferenz durchzuführen. Vor Ort waren Präsident Rudolf Henke, Steigende Infektionszahlen und verschärfte Vizepräsident Bernd Zimmer, die hauptamtliche Ge Kontaktbeschränkungen im Kampf gegen die weitere schäftsführung der Kammer sowie ein Team von Mit arbeiterinnen und Mitarbeitern, die für einen reibungs Ausbreitung von SARS-CoV-2 prägten auch die losen Ablauf der Sitzung sorgten. Wer sich um die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein. Sie Debattenkultur unter den über 90 an der Videokonfe tagte am 14. November erstmals audiovisuell. Auch renz teilnehmenden Mitgliedern gesorgt hatte, konnte inhaltlich bestimmte die Pandemie die Sitzung. sich im Verlauf zurücklehnen. Das virtuelle Format tat ihr keinen Abbruch. Das belegten die zahlreichen Wort meldungen ebenso wie die eifrige Nutzung der Chat von Heike Korzilius funktion für die Kommunikation untereinander. Auch inhaltlich bestimmte Corona die Kammerver sammlung. Deutschland sei bis heute im internationa len Vergleich relativ gut durch die Pandemie gekommen, stellte der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke,in seinem mündlichen Bericht zur berufs- und gesundheitspolitischen Lage fest. Das sei insbesondere dem unermüdlichen Einsatz der Ärztinnen und Ärzte in Praxen, Kliniken und Gesundheitsämtern sowie den zahllosen freiwilligen ärztlichen Helferinnen und Helfern in den Testzentren zu verdanken. Neben der Zugänglichkeit von Tests und einer besonderen Bereit schaft der Bevölkerung zum Einhalten von Disziplin liege der recht erfolgreiche Umgang mit der Pandemie auch darin begründet, wie in Deutschland Versorgung organisiert werde. „In der ersten Welle sind sechs von sieben Patienten abschließend in den Praxen der nie dergelassenen Kolleginnen und Kollegen versorgt wor den“, sagte Henke. Während im Ausland vielfach das Krankenhaus erste Anlaufstelle für die Patienten sei, hätten sich die Kliniken hierzulande auf die Behandlung der Schwerkranken konzentrieren können, betonte der Kammerpräsident. Henke hob erneut hervor, wie wichtig in der Pan demie der Schutz vulnerabler Patientengruppen sei. Einer internationalen Studie zufolge liege die Sterb lichkeit in der Altersgruppe der 65- bis 74-Jährigen bei 2,2 Prozent – 30-mal höher als bei der Grippe. In der Altersstufe der über 85-Jährigen sterbe fast jeder Dritte COVID-19-Patient. Auch Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes, COPD, Herz-Kreislauf- Erkrankungen oder Menschen mit Behinderung müss ten mit schwereren Krankheitsverläufen rechnen als Gesunde. Bei allen Strategiediskussionen über den Umgang mit der Pandemie gehe es deshalb im Kern auch immer um die Frage gesellschaftlicher Werte. „Es geht um die Frage, wie sehr wir uns für verletzliche Bevölkerungsgruppen einsetzen“, mahnte Henke. „Wir Ärztinnen und Ärzte stimmen allen Maßnahmen zu, Foto: Jochen Rolfes die helfen, die Pandemie einzudämmen und vul 12 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 12 / 2020
Thema „Wir können die Patienten auf den Intensivstationen im November wahr Pandemie nur scheinlich auf mehr als 6.000 steigen, warnte Henke: gemeinsam „Und dann hätten wir nicht nur die Überforderung bekämpfen. unserer Gesundheitsämter zu beklagen, sondern dann Spaltungstendenzen würden wir auch eine Überforderung unserer klinischen müssen wir Strukturen erleben, wie wir sie in einigen Nachbar entgegentreten.“ ländern deutlich vor Augen haben.“ Was aber passiert, wenn die Kapazitäten nicht mehr für alle ausreichen? Wer entscheidet dann darüber, wel che Patienten behandelt werden und welche nicht? Henke zufolge wird sich demnächst das Bundesverfas Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein sungsgericht mit dieser Frage befassen. „Wir sind gegen Foto: Jochen Rolfes wärtig weit weg von einer solchen Situation“, sagte er. Dennoch müsse man sich dieser Debatte stellen. Nach Ansicht von Henke darf der Staat nicht vorgeben, welche nerable Gruppen zu schützen, ohne sie abzuschreiben Patienten noch versorgt werden sollen. Derartige Ent oder ihnen die Hauptlast der Pandemie aufzubürden.“ scheidungen müssten in jedem Einzelfall sorgfältig nach Die eine „richtige“ Strategie bei der Pandemie dem aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse bekämpfung habe niemand. Man müsse den Menschen und ethischen Prinzipien individuell getroffen werden. vermitteln, dass das Verhalten jedes Einzelnen entschei „Das können keine schematisierten Entscheidungen dend zur Eindämmung des Infektionsgeschehens bei sein, keine algorithmischen Entscheidungen irgendeiner tragen könne. Abstands- und Hygieneregeln einhalten, künstlichen Intelligenz, sondern es sind persönliche Alltagsmasken tragen, regelmäßig lüften und die Entscheidungen, und diese müssen auf den Regeln Indi Corona-Warn-App einsetzen – das seien derzeit die kation, Patientenwille und klinische Erfolgsaussichten zentralen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona- basieren“, forderte Henke. Die Entscheidungsnot könne Pandemie. „Lassen Sie uns dies auch weiterhin gemein der Staat den Ärztinnen und Ärzten nicht abnehmen. Er sam kommunizieren und der Bevölkerung ein Signal könne sie ihnen aber erleichtern, indem er deren Urteil der Zuversicht und des Vertrauens geben“, appellierte vertraue und sie vor strafrechtlichen Folgen schütze. Henke an die Mitglieder, was diese mit mehreren Be „Damit es nicht zu einer Überforderung des Gesund schlüssen bekräftigten (siehe Kasten „Entschließungen“ heitssystems kommt, bedarf es unser aller Anstrengung, ab Seite 16 ff.). Die Gesellschaft könne die Pandemie die Neuinfektionszahlen weiter zu senken“, erklärte nur gemeinsam bekämpfen. Spaltungstendenzen, wie Henke. Ein Hoffnungsträger im Kampf gegen die Pande sie zum Teil auch in der Ärzteschaft sichtbar würden, mie ist ein Impfstoff. Es zeichnet sich ab, dass Anfang müsse man entgegentreten. des nächsten Jahres mit ersten Zulassungen zu rechnen Hassmails an medizinisches Personal Henke und Vizepräsident Bernd Zimmer verurteil ten, dass Ärztinnen und Ärzte ebenso wie die nichtärzt lichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Praxen Nordrheinische Akademie stellt sich neu auf und Krankenhäusern, die sich öffentlich für die Einhal tung der Abstands-, Hygiene- und Maskenregeln ein Eine moderne Fortbildung, die setzten, zum Teil mit Hassmails, Gewaltandrohungen eine hohe Akzeptanz in der Ärzte- schaft und bei den Medizinischen und Schmähungen überschüttet würden. Es sei eine Fachangestellten genießt, will die untragbare Situation, wenn medizinisches Personal, Ärztliche Akademie für medizini- das während der ersten Corona-Welle Tod und Sterben sche Fort- und Weiterbildung in vieler Patienten erlebt habe, jetzt solche Anwürfe und Foto: Jochen Rolfes Nordrhein leisten. „Wir verstehen Bedrohungen aushalten müsse, sagte Zimmer. unsere Rolle nicht politisch, son- Kammerpräsident Henke warb in diesem Zusammen dern sind rein der Fachlichkeit hang um Verständnis für den Teil-Lockdown zur Ein verpflichtet“, betonte Professor dämmung der Pandemie. Dieser führte dazu, dass seit Dr. Gisbert Knichwitz, Vorsitzender dem 4. November Restaurants, Kultur- und Sportstätten des Fortbildungsausschusses der Bereich IT erheblich investieren, geschlossen waren und strenge Kontaktbeschränkun Akademie. Durch die Corona- damit Kurse mithilfe neuer Medien gen galten. Diese Maßnahmen seien vor dem Hinter Pandemie mit ihren Kontakt und neuer Lernformate auch wei- grund zu bewerten, dass zeitversetzt ein bis zwei Prozent beschränkungen sei ein Großteil terhin angeboten werden könnten. aller neu mit SARS-CoV-2 infizierten Menschen intensiv der Einnahmen der Akademie aus „Unser Ziel ist die Digitalisierung medizinisch betreut werden müssten. Wenn man über Fort- und Weiterbildungskursen der Akademie bis 2022“, kündigte einen längeren Zeitraum täglich 20.000 Neuinfizierte weggebrochen. Man wolle nun im Knichwitz an. und mehr verzeichne, werde die Zahl der Corona- Rheinisches Ärzteblatt / Heft 12 / 2020 13
Thema ist. Erst kürzlich haben die Pharmaunternehmen Pfizer heitsdienst geschaffen werden. Allerdings wies Henke und Biontech erste Daten zu einem RNA-Impfstoff vor darauf hin, dass noch immer eine beträchtliche Lücke gelegt, der auf einer neuartigen Technologie aufbaut und zwischen den Gehältern der Ärzte in den Gesundheits einen mehr als 90-prozentigen Schutz vor COVID-19 bie ämtern und denen der Kollegen in den Krankenhäusern ten soll. „Wichtig ist, dass wir jetzt in Ruhe und Sorgfalt und beim Medizinischen Dienst der Krankenversiche die exakten Daten der Phase-3-Studie prüfen, um zu einer rung klafft. Um qualifizierte Ärztinnen und Ärzten für abschließenden Einschätzung über den Impfstoff zu den Öffentlichen Gesundheitsdienst gewinnen zu kön kommen“, sagte Henke dazu. Bei einem derartig neuen nen, müsse auch für diese ein arztspezifischer Tarifver Impfstoff sei es zudem gut, dass es ohnehin nicht vorge trag abgeschlossen werden. sehen sei, eine Impfpflicht einzuführen. Eher werde es Die an den Lagebericht anschließende Aussprache nun darum gehen zu definieren, welche Bevölkerungs prägten im Wesentlichen drei Themen: der Umgang gruppen zuerst geimpft werden sollten. mit der Corona-Pandemie, notwendige Priorisierungs entscheidungen beim Impfen und die erneut aufkom Schutzschirme für Kliniken und Praxen mende Debatte über den ärztlich assistierten Suizid. Henke formulierte auch Voraussetzungen dafür, dass aktuell die Funktionsfähigkeit der Patientenversorgung „Es ist untragbar, in Praxen und Krankenhäusern aufrechterhalten wer wenn medizinisches den kann. Es müsse weiterhin ausreichend Schutz Personal, das während material bereitgestellt und finanziert werden, forderte der ersten Corona- der Kammerpräsident. Dokumentationspflichten zu Ab Welle Tod und Sterben rechnungs-, Kontroll- und Qualitätssicherungszwecken vieler Patienten erlebt müssten ausgesetzt werden, damit sich das medizini hat, jetzt Bedrohungen sche Personal auf die Patientenbehandlung konzen ausgesetzt ist.“ trieren könne. Wie schon in der ersten Welle der Pande mie müssten Schutzschirme über Praxen und Kranken häuser gespannt werden, um COVID-bedingte Minder Bernd Zimmer, Vizepräsident erlöse auszugleichen. Außerdem müssten die für die der Ärztekammer Nordrhein Pandemiekontrolle unersetzlichen Gesundheitsämter Foto: Jochen Rolfes materiell und personell besser ausgestattet werden. Den „Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“ von Bund und Ländern hatte Henke in seinem ausführ Sebastian Exner (Stolberg) sprach sich dafür aus, lichen schriftlichen Lagebericht, der im Vorfeld der dass die Politik die gesamte Bandbreite der ärztlichen Kammerversammlung an deren Mitglieder verschickt Expertise zur Bewältigung der Corona-Pandemie nut wurde, als wichtigen Schritt nach vorn bezeichnet. Vier zen solle. In der Öffentlichkeit und den Medien würden Milliarden Euro stellt der Bund dafür bis 2026 zur Ver insbesondere Virologen und Intensivmediziner als fügung. Hinzu kommen 50 Millionen Euro, die in diesem gefragte Fachexperten gelten. „Man muss aber berück Jahr für Investitionen in die Digitalisierung der Gesund sichtigen, dass von 20 Corona-Fällen 19 im ambulanten heitsämter fließen sollen. Insgesamt sollen bis Ende Bereich behandelt werden“, gab Exner zu bedenken. 2022 5.000 zusätzliche Stellen im Öffentlichen Gesund „Da sind vorrangig die niedergelassenen Ärzte, allen voran die Hausärzte gefragt. Deren Expertise im Um gang mit der Corona-Pandemie, mit den Angehörigen, mit den Gesundheitsämtern, der findet in der öffent lichen Wahrnehmung und in den Beratungsgremien der Politik in meinen Augen nicht oder viel zu wenig Kammerhaushalt 2021 statt.“ Durch öffentlich ausgetragene Fachdiskussio nen von Virologen und Intensivmedizinern seien in Die Ärztekammer Nordrhein erwar- zum Finanzausschuss der Ärzte- der Vergangenheit große Teile der Bevölkerung verun tet für 2021 bei einem unveränder- kammer der Kammerversammlung. sichert worden. Er sehe es primär als ärztliche Aufgabe, ten Beitragssatz der Mitglieder von Über den Haushaltsplan für 2021 durch Ruhe und Sachlichkeit zur Information der Be 0,54 Prozent ein Beitragsaufkom- für die Ärztekammer Nordrhein völkerung beizutragen, sagte Exner. men von 30,5 Millionen Euro. Der und die Nordrheinische A kademie Ähnlich argumentierte Dr. Oliver Funken (Rhein Kammerbeitrag basiert auf den stimmen die Mitglieder der bach). Auch er plädierte dafür, insbesondere die prag ärztlichen Einkünften des Jahres Kammerversammlung im Nachgang matischen Erfahrungen der niedergelassenen Ärzte 2019. Mit negativen Auswirkungen zur virtuellen Versammlung in die Beratergremien zur Bewältigung der Corona- der Coronakrise sei daher noch schriftlich ab. Dasselbe gilt für Pandemie einfließen zu lassen. Die ärztlichen Fach nicht zu rechnen, berichtete die Entlastung des Kammer- disziplinen hätten unterschiedliche Sichtweisen auf Dr. Joachim Wichmann, MBA, als vorstands für das Haushaltsjahr Verbindungsmann des Vorstandes 2019. die Pandemie. Daraus resultierten unterschiedliche Äußerungen, die in der Öffentlichkeit den Eindruck 14 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 12 / 2020
Thema von Zerstrittenheit erweckten. Funkten sprach sich dafür aus, dass die Bundesärztekammer hier eine Moderatorenrolle einnehmen solle. Dr. Sven Dreyer (Düsseldorf) hob die Zusammen arbeit von niedergelassenen Ärzten und Krankenhaus ärzten bei der Bewältigung der Pandemie hervor. „Wir stehen zusammen wie kaum jemals zuvor“, sagte er. „Ich erlebe sehr dankbare Klinikärzte, die sich freuen, dass niedergelassene Kolleginnen und Kollegen drau ßen kämpfen, damit die Betten nicht überbelegt wer den. Und ich erlebe niedergelassene Kolleginnen und Kollegen, die dankbar sind, dass die Aufnahme auf den Stationen so schnell funktioniert.“ Den Marathon der Pandemie-Bekämpfung könne man nur gemein sam durchstehen, sagte Dreyer. Zum wirksamen Kampf gegen die Corona-Pandemie gehöre es auch, die Bevölkerung sachgerecht über be grenzte medizinische Ressourcen aufzuklären, forderte Wieland Dietrich (Essen). Er bezog sich auf die knapp Präsident Rudolf Henke und Vizepräsident Bernd Zimmer leiten die werdenden Impfstoffe gegen die saisonale Grippe und Kammerversammlung per Videokonferenz aus einem Sitzungssaal im Pneumokokken. Die Impfungen würden vor dem Hinter Düsseldorfer Haus der Ärzteschaft heraus. Foto: Jochen Rolfes grund der Pandemie vielfach auch von Menschen wahr genommen, für die die Ständige Impfkommission diese nicht empfiehlt. Dasselbe gelte für die willkürliche In nicht zur Mitwirkung an einer Selbsttötung verpflichtet anspruchnahme von Corona-Tests. Dabei a rbeiteten die werden könnten. „Ich bleibe dabei: Die Aufgabe von Labore an der Leistungsgrenze und Testmaterial werde Ärztinnen und Ärzten ist es, unter Achtung des Selbst knapp. Es sei die Verantwortung von Politik und Kran bestimmungsrechts des Patienten Leben zu erhalten, kenkassen, die Bevölkerung über begrenzte Ressourcen Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen sowie und die Notwendigkeit der Priorisierung nach sinnvollen Leiden zu lindern und Sterbenden bis zu ihrem Tod ärztlichen und ethischen Maßstäben aufzuklären. „Es beizustehen“, so Henke. „Die Beihilfe zum Suizid gehört kann nicht Aufgabe der Ärzte sein, Mangellagen abzu damit auch in Zukunft ganz grundsätzlich nicht zu den fangen, abzufedern, zu moderieren und gegenüber den Aufgaben von Ärztinnen und Ärzten.“ Es bleibe jedoch Patienten zu kommunizieren“, sagte Dietrich. zu diskutieren, ob das Verfassungsgerichtsurteil Aus wirkungen auf das Verbot des assistierten Suizids in Debatte über ärztlich assistierten Suizid § 16 der Berufsordnung haben solle. „Ich halte es für wichtig, dass wir uns auf diese Michael Lachmund (Remscheid) rief mit der Sterbe Debatte vorbereiten und vielleicht tatsächlich einzel hilfe ein Thema auf, das grundlegende ethische Fragen ne unserer bisher gefassten Positionen überdenken des ärztlichen Berufs berührt. Hintergrund ist ein Urteil müssen“, sagte dazu Michael Lachmund bei der Kam des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020. merversammlung. Henke ist für eine gründliche und Das Gericht erklärte darin das Verbot der geschäfts ergebnisoffene Diskussion in den kommenden Mona mäßigen Förderung der Selbsttötung, wie es seit 2015 in ten. „Die Diskussion wäre wahrscheinlich leichter, § 217 des Strafgesetzbuches steht, für verfassungswidrig. wenn man wüsste, ob der Gesetzgeber hier noch einmal In seinem schriftlichen Lagebericht hatte Kammerpräsi tätig wird“, sagte der Kammerpräsident. dent Henke erklärt, die rheinische Ärzteschaft habe sich seinerzeit vehement für das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung eingesetzt und sei entspre chend enttäuscht von dem Urteil des Bundesverfassungs gerichts. „Der Umgang mit Schwerstkranken und Ster benden ist ein Gradmesser für die Humanität der Gesell Der Bericht der Gutachterkommis- versorgung entgegen. Die Ent schaft“, betonte Henke in seinem Lagebericht. Eine or sion für ärztliche Behandlungs lastung der Organe der Nordrheini- ganisierte Ermutigung zur Selbsttötung könne zu einem fehler bei der Ärztekammer Nord- schen Ärzteversorgung für das gesellschaftlichen Klima beitragen, in dem sich schwer rhein für den Zeitraum 1. Oktober Geschäftsjahr 2019 erfolgt schrift- kranke, pflegebedürftige oder behinderte Menschen zur 2019 bis 30. September 2020 er- lich. Dasselbe gilt für die Abstim- Selbsttötung gedrängt fühlten. „Wir wollen aber nicht, scheint in einer der nächsten Aus- mung über die Satzungsänderun- dass die Selbsttötung und die Suizidassistenz zur gesell gaben des Rheinischen Ärzteblatts. gen der Ärztekammer Nordrhein schaftlichen Normalität werden“, so Henke. Die Kammerversammlung nahm und der Nordrheinischen Ärzte Das Bundesverfassungsgericht habe jedoch auch den Bericht über das Geschäftsjahr versorgung zu audiovisuellen ausdrücklich klargestellt, dass Ärztinnen und Ärzte 2019 der Nordrheinischen Ärzte- Sitzungsformaten. Rheinisches Ärzteblatt / Heft 12 / 2020 15
Thema Entschließungen der Kammerversammlung am 14. November 2020 Appell der Kammerversammlung: Strategien für die Pandemie-Bewältigung von Kontaktpersonen sind die Möglichkei- Pandemiebekämpfung braucht Solidarität im Herbst und Winter ten der Digitalisierung deshalb voll auszu- Die Corona-Pandemie stellt die Gesellschaft Angesichts eines kritischen Anstiegs der schöpfen. im Allgemeinen und das Gesundheitswesen im Infektionszahlen zuletzt auch in den Alters- Außerdem helfen einfache und einheitliche Besonderen in Deutschland und weltweit vor gruppen mit erhöhtem Risiko für schwere Regeln den Infizierten und Kontaktperso- eine der größten Herausforderungen der Krankheitsverläufe und einer starken Zu nen dabei, das richtige Verhalten auch letzten Jahrzehnte. Die beispiellose Einsatz nahme der Zahl der intensiv- und beatmungs- schon vor einer Kontaktaufnahme durch bereitschaft von Ärztinnen und Ärzten und pflichtigen Patientinnen und Patienten sind das Gesundheitsamt umzusetzen. den Angehörigen der Gesundheitsfachberufe die aktuellen Kontaktbeschränkungen erfor- Die Zahl der Tests muss weiterhin auf haben zusammen mit der breiten, altersgrup- derlich, um eine Überlastung der Intensiv hohem Niveau gehalten werden. Dazu ist penübergreifenden Akzeptanz der Bevölke- kapazitäten abzuwenden. Unabhängig vom die schrittweise Wiedereröffnung von Test- rung für die notwendigen Schutzmaßnahmen Erfolg dieser Maßnahmen steht unserem Land zentren überall dort sinnvoll, wo aufgrund dazu geführt, dass unser Land bis jetzt ver- jedoch noch eine monatelange Herbst- und des hohen Volumens eine Testung allein in gleichsweise gut durch die erste Welle der Winterzeit bevor, in der die Pandemie eine den Arztpraxen nicht mehr ausreicht. Da Pandemie gekommen ist. erhebliche Herausforderung bleiben wird. jedoch keine unbegrenzte Steigerung der Ärztinnen und Ärzte werden auch in den noch Eine erfolgreiche Strategie für diese Monate Tests möglich sein wird, ist immer wieder bevorstehenden Herbst- und Wintermonaten muss folgende Elemente beinhalten: zu überprüfen, wie die verfügbaren ihr Möglichstes tun, um die Gesundheit und 1. Grundlegende Verhaltensregeln umsetzen Testungen möglichst gezielt eingesetzt das Leben ihrer Patientinnen und Patienten, Die grundlegenden Verhaltensregeln werden können. Ebenso sind auf Basis des wie auch ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbei- (AHA+L+C-Regel) sind weiterhin intensiv kontinuierlichen Erkenntnisfortschrittes ter zu schützen. Damit dies gelingen kann, zu verbreiten, zu erklären und durchzuset- die Quarantänevorgaben regelmäßig zu appelliert die Kammerversammlung an die zen. Gesellschaftliche Gruppen, die bisher überprüfen und anzupassen. Deswegen Solidarität der Menschen in unserem Kammer- ungenügend erreicht worden sind, müssen sind die Anfang November vom Robert bereich: dabei durch geeignete Kommunikations- Koch-Institut vorgenommenen Strategie- Bitte setzen Sie die grundlegenden, einfachen formate stärker als bisher in den Blick ge- Ergänzungen zu begrüßen. Auch in den Regeln zur Eindämmung der Pandemie nommen werden. Darüber hinausgehende kommenden Monaten sind die Empfehlun- konsequent um! Halten Sie Abstand! – Kontaktbeschränkungen und weitere Maß- gen im Austausch mit den an der Versor- Beachten Sie die Hygieneregeln! – Tragen Sie nahmen müssen möglichst einfach, trans- gung Beteiligten immer wieder zu über Alltagsmasken! Lüften Sie regelmäßig! – parent, einheitlich und nachvollziehbar prüfen und ggf. anzupassen. Nutzen Sie die Corona-Warn-App! sein, um die Akzeptanz in der Bevölkerung 4. Risikogruppen besonders schützen Die Kammerversammlung bekräftigt die ge- zu stärken. Je weiter die Pandemie fortschreitet, desto meinsame Position von Bundesärztekammer, 2. Hygienekonzepte für das gesellschaftliche mehr Gewicht muss auf den besonderen den Landesärztekammern, der Kassenärztlichen Leben evaluieren Schutz von Risikogruppen gelegt werden. Bundesvereinigung, der wissenschaftlichen Für eine Vielzahl von Bereichen des Wirt- Dazu sind Schutzmaterialien verfügbar zu Fachgesellschaften und zahlreicher ärztlicher schafts- und Gesellschaftslebens sind in den machen, soweit dies der vorrangige Bedarf Verbände, dass es für die Wirksamkeit dieser vergangenen Monaten Hygienekonzepte ent- in der medizinischen und pflegerischen Maßnahmen schlüssige Belege gibt. Gerade an- wickelt und umgesetzt worden. Die Wirksam- Versorgung zulässt. Außerdem kommt in gesichts der Tatsache, dass derzeit Infektionen keit dieser Konzepte ist jedoch oft unzurei- diesem Zusammenhang den Schnelltests in häufig nicht auf einen klaren Ursprung zurück- chend evaluiert. Wenn ein Rückgang der Pflegeheimen und anderen Einrichtungen geführt werden können, haben diese erwiesener Infektionszahlen eine Rücknahme der gel- eine wichtige Bedeutung zu. Auch für maßen wirksamen Maßnahmen größte Bedeu- tenden Kontaktbeschränkungen in bestimm- Risikopersonen außerhalb von Einrichtun- tung. Es ist daher sehr wichtig, diese einfachen ten Bereichen wieder vertretbar erscheinen gen müssen Wege gefunden werden, den Regeln zur Infektionsvermeidung zu beherzigen, lässt, sollte dies wo immer möglich regional notwendigen Schutz mit dem erforder um selbst gesund zu bleiben, um Risikogrup- unter wissenschaftlicher Begleitung erprobt lichen Maß an sozialem Kontakt in Einklang pen wie ältere oder chronisch erkrankte Men- werden, um Evidenz für die erforderlichen zu bringen. Schnelltests für Angehörige schen zu schützen, aber auch, um die Gesamt- Schutzmaßnahmen zu gewinnen. und Helfer können auch hier eine Rolle gesellschaft vor weiteren schweren Belastun- 3. Infektionserkennung und Kontaktpersonen- spielen. Schnelltests können hierfür aller- gen bis hin zu Überforderungen zu bewahren. Nachverfolgung weiterentwickeln dings nur bereitgestellt werden, soweit Die Kammerversammlung appelliert auch an Der Identifikation von Infizierten und der dadurch nicht die prioritäre Bereitstellung alle Ärztinnen und Ärzte, ihren Einfluss und Nachverfolgung der Kontaktpersonen für die medizinische und pflegerische ihre Vertrauensstellung weiterhin zu nutzen, kommt weiterhin eine hohe Bedeutung zu. Versorgung gefährdet wird. Daneben sind um die Bevölkerung, und insbesondere Angesichts der hohen Zahl von Infizierten Angebote der Nachbarschaftshilfe zu Patientinnen und Patienten zur Einhaltung der und Kontaktpersonen stoßen die bisher stärken und Zeitkorridore z.B. im Einzel- Infektionsschutzregeln und zur Nutzung der dazu angewendeten Konzepte jedoch an handel oder in bestimmten Bereichen des Corona-Warn-App zu motivieren. Grenzen. Mit Blick auf die Nachverfolgung öffentlichen Raums zu prüfen. 16 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 12 / 2020
Thema 5. Gestufte Behandlungskriterien und sagt. So verständlich es ist, dass unter den desweit sichergestellt und mit einem Monito- -strukturen entwickeln aktuellen Bedingungen keine „normale“ ring verbunden werden, um Engpässe frühzei- Wenn die Zahl der Erkrankten weiter zu- Landesgesundheitskonferenz stattfinden tig erkennen und ausgleichen zu können. Bei nimmt, sind elektive Eingriffe schrittweise kann, so dringend ist die Etablierung eines der Verteilung von für den medizinischen Be- auszusetzen bzw. aufzuschieben, um die strukturierten Austausches per Telefon- oder reich zertifizierten FFP2-Masken müssen medi- Notfallversorgung aller Patientinnen und Videokonferenz erforderlich, um für alle zinische und pflegerische Einrichtungen Priori- Patienten nicht zu gefährden (unabhängig Akteure einen gleichen Informationsstand tät haben. Corona-Testungen für das Personal davon, ob sie an COVID-19 oder einer an- herzustellen, um Anregungen aufzunehmen, müssen in ausreichendem Umfang bereitge- deren Erkrankung leiden). Außerdem sind Probleme zu identifizieren, die jeweils stellt, zeitnah umgesetzt und finanziert wer- ergänzend zur üblichen ambulanten und nächsten Schritte zu erörtern und um an- den. Alle in der Gesundheitsversorgung Tätigen stationären Behandlung weitere gestufte schließend so weit als möglich mit einer müssen sich darauf verlassen können, dass mit Versorgungsstrukturen einzubeziehen, um Stimme zu sprechen. Die Kammerversamm- Blick auf zusätzliche Risiken, denen sie sich eine Überlastung der Krankenhäuser und lung fordert die Landesregierung auf, diesen aussetzen, eine umfassende, in der Regel be- Intensivstationen abzuwenden. Dazu ge Austausch schnellstmöglich zu etablieren. rufsgenossenschaftliche Absicherung gilt. hören ambulante Behandlungszentren ebenso wie Ausweichkrankenhäuser, die Entbürokratisierung und Entlastung von z.B. unter Einbeziehung von Rehakliniken Corona-Pandemie – Erfordernisse der patientenfernen Tätigkeiten zu eröffnen sind. Auf Erfahrungen bzw. Patientenversorgung Ärztinnen und Ärzte, Medizinische Fachange- Vorbereitungen aus der ersten Welle der Die Corona-Pandemie trifft unser Land hart. stellte, Pflegekräfte und alle weiteren Gesund- Pandemie kann dabei zurückgegriffen Ärztinnen und Ärzte blicken mit Sorge auf die heitsfachberufe müssen sich in der Krise auf werden. Außerdem sind regionale und massiv steigenden Infektions- und Erkran- die unmittelbare Patientenversorgung überregionale Kooperationsstrukturen zur kungszahlen. In dieser eskalierenden Situa konzentrieren können. Wo die Bewältigung gegenseitigen Hilfe bei drohender Über tion ist der bestmögliche Erhalt der Funk der Pandemie und die Versorgung von COVID- lastung zu etablieren. tionsfähigkeit der ambulanten und statio Patienten in den Vordergrund tritt, müssen 6. Impfstrategie entwickeln nären Patientenversorgung von zentraler Dokumentationspflichten zu Abrechnungs-, Möglicherweise werden noch im Laufe Bedeutung. Dazu sind folgende Maßnahmen Kontroll- und Qualitätssicherungszwecken des Winters die ersten Impfstoffe gegen erforderlich: ausgesetzt werden, soweit sie nicht zwingend COVID-19 zugelassen. Deswegen sind die nötig sind. MDK-Prüfungen gehören ebenfalls Vorbereitungen einer landesweiten Impf- Koordination der Versorgung nicht in diese Phase der Pandemie. strategie und -logistik zügig voranzutrei- Die Versorgung muss regional, überregional ben. Bei der Planung von Impfzentren ist (Regierungsbezirke) und auf Landesebene über Finanzielle Absicherung der Versorgung die ärztliche Selbstverwaltung einzubezie- Krisenstäbe unter Einbeziehung der Ärztekam- Arztpraxen, MVZ und Krankenhäuser, die ihre hen. Grundgedanken der Strategie müssen mer und Vertretung aller weiteren Beteiligten Prioritäten auf die Versorgung von COVID- die Freiwilligkeit und die Priorität für koordiniert werden. Ziel muss eine gestufte Patienten ausrichten oder im Rahmen einer medizinisches und pflegerisches Personal Versorgung von der Diagnostik über das Moni- Aufgabenteilung andere Lasten übernehmen, sowie für Risikogruppen sein. Einzelheiten toring der Infizierten, die Behandlung der müssen die Gewissheit haben, dabei finanziell der Priorisierung können erst in Kenntnis Erkrankten und die Nachsorge sein, damit die abgesichert zu sein. Dazu ist eine effektive der Impfstoffeigenschaften festgelegt vorhandenen personellen und materiellen Schutzschirmregelung für die Praxen und der werden. Da die Impfstoffe zunächst nur in Ressourcen optimal eingesetzt werden, um eine Ausgleich von COVID-bedingten Minder begrenztem Umfang zur Verfügung stehen Überlastung mit nachfolgendem Kollaps, wie erlösen für die Krankenhäuser erforderlich. werden und ihre Wirksamkeit bei der Ver- a.a.O. in der Vergangenheit belegt, zu vermei- hütung von Erkrankung und Infektiosität den. Landesweit sind Rahmenvorgaben zur noch nicht sicher eingeschätzt werden rechtzeitigen Zurückstellung elektiver Eingriffe Die richtige Konsequenz aus der Pandemie kann, sind Impfungen als zusätzlicher erforderlich, auf deren Basis in den Regionen ziehen: den Öffentlichen Gesundheitsdienst Baustein, aber nicht als Ersatz für die sinnvolle Absprachen getroffen werden können. jetzt nachhaltig stärken! anderen Bestandteile der Gesamtstrategie Auch überregional sind Absprachen zur gegen- Die COVID-19-Pandemie hat deutlich gemacht, anzusehen. seitigen Entlastung im Bedarfsfall zu treffen. wie gefährlich die jahrzehntelange Vernachläs- 7. Landesweite Beratungs- und sigung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes Kommunikationsstruktur etablieren Schutz des Personals in der (ÖGD) für unser Land war. Nun muss schnell die In Nordrhein-Westfalen besteht seit gerau- Patientenversorgung richtige Konsequenz gezogen werden. mer Zeit kein strukturierter, regelmäßiger Die dramatischen Engpässe bei der Versorgung Der inzwischen vereinbarte „Pakt für den Austausch der Landesregierung mit den mit Schutzmaterial, die wir im Frühjahr erlebt Öffentlichen Gesundheitsdienst“ muss von Institutionen des Gesundheitswesens zur haben, dürfen sich nicht wiederholen. Sowohl Bund, Ländern und Kommunen konsequent, Bewältigung der COVID-19-Pandemie. Ein- in der ambulanten als auch der stationären Pa- zügig und bundesweit umgesetzt werden. zelkontakte und -gespräche können einen tientenversorgung müssen alle erforderlichen Dazu gehört eine bessere technische Ausstat- strukturierten, transparenten Austausch Schutzmaterialien im erforderlichen Umfang tung und die überfällige Digitalisierung der nicht ersetzen. Aktuell wurde die Landes bereitgestellt und finanziert werden. Eine aus- Meldevorgänge und des gesamten Infektions- gesundheitskonferenz für dieses Jahr abge- reichende Bevorratung muss vor Ort und lan- managements. Dazu gehört auch die zügige Rheinisches Ärzteblatt / Heft 12 / 2020 17
Thema Realisierung der mit dem Patienten-Daten- den Auslieferungen von Grippeimpfstoffen Denn nur Ärztinnen und Ärzte sind qualifiziert Schutzgesetz beschlossenen Anbindung des zielgerichtet für die Personenkreise verwen- für die Impfanamnese, den Ausschluss akuter ÖGD an die Telematikinfrastruktur. Wesent det werden müssen, die eines besonderen Erkrankungen, die Aufklärung zur Impfung liche Voraussetzung ist jedoch die Verbes Schutzes bedürfen. sowie für die Beherrschung nie ganz auszu- serung der personellen Ausstattung. Die Mitglieder der Kammerversammlung er- schließender Nebenwirkungen wie zum Bei- Die Kammerversammlung begrüßt in diesem warten außerdem von der Politik, die in der spiel allergischer Reaktionen. Diese Kompe- Zusammenhang die Entscheidung des Landes Öffentlichkeit entstandenen Kommunikations- tenz erwerben Ärztinnen und Ärzte durch das Nordrhein-Westfalen, den Gesundheitsämtern defizite bezüglich der Zielgruppe der Grippe sechsjährige Medizinstudium. Sie wird durch im nächsten halben Jahr 1.000 zusätzliche impfung aufzugreifen und nachdrücklich für die ärztliche Approbation attestiert. Apotheke- Personalstellen für die Kontaktpersonennach- ein Verständnis der Bevölkerung zu werben, rinnen und Apotheker können diese Kompe- verfolgung durch die Abordnung von Landes- dass die noch erwartete Impfstoffmenge vor- tenz nicht dadurch erwerben, dass sie – wie bediensteten und durch zusätzliche Mittel in rangig den durch eine Influenza-Infektion im Rheinland – eine insgesamt 9-stündige Höhe von 25 Millionen Euro zur Verfügung zu besonders gefährdeten Risikogruppen vorbe- Schulung absolvieren. stellen. Auch dieses Vorhaben muss schnellst- halten sein soll. Die beim Robert Koch-Institut Die Kammerversammlung der Ärztekammer möglich verwirklicht werden. angesiedelte Ständige Impfkommission be- Nordrhein fordert den Gesetzgeber auf, sicher- Dreh- und Angelpunkt bleibt jedoch die Aus- nennt hier Menschen ab 60 Jahren, Menschen zustellen, dass Schutzimpfungen im Zusam- stattung des Öffentlichen Gesundheitsdiens- mit chronischer Grunderkrankung, Bewohner menspiel mit weiteren Präventionsleistungen tes mit qualifizierten Ärztinnen und Ärzten. von Alten- und Pflegeheimen, Personen in in ärztlicher Hand bleiben. Dieses zentrale Problem wird durch die bisher Einrichtungen mit umfangreichem Publikums- auf Bundes- und Landesebene beschlossenen verkehr, medizinisches Personal, Kontakt Maßnahmen nicht gelöst. Denn dazu ist eine personen von Menschen mit bestimmtem Refinanzierung des elektronischen tariflich gesicherte, arztspezifische Vergütung Risiko (Kokonstrategie), Schwangere. Heilberufsausweises (eHBA) unabdingbar. Gerade der jüngste Tarifabschluss Ab 2021 wird der Einsatz des eHBA für Ärztin- für den öffentlichen Dienst hat an dieser nen und Ärzte, die gesetzlich krankenver Notwendigkeit nichts geändert. Dieser Tarif Impfen gehört in ärztliche Hand – sicherte Patientinnen und Patienten behan- abschluss bringt für die Ärztinnen und Ärzte Modellversuche in Apotheken sofort aussetzen deln, zur Pflicht. So sollen z. B. Arbeitsunfähig in den Gesundheitsämtern keine durchgreifen- Die Kammerversammlung fordert die sofortige keitsbescheinigungen ausschließlich elektro- de Verbesserung mit sich. Die erhebliche Aussetzung der Modellversuche zur Grippe nisch an die entsprechende Krankenkasse Gehaltsbenachteiligung gegenüber Ärztinnen impfung in Apotheken. Impfen ist eine ärzt übertragen werden. Die Übermittlung erfolgt und Ärzten in anderen Versorgungsbereichen liche Aufgabe. Noch widersinniger sind die innerhalb der Telematik Infrastruktur mittels besteht weiter fort. Die Kammerversammlung Modellversuche angesichts der aktuellen Her- eines KIM-Dienstes (Kommunikation im Medi appelliert daher an die Oberbürgermeister ausforderungen der Corona-Pandemie und der zinwesen). Der eHBA übernimmt hierbei die und Landräte in Nordrhein, nun unmittelbar in derzeitigen Knappheit des Grippeimpfstoffes. Funktion der Verschlüsselung und der rechts- ihrem Verantwortungsbereich einen arztspezi- Apotheken müssen sich in dieser Zeit auf ihre verbindlichen Signatur auf der elektronischen fischen, arbeitsmarktadäquaten Tarifvertrag originären und herausfordernden Aufgaben in Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU). zu realisieren. der Impfstoffversorgung fokussieren. Die Die Kassenärztliche Bundesvereinigung sowie Schließlich erneuert die Kammerversammlung Durchführung von Impfungen in Apotheken die Deutsche Krankenhausgesellschaft haben ihre Forderung nach einer stärkeren Koordina- hingegen läuft einer effektiven, bedarfsadjus- für Ärztinnen und Ärzte mit dem GKV-Spitzen- tion des Öffentlichen Gesundheitsdienstes tierten Impfstrategie im Sinne der Ziele des verband jeweils eine Finanzierungsverein über die Landesebene. Die lokale und regio- Nationalen Impfplans zuwider. Impfungen in barung getroffen. Gemäß diesen Vereinbarun- nale Ebene ist für die Bewältigung der Krise Apotheken sind medizinisch-fachlich unver- gen erhalten Ärztinnen und Ärzte auf Antrag zwar von entscheidender Bedeutung. Sie muss tretbar, können das erforderliche hohe Ver- eine Erstattung von jährlich insgesamt 46,52 €. jedoch durch eine starke überregionale und trauen der Bevölkerung in die Sicherheit von Allerdings betragen die tatsächlich anfallen- landesweite Koordination mit klaren Rahmen- Impfungen gefährden und sind zudem unter den regelmäßigen Kosten rund 100 € pro Jahr. vorgaben unterstützt werden. Unterschied Versorgungsgesichtspunkten ineffektiv und Eine weitere Maßnahme der Finanzierung zur liche Vorgehensweisen der Gesundheitsämter teuer. Es besteht gerade bei der unzureichen- Digitalisierung des deutschen Gesundheits führen gerade in benachbarten Kreisen und den Belieferung der Praxen durch Apotheken wesens geht somit zulasten der Ärztinnen und Städten zu Irritationen in der Bevölkerung und die Gefahr, dass für die vorrangig zu Impfen- Ärzte. bei den weiteren Partnern in der Gesundheits- den in Arztpraxen Impfdosen fehlen, die für Vergleichbare (nichtärztliche) Signaturkarten versorgung. Deswegen müssen die Strukturen Modellversuchsimpfungen verbraucht wurden. verfügen aus technischer Sicht über identische auf Landesebene weiterentwickelt werden. Modellversuche dieser Art passen nicht in eine Funktionen wie ein eHBA (Authentisierung, Zeit der Pandemie, in der alle vorhandenen Verschlüsselung und qualifizierte elektroni- Kräfte entsprechend ihrer Profession zielge- sche Signatur). Der einzige Unterschied be- Verteilung von Impfstoff gegen richtet und gebündelt eingesetzt werden müs- steht darin, dass die Eigenschaft als Arzt/ saisonale Influenza sen. Der Gesetzgeber wird dringend aufgefor- Ärztin auf dem Zertifikat des eHBA hinterlegt Die Mitglieder der Kammerversammlung er- dert, die entsprechenden Regelungen ist. Die Signaturfunktion einer solchen all warten von der Politik eine wirksame öffent unverzüglich auszusetzen. Die Impfung der Pa- gemeinen Signaturkarte ist genauso rechts liche Klarstellung, dass die noch ausstehen- tienten muss in ärztlicher Hand bleiben. verbindlich wie die Signatur eines eHBA. Die 18 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 12 / 2020
Thema Kosten [1, 2, 3]für eine solche Signaturkarte Leistungsplanung ist ein für diesen Zweck 5. Eine erfolgreiche Krankenhausplanung er- sind allerdings deutlich geringer. prinzipiell geeignetes Mittel. Sie erfordert fordert eine nachhaltige Investitionsfinan- Für eine zielführende Digitalisierung im deut- jedoch eine sorgfältige medizinisch-fachli- zierung und eine Reform des DRG-Systems. schen Gesundheitswesen ist eine breite che Prüfung der gewählten Planungspara- Schließlich begrüßt die Kammerversamm- Akzeptanz der Ärzteschaft zwingend notwen- meter, um Fehlsteuerungen und Verwerfun- lung, dass Bund und Land – auch als dig. Dies sollte sich u. a. in einer fairen gen zu vermeiden. Die Kammerversamm- Konsequenz aus der COVID-19-Pandemie – Refinanzierung des eHBA widerspiegeln. lung fordert die Landesregierung deswegen in erheblichem Umfang zusätzliche Inves- Die Kammerversammlung fordert, dass die bun- auf, den medizinisch-fachlichen Sachver- titionsmittel für die Krankenhäuser zur desdeutsche Gesundheitspolitik auf eine 100% stand der Ärztekammern auch bei der wei- Verfügung stellen. Zugleich betont die Refinanzierung des eHBA für alle Ärztinnen und teren Erarbeitung intensiv einzubeziehen Kammerversammlung: Die neue Kranken- Ärzte im SGB V-Rechtsbereich hinwirkt. und die neue Systematik einer gründlichen hausplanung wird nur dann nachhaltig [1] T-Systems: https://www.telesec.de/de/ Folgenabschätzung zu unterziehen. erfolgreich sein können, wenn die Investi- produkte/signaturkarte/ueberblick 2. Mehr Spezialisierung erfordert verbind tionsmittel nicht nur einmalig erhöht wer- [2] DGN: https://www.dgn.de/produkt/ liche Vorgaben für die Zusammenarbeit den, sondern dauerhaft das erforderliche dgn-businesscard/ der Krankenhäuser bei der Qualifizierung Niveau erreichen, wie es sich aus den vom [3] Bundesdruckerei: https://shop.secrypt.de/ des ärztlichen Nachwuchses. Institut für das Entgeltsystem im Kranken- produkt/d-trust-einzel-signaturkarte/ Die Kammerversammlung begrüßt die grund- haus kalkulierten Werten ergibt. Außer- sätzliche Orientierung der Krankenhauspla- dem muss Nordrhein-Westfalen sich auf nung an der ärztlichen Weiterbildungsord- Bundesebene entschieden für die längst Betriebsärztliche Kompetenz in Pandemie nung. Die Weiterbildungsordnung spiegelt überfällige Reform der Krankenhausver zeiten weiter stärken: Weiterentwicklung der den Stand des medizinischen Fortschritts gütung einsetzen. Andernfalls werden alle Vorschrift 2 der Deutschen Gesetzlichen und die Versorgungserfordernisse wieder. Bemühungen des Landes um eine bessere Unfallversicherung in Zeiten der Pandemie Sie muss deswegen den Planungszuschnitt Struktur der Krankenhausversorgung auch Die Kammerversammlung unterstützt den Ver- und die Qualitätsanforderungen prägen. weiterhin durch die massiven Fehlsteue- band Deutscher Betriebs- und Werksärzte Zentrale Qualitätsmerkmale einer Kranken- rungen des DRG-Systems konterkariert. (VDBW) in seinen Bemühungen, in Zeiten der hausabteilung sind die Ausstattung mit Corona-Epidemie eine Weiterentwicklung der Fachärztinnen bzw. Fachärzten und das Vorschrift 2 der Deutschen Unfallversicherung Vorliegen einer Weiterbildungsbefugnis. Ärztliche Meinungsführerschaft der zu erwirken. Um auch unter den Bedingungen einer stär- Bundesärztekammer Während der Pandemiezeit ist der Beratungs- keren Spezialisierung den ärztlichen Nach- Der alltägliche Umgang mit der Pandemie aufwand für Betriebs- und Werksärzte im wuchs auf hohem Niveau weiterbilden zu stellt sich für die einzelnen Arztgruppen völlig Rahmen der Grundbetreuung deutlich erhöht. können, sind Weiterbildungsverbünde unterschiedlich dar. Neben der Grundbetreuung entsteht ebenfalls zwischen Standorten der Spezial- und der Die Ärzte*innen auf den Intensivstationen ein erhöhter Aufwand besonders schutzbe- Regelversorgung verbindlich vorzugeben. und in den Kliniken sind physisch und dürftiger Personen im betriebsspezifischen 3. Die Sicherstellung der flächendeckenden psychisch dauerbelastet. Sie sind täglich mit Teil der DGUV 2. Versorgung erfordert sektorenübergreifen- schwersten Verläufen, auch bei jungen Patien- Die betrieblichen Einsatzzeiten in der Grund- de Kooperationskonzepte. ten konfrontiert. betreuung sollten in den jeweiligen Gruppen Mit Blick auf die ländlichen Regionen ist Für die Ärzte*innen im niedergelassenen Be- um 6 Minuten pro Beschäftigtem erhöht wer- es richtig, dass das Land weiter am Prinzip reich ist die Situation fast konträr. Hier wer- den, unabhängig von der Gruppeneinteilung der ortsnahen Versorgung festhält. Für die den die leichten und mittelschweren Verläufe der Einsatzzeiten in der Grundbetreuung. Verwirklichung dieses Ziels wird es in Zu- behandelt, die den weitaus größten Anteil der kunft verstärkt auf sektorenübergreifende Infizierten bilden. Sie werden daneben aber Krankenhausplanung Versorgungskonzepte ankommen. Des auch mit dem normalen „Alltagsgeschäft“ und Die Kammerversammlung begrüßt die grund- wegen muss das Belegarztwesen auch im mit den Sorgen vieler gesunder Menschen sätzliche Ausrichtung der neuen Krankenhaus- neuen Krankenhausplan gefördert werden. konfrontiert. planung in Nordrhein-Westfalen und benennt 4. Die Bewältigung von Pandemien und ande- Deshalb sind die Breite der vorhandenen fünf zentrale Handlungsfelder für den nach- ren Gesundheitskrisen erfordert die Vor- ärztlichen Expertise zur Bewältigung der haltigen Erfolg dieser Planung: haltung ausreichender Reservekapazitäten. Corona-Pandemie zu nutzen und pragmatische Eine differenzierte Planung erfordert fundier- Nordrhein-Westfalen setzt mit dem neuen Erfahrungen der niedergelassenen Ärzte in die te medizinisch-fachliche Grundlagen und eine Krankenhausplan nicht primär auf Bet- Beratergremien aufzunehmen. sorgfältige Folgenabschätzung. tenabbau und Schließungen, wie dies von Virologen und Epidemiologen haben ebenfalls interessierter Seite immer wieder gefordert ihre eigene Sicht auf die Pandemie. 1. Es ist gut, dass Nordrhein-Westfalen auf wurde. Die COVID-Pandemie hat einmal Aus diesen völlig unterschiedlichen Wahrneh- eine bessere Strukturierung, auf sinnvolle mehr gezeigt, wie gefährlich ein solcher mungen resultieren unterschiedliche Äuße- Aufgabenteilung und auf mehr Kooperation Weg gewesen wäre. Als Konsequenz aus rungen in der Öffentlichkeit, die den Eindruck der Krankenhäuser untereinander und mit der Pandemie muss der Plan künftig beson- von Zerstrittenheit innerhalb der Ärzteschaft den niedergelassenen Ärzten setzen will. deres Gewicht auf ausreichende Reserve entstehen lassen. Dem ist entschieden entge- Der geplante Einstieg in eine differenzierte kapazitäten in der Intensivmedizin legen. gen zu treten. Rheinisches Ärzteblatt / Heft 12 / 2020 19
Thema Die Kammerversammlung der Ärztekammer Grippe oder Pneumokokken stehen nicht un- Brustzentren in Nordrhein-Westfalen erhalten Nordrhein appelliert an die Bundesärzte begrenzt zur Verfügung und müssen nach me- Die Kammerversammlung sieht mit großer kammer hier die Meinungsführerschaft zu dizinischer Notwendigkeit priorisiert werden. Sorge, dass die Beschlüsse des Gemeinsamen übernehmen, indem sie erläutert, wie diese Es ist von großer Bedeutung, dass auch Politik Bundesausschusses (G-BA) die in Nordrhein- Meinungsvielfalt entsteht, und öffentlichkeits- und Krankenkassen klar kommunizieren, dass Westfalen seit 15 Jahren erfolgreich etablierte wirksam darauf hinzuweisen, dass die Ärzte- Ärztinnen und Ärzte diese Mittel in Anbetracht Struktur der Brustzentren gefährden, weil schaft sich sehr wohl darin einig ist, welche einer Situation des Mangels vorrangig für nach diesen Beschlüssen die Zuschläge für Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie Risikopatienten und gefährdete Gruppen wie Brustzentren wegfallen. angemessen und notwendig sind. Pflege- oder Gesundheitsberufe einsetzen Die Kammerversammlung fordert den G-BA müssen. deswegen auf, Brustzentren eigenständig als zuschlagsfähige Zentren vorzusehen. Gesundheitliche Folgen des Klimawandels Die Kammerversammlung begrüßt das diesbe- Durch das Pandemiegeschehen ist der weitaus Anpassung der Vergütung für nebenamtlich zügliche Engagement der Landesregierung bedrohlichere Klimawandel aus dem Fokus und nebenberuflich tätige Ärztinnen und und des zuständigen Landtagsausschusses der Öffentlichkeit geraten. Im Rahmen des Ärzte als Fachlehrer für die Ausbildung zur und fordert die Akteure im Land auf, dieses Lockdowns ist noch einmal deutlich gewor- Medizinischen Fachangestellten an Anliegen auch weiterhin zu verfolgen. den, wie gravierend der Einfluss des Men- berufsbildenden Schulen Die Kammerversammlung fordert den Gesetz- schen auf die klimaschädlichen Faktoren ist. Die Ärztekammer Nordrhein beauftragt den geber auf Bundes- und Landesebene außer- Die Kammerversammlung fordert die Bundes Vorstand der Ärztekammer Nordrhein mit der dem auf, den Ländern den erforderlichen Ge- ärztekammer daher auf, das Thema „Gesund- Überprüfung der Angemessenheit der Ver staltungsfreiraum zurückzugeben, um unter heitliche Folgen des Klimawandels“ als gütung für die nebenamtlich und nebenberuf- Berücksichtigung der Versorgungsstrukturen Tagesordnungspunkt für den 124. Deutschen lich tätigen Ärztinnen und Ärzte als Fachlehrer im jeweiligen Bundesland zuschlagsfähige Ärztetag in Rostock zu setzen. für die Ausbildung zur Medizinischen Fach Zentren über die Landeskrankenhausplanung angestellten an berufsbildenden Schulen. Das auch ergänzend zu den G-BA-Vorgaben zu Ergebnis der Überprüfung und ein Vorschlag benennen. Abgesenkter Corona-Hygienezuschlag gemäß zur Anpassung ist der nächsten erreichbaren GOÄ ist unzureichend – Nachverhandlungen Kammerversammlung zur Beschlussfassung erforderlich vorzulegen. Prävention durch Impfen – Der sogenannte Corona-Hygienezuschlag in Schutz der Risikogruppen und Höhe von vormals 14,75 Euro nach analogem ausreichende Impfstoffe in Europa Ansatz der Nr. 245 der Gebührenordnung für Breite ärztliche Expertise bei der Bewältigung Die Kammerversammlung fordert, Ärzte (GOÄ) für die Behandlung von Privat der Corona-Pandemie nutzen! 1. dass die Krankenkassen in Zeiten der Pan- versicherten wurde zum 1. Oktober 2020 auf Die Kammerversammlung der Ärztekammer demie die Verteilung der Impfstoffe auf 6,41 Euro abgesenkt. Die Kammerversamm- Nordrhein appelliert an die Politik, die breit die vulnerablen Gruppen unterstützen und lung der Ärztekammer Nordrhein vertritt die vorhandene ärztliche Expertise zur Bewälti- Satzungsleistungen zum Impfen für alle Auffassung, dass dieser Betrag in der Höhe gung der Corona-Pandemie zu nutzen und Versicherten aussetzen. unzureichend und die Absenkung nicht zu auch die Stimme der niedergelassenen Ärzte 2. dass die Bundesregierung auf die Beseiti- begründen ist. in die Beratergremien aufzunehmen. gung der Engpässe von Impfstoffen hin- Die Bundesärztekammer wird deshalb auf wirkt und die Hersteller bewegt, die Impf- gefordert, hier zeitnah nachzuverhandeln. stoffproduktion verstärkt in den europä Darüber hinaus ist die Ärzteschaft transparent Forderung nach einer praktikablen Ersatzlö- ischen Raum zurückzuverlagern und die darüber zu informieren, dass statt der sung bei Ausfall der TI Impfstoffmengen ausreichend zu erhöhen, Hygienepauschale höhere Steigerungsfakto- Für die Anwendungen in der Telematikinfra- damit alle geimpft werden können. ren als der Regelsteigerungssatz von 2,3 ins- struktur (TI) kommen verschiedene techni- besondere bei kurativer ärztlicher Tätigkeit sche Komponenten zum Einsatz. Für die zum Ansatz gebracht werden können. Durchführung der verschiedenen TI-Anwen- Berücksichtigung von bis zu 6 Wochen dungen, wie z. B. die elektronische Arbeitsun- Ausfallzeit pro Jahr während der Weiter fähigkeitsbescheinigung (eAU), ist es erfor- bildungszeit unter klar definierten Corona: Politik und Krankenkassen sollen derlich, dass diese Komponenten ordnungs Bedingungen (Änderung von § 4 Absatz 4 WBO) die Bevölkerung über begrenzte Ressourcen gemäß funktionieren. Die Kammerversammlung beauftragt den aufklären Eine Komponente der TI ist der elektronische Vorstand, eine Änderung der Weiterbildungs- Die Kammerversammlung der Ärztekammer Heilberufsausweis (eHBA), bei dem aufgrund ordnung (WBO) in § 4 Abs 4 für die nächste Nordrhein fordert das Bundesgesundheits der Einsatzart eine mechanische Beanspru- Kammerversammlung vorzubereiten. ministerium und die Krankenkassen auf, die chung zu unterstellen ist. Um bei einem tech- Die aktuelle Formulierung ab Satz 4 soll da- Bevölkerung sachgerecht und breit über die nischen Defekt des eHBA eine weitere Funk hingehend umformuliert werden, dass eine begrenzten medizinischen Ressourcen im tionalität der TI zu gewährleisten, sollte für Ausfallzeit unter bestimmten Voraussetzun- Hinblick auf die Corona-Pandemie zu infor- alle Anwender eine sofort praktikable Ersatz- gen und für eine begrenzte Zeit gerecht und mieren. Coronatests und Impfungen gegen lösung zur Verfügung stehen. juristisch sicher für die Weiterbildungszeit 20 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 12 / 2020
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