Das Jean-Monnet-Haus: ein Ort des Erinnerns für Europa - Europa EU
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BRIEFING Die Gebäude des Europäischen Parlaments Das Jean-Monnet-Haus: ein Ort des Erinnerns für Europa ZUSAMMENFASSUNG Getreu dem Willen von Jean Monnet und seiner engsten Mitarbeiter, die sein Wohnhaus in einen Ort der Begegnung für junge Menschen umgewandelt sehen wollten, hat das Europäische Parlament diesen Besuchern offenstehenden Ort des Erinnerns zu einem idealen Ort umgestaltet, an dem man sich über die Arbeitsweise der Europäischen Union informieren und das Umfeld entdecken kann, in dem einer der Architekten des heutigen Europas gelebt und gearbeitet hat. An diesem Ort sind zahlreiche für die Zukunft Frankreichs und Europas grundlegende Projekte herangereift. In der Nähe von Paris und doch geschützt vor der Hektik der französischen Hauptstadt konnte Jean Monnet dort seine Vision des Friedens und der europäischen Einheit weiterentwickeln. Das Europäische Parlament hat dieses Haus 1982 gekauft. Das Jean-Monnet-Haus wird heute direkt vom Haus der Europäischen Geschichte verwaltet und veranschaulicht mit einer Multimedia- Dauerausstellung sowohl den privaten Bereich Monnets als auch seinen Werdegang und seine Ziele. Das Jean-Monnet-Haus trägt seit 2013 die französische Auszeichnung „Maison des Illustres“ (Haus einer berühmten Persönlichkeit) und gehört außerdem dem Netz der politischen Einrichtungen und Stiftungen großer europäischer Persönlichkeiten an, das vom Europäischen Parlament angeregt wurde. Mit der Organisation neuer Aktivitäten und der Ausrichtung zahlreicher Veranstaltungen in Houjarray verleiht das Parlament dem Jean-Monnet-Haus nunmehr eine neue Dynamik, damit das Schaffen Monnets besser bekannt wird und seine Werte des Friedens und der Solidarität in der Öffentlichkeit vermittelt werden. In diesem Briefing Jean Monnet, ein „Gründervater“ Europas Der Erwerb des Jean-Monnet-Hauses durch das Europäische Parlament Eine Begegnungsstätte und ein Zentrum für Informationen über das europäische Aufbauwerk Eine neue Dynamik für das Jean- Monnet-Haus Quelle: Jean-Monnet-Haus, Houjarray, Europäisches Parlament. EPRS | Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments Autor: Étienne Deschamps Referat Historisches Archiv PE 637.947 – September 2019 DE
EPRS | Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments Seit annähernd 40 Jahren ist das Europäische Parlament Eigentümer des Hauses, in dem Jean Monnet, einer der „Gründerväter“ der Europäischen Union, den letzten Teil seines Lebens verbracht hat. Im Dezember 1982 kaufte das Europäische Parlament das Haus Monnets in Houjarray (Dorf im Département Yvelines in der Nähe von Monfort-l‘Amaury, etwa 45 km südwestlich von Paris), in dem dieser mehr als 30 Jahre lang gelebt und gearbeitet hatte. In diesem Haus nahm Jean Monnet 1975 von seinem Landsmann Georges Spénale – damals Präsident des Europäischen Parlaments – für seine maßgeblichen Verdienste um das europäische Aufbauwerk die große goldene Medaille des Europäischen Parlaments entgegen 1. Dort erfuhr er ebenso von dem Beschluss des Europäischen Rates in Luxemburg, ihn im April 1976 zum „Ehrenbürger Europas“ zu ernennen 2. Jean Monnet, ein „Gründervater“ Europas Jean Monnet erwarb dieses ehemalige Gehöft 1945 bei seiner Rückkehr aus den Vereinigten Staaten. Damals schickte sich der ehemalige stellvertretende Generalsekretär des Völkerbunds und internationale Financier an, erster Leiter des Generalkommissariats für den Modernisierungs- und Aufbauplan für Frankreich zu werden. In dieser Eigenschaft war er eng in die Verwaltung und Aufteilung der Ressourcen des Marshallplans für den Wiederaufbau Europas eingebunden. Daran schloss sich das große Abenteuer der französisch-deutschen Aussöhnung an, die den Grundstein für das europäische Aufbauwerk legte 3. Im Bestreben, sich auf dem Land niederzulassen, wo er jeden Morgen seiner Leidenschaft für Spaziergänge nachgehen konnte, bevor er seinen Platz am Schreibtisch einnahm 4, entdeckte Monnet den Ort mithilfe seiner Schwester, die bereits am Rande des Waldes von Rambouillet lebte. Ohne zu zögern, erwarb er das mit einem Strohdach ausgestattete Haus in Houjarray von einem schwedischen Arzt, der nach dem Tod seiner Ehefrau bei einem Bombardement gegen Ende Aufnahme im Garten in Houjarray im Frühjahr 1950 während des Krieges beschlossen hatte, nach der Konzipierung des Schumanplans. Von links nach rechts: Schweden zurückzukehren. Monnet Bernard Clappier, Kabinettschef von Minister Robert und seine Familie bezogen das Haus Schuman, Robert Schuman, französischer Außenminister, rasch, ohne größere Umbauten und Jean Monnet, Generalkommissar für den vorzunehmen. Modernisierungs- und Aufbauplan. Quelle: Europäisches Parlament. In diesem Haus ersann er insbesondere die Grundlagen des Schumanplans, der 1952 in die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) mündete 5. Hier verfasste er zudem zu einem weitaus späteren Zeitpunkt seine Memoiren und empfing zahlreiche europäische Entscheidungsträger und ausländische Staatschefs, die seinen Rat suchten und neugierig auf seine Kommentare zu aktuellen Ereignissen waren 6. Hier unterhielt sich Monnet außerdem gerne am Kamin mit Journalisten und führenden Leitartiklern der Weltpresse. Und hier verstarb Monnet schließlich am 16. März 1979 im Kreis seiner Familie. Er wurde anschließend in einer schlichten Zeremonie auf dem kleinen Friedhof von Bazoches-sur-Gayonne beigesetzt. Der Erwerb des Jean-Monnet-Hauses durch das Europäische Parlament Ohne Zeit zu verlieren, machten mehrere Freunde und ehemalige enge Mitarbeiter von Jean Monnet bereits im darauffolgenden Monat den Präsidenten des Europäischen Parlaments, Emilio 2
Das Jean-Monnet-Haus: ein Ort des Erinnerns für Europa Colombo, darauf aufmerksam, dass es sinnvoll wäre, dieses das gemeinsame historische und kulturelle Erbe der Europäer repräsentierende Anwesen zu erwerben 7. Einige Anhänger Monnets erinnerten sich nämlich daran, dass Monnet ihnen kurz vor seinem Tod seinen Wunsch anvertraut hatte, dass sein Haus als Begegnungsstätte für junge Menschen genutzt werden solle 8. Einige Monate später stellte das Parlament die Kosten für den Erwerb trotz einer ablehnenden Stellungnahme des Kollegiums der Quästoren 9 in seinen vorläufigen Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 1980 ein. Und im Dezember 1981 wurde der Beschluss, das Jean-Monnet-Haus zum von der französischen Liegenschaftsbehörde aktualisierten Preis zu erwerben, vom erweiterten Präsidium des Europäischen Parlaments schriftlich niedergelegt. Vor dem endgültigen notariell beurkundeten Abschluss des Erwerbs musste zunächst jedoch das Ableben seiner Witwe Silvia im August 1982 abgewartet werden 10. Der Erwerb war mit grundsätzlichen und formellen Schwierigkeiten behaftet. Im Generalsekretariat wurden Stimmen laut, die sich skeptisch darüber äußerten, dass das Europäische Parlament außerhalb seiner Arbeitsorte oder der Hauptstadt eines der Mitgliedstaaten das Haus einer Persönlichkeit kaufen wollte, die zu keinem Zeitpunkt Mitglied der europäischen Versammlung gewesen war 11. Andere Stimmen wiederum warfen Bedenken mit Blick auf die rechtlichen Verhältnisse oder das Haushaltsverfahren auf. Deshalb wendete sich Pieter (Piet) Dankert, der neue Präsident des Parlaments, bald darauf an Gaston Thorn, den Präsidenten der Kommission, um sich zu vergewissern, wie er vorzugehen habe, falls die Aufnahme von Jean Monnet bei seinem täglichen Exekutive das Gebäude gemeinsam mit der morgendlichen Spaziergang auf dem Land, 1952. © Agence Rapho, Sabine Weiss. Versammlung erwerben wolle12. In der Überzeugung, dass diese Initiative zu den gemeinsamen Bemühungen der Organe um die Sensibilisierung der öffentlichen Meinung für das europäische Projekt beitragen konnte, und nach Maßgabe von Artikel 211 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) über die Vertretung der Europäischen Gemeinschaften zog es die Kommission jedoch vor, die Befugnis zu übertragen und den Präsidenten des Europäischen Parlaments zum Kauf des Jean- Monnet-Hauses im Namen der drei Gemeinschaften (EGKS, EWG und Euratom) zu bevollmächtigen und damit zu beauftragen 13. Gleichzeitig vergewisserte sich das Parlament beim französischen Wirtschafts- und Finanzministerium (das damals von Jacques Delors geführt wurde), dass es bei der Eintragung des Kaufs ins Grundbuch der zuständigen Behörde von der bei diesem Immobiliengeschäft anfallenden Grunderwerbsteuer befreit werden konnte 14. Für das Präsidium des Europäischen Parlaments ging es hier in erster Linie darum, zur Bewahrung des europäischen historischen Erbes beizutragen und die Erinnerung an Jean Monnet im Wege eines symbolischen Akts in Ehren zu halten. Anders ausgedrückt, sollte dieser symbolträchtige Ort, an dem Europa greif- und erlebbar war, bekannt gemacht und zum Leben erweckt werden. Zunächst einmal musste das Gebäude rasch renoviert werden, damit es den Europäischen Gemeinschaften für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung gestellt werden konnte. Eine Begegnungsstätte und ein Zentrum für Informationen über das europäische Aufbauwerk Bald formulierte der Ausschuss für Jugend, Kultur, Medien, Information und Sport des Europäischen Parlaments mehrere Vorschläge für die Aufwertung des Jean-Monnet-Hauses. Mehrere 3
EPRS | Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments Ausschussmitglieder besichtigten die Liegenschaft. Die Abgeordneten sprachen sich vor allem dafür aus, nach der Renovierung des Gebäudes und der Neuanlage des weitläufigen Gartens eine Begegnungsstätte und ein Zentrum für Informationen über das europäische Aufbauwerk einzurichten. Sie legten großen Wert darauf, dass der familiäre Charakter des Anwesens bewahrt und es wieder in den Stand versetzt wurde, in dem es Jean Monnet in seinen letzten Lebensjahren kannte 15. Gleichzeitig wurden mehrere Kommunikationsagenturen damit beauftragt, konkrete Nutzungskonzepte auszuarbeiten. Diese Aufgabe gestaltete sich allerdings schwierig, weil sämtliches Mobiliar des Landhauses ausgeräumt und das gesamte Archiv 1978 der Fondation Jean Monnet pour l’Europe mit Sitz in Lausanne überstellt worden war. Diese Stiftung mit Sitz im Anwesen Ferme de Dorigny am Ufer des Genfer Sees will zu den Bemühungen um das europäische Aufbauwerk beitragen, indem sie sich am Denken, an der Arbeitsweise und an den Taten Jean Monnets orientiert (Organisation von Konferenzen und Kolloquien, Aufnahme von Wissenschaftlern, Veröffentlichungen, …). Die einstigen Mitstreiter Jean Monnets wurden ebenfalls tätig und gründeten in Paris die Association des Amis de Jean Monnet, die es sich zum Ziel setzte, die Erinnerung an Monnet, sein Lebenswerk und seine Lehren weiterzugeben. Diese Gründung erfolgte 1986. Die Association war entschlossen, unverzüglich die Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag von Jean Monnet im Jahr 1988 vorzubereiten, und erhielt hierfür einen Zuschuss des Regionalrats der Region Ile-de-France, mit dem das Büro und die Bibliothek Monnets wiederhergestellt werden konnten und so die Atmosphäre der Zeit Monnets besser wiedergegeben wurde 16. Sie bemühte sich außerdem um persönliche Gegenstände und Souvenirs Monnets (Bücher, Gemälde, Fotografien, Faksimiles von Manuskripten und Briefen, Grubenlampe, Aschenbecher zum Gedenken an die Eröffnung des gemeinsamen Stahlmarkts, …), um dem Ort wieder Authentizität zu verleihen, indem die Erinnerung an das Leben und das Werk von Jean Monnet wachgerufen wurde 17. Das Jean-Monnet-Haus, das zu einem Museum über das Leben seines einstigen Eigentümers und über die Funktionsweise der Europäischen Gemeinschaft umfunktioniert worden war, konnte nun endlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Einweihung fand am 12. Juni 1987 im Beisein von Pierre Pflimlin und Simone Veil (ehemals Präsident bzw. Präsidentin des Europäischen Parlaments) statt. Die Stiftung in Lausanne stellte die Schautafeln für die Dauerausstellung und den Film über das Leben Monnets und über die Anfänge der Am 12. Juni 1987 enthüllte Étienne Hirsch, Vorsitzender der Association des Amis de Jean europäischen Integration zur Verfügung. Die Monnet, im Beisein insbesondere von Pierre Pflimlin politischen Umstände waren günstig: Die und Simone Veil – ehemals Präsident bzw. gemeinschaftlichen Organe erklärten das Präsidentin des Europäischen Parlaments – die Jahr 1988 anlässlich des 100. Geburtstags Gedenktafel, die an das Leben Jean Monnets in Jean Monnets zum „Europäischen Jean- Houjarray von 1945 bis 1979 erinnerte. Monnet-Jahr“ 18. Im Laufe des Jahres fanden in Quelle: Europäisches Parlament. Frankreich und in den anderen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft Feierlichkeiten und Veranstaltungen wie etwa Ausstellungen, Hochschulseminare, die Ausgabe einer Briefmarke mit dem Bildnis Jean Monnets, die Anbringung von Gedenktafeln, die Enthüllung von Jean-Monnet-Büsten an öffentlichen Orten, Schulwettbewerbe und die Ausstrahlung von TV- und Radiosendungen statt. Unmittelbar im Anschluss gab der französische Präsident François Mitterrand seinen Beschluss bekannt, die Asche von Jean Monnet nach Paris ins Panthéon zu überführen 19. 1990 unterzeichneten die Association des Amis de Jean Monnet und das Europäische Parlament eine Vereinbarung, die dem Parlament 4
Das Jean-Monnet-Haus: ein Ort des Erinnerns für Europa die Nutzung und die Verwaltung des Anwesens unter der Verantwortung seines Informationsbüros in Paris gestattete 20. Eine neue Dynamik für das Jean-Monnet-Haus Zu einem späteren Zeitpunkt beschloss das Europäische Parlament, das Anwesen mit einer Reihe neuer Aktivitäten intensiver zu nutzen. Im Anschluss wurden Umbauarbeiten vorgenommen, bei denen der Konferenzsaal vergrößert und der das Haus umgebende und einen Hektar große Park umgestaltet wurde. Es wurden Wege angelegt, die zu einem kleinen Amphitheater im Freien führen, auf dessen Stufen bis zu 40 Personen Platz finden. In Kürze wird es zudem Übernachtungsmöglichkeiten geben, die auf einem angrenzenden Grundstück errichtet werden, das das Europäische Parlament 1987 an einem Giebel des Jean-Monnet-Hauses erworben hat. Außerdem gibt es einen angebrachte Gedenktafel. Souvenirshop mit Büchern, Gegenständen zum Quelle: Europäisches Parlament. Thema Europa und Broschüren für Touristen. Das Jean-Monnet-Haus ist ganzjährig geöffnet und wird jährlich von mehreren tausend Besuchern für pädagogische Aktivitäten, Konferenzen, thematische Workshops, professionelle Seminare oder Privatveranstaltungen genutzt. Seit 2013 trägt das Jean-Monnet-Haus die Auszeichnung „Maison des Illustres“ (Haus einer berühmten Persönlichkeit). Diese Auszeichnung wird vom französischen Kulturministerium an Stätten verliehen, die das Gedenken an Frauen und Männer bewahren und weitergeben, die sich um die politische, soziale und kulturelle Entwicklung Frankreichs verdient gemacht haben. Seit dem 1. Juli 2018 ist das Haus der Europäischen Geschichte (General- direktion Kommunikation des Europäischen Parlaments – GD COMM) unmittelbar für die Verwaltung des Anwesens zuständig und stellt seitdem ein Team vor Ort. Um der Stätte in Houjarray eine bessere Außenwirkung zu verleihen, zeichnet das Haus der Europäischen Geschichte für die Betreuung der Besucher, die Ansicht des Jean-Monnet-Hauses vom Garten aus, 2019. Quelle: Europäisches Parlament. Planung des Kultur- und Bildungsprogramms, die Kommunikationsstrategie und Medienaktivitäten, die Organisation von Veranstaltungen, den Aufbau von institutionellen Partnerschaften und die Verwaltung der Sammlung und der Ausstellungsstücke verantwortlich. Die Association Jean Monnet arbeitet bei der Umsetzung der Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Museumsbetrieb mit und ist beratend tätig. Während der Besuch der Wohnung einen Einblick in die privaten Räumlichkeiten Jean Monnets erlaubt, wird im Museumsbereich im ersten Stock sein grundlegender Beitrag zum Aufbau eines 5
EPRS | Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments geeinten Europas nach dem Zweiten Weltkrieg vorgestellt. Die interaktive Dauerausstellung wurde modernisiert (Projektionen, Touchscreens, Zeitleiste, Tisch „Erlebnis Europa“) und stellt die Person und den Werdegang von Jean Monnet im historischen Zusammenhang vor. Sie ermöglicht es dem Besucher, die Projekte und die Taten Monnets an dem Ort zu erkunden, an dem sie erdacht wurden. Mithilfe der Multimedia- Angebote des Museums wird Innenansicht des Wohnzimmers im Jean-Monnet-Haus. deutlich, inwiefern Europa bis heute © Colombe Clier. von Jean Monnet geprägt ist und wie sich die Arbeit der EU-Organe auf den Alltag der Bürger auswirkt. Führungen werden auf Französisch, Englisch, Deutsch, Spanisch und Italienisch angeboten. Sie können inhaltlich auf die Interessen und Erwartungen der jeweiligen Gruppe ausgerichtet werden und konkrete Themen und aktuelle Fragen wie etwa die institutionelle Arbeitsweise der Europäischen Union oder einen historischen Blick auf den Frieden in Europa behandeln. Für Schülergruppen werden außerdem thematische Workshops angeboten, damit die Besucher auf diesem Wege einen Zugang zu Europa finden und es verstehen und die Schüler aktuelle Themen wie etwa die Unionsbürgerschaft oder die Maßnahmen der Europäischen Union angesichts des Klimawandels ergründen können. Wechsel-, Online- und Wanderausstellungen werden ebenfalls organisiert, und mithilfe neuer Instrumente wird die Sammlung historischer Gegenstände und archivierter Dokumente vor Ort verwaltet und aufgewertet. Seit 2017 gehört das Jean-Monnet- Haus zum Netz der politischen Einrichtungen und Stiftungen großer europäischer Persönlichkeiten, das von der Generaldirektion Wissenschaftlicher Dienst (GD EPRS) des Europäischen Parlaments ins Leben gerufen wurde. Das wichtigste Ziel des Netzes besteht darin, unter der Federführung und mit Unterstützung des Europäischen Parlaments einen Austausch und eine aktive Zusammenarbeit zwischen den Häusern und Ansicht des neuen Ausstellungsbereichs im Jean-Monnet- Stiftungen wichtiger Europäer seit Haus. Quelle: Europäisches Parlament. dem Zweiten Weltkrieg zu schaffen, wobei das Augenmerk insbesondere auf den Häusern und Stiftungen der Persönlichkeiten liegt, die eine bedeutende Rolle in der Geschichte des europäischen Aufbauwerks gespielt haben. Zu dem Netz gehören außerdem Einrichtungen, die Personen gewidmet sind, deren Privatbesitz nicht erhalten geblieben ist. Mit dem Netz sollen ferner die Aktivitäten der politischen Einrichtungen und Stiftungen großer Europäer insbesondere im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit stärker mit denen des Europäischen Parlaments verknüpft werden, indem Erfahrungen und das Wissen der einzelnen Partner untereinander ausgetauscht werden. Zu dem Netz gehören derzeit die Häuser von Konrad Adenauer (Bad Honnef, Deutschland), Robert Schuman (Scy-Chazelles, Frankreich, und Luxemburg), Jean Monnet (Houjarray, Frankreich), Sir 6
Das Jean-Monnet-Haus: ein Ort des Erinnerns für Europa Winston Churchill (Chartwell, Vereinigtes Königreich), Sir Edward Heath (Salisbury, Vereinigtes Königreich) und François Mitterrand (Jarnac, Frankreich, Eigentum des Institut François Mitterrand, Paris) sowie die Stiftungen von Willy Brandt (Unkel, Deutschland), Jean Monnet (Lausanne, Schweiz), Alcide De Gasperi (Pieve Tesino, Italien), Louise Weiss (Saverne, Frankreich), Altiero Spinelli (Ventotene, Italien), Mário Soares (Lissabon, Portugal), Bronisław Geremek (Warschau, Polen) und Václav Havel (Prag, Tschechische Republik). Die Website des Netzes ist unter folgender Adresse zu finden: https://www.europarl.europa.eu/thinktank/infographics/politicalhouses/ Das Europäische Parlament möchte den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen diesen Einrichtungen im Wege einer Bündelung ihrer Handlungsinstrumente fördern und insbesondere Unterstützung bei einer ambitionierten Öffentlichkeitsarbeit leisten. Es will jedoch auch dazu beitragen, dass die Erinnerung an unsere gemeinsame politische Geschichte aufgewertet wird. Im Übrigen ist dies einer der Gründe, aus denen sich 2019 die Jean-Monnet-Akademie unter Leitung der Generaldirektion Personal (GD PERS) des Europäischen Parlaments im Jean-Monnet-Haus niedergelassen hat, um dort Bildungsprogramme für das Personal des Organs anzubieten (Einführungskurse, Weiterbildung, thematische Seminare, Veranstaltungen zur Förderung des Zusammenhalts (Teambuilding) oder für gemeinsame Überlegungen (Klausurtagungen) der Dienststellen des Generalsekretariats). Mit all diesen Initiativen wird nun das gleiche Ziel verfolgt: Das Jean-Monnet- Haus soll ein Ort des lebendigen Erinnerns und ein öffentlicher Inspirationsraum werden, an dem die europäische Idee greifbar wird und sich die Bürger interaktiv und spielerisch zur Geschichte und zur Arbeitsweise der Europäischen Union bilden und darüber informieren können. Im Bewusstsein des Erfordernisses, dass der von Jean Monnet und Ansicht des Sitzungssaals im Jean-Monnet-Haus, in dem zahlreiche seinem historischen Wirken Veranstaltungen stattfinden. geprägte Ort bewahrt Quelle: Europäisches Parlament. werden muss, möchte das Europäische Parlament die Arbeit und die Werte Monnets (die Ideale des Friedens und der Solidarität) einem breiten Publikum vermitteln. ERLÄUTERUNGEN 1 Fondation Jean Monnet pour l’Europe, Lausanne, Dossier AMP 21, Dokument 21/30: Schreiben von Jean Monnet an Georges Spénale, Houjarray, 30. Oktober 1975, 1 S.; Bulletin von Agence Europe, Nr. 1850, 30. Oktober 1975, S. 1. 2 F. Forêt: „Le leadership en représentation: Jean Monnet entre mémoire nationale et mémoire communautaire“, in A. Smith und C. Sorbets (dir.): „Le leadership politique et le territoire – Les cadres d‘analyse en débat“, Rennes, PUR, 2003, S. 163–181. 3 Zum Engagement Monnets für die europäische Einigung und zur historiografischen Einordnung vgl. insbesondere P. Perchoc: Jean Monnet, l’inspirateur – Un père de l’Europe, EPRS, Europäisches Parlament, November 2017. 7
EPRS | Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments 4 É. Roussel: Jean Monnet (1888–1979), Fayard, 1996, S. 862. 1971 gab Monnet in einem Interview mit dem englischen Journalisten Alan Watson an, er gehe seit mehr als 40 Jahren jeden Morgen mindestens eine Stunde lang spazieren, um über seine Projekte nachzudenken und seine Ideen zu ordnen. Vgl. „Dialogue avec Alan Watson (1971)“, in H. Rieben, C. Camperio-Tixier und F. Nicod: À l‘écoute de Jean Monnet, Fondation Jean Monnet pour l’Europe/Centre de recherches européennes, 2004, S. 239–244. 5 R. Mayne: The Father of Europe. The life and times of Jean Monnet, Fondation Jean Monnet pour l’Europe, Debates and documents collection, Nr. 12, 2019, S. 111 ff. 6 J. Monnet: Erinnerungen eines Europäers, Nomos, 1988. 7 Historisches Archiv des Europäischen Parlaments, Luxemburg (HAEP), EU.HAEU/PE0.OD.BURE.514/BUBE- 19790404/0010: Präsidium. Protokoll der Sitzung vom 4./5. April 1979, Straßburg, S. 27. 8 F. Fontaine: „Plus loin avec Jean Monnet“, in J. Van Helmont und F. Fontaine: Jean Monnet, Fondation Jean Monnet pour l’Europe/Centre de recherches européennes, 1996, S. 156. 9 HAEP, EU.HAEU/PE1.OD.QUES.PV/QUES-19801015/0010 : Kollegium der Quästoren. Protokoll der Sitzung vom 15. Oktober 1980, Straßburg, S. 5. 10 HAEP, EU.HAEU/PE1.OD.BURE.BURE.PV/BURE-19820914/0010: Präsidium. Protokoll der Sitzung vom 14. September 1982, S. 25. 11 HAEP, PE1 P1 280/CABI CABI-19791011 0020: Vertraulicher Vermerk von Raymond Legrand-Lane (Generaldirektor für Information und Öffentlichkeitsarbeit) an François Scheer (Stabschef von Simone Veil), Luxemburg, 13. Oktober 1980. 12 HAEP, EU.HAEU/PE1.P2.200/PRES.220/RELA.223/RICM/RICM-1982-310/0050: Schreiben von Piet Dankert an Gaston Thorn, September 1982. 13 HAEP, EU.HAEU/PE1.P2.200/PRES.220/RELA.223/RICM/RICM-1982-310/0050: Schreiben von Gaston Thorn an Piet Dankert, Straßburg, 16. September 1982; Schreiben von Gaston Thorn an Piet Dankert, Brüssel, 3. November 1982, vgl. Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, C-3/3, 5. Januar 1983, S. 6. 14 HAEP, EU.HAEU/PE1.P2.200/PRES.240/EXTE.241/EXEM/EXEM-1982-190/0020: Schreiben von Piet Dankert an Jacques Delors, Brüssel, 11.August 1982. 15 HAEP, EU.HAEU/PE2.OD.BURE.515/BURE-19851127/0080: PE/Ausschuss für Jugend, Kultur, Medien, Information und Sport (Berichterstatterin: Winifred Ewing). Arbeitsdokument zur Nutzung des Jean-Monnet-Hauses, 16. Juli 1985. 16 Historisches Archiv der Europäischen Union, Florenz, Fonds Pierre Uri, PU-176 und 177: Arbeit der Association des Amis de Jean Monnet, 1986–1987. 17 C. Kølvraa: „The Father on Display: The House of Jean Monnet and the Construction of European Identity“, in Culture Unbound. Journal of Current Cultural Research, Vol. 4, 2012, S. 747–765. 18 E. Guichaoua: „Jean Monnet, entre mémoire et histoire“, in G. Bossuat und A. Wilkens (dir.): Jean Monnet: l’Europe et les chemins de la paix, Veröffentlichungen der Sorbonne, 1999, S. 437. 19 G. Bossuat: „Les trois visages de Monnet“, in Les Pères de l’Europe: 50 ans après. Perspectives sur l’engagement européen, Bruylant, 2001, S. 49. 20 HAEP, EU.HAEU/SG 04EV.B1700/GEST.1/LOC-350/0030: Schreiben von Étienne Hirsch, Vorsitzender der Association des Amis de Jean Monnet, an Enrique Barón Crespo, Präsident des Europäischen Parlaments, Paris, 20. Juli 1990. HAFTUNGSAUSSCHLUSS UND URHEBERRECHTSSCHUTZ Dieses Dokument wurde für die Mitglieder und Bediensteten des Europäischen Parlaments erarbeitet und soll ihnen als Hintergrundmaterial für ihre parlamentarische Arbeit dienen. Die Verantwortung für den Inhalt dieses Dokuments liegt ausschließlich bei dessen Verfasser/n. Die darin vertretenen Auffassungen entsprechen nicht unbedingt dem offiziellen Standpunkt des Europäischen Parlaments. Nachdruck und Übersetzung – außer zu kommerziellen Zwecken – mit Quellenangabe gestattet, sofern das Europäische Parlament vorab unterrichtet und ihm ein Exemplar übermittelt wird. © Europäische Union, 2019. eprs@ep.europa.eu (Kontakt) www.eprs.ep.parl.union.eu (Intranet) www.europarl.europa.eu/thinktank (Internet) http://epthinktank.eu (blog) 8
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