Als Ingenieur Karriere machen

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Als Ingenieur Karriere machen
Als Ingenieur Karriere machen

Experten geben Auskunft:

  Was macht den Ingenieur der Zukunft aus?
   Ingenieur 2025

  Was verdient ein Ingenieur?
   Karriere- und Gehaltsentwicklung

  Wo können Ingenieure arbeiten?
   Ingenieure in den MINT-Arbeitsmärkten

  Was tun, um Erfolg zu haben?
   Wer Karriere machen will, muss flexibel sein

                                                   Ausgewählte Aufsätze
                                                   aus dem Sammelband

                                                  „Berufsziel Ingenieur/
                                              Wirtschaftsingenieur 2015
                                              Insider berichten über Berufszugang
                                              – Tätigkeitsbereiche – Perspektiven“

                                              Herausgegeben von Peter Speck und
                                                    Detlef J. Brauner, 2014
                                                   ISBN 978-3-89673-675-8
Als Ingenieur Karriere machen
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Ingenieur 2025 – 7 Thesen für berufliche Erfolge
von Thomas Strobel, Gesellschafter und Geschäftsführer Fenwis GmbH, Gauting
Wer heute über die Planung seiner Ausbildung und über berufliche Perspektiven
nachdenkt, steht bei seinem Blick in die Zukunft vor einer Flut von Informationen.
Manche Trends für erfolgreiche Jobs von morgen verstärken sich, andere stehen
im Widerspruch. Fachkräftemangel, Demografie, Internationalisierung und
Interdisziplinarität sind nur einige gängige Schlagworte. Doch mit welchen
Annahmen sollen die persönlichen Weichenstellungen für einen zukunftssicheren
Beruf vorbereitet werden?
Daraus ergeben sich gerade für angehende Ingenieure unterschiedliche Frage-
stellungen:
   Welche Trends werden für die eigene Berufsplanung und den späteren
    Karriereweg prägend sein?
   Worauf sollen sich Berufseinsteiger für ihre persönliche Entwicklung in den
    kommenden Jahren einstellen?
   Wie können sie frühzeitig Vorsorge treffen für beruflichen Erfolg und
    spätere Zufriedenheit mit dem eigenen Lebensweg?

Für die Gruppe der Ingenieure im Jahr 2025 werden in diesem Artikel mehrere
Thesen als Orientierungshilfe erarbeitet. Sie basieren auf persönlicher Erfahrung
eines erfolgreichen Diplom-Ingenieurs und Firmengründers und einem intensiven
Austausch mit Kollegen in seinem Netzwerk. Grundlage dafür sind umfassende,
gesamtheitliche Trendauswertungen, die mit der Methodik „Zukunftslandkarten“
im Rahmen von Studien und Kundenprojekten durchgeführt wurden. Der Praxis-
Nutzen dieses Konzeptes ist nachgewiesen mit „persönlichen Zukunfts-
landkarten“ für Einzelpersonen, bis hin zur strategischen Planung in Unter-
nehmen und der Entwicklung von Zukunftsperspektiven für Industrieverbände.
In einer ersten Vorausschau geben heute verbreitete Begriffe wie Demografie,
Pflegenotstand, Ambient Assisted Living oder Altersarmut Hinweise auf neue
Bedürfnisse alternder Gesellschaften. Die betroffenen Menschen wollen hohe
Lebensqualität mit möglichst unabhängigem, selbstbestimmtem Leben, langer
Gesundheit und individueller, bedarfsgerechter Pflege verbinden. Andererseits
zeigen drohender Fachkräftemangel und hoher Innovationsbedarf für nachhaltig
gestalteten Fortschritt in Richtung hoher Zukunftssicherheit von Arbeitsplätzen in
techniknahen Berufsbildern wie bei Ingenieuren.
Diese Erwartung wird durch den schnellen technologischen Wandel verstärkt,
den wir bei Produkten, Dienstleistungen und neuen Geschäftsmodellen wahr-
nehmen. In besonderem Maße gilt das für die Entwicklung der Kommunika-
tionswege und -mittel, die wir heute nutzen. So wird weltweit in jeder Sekunde
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eine Internet-Domäne angemeldet und sechs neue Webseiten erstellt; gleichzeitig
werden über 33.000 Suchmaschinenanfragen gestartet und rund 3,4 Millionen
E-Mails verschickt.1
Die Beschleunigung der Nachrichtenverbreitung wird so zum Verstärker der viel
diskutierten Informationsflut, der Anpassungsdruck auf Menschen im Arbeits-
leben nimmt zu. Wirkungsvolles Selbstmanagement in einer Welt, in der beson-
ders derjenige wahrgenommen wird, der permanent online ist, wird zu einer
wichtigen Kompetenz. Eine persönliche Vision und Werte für selbstbewusstes
Handeln werden somit wichtige Voraussetzungen zur Vermeidung von Burnout-
Risiken darstellen.
Auf wirtschaftlicher Seite sichern technisches Know-how der Mitarbeiter und die
Entwicklungskompetenz von Unternehmen im europäischen Wirtschaftsraum
heute noch einen „Wohlstand durch Wissensvorsprung“. Dabei sind es vor allem
mittelständische Unternehmen, die von erfolgreichen Start-ups, über etablierte
Marktführer, bis hin zu Hidden Champions mit Flexibilität und Kreativität die
Geschäftschancen dieser permanenten Veränderungen aufgreifen. Da auch die
Politik diese Zusammenhänge erkannt hat, werden diese Entwicklungen und
interdisziplinäre Zusammenarbeit durch zahlreiche Förderprogramme finanziell
unterstützt. Ein Erfolgsfaktor für zukunftssichere Unternehmen ist auch weiterhin
qualifiziertes Personal, das fünf wichtige Eigenschaften verbinden muss:
1.     das Bewusstsein, dass eine Wissensgesellschaft nur erfolgreich sein kann,
       wenn sie ihr verfügbares Wissen nutzt und jeder in seiner Umgebung zu
       offenem Wissensaustausch beiträgt,
2.     die Motivation, die eigene Zukunft proaktiv mitzugestalten,
3.     die Fähigkeit, mit Neugierde und einer Vielzahl kreativer Ideen neue
       Chancen nutzbar zu machen,
4.     die Offenheit, in interdisziplinären Teams zusammenzuarbeiten, um neu-
       artige Beiträge für eine nachhaltige, ressourcenschonende Zukunft aus allen
       Fachrichtungen zu bündeln und
5.     die Bereitschaft, vorhandene Kompetenzen und Erfahrungen durch lebens-
       langes Lernen weiterzuentwickeln.
Erkennbarer Veränderungsdruck in klassischen Branchen skizziert dieses Bild:
In den nächsten zehn Jahren werden Innovationen, neue Marktchancen und
bedarfsorientierte Geschäftsmodelle immer öfter aus der Kombination vorhan-
dener Technologien und Verfahren entstehen. Interdisziplinäres Arbeiten über
verschiedenste Fachgebiete wird notwendig, um die Wissenspotenziale für
nennenswerte Fortschritte zu nutzen. Denn kumulierte Umweltprobleme, fort-
schreitender Klimawandel, wachsende Ressourcenknappheit, die Energiewende

1
     Qmee - http://editorial.designtaxi.com/news-info290713/1.jpg.
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und der Zwang zu Nachhaltigkeit in geschlossenen Kreisläufen sind Themen-
stellungen, die in Zukunft die Prioritäten unseres Denkens und Handelns prägen
werden.
Eine Weltbevölkerung, die heute teilweise pro Jahr etwa 2 bis 4 mal so viele
Ressourcen verbraucht, wie die Erde im gleichen Zeitraum regenerieren kann,
lebt auf Pump und verspielt möglicherweise eine lebenswerte Zukunft.
Wie stellen sich zukünftige Ingenieure erfolgreich auf absehbare Entwicklungen
ein und welche Erwartungen werden sie dann erfüllen müssen?
Beim erwarteten Ingenieurmangel wird zunächst jeder Absolvent einer
entsprechenden Ausbildung gute Chancen auf einen Arbeitsplatz haben. Aller-
dings beginnt mit diesem Überwinden der beruflichen Einstiegshürde erst der
lange Berufsweg – derzeit bis zum Alter von 67 Jahren. Für weitere Karriere-
schritte gilt es deshalb, frühzeitig vorzudenken, wie die gewünschte berufliche
Entwicklung über etwa 40 Jahre zusammen mit der persönlichen Lebensplanung
erfolgreich verlaufen soll. Wer sich diesen Überlegungen regelmäßig stellt,
schafft sich früh eine wichtige Grundlage für das Erkennen von neuen Chancen
auf dem geplanten Weg. Damit hat er es leichter, Entscheidungen vorausschau-
end vorzubereiten und später pragmatisch zu treffen – ein Wettbewerbsvorteil in
der Arbeitswelt von morgen.
Eine Möglichkeit, diese Zukunftsfragen für sich selbst zu beantworten, ist der
Entwurf einer persönlichen Zukunftslandkarte. Nach einer bewährten Methodik
können damit für die 4 inhaltlichen Schwerpunkte Wünsche, Wissen, Wandel
und Wege die Ausgangsbasis und persönliche Zielrichtungen formuliert werden.
Nach mehreren Bearbeitungsstufen mit zusätzlicher Informationsbeschaffung
können dann Ableitungen für Gestaltungsmöglichkeiten getroffen werden. Für
die Realisierung bevorzugte Handlungsoptionen werden anschließend detaillier-
ter geplant und in eine machbare zeitliche Reihenfolge gebracht. Durch die
Dokumentation der ausgewählten Maßnahmen sind später Überprüfungen des
Erreichten möglich. Eventuell erforderliche Anpassungen können aufgenommen
werden und nehmen dann Einfluss auf die Umsetzung des aktualisierten Plans.
Unabhängig von einer solchen systematischen Vorgehensweise geben die hier
zusammengestellten Thesen Hinweise auf Charakteristika des Ingenieurberufs
von morgen:
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Das Umfeld der Ingenieurtätigkeit
Eine Analyse von Innovationen zeigt, dass bereits heute viele Entwicklungen auf
Technologieintegration basieren. Verfügbare Technologien werden dabei in neue
Umgebungen transferiert, wie die zunehmende Digitalisierung von Automobilen
in den vergangenen Jahren beweist. Vielfältige elektronische Assistenzsysteme
sind als Serien- oder Zusatzausstattung neben Internetzugang und Infotainment in
der Serienfertigung angekommen. Und auch die weitere Automatisierung des
Fahrens ist in Entwicklungs-Roadmaps bereits vorgezeichnet.
Trends wie der Pfad zum Internet der Dinge und „Intelligent Dust“ geben
Hinweise darauf, dass sich die Diffusion von IT in alle unsere Lebensbereiche
weiter fortsetzen wird. 2008 überschritt die Zahl aktiver Internetadressen die
Anzahl der Einwohner auf der Erde; für 2050 wird nach Prognosen der Branche
erwartet, dass über 50 Milliarden Gegenstände durch das Internet vernetzt sind.2
IT wird so zur Querschnittstechnologie, die Kommunikation teilweise vom
Menschen abkoppelt. Intelligente Agenten können uns dann im Hintergrund
viele Aktivitäten abnehmen:
Für eine Reisebuchung wird es dann ausreichen, den Start und Zielort,
gewünschte Abfahrts- und Ankunftszeiten sowie Randbedingungen, wie die
maximalen Kosten in einen Smart Agent einzugeben. Dieser wird alle auf der
Strecke notwendigen Fortbewegungsmittel für uns reservieren, die wir mit
unserem Smartphone dann zur Nutzung freischalten und auch bezahlen werden.
Gleichzeitig rücken in der Welt der Ingenieure heute noch getrennte
Fachrichtungen näher zusammen. Intelligente Hand-Prothesen vereinen schon
heute Know-how aus verschiedenen Kompetenzfeldern:
     Werkstoffwissenschaften bei der Verarbeitung von hochfesten, formstabilen
      Verbundwerkstoffen mit hoher Belastbarkeit bei geringem Gewicht
     Mechanik mit komplexen mehrachsigen Antriebssystemen zur Realisierung
      von feinfühligen Greifbewegungen
     Antriebstechnik mit unterschiedlichen Lösungen für die Kraftübertragung
      von Kleinmotoren bis hin zu künstlichen Muskelfasern
     Sensorik mit Signalverarbeitung in Echtzeit zur haptischen Unterstützung
      von drucksensiblen Greifvorgängen
     Sensorik für das Erkennen von zusätzlichen handtypischen Signalen wie
      Informationen über Temperatur, Oberflächenstruktur oder Feuchtigkeit
     Medizin/Biologie als Schlüsselstelle bei der Anbindung von Prothesen an
      Nerven zur direkten Steuerung durch den Nutzer

2
    Cisco Infografik.
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Was bedeuten diese Entwicklungen
für den Berufsweg des Ingenieurs von morgen?
These 1: Kompetenz-Breite ist wichtiger als Fachwissen in der Tiefe
Der Anteil der Beiträge des Ingenieurs aus seinem eigenen Fachgebiet zu
Lösungen mit Kundennutzen wird abnehmen. Die Integration vielfältiger Tech-
nologien und Komponenten in komplexe Systeme wird im Gegenzug zunehmen.
Das anforderungsgerechte Zusammenspiel wird den wahrnehmbaren Kunden-
nutzen intelligenter Lösungen ausmachen. Damit wächst auch die Bedeutung
enger interdisziplinärer Zusammenarbeit, die an alle Beteiligten neue Anfor-
derungen im Hinblick auf Kommunikationsfähigkeiten und die Anbindung des
eigenen Fachgebietes an bisher getrennte Disziplinen nach sich zieht. Für den
Ingenieur von morgen gewinnt damit der Einblick in benachbarte oder sogar
fremde Fachgebiete an Bedeutung – eventuell notwendige Vertiefungen zu
Themen im eigenen Fachgebiet werden durch semantische Suchmaschinen und
weltweite Fachnetzwerke erleichtert.

These 2: Teamkommunikation ist Kernkompetenz
In einem Arbeitsumfeld des Ingenieurs, das zunehmend von Wissensaustausch
und Interdisziplinarität geprägt wird, ist das Bewusstsein für Kommuni-
kationsqualität eine wichtige Fähigkeit, die zukünftig stärker entwickelt werden
muss. Denn bei engerer Zusammenarbeit steht nicht mehr im Vordergrund, dass
sich der Einzelne kompetent präsentiert. Das Team von morgen gewinnt seine
Leistungsfähigkeit aus dem offenen Austausch der Mitglieder, aus der neuartigen
Kombination unterschiedlicher Perspektiven, aus der Lösungssuche außerhalb
der Expertise des Einzelnen. In Analogie zum Sport also letztendlich aus den
gemeinsamen Fähigkeiten, sich gegenseitig „die Bälle zuzuspielen“. Dazu gehört
auch der Zugang zu dauerhaft gepflegten Netzwerken, um bei Bedarf schnell und
direkt auf zusätzliches Wissen zugreifen zu können.

These 3: Bewertungen und Netzwerke bestimmen den Wert am Arbeitsmarkt
Die Verbreitung der eigenen Kompetenzen und Erfahrungen sowie hochwertige
Zugänge zu Netzwerken werden, neben nachvollziehbaren Referenzen und
Projektergebnissen, wichtige Elemente in der erfolgreichen Arbeit des Ingenieurs
von morgen sein. Bei der Attraktivität von Fachkräften werden solche Kriterien
herangezogen werden, um Nutzen und Qualität von Ingenieuren als feste
Mitarbeiter oder als zeitweise Projektmitarbeiter zu bewerten. Das klassische
Arbeitszeugnis wird an Bedeutung verlieren.
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Wichtiger werden dagegen Bewertungen von Projektpartnern auf Netzwerk-
Plattformen, Kundenstimmen, Steckbriefe zu erfolgreichen Projekten und ggf.
auch Zertifikate, die zusätzliche Qualifikationen bestätigen. Denn alles zusam-
men bestimmt den Wert des Ingenieurs am Arbeitsmarkt von morgen. Ihn gilt es
im Laufe des Berufslebens kontinuierlich als wichtige Grundlage für die Verwirk-
lichung der persönlichen Vision zu pflegen.

These 4: Drei Sprachen und Mobilität sind Wettbewerbsvorteil
Neben der eigenen Muttersprache zählt Englisch für den Ingenieur schon heute
zum Pflichtprogramm. Denn viele Informationen im Internet sind bevorzugt auf
englischsprachigen Seiten verfügbar; Gleiches gilt für umfangreiche englisch-
sprachige Fachliteratur. Außerdem ist verhandlungssicheres Englisch in inter-
national tätigen Firmen oder Konzernen eine Voraussetzung für die Übernahme
von Führungsaufgaben sowie für die erfolgreiche Mitarbeit in internationalen
Projekten. Inzwischen wird mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung der
BRIC-Staaten das Beherrschen einer zweiten Fremdsprache zum Wettbewerbs-
vorteil. Wer beispielsweise mit portugiesisch, russisch oder chinesisch punkten
kann, schafft sich damit die Möglichkeit, für seinen Karrierepfad neue Wege zu
öffnen.
Vielfach gehört dazu auch hohe Flexibilität bei der Arbeitsplatzwahl im Sinne
eines modernen Nomadentums oder Standortwechsel-on-demand. Denn trotz der
Virtualisierung von Prozessen und der Möglichkeit, „überall zu arbeiten“ wird es
für engen Wissensaustausch in Hochleistungsteams häufig wichtig sein, dass die
richtige Person vor Ort greifbar ist und sich für den gewünschten Erfolg im Team
engagiert.

These 5: Eigenverantwortliche Weiterbildung ist Zukunftssicherung
In Zeiten anhaltender wirtschaftlicher Unsicherheit und wechselhafter Märkte
zählen Budgets für Personalentwicklung, Schulungen und Weiterbildung oft zu
schnell identifizierten Einsparpotenzialen. Unter kurzfristigen Budgetsperren
leidet dann die Kontinuität, aber auch die Nachhaltigkeit bei der zukunfts-
orientierten Entwicklung von Mitarbeiterkompetenzen.
Mitarbeiter mit einer klaren Vorstellung von ihrem weiteren Karriereweg sind in
einem derartigen Umfeld gut beraten, für ihre Entwicklung selbst Verantwortung
zu übernehmen. Dies gilt sowohl für die Definition der gewünschten Trainings-
bausteine als auch für die zeitliche Realisierung von Qualifizierungsmaßnahmen.
Die Wertsteigerung am Arbeitsmarkt wird dann – stärker als heute – zur
Privatsache. Denn eine gewünschte Weiterbildung, die der Arbeitgeber ablehnt,
werden viele Mitarbeiter dann aus Überzeugung selbst bezahlen. Schließlich geht
es um ihre berufliche Zukunftssicherung durch Wissensvorsprung.
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These 6: Neue Rollen beeinflussen das Berufsbild Ingenieur
Die bereits beschriebene Entwicklung zur interdisziplinären Zusammenarbeit
schafft die Grundlage für neue Rollen in beruflichen Funktionen. Damit eröffnen
sich auch für Ingenieure neue Möglichkeiten in attraktiven Schlüsselpositionen
von morgen:
Die Rolle als Wissensmakler: Der Ingenieur übernimmt für sein definiertes
Themenfeld die Vermittlerrolle zwischen Wissensnachfrage und -angebot. Er hat
Zugriff auf zahlreiche Wissensquellen einschließlich Netzwerken und kann
daraus zu konkreten Fragestellungen vorhandenes Wissen kurzfristig verfügbar
machen oder durch Kombination neues Wissen generieren.
Die Rolle als Wissensmoderator: Der Ingenieur übernimmt eine Vermittlerrolle
zwischen Wissensträgern eines Unternehmens; er bringt dazu themenspezifisch
kompetente Wissensträger zusammen und moderiert den offenen
Wissensaustausch zwischen ihnen. Er ist in dieser Rolle verantwortlich für den
erfolgreichen Wissensprozess, der die Beteiligten verbindet und arbeitet nicht als
inhaltlicher Experte.
Die Rolle als multidisziplinärer Systemkoordinator: Der Ingenieur übernimmt
eine Steuerungsrolle aus seinem Verständnis für das Zusammenwirken von
Komponenten und Disziplinen in einem komplexen System. Er moderiert ein
interdisziplinär besetztes Team und stützt sich dabei auf bewährte Vorgehens-
weisen des Systems Engineering oder Systems Design Engineering. In Abhängig-
keit der beteiligten Disziplinen muss er dazu auch neue Vorgehensweisen für ein
erfolgreiches Zusammenspiel etablieren.
These 7: Nachhaltig unternehmerisches Handeln ist Leitbild
Der erfolgreiche Ingenieur der Zukunft wird auch in hohem Maße unternehme-
risch und nachhaltig agieren (müssen): als Angestellter, weil er unter den Aspek-
ten Ressourceneffizienz, Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit und Nachhal-
tigkeit Produkte und Dienstleistungen so gestalten muss, dass sie den gesamt-
heitlichen Erwartungen an Footprints entsprechen. Dazu müssen sie über den
gesamten Lebenszyklus von der Produktion bis zum möglichst vollständigen
Recycling – Stichwort: Cradle-to-Cradle – betrachtet werden und gleichzeitig ver-
schärfte gesetzliche Vorgaben erfüllen.
Als Selbstständiger muss er nachhaltig agieren, weil er in Zeiten knapper
Fachkräfte sein fachliches Know-how als eigener Unternehmer vermarkten
möchte. So ist vorstellbar, dass Personen mit intensiv nachgefragtem Wissen und
entsprechend wertvollen Erfahrungen ihre begrenzten Arbeitskapazitäten auf
Internet-Fach-Plattformen versteigern. Den Zuschlag für eine definierte Aufga-
benstellung oder eine zeitlich begrenzte Projektmitarbeit bekommt aber nicht
notwendigerweise das meistbietende Unternehmen, sondern die Firma, die dem
Ingenieur für seine persönlichen Auswahlkriterien am attraktivsten erscheint.
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Das Gesamtbild dieser sieben Thesen vermittelt einen ersten Eindruck über die
vielfältigen Einflüsse auf das Berufsbild des Ingenieurs von morgen. Damit zeigt
es auf, wie wichtig es wird, mit der Arbeit an einer persönlichen
Zukunftslandkarte für sich selbst Orientierung zu schaffen. Denn: Wegen neuer
Erkenntnisse seinen Plan zu ändern, kann nur, wer einen hat.

Der Autor
Thomas Strobel ist Geschäftsführer und Gesellschafter der von ihm gegründeten
FENWIS GmbH in Gauting (www.fenwis.de). Der 51-jährige Dipl.-Ing. für
Maschinenwesen gilt aufgrund seiner beruflichen Vita als besonders industrienah.
Als Projektleiter und Führungskraft sammelte er internationale Erfahrungen in
Strategie- und Planungsteams, Innovationsmanagement, Portfolioplanung und
Prozessgestaltung.

Mit FENWIS hat er sich in der Rolle eines „Zukunftslotsen“ spezialisiert auf
systematische Zukunftsplanung für „vorausschauendes Fahren“ in innovativen
mittelständischen Unternehmen. Seine Kunden nutzen seine Expertise über
Vorträge, Seminare, Workshops und Projekte – immer praxisnah und
umsetzungsorientiert.
E-Mail: thomas.strobel@fenwis.de
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Karriere- und Gehaltsentwicklung von Ingenieuren
– Status Quo und Ausblick
von Anton Stockhausen, Vorstand Lurse HR Consultants AG und
Tanja Weidig, Benchmark-Unit Lurse HR Consultants AG, Troisdorf
Vom Hochschulabsolventen zum Professional bis hin zum Top-Experten: Was
sind die typischen Entwicklungsschritte? Welche Anforderungen stellen Unter-
nehmen? Wie verändern sich Arbeitsschwerpunkte? Wie ist die Einkommens-
entwicklung? Der vielfach beschworene Fachkräftemangel, insbesondere in den
Ingenieurberufen, eröffnet auf lange Sicht gute Chancen für Hochschulabsol-
venten. Aber: Der enge Arbeitsmarkt wird nicht überall in voller Breite und Tiefe
zum Tragen kommen. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass eine differen-
zierte Betrachtung nach Branchen, Regionen, Unternehmensgrößen und arbeits-
vertraglichen Randbedingungen sinnvoll ist.

Entwicklung in Laufbahn und Karriere
Ingenieur ist nicht gleich Ingenieur. Die Bandbreite der Aufgaben und
Verantwortungen ist groß. Sie korrespondiert mit der fachlichen Qualifikation,
sozialen Kompetenz und dem Erfahrungsgrad. Unternehmen klassifizieren, in
unterschiedlicher Detailausprägung, verschiedene Level in der Laufbahn als
Professional:
Der Hochschulabsolvent und Berufseinsteiger mit ein- bis zweijähriger
Berufserfahrung wird dem Einstiegslevel P0 zugeordnet. Die Professionallevel
P1 – P3 zeichnen sich durch zunehmende Erfahrung und Verantwortung aus.
Dem Top-Spezialistenlevel P4 sind relativ wenige Mitarbeiter mit sehr hoher
Bedeutung für das Unternehmen zugeordnet. Die folgende Strukturierung ist
typisch für größere technikgetriebene Unternehmen.
KARRIERE- UND GEHALTSENTWICKLUNG VON INGENIEUREN                          10

  Die Lurse-Funktionstypen und Job-Level
                                    Wertigkeitsstufen
                                      (Job-Level)

          Management
                          Führungslaufbahn               Fachlaufbahn
              M5
              M4
                                                                        Professional
              M3
              M2                                                            P4
              M1                                                            P3
              M0                                                            P2
                                                                            P1
                                        SB3                                 P0
                                        SB2
                                        SB1
                                        SB0
                                   Sachbearbeiter
            Abbildung 1: Entwicklungsstufen als Ingenieur: Einstieg im Level P0

Grundsätzlich steht natürlich auch der Weg in die Führungslaufbahn offen
(Management M0 bis M5). Dieser Schritt kann nach einigen Jahren
Berufserfahrung als Professional erfolgen. Zwangsläufig ist die Zahl der hier zu
besetzenden Positionen begrenzt, die Entwicklungsmöglichkeiten für Ingenieure
sind deutlich eingeschränkter als in der Fachlaufbahn.
Innerhalb der Professional-Laufbahn lassen sich – über die speziellen
Fachrichtungen des Ingenieurberufs hinweg – Tätigkeiten und Anforderungen
verschiedenen Leveln zuordnen. Im Folgenden sind beispielhaft die
Wertigkeitsstufen für die Level Hochschulabsolvent (P0), verantwortlicher
Professional (P2) und anerkannter Top-Experte (P4) erläutert. Der typische
Einstiegslevel als Ingenieur ist der als Professional 0 (P0).
Tätigkeitsmerkmale P0: Auf dieser Ebene werden die für den spezifischen
Aufgabenbereich erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten entwickelt. Die
Lösung von Problemen/Aufgaben erfolgt unter Anwendung von Standard-
prozeduren und -prozessen. Die Arbeitsdurchführung erfolgt nach Anweisungen
mit Handlungsspielraum innerhalb der Arbeitsaufgabe. Der Verbleib in dieser
Funktion ist zeitlich limitiert.
Ausbildung/Erfahrung P0: Fachoberschul-/Hochschulstudium, typischerweise ein
bis zwei Jahre Berufserfahrung, typische Unterstützungsfunktion, z. B. in Projekten.
Tätigkeitsmerkmale P2: Innerhalb dieses Niveaus werden komplexe und
schwierige Aufgaben sowie Problemstellungen bearbeitet, die konzeptionelle
KARRIERE- UND GEHALTSENTWICKLUNG VON INGENIEUREN                 11

Lösungen erfordern. Bestehende Verfahrensweisen und Arbeitsprozesse werden
weiterentwickelt. Ingenieure dieser fachlichen Ebene verfügen über Erfahrung
und Methodenkompetenz, besitzen fachübergreifende Kenntnisse und geben
weniger erfahrenen Kollegen Unterstützung und fachliche Anleitung. Der
Stelleninhaber erfüllt die Aufgaben unabhängig und eigenverantwortlich und ist
nur in geringem Maß an Weisungen gebunden. Die Identifikation der relevanten
Parameter und der Einsatz von Methoden und Verfahren erfolgt aus einem
breiten Kanon an Instrumenten.
Ausbildung/Erfahrung P2: Fachhochschul-/Hochschulstudium, vertiefte Kenntnis-
se im Fachgebiet, typischerweise min. vierjährige Berufserfahrung.
Tätigkeitsmerkmale P4: Ein Ingenieur auf dieser Wertigkeitsstufe ist intern und
extern anerkannter Experte für ein Fachgebiet. Die Bearbeitung komplexer
Problemstellungen, die innovatives Denken erfordern und neuartige Lösungen
mit hoher Bedeutung für das Unternehmen schaffen, sind elementare Tätigkeits-
merkmale dieser Stufe. Die Arbeitsdurchführung erfolgt nach Zielvorgaben mit
erweitertem Handlungsspielraum, vertieft durch Spezialkenntnisse für ein kom-
plexes Aufgabengebiet. Ein Ingenieur auf diesem Level vertritt das Unternehmen
nach innen und außen. Typischerweise erfolgt keine automatische Entwicklung
zu diesem Level.
Ausbildung/Erfahrung P4: Fachhochschul-/Hochschulstudium, tiefste (state of the
art) Kenntnisse im jeweiligen Fachgebiet, typischerweise mehr als zehn Jahre
Berufserfahrung erforderlich.
Die Stufen unterscheiden sich durch die Komplexität der Aufgaben, die
erforderliche Eigenständigkeit und Verantwortung sowie den Grad an
Gestaltungsmöglichkeiten. Die Level P0, P1 und P2 werden in aller Regel in
bestimmten Zeitfenstern durchlaufen. Ab Level P3 sind a) die Anforderungen
deutlich höher und b) die verfügbaren Stellen deutlich geringer – die Zahl der
Positionsinhaber nimmt rapide ab. Die größte Zahl an Positionsinhabern ist auf
dem Level P2 zu finden, dem Level P3 sind in den meisten Unternehmen ca.
15 % bis 20 % der Ingenieure zugeordnet, und auf dem Level P4 sprechen wir
meist noch von 3 % bis 5 %.
(Hinweis: in tarifgebundenen Unternehmen sind die Level P0 bis P2 in aller
Regel durch entsprechende Tarifgruppensysteme definiert.)
Innerhalb der Fachlaufbahn wird häufig noch zwischen der Projekt- und der
Expertenlaufbahn unterschieden. Die zunehmende Bedeutung des Arbeitens in
Projekten, zum Beispiel bei der Entwicklung von Komponenten oder Bauteilen,
häufig in international besetzten Projektteams, bietet attraktive Einsatzfelder.
Wesentliche Voraussetzungen sind Interesse an vernetzter Arbeit, an Koordi-
nations- und Organisationsaufgaben und entsprechende soziale Kompetenz.
KARRIERE- UND GEHALTSENTWICKLUNG VON INGENIEUREN                       12

Entwicklung des Einkommens
Die wichtigste Frage für Hochschulabsolventen in diesem Kontext ist: Wie hoch
sind die Einstiegsgehälter? Unsere regelmäßigen Markterhebungen zeigen einen
leichten Anstieg der Einstiegsgehälter in den letzten drei Jahren. Im Jahr 2012
lagen die Einstiegsgehälter für Bachelor im Bereich 41.000 € bis 46.000 €, für
Absolventen des Masterstudiengangs um etwa 2.500 € höher. Etwaige leistungs-
abhängige Zahlungen eingeschlossen.

    Abbildung 2: Entwicklung der Einstiegsgehälter für Absolventen des Bachelor- bzw.
Masterstudiengangs, Basis: Lurse Benchmark High Tech, mit über 50 Teilnehmerunternehmen
                         und insgesamt 108.000 Positionsinhabern

(Hinweis: Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch das Karriere-Handbuch für
Ingenieure des Staufenbiel Instituts [Staufenbiel].)
Wohin entwickeln sich die Einkommen, wenn die ersten Berufsjahre erfolgreich
geleistet wurden? Mit steigender Komplexität der Aufgaben und höherer
Verantwortung steigt das Einkommen. In den meisten Unternehmen bewegen
sich die Einkommen auf Level P2 im Bereich zwischen 65.000 € und 75.000 €.
Der Anteil der variablen, leistungsabhängigen Bestandteile am Zielgehalt nimmt
in den höheren Leveln zu.
KARRIERE- UND GEHALTSENTWICKLUNG VON INGENIEUREN                          13

                 Abbildung 3: Einkommen auf Professionallevel P2, P3 und P4
   Basis: Lurse Benchmark High Tech, mit über 50 Teilnehmerunternehmen und insgesamt
                                 108.000 Positionsinhabern

Im Level P3 liegt das Zielgehalt zwischen 80.000 € und 90.000 €. Auf dem
Professionallevel 4 (P4) werden Einkommen in der Größenordnung zwischen
95.000 € und 110.000 € gezahlt, in der Spitze sind auch mehr als 110.000 €
möglich.

Zur Struktur des Einkommens
Unternehmen unterscheiden zwischen der Barvergütung (Zielgehalt) und der
Gesamtvergütung. Zur Barvergütung werden die monatlichen Gehaltszahlungen
und die vertraglich fixierten leistungs-/erfolgsabhängigen Zahlungen gerechnet.
Die Gesamtvergütung umfasst darüber hinaus weitere zusätzliche Leistungen
(Benefits), zum Beispiel im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung (bAV),
in Form von Gesundheitschecks sowie Firmenwagen oder auch betriebliche
Kindertagesstätten und Ähnliches.
Mit zunehmender Verantwortung und damit höherem Level verschieben sich die
Gewichte innerhalb der Barvergütung von fixen Anteilen zugunsten variabler
Anteile. Ist der variable Anteil in der Einstiegsstufe P0 mit ca. 3 % – 5 % eher als
Signal zu verstehen, beträgt er in der Stufe P2 ca. 8 % – 13 %, also mehr als ein
komplettes Monatsgehalt, und ist in der Stufe P4 mit ca. 15 % – 20 % ein sehr
wesentliches Element. Dies umso mehr, da der Teil variabel ist, also gegen 0
laufen kann, andererseits sich aber auch auf das 1,5-fache oder das Doppelte
erhöhen kann. Mit diesem stärkeren leistungsabhängigen Teil wird der
zunehmenden Beeinflussbarkeit und dem größeren Gestaltungsspielraum Rech-
nung getragen, die unternehmerische Verantwortung wird gestärkt.
KARRIERE- UND GEHALTSENTWICKLUNG VON INGENIEUREN                                           14

Bei den zusätzlichen Leistungen der Gesamtvergütung stehen die Themen bAV
und Firmen-Kfz im Vordergrund. Dennoch erkennen Unternehmen heute, wie
wichtig es ist, sich deutlich intensiver mit den Einzelelementen ihres Benefit-
Portfolios auseinanderzusetzen, um die Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen
und sich im Wettbewerb um geeignete Kandidaten abzuheben.

  Benefits ergänzen die Barvergütung

                               …………
       nicht monetär

                            Firmenwagen             Benefits

                         Entgeltfortzahlung
                          Altersversorgung

                                                                Gesamtvergütung
                                                    Variabler
                         Variabler Anteil
                                                    Anteil
                                                                                  Gesamtvergütung umfasst die
                                                                                  Summe aller baren und unbaren
                                                                                  Vergütungsbestandteile und
                                                                                  Benefits.
                           Festgehalt
       monetär

                                                    Fixer
                                                    Anteil

                          Jahreszieleinkommen

                                  Abbildung 4: Elemente der Gesamtvergütung

Blick in die Zukunft: Prognose und Trends
Die Wirkungen der demografischen Entwicklung sind schon an vielen Stellen
dargestellt worden [Sattelberger; McKinsey], gleichzeitig entwickelt sich unsere
Gesellschaft zunehmend von der Produktions- zur Dienstleistungs- und Wissens-
gesellschaft. Somit wird der Bedarf an Ingenieuren/Wirtschaftsingenieuren in
Deutschland hoch bleiben, zumindest solange die Konjunktur auf einem
vergleichbar hohen Niveau bleibt. Hochschulabsolventen werden auch zukünftig
verschiedene Optionen haben und Chancen bei individuell favorisierten Arbeit-
gebern nutzen können. In diesem Kontext wird auch häufig über die Erwartungen
der nachrückenden Generationen (Generation Y ff.) diskutiert, die mit mehr
Selbstbewusstsein ihre Vorstellungen einer Arbeitsbeziehung einfordern.
KARRIERE- UND GEHALTSENTWICKLUNG VON INGENIEUREN               15

Abschließend einige Standpunkte, die zum Teil nicht stromlinienförmig in das
Mainstream-Meinungsbild passen:
   Der Personalengpass bei Ingenieuren betrifft wenige eingegrenzte
    Zielgruppen: zum Beispiel Kandidaten im Alter von 30 bis 35 Jahren, also
    mit ca. fünf bis acht Jahren Berufserfahrung, bestimmter Fachrichtungen
    oder Projektingenieure mit Erfahrungen aus bestimmten Regionen und
    Arbeitskulturen. Demgegenüber werden auch in Zukunft erfahrene
    Fachingenieure mit gering ausgeprägter sozialer Kompetenz nicht in der
    Position sein, zwischen zahlreichen Angeboten attraktiver Arbeitgeber
    wählen zu können.
   Die in der Vergangenheit vielfach umgesetzten flachen Hierarchien
    bleiben. Die Möglichkeiten für Ingenieure, in Managementfunktionen zu
    Status und Ansehen zu kommen, sind auch in Zukunft begrenzt. Die
    realistischeren Optionen werden im Ausbau einer expliziten Experten- oder
    Projektmanagerlaufbahn liegen [Deuter/Stockhausen].
   Die Einkommen, insbesondere auch die Einstiegsgehälter, werden sich
    unterschiedlich entwickeln. Es wird die regionalen Unterschiede geben – es
    ist nicht abzusehen, dass das Gehaltsniveau des Stuttgarter oder Münchner
    Raums auf die Republik übergreift. Genauso wenig wird das tarifbedingte
    relativ hohe Einkommensniveau in der Branche Chemie/Pharmazie den
    Takt bestimmen. Es wird Branchen geben, in denen deutlich weniger
    gezahlt wird, wie es im Rahmen des Booms in der Solarbranche zu
    beobachten war: Hier wurde mit den Argumenten Umwelt und erneuerbare
    Energie geworben und es wurden deutlich niedrigere Gehälter akzeptiert.
   Mittelständische Unternehmen mit Sitz fernab von Ballungsgebieten
    werden den von vielen empfundenen Standortnachteil mit Anstrengungen
    zum Employer Branding nicht kompensieren können und sich überlegen
    müssen, bestimmte Unternehmensbereiche in attraktive Regionen
    auszulagern.
   Die breit propagierten besonderen Erwartungen der Generation Y müssen
    erst noch den Lackmustest bestehen. Die bisherigen Untersuchungen
    hierzu stehen im Sinne eines evidenzbasierten Personalmanagements noch
    auf unsicheren Beinen. Die Aspekte Work-Life-Balance und Gesundheit
    werden in der ohnehin schon vorhandenen Bedeutung wohl gestärkt.
KARRIERE- UND GEHALTSENTWICKLUNG VON INGENIEUREN               16

   Wie wird sich Einkommenspolitik verändern? Sie wird noch stärker als
    integraler Bestandteil eines Gesamtpakets der Führung, Förderung und
    Zusammenarbeit gesehen: Performanceausprägung, Potenzialfelder, Netz-
    werkfähigkeit, übergreifendes Arbeiten…
   Vieles spricht dafür, dass die variablen Einkommensanteile begrenzt
    werden. Diese sind aber bei den Ingenieuren in aller Regel überschaubar
    groß definiert. Ferner werden individuelle Bonuszahlungen zugunsten von
    Bereichs- oder Unternehmensergebnissen verändert werden.
   Das Paket der Benefits wird an Bedeutung gewinnen, eine Renaissance des
    Cafeteriamodells steht bevor. Das würde auch den Vorstellungen jüngerer
    Generationen entgegenkommen.

Literatur
Sattelberger Thomas (2012): Handlungsfeld MINT: Was wurde erreicht – was
       fehlt?, MINT-Konferenz des Stifterverbandes.
Deuter, A./Stockhausen A. (2011): Etablierung von Fachlaufbahnen – eine
     empirische Studie deutscher Unternehmen, in: Fachlaufbahnen –
     Alternative Karrierewege für Spezialisten schaffen, Michel E.
     Domsch/Désirée H. Ladwig (Hrsg.), Luchterhand.
McKinsey Deutschland (2011): Studie „Wettbewerbsfaktor Fachkräfte – Strategien
     für Deutschlands Unternehmen“.
Giesen, Birgit (2013): Ingenieure 2013 Band 1: Das Karriere-Handbuch,
      Staufenbiel Institut.
Lurse Benchmarkstudien 2010, 2011, 2012.
17

Perspektiven und Chancen für (Wirtschafts-)
Ingenieure in den MINT-Arbeitsmärkten
von Boris Wörter, Leitung Human Resources Festo AG & Co. KG, Esslingen
Der in Deutschland viel diskutierte Fach- und Führungskräftemangel in den MINT-
Arbeitsmärkten zeigt schon heute erkennbare Auswirkungen auf die Mitarbeiter-
suche in vielen Unternehmen. Der Anteil der Akademiker mit naturwissenschaft-
lichem und technischem Know-how ist vor allem in Hochtechnologiebranchen
sowie in der Forschung und Entwicklung besonders hoch. Hinzu kommt, dass im
Zuge des demografischen Wandels zukünftig viel mehr MINT-Arbeitnehmer als
bisher in den Ruhestand gehen werden.
Die Industrie versucht, mit geeigneten Instrumenten den Auswirkungen dieses
Damokles-Schwertes entgegenzuwirken. Unter dem Strich eröffnen sich aufgrund
dieser Situation sehr interessante berufliche Perspektiven für (Wirtschafts-)
Ingenieure, um den Innovations- und Technologiestandort Deutschland auch in
der Zukunft zu erhalten. Zudem werden sich bei einem eher knapper werdenden
Arbeitsmarkt die Verdienstmöglichkeiten tendenziell dynamisieren. Davon abge-
sehen bleiben weitere Maßnahmen, wie beispielsweise die Einbeziehung von
Fachkräften ausländischer Arbeitsmärkte, notwendig, damit dem Fachkräfteeng-
pass und dem demografischen Wandel vorgebeugt werden kann.
Als ein unabhängiges, technologieorientiertes Familienunternehmen zählt Festo
auf seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zumeist technisch ausgebildet
und qualifiziert sind. Sie realisieren smarte und intuitive Produkte der pneumati-
schen und elektrischen Automatisierungstechnik, die im Fokus der Forschungs-
und Entwicklungsaktivitäten stehen. Auf Basis dieser Kompetenzen ist es in über
50 Jahren durch Innovationen und Lösungskompetenz gelungen, sich zu einem
Leistungsführer für die Fabrik- und Prozessautomation zu entwickeln. Zum
Produktprogramm zählen u. a. Antriebe, Greifer und Handlings, Geräte zur
Druckluftaufbereitung und Vakuumtechnik sowie Ventile und Ventilinseln. Für
die Kommunikation in der Steuerungskette sorgen Sensoren, intelligente Kom-
paktkamerasysteme, Controller sowie die passende Software. Der Schlüssel zu
diesem Erfolg liegt nicht zuletzt in der Kompetenz, Engagement und Qualifikation
der Belegschaft begründet. Wie bei Festo wächst auch in anderen Unternehmen
weiterhin der Bedarf an gut qualifizierten (Wirtschafts-)Ingenieuren, welche die
technische Innovationsfähigkeit von morgen sicherstellen sollen.
(W I R T S C H A F T S -)I N G E N I E U R E I N D E N MINT-A R B E I T S M Ä R K T E N   18

Raum für Perspektiven und lebenslanges Lernen
Kontinuierliches Wachstum schafft Arbeitsplätze und Raum für Innovationen
sowie interessante Perspektiven in vielfältigen Unternehmensbereichen. Gute
Ideen zahlen sich aus und sind der Nährboden für neue Technologien – dabei
nehmen angehende Ingenieure und Wirtschaftsingenieure eine bedeutende Rolle
ein. Daher werden bei Festo beispielsweise neben Spezialisten für die Fabrik-
und Prozessautomation auch Projekt- und Vertriebsingenieure zur Beratung und
Abwicklung kundenspezifischer Aufträge immer wieder stark nachgefragt.
Absolventen ingenieurwissenschaftlicher Studiengänge treten i. d. R. direkt ins
Tagesgeschäft ein und übernehmen konkrete Aufgaben sowie Verantwortung in
einem bestimmten Tätigkeitsfeld. Bei Festo etabliert sich zunehmend auch das
„Trainee-Programm“ als allgemeines Qualifizierungsprogramm, das in 12 bis 24
Monaten Hochschulabsolventen mit erster Praxiserfahrung schrittweise auf die
Übernahme von verantwortungsvollen Positionen vorbereitet. Trainees gibt es in
fast allen Unternehmensbereichen. Sie erhalten in aktuellen Projekten vielseitige
und abteilungsübergreifende Einblicke in die Strukturen und Prozesse, Standorte
und zukünftigen Tätigkeitsbereiche.
Generell werden bei einem technisch orientierten Berufseinstieg neben einer fun-
dierten technischen Qualifizierung auch Teamfähigkeit, Offenheit gegenüber
Trends, eine hohe Kundenorientierung und Leistungsbereitschaft sowie erste
Praxiserfahrung erwartet. Die Fähigkeit selbstständig und eigenverantwortlich zu
arbeiten, sollten sich junge (Wirtschafts-)Ingenieure bereits während des Studiums
durch Praktika, Werksstudententätigkeiten und Bachelor-/Masterarbeiten an-
eignen. Je größer die Praxiserfahrung und Mobilitätsbereitschaft des Absolventen
ist, desto schneller und zielgerichteter finden Unternehmen und Bewerber
zusammen.
Nach dem Einstieg in ein Unternehmen steht die Anwendung und Weiterent-
wicklung des erworbenen Wissens im Unternehmen im Mittelpunkt. Lebens-
langes Lernen nimmt bei Festo einen wichtigen Stellenwert ein – ca. 1,5 % des
Umsatzes fließen jährlich in die Aus- und Weiterbildung und damit in die
nachhaltige persönliche Weiterentwicklung der eigenen Mitarbeiter. Im Zuge des
demografischen Wandels wird es immer wichtiger, vorhandene Potenziale besser
durch individuelle Weiterbildungsmaßnahmen, Training-on-the-Job, weltweite
Qualifizierungsprogramme usw. zu nutzen und langfristig zu fördern. Eine
übertarifliche und leistungsorientierte Vergütung, umfangreiche Sozial- und Zu-
satzleistungen z. B. Betriebssportgruppen im Rahmen der Betrieblichen Gesund-
heitsförderung sowie flexible Arbeitszeitmodelle und individuelle Angebote zur
Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind weitere Merkmale eines attraktiven
Arbeitgebers.
(W I R T S C H A F T S -)I N G E N I E U R E I N D E N MINT-A R B E I T S M Ä R K T E N   19

Qualifikation und Gehaltsentwicklung
Das technische Know-how von (Wirtschafts-)Ingenieuren hat nach wie vor einen
wichtigen Stellenwert bei der Personalauswahl. Wer an technologisch
anspruchsvollen Projekten mitarbeiten und den technischen Fortschritt
beeinflussen möchte, kommt an einem fundierten Fachwissen nicht vorbei. Dies
steht zunächst im Vordergrund und bildet die Basis für die weitere berufliche
Entwicklung. In der Vergangenheit war die Gehaltsentwicklung gerade für
(Wirtschafts-)Ingenieure in der Metall- und Elektroindustrie positiv. Die Branche
hat sich in den letzten Jahren gut entwickelt, was sich dementsprechend auch in
den Tarifabschlüssen widergespiegelt hat. Damit dies auch in Zukunft so bleibt,
ist ein anhaltendes Wachstum gerade auch durch die Weiterentwicklung von
Technologien eine grundlegende Voraussetzung.
In Führungspositionen ist die technische Expertise ebenfalls ein bedeutendes
Kriterium technologieorientierter Unternehmen. Oftmals mangelt es den (Wirt-
schafts-)Ingenieuren aber einerseits an betriebswirtschaftlichem Know-how
(Kostenrechnung, Interpretation von betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, Bilan-
zen lesen etc.) sowie andererseits an juristischem Know-how (Umweltrecht,
Produkthaftung/-sicherheit). Der Mangel an diesen Kompetenzen kann eine
Hürde zu Beginn der Karriere sein, erfreulicherweise bieten jedoch immer mehr
technische Hochschulen entsprechende Vorlesungen, wie beispielsweise „Mana-
gement für Ingenieure“, an. Auch nach dem Berufseinstieg können gute Manage-
mentprogramme etablierter Business-Schools berufsbegleitend besucht werden.
Aus Sicht des Unternehmens ist es oftmals wünschenswert, wenn sich Ingenieure
auch in anderen, interdisziplinären Karrierebereichen wie z. B. Rechnungswesen,
Personalmanagement, Logistik, Marketing, Unternehmenskommunikation, Ver-
trieb oder Controlling weiterentwickeln möchten. Die zusätzlich angeeigneten
Fähigkeiten im Bereich Management/Betriebswirtschaftslehre sind dafür nützlich
und sehr oft notwendig.
Sobald Managementfunktionen übernommen werden, liegen die Gehälter i. d. R.
höher. Wem dieser monetäre Aspekt in seinen persönlichen Karrierezielen be-
sonders wichtig ist, wird früher oder später eine Führungslaufbahn oder eine
herausragende fachspezifische Schlüsselposition einnehmen müssen.
(W I R T S C H A F T S -)I N G E N I E U R E I N D E N MINT-A R B E I T S M Ä R K T E N   20

Geografische und funktionale Mobilität
Berufliche Perspektiven und entsprechende Entgeltentwicklungen hängen gerade
auch in international agierenden Unternehmen stark von der geografischen und
funktionalen Mobilität der Mitarbeiter ab. Die längst eingesetzte Globalisierung
führt dazu, dass Arbeitswelten immer internationaler ausgeprägt werden. Die
Bereitschaft, im Ausland zu arbeiten und nach einer angemessenen Zeit Bereiche
und Aufgabeninhalte zu wechseln, sind oftmals wichtige Voraussetzungen für
eine erfolgreiche Gehalts- und Karriereentwicklung.
Die Vorteile hierfür liegen klar auf der Hand. Einerseits werden sowohl interkul-
turelle Kompetenzen entwickelt und ausgebaut, um im Ausland und in interna-
tional zusammengesetzten Teams leichter arbeiten zu können. Andererseits
braucht man für seinen Erfolg die Fähigkeit, sich in Arbeitsgruppen gut integrieren
zu können. Dazu zählen auch Kommunikation, Eigeninitiative und die Fähigkeit,
Konflikte zu lösen. Egal, ob beim direkten Kundenkontakt oder in internationalen
Projektteams.
Die hier angedeuteten Soft Skills sind übrigens nicht nur für (Wirtschafts-)Ingeni-
eure wichtig. Jeder Mensch hat besondere Stärken – aber auch Schwächen.
Worauf es ankommt, ist die Bereitschaft, an sich zu arbeiten und sich weiterzu-
entwickeln. Unterstützt wird man dabei häufig durch ein umfangreiches Angebot
an internen Weiterbildungs- und Schulungsmaßnahmen, mit denen Soft Skills
entwickelt und gefördert werden sollen.
Der Beruf des (Wirtschafts-)Ingenieurs ist nicht zuletzt aufgrund der beschrie-
benen Ausführungen eine hervorragende Entscheidung für ganz besonders inte-
ressante berufliche Perspektiven.

Weitere Informationen
www.festo.com
www.festo.com/karriere
21

Verschiedene Wege führen nach Rom –
Wer Karriere machen will, muss flexibel sein
von Dr. Wolfgang Feige, compamedia GmbH, Überlingen

Grundgedanken
Deutschland gilt seit Jahrhunderten als das Land der Ingenieure. Und als Land der
Innovationen – die ja sehr oft in den Köpfen der Ingenieure reifen. Glaubt man
den Medien, so hat aber das Ausland, insbesondere die asiatischen Länder, in
den letzten Jahren stark aufgeholt. Hinzu kommen die starken konjunkturellen
Schwankungen der vergangenen Jahre. Folglich fragen sich sicherlich nicht
wenige technikaffine junge Menschen, die vor der Berufsentscheidung stehen, ob
ein Ingenieurberuf in Deutschland überhaupt noch Zukunft hat, und ob man als
Ingenieur überhaupt noch Karriere machen kann.
Das ist gerade bei der Generation Y ein häufiger Gedanke, da sie das
Ingenieurwesen sehr stark mit einem reinen Spezialistentum verbindet. Oft ist die
Vorstellung anzutreffen, dass man sich als Ingenieur immer weiter in ein Thema
vertiefen und letztlich auf „ewig“ damit verbunden bleiben müsse. Das
widerspricht jedoch den Wünschen der Generation Y, da sich diese Generation –
wenn man den Untersuchungen glauben darf – gerade dadurch auszeichnet, dass
sie Themen nicht zu lange und zu tief bearbeiten will, sondern dass sie lieber
von einem Thema zum anderen „hüpft“ oder wie im Internet „klickt“. Flexibilität
ist wichtig. Multitasking ist gefragt. Doch auch gerade damit kann man als
Ingenieur gut Karriere machen. Das will der vorliegende Beitrag zeigen.

Karriere und Entwicklungsmöglichkeiten
Dem „fertigen“ Ingenieur steht eine Vielzahl von Einsatzfeldern in einem
Industrieunternehmen offen. Einige davon seien genannt:
   Produktion
   Produktionsplanung
   vorbeugende Wartung und Instandhaltung
   Forschung und Entwicklung
   technischer Einkauf
   Marketing
   Vertrieb
   Beratung
   Management
WER KARRIERE MACHEN WILL, MUSS FLEXIBEL SEIN                   22

Was dabei ganz spannend ist: Ingenieure können die Einsatzfelder wechseln. Das
kommt der Generation Y schon mal sehr entgegen. Gerade im Sinne einer
Karrierestrategie ist das wertvoll.
Es gibt dabei generell mehrere Karrierewege: Ein horizontaler Karriereschritt liegt
vor, wenn ein Mitarbeiter auf der gleichen Ranghöhe von einem Gebiet in ein
anderes wechselt. Ein Beispiel dafür ist ein Mitarbeiter, der zunächst zwei Jahre
in der vorbereitenden Instandhaltung arbeitet und danach für ein oder zwei Jahre
in den technischen Einkauf wechselt und dann wiederum eine andere Position
ausfüllt. Jetzt könnte man sich fragen, wieso das als Karriere bezeichnet werden
sollte. Aber Karriere hat eben gerade heute und bei der Generation Y nicht nur
eine „formale Dimension“ (ein Schritt nach „oben“), sondern Karriere hat heute
auch eine „inhaltliche Dimension“ (Wissenserweiterung und Horizont-
erweiterung als Karriere). Dies kommt der Generation Y sehr gelegen. Leider sind
die Unternehmen erst dabei, auch solche Prozesse als Karriere anzuerkennen.
Ein ganz anderer Karriereschritt ist eine vertikale Karriere. Hier wird zum Beispiel
aus dem Mitarbeiter im technischen Einkauf ein Teamleiter im technischen
Einkauf und danach ein Abteilungsleiter im technischen Einkauf. Die Karriere
definiert sich hier also über die Frage, wie viele Mitarbeiter man zu führen hat.
Studien zeigen aber, dass die Generation Y pauschal kein großer Anhänger von
rein vertikalen Karrieren ist. Aus diesem Grunde kann man auch an einen
sogenannten diagonalen Karriereschritt denken. Hier wird zum Beispiel aus
einem Mitarbeiter in der technischen Instandhaltung ein Gruppenleiter im
technischen Einkauf. Ein diagonaler Karriereschritt umfasst also eine
Wissenserweiterung (neues inhaltliches Feld) gepaart mit einem vertikalen Schritt
(vom Mitarbeiter zum Gruppenleiter). Diagonale Karriereschritte sind schon sehr
anspruchsvolle Herausforderungen und gerade hier kann sich ein Mitarbeiter
beweisen und sein Potenzial zeigen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass
es natürlich auch eine fokale Karriere gibt. Diese Karriere wird auch
Expertenkarriere genannt, d. h. hier wird der Mitarbeiter in der Tat immer mehr
zu einem Spezialisten.
In größeren Unternehmen gibt es strukturierte Karrierewege. Es gibt
Linienlaufbahnen, Expertenlaufbahnen und Projektlaufbahnen. Projektlaufbahnen
gibt es gerade in technischen Unternehmen, die stark projektgetrieben sind, wie
etwa der Anlagenbau. Die Karriere fängt hier zum Beispiel als Junior-Project-
Manager an, der in einem Projekt lediglich mitarbeitet. Danach folgt der
Projektleiter, der ein Projekt selbstständig führt. Die nächste Position ist dann der
Senior-Projektleiter, der mehrere Projekte gleichzeitig koordiniert. Wichtig ist
aber, dass es gerade für die Generation Y sehr reizvoll sein kann, innerhalb dieser
Karrierelaufbahnen zu springen, das heißt, zuerst gehen sie einen horizontalen
Schritt, dann einen vertikalen und dann vielleicht wieder einen horizontalen.
Wichtig für die Akzeptanz von solchen Karrieresystemen ist allerdings, dass die
WER KARRIERE MACHEN WILL, MUSS FLEXIBEL SEIN                        23

verschiedenen Karrierestufen innerhalb der Karriereleitern finanziell und
statusmäßig auch ähnlich ausgestattet sind. Ansonsten fehlt der motivierende
Effekt. Abbildung 1 zeigt ein solches System auf.

Management-         Linie             Projektlaufbahn            Expertenlaufbahn
Ebene

                    Vorstand          Diese Laufbahn gilt        Diese Laufbahn gilt
                                      insbesondere für           für Spezialfunk-
                                      Core Projects.             tionen.

                    Vice President    Project Management
                                       - Vice President

Executives          Senior Director Project Management           Expert xy
                                       - Senior Director         Senior Director
                                         (A)

                    Director          Project Management         Expert xy
                                       - Director (A/B)          Director

Mittleres           Head of           Project Management         Expert xy
Management          Department
                                       - Head of                 Head of …
                                         (Projektleitung)
                                         (B/C)

                    Group Leader      Project Management         Expert xy
                                       - Group Leader            Group Leader
                                         (Teilprojekte)

Professionals/                        Mitarbeiter/Manager
Semiprofessionals

                      Abbildung 1: Mögliche Karrierelaufbahnen
WER KARRIERE MACHEN WILL, MUSS FLEXIBEL SEIN                    24

Persönliche Voraussetzungen
Karriere passiert nicht von alleine. Man muss sie wollen und man muss sich Ziele
setzen. Wichtig ist auch, dass man seine Persönlichkeit kennt, um zu wissen,
welche Karriere einem am besten liegen könnte. Natürlich ist Fachwissen auch
heute immer noch die Basis einer Karriere. Gerade zu Beginn einer Karriere
definiert das fachliche Wissen und Können die Einsatzmöglichkeiten. In späteren
Karriereschritten geht es dann mehr und mehr um methodische Kenntnisse und
Fähigkeiten, und je höher man kommt, desto mehr ist Sozial- und Manage-
mentkompetenz gefragt. Wichtig ist und bleibt dabei Flexibilität. Das zeigen
schon die obigen Ausführungen. Aber gerade in der heutigen globalen Welt mit
all ihren Verflechtungen ist unter Flexibilität auch Mobilität zu verstehen. Längere
Einsatzphasen im Ausland sind rechtzeitig und gut mit Partner und Familie
abzustimmen und vorzubereiten.
Flexibilität beinhaltet aber auch bereit zu sein, das heißt, dass man sich auf den
Zufall, der vorbeikommt, vorbereitet. Karrieren sind heute nicht mehr so planbar
wie früher, da die Welt dynamischer geworden ist. Deshalb ist derjenige im
Vorteil, der zufällig vorbeikommende Angebote greifen kann, da er sich darauf
vorbereitet hat. Das heißt aber auch, dass man breit ausgerichtet sein sollte. Je
stärker man sich auf nur „einen Weg“ fokussiert, desto mehr Chancen sieht man
nicht. Aber gerade in dieser Beziehung freut sich die Generation Y über die
zunehmende Dynamik der Arbeitswelt und der Arbeitsmärkte.
Hilfsmittel zur Vorbereitung auf solche Chancen und zur Aufrechterhaltung der
Flexibilität sind zum Beispiel das Absolvieren eines Trainee-Programms. Trainee-
Programme sind in der Regel von der Ausbildung her sehr breit angelegt und
bilden damit eine solide Basis dafür, leicht mit Veränderungen mitzugehen. Eine
weitere Möglichkeit ist, einen Mentor zu suchen. So kann man sehr früh an
Erfahrungen partizipieren und ganz nebenbei können aus Beziehungen, die der
Mentor hat, Karrierechancen entstehen. Kurze oder auch längere Auslands-
einsätze oder auch Job-Rotation im Inland sind ebenfalls gute Hilfsmittel, um auf
eine breite Karriere vorbereitet zu sein.
Ingenieuren steht heute also die Welt offen. Insbesondere dann, wenn Sie sich
ständig weiterbilden. Weiterbildung heißt hier aber nicht nur, das rein fachliche
Ingenieurwissen kontinuierlich auf den neuesten Stand zu bringen, sondern
insbesondere auch in andere Fachgebiete wie BWL und Management
reinzuschnuppern.
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