Das Digitale Kaufrecht 2022 - Verbraucherschutzgetriebene Änderungen im Zuge der Digitalisierung mit Auswirkungen auf das B2B-Geschäft - LUTHER ...

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Das Digitale Kaufrecht 2022 - Verbraucherschutzgetriebene Änderungen im Zuge der Digitalisierung mit Auswirkungen auf das B2B-Geschäft - LUTHER ...
Whitepaper | 12.2021

Das Digitale Kaufrecht 2022 –
Verbraucherschutzgetriebene Änderungen im
Zuge der Digitalisierung mit Auswirkungen auf
das B2B-Geschäft

Hintergrund                                                         des Verbraucherschutzniveaus im Zuge der fortschreitenden
                                                                    Digitalisierung von Produkten. Ergänzt wird die WKRL daher
Die letzte große Schuldrechtsreform im Deutschen Recht              durch die Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspek-
wurde durch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie aus dem Jahr          te der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleis-
1999 ausgelöst, mittels derer einheitliche Mindeststandards         tungen ((EU) 2019/770, „DIDRL“) mit speziellen Regelungen
im europäischen Kaufrecht gesetzt wurden. Nicht verhindert          für Verträge, die digitale Produkte beinhalten.
werden konnte hierdurch eine starke Fragmentierung der Vor-
schriften zum Warenkauf in den einzelnen Mitgliedstaaten.           Zur Umsetzung dieser europäischen Richtlinien in nationales
Zur weiteren Vereinheitlichung hat der europäische Gesetz-          Recht verabschiedete der Deutsche Bundestag bereits im Juni
geber daher die Warenkaufrichtlinie (RL (EU) 2019/771,              2021 umfangreiche Gesetzesänderungen, die grundsätzlich auf
„WKRL“) vom 20. Mai 2019 erlassen, die die Verbrauchsgü-            Käufe, die ab dem 1. Januar 2022 getätigt werden, Anwendung
terkaufrichtlinie ablöst und mittels derer an die Stelle der bis-   finden. Trotz des verbraucherschützenden Hintergrunds betref-
herigen einheitlichen minimalen Standards im Kaufrecht eine         fen diese Änderungen aber nicht nur das B2C-, sondern auch
Vollharmonisierung tritt.                                           das B2B-Geschäft. Ursächlich hierfür sind insbesondere die
                                                                    Einführung des neuen Sachmangelbegriffs im allgemeinen
Neben der Harmonisierung des europäischen Kaufrechts war            Kaufrecht, aber auch die Auswirkungen der Änderungen im
weiteres Ziel des europäischen Gesetzgebers die Erhöhung            Verbrauchsgüterkaufrecht auf den Regress in der Lieferkette.

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Das Digitale Kaufrecht 2022 – Verbraucherschutzgetriebene Änderungen im Zuge der Digitalisierung mit Auswirkungen auf das B2B-Geschäft

Dieses Whitepaper soll Herstellern, Händlern und Verkäufern             diese Digitalen Produkte nicht erfüllen können. Hierunter
als Handreichung dienen, um eine erste eigene Einschätzung              fallen beispielsweise Smartwatches, Smartphones, digitale
ihres individuellen Handlungsbedarfs im Zuge der Gesetzes-              Haushaltsgeräte oder digitale Sprachassistenten.
änderungen vorzunehmen. Hierzu wird im Folgenden zu-
nächst eine Übersicht über die nunmehr eingeführten rechtli-            Der Kauf von analogen Waren bleibt weiterhin von den all-
chen Produktkategorien, an die die Anwendbarkeit der neuen              gemeinen Regelungen über den Sachkauf, also den §§ 433 ff.
Normen anknüpft (sog. „sachlicher Anwendungsbereich“),                  BGB, gedeckt, wobei der Gesetzgeber auch hier insbesonde-
­gegeben. Hiernach werden anhand dieser Weichenstellung                 re mit der Einführung eines neuen Sachmangelbegriffs (hier-
 die wichtigsten praktischen Auswirkungen der Gesetzesände-             zu sogleich) Änderungen mit weitreichenden Auswirkungen
 rungen aufgezeigt.                                                     auf Kaufverträge über analoge Waren implementiert hat.

Vorstellung der neuen rechtlichen                                       Hieraus ergibt sich künftig die folgende Unterscheidung:
Produktkategorien im Verbrauchsgüterkauf                                                        Digitale Produkte

Die auf einen Vertrag anwendbaren Rechtsnormen werden                                                                   Digitale
                                                                           Digitale Inhalte
herkömmlich anhand des jeweiligen Vertragstyps ermittelt. Die              § 327 BGB n.F.
                                                                                                                        Dienstleistungen
                                                                                                                        § 327 BGB n.F.
in Umsetzung der DIDRL und WKRL eingeführten neuen Re-
gelungen für Verbraucherverträge – und damit gleichsam die
Frage deren (ergänzender) Anwendbarkeit – knüpfen hingegen
                                                                         Waren mit digitalen
                                                                                                                        Analoge Waren
nicht am Vertragstyp, sondern am Vertragsgegenstand an.                          Elementen
                                                                                                                        §§ 434 ff. BGB
                                                                           §§ 475b BGB n.F.

Zunächst hat der deutsche Gesetzgeber in Umsetzung der
DIDRL in den §§ 327ff BGB (neu) Regelungen zum Ver-
brauchsgüterkaufvertrag über sog. „Digitale Produkte“ ein-              Praktische Auswirkungen für Händler,
geführt. Bei dem Begriff der Digitalen Produkte handelt es              Hersteller und Verkäufer
sich dabei um einen Überbegriff für „Digitale Inhalte“ und
„Digitale Dienstleistungen“. Digitale Inhalte sind gemäß                Die Neuregelungen für Waren mit digitalen Elementen sind
§ 327 Abs. 2 S. 1 BGB n.F. Daten, die in digitaler Form erstellt        gleichsam den neuen Vorschriften über Digitale Produkte
oder bereitgestellt werden. Unter Digitale Dienstleistungen             zwar grundsätzlich allein auf Verbraucherverträge anwendbar
fallen nach § 327 Abs. 2 S. 2 BGB (neu) Dienstleistungen, die           (sog. „persönlicher Anwendungsbereich“). Nichtsdestotrotz
dem Verbraucher die Erstellung, Verarbeitung oder Spei-                 können sich Hersteller, Händler und Verkäufer, die kein Di-
cherung von Daten in digitaler Form oder den Zugang zu                  rektgeschäft mit Verbrauchern betreiben, nicht zurücklehnen.
solchen Daten oder die gemeinsame Nutzung der vom Ver-                  Denn zum einen wurden im allgemeinen Kaufrecht Ände-
braucher oder anderen Nutzern der entsprechenden Dienst-                rungen vorgenommen, die im Verhältnis B2B auf jeglichen
leistung in digitaler Form hochgeladenen oder erstellten Daten          Sachkauf direkte Anwendung finden. Zudem ergeben sich
oder sonstige Interaktionen mit diesen Daten ermöglichen.               Auswirkungen auf die Rückgriffsrechte in der Lieferkette beim
Zu Digitalen Inhalten zählen somit beispielsweise Video-,               Letztverkauf von Digitalen Produkten und/oder Waren mit
Audio- und Musikdateien, wohingegen unter Digitale Dienst-              digitalen Elementen an Verbraucher.
leistungen unter anderem Social-Media-Dienste, Datenban-
ken, Plattformen oder auch Messenger-Dienste zu zählen sind.            1. Ein neuer Sachmangelbegriff und weitere Neuerungen
                                                                            im allgemeinen Kaufrecht
Darüber hinaus wurden in Umsetzung der WKRL mit den
§§ 475b ff. BGB (neu) spezielle Regelungen eingeführt, die              Die wohl gravierendste Änderung wird das allgemeine Kauf-
ergänzend auf sog. „Waren mit digitalen Elementen“ An-                  recht mit der Neufassung des Sachmangelbegriffs erfahren.
wendung finden. Der Begriff der Ware mit digitalen Elementen            Bislang galt eine Sache als mangelfrei, soweit sie bei Gefahr-
wird im neuen § 327a Abs. 3 S. 1 BGB legaldefiniert als solche          übergang die etwaig vereinbarte Beschaffenheit aufwies. Bei
Waren, die Digitale Produkte dergestalt enthalten oder mit              Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung – meist in Form
ihnen verbunden sind, dass die Waren ihre Funktionen ohne               einer Produktspezifikation oder eines Datenblattes – kam es

                                                  2 | Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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Das Digitale Kaufrecht 2022 – Verbraucherschutzgetriebene Änderungen im Zuge der Digitalisierung mit Auswirkungen auf das B2B-Geschäft

damit bisher nicht mehr darauf an, ob sich die Sache zusätz-            Ferner wurden im allgemeinen Kaufrecht insbesondere die fol-
lich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung                 genden weiteren Änderungen bzw. Ergänzungen eingeführt:
eignete oder die übliche Beschaffenheit aufwies. In Abwei-
chung von diesem Vorrang der vereinbarten Beschaffenheit                ■ Im Rahmen der Nacherfüllung wurde eine gesetzliche
im bisherigen Recht wird eine Sache nunmehr nur noch dann                 Pflicht des Käufers, die Sache zum Zwecke der Nacherfül-
mangelfrei sein, wenn sie die künftig gleichrangigen subjekti-            lung zur Verfügung zu stellen sowie des Verkäufers, die
ven Anforderungen, objektiven Anforderungen sowie die                     ersetzte Sache auf seine Kosten zurückzunehmen, nor-
Montage- und Installationsanforderungen, die jeweils in den               miert, vgl. § 439 Abs. V und VI BGB n.F.
Absätzen 2, 3 und 4 des § 434 BGB n.F. näher dargelegt sind,            ■ Bisher wurde gem. § 445b Abs. 2 S. 2 BGB der Ablauf der
kumulativ erfüllt.                                                        Verjährung von Rückgriffsansprüchen des Verkäufers
                                                                          gegen seinen Lieferanten auf einen Zeitraum von fünf Jah-
                                                                          ren ab Lieferung begrenzt. Diese Höchstgrenze der Ab-
                            Kumulative
    vereinbarte            Anforderungen
                                                                          laufhemmung von fünf Jahren entfällt nunmehr ersatz-
    Beschaffenheit                                                        los, was mit der Vermeidung einer Regresslücke aufgrund
             +               subjektiv                                    der Einführung der Aktualisierungspflicht (hierzu sogleich)
                                             gewöhnliche
   vertraglich vorausge-         +           Verwendung                   begründet wird, bei der eine Haftung des Verkäufers ge-
   setzte Verwendung
                              objektiv                                    genüber seinem Käufer auch nach mehr als fünf Jahren
             +                   +
                                             übliche/erwartbare
                                                                          noch möglich ist.
                                             Beschaffenheit
    vereinbartes Zubehör
                              Montage                                   ■ Schließlich wurde der Lieferantenregress an die neue
    und Anleitungen
                                                                          Rechtslage angepasst, insbesondere um die Rücknahme-
                                                                          kosten des § 439 Abs. VI BGB n.F. sowie den Ersatz der
                                                                          Aufwendungen, die im Rahmen der Verletzung der Aktuali-
 Eine Sache kann damit künftig selbst dann mangelhaft                     sierungspflicht entstehen, erweitert.
 sein, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit aufweist
 (weil bspw. spezifikationsgerecht geliefert wurde), sofern             2. S
                                                                            onderbestimmungen für „Waren mit digitalen
 sie nicht gleichzeitig die übrigen weiteren gesetzlichen An-              Elementen“ und weitere Änderungen im Verbrauchs-
 forderungen an eine mangelfreie Sache erfüllt.                            güterkaufrecht

Ausweislich der Gesetzesbegründung kann bei Kaufverträ-
gen zwischen Unternehmern (B2B) und Verbrauchern (C2C)
aber eine von den objektiven Anforderungen abweichende
Beschaffenheit vereinbart werden. Da die objektiven Anforde-
rungen nach dem Wortlaut von gelten, „soweit nicht wirksam
etwas anderes vereinbart wurde“ muss eine solche „negative
Beschaffenheitsvereinbarung“ allerdings zwingend – aus-
drücklich oder zumindest konkludent – abgeschlossen wer-
den, wollen die Parteien die objektiven Anforderungen und
damit korrespondierende Gewährleistungsrechte wirksam
ausschließen. Im Verhältnis B2C kann eine den objektiven                Für Waren mit digitalen Elementen wurde in § 475b BGB eine
Anforderungen vorgehende Beschaffenheitsvereinbarung                    dem § 434 BGB n.F. nachempfundene und teilweise auf die-
hingegen nicht formfrei getroffen werden. Insofern sind die             sen verweisende Definition des Sachmangels eingeführt.
hohen Hürden des neu gefassten § 476 Abs. 1 Satz 2 BGB zu               Damit muss auch die Ware mit digitalen Elementen bei Ge-
nehmen, wonach eine besondere Information des Verbrau-                  fahrübergang kumulativ den subjektiven, objektiven sowie
chers darüber, dass ein bestimmtes Merkmal der Ware von                 den Montage- und Installationsanforderungen entsprechen.
den objektiven Anforderungen abweicht, sowie eine entspre-              Darüber hinaus wurde das Pflichtenprogramm des Verkäufers
chende ausdrückliche und gesonderte Vereinbarung über                   um eine Aktualisierungspflicht erweitert, die gleichsam
diese Abweichung erforderlich ist.                                      auch für Digitale Produkte gilt.

                                                  3 | Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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Um seinen Pflichten im Hinblick auf die objektiven Anforderun-           Ferner wurden für den Verbrauchsgüterkauf insbesondere die
gen nachzukommen, muss der Unternehmer dem Verbraucher                   folgenden weiteren Änderungen bzw. Ergänzungen unabhän-
künftig Aktualisierungen bereitstellen, „die für den Erhalt der          gig von der Produktkategorie eingeführt
Vertragsmäßigkeit der Ware erforderlich sind“ und den Ver-
braucher über diese Aktualisierungen informieren. Unklar sind            ■ Bisher waren gem. § 442 BGB Mängelrechte des Käufers
insofern die Dauer und der Umfang dieser Verpflichtung.                    ausgeschlossen, wenn er den Mangel bei Vertragsschluss
                                                                           kannte oder der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit un-
Für die Dauer der Aktualisierungsverpflichtung gibt § 475b                 bekannt geblieben ist und der Verkäufer nicht arglistig ge-
Abs. 4 BGB (neu) zunächst vor, dass der Verbraucher wäh-                   täuscht hat. § 442 BGB wird künftig auf Verbrauchsgü-
rend des Zeitraums, den er aufgrund der Art und des Zwecks                 terkäufe nicht mehr anwendbar sein mit der Folge, dass
der Ware und ihrer digitalen Elemente sowie unter Berück-                  selbst bei Kenntnis des Mangels Mängelrechte des Ver-
sichtigung der Umstände und der Art des Vertrags erwarten                  brauchers erst nach Maßgabe der zusätzlichen Vorausset-
kann, Aktualisierungen erhält. Insofern sind Maßstab der Er-               zungen des § 476 Abs- 1 S. 2 BGB ausgeschlossen sind.
wartungshorizont eines Durchschnittskäufers und die                      ■ Eingeführt wurden ferner Sonderbestimmungen für
Umstände des Einzelfalls. Hierzu gehören ausweislich der                   Rücktritt, Minderung und Schadensersatz. Künftig re-
Gesetzesbegründung etwa Aussagen in der Werbung, die                       gelt § 475d Abs. 1 BGB (neu) abschließend und abwei-
Qualität der verwendeten Materialien, der Preis, sowie etwai-              chend von § 323 Abs. 2 und § 440 BGB, wann für den
ge Erkenntnisse über die übliche Nutzungs- und Verwen-                     Rücktritt eine Fristsetzung zur Nacherfüllung entbehrlich
dungsdauer („life-cycle“). Im Ergebnis kann dies dazu führen,              ist. Darüber hinaus ist seitens des Verbrauchers künftig
dass die Dauer der Aktualisierungsverpflichtung über die ge-               kein ausdrückliches Nacherfüllungsverlangen mehr erfor-
setzliche Gewährleistungsfrist von zwei Jahren hinausgeht.                 derlich, vielmehr läuft bereits ab Mitteilung des Mangels
                                                                           automatisch eine angemessene Frist zur Nacherfüllung.
Der Umfang der Aktualisierungspflicht erstreckt sich auf sol-            ■ Nach dem neuen § 475e Abs. 3 BGB tritt die Verjährung
che Aktualisierungen, die für den Erhalt der Vertragsmäßig-                von Gewährleistungsansprüchen nicht vor dem Ablauf von
keit erforderlich sind. Hierzu gehören auch Sicherheitsaktua-              vier Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem sich der
lisierungen, jedoch keine funktionserweiternden Upgrades,                  Mangel erstmals gezeigt hat. Tritt der Mangel am Ende der
wobei insoweit die Abgrenzung in der Praxis schwierig wer-                 Gewährleistungsfrist auf, wird die Gewährleistungs-
den dürfte. Die Aktualisierungsverpflichtung beschränkt sich               zeit damit faktisch auf 28 Monate verlängert.
damit auf den Erhalt der Vertragsmäßigkeit der Sache,                    ■ Die Beweislastumkehr in § 477 Abs. BGB, also der Zeit-
sofern die Parteien vertraglich nichts anderes vereinbart                  raum in dem zugunsten des Verbrauchers vermutet wird,
haben. Nichtsdestotrotz hat die Aktualisierungsverpflichtung               dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang bestanden
zur Folge, dass in Abkehr zum bisherigen Grundsatz selbst                  hat, wird von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert.
wenn die Ware bei Gefahrübergang mangelfrei war, Gewähr-                 ■ Schließlich wurden die Sonderregelungen für Garantie-
leistungsrechte möglich sind.                                              erklärungen verschärft. Insbesondere sind Garantieerklä-
                                                                           rungen dem Verbraucher nunmehr spätestens zum Zeit-
Im Hinblick auf den Regress in der Lieferkette stellt die neue             punkt der Lieferung auf einem dauerhaften Datenträger
Rechtslage Unternehmen im Zusammenhang mit der Aktuali-                    zur Verfügung zu stellen, selbst wenn der Verbraucher dies
sierungsverpflichtung vor ein besonderes Problem. Grundsätz-               nicht verlangt hat.
lich trifft die Aktualisierungspflicht nämlich nur den Verkäufer im
Verhältnis zum Verbraucher. Technisch in der Lage zur Bereit-            3. A
                                                                             bgrenzung zur Anwendbarkeit der Vorschriften über
stellung der Aktualisierung ist in der Regel aber allein der Her-           Digitale Produkte
steller. Der Regressanspruch in der Lieferkette wurde vom Ge-
setzgeber allerdings nur auf den Ersatz der Aufwendungen für             Für Verbraucherverträge über Digitale Produkte wurde in den
die Bereitstellung der Aktualisierung ausgeweitet, umfasst je-           §§ 327 bis 327s BGB ein selbständiges Gewährleistungs-
doch keine gesetzliche Pflicht zur Bereitstellung der Aktu-              system eingeführt. Insofern stellen sich Abgrenzungsproble-
alisierung im Verhältnis B2B. Insofern wird künftig bei Ver-             me zum Gewährleistungssystem des allgemeinen Kaufrechts
brauchsgüterkäufen der Letztverkäufer in der Lieferkette darauf          für Sachen, die digitale Produkte enthalten oder mit ihnen ver-
bedacht sein, eine entsprechende vertragliche Verpflichtung in           bunden sind. Dies ist bspw. der Fall bei Digitalen Inhalten, die
der Lieferkette zu implementieren.

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Das Digitale Kaufrecht 2022 – Verbraucherschutzgetriebene Änderungen im Zuge der Digitalisierung mit Auswirkungen auf das B2B-Geschäft

auf einem Datenträger zur Verfügung gestellt werden (DVDs,                 Allerdings gilt es insofern zunächst zu beachten, dass abwei-
CDs etc.), Betriebssystemen oder Software auf einem korres-                chend von der Umsetzungsfrist der WKRL die Umsetzung der
pondierenden Gerät wie einem Smartphone.                                   Regelungen der DIDRL auf vor dem 1. Januar 2022 abge-
                                                                           schlossene Verbraucherverträge anwendbar ist, wenn die
                                                                           vertragsgegenständliche Bereitstellung ab dem 1. Januar
                                                                           2022 erfolgt.

                                                                           Darüber hinaus können die Neuregelungen ggfs. auch auf
                                                                           Einzelverträge Anwendung finden, die unter vor dem 1. Ja-
                                                                           nuar 2022 eingegangenen Rahmenverträgen geschlossen
                                                                           werden. Dies insbesondere, sofern die Rahmenverträge le-
                                                                           diglich Inhalte künftiger Einzelverträge vorbereitend formulie-
                                                                           ren und daher insoweit erst mit den später abgeschlossenen
                                                                           Einzelverträgen wirksam werden. Zwar kann in solchen Kons-
                                                                           tellationen argumentiert werden, dass in der Bezugnahme auf
Für die Frage der Anwendbarkeit des Gewährleistungssys-                    den Rahmenvertrag regelmäßig der Wille der Parteien zum
tems ist danach zu trennen, ob ein Mangel der Ware selbst                  Ausdruck kommt, das für dessen rechtsverbindlichen Teil
oder ein Mangel des enthaltenen oder verbundenen digitalen                 maßgebende (alte) Recht auch für die Einzelverträge gelten
Produkts vorliegt. Kann die Sache ihre Funktion auch ohne                  zu lassen. Allerdings wird dies wohl nur soweit zum Erfolg füh-
das enthaltene oder verbundene Digitale Produkt erfül-                     ren, als das neue Recht dispositiv ist; also hiervon durch ent-
len, kommt für die Sache das kaufrechtliche Gewährleis-                    sprechende Vereinbarung überhaupt abgewichen werden
tungsrecht zur Anwendung, für das enthaltene oder verbunde-                darf. Wie oben ausgeführt, ist dies insbesondere im B2C-Be-
ne digitale Produkt das selbständige Gewährleistungssystem                 reich nur mit hohen Hürden möglich.
der §§ 327 ff. BGB neu. Kann die Sache ihre Funktion ohne
das enthaltene oder verbundene Digitale Produkt nicht erfül-               Handlungsempfehlung
len, handelt es sich um eine Ware mit digitalen Elementen mit
der Folge, dass die oben dargestellten Sonderregelungen für                Im Ergebnis ist allen Beteiligten in der Lieferkette daher anzu-
Waren mit digitalen Elementen Anwendung finden.                            raten, ihre Vertragsmuster und allgemeinen Geschäftsbedin-
                                                                           gungen sowie die unternehmensinternen Prozesse an die
               DIDRL                            WKRL                       geänderte Rechtslage anzupassen. Ein besonderes Au-
   Sachen, die digitale Produkte     Sachen, die digitale Produkte         genmerk wird dabei künftig auf den an der Vertragsverhand-
   enthalten oder mit ihnen ver-     enthalten oder mit ihnen ver-         lung beteiligten Akteuren liegen, die versuchen werden, nega-
   bunden sind, sodass sie die       bunden sind, sodass sie die
   Funktion ohne digitales Produkt   Funktion ohne digitales Pro-          tive Beschaffenheitsvereinbarung ab- bzw. auszuschließen.
   erfüllen können (§ 475a II)       dukt nicht erfüllen können

                                                                           Im Falle des Letztverkaufs von Waren mit digitalen Elementen
                                             § 475 b BGB
  Enthaltenes       Ware selbst                    +
                                                                           und Digitalen Produkten in der Lieferkette an einen Verbrau-
  oder              §§ 434 ff. BGB           § 434 ff. BGB                 cher, werden entsprechende Rechte und Pflichten in Bezug
  verbundenes
  Produkt                                                                  auf die Aktualisierungsverpflichtung entlang der Lieferkette zu
  §§ 327 ff. BGB                                                           implementieren bzw. abzuwehren sein. Die Ergebnisse der
                                                                           jeweiligen vertraglichen Risikoverteilung werden in etwaigen
Die Abgrenzung im Einzelfall kann sich auch hier schwierig                 Preisanpassungen Berücksichtigung finden müssen.
gestalten.
                                                                           Insofern empfiehlt es sich für jedes Unternehmen, sich
Auswirkungen auch auf „Altverträge“?!                                      schnellstmöglich einen Überblick über die individuellen Aus-
                                                                           wirkungen der Gesetzesänderungen zu schaffen und sich auf
Wie eingangs erwähnt, finden die dargestellten Änderungen                  die zu erwartende veränderte Verhandlungspraxis im Markt
grundsätzlich erst auf Kaufverträge Anwendung, die ab dem                  vorzubereiten.
1. Januar 2022 geschlossen werden.

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Das Digitale Kaufrecht 2022 – Verbraucherschutzgetriebene Änderungen im Zuge der Digitalisierung mit Auswirkungen auf das B2B-Geschäft

Ihre Ansprechpartner:

Dr. Steffen Gaber, LL.M. (Sydney)                                       Sandra Schüle-Bausch
Rechtsanwalt, Partner                                                   Rechtsanwältin, Senior Associate
Stuttgart                                                               Stuttgart
T +49 711 9338 19192                                                    T +49 711 9338 15309
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