COVID-19: HERAUSFORDERUNGEN FÜR DIE EUROPÄISCHE SICHERHEIT UND AUSGEWÄHLTE KRISENREGIONEN - FATT

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IFK
LANDESVERTEIDIGUNGSAKADEMIE
                              April 2020 | COVID-19 Spezial

                              COVID-19: HERAUSFORDERUNGEN
                              FÜR DIE EUROPÄISCHE SICHERHEIT
                              UND AUSGEWÄHLTE KRISENREGIONEN
                              Wenngleich das unmittelbare Krisenmanagement von COVID- 19 aktuell im Vordergrund
                              steht und der Fokus auf den epidemiologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen liegt,
                              so müssen auch die sicherheitspolitischen Folgen dieser Pandemie auf nationaler wie
                              internationaler Ebene im Auge behalten werden. Diese sind noch nicht abschließend
                              zu bewerten, sie dürften aber gravierend und langanhaltend sein. Die Experten des IFK
                              versuchen in einer ersten Analyse verschiedene Szenarien, erste Trends und mögliche
                              Auswirkungen der Pandemie auf das Internationale Krisen- und Konfliktmanagement in
                              relevanten Regionen zu beschreiben.

                              Trends und Fragestellungen für die                               Politikfelder mit negativen Konsequenzen
                              internationale Sicherheit nach COVID-19                          auch für das IKKM. Entscheidend für die
                                                                                               weitere Entwicklung werden neben dem
                              Die Folgen der Pandemie für die interna-                         konkreten weiteren Verlauf der Pandemie
                              tionale Sicherheit und das Internationale                        (Dauer und Intensität) insbesondere das
                              Krisen- und Konfliktmanagement (IKKM)                            politische Leadership der handelnden Ak-
                              sind abhängig vom generellen Post-Corona-                        teure und die wirtschaftliche Erholung des
                              Entwicklungsszenario, das grundsätzlich                          Westens sein.
                              in drei Richtungen verlaufen kann: Das
                              wahrscheinlichste strategische Szenario                          Darüber hinaus gilt es zu bedenken, dass
                              ist die Fortsetzung jener Entwicklungen,                         unabhängig von COVID-19 die strukturel-
                              die bereits vor dem Ausbruch der Pande-                          len Herausforderungen wie die global-stra-
                              mie erkennbar waren. Das hieße eine an-                          tegische Konfrontation zwischen USA und
                              haltende konfrontative Multipolarität, eine                      China, die regionalen Konflikte und auch
                              weitere Schwächung internationaler Or-                           die innerstaatlichen Sicherheitsrisiken wie
                              ganisationen und des Systems des Multi-                          Cyber, Blackout, Migration oder Terrorismus
                              lateralismus sowie ein sicherheitspolitisch                      bestehen bleiben bzw. durch die Pandemie
                              um seine Handlungsfähigkeit ringendes                            sogar noch verschärft werden könnten.
                              Europa und eine Verschärfung der regiona-
                              len Konflikte rund um Europa. Für den Fall,                      Noch finden die meisten internationalen
                              dass COVID-19 zu einem Zusammenrücken                            Krisenmanagementeinsätze vornehmlich
                              der internationalen Staatengemeinschaft                          an der Peripherie der Pandemie statt. Das
                              führt, wäre in einem positiven Szenario von                      wird sich mit der erwarteten Ausbreitung
                              einer kooperativen internationalen Ord-                          vom reichen Norden auf die Länder des
                              nung mit gestärkten Institutionen und er-                        armen Südens ändern. Dann werden sich
                              höhter Zusammenarbeitsbereitschaft auch                          auch die konkreten Auswirkungen auf die
                              bei der Lösung internationaler Konflikte
                              zu rechnen. Historische Erfahrungen spre-
                              chen eher gegen zu viel Optimismus. Im
                              Worst-Case käme es Post-Corona zu einem
                              neuen Kalten Krieg zwischen den USA und
                              China sowie deren Verbündeten und einer
                              massiven Re-Nationalisierung nahezu aller

                              Hinweis: Der vorliegende Beitrag gibt ausschließlich die Meinung der Autoren wieder.
regionale Sicherheit und das IKKM zeigen.     Erste erkennbare Trends weisen in nach-
    Dabei werden insbesondere nachstehende        stehende Richtung:
    Aspekte zu beurteilen sein:
                                                  • Es kommt zu einer Verlagerung des
    1. Wird COVID-19 zu einer substantiellen        Fokus der westlichen Staaten auf
       Erhöhung der Vulnerabilität in den kon-      nationale Sicherheitsaufgaben bei
       fliktbehafteten Regionen und Staaten         gleichzeitigem Versuch ihre laufenden
       infolge schwacher Institutionen, redu-       internationalen Einsätze zumindest
       zierter grenzüberschreitender Koope-         vorläufig auf möglichst hohem Niveau
       ration, hohem Verbreitungsrisiko in          fortzusetzen.
       Flüchtlingscamps und geringer staatli-
       cher Handlungsfähigkeit führen?            • Es werden unmittelbare Anpassungen
                                                    in der Einsatzführung vor Ort und Maß-
    2. Verändern sich Konfliktdynamiken vor         nahmen zur Erhöhung des Truppen-
       Ort? Sind Versuche einer politischen         schutzes und der Sicherstellung militä-
       Instrumentalisierung der Krise durch         rischen Logistikketten angeordnet.
       regionale und externe Akteure zu er-
       kennen?                                    • Erste Forderungen nach neuen Kon-
                                                    zepten werden lanciert wie z. B. Re-
    3. Werden lokale Akteure unter dem Prä-         Aktivierung der Idee rasch verfügbarer
       text der Viruseindämmung versuchen,          und hochspezialisierter „Weißhelm“-
       die Handlungsfreiheit internationaler        Truppen für internationale humanitäre
       Kräfte und Mandatsimplementierung            Einsätze aufzustellen, um das traditio-
       einzuschränken?                              nelle Blauhelm-Profil zu ergänzen.

    4. Gibt es kurz-, mittel-, langfristig eine   • Die Bedeutung der strategischen Kom-
       Änderung bei Bedarf, Konzeption und          munikation seitens der internationalen
       Akzeptanz (etwa gegenüber Soldaten           Truppen steigt und ein verstärktes Vor-
       aus COVID-Schwerpunktländern) von            gehen gegen Desinformationskam-pa-
       IKKM-Einsätzen?                              gnen kann notwendig werden.

    5. Wird es wegen der erhöhten Beitrags-       Die letzten Treiber für ein verstärktes inter-
       leistungen auf nationaler Ebene und        nationales Engagement waren der Kampf
       infolge der erwartbaren Kürzungen in       gegen den Terrorismus sowie die Ursa-
       den Verteidigungsbudgets zu einer sub-     chenbekämpfung von Migration. Zukünf-
       stantiellen Reduzierung in der Truppen-    tig sollte die frühzeitige Suppression von
       bereitstellung durch westliche Staaten     Pandemien durch Stärkung der Resilienz
       kommen? Werden andere Länder die-          von Krisenstaaten und die Verbesserung
       se Lücken kompensieren?                    der humanitären und gesundheitlichen
                                                  Krisenreaktionsfähigkeit im Rahmen der
    6. Sind Anpassungen in der Mandatierung       Weiterentwicklung des IKKM forciert wer-
       internationaler Einsätze erforderlich?     den, denn es werden weitere Pandemien
       Soll etwa das Aufgabenprofil erweitert     kommen.
       werden und verstärkt auch humanitä-
       re und sanitätsdienstliche Unterstüt-      Vor dem Hintergrund dieser strategischen
       zungsleistungen umfassen?                  Rahmenbedingungen werden im Anschluss
                                                  die aktuellen Entwicklungen in den für
    7. Wie kann man durch kurzfristige An-        Österreich relevanten Krisenregionen einer
       passungen in der Einsatzführung den        ersten Analyse unterzogen.
       Truppenschutz erhöhen und gleichzei-
       tig die Mandatserfüllung zumindest in                 Generalmajor Dr. Johann Frank,
       den Kernbereichen sicherstellen?                                           Leiter IFK

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April 2020 | COVID-19 Spezial                                                                 2
Entwicklungen am Westbalkan                    geführt. In BuH könnte sich die starke De-
                                               zentralisierung der staatlichen Verwaltung
Im Vergleich zu Österreich verbreitete sich    (zwei Entitäten, ein Sonderdistrikt, zehn
COVID-19 in den Westbalkanstaaten mit          Kantone) mit getrenntem Krisenmanage-
ein- bis zweiwöchiger Verspätung. Mitte        ment und schwacher Koordinierung im
März wurde die Krankheit von allen sechs       Falle eines exponentiellen Anstiegs der
Ländern als hohes Risiko eingestuft. Die       Infizierten zu einem wesentlichen Hindernis
meisten Regierungen riefen deshalb den         bei der Krisenbewältigung entwickeln. Eine
Ausnahmezustand aus, um ein „italieni-         weitere Herausforderung stellen 2.500
sches Szenario“ zu verhindern. Die getroffe-   Migranten dar, die sich in BuH außerhalb
nen Maßnahmen umfassen umfangreiche            der Flüchtlingszentren aufhalten und kei-
Reisebeschränkungen,      Grenzschließun-      ner Pandemiekontrolle unterliegen. Als
gen, Ausgangssperren, Versammlungs-            direkte Auswirkung von COVID-19 werden
verbote, Quarantänemaßnahmen sowie             die für April angesetzten Parlamentswah-
die temporäre Schließung von Schulen,          len in Serbien und Nordmazedonien auf
Universitäten und nicht lebensnotwen-          unbestimmte Zeit verschoben. Zivilgesell-
digen Geschäften. Vermehrte Sozialaus-         schaftliche Gruppen befürchten, dass die
gaben und finanzielle Unterstützungen          derzeitigen Notstandsmaßnahmen autori-
stellen eine schwere Belastung für die         täre Tendenzen auch nach der Krise stär-
ohnehin schwach dotierten Staatshaus-          ken werden.
halte dar. Verstöße gegen die Maßnah-
men werden mit hohen Geldstrafen und           Im Kosovo haben regierungsinterne Kon-
in gravierenden Fällen mit Gefängnis           flikte über den Umgang mit COVID-19 zu
geahndet. Serbien sowie Bosnien und            einem erfolgreichen Misstrauensvotum ge-
Herzegowina (BuH) setzen die Streitkräfte      gen die knapp zwei Monate alte Regierung
für den Aufbau von Quarantänelagern ein.       von Albin Kurti geführt. Die Bevölkerung re-
                                               agiert auf diese politische Krise mit Unver-
Anfang April waren etwa 4.000 der rund         ständnis und großer Verunsicherung. Auf-
17 Mio. Einwohner des Westbalkans infi-        fällig ist, dass die Abstimmung von der EU
ziert. Über hundert Personen sind bisher       kritisiert, von Vertretern der US-Regierung,
verstorben. Am stärksten waren Serbien und     die in Kurti ein Hindernis für einen „schnel-
BuH von COVID-19 betroffen. Die gerings-       len Deal mit Belgrad“ sehen, aber begrüßt
ten Infektionszahlen wiesen Kosovo und         wurde. Dieser Umstand verdeutlicht wie un-
Montenegro auf. Aufgrund der geringen          eins „der Westen“ noch immer in zentralen
Zahl an Testungen muss aber durchwegs          Fragen der Balkankonsolidierung ist.
von einer hohen Dunkelziffer und schnellen
Verbreitung des Virus ausgegangen wer-         Es überrascht folglich nicht, dass der Prä-
den. Die staatlichen Kontrollmaßnahmen         sident des EU-Kandidatenlands Serbien,
beschränken sich überwiegend auf die ur-       Aleksandar Vučić, öffentlich die Solidari-
banen Gebiete, während ländliche Gebiete       tät innerhalb der EU zunächst als „Mär-
von den Maßnahmen zur Bekämpfung des           chen auf dem Papier“ bezeichnete und im
Virus kaum oder gar nicht erfasst sind.        Kampf gegen COVID-19 hauptsächlich auf
                                               chinesische Unterstützung setzt. Einer sol-
Auswirkungen im regionalen Kontext             chen negativen Perzeption versuchte die
                                               EU mit dem „grünen Licht“ für die Beitritts-
Die Vorkehrungen für das Virus haben die       verhandlungen mit Albanien und Nordma-
ohnehin schwierige regionale Kooperation       zedonien (25.3.) entgegenzutreten. Erwei-
fast vollends zum Erliegen gebracht. Ins-      terungskommissar Olivér Várhelyi kündigte
besondere die rigorose Grenzschließung         38 Mio. Euro als Soforthilfe für die Pande-
Serbiens für den gesamten Personenver-         miebekämpfung am Westbalkan an. Weite-
kehr hat die Rückkehr eigener Staatsbür-       re 374 Mio. Euro sind für die erwartbaren
ger erschwert und zu internationaler Kritik    ökonomischen Verluste vorgesehen.

                                                                                   IFK Monitor
3                                                                COVID-19 Spezial | April 2020
Die Friedenstruppen EUFOR und KFOR in         Entwicklungen in Osteuropa,
    BuH und Kosovo erfüllen auch weiterhin        Schwarzmeerraum und Südkaukasus
    das volle Spektrum ihrer operativen Aufga-
    ben bei Einhaltung verstärkter Vorsichts-     In Russland wurden Maßnahmen gegen
    maßnahmen. Dazu gehört die Einhaltung         COVID-19 ab Ende Februar schrittweise
    von Quarantänebestimmungen bei der lau-       und regional unterschiedlich verschärft.
    fenden Rotation von 200 österreichischen      Am 12.3. erließ Moskaus Bürgermeister
    KFOR-Soldaten Ende März/Anfang April.         Sergej Sobjanin Einschränkungen des
                                                  öffentlichen Lebens, während Präsident
    Ableitungen                                   Putin ähnliche Maßnahmen für ganz Russ-
                                                  land erst am 19.3. ankündigte. Ende März
    • Es muss am Westbalkan von steigen-          wurden schließlich in fast allen Regionen
      den Zahlen an COVID-19-Infektionen          Ausgangsbeschränkungen angeordnet. Um
      ausgegangen werden, welche die fra-         diese Maßnahme zu unterstützen, erklärte
      gilen Gesundheits- und Sozialsysteme        Putin am 27.3. eine Woche landesweiten,
      ernsthaft gefährden könnten.                bezahlten Urlaubs und verlängerte diesen
                                                  bereits bis Ende April. Am 6.4. wurden
    • Aus humanitären Gründen, aber auch          über 6.300 Infizierte, davon fast 4.500 in
      wegen der Glaubwürdigkeit der europä-       Moskau, und 47 Todesfälle gemeldet.
      ischen Integrationspolitik ist eine voll-
      umfängliche Einbeziehung des West-          Die Ukraine setzte bereits Ende Februar
      balkans in das EU-Krisenmanagement          auf Präventionsmaßnahmen. Die Regie-
      gegen COVID-19 unbedingt notwendig.         rung verfügte schließlich am 12.3. erste
                                                  Einschränkungen des öffentlichen Lebens.
    • BuH benötigt die Unterstützung der          Kiew suchte um internationale Hilfe an. Am
      EU zur Bewältigung der Migrationspro-       17.3. wurden die Ausgangsbeschränkun-
      blematik unter gefährlichen COVID-19-       gen verschärft und kurz darauf die Über-
      Bedingungen.                                gänge entlang der Kontaktlinie im Donbass
                                                  geschlossen. Auch die Separatisten schlos-
    • Die aktuelle Regierungskrise im Kosovo      sen ihre Checkpoints und verhängten erste
      erfordert ein proaktives Engagement         Maßnahmen zur Eindämmung des Virus.
      der EU und eine abgestimmte Kosovo-         Anfang April gab es in der Ukraine über
      Politik der EU und der USA.                 1.300 Infizierte und 38 Tote. Auch die Se-
                                                  paratisten meldeten die ersten Infektionen.
    • Mit der Aufhebung von Handelstarifen
      für Waren aus BuH und Serbien durch         Mit Ausnahme von Georgien, das bereits
      die kosovarische Übergangsregierung         seit Februar ein effektives Krisenmanage-
      könnten Anfang April bessere Voraus-        ment gegen die Ausbreitung von COVID-19
      setzungen für spätere politische Ver-       unternimmt, wurden in Moldau/Transnist-
      handlungen zw. Belgrad und Prishtina/       rien und im Südkaukasus annähernd zeit-
      Priština geschaffen worden sein. Aller-     gleich mit anderen EU-Ländern die gängi-
      dings wird ein freier Warenverkehr von      gen Schutzmaßnahmen getroffen. Die sehr
      kosovarischer Seite von einem „rezi-        restriktiven Maßnahmen trugen bis dato
      proken“ Verhalten Serbiens abhängig         dazu bei, die Situation unter Kontrolle zu
      gemacht.                                    halten. Dennoch führte Abchasien noch am
                                                  22.3. die vorgezogenen „Präsidentschafts-
                             Predrag Jureković    wahlen“ durch und in Berg-Karabach rief
                                                  man noch am 31.3. auf, „Präsident“ bzw.
                                                  „Parlament“ zu wählen. Nach offiziellen An-
                                                  gaben vom 5.4. lag die Zahl der Infizierten
                                                  in Moldau im höheren dreistelligen Bereich
                                                  und im Südkaukasus bei rund 1.500.

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April 2020 | COVID-19 Spezial                                                              4
Der Zustand der Gesundheitssysteme in            Die Rückkehr von zahlreichen Arbeitsmig-
der Schwarzmeerregion und im Südkau-             ranten erhöht das Risiko von Armut, sozia-
kasus ist, insbesondere in den ländlichen        lem Unfrieden sowie Kriminalität in Moldau
Regionen, als sehr fragil zu bezeichnen. In      und kann die politisch ohnehin instabile
Transnistrien, Abchasien und Südossetien         Situation weiter befeuern. Die abgeschotte-
sowie Berg-Karabach ist die medizinische         te Wirtschaft Armeniens wird wohl stärker
Versorgung durch die jahrelange Isolation        leiden als die anderer Kaukasusländer. Die
stark eingeschränkt.                             EU kündigte am 30.3. an, die sechs Länder
                                                 der Östlichen Partnerschaft mit insgesamt
Auswirkungen im regionalen Kontext               140 Mio. Euro zu unterstützen.

Die ökonomischen Folgen werden alle Län-         In Transnistrien zeigten sich auch positi-
der der Region hart treffen. Das russische       ve Tendenzen, indem trotz mangelnden
Budget kann einen Ölpreis unter 30 USD           Vertrauens und eines stockenden Streit-
kurz- bis mittelfristig gut verkraften, trotz-   beilegungsprozesses manche Schritte im
dem wird für das Jahr 2020 eine deutliche        Krisenmanagement koordiniert wurden.
Rezession prognostiziert. Trotz der Staats-      Die georgischen Hilfsangebote an Abchasi-
reserven von über 570 Mrd. USD kann Prä-         en und Südossetien sowie die Aufnahme
sident Putin Experten zufolge wegen der          von COVID-19-Verdachtsfällen können als
westlichen Sanktionen keine so umfangrei-        vertrauensbildende Maßnahme gesehen
chen wirtschaftlichen Unterstützungsleis-        werden. Im militärisch geführten Konflikt
tungen wie z. B. Österreich setzen.              um Berg-Karabach musste die OSZE ihre
                                                 temporären Monitorings wegen diverser
Auch das ukrainische Wirtschaftsministe-         Reisebeschränkungen einstellen. Insbe-
rium erwartet für 2020 eine Schrumpfung          sondere im nördlichen Sektor der arme-
der Wirtschaft von -3,9% des BIP. Von den        nisch-aserbaidschanischen Grenze kam
humanitären Auswirkungen der Krise ist vor       es zu mehreren Zwischenfällen, bei denen
allem der Donbass betroffen. Die medizini-       auch Zivilisten verwundet wurden. Unmit-
sche Versorgung ist durch die andauernden        telbare Auswirkungen durch COVID-19 auf
Kämpfe beiderseits der Kontaktlinie stark        die genannten Konflikte sind jedoch derzeit
eingeschränkt. Kiew kündigte daher Hilfs-        wohl nicht zu erwarten.
lieferungen nach Donezk und Luhansk an,
denn man wolle seine „Verantwortung für          Ableitungen
alle Bürger“ wahrnehmen. Die Sonderbe-
obachtermission der OSZE führt ihre Arbeit       • Bis dato gelang es den einzelnen Regi-
bestmöglich fort. Ihre Bewegungsfreiheit           men die unmittelbare Krise unter Kont-
wird aber durch geschlossene Checkpoints           rolle zu halten. Inwiefern die wirtschaft-
an der Kontaktlinie und in den „Volksrepu-         lichen Folgen die politischen Systeme
bliken“ wesentlich eingeschränkt. Am 11.3.         belasten werden, bleibt abzuwarten.
beschlossen Vertreter der Ukraine und der
Separatisten in Minsk erste Schritte zu          • Um die humanitären Folgen in der
direkten Gesprächen über eine Konfliktlö-          Ukraine, insbesondere im Donbass, zu
sung. Durch COVID-19 war die innenpoliti-          reduzieren, braucht es mehr interna-
sche Reaktion zunächst weniger heftig als          tionale Unterstützung für bestehende
anzunehmen, trotzdem musste Kiew zu-               Programme des UN Office for the Coor-
rückrudern und verschiebt den Abschluss            dination of Humanitarian Affairs.
der Gespräche bis auf Weiteres.
                                                 • Die Vorstöße des ukrainischen Präsi-
In Moldau sind einschneidende Folgen für           denten Selenski zu einer direkten Kon-
die wirtschaftliche und soziale Situation          fliktlösung mit den Separatisten wer-
der Bevölkerung zu erwarten, die Abschot-          den nach der Krise wohl verstärkten
tung trifft Transnistrien jedoch noch härter.      innenpolitischen Gegenwind erfahren.

                                                                                    IFK Monitor
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• Die in der EU-Globalstrategie 2016 an-         zuwiesen, weil sich westliche Firmen sank-
      gestrebte Stärkung der Resilienz des           tionsbedingt scheuen, dringend benötig-
      EU-Umfeldes wird nun mehr denn je              te medizinische Güter zu verkaufen. Das
      unter Beweis gestellt werden müssen.           halbherzige Verhalten der EU in dieser
                                                     humanitären Krise irritierte Regierung und
    • Das Internationale Krisenmanagement            iranische Öffentlichkeit gleichermaßen und
      fokussiert derzeit auf zwei vordringli-        schwächt die Position der EU-Mitglieds-
      che Aufgaben: Konfliktprävention und           staaten gegenüber Teheran. Ob der Iran
      Linderung der humanitären Auswirkun-           mit der Krise schlechter umging als ande-
      gen der COVID-19 Krise. Die diversen           re Staaten, wird sich aufgrund staatlicher
      Gesprächsformate können vorerst nur            Intransparenz und internationaler Polemik
      digital fortgeführt werden.                    kaum klären lassen.

             Christoph Bilban, Hans Lampalzer        Auswirkungen im regionalen Kontext

                                                     Irans innenpolitische Schwächen kontras-
    Entwicklungen im Iran, Irak                      tieren mit seinem Engagement in der Re-
    und in der Türkei                                gion. Teheran betrachtet seine Präsenz in
                                                     Syrien, Libanon und im Irak und den Kur-
    Die COVID-19 Pandemie traf die Türkei,           dengebieten als in ideologischer und in
    den Irak sowie den Iran zu unterschiedli-        strategischer Hinsicht so essenziell, dass
    chen Zeitpunkten, sodass das Ausmaß der          trotz der Coronakrise keine Veränderung
    Erkrankungen in den beiden Staaten noch          zu erwarten ist. Besonders kritisch ist die
    nicht verglichen werden kann. Sehr wohl          Lage im Irak, der eine schwere Systemkri-
    lassen sich aber die Art und Weise, wie die      se durchlebt, die das Land beinahe unre-
    Machthaber in Ankara und Teheran mit der         gierbar macht. Erschwert wird die dortige
    Krise umgehen, gegenüberstellen.                 Situation durch die iranisch-amerikanische
                                                     Konkurrenz. Es zerschlug sich nämlich die
    Die Islamische Republik Iran wurde Anfang        Hoffnung, dass die lose Anti-IS-Kooperation
    2020 zu einem Zeitpunkt von der Pande-           zwischen US-geführten Truppen, irakischer
    mie getroffen, als sie eine ihrer größten Kri-   Armee, KRG-Peshmergas und den vom
    sen durchmachte. Innenpolitisch scheiter-        Iran unterstützten Volksmobilisierungsein-
    te die Reformpolitik Ruhanis, die durch die      heiten (VME) zu einem deeskalierenden
    Integration des Irans in die Weltwirtschaft      Neben- oder gar Miteinander pro-iranischer
    hätte finanziert werden sollen, an den US-       Kräfte mit den USA führen könnte. Viel-
    Sanktionen. Dadurch verlor Ruhanis politi-       mehr sind die laufenden Maßnahmen zur
    sches Lager Ansehen in der Bevölkerung           Ertüchtigung der irakischen Armee im Zuge
    und Einfluss im politischen System des           der Operation Inherent Resolve gegen die
    Landes. Die desaströse Katastrophenhilfe         geschätzt 140.000 Mann starken VMEs ge-
    durch die Revolutionsgarden bei Natur- und       richtet und unübersehbar Teil eines Plans,
    Umweltkatastrophen, Korruptionsskandale          den Iran aus der Region zurückzurollen.
    und vor allem der irrtümliche Abschuss der       Allgemein ist eine Konfrontation zwischen
    Fluges PS 752 am 8.1. verstärkten den all-       VME und amerikanischen Kräften möglich,
    gemeinen Ansehens- und Legitimitätsver-          hängt aber letztendlich vom Willen der ame-
    lust des Regimes. Letzten Endes reagier-         rikanischen Entscheidungsträger ab, aufs
    ten die Behörden zu spät mit der Sperrung        Ganze zu gehen. Das Coronavirus scheint
    des öffentlichen Lebens. So sollte die           weitere Eskalationen vorerst aufgeschoben
    Durchführung der Revolutionsfeierlichkei-        zu haben. So kündigten einige schiitische
    ten und der iranischen Parlamentswahlen          Elemente der VME die Errichtung von Feld-
    Normalität suggerieren. Kritik wurde von         spitälern an, während einige europäische
    den Behörden zurückgewiesen, indem Re-           Staaten den Abzug ihrer Truppen aus dem
    gierungsvertreter den USA eine Teilschuld        Irak erwägen.

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April 2020 | COVID-19 Spezial                                                                 6
Ähnliches kann für die Türkei und ihr Enga-      Erst als die oppositionellen Bürgermeister
gement in Syrien, Irak und Libyen postuliert     in Istanbul und Ankara in Sachen Corona
werden. Zum einen, weil das Gros der mi-         aktiv wurden, konterte der Präsident mit
litärischen Dislozierung gegen die PKK ge-       einer populistischen Spendenkampagne
richtet ist, zum anderen, weil die Situation     unter dem Titel „wir genügen uns selbst“
in Idlib und in Libyen weniger als Machtpro-     (biz bize yeteriz). Mit den so eingesammel-
jektion, sondern als Management der zuvor        ten Geldern sollen aufgrund von COVID-19
selbst geförderten dschihadistischen Grup-       in Not geratene Bürger unterstützt werden.
pen zu verstehen ist. Aus europäischer Sicht
ist vor allem das türkische Engagement in        Ableitungen
Libyen kritisch zu sehen – einerseits, weil
die Absichten Ankaras nicht klar sind, an-       • Grundsätzliche Kursänderungen durch
dererseits, weil die europäische Uneinig-          Ankara und Teheran sind weder
keit in Libyen der Türkei in die Hände spielt:     außen- noch innenpolitisch zu erwar-
es existieren Interessenskonvergenzen mit          ten. In beiden Ländern ist die politische
einem Mitgliedsstaat (Italien) und schar-          Lagerbildung zu festgefahren und der
fe Konkurrenz zu einem anderen (Frank-             Handlungsspielraum der Opposition zu
reich). Damit können weder Ankara noch             gering, als dass sie in Sachen Corona-
Teheran – selbst bei vorhandenem politi-           Management punkten könnte. Zwar
schen Willen – ihre Positionen nicht ohne          werden die eigentlichen Machthaber
großen Prestigeverlust aufgeben.                   Erdoğan und Khamenei angesichts der
                                                   befürchteten hohen Todeszahlen unter
Ähnlich wie im Iran traf das Coronavirus in        Druck geraten, doch beide haben die
der Türkei auf ein System, das zusehends           Medien und den Staatsapparat fest im
an Ansehen in der eigenen Bevölkerung              Griff.
verliert. Dieser Trend setzt sich aufgrund
innenpolitischer Schwierigkeiten, z. B. der      • Eine Konfrontation zwischen den USA
durch Eigenverschulden kränkelnden tür-            und iranischen Verbündeten im Irak
kischen Wirtschaft, dem Mangel an Demo-            bleibt möglich. Daher wäre es aus
kratie und dem Umgang mit der Corona-              europäischer Sicht notwendig, die ei-
Pandemie, fort. Außerdem wurden gleich             gene Haltung zur de-facto Mandats-
wie im Iran notwendige Maßnahmen wie               verschiebung weg vom Kampf gegen
der Aufruf zur sozialen Distanzierung zu           den IS hin zum strategischen Roll-Back
spät getroffen. Verärgert zeigte sich die          Teherans in der Region zu überdenken.
türkische Öffentlichkeit über den Umgang           Damit einhergehend wird die EU nicht
der Behörden mit rückkehrenden Pilgern             umhin kommen, ihr Verhältnis zum
aus Mekka, die ohne medizinische Unter-            Iran und zur amerikanischen Iranpolitik
suchung ungehindert in ihre Provinzen              einer Neubeurteilung zu unterziehen.
weiterfliegen konnten. Die Schließung von
Moscheen fand dann doch ohne größere             • Die Inflexibilität der beiden halbauto-
Probleme statt. Die türkische Zivilgesell-         ritären Staaten zeigt sich am Umgang
schaft befürwortet zwar die Maßnahmen              mit den Gefängnissen: politische Ge-
der Regierung, ist sich jedoch der Ironie          fangene wie Salahettin Demirtaş in der
der Situation angesichts der Beschrän-             Türkei oder die zahlreichen Doppel-
kung der sozialen Kontakte bewusst. Das            staatsbürger im Iran bleiben weiterhin
Verhängen von Ausgangssperren wird näm-            in Haft, während Kriminelle vorzeitig
lich gemeinhin als Teil der militaristischen       entlassen werden. In Krisenzeiten zei-
Vergangenheit des Landes wahrgenom-                gen solche Regierungen immer wessen
men. Das dürfte auch Erdoğan so sehen,             Geistes Kind sie sind.
der bisher auf den Einsatz des Militärs im
Rahmen der Coronakrise verzichtet. Davon                                      Walter Posch
abgesehen zeigte Erdoğan wenig Initiative.

                                                                                    IFK Monitor
7                                                                 COVID-19 Spezial | April 2020
Entwicklungen in der Golfregion                Eigennutz. Korruptionsvorwürfe werden in
    und der Levante                                den Hintergrund gedrängt und die fehlende
                                                   politische Mehrheit seiner Fraktion in der
    COVID-19 betrifft seit einigen Wochen          Knesset kaschiert. Dies brachte Bewegung
    auch die Staaten des Nahen- und Mittleren      in die Koalitionsverhandlungen. Die Bildung
    Ostens. Im Golfraum sind vor allem die Ver-    der Regierung mit seinem Herausforderer
    einigten Arabischen Emirate (VAE), Katar,      ist klar dem Notstand geschuldet. Dies steht
    Bahrain und Saudi-Arabien betroffen. Die       diametral zur Lage in den Palästinenser-
    VAE setzten dabei als erste zu Österreich      gebieten. Dort sind politische Führung und
    analoge Maßnahmen, die übrigen Staaten         administrative Strukturen ungenügend auf
    zogen nach. Als besonderes Risiko gilt die     COVID-19 vorbereitet.
    hohe Zahl an ausländischer Arbeitnehmer.
    Katar geht besonders restriktiv mit seinen     Ableitungen
    vorwiegend indischen und pakistanischen
    Arbeitskräften um. Wegen rigoroser Aus-        • In den Golfstaaten sind aktuell vorran-
    gangssperren sind dort etwa zwei Millionen       gig Gastarbeiter, die nur eingeschränkt
    Gastarbeiter in 32 Großlagern für mehrere        Zugang zu den Gesundheitssystemen
    Wochen interniert. In Bahrain wurden rund        haben, betroffen. COVID-19 wirkt sich
    800 Arbeiter unter Quarantäne gestellt.          vor allem wirtschaftlich massiv aus.
    Saudi-Arabien öffnete sein Gesundheits-          Zusätzlich zum von Saudi-Arabien her-
    system für ausländische Fachkräfte.              vorgerufenen Ölpreisverfall verschärft
                                                     Corona die Wirtschaftskrise durch den
    In der Levante reagierte Israel, wo aufgrund     Ausfall des Tourismus und die vollstän-
    der internationalen Vernetzung seiner Ge-        dige Einstellung der Bautätigkeiten.
    sellschaft früh die ersten Erkrankungen
    verzeichnet wurden, besonders schnell.         • In Israel kalkuliert Netanyahu bei Fort-
    Es verhängte neben international üblichen        dauer der Krise mit einer Popularitäts-
    Einschränkungen v. a. Einreiseverbote aus        steigerung. COVID-19 hat daher beson-
    betroffenen Staaten und veröffentlichte          ders eine innenpolitische Dimension.
    eine Vielzahl an Indikatoren, gemäß denen        Israels Gesundheitssystem beherrscht
    eine Selbstquarantäne notwendig ist.             grundsätzlich die Problematik.

    Syrien meldete am 29.3. den ersten Todes-      • In der Westbank und im Gaza-Streifen
    fall wegen COVID-19. Aufgrund der schlech-       ist hingegen mit hohen Fallzahlen zu
    ten Gesamtlage ist es nur eine Frage der         rechnen. Eine Verschärfung der allge-
    Zeit, bis sich steigende Infektionszahlen        meinen Lage im israelisch-palästinen-
    konkret auf die Bevölkerung auswirken. In        sischen Konflikt ist bei Zunahme der
    den regierungstreuen Provinzen wurde vor-        Fallzahlen in den Palästinensergebie-
    erst mit Schulschließungen und Einschrän-        ten erwartbar.
    kungen im öffentlichen Verkehr reagiert.
                                                   • In Syrien wird es in den umkämpften
    Auswirkungen im regionalen Kontext               Gebieten, den Flüchtlingslagern und
                                                     im türkisch-syrischen Grenzgebiet zu
    Der Nahe und Mittlere Osten ist überwie-         massiven Auswirkungen auf die Bevöl-
    gend nicht ausreichend auf COVID-19 vor-         kerung kommen. Wie diese Situation
    bereitet, die exponentielle Ausbreitung da-      die militärischen Aktivitäten beeinflus-
    her nur eine Frage der Zeit. Die Golfstaaten     sen wird, ist zurzeit nicht absehbar. Mit
    sind aber grundsätzlich besser gerüstet als      Konzentration der Sicherheitskräfte
    die arabischen Staaten der Levante.              auf die zivilen medizinischen Einrich-
                                                     tungen und der damit verbundenen
    In Israel erfolgt Ministerpräsident Netan-       Fokussierung der staatlichen Ordnung
    yahus entschlossenes Handeln nicht ohne          auf die Ballungszentren ist eine Be-

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April 2020 | COVID-19 Spezial                                                                8
wegungsfreiheit für dschihadistische        Auswirkungen im regionalen Kontext
    Gruppen in den übrigen Landesteilen
    erneut möglich. Dies wird u. a. konflikt-   Länder mit Erfahrung im Umgang mit Epi-
    verschärfend wirken.                        demien wie Ebola haben relativ rasch
                                                Maßnahmen zur Eindämmung (Informa-
• Das internationale Krisenmanagement           tionskampagnen, Testungen, Ausgangs-
  und die damit in der Region engagier-         beschränkungen) gesetzt. Neben innova-
  ten internationalen Institutionen (VN,        tiven Ideen wie dem Einsatz von Drohnen
  u. Ä.) werden mit einem zunehmend             zur Gesundheitsversorgung im ländlichen
  volatileren Missionsumfeld bei gleich-        Ruanda, verfügen andere Staaten über
  zeitiger Verschärfung der humanitären         kaum belastbare Gesundheitssysteme.
  Lage konfrontiert sein. Letztere stellt       So verfügt z. B. Zimbabwe landesweit über
  möglicherweise einen Auslöser für eine        nur ca. 15 funktionierende Beatmungsge-
  neuerliche Migrationswelle dar.               räte. Abgesehen davon, haben weite Teile
                                                der Bevölkerung keinen oder nur sehr ein-
                            Stephan Reiner      geschränkten Zugang zu medizinischen
                                                Einrichtungen. Besonders am Land fehlt es
                                                häufig an adäquater Sanitär- und Gesund-
                                                heitsversorgung. Selbst wenn Informations-
                                                kampagnen erfolgreich wären, macht es
                                                ein limitierter Zugang zu Wasser für viele
                                                Menschen schwierig, einfache Verhaltens-
Entwicklungen in Afrika                         regeln wie Händewaschen zu befolgen. Zu-
                                                sätzlich verschärfen Faktoren wie Mangel-
Die Anzahl der COVID-19 Fälle steigt in         ernährung, Grunderkrankungen (z. B. HIV,
den meisten afrikanischen Staaten an, von       Tuberkulose, Malaria, Lassafieber) oder
denen Daten zur Verfügung stehen. Nach          Ernteausfälle (z. B. durch Heuschrecken
derzeitiger Datenlage liegen diese bei der      am Horn von Afrika) die Lage.
Anzahl der Infektionen in etwa 10 bis 14
Tage hinter Österreich. Allerdings sind für     Mehrere Länder beschlossen bereits wirt-
Länder, die sich in Krisen- oder Konflikt-      schaftliche Unterstützungsmaßnahmen.
situationen befinden, wie Libyen, Mali oder     Ein sehr hoher Prozentsatz der Bevölke-
Südsudan nur sehr begrenzt valide und           rung in Afrika ist allerdings im informel-
reliable Daten verfügbar. Mit Stand 5.4.        len Sektor der Wirtschaft tätig und/oder
haben 43 der 55 Mitgliedstaaten der             betreibt Subsistenzwirtschaft. Deshalb
Afrikanischen Union (AU) ihre Grenzen ge-       werden auch Maßnahmen wie Ausgangs-
schlossen, sieben die internationalen Flü-      beschränkungen oder das Schließen von
ge eingestellt, drei Beschränkungen bei der     Geschäften zum Eindämmen physischer
Ein- und Ausreise und zwei weitere Einrei-      Kontakte kaum Wirkung zeigen. In Krisen-
sebeschränkungen für Reisende aus spezi-        und Konfliktgebieten, wo der Staat ohnehin
fischen Staaten erlassen.                       nur über eingeschränkte Handlungsmög-
                                                lichkeiten verfügt und seine Autorität nicht
Aufgrund der sich dynamisch entwickeln-         im gesamten Staatsgebiet ausüben kann,
den Situation werden auch in Afrika dras-       dürfte ebenfalls die Versorgung der Bevöl-
tische Maßnahmen zur Beschränkung des           kerung äußerst schwierig werden.
öffentlichen Lebens gesetzt. Besonders
jene Staaten, die von den Einnahmen aus         Zudem wird soziale Sicherheit oft nicht
Tourismus und dem Export von Erdöl oder         durch den Staat, sondern durch die
Edelmetallen abhängig sind, befinden            Familie oder religiöse Gruppen gewährleis-
sich in einer prekären Situation. Alleine in    tet. Falls religiöse Führer nicht vermitteln,
Nigeria sollen Einnahmen von über 15 Mrd.       dass die Menschen zueinander physische
US-Dollar aus dem Ölverkauf fehlen.             Distanz halten sollen, werden die meisten

                                                                                    IFK Monitor
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ihrer Anhänger dies auch nicht tun. Das           lichen Institutionen bzw. auf instituti-
    Zusammenleben in großen Familien mit              onelles Versagen in Konfliktregionen
    eingeschränktem Wohnraum wird die Lage            schließen. Selbst Staaten, die Daten
    zusätzlich zuspitzen.                             zur Verfügung stellen, haben vielfach
                                                      nicht die Kontrolle über alle Landes-
    Repressive Maßnahmen der Regierungen              teile. Dies gilt besonders für Staaten,
    könnten zunehmen, indem z. B. Ausgangs-           in denen Rebellen oder terroristische
    verbote mit Gewalt durchgesetzt werden.           Gruppierungen aktiv sind.
    Ein Vorgehen gegen Flüchtlinge, intern
    Vertriebene (IDPs), ethnische und andere       • Umfassende Grenzkontrollen sind in
    Minderheiten oder soziale Randgruppen            der Regel schwierig. Es ist kaum davon
    könnte die Situation verschärfen und die         auszugehen, dass sich das jetzt ändern
    Zivilgesellschaft nahezu ausschalten.            wird. Die Maßnahmen zur Eindämmung
                                                     des Virus in diesem Bereich sind daher
    Es gibt Befürchtungen, dass parlamen-            nur so gut, wie die Grenzregime schon
    tarisch eingeführte Zwangsmaßnahmen              davor gewesen sind. Außerdem wird die
    nach der Krise nicht wieder zurückgenom-         Ausbreitung in Megacities mit einem
    men werden. Lokale Eliten könnten ver-           hohen Anteil an informellen Siedlun-
    suchen, ihre Machtpositionen zu festigen         gen wie Lagos, Kairo oder Nairobi nur
    oder ihre Amtsperioden zu verlängern.            schwer einzudämmen sein. Daher ist
    Ausgangs- und Versammlungsverbote wer-           von einer beträchtlichen Dunkelziffer
    den aufgrund des fehlenden Vertrauens            bei Infektionen auszugehen. Zusätzlich
    als Maßnahme gegen Protestbewegungen             wird die bereits begonnene Flucht von
    (wie in Algerien) wahrgenommen. Inter-           den Städten aufs Land die Verbreitung
    nationalen NGOs wird durch die Reisebe-          beschleunigen.
    schränkungen ihre zivilgesellschaftliche
    Arbeit erschwert, das Engagement bei           • Im Sahelraum könnten nomadische
    humanitärerer Hilfe und im Internationalen       Gruppen das Virus verbreiten und Vor-
    Krisen- und Konfliktmanagement könnte            urteile gegen sie verstärken. Mit einer
    sich deutlich verringern. Kontingentswech-       raschen Ausbreitung des Virus entlang
    sel werden erschwert bzw. verschoben und         klassischer Handels-/Migrationsrouten
    verstärkt präventive Maßnahmen, wie eine         wird zudem ein Anstieg an Korruption,
    Einschränkung physischer Kontakte, in den        organisierter Kriminalität und Schmug-
    laufenden EU- und UN-Missionen einge-            gelaktivitäten einhergehen.
    führt. Auch die Ausbildungsaktivitäten der
    EU-Trainingsmission in Mali wurden vorü-       • Auswirkungen auf politische Systeme
    bergehend ausgesetzt. Ziel aller Missionen       und Konflikte sind nicht abschätzbar.
    in Afrika ist es, die Ansteckungsgefahr für      Allerdings dürften sowohl totalitäre
    das Personal zu minimieren und zugleich          Regime als auch demokratische Oppo-
    essentielle Aufgaben, wie den Schutz und         sitionsbewegungen aus unterschied-
    die Versorgung der Bevölkerung, weiterhin        lichen Gründen unter Druck geraten.
    zu gewährleisten. Inwieweit dies aufrecht-       Gesteigerte Gewalt könnte zu einem
    erhalten werden kann, werden die weitere         Anstieg an IDPs, Flüchtlingen und
    Ausbreitung von COVID-19 und damit ein-          Migranten führen. Auswirkungen auf
    hergehende Maßnahmen zeigen. Eine ers-           Österreich und die Europäische Union
    te Infektion innerhalb von MINUSMA, der          dürften sich allerdings erst mit einem
    UN Mission in Mali, wurde bereits bestätigt.     gewissen Verzögerungseffekt zeigen.

    Ableitungen                                    • Politische Auswirkungen in Form von
                                                     schlechteren Beziehungen mit afrika-
    • Unvollständige Daten lassen auf fehlen-        nischen Staaten zeichnen sich ab, weil
      den oder mangelnden Zugang zu staat-           afrikanischen Quellen zufolge einige

IFK Monitor
April 2020 | COVID-19 Spezial                                                              10
europäische Staaten versuchen, Ge-        Zudem ist die Arbeit im Gesundheitsbe-
     sundheitspersonal abzuwerben.             reich mit einem hohen Sicherheitsrisiko
                                               verbunden, was Maßnahmen erschwert.
• Die weitere Ausbreitung des Virus in         So wurden 2019 über 50 medizinische
  den Krisenregionen, aber auch inner-         Fachkräfte getötet und viele mehr verletzt.
  halb der Truppen stellenden Nationen
  und deren Personals, wird sich zuneh-        Bis 4.4. gab es 337 bestätigte Infektionen,
  mend nachteilig auf die Auftragserfül-       die meisten davon in der Provinz Herat,
  lung und Handlungsoptionen der lau-          die unmittelbar an den Iran grenzt. Diese
  fenden EU- und UN-Missionen in Afrika        niedrige Zahl zeigt den eklatanten Mangel
  auswirken. Auch Auswirkungen auf die         an Testkapazitäten auf, die es aktuell nur
  Status of Forces Agreements (SOFA)           in Kabul, sowie in Herat (Westen) und Nan-
  sind möglich.                                garhar (Osten) gibt. Landesweit konnten
                                               bisher im besten Fall maximal 600 Tests
              Gerald Hainzl, Nicole Gruber     pro Tag durchgeführt werden. Neue Testkits
                                               fehlen, weil die meisten Fluggesellschaften
                                               die Hauptstadt Kabul nicht mehr bedienen.
                                               Die Dunkelziffer der Infektionen dürfte so-
                                               mit deutlich höher liegen.

                                               Auch der internationale Ausbildungs-, Trai-
Auswirkungen auf Friedenseinsätze              nings- und Beratungseinsatz Resolute Sup-
Österreichs am Beispiel Afghanistan            port Mission (RSM) der NATO, nach wie vor
                                               einer der größten Einsätze europäischer
Die Regierung der Islamischen Republik         Truppensteller, ist bereits von COVID-19
Afghanistan wird nach der umstrittenen         betroffen. Das österreichische Kontingent,
Präsidentschaftswahl 2019 faktisch von         das in Kabul und Mazar-i Sharif stationiert
zwei Präsidenten geführt (Ashraf Ghani         ist, meldete bisher keine COVID-19-Fälle.
und Abdullah Abdullah), ist tief gespalten     Als erste Maßnahmen wurden die Ausbil-
und kaum handlungsfähig. Parallel dazu         dungsaktivitäten für die afghanische Ar-
ist die Taliban-Bewegung aktiv, die „halb-     mee reduziert; Konferenzschaltungen wer-
staatliche Strukturen“ aufweist und als po-    den verstärkt genutzt. Auch der Zugang zu
litischer Akteur in die Regierung drängt. Um   Stützpunkten wird restriktiver gehandhabt.
COVID-19 zu bekämpfen, wurden vorerst
für Kabul und Städte an der Grenze zum         Auswirkungen im regionalen Kontext
Iran eine Ausgangssperre verhängt und
Desinfektionsteams aktiviert. Die Taliban      Vieles spricht für eine massive Ausbreitung
haben in den von ihnen kontrollierten Re-      von COVID-19 in Afghanistan. Vor allem in
gionen Aufklärungskampagnen gestartet,         den Ballungszentren hat das Virus aufgrund
weil COVID-19 ihre Position bei möglichen      der Menschenmassen und Großfamilien
innerafghanischen        Friedensgesprächen    leichtes Spiel. Es fehlt zudem an Testmög-
schwächen könnte. Vorerst bleibt offen, ob     lichkeiten und Budgets. Dazu kommt die
COVID-19 für eine gewisse Annäherung der       kaum medizinisch kontrollierbare Rück-
Konfliktparteien sorgen könnte, steht man      kehr tausender Afghanen aus dem Iran
doch einem „gemeinsamen Feind“ gegen-          und die massive Abhängigkeit von interna-
über. Mittlerweile wird kaum mehr am run-      tionalen Gebern. Die Streichung von Hilfs-
den Tisch, sondern über Skype verhandelt.      geldern der USA in der Höhe von einer Mrd.
                                               USD im März 2020 wird den Kampf gegen
Das Gesundheitssystem in Afghanistan ist       COVID-19 zusätzlich erschweren.
durch den jahrzehntelangen Konflikt stark
geschwächt. Die Fähigkeit des Landes,          Die Pandemie könnte kurz- bis mittelfris-
COVID-19 zu bekämpfen, ist daher gering.       tig ein „Einfrieren“ der Verhandlungen

                                                                                  IFK Monitor
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zwischen den USA, den Taliban und der          Weitere Planungsparameter für das
    afghanischen Regierung bewirken und die        europäische Engagement sind die mög-
    militärische Pattsituation verlängern. Der     liche Umsetzung bzw. Absicherung des
    bewaffnete Konflikt geht jedoch weiter. Seit   Doha-Abkommens der USA mit den Tali-
    Februar ist die Zahl sicherheitsrelevanter     ban und die Begleitung innerafghanischer
    Vorfälle gegenüber dem Vorjahreszeitraum       Friedensverhandlungen, die unter Umstän-
    zwar zurückgegangen, ein angestrebter          den mehr diplomatische, zivile und medizi-
    Waffenstillstand ist jedoch vorerst unwahr-    nische Kräfte erfordern werden.
    scheinlich. Speziell in Nordafghanistan
    finden Anschläge und bewaffnete Ausei-         Es wurde verlautbart, dass die RSM dem
    nandersetzungen nach wie vor statt. Dort       Auftrag auch mit deutlich weniger Personal
    und in vielen weiteren Regionen findet ein     nachkommen kann. Daher wird Deutsch-
    Machtkampf um den Opiumanbau statt, der        land bereits bis Sommer 2020 sein Kon-
    Milizenführern und Taliban (unabhängig von     tingent (bisher max. 1.300 Soldaten) sub-
    COVID-19) lukrative Einnahmen bringt.          stanziell reduzieren. Auch eine Verlegung
                                                   der Ausbildungsaktivitäten von Mazar-i
    Das Abkommen von Doha vom Februar              Sharif nach Kabul wird angedacht, was
    2020 zwischen den USA und den Taliban          österreichische Soldaten betreffen würde.
    sieht eine deutliche Reduzierung von US-       COVID-19 dürfte Entscheidungen in diese
    und anderen internationalen Truppen vor.       Richtung beschleunigen.
    War der Rückzug bereits 2019 deutlich
    zu erkennen, so erfährt dieser Prozess         Trotz der Rückzugsdynamiken ist nicht zu
    nunmehr durch COVID-19 eine Beschleu-          erwarten, dass die USA wegen COVID-19
    nigung. Die politische Agenda und die          ihre geopolitischen und geostrategischen
    Interessen der Truppensteller haben sich       Interessen und Basen in Afghanistan auf-
    wegen COVID-19 auf das Krisenmanage-           geben werden. Eine Truppenreduktion
    ment im eigenen Land verlagert, was auch       steht dem nicht entgegen: Der Einsatz von
    die Verteidigungsressorts bindet. Internati-   Drohnen und Spezialkräften benötigt wenig
    onales Konfliktmanagement und Friedens-        Personal, weil die Bodenoperationen groß-
    prozesse sind dadurch vorerst ins Hinter-      teils von der afghanischen Armee durch-
    treffen geraten – sowohl für die USA als       geführt werden. Die Kosten des längsten
    auch für europäische Truppensteller.           Krieges der USA sind dennoch enorm und
                                                   werden seit 2001 mit bis zu zwei Billionen
    Auswirkungen für Resolute Support              USD beziffert. US-Präsident Trump würde
                                                   schon ein teilweiser Rückzug für seine
    Eine Reduzierung von Truppen der RSM           mögliche Wiederwahl nützen.
    steht immer mehr zur Debatte, nicht zu-
    letzt auch deshalb, weil das medizinische      Die Unsicherheiten über den Verbleib der
    und damit auch politische Risiko durch         USA in Afghanistan und COVID-19 haben
    COVID-19 gestiegen ist. So stehen etwa         wesentliche Auswirkungen auf das zukünf-
    1.500 Ende März in Kabul angekommene           tige Engagement europäischer Streitkräfte
    multinationale Soldaten, zivile Mitarbei-      in Afghanistan, weil diese logistisch und
    ter und Vertragspersonal unter Quarantä-       sicherheitstechnisch auf die US-Truppen
    ne, was die Einsatzführung und Logistik        angewiesen sind und die Einsatzführung
    deutlich erschwert. Die Finalisierung oder     aller präsenten Akteure durch COVID-19
    Weiterführung der RSM hängt jedoch – un-       negativ beeinflusst wird. Trotzdem ist es
    abhängig von COVID-19 – eng mit der wei-       aus europäischer Sicht auch in Zukunft
    teren Präsenz der US-Truppen zusammen.         wichtig, Afghanistan zivil und militärisch
    Bereits Ende Februar 2020 beendeten die        nicht im Stich zu lassen (z. B. wegen des
    USA ihre Operation Freedom's Sentinel zur      Migrationsaspektes) und den Erhalt von
    Terrorismusbekämpfung in Afghanistan,          Lebensgrundlagen für die Bevölkerung zu
    die parallel zur RSM im Einsatz stand.         unterstützen.

IFK Monitor
April 2020 | COVID-19 Spezial                                                             12
Ableitungen für Österreichs Auslands-                                 z. B. auch bei der EUTM Mali. Auch eine
     engagements im Bereich Resilienzaufbau                                Verlängerung bzw. Ausdehnung der
                                                                           Einsatzrotationen erscheint in diesem
     • Obwohl Unterstützungs-, Trainings-,                                 Kontext sinnvoll, um Reserven bilden
       Ausbildungs- und Beratungsmaßnah-                                   und Positionen nachbesetzen zu kön-
       men für lokale Sicherheitskräfte und                                nen, sollten sich Soldaten vor Ort infi-
       staatliche Administrationen im inter-                               zieren. Die zusätzliche Belastung für
       nationalen Krisenmanagement immer                                   die Truppe ist dabei einzukalkulieren.
       relevanter werden (siehe neben                                      Die Nutzung aller technologischen
       Afghanistan z. B. die Missionen in Mali,                            Möglichkeiten für Ausbildungs- und
       im Libanon oder am Westbalkan),                                     Beratungsaktivitäten auf taktischer
       stehen Schutzmaßnahmen und die                                      Ebene, die in der Regel eine sehr enge
       Erhaltung des Durchhaltevermögens                                   Interaktion mit lokalen Streitkräften er-
       der eigenen Soldaten wegen COVID-19                                 fordern, sind zu verstärken.
       im Vordergrund. Es gilt somit, den Ein-
       satzauftrag im Sinne des Mandates mit                         • Für das ÖBH, das rund 800 Soldaten in
       der Einsatzfähigkeit der Soldaten best-                         16 Auslandseinsätzen stationiert und
       möglich abzuwägen.                                              weitere Reservekräfte für Friedensope-
                                                                       rationen bereitzustellen hat, ergeben
     • Sowohl die Einsatzvorbereitung der                              sich durch COVID-19 große Herausfor-
       Truppe als auch die Rückholmöglich-                             derungen. Der Nachschub an Soldaten
       keiten sind an das neue pandemische                             und Material ist durch coronabedingte
       Umfeld anzupassen. Lange Vor- und                               Einschränkungen der Logistikketten
       Nachlauflaufzeiten durch allfällige                             deutlich erschwert. Laufende Inlands-
       Quarantänemaßnahmen sind dabei                                  einsätze und die Teilmobilmachung we-
       einzukalkulieren. Das bedeutet auch,                            gen COVID-19 ab Mai 2020 benötigen
       dass die intensivmedizinische Ver-                              ebenfalls entsprechendes Personal
       sorgung der Truppe im Hinblick auf                              und Ressourcen. Trotzdem ist beab-
       COVID-19 umfassend sicherzustel-                                sichtigt, Österreichs militärisches Aus-
       len ist, um das Ansteckungsrisiko von                           landsengagement auf dem aktuellem
       allen Seiten (sowohl durch internatio-                          Niveau zu halten.
       nale als auch auszubildende Soldaten
       und die lokale Bevölkerung) so gering                                                        Markus Gauster
       wie möglich zu halten. Es würde die
       Akzeptanz von Missionen massiv be-
       einträchtigen, würden internationale
       Soldaten das Virus weiterverbreiten
       (ähnliches war z. B. bereits in Haiti bei
       MINUSTAH der Fall). Die Akzeptanz der
       Mission könnte durch die Errichtung
       von COVID-19-Testzentren für lokale
       Streitkräfte, aber auch für die Bevölke-
       rung vor Ort erhöht werden.

     • Anpassungen bei Einsatzrotationen
       wären wegen COVID-19 zu prüfen, so

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     Redaktion: Landesverteidigungsakademie Wien/IFK, Stiftgasse 2a, 1070 Wien
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13                                                                                    COVID-19 Spezial | April 2020
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