COVID-19: Deutschland reformiert Bevölkerungsschutz
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CSS Analysen zur Sicherheitspolitik Nr. 287, Juli 2021 COVID-19: Deutschland reformiert Bevölkerungsschutz In vielen Ländern erwies sich die Koordination während der COVID- 19-Pandemie als unzulänglich. Um dies anzugehen, will Deutschland seine für die Krisenreaktion zuständigen Behörden reformieren. Dazu gehört auch die Schaffung eines Gemeinsamen Kompetenzzentrums Bevölkerungsschutz. Andere Länder könnten dies zum Anlass nehmen, ihre eigenen Krisenmanagementsysteme auf den Prüfstand zu stellen. Von Benjamin Scharte In der öffentlichen Wahrnehmung in Deutschland führte das Bundesamt für Be- völkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) während der COVID-19-Pandemie ein Schattendasein. Ein Beispiel dafür ist ein im Mai 2020 im Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» unter dem Titel «Das verges- sene Amt» erschienener Artikel. Dabei ist die Pandemie zweifellos eine der grössten Herausforderungen, mit denen Deutsch- land in jüngster Zeit konfrontiert worden ist. Man sollte annehmen, dass eine Bun- desbehörde, die für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe zuständig ist, bei der Bewältigung einer solchen Herausforde- rung eine wichtige Rolle spielen würde; schliesslich verfügt das BBK über die ent- sprechende Expertise. Organisatorische Beschränkungen hinderten das Amt jedoch daran, sich während der Pandemie aktiver BBK-Präsident Armin Schuster stellt gemeinsam mit Bundesinnenminister Horst Seehofer das Konzept am Krisenmanagement zu beteiligen. für die Neuausrichtung des BBK vor. Markus Schreiber / Reuters Hauptaufgabe des BBK ist die Leitung der Zivilschutzmassnahmen im Falle eines be- waffneten Konflikts. Nur auf Anforderung Bundesländer direkt für das Krisenmana- Folge. Dazu kam es, weil die Länder nur der Bundesländer kann das BBK – bei Ka- gement in ihrem Zuständigkeitsbereich für ihr eigenes Territorium zuständig sind tastrophen, die nicht auf regionaler Ebene verantwortlich. Auf nationaler Ebene leite- und weil sowohl das BMG als auch das bewältigt werden können – die Koordina- ten das Bundesministerium für Gesund- RKI keine Behörden mit echtem Schwer- tiong der Massnahmen zum Bevölke- heit (BMG) und das Robert Koch-Institut punkt im Krisenmanagement sind. Beiden rungsschutz übernehmen. Dies war wäh- (RKI) als dem BMG unterstellte Bundes- fehlt also die Expertise zur Koordination rend der COVID-19-Pandemie jedoch behörde die Pandemiebekämpfung. Dieser systemischer Krisen. nicht der Fall. zweigeteilte Ansatz hatte eine mangelnde Koordination zwischen den Akteuren auf Gesellschaften können aus der Pandemie Stattdessen reagierte Deutschland auf zwei Bundesebene (horizontal) und auch zwi- Lehren ziehen, um auf die nächste Krise Ebenen. Auf regionaler Ebene waren die schen Bund und Ländern (vertikal) zur besser vorbereitet zu sein. Deutschland und © 2021 Center for Security Studies (CSS), ETH Zürich 1
CSS Analysen zur Sicherheitspolitik Nr. 287, Juli 2021 sein System für den Bevölkerungsschutz ordination zu nutzen. So könnte das BBK zeitigen Erkennung und Verhinderung der sind in dieser Hinsicht ein lehrreiches Bei- als Koordinationsinstrument dienen, wäh- Weiterverbreitung von Infektionen. Dabei spiel. Ähnlich wie in vielen anderen Län- rend die Verantwortung für das operative hat das RKI die Aufgabe, eine wissen- dern, etwa der Schweiz, gab es in Deutsch- Krisenmanagement bei den Bundesländern schaftliche Grundlage für gesundheitsbe- land eine Vielzahl von Problemen im verbleibt. zogene politische Entscheidungen zu Umgang mit der COVID-19-Krise. Infol- schaffen und die politischen Entschei- gedessen initiierte das BBK einen Evalua- Ausgehend von diesem Auftrag erfüllt das dungsträgerinnen und -träger, die Wissen- tionsprozess, der im März 2021 in der Ver- BBK ein breites Aufgabenspektrum, das schaft und die Öffentlichkeit zu informie- öffentlichung eines Konzepts für eine weit über den eng definierten Zivilschutz ren und zu beraten. Im Falle einer Pandemie Neuausrichtung mündete. Um das Kon- hinausgeht. Dazu gehört die Planung und ist es zudem auch für die Koordination der zept und die darin enthaltenen Empfeh- Vorbereitung der Zusammenarbeit zwi- Zusammenarbeit zwischen der Bundesebe- lungen zu verstehen, muss man sich zu- schen Bund und Ländern im Hinblick auf ne und den Ländern zuständig. Hingegen nächst mit der Rolle und dem Auftrag des besondere Gefahren – Gefahren mit über- weist das Infektionsschutzgesetz dem BBK BBK beschäftigen. Diese müssen anschlie- greifenden Auswirkungen, die die Länder keine Rolle zu; das BBK wird im Infekti- ssend vor dem Hintergrund der Heraus- nicht allein bewältigen können. Zu den onsschutzgesetz überhaupt nicht erwähnt. forderungen betrachtet werden, die sich Aufgaben gehören auch die Unterstützung Es erscheint also logisch, im Falle einer aus einer komplexen Krise wie einer Pan- von Betreibern kritischer Infrastrukturen Pandemie auf das RKI zu setzen. Aller- demie ergeben. mit Plänen und Konzepten für den Schutz dings ist der Auftrag des RKI auf die epide- kritischer Infrastrukturen, Aus- und Fort- miologischen Aspekte einer solchen Krise Auftrag und Kapazitäten des BBK bildungsmassnahmen für den Bevölke- beschränkt. Das RKI ist also keine Stelle, Nach dem deutschen Grundgesetz ist die rungsschutz, Forschung zum Bevölke- die in einer komplexen Krise die Gesamt- Ausübung staatlicher Gewalt Ländersache, rungsschutz und bundesweite Risikoanaly- koordination übernehmen kann. soweit das Grundgesetz nichts anderes be- sen. Das BBK ist zuständig für die Planung stimmt oder zulässt. Dies gilt ebenso für und Durchführung der Länder- und Res- Komplexe Krisen bewältigen den Bevölkerungsschutz und das Krisen- sortübergreifenden Krisenmanagement- Um die Herausforderungen zu verstehen, management, auch im Falle einer Pande- übungen. Beim BBK ist auch das Gemein- denen sich das deutsche Bevölkerungs- mie. Eine spezifische Ausnahme von dieser same Lagezentrum von Bund und Ländern schutzsystem bei der Reaktion auf die CO- allgemeinen Regel ist, dass der Bund die angesiedelt, dessen Aufgaben sich aus dem VID-19-Pandemie stellen musste, er- ausschliessliche Gesetzgebungsbefugnis in Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz scheint es notwendig, die spezifischen Bezug auf auswärtige Angelegenheiten und ergeben. Dieses Zentrum erstellt Lagebe- Merkmale solcher Ereignisse genauer zu Verteidigung hat, einschliesslich untersuchen. Eine Pandemie ist eine kom- des Schutzes der Zivilbevölke- plexe Krise. Massnahmen, die zur Ab- rung in einem bewaffneten Ähnlich wie in vielen anderen schwächung der Krise ergriffen werden, Konflikt (Zivilschutz). Der Be- Ländern gab es in Deutschland können zu unvorhersehbaren Wechselwir- griff Zivilschutz bezeichnet in kungen und Kaskadeneffekten führen, die Deutschland eine besondere eine Vielzahl von Problemen im über den Bereich der Epidemiologie hin- Form des Bevölkerungsschut- Umgang mit der COVID-19-Krise. ausreichen. Die Art und Weise, wie die mo- zes, die nur bei bewaffneten derne, globalisierte Gesellschaft funktio- Konflikten zum Tragen kommt. niert, schafft ein ideales Umfeld für eine Zivilschutz unterscheidet sich daher vom richte zu Themen im Bereich Bevölke- unkontrollierte – und bis zu einem gewis- Bevölkerungsschutz, welcher bei allen sons- rungsschutz, dient als Kontaktstelle für die sen Grad unkontrollierbare – Ausbreitung tigen Grossschadenslagen greift, ein- internationale Zusammenarbeit, unter an- übertragbarer Krankheiten. Der internatio- schliesslich Naturkatastrophen oder Pande- derem mit dem Katastrophenschutzmecha- nale Reiseverkehr, globalisierte Lieferket- mien. nismus der EU, und ist für den effektiven ten und eng verflochtene geografische Ge- Einsatz von Ressourcen in Krisenfällen ver- biete wie der europäische Kontinent, er- Im «Gesetz über den Zivilschutz und die antwortlich. Insgesamt verfügt das BBK leichterten zusammen mit der Eigenschaft Katastrophenhilfe des Bundes» wird das über ein umfangreiches, systemisches Wis- des Coronavirus SARS-CoV-2, dass Men- Grundgesetz konkretisiert. Es weist die sen über Gefährdungen und Risiken und schen ansteckend sind, bevor sie überhaupt Verantwortung für den Zivilschutz dem deren Bewältigung. Dazu gehören fundier- Symptome aufweisen, den Ausbruch der BBK zu. Dies umfasst die Unterstützung te Kenntnisse zu und etablierte Netzwerke Pandemie. Um die Ausbreitung des Virus der Bundesbehörden bei der Zivilschutz- mit allen relevanten Akteuren im Bereich zu verlangsamen und schliesslich zu stop- planung, die Unterweisung des mit Fragen des Bevölkerungsschutzes in Deutschland. pen, ergriffen viele Regierungen entschlos- des Zivilschutzes befassten Personals und sene Massnahmen. Bevor Impfstoffe weit- die Information der Bevölkerung über den Während der COVID-19-Pandemie haben hin verfügbar waren, konzentrierten sich Zivilschutz. Das Gesetz legt zudem fest, sich die Bundesländer und die zuständigen die meisten dieser Massnahmen auf die be- dass die Vorhaltungen und Einrichtungen Bundesbehörden jedoch nicht über das wusste Entkopplung wichtiger Teile vonei- des Bundes für den Zivilschutz auch den BBK koordiniert. Stattdessen wurde das nander abhängiger Systeme, die Einschrän- Ländern für ihre Aufgaben im Bereich des Krisenmanagement auf Bundesebene durch kung nicht notwendiger Reisen und das Bevölkerungsschutzes zur Verfügung ste- das BMG und das RKI geleitet. Dies ent- Herunterfahren grosser Teile von Wirt- hen. Interessanterweise berechtigt das Ge- spricht dem Auftrag des RKI. Das Robert schafts- und Sozialsystemen. Zwar konnten setz die Bundesländer, auf Wunsch die Ka- Koch-Institut ist laut Infektionsschutzge- diese Massnahmen im Allgemeinen die pazitäten des BBK im Hinblick auf setz die nationale Behörde zur Vorbeugung Ausbreitung des Virus begrenzen, sie waren Lagebild, Ressourcenmanagement und Ko- übertragbarer Krankheiten sowie zur früh- aber mit erheblichen wirtschaftlichen, © 2021 Center for Security Studies (CSS), ETH Zürich 2
CSS Analysen zur Sicherheitspolitik Nr. 287, Juli 2021 rende Führung zu übernehmen. Um dies in Krisenmanagementstrukturen Bund/Land zukünftigen Krisen zu ändern, enthält das von BBK und dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) im März diesen Jahres veröffentlichte Konzept zur Neuausrichtung des BBK eine Reihe von übergreifenden strategischen Empfeh- lungen, wie die Kapazitäten des BBK – und in der Folge der Bevölkerungsschutz in Deutschland insgesamt – gestärkt werden können. Diese Empfehlungen könnten auch in anderen dezentralisierten Ländern wie der Schweiz in Betracht gezogen wer- den, wenn es darum geht, ihre Fähigkeit zur erfolgreichen Bewältigung komplexer Kri- sen zu verbessern. Am wichtigsten für den Ausbau der Fähig- keit des BBK, komplexes Krisenmanage- ment zu koordinieren, ist die Einrichtung eines Gemeinsamen Kompetenzzentrums Bevölkerungsschutz. Gemäss dem Konzept soll das Kompetenzzentrum als Koordina- tions- und Kommunikationsplattform für einen kontinuierlichen und institutionali- rechtlichen und gesellschaftlichen Kosten renden Komponenten in Raum und Zeit. In sierten Informationsaustausch vor, während verbunden. Sie hatten eine Vielzahl unbe- Bezug auf das Krisenmanagement ermög- und nach komplexen Krisen dienen. Das absichtigter und unerwünschter Folgen, licht Koordination Krisenmanagern und Zentrum soll beim BBK angesiedelt sein, wie zum Beispiel einen starken wirtschaft- Krisenmanagerinnen verschiedener Behör- aber nicht Teil des BBK sein. Vielmehr soll lichen Abschwung, steigende Arbeitslosig- den oder staatlicher Ebenen, In- keit, Unterbrechungen der Lieferketten, terdependenzen und mögliche Nicht nur Pandemien können zu eine wachsende Zahl psychischer Probleme Kaskadeneffekte zwischen ihren und einen Anstieg häuslicher Gewalt. jeweiligen Zuständigkeitsberei- komplexen Krisen führen. chen zu erkennen. Während es Nicht nur Pandemien können zu solch also nicht möglich ist, eine Behörde zu das BBK dazu beitragen, die institutionali- komplexen Krisen führen. Ein lang anhal- schaffen, die in der Lage wäre, komplexe Si- sierten Koordinations- und Kooperations- tender Stromausfall oder ein nicht kontrol- tuationen zentral zu steuern, ist es dennoch prozesse innerhalb des Zentrums zu er- lierter Cyberangriff auf kritische IT-Infra- notwendig, Verantwortlichkeiten zuzuwei- leichtern. In einem ersten Schritt wird das strukturen könnte zu ähnlich weitreichen- sen und zu definieren, um angemessene Zentrum in Zusammenarbeit mit allen re- den Schäden führen und viele verschiedene Strukturen für die Koordination zu schaffen levanten Bundesbehörden und Hilfsorga- Teile der komplexen, miteinander ver- – unabhängig von der spezifischen Gefahr, nisationen aufgebaut. In einem zweiten flochtenen Gesellschaften betreffen. Die mit der das System umgehen muss. Schritt wird den Ländern ein Angebot zur Komplexität solcher Ereignisse macht es Mitwirkung unterbreitet. Erste Gespräche schwer, sie unter Kontrolle zu bringen. Reform des BBK mit den Bundesländern zeigen, dass diese Massnahmen, die ergriffen werden, um ne- Für den Bevölkerungsschutz zuständige grosses Interesse an dem Zentrum haben, gative Auswirkungen in einem Teil des nationale Behörden, wie das deutsche BBK, aber von Anfang an und gleichberechtigt in Systems abzumildern, führen häufig zu könnten für eine derartige Rolle optimal die Umsetzung eingebunden werden Kaskadeneffekten in anderen Teilen des geeignet sein. Wie erläutert, verfügt das möchten. Das Gemeinsame Kompetenz- Systems. Daher reicht ein Managementan- BBK über das prozedurale Wissen im Hin- zentrum für Bevölkerungsschutz zielt ex- satz, bei dem in Silos gedacht wird, bei blick auf die Voraussetzungen für ein kom- plizit darauf ab, Silostrukturen innerhalb übergreifenden Krisen nicht aus. plexes Krisenmanagement und eine erfolg- und zwischen verschiedenen Behörden auf reiche Koordination. Im Prinzip ermöglicht unterschiedlichen staatlichen Ebenen auf- Die Forschung zu komplexen Systemen, sein Auftrag laut Zivilschutz- und Katast- zubrechen. Es soll als Knotenpunkt für den systemischen Risiken und Resilienz zeigt, rophenhilfegesetz auch die Übernahme ei- deutschen Bevölkerungsschutz dienen und dass für die erfolgreiche Bewältigung sol- ner koordinierenden Funktion im komple- Funktionen wie Frühwarnung dank besse- cher Ereignisse Koordination von entschei- xen Krisenmanagement. Während der rer Kommunikation zwischen allen rele- dender Bedeutung ist. In Wörterbüchern ist COVID-19-Pandemie fehlten ihm jedoch vanten Akteuren, schnelle Risikoeinschät- Koordination definiert als die Organisation die notwendigen Organisationsstrukturen, zung, verbesserte Berichterstattung und ein von aus verschiedenen Gruppen stammen- um eine übergreifende koordinierende Rol- 360°-Lagebild bereitstellen. den Personen oder Elementen, damit sie ef- le zu erfüllen. Infolgedessen haben weder fektiv und effizient zusammenarbeiten kön- die Länder noch die zuständigen Behörden Bisher sind nur wenige Informationen nen. Koordination ist die Herstellung einer auf Bundesebene, wie das BMG und das über das geplante Zentrum verfügbar. Da- funktionalen Ordnung zwischen interagie- RKI, das BBK aufgefordert, die koordinie- mit es erfolgreich sein kann, muss es sich in © 2021 Center for Security Studies (CSS), ETH Zürich 3
CSS Analysen zur Sicherheitspolitik Nr. 287, Juli 2021 das komplizierte deutsche Bevölkerungs- riellen Koordinierungsgruppe und den mi- der spezifischen Gefahrenlage sein. Ange- schutzsystem einfügen. Die Verantwortung nisteriellen Krisenstäben abheben. Eine sichts der Komplexität von Gesellschaften für die Koordination des Krisenmanage- dauerhafte Arbeit vor, während und nach und der daraus resultierenden Ungewiss- ments auf nationaler Ebene liegt bei dem Krisen ermöglicht den Aufbau von gegen- heit über das Auftreten disruptiver Ereig- für die jeweilige Gefahrenlage zuständigen seitigem Vertrauen zwischen den relevan- nisse wie Pandemien könnte es sinnvoll Bundesministerium. Der Krisenstab dieses ten Akteuren, was wesentlich zum Erfolg sein, staatliche Stellen mit einer Reihe von von Koordination beiträgt. allgemeinen, systemischen Krisenmanage- Geeignete Organisations Gleichzeitig muss das BBK mentkapazitäten auszustatten. Dazu gehö- deutlich machen, dass es nicht ren neben organisatorischen und struktu- strukturen sind für die plant, sektorspezifische Exper- rellen Kenntnissen über nationale Koordinierung von Reaktion tise aufzubauen, um an die Stel- Bevölkerungsschutzsysteme auch allge- le von Fachbehörden wie dem meine Instrumente für Strategie und Pla- und Wiederaufbau von RKI zu treten. Diese Fachbe- nung, Szenariodenken, Entscheidungsun- grösster Bedeutung. hörden werden auch nach Ein- terstützung und Lagebewertung sowie führung des Gemeinsamen Risiko- und Krisenkommunikationsstrate- Bundesministeriums stimmt sich dann mit Kompetenzzentrums Bevölkerungsschutz gien. Diese Stellen – in den meisten Fällen anderen Bundesbehörden und den Län- für bestimmte Themen, etwa die Bewälti- nationale Bevölkerungsschutzbehörden – dern ab. Die Verantwortung für das opera- gung einer Pandemie, zuständig sein. Im könnten für die übergreifende Koordinati- tive Krisenmanagement verbleibt bei den Idealfall wird das Zentrum als leistungsfä- on bei komplexen Krisen zuständig sein. Bundesländern. Im Pandemiefall bilden higes Koordinationsinstrument dienen, das Damit sie diese Funktion erfüllen und ge- das BMI und das BMG einen gemeinsa- alle relevanten Akteure zusammenbringt, genseitiges Vertrauen unter allen relevan- men Krisenstab, der die Aufgabe hat, eine die verfügbaren Daten sinnvoll nutzt, alle ten Akteuren aufbauen können, müssen die gemeinsame und einheitliche Reaktion zu Beteiligten mit zeitnahen Lageberichten Koordinationsaktivitäten dauerhaft sein, koordinieren. Dies war während der CO- versorgt und die im BBK vorhandenen Ka- was bedeutet, dass sie nicht nur während, VID-19-Pandemie der Fall; das BBK pazitäten für das Krisenmanagement leicht sondern auch vor und nach Krisen stattfin- diente dem Krisenstab in unterstützender zugänglich macht. den. Mithilfe solcher Strukturen können Funktion. Darüber hinaus hat auch die In- moderne Gesellschaften im Umgang mit terministerielle Koordinierungsgruppe des Stärkung des Bevölkerungsschutzes komplexen Krisen Resilienz zeigen. Bundes und der Länder die Aufgabe, in Das Management komplexer Krisen ist komplexen Krise koordinierend zu unter- eine Aufgabe, mit der nicht nur Deutsch- stützen. Obwohl Pandemien explizit als land und sein BBK in Zukunft häufiger eine Situation aufgeführt sind, die diese konfrontiert sein werden. Auch andere fö- Interministerielle Koordinierungsgruppe deral aufgebaute Länder wie die Schweiz erforderlich macht, wurde die Gruppe müssen mit solchen Situationen besser während der Pandemie nicht aktiviert. umgehen können. Daher sind geeignete Für mehr zu Sozio-technischer Resilienz, Organisationsstrukturen für die Koordina- siehe CSS Themenseite. Das Gemeinsame Kompetenzzentrum Be- tion von Reaktion und Wiederaufbau aber völkerungsschutz muss in diesem kompli- auch von Planung und Vorsorge von gröss- zierten Rahmen seinen Platz finden. Bei- ter Bedeutung. Sie müssen an die spezifi- Benjamin Scharte leitet das Team Risiko und spielsweise dürfte es sich als ständige schen Gegebenheiten der betroffenen Sys- Resilienz am Center for Security Studies (CSS) der Einrichtung deutlich von der Interministe- teme angepasst, aber auch unabhängig von ETH Zürich. Die CSS Analysen zur Sicherheitspolitik werden herausgegeben vom Zuletzt erschienene CSS-Analysen: Center for Security Studies (CSS) der ETH Zürich. Das CSS ist ein Kompetenz- Europa und der Atomwaffenverbotsvertrag Nr. 286 zentrum für schweizerische und internationale Sicherheitspolitik. Jeden Hyperschall-Technologie: bewaffnet und überbewertet Nr. 285 Monat erscheinen zwei Analysen auf Deutsch, Französisch und Englisch. Geostrategischer Sturm über dem Indischen Ozean Nr. 284 Intersektionale Konfliktanalyse: Religion und Gender Nr. 283 Herausgeber: Julian Kamasa Vertrauensbasis in Gefahr: Aufrüsten im Westbalkan Nr. 282 Lektorat: Julian Kamasa, Benjamin Scharte Mediation mit religiösen Akteuren in Israel-Palästina Nr. 281 Layout und Grafiken: Miriam Dahinden-Ganzoni Feedback und Kommentare: analysen@sipo.gess.ethz.ch © 2021 Center for Security Studies (CSS), ETH Zürich Weitere Ausgaben und Abonnement: www.css.ethz.ch/cssanalysen ISSN: 2296-0236; DOI: 10.3929/ethz-b-000491163 4
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