COVID-19 IN SACHSEN SOZIALRÄUMLICHE UND POLITISCH-KULTURELLE RAHMENBEDINGUNGEN DES PANDEMIEGESCHEHENS HANS VORLÄNDER MAIK HEROLD CYRILL OTTENI ...

 
WEITER LESEN
2021-1
                                                                                                  MIDEM-Studie

          COVID-19 IN SACHSEN
          SOZIALRÄUMLICHE UND POLITISCH-
          KULTURELLE RAHMENBEDINGUNGEN
          DES PANDEMIEGESCHEHENS

          HANS VORLÄNDER
          MAIK HEROLD
          CYRILL OTTENI

MIDEM ist ein Forschungszentrum der Technischen Universität Dresden, gefördert durch die Stiftung Mercator.
                          Es wird von Prof. Dr. Hans Vorländer, TU Dresden, geleitet.
INHALTSVERZEICHNIS

                                                                                                                           ERGEBNISSE IN KÜRZE                                        4

                                                                                                                           DATENGRUNDLAGE UND METHODE                                 7

                                                                                                                           COVID-19 IM LAND DER ‚QUERDENKER‘?                         8

                                                                                                                      1.   BEWERTUNG DER CORONA-MASSNAHMEN                            10

                                                                                                                      2.   BELASTUNGEN DURCH DIE CORONA-MASSNAHMEN                    14

                                                                                                                      3.   IMPFBEREITSCHAFT UND IMPFSKEPSIS                           17

                                                                                                                      4.   BEWERTUNG DES CORONA-MANAGEMENTS DER REGIERUNG             21

                                                                                                                      5.   CORONA-SKEPTISCHE EINSTELLUNGEN                            23

                                                                                                                      6.   CORONA-BEZOGENES VERSCHWÖRUNGSDENKEN                       25

                                                                                                                      7.   VERSTÄNDNIS GEGENÜBER CORONA-PROTESTEN                     28

                                                                                                                      8.   PERSÖNLICHE BETROFFENHEIT VON EINER CORONA-INFEKTION       30

                                                                                                                           LITERATURVERZEICHNIS                                       33

                                                                                                                           ABBILDUNGSVERZEICHNIS                                      34

                                                                                                                           AUTOREN                                                    36

                                                                                                                           IMPRESSUM                                                  37

Zitiervorschlag:
Vorländer, Hans / Herold, Maik / Otteni, Cyrill 2021: COVID-19 in Sachsen. Sozialräumliche und politisch-kulturelle
Rahmenbedingungen des Pandemiege­schehens, Dresden.

      2                                                                                                                                                                           3
ERGEBNISSE IN KÜRZE                                                                                                              Das Corona-Management der sächsischen Landesregierung bewertet eine Mehrheit der Sächsinnen und Sach-
                                                                                                                               sen positiv. Die Zufriedenheit fällt dabei noch deutlicher aus, als jene mit der Bundesregierung in Berlin. Auf der
                                                                                                                               anderen Seite äußert sich ein großer Teil der Bevölkerung aber auch kritisch: Mit dem Corona-Management der
                                                                                                                               sächsischen Landesregierung zeigen sich 42 Prozent, mit dem der Bundesregierung sogar 50 Prozent der Befragten
                                                                                                                                                                             insgesamt unzufrieden.

Die vorliegende Studie gibt erstmals einen repräsentativen Überblick über die soziodemographischen und so-
zialräumlichen Rahmenbedingungen des Pandemiegeschehens in Sachsen. Wie bewerten die Bürgerinnen und                           Offensichtlich kann diese Unzufriedenheit aber nicht ohne Weiteres als Kritik an der Härte der Corona-Maßnahmen
Bürger die Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie und das Corona-Management der Regie-                                 oder als Wunsch nach einem lockeren Umgang mit der Pandemie interpretiert werden. So findet rund die Hälfte der
rung? In welchem Ausmaß sehen sie sich durch die Einschränkungen und deren Folgen belastet? Wie hoch sind                      Sächsinnen und Sachsen es zugleich schade, „dass die Politik bei der Bekämpfung der Pandemie nicht härter durch-
Impfbereitschaft und Impfskepsis in der sächsischen Bevölkerung? Welche Teile der Bevölkerung neigen eher,                     gegriffen habe“. Ganze 60 Prozent halten es außerdem für richtig, „dass der Staat zum Schutz der Gesundheit seiner
welche weniger einem Corona-bezogenem Verschwörungsdenken zu? Wie werden die Corona-Proteste, welche                                                          Bürger notfalls auch private Freiheiten einschränkt“.
oft von Gruppierungen wie den „Querdenkern“ initiiert werden, von den Bürgerinnen und Bürger in Sachsen
bewertet? Mit Blick auf diese zentralen Fragen kommt die Studie zu folgenden Ergebnissen:

                                                                                                                                  Auch pandemieskeptische Einstellungen und ein Corona-bezogenes Verschwörungsdenken – verstan-
      In der Bewertung der Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19 ist die sächsische Bevölkerung gespalten.                     den als Neigung, dem Handeln von politischen und gesellschaftlichen Akteure in der Pandemie zu misstrau-
  Wenn es um die „Schließung von Schulen und Kitas“, „von Läden und Restaurants“ sowie „von Kultur- und Frei-                  en, ihnen gar eine ‚geheime Agenda‘ zu unterstellen – sind in Sachsen stark verbreitet. So glauben etwa 44
  zeiteinrichtungen“ geht, halten sich positive und negative Bewertungen in etwa die Waage. Lediglich eine nächt-              Prozent der Sächsinnen und Sachsen, dass die Regierung „aus Rücksicht auf die Pharmalobby […] mögliche
  liche Ausgangssperre hält eine deutliche Mehrheit für wenig sinnvoll. Die Pflicht zur Verwendung von Mund-Na-                Nebenwirkungen und Langzeitschäden der Corona-Impfstoffe“ verschweigt. 35 Prozent sind der Meinung,
                               sen-Schutzmasken hingegen wird gemeinhin akzeptiert.                                            die Regierung nutze die Pandemie als Vorwand, „um die Überwachung der Bürger voranzutreiben“. Rund die
                                                                                                                               Hälfte der Bevölkerung glaubt außerdem, dass „die Gefahr, die vom Virus ausgeht“ in den Medien „übertrie-
                                                                                                                               ben“ wird. Dass „die Politik in der Krise vorrangig dem Rat etablierter Wissenschaftler und Experten folgt“,
  Dabei zeigt sich: Männer sind insgesamt kritischer als Frauen, Jüngere im Schnitt deutlich kritischer als Ältere. Ein        findet dennoch eine große Mehrheit der Sächsinnen und Sachsen gut – selbst unter denen, die sich teilweise
  besonders hohes Maß an Ablehnung findet sich bei Arbeiterinnen und Arbeitern, Auszubildenden, Personen mit Re-                                                          Corona-skeptisch äußern.
  alschulabschluss sowie AfD-Sympathisanten. Auch die regionale Verteilung der Ablehnung ist uneinheitlich und nicht
  etwa durch einen einfachen Stadt-Land-Unterschied beschreibbar. Die größte Akzeptanz gegenüber den Corona-Maß-
  nahmen äußerten die Befragten in Nordsachsen und in Leipzig, die stärkste Ablehnung äußeren die Befragten in den             Dabei sind eher Männer als Frauen, eher Arbeiter als Selbstständige und eher Menschen der unteren Einkommens-
                                         Landkreisen Görlitz und Erzgebirge.                                                   gruppen für Corona-bezogenes Verschwörungsdenken anfällig. Personen der Altersgruppe zwischen 31 und 40 Jah-
                                                                                                                               ren, mit Realschulabschluss sowie Personen, die mit der AfD sympathisieren, sind ebenfalls besonders exponiert. Im
                                                                                                                               Hinblick auf die Verteilung innerhalb Sachsens stimmten die Befragten am häufigsten in den Landkreisen Bautzen,
                                                                                                                               Zwickau und Mittelsachsen Aussagen zu Corona-bezogenem Verschwörungsdenken zu – am wenigsten in den Land-
    Die mit den Corona-Maßnahmen einhergehenden Einschränkungen werden von den Sächsinnen und Sach-                                                            kreisen Vogtland und Leipzig sowie der Stadt Leipzig.
  sen insgesamt weniger als wirtschaftlich-finanzielle, sondern vor allem als soziale und psychische Belastung
  wahrgenommen. Allerdings unterscheiden sich die Beurteilungen auch hier nach Alter, Einkommen und beruf-
                                                 licher Situation.
                                                                                                                                  Was die Corona-Proteste angeht, ist die sächsische Bevölkerung gespalten: Eine Mehrheit steht den
                                                                                                                               Demonstrationen eher distanziert bis ablehnend gegenüber. Auf der anderen Seite äußern aber 42 Prozent
  Hier zeigt sich: Jüngere Jahrgänge fühlen sich insgesamt stärker belastet als Ältere. Menschen der untersten Einkom-         der Sächsinnen und Sachsen Verständnis, davon rund die Hälfte sogar großes Verständnis für die Proteste.
  mensstufe und Arbeitslose beschreiben sich vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht, weniger in sozialer und psychischer
  Hinsicht als belastet. Bei Beamtinnen und Beamten fällt diese Einschätzung genau umgekehrt aus. Frauen klagen
              ebenfalls eher über die sozialen und psychischen Folgen der Corona-Maßnahmen als Männer.                         AfD-Anhängerinnen und Anhänger und sich eher als „rechts“ beschreibende Personen sind auch hier deutlich über-
                                                                                                                               repräsentiert. Das Verständnis für die Proteste von Initiativen wie „Querdenken“ ist in Ostsachsen besonders stark,
                                                                                                                               in der Stadt Dresden eher stark, in Nordsachsen und der Stadt Leipzig hingegen besonders schwach ausgeprägt. Be-
                                                                                                                               sonders viele Befragte äußerten sich positiv zu den Demonstrationen in den Landkreisen Görlitz, Bautzen, Sächsische
     Die Impfbereitschaft gegen COVID-19 liegt in der sächsischen Bevölkerung insgesamt auf einem hohen Ni-                                                                   Schweiz und Erzgebirge.
  veau: Rund 73 Prozent der Sächsinnen und Sachsen stehen einer Impfung aufgeschlossen gegenüber oder ha-
  ben sich bereits gegen Corona impfen lassen. Unter den noch nicht Geimpften geben 40 Prozent an, sich „auf
  jeden Fall“ impfen zu lassen, weitere 17 Prozent antworten auf die Frage mit „eher ja“. Über dem Bundesdurch-
  schnitt liegt allerdings der Anteil der impfskeptischen Personen: 21 Prozent aller Sachsen zeigen wenig oder keine              Eine persönliche Betroffenheit von einer Corona-Infektion vermag die Einschätzungen der Sächsin-
                                                 Bereitschaft zur Impfung.                                                     nen und Sachsen unterdessen deutlich zu beeinflussen. Personen, die selbst oder im nächsten Freundes-,
                                                                                                                               Bekannten- oder Familienkreis bereits eine Corona-Infektion mit schwerem Verlauf erlebt haben, sind sich
                                                                                                                               im Schnitt weniger kritisch gegenüber den staatlichen Schutzmaßnahmen und deutlich weniger anfällig für
  Unter den Impfskeptikerinnen und Impfskeptikern ist der Anteil jüngerer Alterskohorten deutlich überrepräsentiert. Sie                                       Corona-bezogenes Verschwörungsdenken.
  besitzen häufig einen Realschulabschluss und haben ein eher unterdurchschnittliches Einkommen. Viele sind nur teilweise
  berufstätig oder arbeitslos. Auch wer ohne Kinder im Haushalt lebt, tendiert eher dazu, das Angebot einer Impfung gegen
  COVID-19 „auf gar keinen Fall“ in Anspruch nehmen zu wollen. In sozial-räumlicher Hinsicht sind viele Impfskeptikerin-       Bei Personen, die selbst oder im persönlichen Umfeld nur eine Corona-Infektion mit schwachem Verlauf erlebt hatten,
  nen und Impfskeptiker in Ostsachsen zu Hause. Personen, die sich rechts der Mitte verorten oder der AfD zuneigen, sind       zeigt sich hingegen ein umgekehrter Effekt: Sie bekunden weniger Akzeptanz gegenüber den Maßnahmen zur Pandemie-
   ebenfalls weit überdurchschnittlich der Auffassung, sich selbst „eher nicht“ oder „auf gar keinen Fall“ impfen zu lassen.                   bekämpfung und weniger Vertrauen in das Agieren von Politik, Medien und Wissenschaft.

      4                                                                                                                                                                                                                                     5
DATENGRUNDLAGE
   Hohe Werte bei Maßnahmenablehnung, Impfskepsis und Corona-bezogenem Verschwörungsdenken sowie
eine verständnisvolle Bewertung der Corona-Proteste können als Ausdrucksformen einer Haltung gelten, die
dem Pandemiegeschehen sowie den staatlichen Eindämmungsmaßnahmen insgesamt kritisch gegenüber-

                                                                                                                    UND METHODE
steht. Hinsichtlich der sozialräumlichen Verteilung dieser Corona-kritischen Einstellungsmuster ergibt sich
eine Zweiteilung des Landes: Ostsachsen und Südwestsachsen weisen hier in allen Kategorien höhere Werte
auf als Nordsachsen und die Großstadtregionen. Die Menschen in Ostsachsen sind dabei noch kritischer als
                                              in Südwestsachsen.

Was Maßnahmenablehnung, Impfskepsis, Corona-bezogenes Verschwörungsdenken und die verständnisvolle Bewer-
tung der Corona-Proteste betrifft, wiesen die Befragten in den Landkreisen Sächsische Schweiz / Osterzgebirge und
Mittelsachsen sowie insbesondere in den Landkreisen Görlitz, Bautzen und Erzgebirge besonders hohe, in den Land-    Empirische Grundlage der Studie ist eine Befragung, die vom 10. bis 15. Mai 2021 unter wahlberechtigten Säch-
kreisen Leipzig, Nordsachsen und Vogtland besonders niedrige Werte auf. Unter den Großstädten konnten in den bei-   sinnen und Sachsen ab 18 Jahren erfolgte. Hierfür wurden in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungs-
den Städten Chemnitz und Dresden in der Regel deutlich höhere Werte als in den ländlichen Regionen Nordsachsens     institut dimap insgesamt 1.008 Personen befragt. Die Erhebung ist für Sachsen sowie vier Teile Sachsens re-
                                      und in der Stadt Leipzig ermittelt werden.                                    präsentativ. Drei dieser vier Regionen fallen geographisch mit den ehemaligen, bis 31. Juli 2008 bestehenden
                                                                                                                    Regierungsbezirken (Chemnitz, Leipzig und Dresden) zusammen, der vierte Teil umfasst die drei Großstädte
                                                                                                                    Chemnitz, Leipzig und Dresden. Jede regionale Teilgruppe besteht aus einer Stichprobe von ungefähr 250 Per-
                                                                                                                    sonen. Mittels Gewichtungen nach Alter, Geschlecht, Bildung und Population können somit repräsentative Aus-
                                                                                                                    sagen für die jeweiligen Teilregionen sowie für Gesamtsachsen getroffen werden.

                                                                                                                    Abb. 1: Erhebungsregionen in Sachsen

                                                                                                                                                                                                                Nordsachsen
                                                                                                                                                                                                                Südwestsachsen
                                                                                                                                                                                                                Ostsachsen
                                                                                                                                                                                                                Großstädte

                                                                                                                    Als Methode der Befragung diente ein Mixed Mode-Ansatz, bei dem ein Teil der Interviews mittels com-
                                                                                                                    putergestützer Telefoninterviews (CATI) (60% aller Interviews) und ein Teil mittels Online-Interviews (CAWI)
                                                                                                                    durchgeführt wurde (40% aller Interviews). Die telefonischen Befragungen dauerten im Schnitt 11 Minuten.
                                                                                                                    Da bei Stichproben mit regionalen Grenzen (wie Sachsen oder den einzelnen Teilregionen) via Mobiltelefon
                                                                                                                    befragte Personen erst nach dem Anruf einer Region zugeordnet werden können, wurden nur Festnetzan-
                                                                                                                    schlüsse gewählt. Um dennoch alle Teilgruppen der Bevölkerung zu erreichen, wurde dies mit einer On-
                                                                                                                    linebefragung kombiniert. Derartige Mixed Mode-Befragungen haben in den vergangenen Jahren nicht nur
                                                                                                                    in der wissenschaftlichen Umfrageforschung deutlich an Bedeutung gewonnen. Ein Grund hierfür ist, dass
                                                                                                                    durch die Kombination verschiedener Methoden die Erreichbarkeit von Befragungspersonen oder bestimm-
                                                                                                                    ter Teilgruppen in der Bevölkerung erhöht werden und sich dies positiv auf die Teilnahmebereitschaft an ei-
                                                                                                                    ner Studie auswirken kann. Gleichzeitig definieren Mixed Mode-Studien anspruchsvolle surveymethodische
                                                                                                                    Herausforderungen, um mögliche Effekte des Erhebungsmodus zu reduzieren und eine konsistent hohe
                                                                                                                    Datenqualität zu erreichen.

    6                                                                                                                                                                                                                       7
COVID-19 IM LAND DER
‚QUERDENKER‘?
Seit anderthalb Jahren bestimmt die COVID-19-Pandemie                          Stichproben ermöglichen es erstmals nicht nur für ganz
die politische Agenda. Im Laufe einer ‚zweiten Welle‘ hat                      Sachsen, sondern auch für einzelne Regionen innerhalb
sich dabei im Winter 2020/21 insbesondere Sachsen zu                           Sachsens Unterschiede in repräsentativer Weise darstell-
einem Hotspot des Infektionsgeschehens entwickelt und                          bar zu machen.
war besonders stark von Ansteckungen, Todesfällen und
Einschränkungen des öffentlichen Lebens betroffen. Vor                         Ziel der vorliegenden Studie ist es also, ergänzend zu Un-
diesem Hintergrund ist vielfach vermutet worden, dass                          tersuchungen aus den Bereichen von Medizin und Ge-
gerade in Sachsen bestimmte sozialräumliche und poli-                          sundheitswissenschaft4 Erkenntnisse zu gewinnen, die
tisch-kulturelle Faktoren die Infektionslage zusätzlich ver-                   Aufschluss über die sozialräumliche Verteilung und die poli-
schärft haben. So bezeichnete Der Spiegel Sachsen als „Land                    tisch-kulturellen Faktoren der Einschätzung und Bewertung
der Verharmloser“, in dem sich ‚die Särge stapeln‘ würden,                     von Pandemiegeschehen sowie der getroffenen Maßnah-
und selbst der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Mar-                        men zu seiner Eindämmung geben.
co Wanderwitz, berichtete Ende Dezember 2020 von einer
zum Teil ‚sorglosen‘, teilweise aber auch ‚renitenten‘ Bevöl-                  Die Untersuchung kommt dabei zu dem Schluss, dass
kerung in seiner Heimat.1                                                      die Einstellungen der Sächsinnen und Sachsen zur Coro-
                                                                               na-Politik insgesamt nicht grundlegend von denen in Ge-
Eine belastbare Grundlage für derartige Vermutungen liegt                      samtdeutschland abweichen. Eine knappe Mehrheit der
bislang jedoch nicht vor. Vorliegende – epidemiologische                       sächsischen Bevölkerung zeigt sich mit dem Corona-Ma-
oder gesundheitswissenschaftliche – Untersuchungen oder                        nagement von Bundesregierung und sächsischer Landes-
Modellierungen bilden zwar Infektionsverläufe ab, können                       regierung zufrieden. Rund die Hälfte bedauert es gar, dass
aber kaum politisch-kulturelle Einflussfaktoren auf das In-                    die Politik bei der Bekämpfung der Pandemie „nicht härter
fektionsgeschehen berücksichtigen.2 In deutschlandweiten                       durchgegriffen“ hat. Allerdings ist in Sachsen auch das La-
Erhebungen wird zwar regelmäßig nach den Sorgen der                            ger der Corona-Kritiker stark ausgeprägt. Knapp die Hälfte
Bürgerinnen und Bürger in der Corona-Pandemie sowie                            der Bevölkerung ist mit dem staatlichen Corona-Manage-
nach ihrer Einschätzung zu einzelnen Maßnahmen gefragt,                        ment unzufrieden. 30 Prozent der Sächsinnen und Sachsen
verlässliche Aussagen über sozialräumliche Besonderhei-                        bewerten die seit Anfang 2020 ergriffenen Maßnahmen zur
ten sind auf dieser Basis aber nur wenige möglich.3 Dabei                      Eindämmung von des Virus als „nicht sinnvoll“. 42 Prozent
zeigen die Inzidenzzahlen oft auch innerhalb eines Bundes-                     zeigen Verständnis für die Corona-Proteste, 20 Prozent wol-
landes auffällige regionale Unterschiede. So auch im Frei-                     len sich „eher nicht“ oder „auf keinen Fall“ gegen COVID-19
staat Sachsen.                                                                 impfen lassen, 22 Prozent neigen gar einem Corona-bezo-
                                                                               genem Verschwörungsdenken zu.
Um diese Lücke zu schließen, haben das Zentrum für Ver-
fassungs- und Demokratieforschung und das Mercator Fo-                         Bemerkenswert ist weiterhin, dass die Urteile über Co-
rum Migration und Demokratie (MIDEM) an der TU Dres-                           rona-Maßnahmen, Impfung und Regierungshandeln je
den in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungs-                              nach Region, sozialer Gruppe und politischer Orientierung
institut dimap eine für Sachsen repräsentative Erhebung                        höchst unterschiedlich ausfallen. Insbesondere Ost- und
durchgeführt. Zwischen dem 10. und 15. Mai 2021 wurden                         Südwestsachsen zeigen hier deutliche Auffälligkeiten: In
dabei 1008 wahlberechtigte Sächsinnen und Sachsen nach                         allen Bereichen von Corona-Skepsis und -Renitenz, wiesen
ihrer Einschätzung der Corona-Politik, ihren im Kontext der                    die Befragten insbesondere in den Landkreisen Görlitz,
Pandemie erlebten Belastungen sowie ihren Einstellungen                        Bautzen und Erzgebirge besonders hohe, in den Landkrei-
zu Demokratie, Freiheit und Wissenschaft sowie zu Impfun-                      sen Leipzig, Nordsachsen und Vogtland besonders niedrige
gen und Corona-Protesten befragt. Die dabei gezogenen                          Werte auf.

1   Bohr et al. 2020; Malzahn 2020. Deutschlandweite Befragungen zur Bewertung der bisherigen COVID-19-Maßnahmen ergaben indes regelmäßig auch für
    den Osten Deutschlands hohe und stabile Zustimmungswerte (Bertelsmann Stiftung 2020; Leipziger Volkszeitung 2020).
2   Auch das - im Zusammenhang mit der AfD immer wieder diskutierte - Abschneiden bestimmter Parteien bei den zurückliegenden Wahlen kann nicht per se
    als Indikator für einen nachlässigen Umgang mit COVID-19 gelten und etwa mit der Ausbreitung des Virus in bestimmten Regionen in einen Zusammenhang
    gestellt werden. Vgl. die Stellungnahme von Hans Vorländer in Leipziger Volkszeitung 2020. Gleichwohl lassen sich für bestimmte Zeiträume Korrelationen
    zwischen Corona-Inzidenzwerten und AfD-Stimmenanteilen ermitteln. Vgl. Reuband 2021.
3   Vgl. nur Betsch 2021; Intratest dimap 2020a und 2020b; Presse- und Informationsamt der Bundesregierung 2020a, 2020b.
4   Vgl. nur die Untersuchung von Ahnert et al. 2020, mit der im Rahmen des SaxoCOV-Projektkonsortiums eine epidemiologischen Modellierung der COVID-
    19-Ausbreitung in Sachsen vorgenommen wird. Siehe auch Nagel et al. 2021; Betsch 2021.

        8                                                                                                                                                     9
1. BEWERTUNG DER
                                                                                                                                                                Abb. 3: Ablehnung der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung nach soziodemographischen Merkmalen der Befragten
                                                                                                                                                                                   Geschlecht

   CORONA-MASSNAHMEN
                                                                                                                                                                                         männlich
                                                                                                                                                                                          weiblich
                                                                                                                                                                              Altersgruppen
                                                                                                                                                                                       18-30 Jahre
                                                                                                                                                                                       31-40 Jahre
                                                                                                                                                                                       41-50 Jahre
                                                                                                                                                                                       51-60 Jahre
                                                                                                                                                                                       61-70 Jahre
                                                                                                                                                                                         70+ Jahre
                                                                                                                                                                                Bildungsgrad
                                                                                                                                                                Hauptschule / kein Schulabschluss
Seit dem Beginn der Pandemie in Deutschland im                                   Hinsichtlich der „Schließung von Schulen und Kitas“, „von Lä-                                         Realschule
                                                                                                                                                                                     Abitur / EOS
Frühjahr 2020 wurden von Bundes- und Landesregie-                                den und Restaurants“ sowie „von Kultur- und Freizeiteinrich-                                         Hochschule
rungen zahlreiche Maßnahmen zur Eindämmung von                                   tungen“ halten sich die Bewertungen die Waage: Ungefähr                                         Einkommen
COVID-19 beschlossen. Für die Wirksamkeit dieser                                 gleich große Teile der sächsischen Bevölkerung beschreiben                                      unter 1.500 Euro
                                                                                                                                                                                 1.501-2.500 Euro
Maßnahmen erwies sich auch deren Akzeptanz in der                                diese Maßnahmen als „sehr sinnvoll“ bzw. „eher sinnvoll“                                        2.501-3.500 Euro
Bevölkerung als ein entscheidender Faktor. Dabei ist                             auf der einen Seite sowie „eher nicht sinnvoll“ bzw. „über-                                      über 3.500 Euro
allerdings nicht von einem Automatismus auszugehen:                              haupt nicht sinnvoll“ auf der anderen Seite. Die „Schließung                             Erwerbssituation
                                                                                                                                                                                       Angestellte
Eine geringe Akzeptanz bestimmter Einschränkungen                                von Schulen und Kitas“ sowie „von Läden und Restaurants“                                                 Beamte
muss nicht zwingend auf ihre mangelhafte Befolgung                               bewertet dabei eine Mehrheit von 54 bzw. 55 Prozent der                             Freiberufler / Selbstständige
                                                                                                                                                                                          Arbeiter
verweisen. Gleichwohl kann es als wahrscheinlich gel-                            Befragten negativ, die „Schließung von Kultur- und Freizei-                                           Arbeitslose
ten, dass Schutzmaßnahmen, deren Wirksamkeit oder                                teinrichtungen“ eine Mehrheit von 53 Prozent eher positiv.                                         in Ausbildung
                                                                                                                                                                            Rentner / Pensionäre
Angemessenheit in der Bevölkerung mehrheitlich infra-
                                                                                                                                                                              Familienstand
ge gestellt wird, mehr Menschen dazu verleitet, diese                            Am kritischsten wurde sich über eine nächtliche Ausgangs-                               mit Partner, mit Kindern
zu ignorieren.                                                                   sperre geäußert. Rund zwei Drittel der Befragten stellten                              mit Partner, ohne Kinder
                                                                                                                                                                       ohne Partner, mit Kindern
                                                                                 die Sinnhaftigkeit einer solchen Einschränkung infrage, 42                            ohne Partner, ohne Kinder
Im ersten Teil der Untersuchung über die sozialräum-                             Prozent beschrieben sie gar als „überhaupt nicht sinnvoll“.                                                           3                         4                          5                         6                         7

lichen und politisch-kulturellen Rahmenbedingungen                               Am deutlichsten positiv hingegen fiel die Bewertung einer                      Anmerkung: Die Punkte zeigen die Gruppenmittelwerte des Maßnahmenablehnungsindex mit zugehörigen Konfidenzintervallen in unterschiedlichen
der Corona-Pandemie in Sachsen wurde ebenfalls nach                              „Pflicht zur Verwendung von Mund-Nasen-Schutzmasken“                           Teilen der sächsischen Bevölkerung. Je höher der Wert, umso negativer werden die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung bewertet. Die senkrechte
der Beurteilung konkreter Maßnahmen zur Eindäm-                                  aus. Insgesamt 81 Prozent der Sächsinnen und Sachsen                           rote Linie markiert den Mittelwert für Sachsen insgesamt (5,01). Die Ergebnisse sind nach Alter, Geschlecht, Bildung und Region gewichtet, n = 1008.
mung von COVID-19 gefragt. Die Antworten zeigen hier                             halten diese für „sehr sinnvoll“ oder „eher sinnvoll“, nur 17                  Quelle: Eigene Erhebung / dimap								                                                                                             MIDEM/ZVD 2021
zunächst ein gespaltenes Bild (Abb. 2).                                          Prozent für „eher nicht sinnvoll“ oder „überhaupt nicht sinn-
                                                                                 voll“.5

                                                                                                                                                           Insgesamt folgt das ermittelte Antwortverhalten auf die                             auch als Indexwert bezeichnet. Er gibt an, wie stark
    Abb. 2: Bewertung unterschiedlicher Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie (Angaben in Prozent)                                                  Fragen nach der Bewertung bestimmter Maßnahmen                                      die Befragten in ihren Antworten auf die entspre-
                                                                                                                                                           hier einem bestimmten Muster: Hielt ein Befragter eine                              chenden Fragen insgesamt in eine bestimmte Rich-
                                                                 sehr sinnvoll     eher sinnvoll   eher nicht sinnvoll     überhaupt nicht sinnvoll
                                                                                                                                                           bestimmte Maßnahme für sinnvoll, so bestand eine ge-                                tung tendieren – etwa, wie stark sie insgesamt die
      60
                                                                                                                             58                            wisse Wahrscheinlichkeit, dass seine Beurteilung ande-                              Corona-Maßnahmen für sinnvoll erachten.
                                                                                                                                                           rer Maßnahmen in ähnlicher Richtung ausfiel. Entspre-
      50
                                                                                                                                                           chend ist es möglich, die Antworten zu einem Maßnah-                                Grundlage für die Erstellung eines Index sind Faktoren-
                                                                                                                  42                                       menablehnungsindex zusammenzufassen, dessen Werte                                   analysen. Die Items aller im Rahmen dieser Analyse er-
      40
                                                                              36                                                                           auf einer 11-Punkte-Skala insgesamt die Haltung der Be-                             stellten und im folgenden präsentierten Indizes korre-
                                                       32                                                                                                  fragten zu den Anti-Corona-Maßnahmen wiedergeben.6                                  lieren miteinander und haben eine hohe interne Kon-
      30                 29        28             29
                              26                                                   26                                                                      Dabei gilt: Je höher der Indexwert, umso stärker lehnten                            sistenz (Cronbachs Alpha zwischen 0,75 und 0,81). Alle
                                                                                                             24                   23
                                                            23                                                                                             die Befragten die Corona-Maßnahmen ab, hielten sie                                  Indizes wurden dabei auf einer 11-Punkte Skala umge-
      20                                                                                19              18
                                                                         17                                                                                also für „nicht sinnvoll“.                                                          rechnet, um ihre Vergleichbarkeit zu ermöglichen. Für
                    14                                                                             13
                                             12                                                                                                                                                                                                alle relevanten Analysen wurden Gewichtungen nach
      10                                                                                                                                    9
                                                                                                                                        8                                                                                                      Alter, Geschlecht und Bildung vorgenommen.
                                                                                                                                                               INFOBOX – Indexbildung
       0
                    Schließung von              Schließung               Schließung von              nächtliche          Pflicht zur Verwendung von
                   Schulen und Kitas          von Läden und                Kultur- und             Ausgangssperre           Mund-Nasen-Schutz-                 Wenn in der Reaktion der Befragten auf unterschied-                           Auf dieser Grundlage lässt sich abschätzen, wie sich diese
                                               Restaurants            Freizeiteinrichtungen                                        Masken                      liche Fragen ein Zusammenhang erkennbar ist, das                              Zustimmung bzw. Ablehnung auf einzelne Gruppen in-
    Anmerkung: Antwortverteilung auf die Frage: „Wie sinnvoll sind und waren aus Ihrer Sicht die folgenden Maßnahmen?“ (fehlende Werte zu 100 Prozent:         Antwortverhalten also immer wieder gleichen Mus-                              nerhalb der sächsischen Bevölkerung verteilt. Dabei kann
    weiß nicht / keine Angabe, n = 1008).                                                                                                                      tern folgt, kann dahinter ein latentes Konstrukt ver-                         die Einstellung der Sächsinnen und Sachsen zu den Coro-
    Quelle: Eigene Erhebung / dimap								                                                                                            MIDEM/ZVD 2021          mutet und dieses Antwortverhalten mit einem Zah-                              na-Maßnahmen zunächst hinsichtlich soziodemographi-
                                                                                                                                                               lenwert zusammengefasst werden. Dieser Wert wird                              scher Merkmale genauer spezifiziert werden (Abb. 3).

5   Dieses Ergebnis entspricht in etwa den Werten, die im Herbst 2020 auch für Thüringen ermittelt wurden. Hier gaben ebenfalls 83 Prozent eine positive
                                                                                                                                                           6     Die fünf verschiedenen Maßnahmen laden auf einen Faktor. Die daraus hervorgehende Skala weist eine hohe interne und externe Reliabilität auf (Cron-
    Einschätzung zur Wirksamkeit einer Maskenpflicht. (Reiser et al. 2021, S. 29 ff.)
                                                                                                                                                                 bachs Alpha = 0,81).

         10                                                                                                                                                                                                                                                                                                   11
Wie sich zeigt, waren die befragten Männer in ihrer Be-                                INFOBOX – Regionale Verteilung                                                     Abb. 4: Ablehnung der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung in unterschiedlichen Regionen Sachsens
wertung kritischer als die Frauen (ein arithmetisches Mit-
tel von 5,09 gegenüber 4,95), Jüngere im Schnitt deutlich                              Die der Studie „COVID-19 in Sachsen“ zugrundelie-                                   Südwestsachsen insgesamt
kritischer als Ältere, wobei insbesondere die Gruppe der                               genden Daten wurden repräsentativ für Gesamtsach-                                                      LK Mittelsachsen
31-40 Jährigen durch eine ausgeprägte Skepsis gegen-                                   sen sowie für vier Teile Sachsens erhoben. Drei die-                                                      LK Erzgebirge
über den staatlichen Corona-Maßnahmen auffällt. Sie                                    ser vier Teile fallen geographisch mit den ehemaligen
                                                                                                                                                                                                    LK Zwickau
unterscheiden sich um zwei volle Skalenpunkte von den                                  Regierungsbezirken (Chemnitz, Leipzig und Dresden)
                                                                                                                                                                                                   LK Vogtland
Über-70 Jährigen (5,84 gegenüber 3,70). Im Hinblick auf                                zusammen. Hinzu kommt eine vierte Region, welche
die Kategorie ‚Bildung‘ zeigen vor allem Menschen mit                                  die drei sächsischen Großstädte umfasst. Damit erge-                                    Ostsachsen insgesamt
Realschulabschluss eine kritische Haltung (5,42). Ihnen                                ben sich folgende Teil für die jeweils repräsentative
                                                                                                                                                                                                    LK Meißen
erscheinen die Schutzmaßnahmen im Schnitt deutlich                                     Aussagen getroffen werden können:
weniger sinnvoll, als dies etwa unter den Befragten                                                                                                                                                 LK Bautzen

mit Hauptschulabschluss oder Abitur als höchstem Bil-                                  • Nordsachsen: umfasst die Landkreise Leipzig und                                           LK Sächs. Schweiz/Osterzg.
dungsgrad der Fall ist.7                                                                 Nordsachen                                                                                                  LK Görlitz

In welchen Regionen Sachsens ist die Akzeptanz bzw.                                    • Südwestsachsen: umfasst die Landkreise Vogtland,                                   Nordsachsen insgesamt
die Ablehnung der Corona-Maßnahmen am stärks-                                            Zwickau, Erzgebirge und Mittelsachsen                                                                       LK Leipzig
ten ausgeprägt? Hier zeigt sich zunächst, dass vor al-                                                                                                                                        LK Nordsachsen
lem in Nordsachsen, also den Landkreisen Leipzig und                                   • Ostsachen: umfasst die Landkreise Meißen, Säch-
Nordsachsen sowie in der Stadt Leipzig, die Maßnah-                                      sische-Schweiz/Osterzgebirge, Bautzen und Görlitz                                     Großstädte insgesamt
men zur Eindämmung von COVID-19 für sinnvoll erach-                                                                                                                                             Stadt Dresden
tet werden. Unter den Großstädtern fiel die Ablehnung                                  • Großstädte: Dresden, Leipzig und Chemnitz
                                                                                                                                                                                                  Stadt Leipzig
in Leipzig außerdem deutlich geringer aus, als etwa in
                                                                                                                                                                                               Stadt Chemnitz
Dresden. Auch in den Landkreisen Zwickau und Vogt-                                     Jenseits dieser vier Regionen lassen die Fallzahlen auf
                                                                                                                                                                                                                   3                           4                           5                          6                      7
land sowie in Chemnitz lag unter den Befragten die Zu-                                 Ebene der Landkreise zwar keine Hochrechnung auf
stimmung zu den Corona-Maßnahmen insgesamt leicht                                      die jeweilige Gesamtpopulation zu, dennoch können                                  Anmerkung: Die Punkte zeigen die Gruppenmittelwerte des Maßnahmenablehnungsindex mit zugehörigen Konfidenzintervallen in unterschiedlichen Teilen der
über dem sächsischen Durchschnitt. Ganz anders sieht                                   anhand der Befragten auch hier gewisse Tendenzen                                   sächsischen Bevölkerung. Je höher der Wert, umso negativer werden die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung bewertet. Die gestrichelte rote Linie markiert
die Situation in anderen Regionen Sachsens aus: Vor                                    im Antwortverhalten abgelesen werden.                                              den Mittelwert für Sachsen insgesamt (5,01). Die Ergebnisse sind nach Alter, Geschlecht, Bildung und Region gewichtet, n = 1008.
allem in den Landkreisen Görlitz und Erzgebirge zeigen                                                                                                                    Quelle: Eigene Erhebung / dimap								                                                                                                 MIDEM/ZVD 2021
sich die Menschen im Schnitt deutlich kritischer als im
Rest des Landes (Abb. 4) .                                                           Auch die Haltung zu den politischen Parteien wurde in der
                                                                                     vorliegenden Untersuchung ermittelt. Auf Basis einer Skala
Inwiefern sich hier ein Zusammenhang zwischen Maß-                                   von -5 bis +5 sah sich jede befragte Person dazu aufgefor-                           Abb. 5: Ablehnung der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung nach politischen Merkmalen der Befragten
nahmenskepsis und Inzidenzzahlen ermitteln lässt,                                    dert, die eigene Meinung zu jeder von insgesamt sieben po-                                       Parteisympathie
muss in weiteren Analysen gezeigt werden. Gewisse                                    litischen Parteien anzugeben. Ein aus den Ergebnissen er-
                                                                                                                                                                                                          CDU
Zusammenhänge scheinen durchaus erkennbar. Aller-                                    rechnetes Maß für die Parteisympathie trägt ebenfalls zu ei-
dings muss mit Blick auf die in Abb. 4 dargestellte Vertei-                          ner genaueren Spezifizierung der politisch-kulturellen Rah-                                                           SPD
lung ebenso vermutet werden, dass einfache Hypothe-                                  menbedingungen der Corona-Pandemie in Sachsen bei.8
sen hier kaum tragfähig, die Zusammenhänge vielmehr                                                                                                                                               Die Grünen
als komplex zu beurteilen sind. So waren in der ersten                               Mit Blick auf die Bewertung der staatlichen Maßnahmen
                                                                                                                                                                                                           FDP
Jahreshälfte 2021 etwa die beiden Landkreise Erzgebir-                               zur Pandemiebekämpfung zeigt sich dabei, dass Personen,
ge und Vogtland gleichermaßen von sehr hohen, teil-                                  die der CDU, der SPD, den Grünen oder der Linkspartei zu-                                                       Die Linke
weise auch im gesamtdeutschen Vergleich für Aufmerk-                                 neigen, die Corona-Maßnahmen deutlich positiver als der
samkeit sorgenden Inzidenzzahlen betroffen, dennoch                                  Durchschnitt bewerten (arithmetische Mittel zwischen 3,94                                                             AfD
erweist sich insbesondere im Erzgebirge die Haltung der                              und 4,39). Die befragten Anhänger der FDP und der Freien
                                                                                                                                                                                                 Freie Wähler
Menschen zu den Corona-Maßnahmen als weitaus kriti-                                  Wähler waren hingegen deutlich kritischer, die der AfD (Mit-
scher als im Vogtland. Allerdings war im Vogtland auch                               telwert 6,48) wiederum äußerst kritisch eingestellt (Abb. 5).
die Impfpriorisierung frühzeitig aufgehoben worden,                                                                                                                                     Links-rechts
                                                                                                                                                                                 Selbsteinschätzung
sodass dort die schnellere „Durchimpfung“ der Bevölke-                               Mit Blick auf die – ebenfalls erhobene – Links-rechts-Selbstver-
rung möglicherweise zu einer positiveren Einschätzung                                ortung der Befragten kann ebenfalls ein klarer Zusammen-                                                             links

der Maßnahmen beigetragen hat.                                                       hang beschrieben werden (Abb. 5): Sächsinnen und Sachsen,
                                                                                                                                                                                                          Mitte
                                                                                     die sich auf dem politischen Spektrum eher „rechts“ einord-
                                                                                     nen, beschreiben die staatlichen Maßnahmen zur Bekämp-                                                             rechts
                                                                                     fung der Corona-Pandemie deutlich seltener als „sinnvoll“.                                                                                4                                5                                6                           7

                                                                                                                                                                          Anmerkung: Die Punkte zeigen die Gruppenmittelwerte des Maßnahmenablehnungsindex mit zugehörigen Konfidenzintervallen in unterschiedlichen Tei-
                                                                                                                                                                          len der sächsischen Bevölkerung. Je höher der Wert, umso negativer werden die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung bewertet. Die gestrichelte rote
7   Nicht alle in den Abbildungen 4, 5, 7 und 8 dargestellten Verteilungen markieren auf signifikante Unterscheidungen. Alle hier und im Folgenden im Text be-            Linie markiert den Mittelwert für Sachsen insgesamt (5,01). Die Ergebnisse sind nach Alter, Geschlecht, Bildung und Region gewichtet, n = 1008.
    schriebenen Differenzen zwischen unterschiedlichen Gruppen der sächsischen Bevölkerung erwiesen sich jedoch als signifikant.
                                                                                                                                                                          Quelle: Eigene Erhebung / dimap								                                                                                                MIDEM/ZVD 2021
8   Die Fragestellung lautete hier: „Was halten Sie ganz allgemein von den folgenden Parteien?“ Vgl. ähnlich: Q22 in German Longitudinal Election Study (GLES 2016). In
    der hier gewählten Darstellung wurden Befragte, die eine Partei mit mindestens +1 bewerteten, der Gruppe der ‚mit einer Partei Sympathisierenden‘ zugeordnet.

        12                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  13
2. BELASTUNGEN
                                                                                                                                                            Abb. 7: Ökonomisches Belastungsempfinden nach soziodemographischen Merkmalen der Befragten

                                                                                                                                                                             Geschlecht

   DURCH DIE CORONA-
                                                                                                                                                                                   männlich
                                                                                                                                                                                    weiblich
                                                                                                                                                                         Altersgruppen
                                                                                                                                                                                 18-30 Jahre
                                                                                                                                                                                 31-40 Jahre

   MASSNAHMEN
                                                                                                                                                                                 41-50 Jahre
                                                                                                                                                                                 51-60 Jahre
                                                                                                                                                                                 61-70 Jahre
                                                                                                                                                                                   70+ Jahre
                                                                                                                                                                          Bildungsgrad
                                                                                                                                                            Hauptschule / kein Schulabschluss
                                                                                                                                                                                   Realschule
                                                                                                                                                                                 Abitur / EOS
                                                                                                                                                                                  Hochschule
                                                                                                                                                                            Einkommen
                                                                                                                                                                            unter 1.500 Euro
                                                                                                                                                                            1.501-2.500 Euro
Der zweite Teil der Untersuchung über die sozialräum-                             ne Arbeitsleben lediglich 25 Prozent. Das eingeschränk-                                   2.501-3.500 Euro
                                                                                                                                                                                  über 3.500
lichen und politisch-kulturellen Rahmenbedingungen                                te Sozialleben, der mangelnde Kontakt mit Freundinnen
                                                                                                                                                                     Erwerbssituation
der Corona-Pandemie in Sachsen widmete sich der sub-                              und Freunde, Nachbarinnen und Nachbarn oder Famili-                                             Angestellte
                                                                                                                                                                                     Beamte
jektiven Seite der Corona-Politik: den durch die Maß-                             enmitgliedern empfinden hingegen 62 Prozent als belas-                        Freiberufler / Selbstständige
nahmen zur Eindämmung von COVID-19 insgesamt                                      tend, 34 Prozent sogar „sehr stark“. Und auch das eigene                                           Arbeiter
                                                                                                                                                                                  Arbeitslose
hervorgerufenen persönlichen Beeinträchtigungen.                                  seelische Wohlbefinden sieht die Hälfte (50 Prozent) der                                     in Ausbildung
                                                                                                                                                                        Renter / Pensionäre
Gefragt war hier, wie stark sich der Einzelne durch die                           Sächsinnen und Sachsen durch die Corona-Maßnahmen
damit verbundenen Einschränkungen belastet sieht. Die                             „eher“ oder „sehr stark“ belastet (Abb. 6).                                            Familienstand
                                                                                                                                                                    mit Partner, mit Kindern
Frage wurde insgesamt fünf Mal gestellt und dabei auf                                                                                                              mit Partner, ohne Kinder
                                                                                                                                                                  ohne Partner, mit Kindern
jeweils unterschiedliche Bereiche des Lebens bezogen:                             Insgesamt richtete sich das Antwortverhalten auf diese                          ohne Partner, ohne Kinder
                                                                                                                                                                                                0            1               2                3             4               5              6               7
die wirtschaftlich-finanzielle Situation, das Arbeitsleben,                       Fragen an zwei Faktoren aus, weshalb sich hier zwei Be-
das soziale Miteinander mit Freundinnen und Freunde,                              reiche empfundener Belastung identifizieren lassen, in                    Anmerkung: Die Punkte zeigen die Indexmittelwerte mit zugehörigen Konfidenzintervallen in unterschiedlichen Gruppen der sächsischen Bevölkerung.
Nachbarinnen und Nachbarn und Verwandten, die eige-                               denen die Befragten in der Regel zu ähnlichen Antwor-                     Je höher der Wert, umso stärker das jeweilige Belastungsempfinden. Die gestrichelte rote Linie markiert den Mittelwert für Sachsen insgesamt (hier:
ne Familie und Partnerschaft sowie im Hinblick auf das                            ten tendierten. Der erste Bereich kann dabei durch die                    2,56). Die Ergebnisse sind nach Alter, Geschlecht, Bildung und Region gewichtet, n = 1008.
eigene psychisch-seelische Wohlbefinden.                                          beruflich-wirtschaftliche Situation, der zweite im Hinblick               Quelle: Eigene Erhebung / dimap								                                                                                            MIDEM/ZVD 2021
                                                                                  auf das soziale Leben und das psychisches Wohlbefin-
Die Verteilung der Antworten legt hier zunächst nahe,                             den beschrieben werden. In beiden Bereichen wurden
dass die Sächsinnen und Sachsen die staatlichen Maß-                              entsprechende Indexmaße errechnet, die den Grad der
nahmen zur Pandemiebekämpfung insgesamt weniger                                   jeweils empfundenen Beeinträchtigungen numerisch                          Abb. 8: Psychisch-soziales Belastungsempfinden nach soziodemographischen Merkmalen der Befragten
als wirtschaftlich-finanzielle, sondern vor allem als soziale                     darstellbar machen. Beide Skalen umfassen 11 Punkte
                                                                                                                                                                             Geschlecht
und psychische Belastungen empfinden. So fühlen sich in                           und reichen von 0 (gar keine Belastung) bis 10 (sehr star-                                       männlich
wirtschaftlicher Hinsicht nur 23 Prozent der Befragten als                        ke Belastung). Während der gesamtsächsische Durch-                                                weiblich
                                                                                                                                                                         Altersgruppen
„eher“ oder „sehr stark“ belastet, in Bezug auf das eige-                         schnitt für die beruflich-wirtschaftlichen Belastungsskala                                     18-30 Jahre
                                                                                                                                                                                 31-40 Jahre
                                                                                                                                                                                 41-50 Jahre
                                                                                                                                                                                 51-60 Jahre
                                                                                                                                                                                 61-70 Jahre
   Abb. 6: Empfundene Belastungen durch die staatlichen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung (Angaben in Prozent)                                                                      70+ Jahre
                                                                                                                                                                          Bildungsgrad
                                                                    gar nicht belastet        wenig belastet    eher belastet        sehr stark belastet    Hauptschule / kein Schulabschluss
    50                                                                                                                                                                             Realschule
                  47                                                                                                                                                             Abitur / EOS
                                                                                                                                                                                  Hochschule
                                                                        44
                                                                                                                                                                            Einkommen
    40                                                                                                                                                                      unter 1.500 Euro
                                                                                                                                                                            1.501-2.500 Euro
                                                              34                                          34                                                                2.501-3.500 Euro
    30                                                                                                                                                                            über 3.500
                       28                                28                                          29                               29   29
                                                                                                                                                                     Erwerbssituation
                                                    26                                                                                                                            Angestellte
                                                                             23                                                                                                      Beamte
                                                                                                               21               21
    20                                                                                                                                          21              Freiberufler / Selbstständige
                                                                                                                                                                                     Arbeiter
                                                                                                                    16                                                            Arbeitslose
                            13                                                     13                                                                                          in Ausbildung
                                             11                                          12
    10                           10                                                                                                                                     Renter / Pensionäre
                                                                                                                                                                         Familienstand
                                                                                                                                                                    mit Partner, mit Kindern
      0                                                                                                                                                            mit Partner, ohne Kinder
                                                                                                                                                                  ohne Partner, mit Kindern
                   im Hinblick auf          im Hinblick auf Ihr        im Hinblick auf Ihr         im Hinblick auf Ihre      im Hinblick auf Ihre                 ohne Partner, ohne Kinder
                 Ihre wirtschaftlich-    soziales Leben (Freunde,        Arbeitsleben             Familie/Partnerschaft   persönliche psychisches/                                              0            1               2                3             4               5              6               7
                 finanzielle Situation       Nachbarn, Familie)                                                            seelisches Wohlbefinden
                                                                                                                                                            Anmerkung: Die Punkte zeigen die Indexmittelwerte mit zugehörigen Konfidenzintervallen in unterschiedlichen Gruppen der sächsischen Bevölkerung.
   Anmerkung: Antwortverteilung auf die Frage: „Wie stark haben Sie die bisherigen Corona-Maßnahmen insgesamt belastet?“ (fehlende Werte zu 100             Je höher der Wert, umso stärker das jeweilige Belastungsempfinden. Die gestrichelte rote Linie markiert den Mittelwert für Sachsen insgesamt (hier:
   Prozent: weiß nicht / keine Angabe, n = 1008).                                                                                                           4,60). Die Ergebnisse sind nach Alter, Geschlecht, Bildung und Region gewichtet, n = 1008.
   Quelle: Eigene Erhebung / dimap								                                                                                                 MIDEM/ZVD 2021   Quelle: Eigene Erhebung / dimap								                                                                                            MIDEM/ZVD 2021

          14                                                                                                                                                                                                                                                                                          15
3. IMPFBEREITSCHAFT
bei 2,56 liegt, ist er bei der erlebten Betroffenheit im psy-
chisch-sozialen Bereich mit 4,60 deutlich höher. Da die
beiden Skalen zum Teil unterschiedliche Spezifikationen

                                                                   UND IMPFSKEPSIS
aufweisen, werden sie bei der folgenden soziodemogra-
phischen, politischen und sozialräumlichen Einordnung
getrennt voneinander betrachtet (Abb. 7 und 8).

Zunächst zeigen sich im Hinblick auf beide Formen emp-
fundener Belastungen klare Zusammenhänge mit Alter,
Einkommen und beruflicher Situation: Jüngere Sächsin-
nen und Sachsen fühlen sich stärker, Ältere und Men-            Auch zum Thema Impfung wurden die Sächsinnen und                                 und Sachsen inzwischen nochmals deutlich erhöht. Eine
schen mit überdurchschnittlichen Einkommen hingegen             Sachsen repräsentativ befragt. Im Erhebungszeitraum                              anhaltende Bedeutung dürfte daher vor allem den Un-
eher weniger belastet als andere. Menschen der unters-          vom 10. bis 15. Mai 2021 gaben dabei 39 Prozent der be-                          geimpften zuwachsen. Auch innerhalb dieser Gruppe
ten Einkommensstufe, mit einem Einkommen von unter              fragten Erwachsenen an, bereits mindestens einmal ge-                            sind die Ergebnisse zunächst positiv: In Sachsen liegt
1500 Euro im Monat, aber auch Angestellte und vor allem         gen COVID-19 geimpft worden zu sein. Dieser Anteil der                           die COVID-19-Impfbereitschaft der Bevölkerung insge-
Selbstständige spüren vor allem in wirtschaftlicher Hin-        geimpften Personen lag damit leicht unter dem Bundes-                            samt auf einem hohen Niveau: Deutlich über die Hälfte
sicht überdurchschnittlich starke Belastungen. Bei Beam-        durchschnitt.9 Unter den Geimpften war der Anteil Frauen                         der noch ungeimpften Sächsinnen und Sachsen gibt an,
tinnen und Beamten sowie Rentnerinnen und Rentnern              mit 42 Prozent (Männer: 39 Prozent) leicht, der Anteil der                       sich „eher“ oder „auf jeden Fall“ impfen zu lassen. Insge-
fällt diese Einschätzung genau umgekehrt aus. Arbeitslo-        Älteren verständlicherweise deutlich erhöht. In der Alters-                      samt stehen damit rund 73 Prozent der Sächsinnen und
se klagen häufiger als andere über die wirtschaftlichen,        gruppe der über 65-Jährigen waren Mitte Mai rund zwei                            Sachsen einer Impfung aufgeschlossen gegenüber oder
seltener über die sozialen und psychologischen Folgen           Drittel bereits mindestens einmal gegen Corona geimpft.                          haben sich bereits gegen Corona impfen lassen (Abb. 9).
der Corona-Maßnahmen. Frauen wiederum beschreiben               Unter den Berufstätigen wiesen vor allem die Beamten
im Hinblick auf das psychologische und soziale Wohlbe-          mit 49 Prozent eine überdurchschnittliche Impfquote                              Auf der anderen Seite ist jedoch auch ein bedeutender
finden deutlich stärkere Belastungen als Männer.                auf, Freiberuflerinnen und Freiberufler bzw. Selbststän-                         Teil der über 18-jährigen Bürgerinnen und Bürger noch
                                                                dige folgten mit 46 Prozent. Unterdurchschnittlich fiel die                      immer ausgesprochen skeptisch gegenüber einer Imp-
Mit Blick auf die jeweiligen Parteisympathien der Befrag-       Impfquote hingegen bei Angestellten (30 Prozent) sowie                           fung eingestellt: 9 Prozent lehnen eine Impfung gegen
ten lassen sich hier kaum klare Zusammenhänge aus-              Arbeiterinnen und Arbeitern (28 Prozent) aus.                                    COVID-19 „eher“ ab, ganze 12 Prozent geben sogar an,
machen. Unter den Anhängern aller Parteien finden sich                                                                                           sich „auf keinen Fall“ impfen zu lassen (Abb. 10). Im
sowohl Menschen, die über die wirtschaftlichen, sozialen        Aufgrund der fortgeschrittenen Impfkampagne hat sich                             Bundesdurchschnitt äußerten dies zuletzt nur knapp 5
und psychologischen Folgen der Corona-Maßnahmen für             der Anteil der (auch vollständig) geimpften Sächsinnen                           Prozent.10
das eigene Leben klagen, als auch solche, die eher wenige
Einschränkungen und Belastungen angeben. Das gleiche
gilt auch für die regionale Verteilung innerhalb Sachsens.           Abb. 9: Impfungen und Impfbereitschaft in Sachsen (Angaben in Prozent)

                                                                      40                     39

                                                                                                                                            34

                                                                      30

                                                                                                                                                                                            21
                                                                      20

                                                                      10

                                                                        0
                                                                                         bereits                               noch nicht geimpft,                             noch nicht geimpft,
                                                                                         geimpft                           Impfbereitschaft vorhanden                  keine Impfbereitschaft vorhanden

                                                                     Anmerkung: Impfungen: Stand Mitte Mai 2021. Antwortverteilung auf die Fragen: „Sind Sie schon gegen Corona geimpft?“ / „Werden Sie sich gegen
                                                                     Corona impfen lassen?“ (fehlende Werte zu 100 Prozent: weiß nicht / keine Angabe, n = 1008).
                                                                     Quelle: Eigene Erhebung / dimap								                                                                                          MIDEM/ZVD 2021

                                                                9    Zum Vergleich: Im Rahmen des COVIMO COVID-19 Impfquoten-Monitoring wurden im Zeitraum vom 21.04.21 bis 07.05.21 deutschlandweit 1.005 Erwach-
                                                                     sene ebenfalls zur COVID-19-Impfung befragt. Von diesen gaben 42,5 Prozent (n = 427) der Befragten an, bereits mindestens einmal und 10,5 Prozent (n =
                                                                     105) vollständig gegen COVID-19 geimpft worden zu sein (RKI 2021).
                                                                10   Vgl. RKI 2021.

       16                                                                                                                                                                                                      17
Abb. 10: Impfbereitschaft und Impfskepsis in Sachsen (Angaben in Prozent)                                                                                                    Abb. 12: Impfskepsis in Sachsen nach Regionen (Angaben in Prozent)

 30                                                                                                                                                                          Südwestsachsen insgesamt                                                                                     20

                      24                                                                                                                                                                        LK Mittelsachsen                                                                                        25

                                                                                                                                                                                                   LK Erzgebirge                                                                                                    28
 20
                                                                                                                                                                                                      LK Zwickau                                                          15

                                                                                                                                                       12                                            LK Vogtland                                                               16
 10                                                            10                                             9                                                                  Ostsachsen insgesamt                                                                                                   25

                                                                                                                                                                                                      LK Meißen                                                           15

   0                                                                                                                                                                                                  LK Bautzen                                                                                                               31

               auf jeden Fall                            eher ja                                        eher nein                                 auf keinen Fall                    LK Sächs. Schweiz/Osterzg.                                                                                                27

                                                                                                                                                                                                        LK Görlitz                                                                                                        30
Anmerkung: Antwortverteilung auf die Frage „Werden Sie sich gegen Corona impfen lassen?“ (fehlende Werte zu 100 Prozent: schon geimpft / weiß
nicht / keine Angabe, n = 1008).                                                                                                                                              Nordsachsen insgesamt                                                                  14
Quelle: Eigene Erhebung / dimap								                                                                                                                MIDEM/ZVD 2021                                  LK Leipzig                                               13

                                                                                                                                                                                                LK Nordsachsen                                                                            20

                                                                                                                                                                                 Großstädte insgesamt                                                                                     20

Abb. 11: Impfskepsis in Sachsen nach soziodemographischen Merkmalen der Befragten (Angaben in Prozent)                                                                                             Stadt Dresden                                                                    17

                                                                                                                                                                                                    Stadt Leipzig                                                         15
                     Geschlecht
                            männlich                                                                               20                                                                            Stadt Chemnitz                                                                                                     28
                             weiblich                                                                                        22                                                                                      0                              10                                   20                              30
                Altersgruppen
                         18-30 Jahre                                                                                                             27
                                                                                                                                                                             Anmerkung: Die Balken zeigen die Anteile der Befragten aus den unterschiedlichen Regionen, die jeweils eine Impfung gegen COVID-19 ablehnen. Für Sachsen ins-
                         31-40 Jahre                                                                                                                            32
                                                                                                                                                                             gesamt beträgt der Anteil impfskeptischer erwachsener Personen 21 Prozent. Die Ergebnisse sind nach Alter, Geschlecht, Bildung und Region gewichtet, n = 1008.
                         41-50 Jahre                                                                                                             27
                                                                                                                                                                             Quelle: Eigene Erhebung / dimap								                                                                                                     MIDEM/ZVD 2021
                         51-60 Jahre                                                                         18
                         61-70 Jahre                                                               16
                            70+ Jahre                      6
                                                                                                                                                                        Die Frage nach diesen ‚Impfskeptikern‘, ihren soziode-                                und Görlitz als ebenso auffällig, ebenso wie jene aus der
                  Bildungsgrad
Hauptschule / kein Schulabschluss                                                        14                                                                             mographischen, sozioökonomischen und politisch-kultu-                                 gesamten Region des Erzgebirges - von der Sächsischen
                           Realschule                                                                                                            27                     rellen Spezifikationen dürfte auch für den weiteren Ver-                              Schweiz und dem Osterzgebirge über das Mittlere Erzge-
                        Abitur / EOS                                                          15                                                                        lauf der Pandemie von Bedeutung sein. Gerade Sachsen                                  birge bis hin zu den ehemaligen Landkreisen Annaberg,
                        Hochschule                                             12                                                                                       könnte sich hier als ein Untersuchungsfeld erweisen, in                               Stollberg und Aue-Schwarzenberg. Bemerkenswert er-
                   Einkommen                                                                                                                                            dem das deutschlandweit bekannte Phänomen impfs-                                      scheinen auch die Werte für Chemnitz. Die Vermutung,
                   unter 1.500 Euro                                                                                                                        30           keptischer Bevölkerungsteile in besonderer Ausprägung                                 dass sich die Großstadt als urbanes Zentrum hier von den
                   1.501-2.500 Euro                                                                                20                                                   vorliegt und deshalb wie in einem Brennglas genauer                                   eher ländlich geprägten Regionen Südsachsens abheben
                   2.501-3.500 Euro                                                                                     21                                              analysierbar ist.                                                                     würde, kann durch die vorliegenden Daten nicht bestätigt
                    über 3.500 Euro                                  9                                                                                                                                                                                        werden. Im Gegenteil: In keiner sächsischen Großstadt
             Erwerbssituation                                                                                                                                           Auf Grundlage der vorliegenden Daten lässt sich die Grup-                             wurde ein höherer Anteil impfskeptisch eingestellter Per-
                           Angestellte                                                                                                 25                               pe der impfskeptisch eingestellten Personen zunächst in                               sonen ermittelt als in Chemnitz. In der Stadt Leipzig, dem
                              Beamte                                                               16                                                                   soziodemographischer Hinsicht genauer spezifizieren.11                                Landkreis Leipzig, aber auch den Landkreisen Zwickau,
       Freiberufler / Selbstständige                                                                                                              27
                                                                                                                                                                        So war unter den Befragten der Anteil der Frauen leicht,                              Meißen und Vogtland fiel die ermittelte Impfskepsis unter
                             Arbeiter                                                                                                                  30
                                                                                                                                                                        der Anteil jüngerer Alterskohorten deutlich überreprä-                                den Befragten hingegen eher unterdurchschnittlich aus
                         Arbeitslose                                                                                                        26
                                                                                                                                                                        sentiert. Impfskeptikerinnen und -skeptiker in Sachsen                                (Abb. 12).
                      in Ausbildung                                                 13
                                                                                                                                                                        besitzen häufig einen Realschulabschluss und haben
               Rentner / Pensionäre                                      10
                                                                                                                                                                        eher ein unterdurchschnittliches Einkommen. Auch un-                                  In politischer Hinsicht zeigt sich erneut eine
                Familienstand
                                                                                                                                                                        ter denen, die ohne Kinder im Haushalt leben wurde eine                               Links-rechts-Verschiebung. So sind jene Sächsinnen und
            mit Partner, mit Kindern                                                                    17
            mit Partner, ohne Kinder
                                                                                                                                                                        erhöhte Tendenz festgestellt, das Angebot einer Impfung                               Sachsen, die sich selbst rechts der Mitte verorten oder
                                                                                                                                            26
         ohne Partner, mit Kindern                                                                           18
                                                                                                                                                                        gegen COVID-19 „auf gar keinen Fall“ in Anspruch neh-                                 der AfD zuneigen, weit häufiger der Auffassung, sich
        ohne Partner, ohne Kinder                                                                                                 23
                                                                                                                                                                        men zu wollen (Abb. 11).                                                              selbst „eher nicht“ oder „auf gar keinen Fall“ impfen zu
                                                                                                                                                                                                                                                              lassen. Für die anderen Parteien trifft dies nicht zu. Einzig
                                         0                            10                                          20                                  30
                                                                                                                                                                        In sozialräumlicher Hinsicht sind viele Impfskeptiker in                              jene Befragte, welche die FDP oder Freie Wähler positiv
Die Balken zeigen die Anteile der Befragten in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen, die jeweils eine Impfung gegen COVID-19 ablehnen. Für Sachsen insge-              Ostsachsen zu Hause. In der hier vorliegenden Verteilung                              bewerteten, waren im Schnitt etwas impfskeptischer ein-
samt beträgt der Anteil impfskeptischer erwachsener Personen 21 Prozent. Die Ergebnisse sind nach Alter, Geschlecht, Bildung und Region gewichtet, n = 1008.            erweisen sich die Befragten aus den Landkreisen Bautzen                               gestellt (Abb. 13).
Quelle: Eigene Erhebung / dimap								                                                                                                                MIDEM/ZVD 2021

                                                                                                                                                                        11   Diese Befunde decken sich zu großen Teilen mit den Ergebnissen von RKI 2021 und Betsch 2021.

       18                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           19
4. BEWERTUNG DES
Abb. 13: Impfskepsis in Sachsen nach politischen Merkmalen der Befragten

           Parteisympathie

                                                                                                                                                        CORONA-MANAGEMENTS
                               CDU                                10

                                SPD                               10

                                                                                                                                                        DER REGIERUNG
                       Die Grünen                             9

                                FDP                                                 18

                          Die Linke                               10

                                AfD                                                                                                        39

                      Freie Wähler                                                                 23                                                Wie bewerten die Menschen nun insgesamt das Coro-                              Fällen war eine übergroße Mehrheit lediglich dazu ge-
                                                                                                                                                     na-Management von Bundes- und Landesregierung?                                 neigt, ihre Zufriedenheit mit dem Corona-Management
              Links-rechts                                                                                                                           Diese Frage gehörte bisher zum Standardrepertoire                              „eher“ und nicht „voll und ganz“ zu bekunden. Auf der an-
       Selbsteinschätzung                                                                                                                            sozialwissenschaftlicher Befragungsreihen, die sich mit                        deren Seite fiel die bekundete Unzufriedenheit deutlicher
                               links                      8                                                                                          COVID-19 befasst haben. Auch im Rahmen der Unter-                              aus: Mit dem Corona-Management der sächsischen Lan-
                                                                                                                                                     suchung über die sozialräumlichen und politisch-kultu-                         desregierung zeigten sich 42 Prozent, mit dem der Bun-
                              Mitte                                                           21                                                     rellen Rahmenbedingungen der Corona-Pandemie in                                desregierung sogar 50 Prozent der Befragten insgesamt
                                                                                                                                                     Sachsen wurde sie gestellt und dabei sowohl auf die Ar-                        unzufrieden, wovon jeweils rund die Hälfte den entspre-
                              rechts                                                                                                     38
                                                                                                                                                     beit der Bundesregierung als auch der Landesregierung                          chenden Aussagen „überhaupt nicht“ zustimmte.
                                       0                      10                         20                      30                           40
                                                                                                                                                     bezogen (Abb. 14).
Anmerkung: Die Punkte zeigen die Anteile der Befragten in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen, die jeweils eine Impfung gegen COVID-19 ablehnen.                                                                                  Die Stimmung in der sächsischen Bevölkerung ist damit
Für Sachsen insgesamt beträgt der Anteil impfskeptischer erwachsener Personen 21 Prozent. Die Ergebnisse sind nach Alter, Geschlecht, Bildung und    Im Ergebnis zeigte sich eine Mehrheit der befragten Säch-                      dennoch leicht positiver, als dies zuletzt in vergleich-
Region gewichtet, n = 1008.                                                                                                                          sinnen und Sachsen mit dem Corona-Management der                               baren Untersuchungen ermittelt wurde. So bewerte-
Quelle: Eigene Erhebung / dimap								                                                                                          MIDEM/ZVD 2021      Regierung zufrieden, wobei die Zufriedenheit mit der                           ten in einer deutschlandweiten Befragung des Insti-
                                                                                                                                                     sächsischen Landesregierung mit 56 Prozent nochmals                            tuts YouGov zuletzt etwa 55 Prozent den Umgang der
                                                                                                                                                     deutlicher ausfiel als jene mit der Bundesregierung in                         Bundesregierung mit der Corona-Krise als „schlecht“.
                                                                                                                                                     Berlin (49 Prozent Zufriedenheit). Die starke Abstufung                        Im ARD-DeutschlandTREND von Infratest dimap waren
                                                                                                                                                     zwischen „stimmen voll und ganz zu“ und „stimme eher                           im April 2021 sogar noch 79 Prozent der Befragten mit
                                                                                                                                                     zu“ könnte dahingehend interpretiert werden, dass hier                         „dem Corona-Management von Bund und Ländern“ un-
                                                                                                                                                     dennoch gewisse Vorbehalte vorliegen, denn in beiden                           zufrieden.12

                                                                                                                                                          Abb. 14: Bewertung des Corona-Managements der Bundesregierung und der sächsischen Landesregierung (Angaben in Prozent)

                                                                                                                                                                                                 stimme voll und ganz zu       stimme eher zu     stimme eher nicht zu       stimme überhaupt nicht zu
                                                                                                                                                            50

                                                                                                                                                            40                                                                                                      40
                                                                                                                                                                                                   37

                                                                                                                                                            30
                                                                                                                                                                                                              27
                                                                                                                                                                                                                          23                                                    23
                                                                                                                                                            20                                                                                                                              19
                                                                                                                                                                                                                                                       16
                                                                                                                                                                                      12
                                                                                                                                                            10

                                                                                                                                                             0
                                                                                                                                                                                  Auch wenn nicht immer alles gut gelaufen ist,                    Auch wenn nicht immer alles gut gelaufen ist,
                                                                                                                                                                                   bin ich mit dem Corona-Management der                             bin ich mit dem Corona-Management der
                                                                                                                                                                                    Bundesregierung insgesamt zufrieden.                        sächsischen Landesregierung insgesamt zufrieden.

                                                                                                                                                          Anmerkung: Zustimmungswerte zu den dargestellten Aussagen. Fehlende Werte zu 100 Prozent: weiß nicht / keine Angabe, n = 1008.
                                                                                                                                                          Quelle: Eigene Erhebung / dimap								                                                                                          MIDEM/ZVD 2021

                                                                                                                                                     12   Sonnenberg 2021; Infratest dimap 2021.

     20                                                                                                                                                                                                                                                                                           21
5. CORONA-SKEPTISCHE
   Abb. 15: Allgemeine Bewertung von Einschränkungen und Freiheitsbeschränkungen während der Pandemie (Angaben in Prozent)

                                                                                                                                                        EINSTELLUNGEN
                                          stimme voll und ganz zu       stimme eher zu     stimme eher nicht zu       stimme überhaupt nicht zu
     40

     30                                                                                         29          31
                                           26
                                                                   24
                               23                      23
     20                                                                                                                20
                                                                                                                                    18
                                                                                                                                                     Im Rahmen der vorliegenden Studie zu den sozialräumli-                            Bundesweite Untersuchungen kommen hier zu unein-
                                                                                                                                                     chen und politisch-kulturellen Rahmenbedingungen der                              heitlichen Ergebnissen. Einige ermittelten mit ähnlichen
     10                                                                                                                                              Corona-Pandemie in Sachsen sollten sich die Befragten                             Fragen zum Teil deutlich niedrigere13, andere hingegen
                                                                                                                                                     auch zu Aussagen positionieren, welche die staatlichen                            deutlich höhere14 Zustimmungswerte. Im Thüringen-Mo-
                                                                                                                                                     Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19 eher in                                     nitor wurde im Oktober 2020 die Zustimmung zu Coro-
       0                                                                                                                                             einen verschwörungstheoretischen Kontext rücken. So                               na-bezogenem Verschwörungsdenken wiederum mit der
                         Es ist schade, dass die Politik bei der Bekämpfung                  Es ist richtig, dass der Staat zum Schutz der
                                                                                                                                                     wurde einerseits gefragt, inwiefern man der Meinung                               Aussage gemessen: „Es gibt geheime Organisationen,
                          der Pandemie nicht härter durchgegriffen hat.                      Gesundheit seiner Bürger notfalls auch private           sei, „aus Rücksicht auf die Pharmalobby“ verschweige                              die während der Corona- Krise großen Einfluss auf poli-
                                                                                                         Freiheiten einschränkt.                     „die Regierung mögliche Nebenwirkungen und Langzeit-                              tische Entscheidungen haben“. 30 Prozent der befragten
                                                                                                                                                     schäden der Corona-Impfstoffe“. Andererseits wurde die                            Thüringerinnen und Thüringer stimmten hier „eher“ oder
   Anmerkung: Zustimmungswerte zu den dargestellten Aussagen. Fehlende Werte zu 100 Prozent: weiß nicht / keine Angabe, n = 1008.                    Zustimmung zur Aussage ermittelt, die Regierung nutze                             „voll und ganz“ zu.15 Eine vergleichende Befragung des
   Quelle: Eigene Erhebung / dimap								                                                                                          MIDEM/ZVD 2021   die Pandemie eher als Vorwand, „um die Überwachung                                Centre de recherches politiques am Institut für politische
                                                                                                                                                     der Bürger voranzutreiben“. Mit einem Anteil von 44                               Studien in Paris (Sciences Po) legte im Februar 2021 im
                                                                                                                                                     Prozent bzw. 35 Prozent fiel die Zustimmung zu diesen                             Rahmen des Barométre de la confiance politique ebenfalls
Offensichtlich kann die auch in Sachsen verbreitete                                                                                                  Aussagen bemerkenswert hoch aus. 23 Prozent bzw. 20                               je eine Aussage zur „Überwachung der Bürger“ und zum
Unzufriedenheit mit dem staatlichen Management der                                                                                                   Prozent stimmten hier sogar „voll und ganz“ zu. Dass                              „Einfluss der Pharmalobby“ vor. Beide Fragestellungen
Corona-Pandemie aber nicht ohne Weiteres als Kritik                                                                                                  beim Thema ‚Impfstoffe‘ die ‚Pharmalobby‘ zum Nachteil                            waren fast identisch zu denen, wie sie in der vorliegenden
an der Härte der Corona-Maßnahmen oder als Wunsch                                                                                                    der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger das Regie-                              Studie zu den sozialräumlichen und politisch-kulturelle
nach Lockerungen interpretiert werden. So fand eine                                                                                                  rungshandeln beeinflusst, glaubt damit sogar eine relati-                         Rahmenbedingungen der Corona-Pandemie in Sachsen
relative Mehrheit von 49 Prozent der Befragten es zu-                                                                                                ve Mehrheit der Sachsen, wobei hier allerdings zugleich                           Verwendung finden. Hinsichtlich der „Überwachung der
gleich schade, „dass die Politik bei der Bekämpfung                                                                                                  13 Prozent keine Angabe machten (Abb. 16).                                        Bürger“ wurden dabei Zustimmungswerte von 42 Prozent
der Pandemie nicht härter durchgegriffen hat“. Ganze
60 Prozent der Sächsinnen und Sachsen halten es au-
ßerdem für richtig, „dass der Staat zum Schutz der Ge-                                                                                                    Abb. 16: Corona-bezogene Vorbehalte gegenüber der Regierung (Angaben in Prozent)
sundheit seiner Bürger notfalls auch private Freiheiten
                                                                                                                                                                                                     stimme voll und ganz zu      stimme eher zu    stimme eher nicht zu     stimme überhaupt nicht zu
einschränkt“ (Abb. 15).
                                                                                                                                                            40
                                                                                                                                                                                                                                                                                           38

                                                                                                                                                            30

                                                                                                                                                                                          23                                                                                   23
                                                                                                                                                                                                      21            22       21
                                                                                                                                                            20                                                                                           20
                                                                                                                                                                                                                                                                    15

                                                                                                                                                            10

                                                                                                                                                              0
                                                                                                                                                                                     Aus Rücksicht auf die Pharmalobby verschweigt                 Die Corona-Pandemie bietet der Regierung einen
                                                                                                                                                                                     die Regierung mögliche Nebenwirkungen und                        Vorwand um die Überwachung der Bürger
                                                                                                                                                                                        Langzeitschäden der Corona-Impfstoffe.                                     voranzutreiben.

                                                                                                                                                          Anmerkung: Zustimmungswerte zu den dargestellten Aussagen. Fehlende Werte zu 100 Prozent: weiß nicht / keine Angabe, n = 1008.
                                                                                                                                                          Quelle: Eigene Erhebung / dimap								                                                                                          MIDEM/ZVD 2021

                                                                                                                                                     13   Vgl. Rees et al. 2020.
                                                                                                                                                     14   Vgl. Decker et al. 2020, S. 202; Schließler et al. 2020: 301 ff.
                                                                                                                                                     15   Reiser et al. 2021, S. 46 ff.

       22                                                                                                                                                                                                                                                                                           23
Sie können auch lesen